1906 / 75 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Mar 1906 18:00:01 GMT) scan diff

ob er uns wieder angrei r ee L von einer Ver- elenduna der Massen. G durchaus unrichtig. Die Arbeiter be- finden infolge unseres Exports in einer sehr günstigen Lage. Gerade im Interesse der Arbeiter sollten Sie für diese Flotten- vorlage timmen. enn unsere Fabrikate niht ausgeführt werden könnten, würden viele Tausende von Arbeitern aufs Pflaster gesetzt rverden. 74 9/9 der Arbeiter find davon abhängig. Der Flotten- verein vergißt ja oft, daß er niht Geseze machen kann, sondern nur technishe Ziele ins Auge fassen fol. Aber troßdem hat er Großes gewirkt, und ih vertraue, daß, wenn er seine taktischen Febler ablegt, er eine sehr große nüßlihe Tätigkeit entfalten wird. Die Pflege des nationalen Sinnes ift gegenüber den bezeihneten vaterlaudslosen Ge- sfinnungen durchaus notwendig. Weniger befriedigt mich, daß einzelne [rühere Marineoffiziere in den Zeitschriften ihr Licht leuten lassen. Diese Hzrren sollten diese Frage Men und objektiver bebandeln. Ich stelle die Autorität der Marineverwaltung do höher als diese Kundgebungen. Auch in anderen Ländern u ieren derartige Vereine. Ich erinnere an die naval league in England, die bestimmend auf die Entschlüsse der Regierung ijt. Das Wort von den „\{chwimmenden Särgen“ hat nit der Flottenverein geprägt, es stammt aus Eng- land. Die Jugend brauche ih niht zu verteidigen. Warum foll man der Jugend nicht von der Flotte erzählen? Nationale Politik ift nicht Parteipolitik. Der Flottenverein steht der. Schulsammlung durchaus fern. Wenn man über die 60 000 A höhbnt, die gar nit in den Etat eingestellt werden dürfen, so gibt es doch Mittel und Wege genug, siz zu verwenden. Für niemand kann und soll unsere Flotte cine Herausforderung sein. Wir sind Freunde des Friedens ; wir haben diese Friedensliebde 35 Jahre bewährt. Aber die Weltuhr stebt nicht fill, wir müssen gerüstet im Völkerhor Europas sein. Abg. Dr. Müller- Meiningen (fr. Volkép.): Ih habe den Antrag Ablaß namens der beiden Volksparteien zu vertreten. Man hat uns in der gegnerishen Presse vorgehalten, daß wir in der Steuer- kommisfion diefe Vorschläge machen sollten. Wir glauben, daß die Steuerkommission nur die Vorlage der Regierung zu verhandeln hat. Man follte nit alle Woche den Verkehr durch eine neue Steuer beunrubigen. Auch 1888 wurde auf Anregung des Zentrums die Dekungs- frage mit der Flottenfrage verknüpft. Gerade in dem jeßigen Dilemma der Steuerkommission ist es unsere Pflicht, auf den Gedanken zurück- zufommen, der seit vielen Jahren hier den' Reichstag beschäftigt hat. Wir bofen, daß die Annahme unseres Antrages die Annahme der Flottenvorlage wesentlih befördern wird. Nur die leistungsfähigen Schultern baben die Steigerung der Seekräfte zu tragen. neue indirekte Steuern nicht eingeführt werden sollen, wollen wir in die Wirklichkeit übersegen. Wir hatten in dieser Beziehung dret Wege. Außerordentlihe Matrikularbeiträge durch Heranziehung der wirklich Wobhlhabenden. Diesen Weg hat der Abg. Leber seiner- zeit für ungangbar