1906 / 72 p. 33 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 Mar 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Cuiinb

in Leipzig gezeigt, daß nah Veröffentlihung der Kunden an die Zentrale der Konsum der einzelnen Abnehmer ganz erheblich zurückgegangen ist und ein Teil der Kunden direkt bedient wurde. Jh habe hier den Bericht einer Firma zur Hand, deren Konsum von 500 000 Liter auf 200 000 Liter gefallen ist. Wenn Herr Direktor Stern vorhin ausgeführt hat, daß man nur bei einzelnen vertrauenswürdigen Kunden Konzessionen macht, so scheinen wir in Leipzig nicht das Ver- trauen zu genießen; wenigstens ist mir von den hauptsächlisten Firmen mit Ausnahme einer bekannt, daß sie diesen Vorzug nicht genießen. Die Firma hat seinerzeit ein ziemlih großes Geschäft in denaturiertem Spiritus gemacht und hatte infolge- dessen Einrichtungen getroffen, hat Zementbassins und Eisen- bassins usw. angelegt, hat so und so viele Fässer angeschafft, die sie zum Vertrieb von Brennspiritus benötigte, und das alles ist zum großen Teil durch die Verringerung des Absaßzes wertlos geworden.

Außerdem hat noch ein Punkt in Sachsen, speziell in Leipzig, viel böôses Blut gemaht. Jn Leipzig sind die Destillateure für den Brennspiritushandel verpflichtet, den Maximalpreis zu zahlen. Zu Zeiten hat die Differenz zwishen Maximal- und Minimalpreis 4 H. betragen, sie ist dann auf 1,50 M. reduziert worden. Diese 4 . mußten voll bezahlt werden, und wurden allerdings im nächsten Monat wieder zurückvergütet. Jh habe mit dem Herrn Ertheiler darüber privat gesprochen, und er hat mir gesagt, daß anderwärts, wenigstens bei ihm, dieser Maxime nicht ge- folgt wird. Das ganze, was ih mit meinen Ausführungen beabsichtige, ist nur, auf die Differenzierung hinzuweisen, die die verschiedenen Abnehmer der Zentrale erfahren haben.

Vorsizgender: Meine Herren, gestatten Sie mir eine geshäftsordnungsmäßige Zwischenbemerkung. Die leßten Herren Redner und auh ein Teil der früheren Herren Redner haben bereits vom Brennspiritus gesprochen, und ih weiß, daß auh von den für den Handel speziell notierten Herren einige auf den Brennspiritus eingehen wollen. Das einfachste ist deshalb, daß wir ruhig fortfahren ; soweit sich Anlaß bietet zu neuen Wortmeldungen, bitte ih die Herren, es mich wissen zu lassen. An die Herren Vertreter der Zen- trale rihte ih die Bitte, sich die wichtigsten Sachen für Jhre spätere Erwiderung zu notieren. Es ist allerdings sehr an- strengend, nachher darauf eingehend zu erwidern, aber ih glaube, es ist der einzige Weg, um heute noch zu Ende zu kommen. Wenn wir den Handel beendet haben, sind wir übrigens noch nicht fertig. Es sind noch verschiedene Punkte, die erörtert werden müssen.

Geschäftsführer der Einkaufsgenossenschaft deutscher Kon- sumvereine Lorenz-Hamburg: Obwohl ih nah dem Gange der Verhandlungen keine Veranlassung hätte, in meinen Aus- führungen mir eine besondere Beschränkung aufzuerlegen, und zwar deshalb nicht, weil es von den- wenigsten der Redner geshehen ist und am allerwenigsten von den Vertretern der Zentrale, so glaube ih aber, gebietet es die shuldige Rück- sicht auf die kleine Schar derjenigen, die entweder aus Interesse oder berufsmäßig hier anwesend sein müssen, so kurz wie möglich zu sein. Jh hätte mih schon bei einem früheren Punkte der Tagesordnung zum Worte gemeldet, vielleicht bei S IV, da hätte ih dann aber, wie alle übrigen niht nur einmal, sondern mehrfach Wiederholungen mir zu Schulden kommen lassen. Jch glaube, es ist besser, die Ausführungen möglichst im Zusammenhange zu machen und nicht dasselbe Klagelied bei jedem einzelnen Punkte anzustimmen.

