muß, auf eine schwere Ungerechtigkeit dex Zentrale, Meine Herren, Sie wissen, daß wir alle im Osten schlechter daran sind als die Herren in Mitteldeutschland, im Westen und im Süden. Dex westpreußishe Brenner wird sehr oft dur un- günstige klimatishe wie Witierungsverhältnisse in seinen wirt- schaftlichen Dispositionen beeinflußt. Der Ernteerirag ist minimaler als in anderen Provinzen, man hat mit unsäglicher Leutenot zu kämpfen; also, meine Herren, ih hätte es wohl verständlich gefunden, nachdem auf Allerhöchste Anregung so viele hervorragende Männer sich für den Osten interessiert haden ih erinnere nur an den leider viel zu früh heim- gegangenen Oberpräsidenten von Goßler und an den Gottlob auf eine andere Art zu früh von uns geschiedenen jeßigen Herrn Staatsminister Delbrück, wenn die ihr bestes getan und ihre besten Kräfte in den Dienst des Ostens gestellt haben, wenn da die Zentrale, die eine so ungeheure Macht hat und die immer und immer es ausspricht, sie suche alle Interessen zu vertreten und sie suche nur gutes zu schaffen — gesagt hätte: na, du armer Brenner im Osten, dir geht es nicht besonders gut, wir haben zwar Paritätspreis Berlin, aber wir wollen Dir denselben Preis auch geben, vielleicht wollen wir Dir noch eine Mark zugeben. Meine Herren,
das hätte ih versiändlich gefunden. Aber das ist nicht geschehen. Die Brenner Westpreußens müssen mit einer Mark
weniger vorlieb nehmen als ihre Kollegen z. B. in der Mark. Sie haben also im vergangenen Jahr nit, wie es heißt und wie es durch alle Blätter geht, 56 # Abschlagspreis be- fommen, sondern fie haben nux 55 #4. Abschlagspreis erhalten. Meine Herren, das wird nie erwähnt.
Nun müßte man annehmen, die Destillateure, die Likör- fabrikanten, hätten den Nußen davon. Also Paritätpreis im vergangenen Jahre 53, in Berlin haben die Likörfabrikanten und Destillateure 53 bezahlt, folgedessen bezahlt Jhr in West- preußen natürlich nur 52. Oh nein, meine Herren, so rechnet die Zentrale niht. Die Zentrale sagt, da habe ich ein Märkchen den westpreußishen Brennern genommen, nun, um Gerechtigkeit zu üben, mußt Du, Destillateur und Likör- fabrikant, mir auch noch ein Märkchen mehr geben. (Heiter- keit.) Also, meine Herren, wir im armen Osten bezahlen noch 2 H, extra mehr. Jst das gerecht? Jch halte das für folossal ungerecht, für so kolossal ungereht, daß ih, bezug- nehmend auf die Worte, mit denen Herr Stern uns gestern in Aussicht gestellt hat, daß Ungerechtigkeiten, die in der Zen trale passiert sind, abgestellt werden sollen, die dringende Bitte an die Machthaber der Zentrale richte, sofort, wenn diese Ver- handlungen geschlossen sind, zusammenzutreten und diese Un- gerechtigkeit aus der Welt zu schaffen. Meine Herren, nur auf die Art und Weise kann Frieden geschaffen werden.
Jch muß da leider wieder einmal noh auf das politische Gebiet hinüberspielen. Jch habe a conto meiner politischen Stellung sehr viele Beziehungen und unterhalte gerne diese Beziehungen mit kleineren Leuten, und ih kann es wohl sagen: Gottlob, ih habe Vertrauen. Die Leute kommen zu mir aus dem Bauernstande, aus dem Krügerstande, aus dem Schänkerstande, und meine Herren, diese Leute sind zum aller- größten Teil durchaus achtbare, ehrenwerte, bis auf die Knochen klönigstreue Männer. Sie haben in ihren Kreisen sehr viel mehr Einfluß als hier vielleiht die Jnhaber vom Hotel Bristol oder vom Restaurant Hiller. Diese haben keinen Einfluÿ auf ihre Gäste, aber jene Männer haben einen emi- nenten Einfluß, und ih meine, man müßte alles tun, um dieselben für die staatserhaltenden Parteien zu erhalten und, meine Herren, das ist mir nun sehr shwer gemacht. Jch bin mir da oft vorgekommen wie ein Arzt, der an dem Kranken bette eines s{hwer Kranken, Sterbenden steht und der trösten soll und trösten möchte und doch nicht trösten kann. Meine Herren, ih habe versucht, die Leute zu beruhigen, aber immer hat man mir diese Ungerechtigkeiten, die von der Zentrale begangen werden, vorgehalten, und nun, meine Herren Brenner, möchte ih Jhr Gewissen noch etwas s{chärfen. Jch habe nie gehört — dafür verbürge ih mih mit meinem Wort — daß die Leute auf die Spritfabriken gescholten haben, nein, der böse Agrarier ist es natürlicherweise, der unersättlih ist, der die mächtigen Taschen hat, die er sh füllen will. Der Land wirtshaft wurden die Sünden der Zentrale allein in die Schuhe geschoben, und deswegen geht ganz besonders an Sie die Mahnung, meine Herren Brenner, forgen Sie dafür, daß die Ungerechtigkeiten, die bei der Zentrale bestehen, aus der Welt geschaft werden, und ih verpflihte mich, soweit es in meinen Kräften steht, zu sorgen und zu arbeiten für Ruhe und Frieden. (Bravo!)
