1906 / 43 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Feb 1906 18:00:01 GMT) scan diff

allerlei Fetishe an, zu folgen. Warum will man denn se wider ihren Willen Kinder impfen zu müssen doch böher stehen als Gesundheits

die Kindér werden durch die Impfung ge darin irrten, sollte man doch

loben, auch hier befolgen und den Freiheit follen sie walten lassen, auch

Einführung einer Gewissensklausel, und jeder wird zufrieden sein.

Präsident des Nei e E Bumm: In der Denks

durch die Haut eindringen. ergriffenen Maßnahmen

diese Mittel sch auch in einzelnen

unwirksam erwiesen; da blieb nichts übrig, als daß die betreffenden Arbeiter die Grubenarbeit aufgaben. Durch Badevorrichtungen hat man Besserung zu hafen gesucht, au dur Belehrung mit Flug- blättern usw., und es ist eine merklihe Verminderung der Er- krankungen eingetretèn, so namentli auf Grube Shamrodck 1 und Il. das weitere einträhtige Zusammenarbeiten

Es ift zu hoffen, daß von Behörden,

Belegschaften und möglihen wird,

daß in einigen Jah {wunden oder auf ein Minimum Die Bleilegierung für Scharniere 1 ist der heute vorgetragene Wunsch ni gesundheitsamt hat eingehend untersuht, mehr als 10% Bleigehalt gesundheit

si heransgestellt, daß Blei sehr leiht und gern auch in den kleinsten

Mengen im Körper \sih ansammelt ; das eine Aenderung des Geseßzes nicht Ob für das Ausland andere Grundsäße

wird der Prüfung zu unterziehen sein ; bisher ist es ein Novum, je

nach dem Bestimmungsort der Ware ander

Die Kommission für die Impfgesezwirkung hat 1879 getagt.

Preußen war es gar nicht mögli, zu bekommen; schließlich gelang

lungen worden. man seit 1874 erhoben u Denkschriften alle egt.

dem Reichstage in

hat ; diese

das

Folgen unter Umständen niht aus\@{ließen,

wie es in impfgegnerishen Flugblättern angeraten wird, - die Impf- wunde sofort aussaugen und nase Erde darauf bringen. Jch kann

m AGED warnen, diesen Ratschlägen ire Pocken {hon aus3gebrochen sind,

Bezug genommen wurde. Die französische A

die deutshen Ausführungsbestimmungen für geradezu musterhaft erklärt.

Noch kein einziger Freund der Impfung Impfung einen unbedingten Schutz, eine währt ; fie \{chüßt vielleiht auf 10 Jahre,

Impfzwanges würde einer der

größten Deutschland machen könnte.

Abg. Fr oel i ch (d. Reformp.): Ich babe nitt gegen die Impfung,

sondern gegen den Impfzwang gesprochen und zu tun gedenke, um die durch die Impfung Ve Ich sehe nunmehr endlih festgestellt, daß Kommission doch wenigstens ein einziges Impfgegner nicht aufzutreiben waren, wird

daß diese sih keinen Erfolg versprechen, wenn sie niht wenigstens zu der Impfiwang bestehen bleiben, dann muß au diese Entshädigung von Reichs wegen eintreten ; ist Jahre wirksam,

90 9% vertreten werden. Soll

aber die Impfung nur 6 bis 12 der ganzen Bevölkerung feuchengefährdet.

müßten doch. wegen der entstehenden Gewissensnot gegen den Impf-

zwang sein.

Abg. b a\che (nl.): Die Geheimmittelliste hat keine gründliche

neben den 90 {on daraufstebenden noch werden follen, so führt das doch die ganze Und was foll denn erst die arme Presse damit

Abhilfe gebracht. Wenn 600 weitere heraufgeseßt Liste ad absurdum. anfangen? Schreibt morgen eine Zeitung, Brandts Shweizerpillen,

werden, weil er für ein Geheimmittel

Schwindelhafte Anpreisung soll man verbieten, aber warum foll nit gestattet sein zu annoncieren, das und das Mittel sei nah wie vor zu

haben ? Der

jeßige Zustand verstößt doch werbeordnung.

Diese unglückselige Liste

weitern, sondern dur eine vernünftige Gesetzgebung Wandel \{afen.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des JFnnern, von Posadowsky-Wehner: Meine Herren! Meines Erachtens ist das beste Mittel gegen die Geheimmittel der gesunde Menschenverstand des Publikums; aber es wurden früher so viele markts{hreierishe Gebeimmittel- Wert Mikßverbältnis

Staatsminister Dr. Graf

anpreisungen verbreitet, deren innerer stellungskosten in \o auffallendem* forderten Preise standen, und diese Geheimmittelwirtschaft

es war gerade

ordentlihen vertrauen2würdigen Arzt anzu

sehen mußte. Was s\eitens des Bundesrats geschehen ift, und zwar

auf ausdrüdcklihes Drängen des

im großen und ganzen bewährt : es sind eine große Zabl markts{hreieris{her Anpreisungen vollständig verschwunden, und bei denjenigen Anpreisungen,

die noch verbreitet werden, ist sehr viel Wasse Bundesratsbes{luß hat entschieden auf wesentlih befsernd gewirkt.

Aber ich teile durchaus die Auffassung ih halte es für erwünscht, diese Frage

regeln, und wenn es möglich ist, die Zustimmung der verbündeten

Regierungen zu dem Gesezertwurf, der i

Tängst ausgearbeitet ift und den Ressorts vorliegt, zu erlangen, so wird die Vorlage in den nätsten Jahren, vielleicht hon im nähhsten Jahre,

das hohe Haus bes{häftigen.