Nun möchte ih die Frage richtig stellen, um was es sich denn eigentlih hier handelt. Es handelt sich doch darum, daß aus diesen Verhandlungen Material zusammengestellt werden foll zur Beurteilung der Frage: hat das Kartell, d. h. im vorliegenden Falle die Zentrale für Spiritusverwertung begründeten Anlaß zur Klage gegeben? Dieses Material soll zu einem Studium für weitere Maßnahmen dienen, die etwa zu treffen wären. Es kann sich nicht darum handeln, der Zentrale für Spiritusverwertung entweder besondere Natschläge zu geben, wie sie es in Zukunft machen soll oder von ihr zu erbitten, daß sie in Zukunft gnädiger verfahren möge als bisher. Darum handelt es sich niht. Das ist der Zweck unseres Hierseins nicht. Wir wollen unsere Erfahrungen mitteilen, die wir gemacht haben und auf Grund dieses ge- sammelten Materials soll dann weiter die Frage geprüft werden, was ist in der ganzen Frage der Kartelle überhaupt zu tun. So steht denn doh die Sache, und ih glaube, wenn sich alle streng daran gehalten hätten, wären wir in unseren Verhandlungen weiter. Die liebenswürdige Nachsicht des Herrn Vorsißenden is von vielen Rednern doch in etwas überreihlihem Maße in Anspruch genommen worden. Als wir die liebenswürdige Einladung des Herrn Staatssekretärs des Jnnern erhielten, an der Versammlung teilzunehmen, da mußten wir uns sagen, wenn er uns, die Großeinkaufs- gesellschaft deutscher Konsumvereine einladet, es ganz zweifellos im Reichsamte des Jnnern bekannt ist, daß wir nicht allein Handel treiben, wie die meisten, die hier vertreten sind, sondern daß wir eine doppelte Eigenschaft in uns vereinigen, daß wir auc eine Konsumentenvereinigung sind, bei uns also das Jnteresse ein wesentlich größeres noch is und das Interesse des Handels nur insofern in Betracht kommt, als wir cine Vermittlerrolle den Konsumenten gegenüber einnehmen. Jh meine, das müßte bekannt sein. Von diesem Gesichts- punkte aus möchte ih auch meine Ausführungen machen. Jch seße voraus, daß bei den im Kartell vereinigten Brennern und Spiritusfabrikanten ein großes Verständnis für Organi- sation überhaupt vorhanden ist, denn die Zentrale für Spiritusverwertung hat es doch verstanden, soweit ihr Jnteresse in Frage kommt, eine beinahe mustergültige Organisation zu schaffen, und gerade bei ihr seße ih ein großes Verständnis dafür voraus, daß auch auf der anderen Seite die Kon- sumenten sich vereinigen und das ist bei uns geschehen, soweit nämlich die wirklichen Konsumenten in Frage kommen. Wie ein Redner sih gestern ganz richtig ausdrückte, sind diejenigen die wirklihen Konsumenten, die den Spiritus aus der Welt

schaffen, die den Spiritus trinken in Form von Trink- branntwein oder den denaturierten Spiritus zu motorischen und Brennzwecken verbrauchen. Damit Sie ein“ ungefähres Bild bekommen, um welche Jnteressen es sih dabei handelt, will ih Jhnen nur ganz kurz sagen, von welcher Größe. diese Kousumentenorganisationen sind. Die Ziffern find auch nieder- gelegt in den jeweilig von der Preußischen Zentralgenossen- shaftsfkasse herausgegebenen Darlegungen. Soweit die Kon- sumenten sich organisiert haben, kommen dafür in Frage zunächst der Zentralverband der deutshen Konsumvereine, dem 840 Konsumvereine angehören mit 750 000 Mitgliedern. Soweit die Konsumvereine im allgemeinen Verband der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vereinigt sind, sind es deren 273 mit einer Mitgliederzahl von 250 000, also eine Million Mitglieder in diesen beiden auf dem Gebiete vorhandenen Organisationen. Darüber hinaus find nicht organisiert, auch nach den Darlegungen der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse circa 900 kleine Vereinigungen mit circa 150 000 Mitgliedern, sodaß also über eine Million Mitglieder in Frage kommen. Und zum besseren Verständnis dieser Zahlen bemerke ih, daß die Mitglieder der Konsum- vereine der hier in Frage kommenden sich in der großen Hauptsahe aus Haushaltungsvorständen zusammenseten, also aus verheirateten Männern, Familienvätern, und Sie werden daraus ersehen, welch ungeheures Jnteresse hierbei in Frage kommt. Das \{hicke ich voraus, um Jhnen ein Bild zu geben und dabei zu erreichen, daß Sie es begreiflih finden, daß auch wir Veranlassung haben, uns zu dem in Frage stehenden Thema zu äußern.

Wenn ih mich nun streng an dgs Thema halte, so handelt es sich darum, welhe Wirkung bat das Kartell auf den Handel gehabt? Jch glaube, da kann ih das Allerbeste nur tun, wenn ih die Denkschrift der Zentrale für Spiritus- verwertung hernehme, und, indem ih mir einmal vergegen- wärtige, welhes Ziel, ih möchte sagen, welches Programm sih die Zentrale gegeben hat, und diese Gesichtspunkte er- örtere, da ergibt sih dann auch nun gleih die Antwort auf die Frage, welhe Wirkung hat das Kartell auf den Handel ausgeübt. Auf Seite 14 der Denkschrift ist, wenn ih mich zunächst zu dem denaturierten Spiritus äußere, davon die Rede, daß vor der Wirksamkeit der Zentrale die Dinge so standen, daß der Händler 1) einmal einen übermäßigen Ge- winn nähme und 2) auch noch vielfah sehr {hlechte Ware lieferte. Es wird dann dabei unten gesagt, daß in be- stimmten Landesteilen, z. B. in Sachsen, der Verbrauch auf 31/, Liter auf den Kopf der Bevölkerung ih gehoben hat, und daß das eine Wirkung des scharfen Wettbewerbes der zahl- reichen Verkaufsstellen sei, die genötigt gewesen wären, sich mit einem mäßigen Zwischengewinn zu begnügen. Da mir diese Verhältnisse gerade sehr geläufig sind ih bin ein geborener Sachse möchte ich auch noch bemerken, daß zu diesem, wie es scheini, von der Zentrale als erfreulich be- zeichneten Zustande gerade auch wieder die dort zahlreich ver- tretenen Arbeiterkonsumvereine ein wichtiges Moment bei der Erhöhung dieses Verbrauches gebildet haben dadurch, daß sie zu mäßigem Preise gute Ware an ihre Mitglieder abgegeben und so dazu beigetragen haben, den Verbrauch zu erhöhen. Dann heißt es weiter: in dem sächsishen Beispiel lag nun das Vorbild für den systematischen Ausbau des kleinen Handels von denaturiertem Spiritus im Reiche.

