Die Hochzeitsfeiern am Kaiserlichen Hofe.
Gestern nahmittag gegen 41/2 Uhr hat im hiesigen Königlichen Schlosse die standesamtlihe Eheschließung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Eitel- Friedrih mit Jhrer Hoheit der Herzogin Sophie Charlotte vonODldenburg durch den Minister des Königlichen Hauses von Wedel in Gegenwart Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, JhrerKöniglihen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin von Olden- burg und der Prinzessin Friedrich Carl von Preußen, Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin sowie der Ge-
\hwister des Hohen Brautpaares stattgefunden. Hiernach geleitete, dem Bericht des „W. T. B.“ zufolge,
er Oberzeremonienmeister, Oberhof- und Hausmarschall Graf zu Eulenburg die Allerhochsten und Höchiten Herrschaften zu den Pläßen, die von Jhnen in dem feierlihen Zuge nach der Schloßfapele einzunehmen waren. Die Shloßgarde- fompagnie in Puderperücke mit Zopf, die Gardes du Corps in der roten Supraweste und dem Adlerhelm, die Leib- garde Jhrer Majestät der Kaiserin im Dreispiß hatten die Ehrenwahen und Doppelposten in den Festräumen des Schlosses gestellt. Jm Weißen Saal hatten sich die geladenen Obersten und Kapitäne zur See versammelt, ebenso die Ab- ordnungen von Offizieren der Truppenteile des Gardekorps, das gesamte Offizierkorps des 1. Garderegiments z. F. und die auswärtigen Militärabordnungen.
Der Zug der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften nah der Schloßkapelle ordnete sich in folgender Weise: Zwei Fouriere cröffneien ihn in brauner, mit breiten Goldtressen beseßten Galalivree, Pagen im roten Wams und Spigzenjabot folgten, sodann die Kammerjunker von Lekow und Graf zu Nangtzau als adelige Herolde in Wappentraht. Der Oberjt- marschall Fürst zu Fürstenberg trug den Großen Marschallstab. Dann fam die lange Reihe der Kammerjunker und Kammer- herren, denen sih der Ehrendienst der Durhlauchtigsten Braut, der Obertruchseß Graf von Wedel zwischen dem Schloßhaupt- mann Grafen Alver n-Neugattersleben und dem Kammer- herrn von Heimburg anschloß. Darauf das Durchlauchtigste Brautpaar: Seine König ohe Fi Friedrih, in der Uni des 1. Garderegiment mit dem oldenburgishen Ordensband und der Kette des Schwarzen Adlerordens, und Jhre Hoheit die Herzogin Sophie Charloite von Oldenburg in Krone, Myrtenkranz und weißem Brautgewand. Hinter Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen schritten der Hofmarschall von Lettow-Vorbeck, der Generalleutnant | von Lyncker und zwei persön- trchlauchtigsten Braut die Ober- ieffen, der Kammerherr von
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Die glänzende Reihe der hohen Hofchargen, die Herren des großen Vortritts gingen paarweise dem Allerdurchlau ch- tigsten Jubelpaar voran. Seine Malestät “Der Kaiser hatte die Uniform des 1. Garderegiments angelegt, mit den Ketten der preußischen Orden: ein \ilberner Myrtenzweig staë zwischen den Ordensjternen auf der Brust, daneben das neugestiftete Erinnerungszeichen mit der
silbernen . Jhre Majestät die Kaiserin trug cine Nobe von Silberbrokat, mit Pelzbesay, auf dem Haupte ein fronenartiges Ziadem und einen silbernen Myrtenkranz. Hinter Seiner Majestät dem Kaiser gingen der Mi Hauscs von Wedel, der Chef des Zivilkabine Geheimer Rat Dr. von Lucanus, der Kommandant des Hauptquartiers General le ie Get Generale à la snit Majestät der Kaiserin
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sang die Gemeinde de Choral „Lobe den Herren!“ Der Oberhofprediger D. Dryander sprach dann über den von Seiner Majestät dem Kaiser aus- gewähltên Text Ep. Pauli an die Korinther I. §8: „Unser Herr Jesus Christus wird Euch fest behalten bis ans Ende“ und vollzog darauf die Trauung. Jn dem Augenblick, in dem das Durchlauchtigste Brautpaar die Ninge weselte, wurden im Lustgarten von der Leibbatterie des 1. Gardefeldartillerieregiments 36 Kanonenschüsse abgefeuert. Nach dem Gebet und Segen sang der Domchor Glucks „Wo Du hingehst, da will auch ih hingehen“ in der Beckerschen Bearbeitung. Den Schluß des Gottesdienstes bildete der Gesang der Gemeinde „Ordne unsern Gang, Jesu, lebenslang“, den der Bläserbund mit Posaunen begleitete. Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin traten hierauf zu dem Brautpaar, um es zu beglückwünschen, und unt: en des „Wilhelmus von Nafsauen“ verließ der Hof ! i
wie er eingezogen war.