Geheimer Oeckonomierat Andrä-Braunsdorf: Meine Herren, ih werde Jhre Geduld auf keine lange Probe stellen. Jh kann Jhnen auch keine interessanten Aufschlüsse über Börsenoperationen geben, sondern ih werde lediglich vom rein landwirtshaftlihen Standpunkte und als Brenner aus dem Königreich Sahsen hier sprechen, um hauptsählih zu Punkt V A 2 cinige Ausführungen zu geben, wie fie wohl au von seiten der Reichsregierung gewüns{ht werden.
Im Königreih Sachsen befinden fh ca. 560 Brenner, also ein ziemlih großer Prozentsaß, der der Zentrale ange: \hlofsenen Brennereien; die
Umfang selbst nicht schr groß, davon find ziemlich 94 %/, der
Brennereien find aber in ihrem |
Bentrale anges{hlofsen, und ih darf wohl sagen, daß man im |
ganzen mit der Geschäftsführung des Syndiïtats von jeiten der Brenner zufrieden gewesen ist. Der geschäftliche Verkehr hat fich regelmässig gestaltet und gut entwickelt, die gezahlien Preise haben fih na der in Deutschland in den verschiedenen Fahren gemachten Kartoffelerntie geregelt, und wir haben unsererseits au vollständig einsehen müsen, daß dur das verschiedene Gedeihen der Kartoffelernten eine verschiedene Festseßung der Preije nôtig war.
Unzufriedenheit hat da und dort vor allen Dingen deshalb geherrschi — worauf die Zentrale und das Synditat gar feinen Einfluß häben kann und tonnte — wo schr geringe Kontingeñtsmengen zur Verfügung standen, und das ift natür-
— ——
22 lich da und dort besonders in den Jahren, in denen Produktions-
bindung dann noch in Frage kam, ganz besonders zum Aus- druck gekommen. "
Die Ungleichheit der Festseßung der Kontingentsmenge rührt ja seit dem Jahre 1887 her. Diejenigtn, die in den ver- derblichen Jahren der billigsten Spirituspreise, das ist Mitte der 80er Jahre, die gute Rechner waren und wenig Spiritus produziert haben, waren dann bei der Festsegung der Kon- tingentsmenge sehr ungünstig beeinflußt, haben jeßt leider Gottes ein sehr geringes Kontingent nnd sind dadurh eben gezwungen, 70er zu brennen. Herr Landesökonomierat Wen- dorff und Herr Patschke haben \ih ja über die Notwendigkeit des 7T0er-Brennens ausgesprochen, sodaß ih mich nach dieser Richtung hin gänzlich beschränken werde. Es ist nachgewiesen worden, das eben dadur, daß viel 70er gebrannt werden muß, der Durchschnittserlös für Spiritus im Verhältnis ein solcher ist, daß die Rentabilität der Kartoffelverwertung in den Brennereien dadurch sehr herabgedrückt wird.
Nun sind ja bei uns auch, besonders in den ersten Jahren des Syndikats, eine Anzahl Brenner dem Syndikat noh ferngeblieben aus verschiedenen Gründen, hauptsächlich aus zwei Gründen. Erstens einmal, weil sie an und für sih sehr wenig Kontingent hatten, und dann, weil sie sih als Außenstehende entschieden besser gestanden haben als diejenigen, die sih der Zentrale angeschlossen haben. (Sehr richtig!). Jch weiß nicht, wie es anderwärts war; bei uns in Sachsen haben die außenstehenden Brenner tatsählih bedeutend mehr für ihren Spiritus erhalten als diejenigen, die der Zentrale angeschlossen waren. Es sind 2, 3,.4 # pro 10 000°%/, mehr bezahlt worden als von der Zentrale. Das war bei uns insofern möglih: die Verwertung des Spiritus bei den außenstehenden Spritfabriken war tatsächlih etwas höher als bei der Zentrale, sie beteiligten sih nicht an der Denaturierung, sie beteiligten sih niht am Export, und konnten jedenfalls die höheren Preise an die Brenner ganz gut geben.
Nun ist gesagt worden, es wären gewissermaßen unlautere Mittel gebraucht worden, um die fernstehenden Brenner der Zentrale zuzuführen. Nun, bei uns ist davon entschieden nihts bekannt. Wir haben natürlich, selbstverständlich, von seiten der Zentrale Listen und die Namen derjenigen Herren bekommen, die sih der Zentrale noh nicht angeschlossen hatten, und haben hauptsächlih durch persönliche Besuche, durch persönlichen Verkehr dahin gewirkt, daß sih die Herren nah und nah uns angeschlossen haben. Die meisten, die heute noh fernstehen — es sind ja im ganzen sehr wenige —, sind zum Teil davon beeinflußt, weil sie im Gebirge ihre Brennereien haben, wo sie selbst den Spiritus rektifizieren und einen guten Absatz ihrer rektifizierten Ware haben, und ein Teil kann ih eben niht überzeugen lassen, daß durch einen Zusammenschluß erst die Wirksamkeit der Zentrale ge- sichert wird. Jhr eigener Profit und der größere Profit veranlaßt sie, heute noch der Zentrale fernzubleiben.