bezeihnet. Die Einzelstaaten würden sich einen solhen Eingriff niht gefallen lassen. Der zweite Weg ist eine Neichseinkommensteuer. Wir ftehen dieser theoretisch sym- pathish gegenüber; aber die Schwierigkeiten sind weit größer als bei der Vermögenssteuer. Der Abg. Gröber sagte, daß eine solche Steuer den föderativen Charakter der Einzelstaaten \{wächen würde. So blieb uns nur der dritte Weg übrig, die Neichsvermögenösteuer neben der Erbschafts\steuer. Der § la unseres Antrages enthält eine Staffelung, die an sih etwas Wilkürlihes hat. Wollen Sie höber geben, fo haben wir nihts dagegen. Wir halten an den Zahlen felbst nicht fest. § 2 sieht eine Quotisierung vor, die Normierung foll ab- bängig fein von einem Etatsbeshluß des NReichôtags, es \oll also keine Steuer auf Vorrat bewilligt werden. Wenn man uns eine Bindung des Ausgaberechts zumutet, so kann man uns auch eine Bindung des Einnahmerechts niht verdenken. Es is eine Legende, wenn der Abg. von Kardorff behauptete, Eugen Richter habe selbst die Reichövermögenssteuer fallen lassen. Richter hat bis zuleßt gezeigt, daß er stets cin Vertreter dieser großen Steuer gewesen ist. Wir haben seit vielen Jahren den Standpunkt vertreten, daß die Matrikularbeiträge klassifiziert werden müßten nah der Steuer- leistung. Die Eigenschaft dieser Beiträge als einer Kopfsteuer drückt besonders \hwer auf die Thüringischen Kleinstaaten, denen ihre einzige Einnahmequelle, die Eisenbahn, von Preußen genommen worden ist. Gerade eine Reichsvermögenssteuer müßte die geeignete Basis zur Veredlung der Matrikularbeiträge bilden. Die Rechte meinte früher, eine direkte Reichssteuer wäre direkt eine Mediatisierung der Klein- und der Einzelstaaten überhaupt; jeßt haben wir die Erbschaftsfteuer, und keiner der Einzelstaaten rührt sih dagegen. Der Patrikularismus gewisser Staaten hört sofort auf, wenn der Geldbeutel mit ins Spiel Tommt; würden die süddeutshen Staaten sehen, daß es {ih hier um eine gerechte Verteilung einer Last handelt, es würde keine partikularistishe RNegung vernehmbar sein. Der Widerstand kommt ja doch bloß daher, vas man überhaupt die vermögende Klasse nicht heranzichen will, diese Last mit¡utragen. Eine Reibe national- liberaler Herren haben sch {hon früher für eine tolege Vermögens- steuer auêëgesprochen, ih nenne nur Herrn Osann. Aber diejenigen, die immerfort das Wort „national" als S(hlagwort im Munde führen und ausspielen, sie haben #sch gegen cine Reichs- vertnögenssteuer aufs entschiedenste immer wieder erklärt. Nach E Antrage würden 180 000 Zensiten getroffen werden, und der aufkfommende Ertrag läßt sich auf 40 Millionen shäten:; da kann man doch niht davon 1eden, daß die großen Vermögen ins Aus- land getrieben werden, oder die Bauern an den Bettelstab kommen. Wir müssen verlangen, daß die besitenden Klassen, die für die Flottenver mehrung interessiert find, auch Opfer dafür bringen, daß diese Herren niht bloß agitieren und große Reden halten, fondern auch ihr eigenes Scherflein auf den Altar des Vaterlandes nieder- legen. Patriotièmus auf Kosten anderer ift sehr billig.