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Jm Ausbau der Bildergalerie nahmen beide Hohen Paare die Glücckwünsche der Fürstlichkeiten entgegen und begaben Sich sodann in den Weißen Saal zur Entgegennahme der Gratulationscour. Der Vizeoberzeremonienmeister von dem Knesebeck führte die Damen des diplomatischen Korps, der Reichskanzler Fürst von Bülow die Botschafter und Gesandten: der Bundesrat und die lange Reihe der übrigen Geladenen schritten einzeln vorüber. Die fremdländishen Militär- abordnungen machten den Schluß
Nach der Cour begaben Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften nah dem Rittersaal zur Zeremonientafel, bei der das vermählte hohe Paar die Plägze vor dem Thron einnahm.
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Seine Majestät der Kaiser brachte bei der Tafel den folgenden Trinkspruch aus:
Mit diesem Namen darf ich Dih wohl Gesftatte Mir, Dir im Namen Meines Hauses innigen und berzliten Willkommen“ zu sagen und Dich zu versichern, daß Du nicht nur bo&gebalten und ges{äßt und geliebt von Deinem Gatten werden wirst, fondern von Uns allen. herein als eine längst Bekannte, und vielfahe Erinnerurgen führt Du Uns herauf. Trägst Du doch den Namen ter erst:n preußischen Königin, die durch ihr Wesen, durch ihr Streben und ihr Leben \ih einen festen Plaß in der Erinnerung ihres Volkes Führst Du doch Ursere Erinnerungen zurück auf jenen großen Prinzen- Feldmarschall!
So wie {hon am Altar geschehen, daf Ih auch hier die Blicke zurückschweifen laffen und Deiner teuren Mutter gedenken, eben| hoben. Gestalten, die damals bei ihrer Hochzeit in der Kir sammelt waren und zu denen Wir nunmehr em
Du hast Dir einen Gemahl gekürt, dessen ehr dessen feste Persönlichkeit Dir bürgen werden, daß Du t wirst, was Du gesuht Haft. Meires bochseligen Erz5öatts gegenwärtig ist, meine lile Züge mit dem großen Kaiser zu erkennen. ihm von Jahr zu Jahr mehr gleichen wird. ber;lihsten Sezenswünschen wollen Wir 2 ie Gläser erheben und auf Dein und Deines Manne
Meine liebe Tochter! beute nennen!
Du trittst in Unsere Mitte
bewahrt hat.
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Seine Königliche Hoheit brachte darauf folgenden Trinksvruch aus:
Innigît geliebter Bruder, Kai Kaiserin urd Herrin! welche die treuen Eltern, welche ein Volk beute vor 25 g gegeben, fie Hand tratet Ihr den manchmal au ein leuchtend Beispiel treuester Pflichterfüllun 1 a erwuchs Euch, Eu und urs a Es feblt fein teures Haupt! grünen Kranz Euch zu sein und Eu zu dienen beutigen Tage das Gelöbnis der ebnen, wir w Bahn folgen, d für alles, was an Euch ges{hehen in in die Zukunft und erboffen, Gelingen Eu
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Schwägerin, wünsche, welhe die Großeltern, Iabren Euch
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‘end der Zeremonientafel im Nittersaal \peis und Herren des d kanzler und die Fürstin von Tschirshky und Gemahlin, der Willich und der Einführer des diplomatischen . im Marinesaal; Prunkräumen spéisten dic übrigen Gäste.
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crliche und Königliche H der Kapellenseite lihe Hoheit die Großherzogin - Luftgartenseite zu. i ) darauf den Befehl zum Beginn des Obersimarshall Fürst zu f paarweise 12 Pagen mit
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; ten Pagen mi ln dem Zuge der Allerhöchsten und Höchsten Her an den Eingang der für die hohen Vermäh Hier wurde die Prinzessinnenkro Beamten des Hausshaßes wieder überliefert, die meisterin Gräfin von Schlieffen nahm die Verteili Strumpfbandes vor, und Seine Mazestät der Kaiser
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rihteten Gemächer.
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Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Eitel-Friedrih verabschiedeten sich alsbald von den Kaiser- lichen Eltern und fuhren nah dem Stettiner Bahnhof, von wo aus Sich das hohe Paar nah dem Jagdshloß Hubertus- stock begab.
Aus allen Teilen Deutschlands und aus dem Aus weitere Berichte eingelaufen über Festlichkeiten, die aus Anlaß der Silbernen Hochzeit Jhrer Majestäten des Kaisers tai veranstaltet Mazestäten Sachsen und die Königin-Witwe sowie Jhre Königlichen / Prinz Johann Georg Mathilde von Sachsen dem preußishen Gesandten in Dresden, Grafen Dönhoff einen Besuch ab, um Jhre Glückwünsche an- läßlih der Jubelfeier Jhrer Majestäten des Kaisers und der Bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten von Bayern fand gestern im Residenzshloß in München eine Königliche Mazestäten
Kaiserin
und die Prinzessin
Kaiserin auszusprechen.
deren Verlauf j 1 die Kaiserlichen und auf das neuvermählte hohe Paar ausbrachte.