Abg. Dr. lle r - Sagan (fr. Volksp.) : Als Freisinniger lehne

ih durchaus nit jeden Staats;wang ab. I und kenne die dortigen Verhältniffe sehr gut : odenkrankheit in London gesehen und Segen des Impfzwanges durhdrungen. Zur

deshalb brauchen

rift über die Wurmkrankheit wird alles bisher darüber bekannt Gewordene enthalten sein. Es hat auch eine genaue | Befragung der Zechenverwaltungen und Krankenkassen darüber statt- gefunden. Bis jegt hat sich die Wurmkrankheit beschränkt auf die Gruben der Oberbergamtsbezirke Dortmund und Aachen. glaubte man, daß e Larven dls N E des Mund in den Körper gelangen, es ste eßt aber fest, da e N cladrins Die zur Bekämpfung des 3 Y ‘die Erutosiniale in ber Se untunlich, weil dadur e Erxplosionsgefahr in den Gruben zu groß e. Die wurmbehafteten Arbeiter find mit dem Farnkraut- extrakt oder mit Thymol behandelt worden; die meisten Arbeiter find dadurch von dem Wurm befreit worden.

und Krugdeckel

Impfgegner in die Kommission es, drei zu bekommen. Es ist 1899 auch Mitteilung über die Verhand- der Petitionskommission Die Cinwände des Abg. FroeliGß \ind die

Einwände Eine Revision der Ausführungsbestimmungen worden, um die Sicherung gegen üble Folgen möglichft iu verstärken. Auch die größte Reinlichkeit bei Impfungen kann den Eintritt übler

das Leben der geimpften Kinder gefährdet wird. ist es in der Regel mit der Impfung zu spät, wie gerade das englische Beispiel gezeigt hat, auf das bier

aber au auf diesen Zeit- raum nicht ganz siher. Die bezüglichen Petitionen hat der Reichstag der Regierung nur als Material überwiesen.

so kann der Redakteur ja dafür bestraft

ibren armen und ärmsten Volksklassen fand, die ¡u sparsam find, einen

wir

lassen? Gewifsensrücksi rüdsihten. Der J

fährdet, und wenn sie

Impfzwang fallen lassen ; Fretheit des Gewissens, also

Geheimer Sen

Früher

auch nchylostoma der Berieselung sind

Allerdings haben

Fällen bei Kranken als

Zechenverwaltungen er- ren diese Krankheit ver- herabgedrückt sein wird. betreffend, chts Neues ; das Neich3- ob Bleilegierungen mit s\{chädlich find. Es hat

Amt hat begutachtet, daß empfoblen werden kann. aufgestellt werden können,

e Bedingungen aufzustellen. In

impfgegnerishe Aerzte

gemacht alten, die hat in erörtert und wider- ist erlassen

Gesundheitsamt

namentlich wenn Müttern,

zu folgen, weil dadur

Wenn die

cadémie des médecine bat

bat behauptet, daß die unbedingte Immunität ge-

Die Aufhebung des dckschritte sein, den man in

gefragt, was die Regierung rkrüppelten zu ents{ädigen. seit 1896 die betreffende Mal getagt hat. Daß wobl daran gelegen baben,

so ist die Hälfte Gerade die Freisinnigen

Dr. Paasche sei beute für

Reklame gemacht hat.

_geradezu gegen die Ge- soll man nicht noch er-

und deren Her- zum ges ferner festgestellt, daß Nährboden in den

nehmen, daß etwas ge- Reichstags, hat sih r in den Wein getan : der

das unreelle Gebaren

des Herrn Vorredners : reichs8geseßlich zu

m Reichsamt des Innern

war als Lehrer in England ih habe die Spuren der bin seitdem von dem

ihnen noch nicht

[bftändige Menschen Pringene

ten

in das Sbäbendwerteile, was

i in d lihen Körper, in das Shätenswerteste, was | an

dere Made ut a ce Wesenbbeit, und wenn die Eltern en e

ihre Gewissensnot respektieren. Die Fret-

finnigen sollten doch die englische Geseßgebung, die fie uns sonst so

krankheit war vorgeshlagen worden, den beim und Absteigen der Schichtleitern neben den Sprofsen für die ände einen besonderen Halt zu geben, damit sie niht die Leiter- Proffen berührten und auf diese Weise die Larven des Anchylostoma

die Hände bekämen. Es follten damit Versuche E werden, es sheint aber wegen ihrer Kostspteligkeit nichts geschehen zu sein. Vom Standpunkte des Naturforshers haben jene Versuche etwas sehr Verlockendes, und V sehe nit ein, weshalb die Bergverwaltung an- gesihts der vielen Opfer, die die Krankheit gekostet hat, sih solchen Versuchen widerseßt. Daß die Verwaltung vieles getan hat, muß anerkannt werden.

Präsident des Reichsgesundheitsamts Dr. Bumm: Es ist

ist, aber die Hauptsache ist, daß eine Ucbertragung im Kot unmöglih emacht wird. Ob Vorrichtungen an der Leiter angebracht werden ollen, ist mir zweifelhaft, aber es sollen Versuche gemaht werden. Abg. Dr. Semler (nl.): Wir haben früher eine Petition der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen, die eine wirksame Bes kämpfung des Kunsthonigs wünschte. Leider ist bis jeßt nihts ge- schehen. Es muß wentfens die Deklarationspfliht eingeführt werden. Abg. Singer (Soz.): Wir können die Resolution des neuen Kartells bezügli der Zinndeckelkrüge nicht unterstüßen. Welchen Eindruck würde ein solcher Antrag oder Beschluß auf das Ausland machen. Man kann doch nicht das Ausland durch die Waren, die man ihm liefert, langsam hintöten. Mit Resolutionen, die man aus dem Aermel \{chÜüttelt, sollte man etwas vorsihtiger sein. Wir ver- wahren uns gegen diese Versuche mit untauglihen Mitteln. Der Reichstag is dur diese Resolution überrumpelt worden. Präsident Graf von Ballestrem: Um dieses Bedenken ju zer- streuen, hat der Reichstag die Bestimmung in die Geschäftsordnung ausgenommen, daß über die in zweiter Lesung eingebrahte Refolution erst nach drei Tagen abgesiimmt werden darf. Die fragliche Ne- solution kann also heute nit zur Abstimmung kommen. Abg. von Liebermann von Sonnenberg (wirts{h. Vag.) : Die Bedenken des Abg. Singer waren au mir getommen, der Abg. Singer muß aber berücksihtigen, daß man do aus den Krügen selbst trinkt, niht aus den Scharnieren. Es ist mir versichert worden, daß die betreffenden Krüge absolut gesundheitsunshädlich find, außerdem brauchen wir das Ausland in der Nahrungsmittelfrage nit besser zu behandeln, als es uns behandelt. Den Schul;wang kann man doch nit mit dem Impfzwang vergleichen, wie es der Abg. Müller- Sagan andeutete. Hier handelt es \fih um einen Gewifsen8zwang. Vergleichen kann man nur sanitäre Maßregeln unter einander. Wenn man uns z. B. diejenigen Maßregeln aufziwingen wollte, die Moses in der Wüste für die Israeliten für notwendig bielt, so würden wir uns dafür \{önstens bedanken. Abg. Bur ckhardt (wirtsch. Vgg.): Im Auslande werden doch bl eibaltige Deckelkrüge hergestellt, warum follen wir \{le{ter gestellt sein ? Die Ausführungen des Abg. Singer zeigen wieder die Arbeiterfreundlih- keit der Sozialdemokratie. Wir haben unsern Kartellantrag auch der nationalliberalen artei unterbreitet und uns sehr gewundert, daß fie ibn nicht unterschrieben hat, obwohl die betreffenden Fabrikanten