Wir Brenner haben — das ist auch gestern bereits von verschiedenen Seiten ausgesprochen worden — das größte Interesse an einer mittleren Preisbildung. Wir wissen ganz genau, daß wir dur hohe Spirituspreise den Konsum erheblich beeinträchtigen, und daß uns gar niht daran liegen tann, sehr hohe Preise zu bekommen, denn wir würden selbst den größten Schaden davon haben. (Sehr richtig!)
Meine Herren, ih wollte mir noch erlauben, auf einige Ausführungen der Herren aus der gestrigen Debatte zu Punkt IV zu antworten. Die Sache gehört eigentlich mit zu Runkt V. Da hat unter anderen Herr Friß Lehment die Ueber zeugung ausgesprochen, daß das Brennereigewerbe fehr be vorzugt sei, deshalb, weil eine fünfjährige Kontingentsperiode eingerichtet sei und dadurch die Neuerrichtung von Brennereien Fehr ers{hwert werde. Ja, ih muß offen gestehen, daß diese Ansicht doch jedenfalls eine falsche ist. Daß die Errichtung von neuen Brennereien dadurch ershwert wird, das liegt meiner Ansicht nach nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern im Interesse der Volkswirtshaft und der Reichsfinanzen. Wenn angesichts hoher Preise, die dann und wann natürlich, wie schon mehrfah ausgeführt, vorkommen müssen, der und jener Landwirt plößlich in die Lage käme, dur Einrichtung ciner neuen Brennerei sofort ein gewisses Kontingent zu be kommen, so würden jedenfalls die Brennercien wie Pilze aus der Erde schießen in noch viel größeren Dimensionen, als es in der leßten Zeit der Fall gewesen ist, und das würde zweifellos ganz zerrüttend auf das Brennereigewerbe wirken und T{licslih Verhältniße herbeiführen. Es Liegt deshalb vollständig nicht nur im Interesse der Brennereibestßer, sondern im Jnteresse der Landwirtschaft und der gesamten Volkswirtschaft, wenn nah dieser Richtung hin keine Aenderung der jeyigen Ver- hältnisse eintritt.
Es ift ja bereits gestern von Herrn Direktor Stern aus- führlih auf dic Meinungsäußerungen des Herrn Kantorowicz und des Herrn Lehment-Rostoë erwidert worden, daß man dafür sorgen müßte, gleihmäßige Preise möglichst Herbei- zuführen, daß man hätte voraussehen können, durch Lagerung größerer Vorräte vorzusorgen, daß nicht eine derartig große Preissteigerung beispielsweise im Fahre 1904 eingetreten wäre. Jch möthie hier nur als Landwirt jagen, daß diese Ansichten zweifellos absolut keine Berechtigung haben.
Meine Herren, theoretisch find diese Wünjche zweifellos rihhtig und nit zu bestreiten, ber in der Praxis find fie entihicben unausführbar. Wir Landwirie hoffen natürli, wenn wir unseven Acker mit Kartoffeln bestellen, auf €ine möglihst gute Ernte. Aber wir wissen noth bis furz vor der Ernte meist absolut nicht, wie dieje Ernte ausfallen wird, und wie da die Zentrale, die faufmännisthen Leiter, ihre Pflicht nah diejer Richtung erfüllen jollen, das verstehe ith nicht, und ih glaube, es wird niemand versiehen, der einigermaßen die Verhältnisse übersieht. Wenn die Zentrale derartig große Vorräte haben sollie, um eventuell die Preisbildung in ungünstigen Kartoffel- erniejahren nit na oben steigen zu laffen, dann fönnie fie do mal enorme Verluste erleiden, denn wenn mun gwei, drei
cine allgemeine Zerrüttung der verschiedenen | bestritten werden kann, die aber ganz erflärlich ist.
| bei der Zusammenseßung der Parlamente ist es eine Tatsache,
ute Erntejahre nacheinander kommen, dann würden die ganz
hohen Vorräte geradezu zerrüttend auf die ganze Preisbildung in Spiritus wirken. Deshalb ist es eben gar niht aus der Welt zu schaffen, daß, die Preisbildung eine verschiedene ge- wesen ist und auch fernerhin sein wird.
Aber ih habe als Landwirt die Meinung, meine Herren, daß, wenn das Syndikat nicht bestanden hätte in diesen ganz extremen Jahren 1903 und 1904, zweifellos die Preisbildung des Spiritus auf den freien Markt und lediglich an der Börse eine viel \prunghaftere nah unten und nah oben gewesen sein würde. Damit will ich meine Ausführungen {ließen
Likörfabrikant Underberg-Albrecht- Rheinberg: Meine Herren, es wird für Sie außerordentli interessant gewesen sein, soeben die Rede des Freundes der Zentrale, des Herrn Patshke, gehört zu haben. Wenn Herr Patshke als Freund der Zentrale seine Ausführungen gemacht hat, wie er es eben getan hat, dann wird man unseren Standpunkt, die wir theoretish der Zentrale neutral gegenüberstehen, wegen der Art der Geschäftsführung aber zu einer Kritik uns genötigt sehen, erst recht verstehen. Denn Herr Patschke, der ein theoretisher Freund der Zentrale is, hat die Maßnahmen, die Handlungsweise der Zentrale in derselben Weise kritifiert, wie jemand von uns es nur tun kann, der auf neutralem Boden steht.