Galatafel statt, Trinkspruch
Nichkamlkliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 28. Februar. Bei Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin
übernimmt vom 1. bis einshließlich 12. März der Schloß- haupimann Graf von Hohenthal:Dölkau den Kammerkherrndienft.
Der Ausshuß des Bundesrats für Justizwesen und
die verêinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
Oefterreich-Ungarn. Unter dem Vorsiß des Ministers des Auswärtigen Grafen
von Goluchowski hat gestern eine gemeinsame Minister- konferenz statigefunden, an der die öferreihishen und ungarischen Minister teilnahmen. Jn dieser Konferenz wurden, „W. T. B.“ zufolge, die shwebenden handelsvolitishen Fragen eingehend besprochen. O
Laut Meldung des „Wiener Telegr. Korrespondenz- bureaus“ ist, da cs bisher noch immer nit gelungen ist, die bei den Verhandlungen mit der Schweiz zutage getretenen Differenzen vollständig zu beseitigen, für die Zeit vom 1. März bis 11. März ein Handelsprovisorium v
ereinbart worden, emtenzen bei Ein-
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fuhr in die SHweiz auf dem Fuße der Meistbegünstigung unter Aufrechterhaliung der {hon vom 1. Januar 1906 ab von shweizerisher Seite gewährten Spezialbegünstigungen behandelt werden sollen. Auch die shweizerishen Provenienzen genießen bei Einfuhr in das österreichish-ungarishe Zollgebiet die Meistbegünftigung auf Grund des am 1. März in Kraft trete ; S.
retenden autonomen und Konventionaltarif J) l
L L U. . . B.“ berichtet, in seiner gestrigen Sißung den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses, betreffend das Scheckgesez, sowie be- züglich des Geseßes, betreffend die Gesellshaften mit be- shränkter Haftung, beigetreten. : — Eine Kundmachung der Koalition an die un- 1
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3 Rekrutentontingents aufzustellen. Aus dieser geringfügige Konzessionen nihi mahzn, um dem ndpunkt ter Krone bezüglih der Militärbobeitérechte nid lehnte jede Art des Kompromisses ab un * Andrafssy erklärte ferner : falls
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würde seine Aufopferung ganz ewesen fei i
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Großbritannien und JFrland. Das Unterhaus bewilligte gestern vershiedene Na ch- D 5 c
mme von 54000 Pfund
tragsforderungen, darunter eine Su
Sterl. zur Entschädigung französischer Fischer in Neufundland gemäß den Bestimmungen des englis{-französishen Abkommens jowie eine Summe von §8509 Pfund Sterl. zur Befriedigung der schiedsgerihtlich anerkannten Entschädigungsansprüche in der Samoaangelegenheit.
Im Laufe der Verhandlungen erklärte, wie ,W. T. B.* be- rihtet, der Minister des Aeußern Sir Edward Grev in Be- antwortung einer Anfrage, die Gründurg eirer Hamburgischen und english-amerifanisben Nilgesellihafi scheine feinen Anlaß zur Be- fäwpfung zu bieten. Diese Angelegenbeit sei keine solche, die eine Untersuhung von seiten der Regierung erfordere odzr in die die Regierung ih einmis&en könne
Frankreich. at stand gestern eine Jnterpellation des Senators hte) über die Vorfälle bei der Jnventar- aufnahme in der Kirche von St. Servan und die ‘absezung des Briefportos zur Beratung.
i 1 In der Begründung feiner Interpellation sprach Goulaine, nah dem Beriht des „W. T. B.*, sein Bedauern darüber aus, daß man die Offiziere in die Notwendigkeit verseßt habe, zwisden dem Gehorsam gegenüber ibrem Glauben und dem Gehorsam gegenüber dem Geste zu wählen. Die Armee dürfe zu derartigen Auf- c
trägen nichi benugtt den. Der Minister des Innern Dubief erwid?rte, die Verantwortlichkeit für die bei den Inventar- aufnabmen vorgekommenen Ausschreitungen treffe diejenigen, die im Intercsse der Wablagitation das Trennungsgeschß als Vorwand gebrauchten, um tas Land zu beunruhigen. Der Minister versicherte, die Gendarmerie habe niht genügt, und man sei deshalb gezwungen gewesen, Militär zu verwenden; die Offiziere hätten ihre militärische Pflicht erfüllen müssen „Wenn Sie heute“, sagte der Minifter, „die Difiziere zum Ungehorsam auffordern, was würden Sie morgen den Antimilitazisten sagen, die zur Desertion aufreizen?“ ODubief {loß mit der Erklärung, daß die Regierung entschlossen sei, die Aufrecht- haltung der Ordnong zu sichern. Damit war der Zwischenfall erledigt.