Staatssekretär des Reihsshaßamts Freiherr vonStengel:

Meine Herren! Jch muß Jhnen gestehen, daß, als der Antrag unter Nr. 313 der Drucksachen zur Verteilung gelangte, ih von dcssen In- halt nit wenig überra\{ht und über dessen Inhalt ritt wenig er- staunt war. (Sehr richtig! rechts. Heiterkeits links.) Jh habe mi von meiner Ueberrashung und von meinem Erstaunen erst wieder er- holt, nahdem ih die heutigen Ausführungen des Vorrednes, des Herrn Abg. Müller-Metningen, vernommen habe.

Ich habe aus diesen Autführungen namentlich das eine ent- nommen, daß die Voraussetzungen, auf denen dieser Antrag beruht, keineswegs zutreffen. Jh will nur nebenher einstweilen bemerken, daß der §6 des Flottengesches von 1900 dur die gegenwärtige Nc- gierungsvorlage in keiner Weise berührt worden ift. Der § 6 des Flottengeseßes von 1900 soll fortbestehen bleiben aud nach dem Inkrafttreten der Jhnen jeßt im Entwurf vorliegenden Novelle. (Zurufe links.) Es ist aus der Novelle jedenfalls in keiner Weise zu entnehmen, daß an jener Bestimmung des Flottengesetcs von 1900 au nur die geringste Aenderung vorgenommen werden soll. (Sehr rihtig! rechts.)

Um nun dem § 6 des Flottengeseß0s von 1900 Rechnung zu tragen, ist in der Vorlage über die Reichsfinanzreform in Vors&ßlag gebra@ht worden u. a. eine Beteiligung des Reichs an dem Ertrage der Erb- \{aftssteuer. Es ist weiter in Vorschlag gebra&t worden rine Neibe von Stempelsteuern, und es ist überdies in Vors(lag gebra ht worden die Erböbung des Zolles auf Tabak. Was den letzteren Punkt an- langt, so möchte ih nur das cine betonen, daß bei den Beratungen son des älteren Flottengesehzes vom Jahre 1898 festgestellt worden ist, daß der § 6 damals § 8 des alten Flottengesccs auf die Zölle keine Anwendung finden soll. (Sehr rihtig! rets.)

Nah diesen Vorbemerkungen nun zur Sache selbft! Der Herr Vorredner hat ohne Zweifel mit seiner Rede die Absiit wver-

ird, imal ü siegreichen Kriege fo rei w U dos er es (d berlegt,

Folgt, hier im Plenum des Reichstags eine eingehende ausführliche und gründliGe Debatte über die Reichsfinanzreform und über die gesamte Steuerreform im Reich zu eröffnen. (Zuruf links.) Ih be merke, daß ih meinerseits es vermeiden werde, thm auf diesem Wege zu folgen. (Sehr richtig! rechts.) Jh werde mi auf wenige Be- merkungen beshränken, auf Bemerkungen, die ih allerdings gegenüber seinen Ausführungen nicht vollständig zu unterdrücken vermag.

Meine Herren, im Dezember vorigen Jahres haben Jhnen die verbündeten Regierungen den Geseßentwurf über die Reform der Reichsfinanzen, über die Wiederherstellung der Ordnung im Haushalt des Reichs eingebraht; und wenn Sie die Begründung dieses Gesehz- entwurfs nachlesen, so werden Ste auf Seite 10 finden, daß einer der Hauptposten des Deckungsbedarfs des Reichs dort aufgeführt ist mit der Bemerkung :

Zur Verstärkung der Wehrkraft des Reichs zur See im Jahre 1910 etwa 76 240 000 ( im Ordinarium.

Es ift das also einer der Hauptposten, aus denen der Deckungs- bedarf im Reich si zusammensetzt, für den wir die Mittel hafen wollen durch die Finanzreformvorlage. Sie sehen, meine Herren, daß hiernah die Mehrkosten au der gegenwärtigen Flottenvorlage hon mit ein- ‘bezogen sind in den allgemeinen Deckungsbedarf, der den Gegenstand der Neichsfinanzreformvorlage vom Dezember v. J. gebildet hat.