Der nächste Abschnitt handelt von den Maßnahmen des Syndikats. Da heißt es:

Die Maßnahmen des Syndikats zur Förderung

des gewerblichen Absaßzes lassen sich im wesent-

lihen unter folgenden Gesichtspunkten zusammen- fassen :

1) Eine gleihmäßige billige Preisstellung für gute Ware.

2) Die Herstellung einer Einrichtung, um unbe- schadet eines angemessenen Zwischengewinns für den Handel die billigen Preise des Syndikats auh dem legten Konsumenten zuteil werden zu lassen. :

3) Die Entwicklung einer Jndustrie zur Ver- besserung der bisherigen und zur Herstellung neuer Konstruktionen von Apparaten zur . Ver- wendung von Spiritus.

4) Die Steigerung des Jnteresses beim Konsum für die Verwendung von Spiritus zu Heiz-, Koch-, Leucht- und Kraftzwecken.

Wenn wir das einmal betrachten, können wir uns doch fragen: bis zu welhem Grade ist denn nun die Zentrale für Spiritusverwertung, wenn ih einmal so sagen darf, ihrem Programm treu geblieben, bis zu welhem Maße hat sie die Gesichtspunkte im Auge behalten, die sie hier niedergelegt hat? Der erste ist, es sollte eine gleihmäßige, billige Preis- stellung für gute Waren herbeigeführt werden. Es muß zweifellos zugegeben werden, daß, soweit es sih um denatu- rierten Spiritus handelt, durch die Maßnahmen der Zentrale der Preis, d. h. der Verkaufspreis verbilligt worden ist, denn die Zentrale hat ihn ja von Anfang an vorgeschrieben. Daß er gleichmäßig gewesen sei, das darf wohl niht mehr behauptet werden, denn im Laufe der dreitägigen Debatte ist ja eben ein Hauptangriffspunkt die Ungleichmäßigkeit dieser Preise gewesen. Aber nun darf sih die Zentrale die billigen Preise als ein allzu großes Verdienst niht anrechnen. Denn gerade der Umstand, daß es der Zentrale möglih gewesen ist, den Verkaufspreis aus eigener Machtvollkommenheit fest- zuseßen, bedeutet ja, welhe Macht in der Hand der Zentrale liegt, und dann handelt es sih do nur darum, bis zu welchem Grade hält sie für nötig, von ihrer Macht Gebrauch zu machen. Die Grenzen sind ihr vielleicht durch natürliche Verhältnisse gezogen, aber bis zu einem gewissen Grade hat sie es doh in der Hand, bestimmend aufzutreten und das hat sie, insoweit die Festseßung des Preises in Frage kommt, getan.

Der zweite Gesichtspunkt heißt die Herstellung einer Einrichtung, um unbeschadet eines angemessenen Zwischen- gewinnes auch den Konsumenten die billigen Preise desg Syndikats zugute kommen zu lassen. Aus diesen Worten „Unbeschadet eines angemessenen Zwischengewinnes“ resultiert so ganz prächtig die gewaltige Macht, die die Zentrale hat, denn das, was angemessen ist, bestimmt die Zentrale selbst, während früher den angemessenen Preis, eingeschränkt natürlich durch ‘die Konkurrenz, der jeweilige Detaillist, der jeweilige Händler bestimmte, soweit wir in Frage kommen, unsere Konsumvereine. Aber hier im vorliegenden Falle bestimmt die Zentrale, was sie für angemessen erachtet. Daß der Begriff „angemessen“ überhaupt ein ungemein dehnbarer ist, wissen wir, und der Streit, was ein angemessener Zwischen- gewinn ist, wird wohl kaum befriedigend ausgetragen werden. Der Nugzen, den die Zentrale für den Handel gelassen hat, besteht im großen und ganzen aus 5 FZ an dem Liter. Man hat 9 H Nußen gehabt, wenn das Liter 21 Z kostet, aber auch wenn es 35 Z fostet, und für jeden Kaufmann steht ohne weiteres fest, das bedarf keiner besonderen Worte mehr, daß er in einer sehr viel besseren Lage ist, wenn er bei einer Einnahme von 25 Z 5 Z verdient als bei einer Einnahme von 40 F; also von angemessenem Zwischengewinn konnte meines Erachtens nicht die Rede sein, ganz abgesehen davon, daß die Bestimmung dessen, was angemessen ist, eben lediglich der Zentrale überlassen bleibt. Und daß die Zentrale auch in bezug auf den Begriff „angemessen“ verschiedene Auf- fassung hat, geht {hon aus den Ergebnissen der in ihr ver- einigten Spritfabrikanten hervor. Was ist angemessen, ist es angemessen, wenn 1900 12 °/, von der Posener Spritfabrik oder wenn 1905 18 °/, verteilt werden. Sie werden sagen, es ist in jedem Falle angemessen; nur liegt es in jedem Falle so, daß Sie es immer in der Hand haben, zu bestimmen, welcher Preis angemessen ist. Jch meine, soweit die Erfahrung für den Handel in Frage kommt, kann man sagen, daß diese Bestimmung keine besonders günstige Wirkung gehabt hat.

