als die Justizverwaltungen für die gründliche,
barer gewesen, nach unserer Ansiht unbefangene und ergiebige Arbeit, die die Kommission im Laufe ihrer langen Beratungen zu Wege gebracht hat. Ih muß mich meinerseits, der ih persönlich bei den Be-
ratungen Ohrenzeuge- gewesen bin, ohne mich sachlich an den Auseinandersezungen zu beteiligen, diesem Urteil “ anschließen. Die Kommission verdient umsomehr Anerkennung, als sie sih von vornherein darüber im klaren war, daß ihre ob- Jjektiven Erwägungen und die darauf beruhenden Beschlüsse einer starken parteipolitishen Anfechtung später unterliegen würden. Das hebe ich ausdrüdcklich hervor, um nicht das Mißverständnis auf- Fommen zu lassen, als ob die Justizverwaltungen durch ihre Stellung- nahme in Ansehung der Shwurgerichtsfrage ein ungünstiges Urteil über die Leistungen der Kommission überhaupt hätten fällen wollen.
Meine Herren, nachdem der Standpunkt der preußi- hen und bayerishen Justizverwaltung dem Reichsjustiz- amt bekannt geworden war, konnte es für uns nicht in Frage gekommen, die Umgestaltung der Schwurgerichte in den Reformplan aufzunehmen, denn es hätte zum mindesten zeitraubender Auseinanderseßung bedurft, um, wenn es überhaupt möglich gewesen wäre, die Justizverwaltungen von Preußen und von Bayern zu einer von ihnen kundgegebenen Anschauungen abweichenden Ansicht zu be- kehren. Vielleiht wäre dann die Reform ins Unabfehbare verzögert worden.
Für uns lag unter den Umständen die Sache so: sollen wir unter Verzicht auf der von Preußen und Bayern verworfenen Reform des Schwurgerichts an die Revision des Strafgrozesses herantreten unter der Vorausfeßzung, daß im übrigen die Regierungen die Be-
\chlüfse der Kommission im wesentliGen billigen würden- oder - nicht? Und da konnte für uns kein Zweifel darüber bestehen, daß wir die Reform in dieser Beschränkung einleiten
müßten. So geht unsere Absicht jeßt dahin, den Reformplan unter Ausschluß der Frage der Shwurgerihte in ihrer prinzipiellen Be- deutung nach Maßzabe der zu erwartenden Entschließungen der Regierungen, vor allem Preußens, in ten übrigen wihtigen Einzel- fragen, mit aller Beschleunigung auszuarbeiten. Ob man in Einzel- heiten der Shwurgerihtéverfafsung etwas ändern will, ist eine Unter- frage von nur technischer Bedeutung.
Danach, meine Herren, kann ih die Frage des Herrn Vorredners dahin beantworten, daß weder von seiten des Reichsjustizamts ncch von seiten der maßgebenden deutshen Regierungen der Gedanke einer Reform der Schwurgerichtsverfassung in die weiteren Maßnahmen für die Reform des Strafprozesses wird hineingezogen werden, “ und die Herren, die biéher so ängstlih gewesen sind wegen des Schicksals der Scchwurgerichte, können si bis auf weiteres, glaube id, beruhigen.
Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Ablaß hier nit bloß den Wunsch ausgesprohen, die Shwurgerichte erhalten zu sehen, fondern auch ihre Kompetenz noch erweitert zu wissen durch die Aus- dehnung irer Zuständigkeit auf Preßsachen, wie sie in cinzelnen süd- deutschen Staaten ja besteht. Jh bedauere, aber in dieser Beziehung ihm keine Aussichten eröffnen zu können. Jch habe ja formell nicht das Recht, zu der Sache mich zu äußern, weil ein Beschluß der ver- bündeten Regierungen in dieser Frage nihi vorliegt. Aber, meine Herren, die {nelle Förderung - der Strafprozeßreform liegt mir ebenso am Herzen wie diesem hohen Hause und ih möchte dafür doch alles tun, was geeignet ist, um Steine, die uns in den Weg geworfen werden könnten, baldmöglihst wegzuräumen- damit die Neformarbeit au glatt weiter geht. Einer solher Steine wäre es aber, wenn das hohe Haus nah dem Antrage des Herrn Abg. Ablaß beschließen wollte, die Zuständigkeit der Shwurgerihte in Norddeutschland auf die Prefse zu erstrecken. Meine Herren, darüber kann i, wenn ich auch die Ansicht, wie gesagt, der hoben Regte- rungen in Norddeutshland niht in Form eines Beschlusses kenne, doch çar keinem Zweifel belassen, daß diese Regierungen jeden Reformplan unbedirgt von der Hand weisen würden, der die Zuständigkeit der Shwurgerihte nah der Richtung bin erweiterte. (Hört! bört! bei den Sozialdemokraten.) Jch werde mich über die Gesichtépunkie, die nah meiner Meinung dafür voraussichtlich maß- gebend sein würden, niht aus\preWen. Jeder, der die Geschichte dieser Frage in der Entwicklung unseres Strafprozesses kennt, wird wissen, mit welchen Gründen der Standpunkt der Regierungen gerechtfertigt wird. Ih lasse auch die Frage dahingestellt, ob es für die Presse befser ist, daß die Shwurgerichte oder daß andere Geri(ts- hôfe — in Zukunft doch nit einfa die bisherigen Strafkammern, wie der Herr Abg. Ablaß anzudeuten schien, sondern vom Stand- punkte der Strafprozeßkommission gemishte Gerichte, in denen Laien mitwirken, — das Urteil fällen. Das, meine Herren, ist eine Sache für sich. Wir werden sicherlih den Süddeuts{en die Zuständigkeit der Schwurgerichte für Preßsachen wie bither belassen, aber die nord- deutschen Regierungen werden niht damit einverstanden fein, daß diese, nah Ihrer Meinung nur angeblihe, Wohltat au der Presse Norddeutsclands zu teil wird; nach ibrer Meinung hätte au die Presse davon für ihre Entwickelung keinen Gewinn zu erboffen.