Nun hat nah Einbringung jener Vorlage das Plenum dieses hohen Hauses beschlossen, die Vorlage zur Vorberatung an eine Kom- mission von 28 Mitgliedern zu verweisen. Diese Kommission hat fih demnächst konstituiert, und sie hat nun feit Monaten die angestrengteste Tätigkeit entfalte. Es sind gegenwärtig hon annähernd 40 Sigzungen, in denen jene Reichsfinanz- reformvorlage zur Beratung gelangt is. Die Beratungen der Kom- mission befinden ih gegenwärtig in dem Stadium der zweiten Lesung, und sie nähern \ich jeßt allmählih ihrem Abschluß.

Nun hat \{on in der Kommission eine Minderheit in der ersten Lesung der Reformvorlage den Versuh gemacht, einen Beschluß dahin herbeizuführen, daß beim Plenum des Reichstags eine Nes solution eingebraht werde, dahingehend, eine allgemeine Reichs- einkommensteuer oder eine direkte Reihhsvermögenssteuer einzu- führen. Dieser Versu, meine Herren, ist aber in der Kommission gescheitert, nahdem von seiten der Regierungsvertreter gezen diesen Antrag ein lebhafter Widerspruch erhoben worden war, und es wurden die Gründe, die gegen den Antrag regierungsseitig geltend gemaht worden waren, von der Mehrheit der Kommission au

durchaus gebilligt.

Wir befinden uns, wie ih {ho vorhin erwähnte, dermalen im Stadium der zweiten Lesung jener großen Gesetzesvorlage, und in dieser zweiten Lesung ist nun neuerdings, und zwar von anderer Seite, von Mitgliedern der fozialdemokratishen Fraktion erneut ein Antrag auf Einführung einer allgemeinen Reilhs8einkommensteuer resp. einer Reichsvermögenssteuer eingebraht wordzn.

Nun, meine Herren, unternimmt dieselbe Minderheit, die in der ersten Lesung în der Kommission thren Antrag nicht dure zuseßen vermochte, ohne den Abshluß der Beratungen der Kommission über die ihr überwiesene Reichsfinanzreformvorlage abzu- warten, hier über die Kommission hinweg diesen Antrag an das Plenum zu bringen, und verlangt von dem Plenum, daß es nun®vor- weg und unter Dur(hkreuzung der Arbeiten der Kommission seinerseits Stellung nehme und Beschluß fasse über die Einführung einer allgemeinen Reichsvermögenssteuer.

Meine Herren, ih enthalte mih ciner näheren Kritik dieses Vez- fahrens (Zuruf und Heiterkeit links), ich überlasse die Beurteilung eines solchen Verfahrens ledigli diesem hohen Hause. (Erneute Zurufe links.) Jh beschränke mi gegenüber diesem Versuch ledigli auf die Erklärung, daß die verbündeten Regierungen ihrerseits ein- mütig entshlofsen find, jeden Versuch, die direkten Steuern, sei es nun eine allgemeine Einkommensteuer, sei es etne direkte Vermözens- steuer, auf das Reich zu übertragen, unbedingt abzulehnen. (Bravo! rechts.)

Ich darf noch zwei Worte beifügen b:züglih der Erbschaftssteuer. Es ift ja von dem Herrn Vorredner, wenn au nur in verblümter Weise, den Regierungen fozusagen der Vorhalt gemacht worden, Fe bätten durch die Einbringung der Erbschaftssteuer selbst mit dem Prinzip der Ablehnung direkter Reichësteuern ihrerseits hon gebrohen. Das ist nicht zutreffend. Durch die Einbringung der Gesctzeëvorlage über die Reichbfinanzreform und dur die Einfügung der Erbs(haftesteuer in das Steuerwprogramm ist der Einführung direkter Reihssteuern in keiner Weise präjudiziert. Jch gebe Jhnen ohne weiteres zu, daß innerhalb der Doktrin gewisse Zweifel darüber bestehen mögen, ob

man die Erbschaftssteuer, namentlih in Anschung ibrer finanzicllen Wirkungen -auf die EStcuezträger, nit viele leiht den direkten Steuern würde „beizählen können. Ich