Nationalliberale find. L

Abg. Singer (Soz.): Wenn das Ausland die gleihen Vor- {riften erließe, dann säßen die Fabrikanten einfah fest. Unsere Arbeiter \ind viel ¿u human, als daß sie auf die Fabrikation von Waren Wert legen, die der Gesundheit {ädlich find. Wenn Sie meinen, daß die Bierkrugdeckel nicht gesundbeits\{ädlich find, dann sollte die Bundesratsverordnung überbaupt aufgehoben werden. Wir stimmen aber niht dafür, daß das Ausland und das Inland mit i¡weierlei Maß gemessen wird. Was du niht willst, das man dir tu, das füg auch feinem andern zu! Abg. von Liebermann von Sonnenberg (wirtsch. Vgg.) : Ich habe ausdrücklih gesagt, ih habe den Antrag unterschrieben, weil mir versichert wurde, daß eine Gesundheitss{ädlichkeit au8ges{lossen ist, und dann auffklärend hinzugefügt, man sollte das Ausland nit besser behandeln als uns. Das Ausland begt die Befürchtung nicht, darum hat es auch eine folhe Si Gmnag nit eingeführt.

_ Abg. Dr. Müller-Sagan (ff. olfsp.): Von einer gesund- heitlihen Gefahr kann keine Rede sein. Dagegen ist es unzweilelbaft

eus einer blühenden Industrie im Inlande eine Gefahr droht. Darum haben wir den Antrag unterschrieben.

Damit {ließt die Diskussion.

Die Resolution der Abgg. Baumann, Blankenhorn und Genossen, betreffend die baldige Nevision des Weingeseßes, wird mit großer Mehrheit, die Resolution der Abgg. Baumann und Genosjen wegen baldigster einheitlicher geseßlicher Regelung der Nahrungsmittelkontrolle fast einstimmig angenommen, ebenso gezang: 0 Resolution des Abg. Stauffer wegen baldiger geseh- icher einheitliher Regelung der Weinkontrolle zur Annahme. Das Kapitel „Reichsgesundheitsamt“ wird darauf bewilligt, desgleihen ohne Debatte die Ausgaben für die Biologische Anstalt. Vei den Ausgaben für das Patentamt, und zwar für die Bureaubeamten dieses Amtes, wünscht der Abg. von Olden- burg (kons.) möglichste Gleichstellung der vor dem 1. April cer angestellten Beamten mit den nah diesem Termine an- gestellten. _Abg. L attmann (wirts{ch. Vgg.) klagt über den mangelhaften Etrfindershußz für die technishen Angestellten. Im November vorigen Iahres hätten \sih mehr als 10 000 deutsche Ingenieure und Techniker in Berlin zusammengefunden und ihre bezüglihen Anträge formuliert, die der Regierung bekannt seien. _Im wesentlichen gingen diese dabin, daß man allerdings dem Arbeitgeber ein gewisses Vorrecht an der Erfindung seiner Arbeitnehmer einräumen wolle, jedoch auch dem Arbeitnehmer einen Anspruch an dem Nußen aus der Erfindung zu sichern wünshe. Das würde allerdings eine Aenderung des Patentgesetzes be- dingen, von der im vorigen Jahre der Staatssekretär mit Rüsicht auf die internationale Union für den technishen Erfindershuß ent- schieden abgeraten babe. England babe jedoch erst ganz vor furzem eine gründlihe Aenderung seines Patentgeseßes vorgenommen, ohne den Unionsvertrag im geringsten zu berühren. Eine Stärkung des Erfindershußes liege niht nur im Interesse der Techniker und Arbeit- nehmer, sondern au der deutshen Industrie, denn in vielen Fällen würden die Erfindungen Angestellter verbeimlidt oder nit genügend ausgenußt, oft auch die Patente unter fremden Namen angemeldet, die Erfindungen sogar an das Ausland verkauft. Zur Beseitigung der bisberigen Uebelstände würde die Einführung der oben erwähnten Vorschläge führen. Er bitte die Regierung, si zu diesem Gedanken zu äußern. 4 Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner: Meine Herren! Was den wahren Erfinder betrifft, so steht das Patentgesetz auf dem Grundsaß, daß das Patent dem Anmeldenden zu erteilen ist, und der eigentlihe Erfinder, oder wer sonst an dem Pa- tent beteiligt ift, nur befugt ift, seine Rehte im Wege der Klage oder des Einsprus geltend zu mahen. Ob man in der Nichtung der Vorschläge, welche der Bund der. tehnischen industriellen Beamten gemaht hat, eine Aenderung des Pa tentceseßzes berbeiführt, bedarf einer eingehenden Prüfung. Ich möchte es aber beute {hon als bedenklih bezeichnen, dieses Ret des Erfinders zu einem ¡win genden zu gestalten. Was die Frage der Beamtenkategorie betrifft, von der der Herr Abg. von Oldenburg gesprochen hat, so liegt es selbsjverständlih in meinem Interefse, daß diesen Wünschen möglichst Rechnung getragen werde. Aber der Shwerpuukt liegt beim Neichsshaßamt, und der Herr Ver- treter des RNeihéshaßamts hat bereits bei der Beratung des Etats des Statistishen Amts den Standpunkt seines Herrn Chefs klar-

Bekämpfung der Wurm-

gelegt.