Meine Herren, wern Sie nun in diesem Augenblick, wo wir mit einer, wie jeder Kundige zugeben wird, doch außerordentlih \{wierigen Reformarbzit beschäftigt sind und auf Grand dieser Arbeit unsere Vorschläge demnä&ft an die Regierungen und an das hohe Haus bringen wollen, solche Gedanken uns entgegenbringen und durch ein Votum des Hauses sanktionieren wollen —- wie können Sie hoffen, daß dadurch das Gedeihen des ganzen Reformwerkes befördert wird? Glauben Sie denn, daß in den verbündeten Regierurgen überall eine [lebhafte Neigurg besteht, den befiebenden Nechtszustand in den Straf- kammerinstanzen zu ändern zu Gunsten einer Umgestaltung auch nur in dem Rahmen der Vorschläge der Kommission? Und wollen Sie denn die Bedenken, die im Schoße der verbündeten Regierungen aweifellos noch vorhanden sind, dadur vermehren, daß Sie neue Gedanken bringen und hier zum Beschluß erheben, von denen Sie wifsen müssen, die verbündeten Negierungen werden sie nicht alzeptieren? Nur aus di-sem Gesichtépunkte heraus, um die Arbeit für die- Strafprozeßreform nicht unnötig mit Streitfragen \chwieriger Art zu belasten, bin ih aus der Zurüdckhaltung, die \olcken Anträzen gegenüber mir sonst auferlegt ist, berausgetreten und kann die geehrten Herren nur bitten : lehnen Sie den Antrag Ablaß, und zwar im Interesse der Strafprozeßreform, ab. (Bravo! rechts.)
Abg. Gröber (Zenir.): Die Begründung de3 Antrages Ablaß
konstcuiert einen Gegensaß zwischen Sck{wurgerihten und Be- amtengerichten und berubte auf einer Kritik der Vorschläge der
„mittleren Städte in Posen, die noch ein Hort des Deutshtums sind,
kammern, [oen durch große Schöffengerihte in Aussicht, und für diese stimmten nicht nur richterliche Beamte, sondern auch angesehene Rechtéanwälte, ja auch ein Mitglied der eigenen Partei des Herrn Ablaß (Ruf links: Leider !); ja, dann müssen Sie uns mit folchen Ausführungen verschonen. Wer für die Be- rufung in allen Instanzen ist, wie sie gleichzeitig PargesMlazen worden ist, der muß ein folhes e Schöffengeriht wollen, Unser Antrag wegen des Wechselprotestverfahrens empfiehlt \ich selbst. Die heutige Zeit fordert ein rashes und billiges Nechts- verfahren. Die heutige Wehselprotestordnung s\{chreibt aber so viele Formalitäten vor, daß damit der Wechselprotest zu einem förmlihen Kunstwerk geworden ift. Außerdem kann es bei der heutigen Gebührenordnung bei kleinen Wechseln leiht vorkommen, daß die Kosten die Hälfte der Wechselsumme betragen. Seit Bestehen des Wecchselprotestes sind die Interessenten hon ia den 70 er Jahren. mit lebhaften Klagen über die Umständlihkeit und Kostspieligkeit des Verfahrens hervorgetreten; heute hat die Bewegung weite Kreife er- griffen, und erfreuliherweise hat auh der Staatssekretär jet eine entgegenkommende Erklärung abgegeben. Es wird sih empfehlen, die Aufnahme den Postbehörden zu übertragen, aber mit Haftung des Staates, denn ohne solche würde es ein Danaergesthenk sein.
Hierauf wird Vertagung beschlossen.
Persönlich erwidert
Abg. Bruhn dem Staatssekretär, daß er nicht von einem
Richter, sondern von einem Staatsanwalt gesprochen habe, der von Herrn Kröfell behauptet habe, er halte sich verborgen.
Schluß gegen 61/2 Uhr. Nächste Sizung: Sonnabend 1 Uhr. (Fortseßung der Etatsberatung.)
Diese nahmen den us, der Schwurgerichte nit durch Straf-
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
29. Sißung vom 22. Februar 1906, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in dieser Sizung, in dec die zweite Lesung des Staatshaushalts- etats für das Etatsjahr 1906 fortgeseßt wicd, ist in der Zweiten Beilage zur gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
_Es folgt die Beratung des Etats des Finanz- ministeriums. |
Die Einnahmen werden ohne Debatte bewilligt.
Bei den dauernden Ausgaben, und zwar beim Titel „Gehalt des Ministers“, bittet
Abg. B u \ch (Zentr.) darum, daß ein- für allemal die Steuer- jekretäre die Befugnis erhalten, die Vorsitzenden der Veranlagungs- fommissionen zu vertreten, damit immer jemand im Bureau an- wesend set.