Herr Direktor Stern hat gestern eine Aeußerung gemacht, die dahin meinerseits gedeutet ist, als sei in Abnehmerkreisen mehr oder weniger allgemein die Ansicht verbreitet, die Be- seitigung des Kontingents sei wünschenswert und würde unsererseits angestrebt. Jh stehe da vollsländig auf dem Standpunkte des Herrn Patschke, daß wir durhaus die Be- seitigung des Kontingents niht wünschen. (Zustimmung und Beifall.) Wir wissen ganz gut, daß das Wort Liebesgabe ein Schlagwort ist, das von gewissen politischen Parteien als solhes benußt wird, daß es in der Tat eine solche Liebes-
abe nicht gibt, und daß die Differenz zwischen 50 und 70 s rennsteuer tatsächlih dem Konsum mehr oder weniger zugute kommt. Daß dabei Zufälligkeiten Play greifen, daß die eîne Brennerei am Kontingent einen etwas größeren Nußen hat, als die andere, das ist niht zu vermeiden. Aber, meine Herren, ih möchte es hier ganz offen und rücckhaltlos aus Ada wir als Abnehmer haben an der Beseitigung des Kontingents gar kein Jnteresse, wir wünschen dieselbe nicht, und ih möchte das speziell deshalb aussprechen, weil, foviel mir bekannt ist, vielleicht gerade heute in der Steuerkommission von einer politischen Partei der Antrag auf Beseitigung der Liebesgaben gestellt werden wird, eine Verbrauchsabgabe von 60 S einzuführen. Jch glaube, in Jhrem Namen erklären zu dürfen — und bitte, mir event. zu widersprehen —, daß wir hier als Abnehmer von Spiritus, als Konsumenten von Spiritus durchaus niht den Wunsch hegen, daß dieser Antrag angenommen wird, weil wir der Ueberzeugung sind, daß die Steuer auf uns wieder abgeladen wird. (Sehr richtig!) Denn, meine Herren, die ganze Branntweinsteuergeseßzgebung ist gemacht zu unseren Lasten.
Die Konsumabgabe, resp. die Verbrauchsabgabe, ist aus zwei Gründen damals eingeführt worden; in erster Linie um den Reichsfinanzen aufzuhelfen, in zweiter Linie ist als Be gründung angegeben, daß dadurch der Unmäßigkeit entgegen gearbeitet werde. Meine Herren, daß eine Verbrauhsabgabe von durchschnittliß 60 F die Unmäßigkeit im Trinken nicht hindert, hat si gezeigt. Die Unmäßigkeit ist erst eingeschränkt worden durch die Zentrale. Es ist ein unbestrittenes Ver dienst der Zentrale, daß sie durch ihre hohen Preise den Konsum gewaltig heruntergedrückt hat (Heiterkeit), und dieses Verdienst wollen wir ihr in keiner Weise bestreiten. Viel mehr als die Gesetzgebung hat die Zentrale sih also dieses Verdienst auf ihr Konto zu schreiben. (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Meine Herren, ebenso is die Brennsteuer ein geführt worden zu unseren Lasten. Die Brennsteuer wird zurückvergütet beim Erport. Aber sehr wenige deutshe Firmen erportieren und haben Vorteil von der Rückvergütung. Das Gros der Destillateure, das Gros der Trinkbranntweinver- braucher hat die Brennsteuer zu tragen. Sie is eine stis- falishe Steuer, die den Brennereien teilweise und auch nur in beschränktem Maße zugute kommt, die aber einzig und allein uns aufgebürdet ist und die wir zu tragen haben, und die bei der Preisbildung zu unseren Lasten in die Erschei nung tritt.
Meine Herren, das ist eine Tatsache, die wohl nicht Denn
daß nur jehr wenige Herren Mitglieder des Reichstages über Spezialmaterien, wie es die Branntweinsteuergesezgebung ist, durch eigene Erfahrungen orientiert find. Die Geseye werden von wenigen Sachverständigen beraten, und je nahdem die Parteien in den Kommissionen vertreten find, je nachdem werden die Geseze angenommen. Wenn dann besonders hinzu- fommit, daß diese Steuern den Reichsfinanzen étwas einbringen, find bei unserer Geldnot die Parteien um so geneigter, hier ja zu sagen, weil ja der Shnaps an und für fich etwas wenig Vornehmes ist und man ihm ganz gern etwas auf- ladet, viel lieber als dem Bier, den Zigarren usw.