_ Hierauf begann die Diskussion über die Frage der Herab- jeßzung des Briefportos. Vorher wies der Ministerpräsident Rouvier darauf hin, daß die Kammer die Herabseßung mit der großen Mehrheit von 525 Stimmen beschlossen habe, und
bat, die Frage zu erörtern und darauf zur Verhandlung über den Entwurf, betreffend die provisorishen Budget- zwölftel, überzugehen, der heute amtlich verkündet werden müsse.
Nach dem Neferat des Senators Perincarrés erklärte der Ministerpräsident, die Frage der Portoermäßigung set zu einer politishen geworden. Der Senator Maguin protestierte dagegen und ersuchte Rouvier umz„Zurücknahwe dieser Erklärung, da es ih niht um eine politishe Frage handele. Rouvier erwiderte, er fônne, ohne ein Vertrauensvotum erbalten zu haben, den Senat niht verlaffen, und fragte, wer die Vorlage über die Budgetzwoölftel zur Abstimmung bringen folle, wenn sich das Kabinett zurückzöge. Der Ministerpräsident bat den Senat dringend, die Portoberabsezung zu genehmigen. Maguin brahte darauf eine Tagesordnung ein, die die Trennung der Portohberabsezung von der Budgetvorlage fordert. Der Senator Leydet beantragte, die Debatte über die leßtere zu vertagen und über die Postreform zu verhandeln. Der Ministerpräsident hielt die Forderung eines Vertrauens8votums aufrecht und erklärte, er werde nicht eher in die Kammer zurückehren, bis die Postreform beschlossen sei. Der Antrag Leydet wurde darauf mit 221 gegen 69 Stimmen angenommen.
Nach weiterer kurzer Debatte wurde die Herabsezung des Portos mit 159 gegen 92 und die Vorlage, betreffend die provisorischen Budgetzwölftel, cinstimmig mit 257 Stimmen angenommen, :
— Die Deputiertenkammer hat gestern in ihrer Vor- mittagssizung mit 343 gegen 187 Stimmen endgültig den Antrag angenommen, nach dem das Privileg der Haus- brenner wieder hergestellt werden soll, und darauf die Be- ratung des Kriegsbudgets begonnen. :
Der Kiiecsminister Etienne erklärte auf eine Anfrage, die Deputierten und Senatoren, die der Reserve oder der Terri- tortalarmee angebôren, würden im Falle eines Krieges am achten Tage nah der Mobilisation zu ihrem Truppenteil zu stoßen baben. Uebrigens bereite die Regierung einen Gesetzentwurf vor, durch den die Organisation ter öffentliten Gewal!en îin Kriegszeiten er- folgen solle.
In der Abendsißzung genehmigte die Kammer endgültig die vom Senat zurückgekommenren Vorlagen, betreffend die zwei provisorischen Zwölftel und betreffend die Poftreform.
Entsprechend den Beschlüssen der Kammer und des Senats wird vom 16. April ab das Briefporto im inneren Verkehr und im Kolonialverkehr von 15 auf 10 Cts. herabgeseßt.
——- Bel der Jüuventaraufnahme in der Kirche bel Saugues (Dep. Haute-Loire) ist es gestern, „W. T. B.“ zu- folge, zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen den Beamten und der Bevölkerung gekommen. Die Gendarmen wurden umzingelt und geschlagen; ein Wachtmeister und ein Beamter wurden schwer verlegt. Die Gendarmen gaben schließlich Revolverschüsse ab und verlezten eiwa 15 Personen, darunter zwei todlich.
Rußland. neldet, sind in Warschau drei Persoren Generaldirektor der Weichseleisenbahnen en, tet worden. In Lodz wurden
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Wie „.W. T. B.“ unter dem Verdachte, den Iwanow ermordet zu hab geitern fieben Staatsmoropolläden geplündert und ihre Kassen aus- geraubt. Auf der Station Gatschina wurde gestern abend der Betrieb2chef der Warsh2uer Bahn Ruchlow von mebreren Personen überfallen und {wer verwundet. Die Täter, die flüchteten, erschossen cinen Shußmann und verwundeten einen zweiten. Durch verbrecheri)che Brandstiftungen sind eiwa 30 Magazine auf der Station Abarnti und ferner die ganze Octschaft Tokokkaturi zerstört wozden.
Schweiz.
Der Bundesrat hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, einer Verlängerung des Handelsprovisoriums mit Oefter-
reih-Ungarn bis zum 11. März zugestimmt.
Belgien. Die Repräsentantenkammer schte in ihrer gesirigen Sizung die Debatte über den Congostaat fort.