Abg. Lusensky (nl.): Der Boykott der deuten Geschäfte dur die Polen wird von der polnischen Presse in der Weise unterftügt, daß die Polen, welche bei Deutschen kaufen, öffentlich namhaft ge- macht oder gekennzeihnet werden. (Der Redner verliest eine Neihe folcher Zeitungsnotizen.) Die Deutschen halten fi zwar teilweise dadur shadlos, daß sie möglichst nicht bei Polen faufen, aber leider fehlt es ncch an der Einigkeit unter den Deutschen in dieser Be- ziehung. So haben in einer Stadt die Beamten, welche früher das Kaisergeburtstagsfest gemeinsam mit den anderen Bürgern feierten, \sih diesmal abgesondert und eine besondere Feier unter \ich veranstaltet. Das ift höchst tedauerliG. Man kann das Deutshtum nicht besser stärken als dadurch, daß man die wirtschaftlichen Verhältnisse beffert. Der Vorschlag, Industrien nah der Ostraark zu ziehen, erscheint viel- leiht doch von zweifelhaftem Wert, es wird nichts anderes übrig bleiben, als dey der Staat mit seinen großen Machtmitteln die wirtschaftlichen Verhältnisse zu fördern suchk. Eine Zuckerfabrik in Hobensalza geriet in Konkurs und in weiterer Folge auch eine Maschinenfabrik, es wurden 600 Arbeiter brotlos, fie mußten fortziehen, und die Be- völkerung von Hobenfalza verringerte fih mit einem Mal um 3000 Seelen. Bedenken Sie, welchen Einfluß das in einer kleinen Stadt hat! Es matte sih auch in den Einnahmen des Kommunalhaushalis bemerkbar. Anderseits sind die Lasten der Stadt für die Schule ge- wachsen, da ein neues Mittelshul- und Volksshulgebäude notwendig ist. Der Stadt köante wesertlich geholfen werden, wenn. der Staat die städtishe Badeanstalt übernähme und sie so ausbaute, daß die Zahl der Badegäste gesteigert werden fönnte. Leider ist der Stadt auch ein Lebrer- seminar abgelehnt worden. Die Stadt Labischin ferner bedarf dringend einer Eisenbahnverbindung, wenn sie niht zu Grunde gehen foll. Die Stadt Brushwiz wünscht ein Amtsgericht. Die Entmutigung der Deutschen in der Ostmark nimmt ständig zu, wenn der Staat nicht al wirtshaftlize Gedeihen der mittleren und kleinen Städte ördert.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben :
Meine Herren! Jh nehme nicht an, daß es Ihren Wünschen entsprehen wird, hier beim Etat tes Finanzministeriums eine Polen- debatte zu entfesseln, und ih möhte meinerseits dazu nicht beitragen. Ich vermag auch nit recht zu ersehen, inwiefern die lokalen Wünsche, die der Herr Vorredner aus seinem Wahlkreise vorgetragen hat, eigentlih zum Etat des Finanzministeriums gehören. (Sehr richtig !) Allerdings ist mir der eine Fall, den er aus Hohensfalza vorgetragen hat, bekannt. Die Stadt hatte, wie der Herr Vorredner es angeführt hat, den Wunsch, ein \sich wenig günstig entwickelndes Solbad auf den Staat zu übertragen. Es ift aber nit richtig, wenn der Herr Vor- redner meinte, der Ausbau des Bades sei seitens der Finanzverwaltung abgelehnt worden. Es hat eine Prüfung der Frage durch die Kommissarien der vershiedenen Ressorts — niht bloß des Finanzminifteriums — stattgefunden, und alle Ressorts waren darin einig, daß der Ausbau des Bades eine enorme Summe erfordern würde — der Herr Vor- redner nanrte den Betrag von 14 Millionen — und troßdem der Stadt nur wenig nügen würde. Es ift ein ganz kleiner Park vor- handen, es ist eine ziemlich reizlose Gegend ohne Nachbarschaft von Wald, und die Hoffnung, daß durch den Ausbau des Bades Badegäste nah Hobensalza gezcgen würden, mußte als trügerisch angesehen werden. Da die Stadt Hohensalza in dieser Beziehung ihre Wünsche nicht erfüllt gesehen hat, und da sie in der Tat durch den Zufammenbruch des Werkes, von dem der Herr Vorredner spra, shwer betroffen worden ist, so werde ih gern meine Hand dazu bieten, wenn si irzend eine Ge- legenheit findet, der Stadt Hohbensalzz wiederum staatlihe Förderung zuteil werden zu lasen, weil ich mit dem Herrn Vorredner aner- kenne, daß sie in der Tat mehrfach durch \chwere Schicksals\chläge betroffen worden ist.
Was die Stadt Labischin anbetrifft, so, glaube ih, gehört dieser Fall noch weniger zu meinem Ressort, wie der von Hohenfalza. Von diesen Bahnwünschen, denen der Abg. Lusensky Ausdruck gab, ist mir nihts bekannt, und eine Vorlage ist an das Finanzministerium nicht gelangt. Die Sache \{chwebt, soweit ich sehen kann, aus\chließlich bei dem Minifterium der öffentlichen Arbeiten.
Aber in einem Punkte möchte ih dem Abg. Lusensky voll- kommen Recht geben, in der Notwendigkeit, die kleineren und
bekannten Kommiision für die Reform der Strafprozeßordnung.
in diesen mitileren und kleineren Städten in der Provinz Posen hat, sind mir wohl bekannt und von dem Herren Vorredner zutreffend geschildert worden. Ih darf erwähnen — weil nach seinen Worten es so klang, als ob seitens der Staatsregierung in dieser Beziehung nichts geschebe, — daß wir in der Tat für diefe mittleren und kleinen Städte in den legten Jahren sehr Erheblihes geleistet baben. Zu- nächst darf ich darauf hinweisen, daß in der Provinz Posen alle Grm- nafien staatlich find, daß Posen und Westpreußen in dieser Beziehung eine Ausnahmestellung genießen, deren \ich keine andere Provinz zu er- freuen hat, daß wir für das Fortbildungs\{hulwesen gerade in Posen und Westpreußen außerordentliche Mittel aufgewendet haben — be, kanntlich sind ja besondere Fends in erbebliher Höhe im Etat ent- halten —, und daß wir in den leßten Jahren im Interesse der Hebung der mittleren und kleinen Städte in außerordentlißem Maße zum Ausbau der Eisenbahnen in Posen und Westpreußen übergegangen find. Ih konnte niht auf diese Anregung vorbereitet sein, sonst würde ih Gelegenheit genommen haben, dem hohen Hause Mitteilung zu machen, in welchem Maße wir gerade in Posen in den leßten Jahren das Staatseisenbahnnez erweitert haben mit außerordentlich boben Aufwendungen.
Gewiß wird es auch den Herrn Vorredner interessiren, zu hzren, in welGem Maße sich die Ostmarkenzulagen nach der Richtung bin bewährt baben, das frühere Abströmen der Beamten aus den Pro- vinzen zu verhindern. Wir haben bekanntli, um diesen kleineren und mittleren Städten das Bildungselement der deutsen - Beamten zu erhalten, die Zulage nur gewährt für den Fall, daß dic pensionierter Beamten in der Provinz verbleiben. Da ist es von Interesse, daß beispielsweise in der Provinz Posen seit dem 1. April 1903 318 Beamte penfioniert und von diefen 318 288 in der Provinz verblieben sind, eine, wie ih glaube, erfreuli@e Wirkung der Zulage, die wir diesen Pensionären gewähren. Ganz ähnli stellt sich die Sache in West: preußen. Da find seit tem 1. April 1903 187 Beamte pvenfioniert worden, und davon 176 in der Provinz verblieben.