Wenn ich zu der Frage 3 etwas sagen soll, so weiß ih nicht, bis zu. welhem Grade es der Zentrale gelungen ist, eine Jndustrie zu entwickeln, wie sie sich das vor- genommen hat.

Nun aber zu Frage 4, der Verwendung von Spiritus zu Koch-, Heiz-, Leucht- und Kraftzwecken. Da hat die Zentrale in dem nächsten Saße gleih zugeben müssen, daß ihr das leider niht immer gelungen ist, und vor allen Dingen deshalb nicht, weil sie eben die Preise sprungweise herauf- gefeßt hat. Sie schreibt dann selbst: „Anders verhalten si die Verhältnisse im Jahre 1904/05. Jn diesem Jahre wurde durch die als Folge der Kartoffelmißernte unvermeidliche Steigerung des Wertstandes von Spiritus eine weitere Erhöhung der Brennspirituspreise von 10 F pro Liter notwendig. Dieser Aufschlag machte sih alsbald im Absatz empfindlich bemerkbar“. Das ist ja eben auch ein Grund, worüber der Handel ganz besonders zu klagen hat, was auch s{hon mehrfah hervor- gehoben worden ist, dieses sprunghafte Hinauf- und Hinab- seßen; in beiden Fällen fährt der Handel s{hlecht. Nun ist von den Herren Vertretern der Zentrale mehrfach bemerkt worden, was wir auch tun, zufrieden werden wir die Leute nicht stellen. Sie \{himpfen, wenn wir die Preise heraufseßen und sie \{himpfen, wenn wir sie herunterseßen. Das mag ja sein, aber das liegt eben an den jeweiligen Verhältnissen. Jh will“ hier nicht all zu sehr ins einzelne gehen, aber ih habe eine ganze Reihe von Aeußerungen vor mir, vor allen Dingen eine sehr interessante Aufstellung aus einem sehr großen Konsumverein, der 25 000 Mitglieder hat. Da ist der Verbrauch an Brennspiritus gewesen im Jahre 1900 22,2 Liter pro Kopf und pro Mitglied, im Jahre 1901 21,3, im Jahre 1902 21,9, im Jahre 1903 20,6, im Jahre 1904 19, im Jahre 1905 15,3. An dieser Tabelle sehen Sie, wie es wirkt, wenn die Preise in dieser sprunghaften Weise erhöht werden. Nun ist ja für die meisten die Kon- statierung der Tatsache, daß der Verbrauh an Brennspiritus zurückgegangen ist, eine Sache, mit der sie sih in ihren je- weiligen Verhältnissen abfinden müssen, anders liegt die Sache für den minder bemittelten Konsumenten: wenn der Brenn- spiritus sehr teuer ist, muß er naturgemäß darauf verzichten, ihn zu verwenden. Und da haben wir uns doch auch zu fragen, wie verwendet der kleine Mann den Brennspiritus? Der Hauptbedarf ist bekanntlih im Sommer. Bei dem kleinen Manne is es einfach eine Geldfrage: soll er im Sommer, wenn es heiß ist, bei den beshränkten Wohnverhältnissen . er hat meistens keine Küche, keine Gaskocheinrihtung in seiner Wohnung . . . . Feuer im Ofen machen oder auf einer Spirituskohmaschine das Essen warm machen. Und nun steht die Frage so: ist der Spiritus teuer, wird er eben auf beides verzichten, er wird weder Feuer im Ofen machen, noh sich das Essen auf dem Spirituskocher wärmen oder sonst etwas flohen. Er verzichtet auf warmes Essen. Und das ist vom Standpunkt der allgemeinen Ernährung aus ein recht bedauer- liher Vorgang.

Für den kleinen Mann kommt noch weiter in Frage, daß gz. B. gerade im kleinen Haushalt die Verwendung des Brennspiritus sehr viel dazu dient, die Kindermilh zu erwärmen, mit der die Kinder aufgezogen werden. Und ist nun dieses Verbrauchsmittel, der Brennspiritus, so ungemein teuer, so wird sich auc hier natürlich die shädlihe Wirkung zeigen.

Dann möchte ih noch einiges zu dem sogenannten RNabattsystem sagen. Dazu ist vom Standpunkte des Handels die alte Klage zu erheben, daß mit dem Rabatt niemand recht zufrieden ist. Der Rabatt wird ja erst bei einem Verbrauche von 7500 Liter an gewährt. Eine ganze Anzahl von unseren kleineren Organisationen ist infolgedessen beim besten Willen nicht imstande, dieses Quantum zu verbrauchen, genau so, wie der Kleinhändler nicht in die Lage kommen wird, 7500 Liter Brennspiritus zu verkaufen.