habe bei früheren Gelegenheiten sowohl hier im Plenum wie in der Kommiffion darauf hingewiesen, daß ih es mir versage, mi in diesen Streit der Gelehrten irgendwie einzulassen. Ich will nur im Vorbeigehen das eine bemerken, daß immerbin au auf dem Gebiet der Doktrin die herrshende Meinung ganz überwiegend dahin gebt, daß die Erbschafisfteuer niht zu den direkten Steuern gchört, sondern zu den Umsaysteuern, und daß fic jedenfalls viel mehr Verwandtschaft mit den Stempelsteuern, mit den indirekten Steuern bat als mit den

direkten Stevern. J will auY noch erneut darauf dbin- weisen, daß namentlich in dem größten deutshen Bundes8- staat, in Preußen, die Erbshaftssteuer sh auf dem Etat der indirekten Steuern befinde. Es is meines Wissens noW

niemals im preußishen Landtag gegen diese Art der Etatifierung cin Widerspru erhoben worden.

Nun kümmert uns aber, glaube i, viel weniger, wie die Doktrin über den Charakter der Erbschaftsfteuer urtcilt, als uns kümmern muß, was nach Neihsre{t gilt in Ansehung der Erbschaftssteuer. Und nah ReithsreWht kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dir Erbshaftssteuer dem Gebiet der dirckten Steuern niWht angehört. Wenn darüber noch «in Zweifel bestehen könnte, so würde er gelöft werden dur das Gesey vom 13. Mai 1870 über die Beseitigung der Dovpel- besteuerung. In § 1 dieses Gesetzes heißt es :

ein Norddeutscher" jeßt: cin Deutscher, nahdem das Gefeß späterhin auf das ganze Gebiet des Reichs ausgedehnt worden ift „tin Deutsher darf vorbehaltlich der Bestimmungen in den S8 B und 4 zu den direkten Steuern nur in demjenigen Bundesftaate herangezogen werden, in welhem er seinen Wohnsitz hat.“

aden

Die folgenden Paragraphen beschäftigen sih mit den einzelne direkten Steuern, die hier in Frage kommen. Sie g aber vergeblich in diesen Bestimmungen nach der Erbschaft steuer suhen, und ich kann Ihnen au bestätigen, daß ; den 35 Jahren, seitdem jenes Gese besteht, es noch Mk Menschen, sei es nun ein Gelehrter oder ein Nihtgelehrter, ¿,. gefallen ish, anzunehmen, daß die Ecbschaftsfteuer unter das Gese, wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung falle. Einfach deswegen f man nicht auf diesen Gedanken gekommen, weil eben die Erbschaftz steuer nicht zu den direkten Steuern gehört. Wenn die Erb. schaftösteuer eine direkte Steuer wäre, dann hätten fich die Bundez. staaten in den legten 35 Jahren in Ansehung der Vermeidung di Doppelbesteuerung bet der Erbschaftssteuer recht viele Mühe und Arbeit sparen können. Eben weil jenes Gesetz sih auf die direkten Steuern beshränkt und auf die Erbschaftsfteuer keine Anwendung findet, waren die Bundesregierungen genötigt, in jenem Zeitraum eine Reibe von Verträgen untereinander abzuschließen, um in Ansehung der Erbschaftsfteuer die Doppelbesteuerungsfälle fernzuhalten oder doch möglichst einzushränken

Ih glaube, meine Herren, das, was ih Ihnen über den Charakter der Erbschaftsfteuer aus dem Geseß von 1870 wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung . soeben dargelegt habe, dürfte genügen, um die leßten Zweifel über die rechtliGe Natur jener Abgabe zu zerstreuen,

Ich will hiermit meine Ausführungen {ließen und mödte q das hohe Haus nur noch die Bitte richten, den Antrag der Frei finnigen Volkspartei abzulehnga. (Bravo!)