Ih erinnere an die Verkandlungen über die erheblichen Auf- wendungen, die gemacht find, um den kleinen Stätten Wreschen und Schrimm ihre Garnisonen wieder zu verschaffen, die sie früber gebabt haben.
Endlich halte ich für das allerwihtigste Moment zur Hebung der kleinen und mittleren Städte die Massierung der deuts{en An- fiedlungen um die kleinen Städte herum. (Sehr rihtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Am meisten gefährdet ist in den Städten der deutscke Handwerker, weil vielfah die Deutschen des Nationalsinns entbehren, wie ihn die Polen besigen, die ihre polnis{hen Handwerker unterstüßen. Infolgedefsen finden die deutshen Handwerker nicht die Unterstüzung von seiten der Deutschen, die die polnischen Handwerker scitens ihrer polnishen Mitbürger finden. Dewegen ist es notwendig, diesen deutshen Handwerkern das nötige Nekrutierungselement und den nötigen Zuspruh dadur zu verschaffen, daß man die deutscken An- siedlungen mögli um die kleinen Städte massiert, um auf diese Weise den deutschen Handwerkern Nahrung und Brot zu verschaffen. Ich möchte nur um eins bitten, niht, wie es der Herr Vorredner tat, immer mit diesem Argument zu operieren, daß eine all- gemeine Muilofigkeit eingerifsen set. Die allgemeine Mute lofigkeit reißt leider bei den Deutschen viel zu früh ein. Wir werden die ganze s{wierige Frage nur [lösen können,
wenn die Deutschen \sich dieser Befürhtung, dieser Auf- faffung, daß alsbald, wenn irgend eine Hoffnung nicht in Erfüllung geht, Mutlofigkeit einreiße, entshlagen. Ich er-
kenne durchaus die Pfliht der Staatsregierung an, der \chwierigen Situation der mittleren und kleinen Städte dort nah Möglichkeit gerecht zu werden und ihnen nah Möglichkeit staatlicherseits die belfente Hand zu reihen ; aber wir allein können das niht machen, sondern diz Deutsckchen müssen in erster Linie si der Schwierigkeit der Situation bewußt sein und ihrerseits dazu beitragen, daß das Niveau des deuts@en Bürgertums auf der alten Höbe erbalten bleibt und nicht weiter herabgeht. Aber soweit der Staat helfend eintreten kann, hat er cs getan, und ich erkenne es au durchaus als cine Pflicht der Staatsregierung an, soweit es überhaupt im Rahmen der staatlichen Tätigkeit möglich ift, auch in Zukunft nah der gleichen Richtung vorzugehen. (Bravo!) Abg. Dr. Newold t (freikons.) empfiehlt die Stärkung des deut- {hen Handwerks in den Ostmarken. Weiter bedauert er die Etats- übershreitungen bei dem Neubau des Schauspielhauses. Abg. Korfanty (Pole): - Wie stehen die Auslassungen des Ministers und des Abg. Lusensky mit den Versicherungen im Ein- flang, die das Staatsoberbaupt selbst in Poscn für die Erhaltung der polnishen Sprache und nationalen Eigentümlichkeiten abgegeben hat ? Es wird ja jeßt verlangt, daß die polnischen Staatébürger dur polnische Hebammen zur Welt gebracht werden, ih wollte sagen, dur deutsche Hebammen. Die Staatsregierung hat uns den Kampf durch ihre Ausnabmegeseze aufgezwungen. Der Redner bespriht im ein- ¡elnen die Positionen des Etats, die die Ostmarkenpolitik betreffen, und fordert {ließlich die anderen Parteien auf, für eine kurze Zeit au dagegen zu polemisieren. Auf einen Versu käme es ja nicht an. Finanzminister Freiherr von Rheinbaben : Meine Herren! Ih bin nicht geneigt, auf diesen Versuch einzu- gehen (Bravo! rechts); es würde ein Versuch mit untauglien Mitteln sein, und vor allem ein Versuch an einem untauglihen Objekt. (Sehr gut! rechts.) Denn ih habe längst die Hoffnung aufgegeben, den Herrn Abg. Korfanty zu unserer Arsiht zu bekehren. Aber, meine Herren, es ist mir eine Freude gewesen, Herrn Kor- fanty bier cinmal als unfreiwilligen Regierungskommissar zu sehen Er hat behauptet, daß die Polen nur von polnishen Hebammen be- forgt ins Leben treten wollen. Er hat \ih dann korrigiert und gesagt, er hâtte die Deutschen gemeint. Jch kann ihm aber ganz genau be- stätigen, daß scine Auffassung in der Tat rihtig ist, daß nämli die Abneigung der Polea so weit geht, daß fie sch auf alle diese Funktionen im Menschenleben erstreckt. Ich habe bier eine inter- essante Aeußerung aus dem „Wiarus polski“, einem polnischen Blatte, das in Boum erscheint, in einem deutshen Gebiete : „Achtung!
Den geehrten Landsleuten teile ih hierdurch mit, daß ih mi in Oberhausen, Steinstraße 18, als polnishe Hebamme nieder gelaffen habe. :
(Große Heiterkeit.) Ich empfehle mich zu allen in mein Fah shlagenden Diensten.“
Und diefe polnishe Dame beißt Balbine Kaube. Diese Absonderung geht ja durch alle Gebiete. Wo Sie eine polnis&e Zeitung in die
zu halten. Die Schwierigkeiten, die gerade das Deutschtum
Hand nehmen, ist das erste: Jeder zu den Seinen ! Kauft nur bei den Euren! Hier liegt ein „Aufruf an die polnischen Kaufleute und
ndwerker in der Fremde“ vor mir, wiederum aus Bohum, also einem ganz deutshen Gebiete:
Landsleute! Um dieses Ziel s{hneller und sicherer erreichen zu können, haben wir einen neuen Verband der polnischen Kaufleute und Handwerker für Westfalen, Rheinland und die benachbarte Gegend unter dem Namen Selbsthilfe mit dem Siß in Boum ins Leben gerufen.