Meine Herren, dann iff von dem Preise im vorigen Jahre die Rede gewesen. Da sagt die Zentrale: wir haben gar nit vorausjehen fönnen, daß wir in der Lage waren, die Preise spüter zu ermäßigen; denn wir haben geglaubt, vor einer Mißernte zu stehen, und um die Brenner zu veranlassen, überhaupt Spiritus zu produzieren, haben wir gegen unseren eigenen Wunsch einen Abschlagspreis von 57 H. konzedieren müssen. Dabei geben die Herren gleichzeitig zu oder haben £s im Laufe der Diskussion zugegeben, daß diese Orientierung eine faliche war. Eine Mißerate ist uur in einzelnen Gebieten eingetreten. Ju vielen Gebieten war die Kartoffelernte im vorigen Jahre eine ganz vorzügliche, und die Statistik des vorigen Jahres ergibt ja klar, daß die Produktion eine nichi geringere gewesen - úst als die der Vorjahre, Wenn nun eine Institution wie die der Zentrale, welchze mit 4000 Brennern
in Verkehr steht, so falsh orientiert ist, dann beweist das, daß sie die Aufgabe, die sie zu erfüllen vorgibt, eine Re- gulierung zwischen dem Ertrage der Kartoffeln und dem Ver- faufspreise herbeizuführen, tatsächlih nicht zu erfüllen in der Lage ist. Die Zentrale hat fich im vorigen Jahre bei der Einshäßung der Ernte gewaltig geirrt. Jm freien Markt wäre ein derartiger Jrrtum für kurze Zeit auh möglich ge- wesen. Im freien Markt hätte sich aber dieser Jrrtum nah furzer Zeit herausgestellt (sehr rihtig!), und eine Remedur wäre sehr bald eingetreten. (Sehr richtig!) Wann hat nun die Zentrale, die den Jrrtum doch spätestens im November, Dezember erkennen mußte und erkennen konnte, die notwendige Remedur eintreten lassen? Meine Herren, im vorigen Sommer, am 18. Mai 1905, wie es gar niht mehr anders ging, da bin ih abends um 9 Uhr telegraphish eingeladen worden zu einer Beiratssizung, die am anderen Nachmittage um 4 Uhr hier in Berlin stattfinden sollte. Jh wohne, nebenbei bewerkt, circa 600 km von Berlin entfernt, und da ist eine Einladung abends 9 Uhr eintreffend zum anderen Nachmittage 4 Uhr doh ein bishen knapp gewesen.
Wir sind ja mit dem Resultate der damaligen Beratung alle einverstanden gewesen, weil das Resultat eine Herabseßung der Preise um 5 F war. Aber, meine Herren, diese Reduktion von 5 A mußte niht im vorigen Sommer, resp. Mai ein- treten, die hätten die Herren gleich eintreten lassen müssen, wie sie den Fehler erkannten, und daß sie das nicht getan haben, das ist ein Vorwurf, den jeder mit Recht der Zentrale machen kann, und den sie gar nicht als ungerechtfertigt zurück- weisen kann. Sie hat zu unseren Lasten in der unverant- wortlihsten Weise im vorigen Jahre gewirkt. Denn, meine Herren, die Zentrale hat gesagt, daß sie deshalb genötigt war, diese hohen Preise zu konzedieren, weil fie in die Kampagne mit sehr geringen Vorräten hineingegangen is. Meine Herren, das ist rihtig, aber wer ist daran s{huld? — die Zentrale selbst; sie hat auf künstlihe Weise den vorhandenen Sprit ausgeführt. Die Zentrale wird zugeben, resp. wird zugeben müssen, daß fie mit dem allergrößten Verlust große Quantitäten Sprit nah dem Auslande ausgeführt hat.
Nun hat Herr Patschke — und das ist ja auch sonst hon gesagt worden — erwähnt, daß die Zentrale so gewisser- maßen als die Vertreterin der staatserhaltenden Parteien usw. gilt, daß sie sih mit einem gewissen patriotisch - nationalen Gewande umgibt. Da dürfte man von ihr doch in erster Linie annehmen, daß sie den inländishen Handel unterstüßt. Nun, meine Herren, was ist tatsählich der Fall gewesen ? Die Herren der Zentrale, die Geschäftsleitung werden nicht leugnen, und leugnen nicht, daß sie mit erheblichen Verlusten große Mengen Sprit exportiert haben. Sie werden auch niht leugnen können, daß sie die wenigen deutshen Firmen, die ein Exportgeschäft machen, durchaus nicht unterstüßt haben. Es gibt allerdings, leider Gottes, nur wenige deutsche Firmen, die auf dem Weltmarkte einen Ruf haben, und die zu unter- stüßen, meine ih, wäre für die Zentrale doch eine ebenso nationale Aufgabe, wie mit großen Verlusten den Sprit zu verkaufen, um uns deutschen Firmen auf dem Weltmarkte eine unangenehme Konkurrenz zu machen. (Sehr richtig!) Wie gesagt, wir sind im Exportgeschäft ganz ungenügend unterstüßt worden; wenigstens meine Firma hat gar keine Vergünstigung erhalten, mit der Begründung, wir exportieren niht, Aber auh in dem Jahre, wo mit dem erheblichsten Verlust exportiert worden ist, ist die uns von der Zentrale gewährte Ver- günstigung ganz minimal gewesen. Da hat man uns gesagt: ja, ihr bekommt ja die Konsumsteuer zurück, Jhr bekommt die Maischraumbottichsteuer zurü; jeßt ist die Brennsteuer erhöht, Jhr steht ja ganz gut. Auf den Weltmarktpreis hat man uns gegenüber keine Rücksiht genommen. Die durch die Zölle uns auferlegten kolossalen Schwierigkeiten uns Deutschen zu erleichtern, hat die Zentrale niemals versucht; hoffentlih wird sie es in der Folge versuchen. Denn ih hoffe, daß das Versprechen, das Herr Direktor Stern gestern abgegeben hat, sih auch auf diesen Punkt bezieht. (Heiterkeit.)
Dann, meine Herren, liegt hier eine Aufstellung der Zentrale vor, worin Betriebsunkosten, Rektifikationsprämie, Transport usw. berechnet sind. Es ist wohl niemandem von uns möglich, diese Aufstellung sachlih prüfen zu können, ohne daß uns die ganzen Grundlagen der Aufstellung zur Ver- fügung stehen. Meine Herren, ih möchte nur auf verschiedenes aufmerksam machen. Es steht oben: „abzüglich der an die Käufer vergüteten Rabatte 0,56 K“ Jh möchte hier be- merken, daß meiner Ansicht nah hier nur Rabatt auf Trink- branntwein gemeint sein kan, daß die Zentrale die Essig- rabatte und die der cemishen Jndustrie vergüteten Rabatte hier nit hineingerehnet hat. (Geschäftsführer Stern: Essig ja, die chemischen nit!) Essigrabatte wohl? (Geschäftsführer Stern: Das macht 20 Z durchschnittlich im Jahr!)