Der Iustizminister van den Heuvel verlas, dem Bericht des ,W. T. B.* zufolge, Briefe eines Richters und etnes Konsul3, worin diese die von dem Sozialisten van der Velde in der Sitzung vom 20. d. M. ausgesprochene Verdächtigung zurückweisen, daß sie mit der
Berteilung von Geldern an die Presse etwas zu tun gehabt bâtten. Verhaegen (fkfath.) sprach fch für \chleunige
e, beireffend die Reorganisation der Kolonie, aus. rand (Soz.) verlangte ei ges naue Darlegung der Finanzlage Congostaats, der mit einem Fehlbetrage von mebr als 100 Mißionen Francs arbeite, während der Kênig fortgeseßt Millionen für Luxusbzuten in Belgien ausgebe. Woeste (Nechte) erklärte, die Angriffe gegen den Congo- staat feien von England auêgegangen, jedoch glaube er an die Möôg- lichkeit eirer ehrenhaften AusSeinanderseßzung mit England. Unmsglich förne Belgien die mit seinem eigenen Blute aufge|chlc\sene Kolonie aufgeben. Zahlreitße Mißbräuie und ein verdammentswertes Ver- waltungssystem beständen am Congo. Abkbilfe müsse eintreten, aber ein barbarisches Land sei niht mit den in zivilisierten Ländern üblichen Mitteln zu zivilisieren. Für kirdlihe Völker sei der Zwang ein not- wendiges Uebel. Colfs (Katholik) warf der Regierung Hartnäig- keit in der Verteidigung des Congostaats vor.
Darauf wurde die Fortsezung der Debatte auf heute vertagt.
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des
Nortuegen.
In dem gestern abgehaltenen Staatsrat wurde, „W. T. B.“ zufolge, beschlossen, einen Gesehentwurf, betreffend eine Stempelsteuer auf Shuldscheine, Schecks, Bank- :nweisungen und Versicherungspolicen einzubringen. Es wurde vorgeschlagen, die Stempelabgabe für Schuld- scheine auf 4 Oere für je 200 Kronen bis zu 1000 Kronen und auf 50 Oere für je 1000 Kronen und darüber fest- zusezen. Für Schecks, Bankanweisungen, die auf 100 Kronen und mehr lauten, soll die Stempelabgabe 4 Oere ohne Rücfsiht auf die Größe der Summe betragen, für Lebensversiherungen werden 50 Dere für jede 1000 Kronen vorgeshlagen. Die Einnahmen aus diesen Stempelabgaben werden auf 850 800 Kronen insgesamt berechnet. Frei von Abgaben sollen alle öffentlihen Anweisungen oder Schecks sein. Der Staatsrat beshloß ferner, einen Geseßentwurf über die Staats- und Kommunalbeiträge zumUÜnterstüßungs- fonds für Arbeitslose einzubringen. Das Gesch soll am 1, Mai 1906 in Kraft treten und bis spätestens Ende 1910 in Geltung bleiben.
Amerika.
Der Präsident Roosevelt hat, nah einer Meldung des „NReutershen Bureaus“, um die Notwendigkeit zu betonen, das Personal der Armee und Marine in Friedenszeiten auf der hödiften Stufe der Leistungsfähigkeit zu erhalten, um für den Fall des Krieges gerüstet zu sein, ein Schreiben an den Kriegssekretär gerichtet, in dem er die Heldentaten Togos auf- zählt und zu Nuß und Frommen der amerikanischen Soldaten und Seeleute Togos Armeebefehl bei Beendigung des
russish-japanishen Krieges wiedergibt. Dieser Brief ift als allgemeiner Armeebefehl verbreitet worden.
— Jm Kongreß ist durch das Kongreßmitglied Sheppard eine Resolution eingebraht worden, durch die der Präsident Roosevelt aufgefordert wird, dem Kongreß über die zwischen dem Staatsdepartement und Deutschland bezüglih des Zoll- tarifs getroffene Regelung oder Vereinbarung Mitteilungen zukommen zu laffen.
Asien.
Nach einer Depesche des W. T. B sind die aus Nanchang geflüchteten Fremden, an Zahl dreiunddreißig, in Kiukiang angekommen. Gestern sind der französische Kreuzer „Descartes“ und das amerifkanishe Kanonenboot „Quiros“ nah Kiukiang GeGgangen, wo sich zwei englishe Schiffe, „Clio“ und „Teal“, vennden.
Parlamentarische Nachrichten.
Vor Eintritt in die Tagesordnung der heutigen (53.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsshaßamts Freiherr von Stengel beiwohnte, teilte der Präsident Graf von Ballestrem dem Hause mit, daß das Prâäsidium des Reichstags aus Anlaß der Silbernen Hochzeit der Kaiserlihen Majestäten und der Vermählung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Eitel - Friedrich t Jhvrer Hoheit der Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg den Majestäten am 25. d. M. und am gestrigen Tage dem hohen Brautpaar die Glückwünsche des Reichstags dargebracht habe, die huldvollst und dankend entgegengenommen worden sind.
Auf der Tagesordnung des heutigen Schwerinstages stand an erster Stelle die erste Beratung des von den Abgg. Nißler und Hufnagel (dkfonf.) am 29. November 1905 eingebrachten Geseßentwurfs, betreffend Gewährung von Beihilfen an Kriegsteilnehmer.