Arbeitern beim Aufs

mögli, daß auf diesem Wege eine Verbreitung der Krankheit möglich.

Das Kapitel wird genehmigt.

Beim Kapitel „Reihsversiherungsamt“ bemerkt Abg. K ör ft e n (Soz.) : Durch ein kürzli angenes Urteil bat sih das Reichsgeriht auf den Standpunkt gestellt, daß: eine zivi[, rechtliche Forderung aus dem Invalidenversiherungsgeseß nicht" zulässig ist. Durch dieses Urteil is geradezu eine Prämie für gewissenlose Arbeitgeber ausgeseßt. Wenn diese ihren Verpflihtungen nicht nat- kommen, fo kann es ihnen allerdings eine Strafe kosten, fie können aber zivilrechtlich niht haftbar gemaht werden. Der Versiderte kann es nicht verstehen, daß, wenn er seine Pflicht erfüllt und genügend viel Marken geklebt hat, ihm eines Tages erklärt wird, er habe kein Recht, eine Invalidenrente zu bekommen, weil der Arbeitgeber aus irgend einem Grunde das Kleben unterlassen bat. Es i carakteriftisch, daß in diefer Materie das Berliner Polizei- prâsidium felbst verklagt ist; also diejenigen, die dafür eingeseßt \ind, auf eine rihtige Handhabung des Gesetzes hinzuwirken, kommen selbst den Bestimmungen zu Ungunsten der Verficherten nit na. Unsere vielges{mähten Krankenkafsen, denen nachgeredet wird, daß sie unter fozialdemokratisher Verwaltung steben, haben auf dem Gebiete der Unfallversiherung voll und ganz ihre Pflicht getan, dagegen baben die von den Arbeitgebern verwalteten Kassen es an ih fehlen lassen. Es matt den Eindruck, als ob die Berufsgenossens{aften den Versicherten diese Gesetze verekeln wollten, fie lassen die Verletten wochenlang warten, ohne daß fie ibnen eine Nawhriht geben. Wir haben Dußtende von Fällen, wo die Leute an die Armendirektion ver- wiesen wurden, und was wird beim Eintreteu eines Unfalls alles erwogen. Man sollte glauben, daß jemand Invalidenrente bekommt, wenn er die nach dem Geseze vorgeschriebenen Vorausseßungen und Be- dingungen erfüllt. Aber weit gefehlt! Die Praxis der Vertrauens- ärzte bewirkt, daß die Rentenbewilligung verzögert und eingeschränkt wird, und daß namentlich die Verkürzung der bewilligten Renten in ein förmlihes System gebraht worden ist. Die Schieds- gerihte find überbürdet, dur{schnittlich werden 30 bis 40, ju bis 56 Fälle in einer Sitzung erledigt! Und das sind do alles Fälle, wo es s\ich um die Eriftenz, wo es sch um mens(- liche Glieder handelt. Auf jeden Fall kommen da 5—6 Minuten : der Verletzte, der Arzt, die gehört werden follen, dürfen gar nit reden, denn sonst würde die Zeit zu knapp sein; da beißt es: Schweigen Sie! Anderseits geht man in diesen öffentlihen Sitzungen so weit, daß die Verletzten, männlihe wie weiblihe, gezwungen werden, fich zu entkleiden, den Ober- oder Unterkörper zu entblößen. )as würde man sih bei den bürgerlihen Gerihten \{ôn ver- bitten; aber solhen Verleßten gegenüber ist alles erlaubt. Auch auf die Rekursinstanz beim Reichsversiherungsamt wurde ein- gewirkt, mehr Fälle als 15 täglich zu behandeln; die Herren Räte haben aber, und das muß anerkannt werden, diese Zumutung abgelehnt. Und diesen Zuständen gegenüber treten jeßt Leute auf mit dem Verlangen, daß kleine Renten unter 25 9% niht mebr gezablt werden sollen! Damit würden 38 9% der Renten und 21 9% der dauernden Renten in Wegfall kommen! Damit würden allerdings 65 Millionen gewonnen werden: sollen die auh noch für Schiffe und Kanonen ausgegeben werden? Und bei solhen anmaßlihen An- sprüchen der Berufsgenossenshaften leistet das Zentrum Vorspann- dienste? Heute wird für den Verlust des Zeigefingers der linken Hand 20, der reten 25 % gezahlt; für einen Knöthel- oder Armbruc gibt es 25 9/0, nicht mehr für den Verlust eines Auges und für den Verlust von 3 bis 4 Fingern Das wären also nach Meinung des Zentrums alles kleine Renten, welhe aufgehoben werden müsen; eine solche Unkenntnis berrs{t also im Zentrum vor. Es ift doch auch bloß ein verdecktes Spiel, wenn das Zentrum diese Aufhebung bloß für die Landwirtschaft verlangt; denn sofort würden au die anderen Berufsgenossenschaften mit diefer Forderung nafolgen. Diese Pläne der berufsgenossenschaftlihen Organisationen und ihre Unterstüßung durch das Zentrum werden den Arbeitern boffentlih zeigen, wo die wahren Arbeiterfreunde zu suchen sind. (Bei- fall bei den Sozialdemokraten.) y