Also wir wollen über diese Frage wahrlih nicht rechten, wer den BHoykott angefangen hat. Wer die Verhältnisse kennt, weiß, daß der Anfang auf polnischer Seite gemacht ist, Wie weit das Treiben geht, sollte man nicht für mögli halten. Wenn man die polnischen Blätter durhsieht, so werden diejenigen Leute an den Pranger gestellt unter Namennennung, die \sch an der JIlluminierung an Kaisers Geburtstag beteiligt haben, (Hört, hört!) Es ist so interessant, daß ih eine kurze, allerdings s{chon 2 Jahre zurückliegende Notiz aus dem „Dziennik Kujawski“ vom 28. Januar 1904 in Hokensalza vortragen muß. Es ift eine Geburtstagsfeier einer Máätchenshule aus Anlaß des Geburtstags Seiner Majestät. Da
ißt es: e Die polnischen Zeitungen hätten davor gewarnt, an der Kaiser- geburtstagsfeier teilzunehmen, und dem sei allgemein entsprochen.
„Doch wie in jedem Schafstalle, mußte sich ein „räudiges Schaf“ au unter uns befinden, und troß des genug zu Herzen gehenden Artikels fanden sih drei polnise Familien, die, um ihre Solidarität mit unseren Busenfreunden zu dokumentieren, zu jener Feier geeilt waren, um ih mit eigenen Augen von ihrem moralischen Verfall zu überzeugen! |
Stande euch! Wir werden euch als den Auswurf unserer Ge- samtkeit betraten ; ihr, die wir auch mit unserem Verdienste nähren, ihr entsaget dem durch das traurige Los bedrückten, aker am Geiste nicht verfallenen Vaterlande. Schon manchmal habt ihr ein böôses Beispiel gegeben, daß ihr aber ein Zeugnis völligen Shwinktens moralischen und nationalen Empfindens geben würdet, das hätten wir von euch nicht erwartet.“ S L
Gegenüber drei polnishen Familien, die ihre Kinder in diese Geburts- tagéfeier unsers Souveräns geshickt haben! Mehr brauche ih nicht
agen. i E Bu hat Herr Korfanty die verschiedenen Fonds bemängelt, obgleih cine wesentli®e Erhöhung im Etat nicht vorgesehen ift. Er bat behauptet, der Dispositionsfonds habe dahin geführt, die Deutschen uneinig unter einander zu machen. Ich meine, das könnte ibm nur recht sein; wenn das wirklich der Effekt ist, hat er gar feinen Grund, sich über den Fonds zu beklagen. i
Er hat tann weiter ausgeführt, daß der Fonds dazu diene, die Beamten zu veranlassen, Schikane gegenüber der polnischen Bes völkerung zu üben. Wer so s{chwere Vorwürfe in dieser Allgemeinheit gegenüber unserem Beamtenstande erhebt, ist moralisch verpflichtet, auch einen Schatten des Beweises dafür zu erbringen, es aber nicht bei dieser allgemeinen Bemerkung bewenden zu lassen, daß unsere Beamten \cikanös verfahren. Dazu steht unser Beamtenstand zu ho, und ih muß energishen Einspruch erheben gegen eine solche unseren Beamtenstand herabwürdigende und ganz beweislofe Be- hauptung. (Bravo!) i: a
i on.) will von einer allgemeinen Polen- tebaie Lit Ea E Cen worden fei, diese erst beim Etat der Ansiedlungékommission stattfinden zu lafsen. Die Anstellungs- verhältnisse der Regierungsafsessoren seien noch immer S ungünstige. Zulezt mächt der Redner den Minister darauf Auf rf- sam, daß der Diskont der Reichsbank in eirem beflagenêwerten iße verhältnis zum Privatdiskont, mindestens 2 %/ höher als dieser ste E Das sei dur die Lage des Geldmarktes niht gerechtfertigt, desha môge der Minister auf Abhilfe hinwirken.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben: es
Herr von Arnim hat zunächst angefragt wegen des Verhältnisses der außeretatsmäßigen Mitglieder der Regierungen zu den etatêmäßigen. Ih hake mir bereits in der Budgetkommisfion erlaubt, in dieser Be- ziehung einige Ausfüßrungen zu machen. Ih darf furz daraus rekapitulieren, daß wir seit 1897/98 bis einshließlich 1906 — also unter Berücksichtigung des vorliegenden Etatsentwurfs — nicht weniger als 204 neue Stellen für Regierungsratsmitglieder geschaffen haben, daß also in 10 Jahren sich die Zaÿl der etatsmäßigen Regierungêrats- mitglieder um 509% vermehrt hat. Das Verhältnis ist jeßt folgendes, daß wir außeretatémäßige Regi-rungsratsmitglieder 102 baben und an Affessorea 232 — ich spreche nur von den Affsefsoren bei den Regierungen —, insgesamt bei den Regierungen 335 außer- etatsmäßige Mitglieder. Denen stehen gegenüber 586 etatsmäßige Mitglieder, sodaß \sich also das Verhältnis der außeretatsmäßigen zu den etatsmäßigen ftellt wie 335: 586 oder wie 14. Gs ist in den lezten Jahren etwas besser geworten. Aber ich muß anerkennen, daß es immer noch eine erbeblihe Reibe von Jahren dauert, bis die Beamten zur etatsmäßigen Anstellung gelangen. Sie werden nach 8 Jahren außeretatsmäßige Regierungsräâte, aber erst nah 10 bis 11 Jahren etatsmäßige Beamte. Wir werden in den nächsten Jahren fortshreiten müssen, dem steigenden Bedürfnis ente sprechend, neue Stellen in dem Etat au3zubringen. Nur muß ich bitten, die Parität gegenüber der Justiz zu wahren. Allerdings dauert es ja länger, bis die Beamten der allgemeinen Verrwvoaltung in etats- mäßige Regierungsratsfstellen einrücken; aber