Der Geseßentwurf, der 8 Paragraphen enthält, besagt in § 1, daß die Kriegstcilnehmer, wenn sie sich in unterstütungébedürftiger Lage befinden, insbesondere, wenn sie für thren Unterhalt auf ein Einkommen von weniger als €00 angewiesen find, und wenn ihre Erwerbsfäh!g- keit auf weniger als ein Drittel herabgeseßt is, oder wcnn sie das 60. Lebenéjahr vollendet baben, eine mcenatlich im voraus zahlbare Beihilfe von 120 X jährlih erbalten sollen. Nach § 2 sollen die Ointerbliebenen tas Gnadenquartal erhalten. Nah § 3 unterliegt die
Beihilfe niht der Pfändung. § 4 umschreibt den Kreis, der von der Beihil!’e ausgeschlcssenen Personen, wozu außer den Invalidenpension- bezieherz und den Nichtreihsangehörigen auch solche gebören follen, die noch ihrer Lebensführung der beabscktigten Fürsorge als unwürdig anzusehen sind. § 5 \chließt den Rechtsweg aus. S 6 be stimtnt die Eirstellurg der Zzblung, wenn eine threr Voraussetzungen in Wegfall gekommen ist. Nach § 7 sollen die Mittel alliährlih auf den Neichëetat gebraht weiden und în § 8 wird als Termin des Infrafttretens der 1. Ayuil 1906 festgesetzt.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (83.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt beiwohnte, teilte Fnächst der Prâäsident von Kröcher mit, daß das Präsidium am Sonn- tag bei Jhren Majeftäten und am Dienstag bei dem hohen Brautpaar eine Audienz und die Ehre gehabt habe, die Glückwünsche des Haujes auszusprehen. Jhre Majestäten sowohl wie das hohe Brautpaar hätten dafür huldvoll gedankt und den Präsidenten beauftragt, Jhren Dank dem Hause ab- zustatten. :
Sodann wurde die zweite Beratung des Staats- haushaltsetats für das Etatsjahr 1906 im Etat es Ministeriums der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten bei den Ausgaben für das Elementarunterrihtswesen fortgeseßt.
Unter diesen Ausgaben befinden sch auch nicht pensionsfähige Zulagen für die dienstältere Hälfte der Direktoren, der Oberlehrer usw. an Seminaren und Präparandenanstalten.
Die Abgg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (freikons.) und Genossen beantragen:
I. diese Zulagen in pensionsfähige zu verwandeln,
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für den Fall der Ablehnurg dieses Antrages die Staats- regierung wiederholt aufzufordern, die Zulagen für die dienstälterc Hälfte der Direktoren, Oberlehrer, Lehrer und Lehrerinnen an den naten und Präparandenanstaltien durch den nächsten Staats- Jau
shaltsetat pensionsfähig zu machen,
IT. die Staaisregterung zu ersuchen, behufs Erhöhung des Mindestbetrages der Dienstalterszulagen der Volks- {hullehrer und -lehrerinnen den Fonds Kap. 121 Titel 34 (Bei- bilfen an leistungsschwache Schulverbände) dur den nächsten Staats- aushaltêetat um weitere 2 Millionen Mark zu veistärken.
Die Abg. Keruth (freis. Volksp.) und Genossen bean- tragen, die Staatéregierung zu ersuchen, zur Gewährung von Bei- hilfen an leistungs\chwache Schulverbände in den nähsten Staatskaushaltsetat mindestens weitere 2 Millionen Mark etinzu- stellen mit der Maßgabe, daß Beihilfen nicht nur leistungs\{chwaGthen Sqhulverbänden im Often, sondern entsprehend auch solchen in anderen Landeêteilen behufs Erhöhung des Mindestgrundgebalts sowie des Mindestbetrages der Dienstalterszulagen der Volks\chul- lehrer unv -lehrerinnen gewährt werden. Bei den Ausgaben für die Seminare tritt Abg. Ziesché (Zentr.) für Hebung des gesamten Seminarlehrer- standes durch Besserung der Gehalts- und Pensionsverh ältnisse und für eine Vermehrung der Seminarlehrerstellen ein. Nur ein Zehntel der Lehrer erreihe jeßt das Höchstgehalt nah 31 Dienstjahren. Wenn die Seminarlehrer niht auf der Höhe der Zeit ständen, dann erhalte man ein minderwertiges Lehrerpersonal. Allein in der Rheinprovinz beständen 83 verschiedene Gehaltssäße. Der Weg, den die Lehrerschaft jeßt zur Verbesserung threr Verhältnisse einschlage, dur die Organisation in den Lehrervereinen auf eine Verbesserung der Lehrergehälter hinzu- wirken, sei kaum der richtige. Positiv würden diese Bewegungen kaum etwas leisten, dagegen