Jn bezug auf den Handel mit Trinkbranntwein sind die Erfahrungen, die die Konsumvereine gemacht haben, keine

allzu zahlreihen, und zwar aus dem Grunde, weil die Be- hörden sehr \{hwer geneigt sind, den Konsumvereinen die erforderlihe Erlaubnis zum Branntweinkleinhandel zu geben, und merkwürdigerweise vielfah unter Verneinung der Be- dürfnisfrage. Die Erfahrungen sind also nicht große, aber wenn im Laufe der Debatte gesagt ist, daß die Zentrale ein unbestrittenes Verdienst hätte, nämlich daß es ihr, durh hohe Preise allerdings, möglich gewesen sei, den Verbrauch an Trinkbranntwein einzuschränken, so muß ih sagen, wäre dies kein geeignetes Mittel, denn eins steht doch fest, daß der Trinkbranntwein in der großen Hauptsache von minder be- mittelten Volkskreisen verbrauht wird. Wir haben ja gestern aus kompetentem Munde gehört, daß ein guter Schnaps einem gesunden Menschen nicht hade. Auf dem Standpunkte stehe ih auch. Nun haben wir aber auch gehört, wie weit das zutrifft, weiß ih niht, daß Herr Direktor Stern den Destillateuren gegenüber gesagt hat, klagt ihr nur nicht zu sehr, ihr habt die Differenz auf die Verbraucher abgewälzt, ihr habt entweder den Trinkbranntwein um 10°/, {hleter gemaht oder ihr habt höhere Preise genommen. Die Destillateure haben das bestritten. Die Wahrheit liegt, glaube ih, in der Mitte. Jst es ihnen möglih gewesen, das abzu- wälzen, haben sie es getan? Wenn es niht möglih war, liegt es niht an ihrem guten Herzen, sondern an den Ver- hältnissen, Jh meine, so sollten wir die Dinge betrachten. Dann ist die Erhöhung der Preise für Trinkbranntwein kein geeignetes Mittel, den Verbrauch einzuschränken. Jm übrigen kann es sih doch immer nur um den übermäßigen Genuß handeln, wenn aber ein schädlihes Genußmittel genommen wird, so ist es Vorbedingung, daß ein besseres dafür ge- geben wird.

Wenn ich in bezug auf das Kartell noh einiges sagen muß, so hat eigentlih Herr Kantorowicz in seinen mir aller- dings unverständlih elegischen Ausführungen richtig charak- terisiert, wie die Sache eigentlih steht. Die Interessenten, die hier gesprochen haben, haben fich alle mehr oder weniger über die ganze Art und Weise, wie die Zentrale gewirtschaftet hat, beshwert, und dabei sind auch viele zu der Auffassung gekommen, daß es so, wie es bisher die Zentrale gemacht hat, niht weiter gehen kann. Man hat \ich darüber be- \{wert, daß die Zentrale willkürliche Preise festsezt, sie will- fürlih ermäßigt oder erhöht, daß sie in bezug auf die Ein- führung des Flaschenspiritus willkürlih verfährt, daß sie die Abnehmer zwingt, so und nicht anders zu handeln. Jch meine, wenn die Sache so steht, dann müssen wir uns denn do die Frage vorlegen, welche Stellung is überhaupt dem Kartell gegenüber, mit dem wir uns beschäftigen, einzunehmen. Die Zentrale hat in einem Schreiben darauf hingewiesen, daß in den Darlegungen mehrfach der Gedanke wiederkehre, daß die Abnehmer aus Furcht vor Schädigungen, die sie er- leiden könnten, mit ihrer Beschwerde 'niht so hervortreten, und sie hat gemeint, das sei ganz unbegründet, sie sollen nur ganz ruhig ihre Ansicht sagen. Sie haben es heute getan, das ist ja rihtig, aber ich muß doch sagen, die Auffassung der Zentrale, daß niemand etwas zu befürchten hat, der Be- {werden vorbringt, halte- ih für ein wenig naiv. Wenn Sie berücksichtigen, in welher Weise die Beschwerden vor- liegen, wenn Sie weiter berücksihtigen, welch eminente Macht in ihren Händen liegt, so ist es doch begreiflich, daß derjenige, der da glaubt einen Schaden zu haben, und der in den sechs Jahren, wie er meint, was ih im Augenblick nicht unter- suchen kann, \{hlecht behandelt worden ist, nun mit einem Male der mutige Mann sein soll und an die allmächtige Zentrale herantreten foll, um alles das zu sagen, was er an ihr auszusegen hat, da ist es begreiflih, daß er mit seinen Beschwerden nicht so recht herauskommt. Die Organisation seblst, der ih vorzustehen die Ehre habe, stand mit der Zentrale für Spiritusverwertung in Verbindung, und ih muß sagen, daß zu besonderen Beschwerden keine Veranlassung vorlag. Die Zentrale für Spiritusverwertung hat uns dafür, daß wir das Risiko übernahmen, daß wir ihr die eingesandten Rechnungen bezahlten und eine Menge Arbeiten abnahmen, um nicht mit 600 oder 1000 Konsumvereinen verkehren zu müssen, einen Nabatt von 1 #. gewährt. Nun hat fie im Jahre 1904 uns die Freundschaft gekündigt, und zwar aus dem Grunde, weil die Detaillistenvereinigungen das gleiche Ansinnen an sie stellten. Sie hatte in diesem Briefe, den ih nicht ganz zu verlesen brauche, geschrieben, daß es, nahdem man mehrfach mit demselben Ansinnen an sie herangetreten sei, niht mehr möglich sei, die Sache so wie bisher zu machen, und fährt fort:

„So nötigt uns das erfolgreihe Weiterdringen eines von Jhnen zuerst in großem Maßstabe in die Praxis umgeseßten guten Prinzips, Jhnen eine Ver- günstigung zu entziehen, die wir Jhnen bisher in dem Bewußtsein, damit eine gute, volkswirtschaftliche Jdee zu unterstüßen, gern haben zu teil werden lassen und die wir, ohne die sih nunmehr ergebenden Konsequenzen Jhnen gern au noch weiter zugestanden

hätten.“ Die Zentrale behandelt alle Abnehmerorganisationen gleich, allerdings gleih s{hlecht, es ist eine merkwürdige Gerechtigkeit da vorhanden: Jh bedaure nur, daß - die Zentrale das Be- wußtsein verloren hat, daß sie, wenn der Grundsaß noblesse oblige bei ihr Geltung hätte, doch wirklich die Pflicht hätte, eine volkswirtschaftlihe gute Jdee weiter zu unterstüßen und den Nußen, der nicht allzu groß war, wenigstens weiter zu gewähren. Sie hat das nicht getan, weil sie fürchtete, die Detaillistenvereinigungen hätten das auch zu verlangen. Jch meine, sie hätte es denselben auch geben, es uns aber nicht nehmen sollen. Jh müßte vieles wiederholen, was im Laufe der Debatte hier hon vorgetragen ist, wenn ih näher darauf eingehen wollte. Ohne besonderen Widerspruch zu finden, darf doch festgestellt werden, daß das Syndikat nah den Aus- führungen des Direktor Stern zunächst den Zweck hat, was ja auch ganz begreiflih ist, den Produzenten zu nügen. ‘Das Syndikat hat also die große Masse der Abnehmer immerhin erheblich belastet, denn der Umstand, daß Brennspiritus billiger

ist, wird dadur herbeigeführt, daß* Trinkbranntwein für den Konsum teurer ist: Die Sache liegt so, daß über die Preis- festsesung die Zentrale entscheidet, und sie ist nur insoweit gebunden, auch das nicht einmal, sie wird nur insoweit den Bedürfnissen Rechnung tragen, als sie es selbst für richtig hält. Jch habe es nicht verstanden, daß eine ganze Anzahl Redner, die sih in schärfster Weise gegen das Syndikat aus- gesprochen haben, trozdem das Syndikat für am Playe halten. Ein Herr hat sogar gesagt, wenn die Frage so gestellt wird: Privatmonopol oder Staatsmonopol, bin ih immer noch für Privatmonopol. Er hat wenigstens zehnmal in der Debatte betont, wie s{hlecht er von diesem Privatmonopol behandelt wird. Jch muß sagen, wenn die Frage hieße: Privatmonopol oder Staatsmonopol, dann selbstverständlih Staatsmonopol, denn ein Privatmonopol untersteht keiner Kontrolle, das Staatsmonopol untersteht einer öffentlichen Kontrolle im Par- lament und überhäupt sämtlicher Staatsbürger. Und was weiter hinzukommt, die Erträgnisse desselben kommen dem Staate zu gute. Bei dem Privatmonopol bildet sih der Zustand heraus, daß sih in der Hand weniger Leute eine unverhältnismäßig große Macht vereinigt. Und wir haben in diesen Tagen doch wiederholt gehört, daß von dieser Macht niht immer der ‘Gebrauch gemacht wird, wie es die andere Seite wünscht. Aber es ist do sehr erklärlich und menschlih begreiflih, baß diejenigen, die im Besige dieses Machtmittels sind, eben weil sie auch Menschen sind, sehr leiht in den Fehler verfallen können, von ihrer Macht rüksichtslosen Gebrauch zu machen. Jn der Polemik gegen Herrn Kantorowicz der da gemeint hat, daß das Syndikat vieles hätte voraussehen sollen, hat Herr Direktor Stern ganz richtig geantwortet, ja, so weitsihtig, wie es Herr Kantorowicz verlangt, sind wir niht. Das ift eine shóne Selbsterkenntnis. Soweit sieht überhaupt kein Mensch, und wenn er der intelligenteste wäre. Jh zweifle wirklich niht daran, daß die Leitung der Zentrale in intelligenten Händen liegt, im Gegenteil, wir haben gehört, daß von allen Seiten anerkannt wird, mit welhem Geschick es verstanden wird, die Jnteressen der Zentrale zu vertreten. Aber ih meine, wenn wir uns hier hon aussprechen sollen und müssen, und die Frage so steht: was wir für Erfahrungen mit der Zentrale gemacht haben, da können wir von unserem Stand- punkte nur sagen, sie hat in volkswirtschaftliher Beziehung hädlich gewirkt, ganz abgesehen davon, daß es überhaupt niht in die Hände weniger Leute gelegt werden kann und darf, über das Schiksal der großen breiten Masse der Be- völkerung, der Verbraucher, zu entscheiden. Daran würde auh der Umstand nichts ändern, daß die Betreffenden immer und zu jeder Zeit das Allerrichtigste treffen, denn um den Zustand, daß sie die Macht in der Hand haben, kommt man niht herum, es hängt von ihrem jeweiligen guten Willen ab, ob man gut oder \s{hlecht behandelt werden soll, und von einem solhen Willen Einzelner im Staate soll man nicht ab- hängig sein. Wenn schon, dann soll man abhängig sein von dem Willen des Geseßgebers, von dem Willen des Staates, von den staatlihen Organisationen selbst, aber niht von dem Willen einer kleinen Zahl von Staatsbürgern.