sie kommen dann glei in Stellen der 1V. Rangklafse, den Oberlandesgerichtspräsidenten ent« sprehend, und das ist ja eben eine Beshwerde der Iustiz gegenüber der Verwaltung. Also wir müssen sorglih bestrebt fein, ein gleiches Ret der Justiz und der allgemeinen Verwaltung zuteil werden . “ls hat Herr Abg. von Arnim die Diskontpolitik der Reichs- bank berührt. Ih glaube, ich kann mi über diese Frage in ihrer ganzen Tiefe und Breite nicht auélafsen. Aber das kann ich wohl sagen, daß der hohe Diékontsaß der Reichsbank der Ausfluß gewesen ist der enormen industriellen Entwicklung in der leßten Zeit. Es sind in außerordentliher Weise Ansprüche von dieser Seite erhoben worden, und um einen allzu ftarken Abfluß von Gold aus der Reichs- bank zu verhüten, ist die Reichsbank dazu übergegangen, den Diskont zu erhöhen. Es fommt hinzu, daß an sih der metallische Vorrat der Reichsbank verbältnismäßig gering ist gegenüber dem in anderen Ländern. Wir haben in der Reichsbank einen Metallvorrat von etwa einer Milliarde, während die Bank von Frankrei einen Metallvorrat von etwa 4 Milliarden hat. (Hört! hört! rechts.) Und um ihren Metallvorrat nicht allzu sehr zu \{chwähen, hat die Reichs-
her bestehender Bedenken im Reichstage das Banknoten- geseß verabschiedet worden, das es der Reichsbank hoffentlich ermöglihen wird, in höherem Maße Goldvorrat zu halten. Denn keine Nation if gewöhnt wie die unserige, ‘totes Metall bei si zu tragen; jeder s{chleppt es in der Tasche mit sih herum, während man in anderen Ländern fh mehr als bei uns des Giro- verkehrs bedient. Werden diese kleinen Banknoten angeschafft und in Verkehr gebraht, so wird es der Reichsbank auf diese Weise mögli sein, in höherem Maße Gold an fi heranzuziehen und festzuhalten, und damit wird sie hoffentlich auch nicht mehr genötigt sein, von dem Mittel der Heraufschraubung des Diskontsaßes in dem Maße Gebrauch zu machen wie bisher.
Ich glaube aber, ih tue gut, mi über diese Frage niht weiter auszuspre(en, als ich es in dieser Kürze getan habe. Ih hoffe, daß dem Wunsche des Herrn von Arnim — wie gesagt, das Banknoten- gesetz hat jet die dritte Lesung im Reichstag bereits passiert — hier- durch wenigstens nah einigen Richtungen entsprochen wird.
Darauf wird die Debatte geschlossen und der Titel be- illigt. / :
ps Us 43/4 Uhr vertagt das Haus die weitere Beratung auf
reitag 11 Ühr (außerdem dritte Beratung des Kreis- und
N oiS nlabarber
30. Sigung vom 23. Februar 1906, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphis®@em Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Beratung des Entwurfs zu einem Kreis- und Provinzial- benges eg. S S P ire Lea aas Teil der Generaldiskussion ist bereits im Hauptblatt der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. G yßling (fr. Volksp.): Herr von Zedliß hat sich wieder als Mtvolat cet: und mit Advokaten streite ih nit gern. Auch ih ziehe das Kontingentierungssystem der Individualisierung vor, aber dieses System ift dur die Anträge der Kommission und dur die Anträge aus dem
ause durchlöchert worden. In der Würdigung der Selbstverwaltung fiehen wir hinter dem Herrn von Zedliß in keiner Weise zurü. Wenn man den Schulgeseßentwurf ansieht, so muß man sagen: die Worte und die Taten des Freiherrn von Zedliy stimmen nit überein. Herr von Zedliy hat -uns als Bundesgenofsen in der Be- | urteilung des bestehenden Landtag8wahlrechts angesprohen. Es ist | mir nit eingefallen, die Zusammenseßung der Kreistage nah dem Einkommen eine -ideale zu nennen. Man kann doch au nicht Landtage und Kreiêtage über einen Kamm scheren. Die Umsaßsteuer eignet ih für die Gemeinden und nicht für die Kreise. Jedenfalls müssen wir uns für die Bundesgenossenshaft des Herrn von Zedliß
nken. ; E S lt: Damit schließt die Generaldiskussion. Persönlich bemerkt
Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (freikons.), er müfse vollständig aufrecht erhalten, daß die Ausführungen der Abgg. Gyßling und Wolf zum § 6 im völligen Widerstreit mit ihrer fonstigen prinzipiellen Auffassung ständen. Im übrigen müsse er feststellen, daß er niht der Verfasser des Schulgeseßentwur!s sei, L
In der Spezialdiskussion werden die §SS 1—5 ohne De- batte angenommen. :
S 6: taitet in der ihm bei der zweiten Lesung gegebenen Fassung: .
Fafsu Cis Kreistag ift befugt, mittels Erlasses von Steuerordnungen
i teuern zu legen 4
N den nta von Grundstücken und von Rechten, für welche die auf Grundstücke bezüglihèn Vorschriften gelten. Durch die Steuerordnung können einzelne Erwerbsarten von der Steuer befreit werden. Der Erwerb durch Erbgang, „dur Enteignung und dur Ueverga e s ee a0, zwishen Verwandten auf- igender Linie ist freizulafsen ; S 2
R E die Erlangung der Erlaubnis zum ftändígen Betriebe der Gastwirtschaft, Scankwirtschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus (§ 33 der Reihsgewerbeordnung) ;
3) auf das Halten von Hunden.