würden fie die Unzufriedenheit in den Lehrer- kreisen in Permanenz erklären. Die Regierung solle wenigstens die jungen Hilfslehrer besser besolden, die sich in ciner schr s{limmen Lage befänden. Sie könuten mit 50 4 monatlich wirklich niht be- stehen. Ferner sei zu wünschen, daß die Zulagen, welche die dienst- ältere Hälfte des gesamten ordentlihen Lehrerpersonals beziehe, pensionsfähig gemacht würden. Ein Mißstand bestehe hinsihtlih der Differenz in der Höhe der Stipendien in den öffentlihen und der- jenigen in den privaten Präparandenansftalten. _ Abg. Ernt (freis. Vgg.): Gerade die Seminarlehrer sind in der Lage, auf die Entwickelung unserer Volksshule und damit auf die Entwickelung unseres gesamten Volkslebens einen ungeheuren Einfluß auszuüten. Deéhalb müssen sie au so gestellt weiden, daß sie diese hohe Aufgabe erfüllen können. Der Antrag Keruth, will ebenso wie der Antrag Zedliy den Fonds zur Erhöhung des Mindest- betrages der Dienstalterézulagen für das Volksschullehrerpersonal um 2 Milltonen erhöhen. Die uns vorliegenden Petitionen verlangen Staats- mittel in Höhe von 5 Millionen Mark zur Beseitigung der unbilligsten
Ungleihheiten in der Lehrerbesoldung. Wir haben niht weniger als 8000 Halbtagsshulen. Die fehlenden Lehrerstellen haben eine ershreckend bobe Zahl erreicht, die man mit 18000 eher ncch z¿u niedrig eirishägt. Die geseßliche Bestimmung, nah der dem unverheirateten Lehrer mit eigenem Hausstande derselbe Wohnungsgeldzushuß zusteht, wie dem verheirateten, bat in der Praxis zu Unzuträglichkeiten und Benach- teiligungen geführt. Jn einer Reibe von Gemeinden in verschfedenen Landesteilen is neuerdings der Wert des Brennmaterials, der bisher bei der Persionéberehnung mit veranshlagt wurde, davon aus- geshlofsen worten. Dadurch ist wiederum den Lehrern eine Ver- \{chledterung ihrer Pensionssäße erwatsen.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Die Tendenz des ersten Antrages Zedlitz ist meinen Freunden durchaus \ympathisch. Es ist uns aber fraglich, cb das in der vorgeschlagenen Form gemacht und ob der Antrag so angenommen werden kann, da eine Zustimmungéerklärung der Staatsreg*erurg noch nicht vor- liegt und er ohne eine solle ein Schlag ins Wasser sein dürfte. Ferner hat sachlich ein Teil meiner Freunde Be- denken, bei dieser Gelegenheit einen Teil der Beamten beraus- zuagreifen und diesen eine Besoldurgéverbesserung zu teil wcrden zu lassen. Alle meine Freunde find einig darin, daß die Ungleichheiten in der Lehrerbesoldung beseitigt werden müßten. Wir wünschen des- halb dringend, daß in einer umfassenten organischen Weise gehclfen
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; Ronn Mog auf Ee 50 Sor m c 0M o wird. Wenn dies auf dem Wege der Erhöhung des Fonds geschähe,
würden wir damit einverstanden sein. Wir baben aber das Bedenken, daß eine fole mechanische Erhöhung eventuell einer organi- {en Neuordnung des Volks\{hullehrerbesoldungswesens entgegens wirken könnte, namentli folange das VolkssEŒulunterhaltungs- geseß noch nit fertiggestellt ist. Es Handelt sihch doch darum, daß auch die Unterhaltunaërflichtigen bei der Erhöhung der Gehälter berangezogen werden fönnen. Darüber find wir einig, daß die im Lehrerbesoldung8gescß von 1897 aufgestellten Grundsäße in ibrer Schroffheit niht werden aufrecht erhalten werden können. Wir wollen aber cine organische und keine tückweise Regelung, und lediglich aus diesein Grunde sind wir zur Zeit nit in der Lage, den Antrag Kerutb anzunehmen.
Abg. Nzesnitek (freikons.) empfiehlt den Antrag Zedliß und widerspricht der Beharptung, daß die polnischen Lehrer in den Osft- marken bedrückt würden. Er müsse es durchau man einzelne Klagen în dieser Weise verallgemeinere. Der Redner verliest eine Reihe von polnishen Preßäußerungen, aus denen hervor- gehe, daß die Vers8hnungsepolitik, die man gegenüber den Polen ver- sucht habe, vollständig Fiasko gemacht habe. Je stärker die Angriffe der Polen gegen die preußischen Schulen seten, mit desto größerer Liebe würden die deutschen Lehrer die polnis@en Kinder erziehen.