Nun ist von einern Herrn Vertreter der Landwirtschaft gesagt worden, was lebhaften Widerspruh gefunden hat, ja, wir werden vielleiht noch weiter gehen, wir werden dazu kommen, den Produzenten in direkte Verbindung mit den Konsumenten zu bringen. Das bedeutet also für die übrigen hier anwesenden Herren Ausschaltung ihrerseits. Da habe ih es niht recht verstanden, als Herr Patschke aus Danzig, der den Versuh machte, auf das politishe Gebiet überzuspielen, meinte, es sei im Jnteresse der Erhaltung des Staates un- geheuer wichtig, daß die Landwirtschaft, dieser Grund- und Eckpfeiler der Gesellschaft und des Staates uns erhalten würde, denn wenn der stürze, da würde aus den Trümmern die grinsende Fraße des Umsturzes herausshauen. Wenn der Herr Patschke der Meinung ist, kann er nichts besseres tun, als zu sagen, nun gut, ihr landwirtschaftlihen Produzenten, vereinigt euh, sucht soviel wie möglich für euch herauszu- schlagen, und das geschieht am besten dadurh, daß ihr über unsere Köpfe hinweg euch mit den Konsumenten d. h. mit den organisierten Konsumenten in Verbindung seßt. So wird der ganze Zwischenhandel ausgeschaltet, und das, was der Zwischen- handel jeßt, um es deutlih auszudrücen, verdient, das würde bei gerechter Verteilung beiden Faktoren, nämlih den Produzeuten und Konsumenten zugute kommen. Er hätte also nur nötig an sich das Harakiri zu vollziehen, und sein Jdeal wäre verwirklicht. Das würde er, glaube ih, niht tun. Jh von meinem Stand- punkt aus wäre vollständig damit einverstanden, daß der Zustand eintritt, der den Konsumenten dem Produzenten möglichst nahe bringt, aber dazu hat das vorhandene Kartell sehr wenig getan. Es hat, wie das ohne weiteres zugegeben werden muß, von seinem Standpunkte aus nach meinem Dafürhalten gar nicht anders gekonnt. Die mehrfach geäußerte Ansicht, daß dur das Vortragen der Wünsche und der Beschwerden es anders wird, und daß gehofft wird, daß in Zukunft entweder der Rabatt oder die Preise, oder dies oder jenes besser werden wird, scheint mir nur ein reht frommer Wunsch zu sein. Es scheint mir auch in den Rahmen der ganzen Verhandlung nicht hineinzupassen. Das Kartell wird einfa so wirtschaften, wie es nah Lage der Sache wirtshaften kann. Hat es die Stellung des Monopols, und diese hat es beinahe erreiht, wenn es 80 bis 90 °/, der Erzeugung hat, dann kann man bis zu

einem gewissen Grade von einer Monopolisierung der Erzeugung, reden, das ist ja nur eine Sache der Auffassung, es braucht ja niht immer 100 °/, zu sein. Also, um es ganz kurz zu!

machen, soweit es sih um die Konsumenten handelt, sind „wir der Meinung, daß die Zentrale nicht segensreih gewirkt: hat, daß sie nah Lage der Sache nicht segensreih wirken konnte, und deshalb sagen wir, muß die Geseßgebung eingreifen. . Sie muß Maßnahmen treffen, die die Syndikate entweder: in. ihrer Betätigung oder überhaupt verbietet. Kurz und gut, - fie muß Mittel und Wege finden, daß im allgemeinen ¡volkswirtschaft- lichen Sinne auch fernerhin, auf diesem Gebiete ¡gearbeitet wird, denn es ist meines Erachtens ungemein bedenklich, - wenn auf

S

diesem Gebiete denn es ist sehr was anderes, welches Syndikat in Frage kommt, wenn es etwa einem Syndikate gelingt, die Automobilerzeugung zu monopolisieren, glaube ih nit, daß ein großer Sturm der Entrüstung sih im lieben Vaterlande erheben wird ein Syndikat einen wichtigen Konsumartikel installiert. Wir brauchen ja nur weiter zu gehen, daß das Syndikat etwa neben der Spiritusverwertung vielleiht noch die Viehverwertung und alles möglihe andere noch in si ein- begreift, dann kämen wir zu unerquilichen Zuständen. Deshalb sagen wir: das Syndikat hat nicht segensreih gewirkt, und deswegen sind wir der Meinung, daß Mittel und Wege gefunden werden müssen, um dem entgegenzutreten.