Aba. Liebermann von Sonnenberg (wirth. Vg ): Zu meiner Freude hat \sich mein Wunsch erfüllt. Die Kommission dat mit überwiegender Mehrheit schnell die Fkottenvorlage angenommen Alle Parteien, mit Ausnahme der Sozialdémokraten, stellten F4 auf * einen | flottenfreundlihzn Stantpunkt. Nur die Freisinnigen wollten die Auêgaben von Jahr zu Jahr bewilligen nund fi niht binden. Cine Bewilligung von Jahr zu Iahr bat d fer unsere Wehkcaft zu Lande und zu Wasser Bedenken euerdings scheint „die freifinnige Partei bedenklich gèworden zu sein. Theoretisch ist uns ihr Antrag allerdings \vmpatbis : aber ih kann dem Antrage nit zustimmen, weil er mit soviel Einzel» heiten belastet ist, die ers erwogen werden müssen. Wir sehen in dem Antrag nur ein Ablehnungsmittel, eine Rückzugsdeckung für die, jenigen, die die Vorlage eigentlich niht wollen. Der Flottenvereiz hat gewiß manchen Mißgriff getan. Ein Artikel in den « Alldeut\chen Blättern“ ift mindestens ungezogen gegen die deuten Abgeordneten, Die leßthin noch gegebenen Anregungen des Alldeutschen Verbandez verkennen durchaus die Geschäftslage des Hauses. Zu einer Unter: suhung folher Anträge würde man kaum ein Dußend Stimmen bier finden. Im Auslarde würde man daraus ganz fals{he Schlüsse auf die Stimmung im Volke ziehen und sagen, die Regierung hat die Begeisterung des Volkes für die Flotte ganz gewiß nicht binter sig. Der Flottenverein und der Alldeutshe Verband baben für die Flotte Gutes geleistet; fie wollen aber nit durch verkehrte Mittel einen Einfluß auf die Regierung und den Reichêtaz zu gewinnen suchen. Waz die Schulsammlungen betrifft, \o teile ih darebitus den Standpunkt des Grafen Arnim. Sind Mißbräuche vorgekommen, fo kann in den Landtegen Abhilfe verlangt werden. Der Abg. Bebel will ja die Politik in die SEulen tragen. Wir gehen nit so weit, aber wir glauben, daß es der Jugend {önstes Recht ist, sich für alles Schöne, die Gi öße des Vaterlandes zu begeistern. Sie foll an Sage und Geschichte und an Vaterlande Freude finden und zur Na&eiferung der großen Taten erzogen werden. Das ist notwendig gegenüber den Bestrebungen der Sojzia, demokratie, die diese JIdeale nicht im Herzen trägt. Das beste Sa. verständigenkollegium über unsere Rüstungen zur See ist das Marin ministerium. Es kommt nit allein auf die Zahl der Panzer m, sondern auf den Willen, der die Sthiffe lenkt, auf die ficheren Augn, die das Geshüß richten, daß es trifft. Unsere S@iffébemannung ist mustergültig, Wir wollen den Krieg nit, wir fürchten ibn aber aud nit. Wir werden kein zweites Tjushima erleben, sondern der Welt ein ¡weites Düppel zeigen. Abg. Mo mmsfen (fr. Vag.): Die Ansihten über eine siake Seemacht baben fih in den leßten Jahrzehnten sehr geändert.

Wir sind überzeugt, daß wir im Rahmen ruserer Bitte eine aus8reihende Seemaht haben müssen. Der Flottenverein hat diese Umänderung allein nit herbcizeführt. - Das Vor