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatsfekretär des Innern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat erklärt, die Berufsgenofsen- schaften verwalteten ibr Amt derartig, um den Unfallverlezten das Nachsuchen einer Rente zu verekeln. Ich muß gegen diese Behaup- tung doch entschieden Widerspruch erheben. Die Berufsgenossen- schaften haben eine außerordentli schwierige, verantwortungsvolle Aufgabe. Sie verwalten fremde Gelder und haben selbst- verständlih die Verpflichtung, objektiv festzustellen, ob wirk- lich ein ents{hädigung8pflihtiger Unfall vorliegt oder nit. Die Rechtsfrage und die Tatfrage liegen häufig außerordentli \chwierig, und es ift au unzweifelhaft und dur eine Reibe von oâûllen aktenmäßig festgestellt, daß es Personen gibt, die ibr Leiden wesentlih übertreiben und in diesem bewußt oder unbewußt unrecht- mäßigen Bestreben von sehr zweifelhaften Elementen unterstüßt werden, die dieses Geschäft berufsmäßig betreiben. (Sehr richtig!) Also in dieser Weise einen allgemeinen Vorwurf gegen die Berufs- genofsenshaften zu, erheben, das balte ih nicht für gerechtfertigt. Selbstverständlih müssen die Vorschüsse, welhe die Berufs- genofsenshaften geben, auG im Verhältnis zu den even- tuellen Renten steben, die der Rentensucher erhalten kann, bezüglich zu der Größe des Schadens, den er erlitten bat. Es ist des- halb sehr \{wer, auf solche allgemeinen Anschuldigungen einzugehen. (Sehr richtig !) Eines Vertrauensmannes können die Berufsgenossen- schaften gar nit entbehren ; sie müssen doch das Recht haben, \ich auf Grund des Gutachtens eines Arztes, zu dem \ie Vertrauen haben, ihr Urteil über den Fall zu bilden. Dadurch ist aber in keiner Weise ausgeschlossen, daß derjenige, der eine Rente nahsucht, anderweitige Atteste beibringen und seine angeblihen Ansprüche in allen Instanzen verfolgen kann.

Es ist hier von dem Herrn Vorredner au die Frage betreffs der Ersatzpfliht der Arbeitgeber bei versäumter Markenklebung angeregt worden. Meine Herren, das Reich8geriht hat sich wiederholt mit dieser Frage beschäftigt. Dabei hat es mit besonderer Schärfe den Grundsaß aufgestellt, daß die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Be- schaffffung der Marken für seine Arbeiter cine öffentlich- rechtlihe dem Staat gegenüber, nicht aber eine privatrechtlihe dem Arbeiter gegenüber ift, und daß daher ein Schadenéersaßanspruhß des Arbeiters wegen des Nichteinklebens dieser Marken gegen den Arbeitgeber auf das Invalidenversiherungsgeset selbst mit Erfolg niht begründet werden kann. Diese Entscheidung hat in der Presse den Irrtum erregt, als hätte das Neichsgericht den Grundsatz angenommen, daß wegen versäumter Verwendung von Marken über- haupt ein Schadensersazanspruh nicht bestehe. Das ist nit richtig. Im Gegenteil bat das Neichsgericht wiederholt betont, daß, wenn auch die Verpflihtung des Arbeitgebers auf öffentli - rechtliher Grundlage beruhe, doch bierdur nit ausgeschlofsen werde, daß der Arbeitgeber dem Arbeiter wegen Nichtverwendung von Versicherungs- marken und wegen des dadurch herbeigeführten Verlustes seines An- spruchs auf Invalidenrente shadensersaßpflihtig sei, wenn die Schadens- ersaßpfliht sfih aus dem bürgerlihen Rechte ergibt,

(S{hluß in- der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

N 43. :

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

S ind Entscheidungen des Reichsgerichts in diefer Beziehung aber e nur ergangen auf dem Boden des bisher geltenden Nechts, des Gemeinen Rechts, des Allgemeinen Preußischen Landrechts und des code civil. Eine Entscheidung auf Grund des Bürgerlichen Geseß- buchs und da würde § 823 betreffs der Schadensersaypfücht aus unerlaubten Handlungen in Frage kommen hat das Reichsgericht bisher noch niht getroffen. Man muß also, ehe man überhaupt an eine Aenderung in der Geseßgebung denkt, erst abwarten, welche Ent- scheidung das Reichsgeriht auf Grund des § 823 des Bürgerlichen

buhs treffen wird. j E N Herr Vorredner hat auch behauptet, es würden hier in Berlin,

dsgerihten an einem Tage 42, 44 und 56 Fälle entschieden: G S e Frage {hon vor längerer Zeit eine Aeußerung des Reichsversicherungsamts eingefordert. Es würde zu weit führen, Ihnen diese Aeußerung hier ganz vorzutragen. Aber nah dieser Aeußerung gewinnt es nicht den Anschein, daß im Durch- \chnitt die in einer Sißung erledigten Fâlle die vorgeschriebene Zahl von 20 überstiegen haben. Diese Bestimmung, daß in der Regel nicht mehr als 20 Sachen in einer Sißung erledigt werden sollen, beruht auf einer Anordnung des preußishen Herrn Ministers für Handel und Gewerbe und des Innern vom 22. Dezember 1903. Fch kann aber aus den Fefststellungen, die auf Grund der Berichte der Schiedsgerihte gemacht sind, selbstverständlich nicht ersehen, ob niht an einzelnen Tagen diese Zahl wesentlich überschritten ift. Eine Einwirkung des Reichsversicherungsamts hierauf ist aber ausgeschloffen, weil die Schiedsgerichte Landeseinrihtungen sind und nach § 33 der Verordnung vom 22. November 1900, betreffend ihr Verfahren, unter der Aufsicht der zuständigen Landesminister stehen, soweit es fich um die allgemeine Geschäftsführung handelt.

; rger (Zentr.): Die Rede des Abg. Körsten hat uns ea Vi 8 e Foriscritt mit der Arbeiterversicherungs- Jeseygebung gemacht worden ist ;, diese s akzeptiere ih sehr L Seine Angriffe auf meine Fraktion und auf die Ausführungen unseres Abgeordnetenhauskollegen Schmedding muß ich zurückweisen ; wir können als Reichstagéfraktion dafür niht verantwottlih gemaht werden. In den Einzellandtagen herrscht oft eine fehr eigentümlihe Luft; in Baden hat der Abg. Geck sich längst sehr darauf gefreut, dem Großherzog einmal einen Be zu machen. Die Loyalität hätte erfordert, daß _der Abg. Körsten gleichzeitig mitgeteilt hätte, daß der Abg. SYmedna dem Abg. Trimborn entschieden entgegengetreten ist, und damit jene Aeußerung als zu Boden gefallen ersheint. Wohl flagt die Landwirtschaft mit Recht über die von Jahr zu Jahr wachsenden Beiträge an die landwirtschaftlihen Berufsgenossenschasten, das ist aber zum großen Teil auf die Ausdehnung der Versicherun auf die Unternehmer und ihre Familien zurückzuführen. p würde für alle die kleinen Unfälle wieder die Haftpflicht mit allen e Konsequenzen in Kraft treten, und das wäre für die Landwirt-

limmer. h | io A a iy Wenn man den Abg. Körsten hört, wn man lauben, daß im Vorstande der Berufsgenossenshaften lauter äuber hen und daß die Schiedsgerichte die reinsten Massenmörder sind. Auf solche E Behauptungen, die hier zum Fenster hirausgeschrieen werden, ist eine Widerlegung niht möglih. Wenn der Abg. Körsten darüber klagt daß nach Ablauf der 13 wöhigen Krankenunterstüßung erst die Schwierigkeiten beginnen, so liegt das doch in der Natur der S Der Mann muß doch nun den hin e Pt Let aigun:

en des Unfalls zu leiden hat. ao unter Len D N eigener Praxis, Me die Se area inen Teil der Rente bewilligt und nur