__ Meine Herren, in dieser Aufstellung vershwindet wenigstens
für mich vollständig der Verlust, den die Zentrale an dem denaturierten Spiritus in den früheren Jahren erlitten hat; es vershwindet darin der Verlust, den die Zentrale erlitten hat auf die Prämien, die sie den Outsiders bezahlt hat. Denn, meine Herren, es ist Jhnen ja allen bekannt, daß die Zentrale es in ihrer Preispolitik und in ihrer Geschäftspolitik für richtig erachtet hat, von den Outsiders zu erhöhten, für sie verlustbringenden Preisen Sprit aufzukaufen, um das Monopol resp. die herrschende Stellung in Händen zu behalten.
Dann, meine Herren, steht hier Rektifikationsprämie und Rohspiritusprovision 3,21 Æ Jch glaube, nah -der Auf- stellung annehmen zu dürfen und zu müssen, daß diese Rektifikationsprämie auf das ganze von der Zentrale verkaufte Quantum berechnet ist. Daß dieses absolut unrichtig ist, ist 1a selbstverständlih; denn der denaturierte Spiritus und der tehnische Spiritus ist eben nicht rektifiziert, und die Zentrale hat — aus welchen Gründen? — die Rektifikationspreise hier in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht ganz entsprechenden Weise aufgeführt. s
Mit einem Wort, meine Herren, wir sind nicht in der Lage, nachprüfen zu können, aber noh weniger in der Lage,
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23 —
diese Aufstellung als richtig anerkennen zu können, und sie ist für uns, offen “gestanden, ohne Wert und wir können auf die- selbe weiter niht eingehen und Bezug nehmen.
Dann, meine Herren, ist auch von der Spannung die Rede gewesen, die ja nach dieser Aufstellung eine ganz minimale ist, die aber in diesem Jahre tatsählih 11 # ohne Report beträgt. Der ganze Beirat hat bei der Feststellung der Verkaufspreise — an den Abschlagspreisen haben wir ja noch niht mitwirken dürfen — vorgeschlagen, die Verkaufspreise auf mindestens 51 M. herunterzuseßen, was einer Spannung von 9 M. enfsprehen würde. Eine höhere Spannung hat die Zentrale für sich niemals in Anspruch genommen. Aus Gründen, die mir nicht ganz klar sind, hat aber die Zentrale in diesem Jahre eine Spannung von 11 #{. eintreten lassen, und die Herabsezung des Abschlagspreises auf 42 M ist eine ganz illusorishe; denn für uns Abnehmer is der Abschlags- preis ziemli gleichgültig. Für uns ist der Verkaufspreis die Hauptsahe, und wenn der Abschlagspreis auf 38 herunter- gèseßt wird, und die Spannung wird auf 15 M erhöht, dann ist das für uns ganz genau dasselbe. Dann mag das für außerhalb der Branche stehende Leute einen gewissen Effekt hervorrufen; uns tangiert das in keiner Weise. (Groß destillateur Patschke: Sehr richtig!)
Meine Herren, ih glaube mich auf diese Ausführungen beschränken zu können. (Großdestillateur Patschke: Bravo!)
Vorsißender: Meine Herren, der Herr Vorredner ist schon auf die Frage der Auslandspreise, der Preise beim Export eingegangen. Jh möchte bitten, diesen Punkt jeßt nicht näher zu besprehen, da wix unter Ziffer VI B noch einmal des näheren darauf eingehen werden.
Zum Wort sind noch gemeldet die Herren: von Graß, Oekonomierat Sueskind, Herr Stern, Herr Koepke, Herr
Kantorowicz, Herr Herzer, Herr zu Putliy, Herr Abgeordneter
Schulz, Herr Kühne und Herr Badt. (Essigfabrikant Kühne- Berlin: Jch ziehe zurück.) Herr Kühne zieht zurück. Aber auch wenn Herr Kühne zurückzieht, bleibt doch immer noch eine ziemlih große Reihe von Rednern (Heiterkeit), und Sie werden es vielleicht nicht unangezeigt von mir finden, wenn ih die Bitte ausspreche, daß sih die Herren einer gewissen Kürze befleißigen möchten, damit wir auch an die anderen Fragen noch heute herankommen.
Rittergutsbesiger von Graß-Klanin: Meine Herren, wenn ih jeßt das Wort ergreife, so kann ih vorausschicken, daß ih es nicht als Vertreter der Zentrale, sondern als Ver- treter des gesamten Spiritusgewerbes tue. Meine Stellung in der Geschäftsführung ist die, daß ih zwar an allen Sizungen der Zentrale teilzunehmen berechtigt bin und auch ziemlich ausnahmslos an den Sißzungen teilgenommen habe, daß ih aber keine Stimme habe, infolgedessen gewissermaßen eine auf- sihtsführende Stellung insofern einnehme, als ih berufen und verpflichtet bin, dem Spiritusgewerbe in seiner Allgemein- heit über die Machinationen und die Grschäftsführung Bericht und Rechenschaft zu geben.