Vorsißender des Vereins selbständiger Kaufleute und Gewerbetreibender des Kinzigtales Büler-Schiltah: Meine Herren, es freut mich, daß ich nun doch noch zu Worte fomme, nahdem ih drei Tage lang ausgehalten habe und vom Schwarzwalde extra hierhergekommen bin, um die Ge- danken der Detaillistenvereine zum Ausdruck zu bringen. Am 30. Dezember hat der Zentralverband Deutscher Kaufleute und Gewerbetreibenden in Leipzig in einer Eingabe an die Zentrale um das Almosen gebeten, man möchte den Detail- listen ein größeres Verdienst um 3 FZ gewähren. Daß diese Eingabe begründet war, fann ih mit Aeußerungen folgender Detaillistenvereine belegen. Es sind der Verband selbständiger Kaufleute und Gewerbetreibender in Mannheim für das Groß- herzogtum Baden und die Einzelvereine Pforzheim, Karlsruhe, Freiburg usw. Jch will sie nicht alle aufzählen, ich bin nur beauftragt, daß die Aeußerungen dieser Vereine zu Protokoll genommen werden, um die wahre Sachlage zu kennzeichnen. Die Handelsgenossenschaft der Stadt Baden schreibt :

Nach Umfrage bei unseren Mitgliedern sind wir mit Jhrem Vorschlag einverstanden, dahingehend: die Zentrale wolle entweder die Verkaufspreise für denaturierten Spiritus freigeben oder einen Verkaufs- preis bestimmen, der den Verkäufer gebührend lohnt. So wie die Dinge zurzeit liegen, hat ein Teil der Kollegen den Artikel aufgegeben, ein Teil führt den Artikel zwar noh, arbeitet aber mit allen Mitteln gegen den Verkauf (Zurufe: hört, hört!), niht nur, daß er sich niht dafür interessiert.

Meine Herren, ih denke, das ist bezeichnend genug, um die hohe Reichsregierung zu veranlassen, der Sache gründlich auf den Leib zu gehen. Mittlerweile ist die Antwort auf die Eingabe des Zentralverbandes Deutscher Kaufleute und Ge- werbetreibender von der Zentrale eingetroffen. Sie ist ziemlich umfangreich und enthält viele {öne Worte. Aber diese gipfeln alle in dem Gedanken: feinen Deut mehr als bisher für euch Detaillisten. Jm Gegenteil: die Zentrale scheint der Auffassung zu sein, daß ihr die Detaillisten zu Dank ver- pflichtet sind, weil sie sih ihrer so mütterlich angenommen hat. Jch habe die Ueberzeugung gewonnen, daß die Detailverkäufer von Brennsprit absolut von seiten der Zentrale keinerlei Besserung zu erwarten haben, es sei denn, eine höhere Jnstanz trete ins Mittel.

Zum Verkauf von Brennsprit allein braucht es freilich feine Kaufleute, solange aber die Verhältnisse so liegen, daß man doch Kaufleute dazu benötigt, dürfen wir auch verlangen, daß uns ein Nugzen zuerkannt wird, der unserer gesellschaft- lichen Stellung und unseren Lasten entspricht.

Die Form, in welcher die Zentrale die Verkaufspreise für Brennspiritus gebietet, erscheint mir ohne Beispiel und durchaus ungereht. Wer befiehlt einem Meßger, wie er Fleisch troß der Fleishnot, einem Wirt, wie er Speisen und Getränke, und, um gleih höher zu gehen, cinem Ritter- gutsbesißer, wie er die Kartoffeln bewerten darf? Herr zu Putliz hat in diesen Verhandlungen offen bekundet, daß er mit seinen Kartoffeln so verfährt, wie es ihm am einträg- lichsten erscheint. Niemand wird ihm dieses Recht bestreiten. Unser ganzes Kulturleben ist auf Erwerb aufgebaut; wo kein Erwerb, ist keine Arbeit, und ohne Arbeit versumpfen die Menschen.

Aber, meine Herren, warum legt man an uns Detaillisten einen anderen Maßstab?

Es ist gewiß der Wunsh am Plage, daß die Bevor- mundungen der Detaillisten von seiten der Zentrale zurück- geführt werden in jene Schranken, die sih mit Fug und Recht vereinbaren lassen.

Vorsißender: Das Wort hat Herr Baumgarten. (Zuruf: Herr Baumgarten ist nicht da.)

Das Wort hat Herr Fastrich. s

Kaufmann Fastrih- Duisburg: Jch geniere mich fast, hier noch ein Wort zu sagen. Sie sollen daher von mir die kürzeste Rede dieser Versammlung hören. Jch komme nur der Pflicht nach, zu der ih hier beauftragt bin. Das, was die Duis- burger Destillateure der Handelskammer unterbreitet haben, ist hier so vielfah erörtert, daß ih darüber nicht zu sprechen brauche, aber der Verein selbständiger Kaufleute der Kolonial- warenbranhe zu Duisburg beschwert sih ebenfalls über den ermäßigten Brennspirituspreis und führt dabei folgendes aus:

„Nachdem die Zentrale gewaltsam durch Preis- verhältnisse den viel zu kostspieligen Vertrieb von Brennspiritus in Flaschen mit einem Bruttoverdienst von nur 5 F pro Liter für den Detaillisten ein- geführt hat, durfte die Beherrscherin nachträglich das geringe Verdienst niht noch weiter s{chmälern. Bei dem unvermeidlih vorkommenden Bruch hat der Detaillist an einer einzelnen Flasche einen Brucschaden von 41 Z. Das ist das Verdienst für 10 Liter- flaschen. :

Wenn man ferner die Arbeit durch Aufbewahrung der vollen und leeren Flaschen, Ersegen von Gummiringen (denn nicht immer kann der Detaillist dieselben von seiner Kundschaft erseßt bekommen) berücksihtigt, dann ist wahrlich ein Bruttonußen von 5 Z schon sehr gering, besonders in großen Städten mit teuren Verkaufsläden und Spesen. Abgesehen davon, ob und mit welhem Nußen ihrerseits die