Ms ie Erledigung der Untersuhung ausgeseßt hat. Wenn in Berlin an einem Tage über 50 Fälle erledigt worden sind, fo kann man ja das gewiß niht entshuldigen; aber in vielen Fällen ist dabei auch gar niht viel zu reden, weil sie ganz klar liegen, und \{ließlich sind doch auch die Beisiger aus dem Kreise n Arbeitnehmer da. Auch hier wird mit Wasser gekocht; man follte niht durch solhe Uebertreibungen den Segen der Unfallversiche- rung diskreditieren. Im Reichsversiherungsamt ist einem Teil der Râäte eine gewisse Ungerechtigkeit widerfahren, seit man im Patentamt einen Teil der Râte în gehobene Stellen gebraht hat; die Vorsitzenden der einzelnen Rekurssenate sind noch nit der Be- deutung ihrer Stellung in Gehalt und Rang entsprechend gestellt, Das Reichsversicherungsamt ist zugleich rihterlihe und Verwaltungs- behörde, dadurch wird seine Verantwortung noch ungemein erhöht. Um so ungerechtfertiger ersheint daher die Zurückseßung der Räte dieser Behörde ; wir bitten, recht bald hier Wandel eintreten zu lassen und nicht etwa bis ¿ur Reorganisation der Arbeiterve: sicherung damit

rten. 2 “Nach 61/4 Uhr wird hierauf die Fortsezung der Etats- beratung auf Montag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 25. Sigung vom 17. Februar 1906, Vormittags 10 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

egt die zweite Beratung des Staats haus- val SLAtI TAE bas Etatsjahr 1906 ots n Mo! der Justizverwaltung fort, mit dem die Den jGrif ü E die Denis und Einkommensverhältnisse des Kanzleipersona bei den Justizbehörden zur De proc gelangt. L Zu der Einnahme aus der O Hung pes d in Hohe von M, 1 707 10 M als f Vorjahre, angeseßt ist, bemerkt al Erwiderung e die bereits in der vorgestrigen Ltre & Z auszugswelse Ma R Ausführungen der è gg. fe (freikonf.), Wißmann (nl.) L Dr. Wagner (freikons.) inister Dr. Beseler: rund Ich kann versichern, daß die Justizverwaltung eifrig bestrebt ist, die Gefängnisarbeit zu regeln, wie es nah den 1 rihtig erkannten Grundsäyen, die der Herr Abg. Eckert heute mit- ehen soll. E URS t ih für die Erklärung des Herrn Abg. Wagner, der anerkannt hat, daß diese Regulierung der Arbeit mit großen

Zweite Beilage

Berlin, Montag, den 19. Februar

i äftigen, und es wird sich nicht abfolut vermeiden laffen, va L O L Zeiten vielleiht auch in höherem Maße, als wünschenswert ist, Arbefkten verrichtet werden, die sonst dem freien Handwerk zufallen würden. Die Durchführung der Arbeit wird bei den Strafanstalten, welche der Aufsicht des Justizministers unterstehen, im wesentlihen und soweit es möglich ift, in derselben Weise geregelt wie bei der Verwaltung des Innern, damit die Beschäftigung im großen und ganzen auf denselben Grundsäßen beruht. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Justizverwaltung hier mit etwas anderen Zahlen zu rechnen hat, wie der Minister des Innern, einmal weil die gesamten Untersuchungsgéfangenen mitzuzählen sind, ‘die überhaupt nicht beschäftigt werden können in einer Weise, die nicht vollständig ibren Wünschen und Neigungen entspricht, ferner weil sebr viel ganz kurze Freiheitsstrafen in Betracht kommen, bei denen ih eigentlih überhaupt keine Arbeit finden läßt, und endli, weil wir, nens wir überhaupt noch an eine Strafvollstreckung denken wollen, die Leute, die eine Strafe zu verbüßen haben, zunächst einige Zeit vollständig in Haft halten müssen, bevor sie zur Außenarbeit herau8geschickt werden ; sonft würde das Gefühl der vollen Freiheitsentziehung ganz und gar \Mwinden. (Lebhaftes Sehr rihtig! rets.) e . Fch kann also im allgemeinen nur sagen, ‘daß wir bestrebt sind, soweit es geht, alle Arbeiten fernzuhalten, die das freie Handwerk sonst verrichten würde. Ausführbar in vollem Maße ist es nit; wir beshränken uns deshalb den Anregungen aus diesem hohen Hause entsprehend tunlichs| darauf, nur folhe Arbeiten herauszugeben, die für Staatsbehörden bestimmt sind. Ich bemerke bon vornherein, daß sih das auch nit in vollem Umfange hat durhführen lassen und sich au nicht ganz wird durchführen lassen. Es ift daher tunlihst darauf Bedacht genommen, die Gefangenen mit Außenarbeiten zu beschäftigen, nach meiner. persönlichen Auffassung eine außerordentlich günstige Art der Beschäftigung, sobald die Gefangenen fo weit find, daß man sie zeitweilig aus der Anstalt herauslafsen kann. | Ih bin dafür sebr dankbar gewesen, daß auch in der Kommisfion diese Frage zur Sprache gebraht worden ist, und ih habe sofort Veranlassung genommen, die Strafdollstreckungsbehörden nohmals darauf hinzuweifen, daß ih hoben Wert darauf lege, die Gefangenen möglichst viel mit Außenarbeit zu bes schäftigen. Ih habe mich ferner mit einzelnen Staatsbehörden in Verbindung geseßt, um zu ermitteln, ob etwa bei großen staatlichen Unternehmungen baulicher Art einzelne Lose großen Gefangenen- anstalten zur selbständigen Erledigung übergeben werden könnten (sehr gut! rechts), und ih hoffe, daß auf diese Weife noch mehr Sina als bisher draußen werden tätig werden können. (Bravo! rets.) Das ist das, was i dieser Hinsicht zunähst habe tun können, aber ih werde selbstverständlih die Frage im Auge behalten, weil ih der Meinung bin, daß es zweckdienlich ist, wenn die Gefangenen draußen beshäftigt werden. (Sehr richtig! rechts.)