Dabei E eine Dans der Steuersäte —
Kreisteilen — zulässig. S E Die Einführune einer indirekten Steuer durch den Kreis be- rührt nit das Recht der Gemeinden zur Erhebung einer ent- \prehenden Steuer.“
Abg. Hoeveler (Zentr.) beantragt, 1) das Wort „(Altenteilsvertrag)“ zu streihen; 2) in Nr. 1 hinter den Worten „Vorschriften gelten“ einzuschalten: „Diese Steuer darf für den Kreis in der Regel niht mehr als 1 Proz. be- betragen“; 3) als leßten Absaß dem § 6 hinzuzufügen:
„Zu einem Beschlusse des Kreistages, dur den eine indirekte Steuer eingeführt wird, ist eine Stimmenmehrheit von mindestens { der Abstimmenden erforderli“. :
Abg. von Arnim-Züsedom (kons.) beantragt, in Nr. 1 hinter dem Worte eung, einzufügen: „insoweit diese im öffentlihen Jnteresse erfolgt“. E
Die A B ilea (fr. Volksp.) und Wolff -Lissa (ft. Vgg.) beantragen: 1) die Nr. 2 (Schankstättenkonzessions- steuer) zu streichen, 2) in Nr. 3 die Worte hinzuzufügen: „bis zum Betrage von 5 H“, 3) den Absay 2 (Abstufung der Steuersäße) zu streichen, 4) als lezten Absaß hinzuzufügen:
„Die unter Nr. 1 bezeihnete Steuer darf für den Kreis nicht mehr als 19%, für Kreis und Gemeinde zusammen nicht mehr als E a befürwortet seinen Antrag. Es müsse
. entr.) befürwortet jeinen Antrag. M A E E Mittelstandes eine Limitierung der Umsaßsteuer herbeigeführt werden. Die jeßige Zusammense ung des Qm biete niht einen genügenden chuß. Darum | oe seine Partei, daß # der Abstimmenden des Kreistages diefe Steuer beschließen müßten. Die Annahme dieses Antrages liege auch im Interesse der Seßhaftmahung des kleinen verschuldeten Grundbesiges.
Abg. Shulze-Pelkum (kons.): Der Abg. Wolff hat uns vorgeworfen, daß wir den fleinen Gewerbetreibenden belasten und den Rittergutsbesitzer vershonen wollen. Ich kann nicht sagen, wie sehr wir in Anbetracht der Stelle, von welcher dieser Vorwurf f: kommen ist, erschüttert sind. Ih empfehle die Annahme unseres An- trages und erkläre, daß wir gegen alle übrigen Anträge stimmen werden. : E
bg. ling befürwortet den Antrag seiner Freunde auf Beseiticng tier e ile der Schanlkonzession. Der Hinweis auf England beweise nichts. Es fomme auf den Zusammenhang der Steuern an, die in den einzelnen Ländern herrschen. Besiße etwa England außer der Schankkonzessionsfteuer noch eine Betriebssteuer : Die Limitierung der Wertumsaßsteuer halte auch er, der Redner, für notwendig. Darum habe er beantragt, daß die Steuer für den Kreis nicht mehr als 1 9/0, für Kreis und Gemeinde zusammen nicht mehr als 2 %/ betragen dürfe. Er bitte, seinen Antrag anzunehmen.
Abg. Dr. Röchling (nl.) stimmt dem rage Hoeveler unter 1 zu. Die übrigen Anträge scien bei der zweiten Lesung hon abgelehnt worden. uch den Antrag des Abg. von Arnim lehne seine Partei ab. Es könne dem Interesse der. Landwirtschaft gar nicht entsprechen, diese Enteignungsfälle zur Umfaßsteuer heranzuziehen.
Minister des Jnnern Dr. von Bethmann-Hollweg: Meine Herren! Wie der leßte Herr Vorredner ausgeführt hat,
insbesondere auch
von vornherein zu übersehen. An ih habe ih, wie die Herren ih erinnern werden, es bekämpft, daß in § 6 überhaupt der zweite und dritte Satz in die Ziffer 1 eingeführt werden sollte. Das hohe Haus hat es getan. Wenn es nunmehr in dem Antrage Nr. 120 die von ihm bes{lossene Ausnahme noch etwas restringieren will, so habe ich nihts dagegen. Aber ih bitte Sie, sich davon zu überzeugen, daß doch wohl die ursprünglihe Regierungsvorlage niht so unrecht ge- habt bat, wenn sie alle diese Vinkulierungen niht in das Geseh hat hineinshreiben wollen. Sie sehen bei dieser einzelnen Frage chon, in welhe Schwierigkeiten wir kommen. Wenn Sie den Antrag 120 annehmen wollen, so habe ich meinerseits nihts dagegen; ih halte ihn nit für notwendig, es können Shwierigkeitèn entstehen; aber ih halte ißn im großen und ganzen für unshädlich. Das- selbe gilt bezüglich des Antrages Nr. 1 auf Nr. 118, wona das Wort „Altenteilsvertrag“ und die dieses Wort einschließenden Klammern gestrihen werden sollen. Ih halte au diefen Antrag niht für notwendig, aber für tolerierbar. L Dagegen bitte ih aber das hohe Haus dringend, diejenigen An- träge, welhe die Umsaßsteuer durch die Einführung der Zweidrittel- majorität und durch die Limitierung des Höhstbetrages gefährden wollen, abzulehnen. Ich wiederhole, was ih in der zweiten Lesung gesagt habe. Wir wollen doch diese Bestimmung bezüglich der Umsaßsteuer mit dem Ziele einführen, daß sie praktisch wird. Wenn Sie nun die praktische Ausführung dieser Bestimmung dadur von vornherein ersdweren, daß Sie die Zweidrittelmajorität verlangen, fo bedeutet das einen Widerspru in ih selbst. Das hobe Haus [egt ja, wie aus anderen Anträgen hervorgeht, au ein großes Gewicht auf die Genehmigungserklärung des Bezirksaus\hufses, wo Sie das Laien- follegium unter allenUmständen mitsprecen lafsen wollen, wenn es sih um eine Genehmigung handelt. Nun, meine Herren, do auch das Laien- follegium des Bezirkéaus\husses wird mit erwägen können, ob ein Kreise tagsbeschluß über die Einführung einer Umsaßsteuer an \ich zweckmäßig ist. Also die Zweidrittelmajorität. bitte ich unter allen Umständen abzulehnen. Wir fügen sonst von vornherein ein hinkendes Glied in den ganzen Entwurf ein. ; Was die Limitierung anlangt, so habe ih in der zweiten Lesung auch {on ausgeführt, sobald Sie cine solhe einführten, würden Sie jede Wertzuwachssteuer unmögli machen, und es ift merkwürdig, daß in dem Antrag, den die Herren Abgg. Gyßling und Wolff gestellt haben, auch diese Limitierung enthalten ift, während in der zweiten Lesung der Abg. Wolf ausdrücklich diese Wertzuwachsfsteuer als ¡weck- mäßig bezeihnet hat. Wollen Sie die Wertzuwachsfteuer, dann können Sie keine Lmitierurg vorsthreiben ; das ist unmöglich. Also ih bitte dringend, auch von der Limitierung abzusehen.