Abg. Kop s\ch (fr. Volksp.): Die Anerkennung der Tätigkeit der Seminarlehrer durch den Abg. von Heydebrand ist Tfekr erfreuli. Er hat ferner anerkannt, daß Mißstände in der Lehrerbesoldung estehen, aber er will unseren Antrag niht annehmen, weil er ein umfassende und organische Neforn des Lehrerbesoldungsgese wünsht. Diesen Wunsh teilt das ganze Haus mit ihm, aber seine Ecfüllung hat leider nach den Erklärungen des Ministers noch gute Wege. Wenn der Abg. Zieshs von ungünstigen Erfahrungen mit den Volksunterbaltungs8abenden in Oberschlesien \prehen konnte, so dürfen diese Erfahrungen nicht verall- gemeinert werden, Die Volksunterhaltungsabende baben eine große \ozialpolitishe Bedeutung; denn sie find geeignet, die Gegensäße zwisben den einzelnen Bevölkerungsklassen mehr und mehr zu uberbrücken. Der preußishe Letrerverein und der Lehrertag vom
I 1 25. Dezember 1905 find von vershiedenen Seiten angegriffen worden. Es ift nicht richtig, daß der preußisHe Lehrerverein eine politisch freisinnige Organisation fei. Im Segenteil, er bält fich von Partci- politik und konfessionellen Sireitigkeiten vollkemmen fern und arbeitet ledigli zum Wohle der Schule und des Lehrerstandes. Die , Kreuz-
zeitung“ bezeihnet Redner, die fh an den Verhandlungen des Lehrer- tages beteiligten, als Schwägßer und spricht von fulminanten Phrasen und Unsinn; dabei hat das Blatt den Mut, fh über den Ton dieser Versammlung zu beklagen, der fo gewesen sei, daß man si über
den Geist in der Schule den ernstesten Besorgnissen hingeben müße. Der Ton auf dem Lehrertage war allerdings ein anderer als der im Zirkus Busch, den die „Kreuzzeitung“ noch nicht beanstandet hat.
Die Lebrerschaft lehnt folche Vorwürfe ab. Nedewendungen wie die: „Die Minister können uns fonst was!* wären auf deutschen
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Lebrertogen undenkbar, jedenfalls würden fole Aeußerungen, wenn sie als Entgleisungen eintreten follten, iht die jubelnte Zu- stimmung der Versammlung, fondern ernste Verurt: ilurg finden. Weitere Unterstellunçgen leistete ich der „Reisbote*, indem er dite Lehrersckaft einer Hinneigung zum Freidenkertum und zur Sozial- emokratie verdächtigte. Ich muß es mir versagen, auf diefe Vere
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ächtigurgen etwas zu erwidern: die deutsche Lehrershaft steht zu hoch, als daß sie mit sol&en Verdächtigungen erreiht werden könne. Zu meiner Freude hat \ch auc bisber tn diesem hohen Hause noch kei
gefunden, der fh den Ansichten nach der Art derjenigen, die erwähnt habe. angeschlossen bätte. I möchte aber ni lassen, zu erwähnen, daß die „Kölnische Zeitung“ geschriebe ß der Lehrertag einen Lichtblick in trüber Zeit bedeute — Aber auch de Herr Minister hat sih nicht gerade anerkennend über den deutschen Lehrertag ausgesprochen. Der stenogravhishe Bericht dieser Verhand- lungen wird bald vorliegen, und ih hoffe, daß dann auf Grund dieses Berichts sein Urteil doch etwas milder ausfallen wird als auf Grund der nicht korrekten Darstellungen in der. Tagespresse. Der Herr Minister hat gesaat, es seien ihm viele Klagen von Lebrern zuzegangen, die fih darüber beklagten, daß sie nicht zum Worte gekommen feien. Das ift mir unverständlich, denn auf dem deutschen Lehrertaze kommt jeder zu Worte, der sich gemeldet hat, und zwar in der Reihenfolge, wie er sich gemeldet hat. Für solhe Klagen sch{ein Herr Minister der richtige Ort niht zu sein, sondern bätte man an die Leitung des deutscben Lehrertages richten follen.
(Schluß des Blattes.)
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Dem Herrenhause sind Entwürfe von Gesetzen, betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Gesamt- (Parochial-) Verbänden der evangelisch - lutherishen Kirhen der Provinzen Hannover und Schleswig-Holstein sowie in den Kirchengemeinden der evangelisch-reformierten Kirche der Provinz Hannover, nebst Begründung und Anlagen
zugegangen.
Nr. 11 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herauêgegeben im Veihsamt des Innern, vom 26. Februar 1906, hat folgenden Inhalt : Versicherungswesen : Bekanntmathung, betreffend die Außerkraftsegung von Bestimmungen des Gewerbe- und des Bau- unfallversicherungêgeseßes zu Gunsten von Angehörigen des Köntg- reis Belgien.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
__ Eine in der Naht zum Dierstag abgehaltene, stark besuchte Versammlung der Schaffner und Fahrer der Großen Berliner Straßenbahn nahm hiesigen Blättern zufolge eine Resolution an, nah der die Versammlung gegen die Entlassung von aht Angestellten dur die Direktion, als Bruch des Bersprechens, daß das Koalitionsrecht verbürgt sei, Einspruch erhebt und sich verpflichtet, mit allen Kräften für die Organisation eiazutreten, um die Direktion zu gegebener Zeit zur Erfüllung thres Versprehens zwingen zu können. Gegen die erwähnte Entlassung soll der Trantportarbetterverband beim Aufsichtsrat der Straßenbahn vorstelliz werden. (Vergl. Nr. 46 d. Bl.)
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