Ih möchte nun auf einzelne Punkte, die cinzelne Herren Vor- redner angeregt haben, kurz eingehen, und wenn das hohe Haus es wünscht, demnächst einen weiteren Bericht über die Details von meinem Herrn Kommissar erstatten lassen. Es ift ¿unächst von dem Herrn Abg. Eckert berührt das Gefängnis in Neuruppin. Es lag darin ein gewihtiger Vorwurf, den ih als vollberehtigt anerkenne, nämlich die Beschäftigung der Gefangenen an einzelnen Tagen und aus einzelnen bestimmten Veranlafsungen. Dies hat bereits zu einem recht ernsten Hinweis geführt, daß derartiges nit geschehen dürfe. Das ist geshehen vom Oberstaatsanwalt auf Anweisung des Ministers. Ih will die Stelle der Verfügung vorlesen; es sind nur ein paar S Das Kolorieren von Darstellungen eines Königsmords ist eine für Gefangene durhaus ungeeignete Beschäftigung. Die Zulafung einer derartigen Arbeit erscheint als ein Mißgriff, der dur die von Eurer Hohwohlgeboren vorgetragenen Gründe nicht gereGtfertigt werden kann. In dem Mißbrauch des Sonntags zu folher Be- \chäftigung liegt ferner ein Verstoß gegen § 75 Absatz 1 der Ge- U As haben, daß die Justizverwaltung aube damit dargetan ¿u haben, daß dle 5 1

das he via Versehen c g A cit hat, und daß ein iht wieder zu erwarten ist. (Sehr gut ! ;

E Einzelbeiten binsichtlih der Gefängnisarbeit betrifft, so glaube i, daß die tatsächlichen Angaben, die der Herr Abg. Eckert ge- macht hat, nicht vollständig mit dem übereinstimmen, was ih bisher aus dem Bericht ergeben hat. Es können leiht Irrtümer unterlaufen ih werde nahher dem hohen Hause durch einen Kommissar mitteilen lassen, wie die Zahlen stehen. Zu bemerken ift noch im allgemeinen, daß der Wunsh des Herrn Abg. Edckert, zu erfahren, inwieweit sich die Arbeitslöhne verteilen auf die weiblichen Arbeiter neben den männlichen, nicht erfüllt werden kann, da wir dazu das Material nit besitzen. Die übrige Statistik ist i bereits vom Me Wißmann mitgeteilt worden. Sie beruht auf unserem Ma Fch möchte fast annehmen, daß dadur die Anregung des Herrn Abg. Eckert erledigt ift. Sollte das nicht der Fall sein, fo wird selbstver- ftändlih alles, was wir haben, jederzeit zur Verfügung stehen. :

Nun komme ich auf die Buchbinderei in Breslau,‘ deren dic Herren Abg. Wißmann und Dr. Wagner erwähnt haben. Diese Bu(hbinderei arbeitet, wie mir berichtet worden ist, lediglich für Staatsinstitute und beschäftigt 32 Gefangene. Dies würde in den Rahmen derjenigen Arbeiten fallen, die das hohe Haus selbst e angezeigt hält. Ih möchte fast annehmen, daß von diesem V punkt aus die Art und Weise der Beschäftigung auf allseitige B - gung rechnen dürfte. Ich bin bereit, der Sache noch einmal näher ¿u treten und mich zu erkundigen, E die Sachen stehen und zu erwägen,

ilfe geboten set. F E E ibe ih niht Erfolg versprechen zu L nämlich das Aktenheften dur Gefangene vornehmen zu lassen. ry können wir nicht ausführen, wir müfsen unsere Akten vor sold G Leuten zurüdhalten, die Mißbrauh damit treiben können. pt r rihtig!)) Ih möchte bitten, dieser Anregung nicht weiter Folge

1906.

Nunmebr ersuhe ich, meinem Herrn Kommissar hinsihtlih des

Gefängnifses in Neuruppin das Wort zu geben.

Gebeimer Iustizrat Plaschke erörtert die vom Abg. Edckert

erwähnte Beshäftiguna von Gefangenen für eine Bilderbcgenfabrik Rui Die Firma Reinhold Kühn beschäftige die Gefangenen.

Nun habe die Firma Oehmigke u. Riemschneider gleihfalls um die Zu-

weisung von Gefangenen ersucht, aver dieses Ersuchen sei abgelehnt worden.

e Gründe für die Ablehnung würden öffentli nicht mitgeteilt werden, R A fieben dem Abgeordneten zur Verfügung. Ein Unrecht sei der Firma niht gesehen: denn die Beschäftigung von Gefangenen für f sci aus zutreffenden Gründen abgelehnt worden. Die Löhne der Gefangenen bei der Firma Reinhold Kühn seien niht, wie die andere Firma behaupte, im Jahre 1904 herabgeseßt, sondern fogar erhöht worden, und sie stellten sich nur um 10 vCt. niedriger als die der

ei beiter. E A freie e Graf von Wartensleben-Rogäsfen (fonf.) erklärt h gleihfalls für die Beschäftigung der Gefangenen in der Landwirt- \chaft, wenn es auch für den Landwirt gerade niht angenehm sei, Ge- fangene beschäftigen zu müssen.