Bezüglich der Umsaßsteuer noch einige allgemeine Bemerkungen! Einer der Herren Vorredner hat gesagt, die Landräte, die über den Gesetzentwurf gehört worden wären, hätten si übereinstimmend für die Umsaßsteuer ausgesprohen. Meine Herren, das ist nicht richtig; eine ganze Reihe von Landräten haben mir berichtet, die Umfaßsteuer sei für ihre Kreise nicht brauhbar. Dann mögen Sie doch nicht eine solhe Besorgnis hegen, daß etwa die Umsaßsteuer in Kreisen ein- geführt werden könnte, wo sie nit am Plaße ist. IG habe nah wie vor da8 Zutrauen zu den Kreisvertretungen, daß sie das richtige in dieser Beziehung finden werden. :
Fn der beutigen generellen Besprehung ist des weiteren gegen die Umsaßsteuer noch angeführt worden, man hätte sich bereits vor Fahrzehnten darüber beklagt, daß der Verkauf von Grundstücken über- haupt mit einem Stempel belastet und dadurch der Verkauf von Grundstücken erschwert wäre. Ja, meine Herren, die Verhältniffe baben \sih doch wesentlich verändert. Wir leiden gegenwärtig unter einer viel zu ftarken Mobilisierung der Grundstüde, (fehr rihtig! rechts), und ich kann nit einsehen, wie eine Umsaßsteuer niht gerade geeignet sein sollte, dieser übergroßen Mobilisierung des Grundbesiges entgegenzuwirken. (Sehr rihtig! rechts.) Daher halte ih diese | Steuer für eiwas sehr Zweckmäßiges, auch wenn fie von den Kreisen erhoben wird. a :
In dem Antrage Nr. 119 ift weiter unter Nr. I Ziffer 1 gesagt: Absay 1 Ziffer 2 ift zu streihen. Diese Stelle betrifft die Schank- steuer. Ich verzichte darauf, hierzu noh weiteres auszuführen, nachdem in der zweiten Lesung unsere Ansicht vom Regierungstishe aus aus- rübrlich ausgesprochen ist.
M E Ziffer 2 a [ desselten Antrages, betreffend die Beschränkung der Hundesteuer, glaube ih, auch nihts mehr sagen zu brauchen. Zu Ziffer 3 daselbst: den Absay 2, d. h. die Bestimmung über die Abs stufung der Steuersäßze, zu streichen, hat der Herr Abg. Gyßling aus geführt, er müfse tiese Bestimmung um deswillen fo fehr bekämpfen, weil sonst einzelne Teile des Kreises benachteiligt werden könnten. Da verkennt der Abg. Gyßling wohl den Zweck des Absages. Der Absatz ist im wesentlichen eingefügt worden, um zu verhindern, daß einzelne Kreisteile, welhe bereits zu {arf mit Gemeinde steuer herangezogen worden sind, nun durch eine entsprechende Kreis steuer prägraviert werden. Der Absaßz will Prägravationen verhindern, also genau das Uingekehrte, was der Herr Abg. Gyßling von ihm bes für&tet.
agen III des Antrages 119 habe ih bereits gesprochen.
Meine Herren, wenn ich also resümiere: ich erkläre mi ein- verstanden mit dem Antrage 120; ich erkläre mich einverstanden mit dem Antrage 118, Ziffer 1, welher die Streichung des Wortes „Altenteilsvertrag® vorschreibt. Alles andere aber bitte ih Ste dringend im Interesse einer zweckmäßigen Gestaltung des Gesezes ab- zulehnen. ¿ L L
f f - Lissa (fr. Vzg.) spricht sich nochmals gegen die Abstufiag ragt de: A E Be, Erklärung des Ministers darüber sei war sehr wohlwollend, aber für das Oberverwaltungsgericht in der Praxis niht maßgebend. Der Antrag Hoeveler über die Limitierung der Umsaßsteuec „in der Regel" habe keinen rechten Zweck, da die Regel wohl die Ausnahme bilden werde.
Darauf wird die Debatte geschlossen.
Bei der Abstimmung wird Z6 nah dem Antrage Hoeveler unter Streichung des Worts „Altenteilsvertrag“, im übrigen in der Fassung der zweiten Lesung angenommen, nachdem alle übrigen Anträge abgelehnt worden sind.
7 wird ohne Debatte angenommen. i 2 8 Tini nah der ihm bei der zweiten Lesung ge- ung : ;
gebenen Bio fann mittels Erlasses einer Steuerordnung be- schließen, daß die der Verteilung der direkten Kreisfteuern auf Gemeinden und Gutsbezirke zu Grunde zu legende Grund- und Gebäudesteuer durch eine nah dem Maßstabe des Wertes“ (in der Regierungsvorlage hieß es: „des gemeinen Wertes") „zu veranlagende
bank zu dieser Diskontpolitik übergehen müssen. Meine Herren, es ist ¡ju meiner großen Freude auch troß mancher bis-
ist es nicht ganz leiht, die taisähliche Tragweite des Antrags Nr. 120
Steuer vom Grundbesitz ersetzt wird. Hierbei ist für die Bewertung