Meine Herren, wie stellt sih das Spiritusgewerbe zu der von der Zentrale eingenommenen Geschäftsführung? Um diese Frage zu beantworten, muß ih mich zunächst zu einer anderen Frage wenden, nämlich zu derjenigen: welchen Einfluß hat früher die Börsenpreisbildung auf das Brennereigewerbe ausgeübt und welchen Einfluß übt jeyt die Neugestaltung des Vertriebes durch die Zentrale aus?
Meine Herren, es ist gestern darauf hingewiesen worden,
daß zunächst die Beantwortung hierauf durch statistisches '
Material gegeben werden könne, und es ist darauf hingewiesen worden, daß in diesem statistishen Material sih wesentliche Differenzen finden, insoweit es die Aufstellungen der Zentrale und insoweit es diejenigen Aufstellungen, welche von gegnerischer Seite gemacht sind, angeht.
Nun, meine Herren, glaube ih in ganzer Kürze Jhnen einen Grund für diese Differenzen angeben zu können. Jch glaube, sie liegen hauptsächlich in der Berechnung der Ueber- führungskosten. Unsere Zentrale hat die Ueberführung aus den Wintermonaten in die Sommermonate übernommen. Wie hoch sich die Unkosten dafür mit allem, was an Zinsverlust, Schwund usw. daran hängt, beziffern, läßt sich schwer annehmen. Immerhin dürfte doch ein Betrag von 3 bis 4 Æ#. nicht zu hoch gegriffen sein. (Zuruf Report!) Der Report dabei! Nun, meine Herren, wird dieser Verlust in unserer Abschluß- berechnung den Brennern voll und ganz zu gut geführt. Wir halten aber auch naturgemäß die darauf resultierenden höheren Sommerpreise auf unser Brennerkonto zurück. Eben dasselbe geschieht ganz unzweifelhaft in der Börsenpreisbildung. Auch dort werden höhere Sommerpreise eintreten müssen, denn sie sind naturgemäß notwendig, weil auch für die Ueberführung, Report usw. vom Winter in den Sommer Aufwendungen ge- macht werden. Diese Aufwendungen aber, meine Herren, sind dem Brennereigewerbe nicht zurükerstattet worden oder nur zum Teil, zum sehr geringen Teil zurüerstattet worden, denn sie werden zu allererst und auh mit vollem Recht bei der freien Börsenpreisbildung den Verkäufern des Spiritus zu Gunsten kommen. Meine Herren, das muß dann natur- gemäß Differenzen ergeben, sobald es sih darum handelt, nachzuweisen, was in dem einen Falle dem Brenner zugute gekommen ist und was in dem anderen Falle.
Jch hièëlt mih zu dieser vorausgehenden Mitteilung für verpflichtet.
Jch gehe jeßt zu der an mich von Herrn Kantorowicz gestellten Frage über oder vielmehr zu der Behauptung, daß die Preisbildung an der Börse im sogenannten freien Verkehr dasjenige sei, was allein als berechtigt und wirtschaftlih gesund für das Gewerbe verlangt werden fönne. Herr Kantorowicz hat, auf mih den Blick richtend, den Ausspruch getan: Jhr Agrarier kennt gar nicht das Wesen und die Bedeutung der Börsenpreisbildung, ihr macht euch. absolut falshe Vor- stellungen davon. Jch erwidere ihm: wir kennen es leider zu genau!
Meine Herren, als vor nunmehr 13 Jahren die Enquete über Börsenpreisbildung tätig war, hatte ih die Ehre, in: dieser
Enquete mitzuarbeiten. Es handelte sih damals hauptsählih um das Termingeschäft für die Produkte der Landwirtschaft. Jn dieser Zeit kam eines Morgens ein Herr zu mir, der unter uns anwesend
ist: Herr Eulenburg. Mir ist diese Begegnung in angenehmer Erinnerung, denn ih habe infolge von ihr lange mit dem Hamburger Hause in Geschäftsverbindung gestanden und kann nicht umhin, zu sagen, daß ih mit den. Gepflogenheiten der Hamburger Geschäftsabwickelung außerordentlih zufrieden ge- wesen bin. Herr Eulenburg sagte mir: Wollen Sie nicht Jhr Augenmerk *auf einen sehr verderblichen Uebelstand an der Berliner Börse richten, nah welchem es ganz ausgeschlossen ist, sich etwa in größerem Umfange auf Termin mit Ware zu versorgen. Jch glaubte damals in der Sache sehr orientiert zu sein und sagte ihm: Jch könne nicht glauben, daß eine derartige absolut ausgesprochene Unmöglichkeit vorhanden sei. Denn ih habe mich aus dem Studium der Statuten und derx Börsengeschäftsordnung noch erinnert, daß ein jedes Börsen- geschäft immer zurückgeführt wurde auf eine bestimmte benannte Ware in natura, welche zum Andienen verwendet werden solle. Darauf sagte mir Herr Eulenburg: Ja, das is ganz gut und schön, aber ih habe den Versuh gemacht, auf diese Ware auch zu reflektieren. Sie befindet sih jedoh in einem Zustande, in dem sie nicht gut transportierbar ist. Spiritus in übernehm barer Ware is in Berlin an der Börse auf Termine über- haupt nicht zu kaufen! Jch weiß niht, ob Herr Eulenburg sich an diesen- Vorgang erinnert. Jch kann nur die Ver- sicherung geben, daß ih treu aus meiner eigenen Erinnerung wiederhole.