Justizminijter Dr. Beseler: | |

Ich will nur kurz bemerken, daß die Frage, die der Herr Ab- geordnete eben berührt hat, gegenwärtig zur Prüfung im Ministerium liegt. Nachdem der Bericht kürzli eingegangen ift und nah dem, was ih vorher erwähnt habe, kann ich nur wiederholen, daß ih sehr gern die Arbeiter in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt sehe, und daß von diesem Gesichtspunkt aus, wenn irgend mögli, den Wünschen entsprochen werden foll.

bg. Ed ert behauptet, daß die Firma Oehmigke u. Riem- neider dur die Gefangenenarbeit für die Konkurrenzfirma ge- {Dädigt werde. Er müfse auch auf Grund seiner eigenen Einsicht in die Kontrakte entschieden bestreiten, daß der Lohn der Gefangenen nur um 10 vCt. niedriger sei; es handle fih vielmehr um einen

ihied von 300 bis 400 °/0.

N Webeiuee- Justizrat Plaschke erwidert, daß ihm dieser Umstand vollständig neu sei. Es werde deshalb eine erneute Eren stattfinden; denn eine Differenz von 300 bis 400 9/9 fei selbstverständli nit zulässig. e À ,

Bei den Einnahmen aus besonderen Fonds bemängelt Abg. Dr. Dahlem (Zentr.), daß die für die Ausstellung von Armenattesten Un Ra in E On e Do

stellen in Fällen, wo es ni 1 L

E E eiae Noauiven gegen den Nachsuchenden vorliege. Davar) werde au die Staatsfafse eventuell geshädigt. Die Partei, we her einmal das Armenrecht verliehen sei, könne lustig darauf los pro- zessieren, während die andere Partei nahher den Schaden zu tragen habe. Die Gesuche um Armenattestie müßten deshalb sehr gründlih gevrüft werden.

Justizminister Dr. Beseler:

ea die Wichtigkeit der Frage, die der Herr Abgeordnete eben berührt hat, feineswegs; ih habe in langjähriger Praxis selber die Wahrnehmung gemacht, daß die Bestimmungen über tas Armen- recht in vieler Hinsicht verbefserungébedürftig sind. Von dem Herrn Minister des Innern sind wiederholt Anweisungen an die Behörden ergangen, sorgfältig bei der Bewilligung des Armenrehts zu verfahren, und ich kann darauf aufmerksam machen, daß über kurz oder lang eine Aenderung der Zivilprozeßordnung nôtig sein wird, wobei die Armenrechtsfrage jedenfalls ernstlich gevrüft werden foll. (Bravo !)

.Rewoldt (freikonf.) unterstüßt die Ausführungen des Abg M alien und weist darauf hin, daß dur ers Bie Armenrechtsbewilligung das Publikum stark geschädigt werde, aer at bemittelte Gegenpartei die Kosten eines Anwalts tragen 0G E, Manchmal mache die Armenpartei dieselben Prozefse mes P hängig. Außerdem sei E e die L En Verppten mit geringeren Einnahmen eine große Belastu a

en, besonders infolge des Umstandes, daß es zur Ze prozefen verbun in dem Vertreter der Armenpartei zwei Urteils- Cudfertiguiten, die das Gericht leiht beritellen könnte, zu ren, joras der Anwalt die oft umfangreichen Schriftstücke noch abschrei E afsen müsse, um fie der Gegenpartei zustellen zu können. Es möge bei einer Revision auf eine Erleichterung bingewirkt werden. Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei dem Titel dauernde Ausgaben (Ministergehalt) E [ [G des Strafgesegbuches stellt die . Strosser (kons.): § 184 des Strafgesey uhe stel ic abis der Smußliteratur p smugiger A r e. ¡es agraphen wird aber în der Pra) er oa A Tite ‘GebrauG gemacht. Eo Gn A agen E Broschüre zugängig gemacht worden, aus der Hervo at, C t fen S wir in Deutschland in diefer Beziehung g Pie fab Dee Abg. Münsterberg hat bei der Beratung des Etats des Ministeriums des Innern mit beredtea Worten uns L ershreckendes Bild vorge ane n RE e imp ia é: ä ie in unserem Volke herrschen. J i T dieser ‘Ausführungen in vollstem Maße zustimmen können. eun er aber gesagt hat, das, was Kunst sel nee ente g Pas die A ante und wenn er vor allen Dingen ervaras oden s N nes i auf die Zeitschrift „Jugend“ ihn als alten Leser n lem ete: 6 , fo fann ich ihm darin in keiner Weise bei : A, O wahre und was falsche Kunst ist, sind die Een allerdings sehr verschieden. Wenn er sagte, daß die „Jugend va re Kunst vertrete, so möchte f s N n), unwr BRSA Be, Die „Jugend® enthält unerhörte Angriffe ade ore Sli Männer, die es \sih zum Lebensberuf gemacht aben, e Í \ Volke berzufstellen. Daß die Bilder der , Jugen Mar kde frcgpar b Güte iren: ie S aug nie M Der Abg. Münsterberg sagte: Ja, “dann ger quis us Fe ZARN von Milo in die Rumpelkammer werfen. / g t A R wobl unterscheiden, was wirkliche, wahre, hohe Kunst it, Es i tes ü f und dem, was_in der „Jugen zwischen diesem unübertroffenen Wer Ie Ie, wal n eee L steht. Ich verstehe niht, wie man es n Nen A S fann. Wir haben durhaus ein Verstän lt die 'Derfenun antike Kunst Hohes geleistet hat, und i d lei RA ung des Nadckten allein ist es, was bei der Ge u LIEN mt, sondern das Laszive, das Lüsterne, S Gage luna des Nacen ee D Jum Auen e h bas Va es, was wir unter allen Umständen verw L enten E ANA Kent was heute an Poslkarten und sogenannten L B ve L Le wird. Wenn wir die otel aufgerufen as ers en E E ordentli zunehmende Verbreitung der unsi L, ani A koi brauchen bloß einmal eine Untergrundbahn zu a lite N Ü r geradezu haarsträubende liederli i Uu Dg O La wznn Se golne M R Ae wir, daß die Vrgane der ai L Es kommt häufig vor, daß die S Mae

i ä ist es bei der Voll- Shwierigkeiten verbunden ist. Selbstverständlih Aa Der Strafen sehr wichtig, die Gefangenen mit angemessener

zu geben.

\{mußiger Bilder und Schriften nacher durch Gerichtsurteile guf