Meine Herren, nun wurden wir aufmerksam. Wir fanden, daß sih diese selbe Gepflogenheit in weiter Ausdehnuug ver- breitete über das Börsengeschäft in Getreide. Das waren die be- rühmten zum Andienen bestimmten Posten von Rauhweizen, von denen man kaum mehr wußte, was eigentlih in diesen Poster enthalten war. Derartige Unzuträglichkeiten hatten also auf die Geschäftswelt einen drückenden Einfluß ausgeübt. Am gestrigen Tage ist Jhnen in etwas anderer Form ganz das- selbe von Herrn Sinnes, und ih glaube auch noch von anderer Seite gesagt worden. Es ist Jhnen gesagt worden, daß ein krasser Uebelstand wäre der sogenannte Verkauf von Spiritus ohne Gebinde. Nun, meine Herren, wenn sich ein derartiger Uebelstand in weiten Kreisen bemerkbar gemacht hat, so muß er aber auf uns Landwirte einen besorgniserregenden Eindruck machen. Wir fanden mit einem Male, daß in diesem Börsen- termingeschäft es sich nicht handelte um einen Ausgleich von wirk- lichem Angebot und von wirklichem Begehr, daß in diesem Börsen- termingeshäft Tausende von Menschen fortdauernd eine Ware verkauften, die sie niht besaßen, daß Tausende von Menschen eine Ware kauften, die sie gar niht haben wollten und die sie gar nicht aufnehmen konnten, und daß in diesem Börsen- geschäft es nicht darauf ankam, das wirfklihe Bedürfnis an Waren auszugleichen und zu befriedigen (Ruf: Zur Sache!), sondern auf etwas ganz anderes: eine Deckung zu erreichen (Ruf: Zur Sache!), dur fingierte Kaufgeschäfte.
Nun, meine Herren, darf ich Jhnen auch ein anderes
Bild kurz hier \kizzieren, wie es fich in dem Sinne eines alten Herrn abgebildet hat, der absolut niht geneigt war,
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darauf einzugehen, daß die Landwirte selbst preisbildend, preishebend in die Preisbildung eintreten follen. Es sich um einen alten Brenner, der von unserer von dem genossenschaftlihen Verkauf des Spiri f wissen wollte. Plöplih war auch dieser Herr, dieser alte Herr aus einem Saulus wieder ein Paulus geworden. Eines {önen Morgens trat er uns bei, und wie ih erfreut nach der Ursache fragte, sagte er mir: Jch habe zu Berliner Börsenpreisen meinen Spiritus verkauft, und an dem Tage der Abnahme war an der Börse irgend etwas vorgefallen — ih weiß nicht mehr, -ob es eine Shwänze war oder ein anderer Vorgang; kurzum, der Börsenpreis war an jenem Tage 3!/, H. niedriger, als er am Vor- und am Nachtage gewesen war. Der Mann verlor an dieser einen einzigen Lieferung, da sie ihm zu dem niedrigen Preise berehnet einfah 5- oder 600 G Er sagte: das ist eine . . . . na den Ausdruck kann ih nicht wiedergeben, aber er sagte: ist so häßlih und so unschön, daß ih mi jezt ents{chlofen habe Jhnen beizutreten.
Nun, meine Herren, wird man mir — und i erwarte den Einwand — vollständig mit Recht sagen können: das find einzelne Vorgänge, einzelne Auswüchse, die verständige Menschen doch nicht zur Verurteilung des ganzen Geschäftsganges an der Börse veranlassen sollten. (Ruf: Zur Sache!) Unzweifeljaft würde ein solher Einwand richtig sein. - Aber, meine Herren, es steht deshalb nicht minder fest, daß dasjenige, mas man unter „Deckung“ an der Börse versteht, eine fortdauernde Ver siherung der Geschäftswelt ist, und es steht nüht minder fet daß diese Versicherung Aufwendungen erheischt, und daß diese Aufwendungen, wenn sie auch mitunter von Gimpeln ein gezogen werden, die sich zu Börsentermingeschäften herbei lassen, doch in ihrem ganz großen Betrage dem Konfumenten und den Produzenten zur Last kommen.
Meine Herren, von diefer Last hat fich das Brennerei gewerbe befreien wollen. Es ist von anderer Seite wieder holt darauf hingewiesen worden, daß es fich bei unserem Zusammenschluß und ih glaube, auch die Gegner werden uns das Zeugnis niht verweigern — nicht um eine atute Hebung des Spirituspreises handelte, sondern, daß er hervor gegangen ist aus dem Empfinden einer Unsicherheit, die in der Börsenpreisbildung über uns schwebt, hervorgegangen ist aus der Sorge, daß auf die Dauer diese Preisbildung zu sehr üblen Konsequenzen führen dürfte. Und es ist jezt, ih möchte fast sagen, von einer Seite, die sonst nicht gang mit uns einverstanden ist, wiederholt darauf hingewiesen, daß, wenn wir uns nicht entschlossen hätten, uns von dieser Börsen- preisbildung zu emanzipieren, Preisbildungen eingetreten wären, welhe — gestern wurde es schon gesagt — wahr: sheinlih den Erfolg gehabi hätten, daß im Verfolg einer ganz herabgegangenen Preisbildung ein Teil unserer land- wirtschaftlichen Brennereien die Bude zugemacht hätte, und,
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