dringen des Seehandels in der ganzen Welt bat das Inter: esse und das Verständnis für die Flo:te geweckt. Die Verdienste de Flottenvereins sind richt fo groß, daß man si damit eingehend be \hättigen sollte. Mit seiner Uebertreibung der Agitation hat mehr geschadet als genüßt. Das zeigt auh die Rede des Abz. Bebel, der sh in allererster Linie mit den Flugblättern und Aufrufen des Flottenvereins be‘häftigt hat. Wir follten alles tun, um dea Verein zu veranlaffen, feine Tätigkeit auf das rihtige, niht {ädlide Maß zurützufübren. Die Anfänge der Flotte gingen auf nationale Gedanken zurück. Heute ift cin Antrag niht mehr möglih, die deu1se Flotte unter den Hammer zu bringen. Es freut mih, daß jeßt aud die Konservativen der Flotte mit der Sachlihkeit gegenüberstehen, die wir immer ge- wünsht haben. Der Abg. Bebel hat auf die autwärtige Politik verwiesen. Jch werde ihm darauf nicht folgen. Ganz glci, ob di: auswärtige Lage gut oder \&#leckcht ift, müssen unsere Waffen zu Wasser fo sein, daß unsere Gegner vom Krieze abgehalten werden. Wir müssea darum das als notwendig Anerkannte bewilligen. Meine Freunde babea f{on früher, als wir de8wegen verböhnt wurden, auf diescm Standpunkt geftanden. Wir werden dethalb au für dieje Voilage stimmen. Die Begründung des Deplacements der Panzt und Kreuzer ift techni{ch und fabliÞ unabweitbar. Œs wür wünshenewert gewesen, s{hon vor Jahren mit dieser Vergrößerung zu beginnen. Aber na den Erklärungen der Marinevcrwaltung ift fein Zweifel, daß die lezten vom Stapel gelaufenen Kreuzer mit vollem Vertrauen auf ihre TüStigkeit und Sicherheit gebraußt werden können. Die einzigen Br denken gegen die Marinevorlage find finarzre{tliher Natur. Diese etatsrechtliden Bed:nken find ja eingehend s{hon 1900 erörtert und damals mit Zustimmung meiner Freunde dahin gelöst worde, daß gegen die Festlegung des Flottienplanes nihts cingewendet wurde. Die GntwiÆung hat jeit 1900 denen recht gegeben, die fih über diese Bedenken hinweggeseßt Haben. Erft dur diese „Bindung“ ift der Marineverwaltung die Nuhe geworden, die fie brauhte, um der Bau der Shiffe und die Beshaffung des Personals und Material® erfolgreich durhzuführen. Die Leidenschaft in der Behantlung der Flottenvorlage ift bloß no& beim Flottenverein zurü&geblicben, und

aub da wird es gelingen, Maß zu halten. je Flotten sammlung in den S@thulen hat Graf Arnim wverteidigt. Geldsammlungen für Dinge, die fh durch Sammlunget absolut niht beshaffen Icfsen, wie Panzersiffe und Kreuzer,

halte i für stark deplaciert und geradezu geschmadcklcs; wir folltæ gegen foldec, gelinde als „grober Unfug“ zu bezeichnende Samm lungen Front mahen. Man sagt, die Gaben seien freiwillig. Jede Vater, der um 50 A oder 1 Æ von seinem Sohne herangetriedt wurde, weiß, daß diese Gabe nit freiwillig ist, nit bei ihm und niht bei seinem Sohn. Freiwillige Gaben von dem S@hüler, de über eigene Einnahmen überhauvt niht verfügt, find eigentlich cit Widersproch in fi selbst. Für die Floite nützen solhe Sam lungen nihts, fie shaden aber der Sath-e selbst. Der Antrag Ablaß will die Deckungsfrage regeln, die für uns längst erledigt tft. haben ftiets darauf hingewiesen, daß direkte Steuern für das 9 eingeführt werden müssen, namentli mein Freund und Vorgangf! Rickert. Der Frhr. von Stengel hat viele Worte an bie theoretische Gr örterung verwendet, daß die Erbs(haftstteuer cine direkte Steuer

(SMluß in ber Zweiten Beilage.)

A Gde

(SŸluß aus der Ersten Beilage.)

Gr will nachweisen, daß die Reichsregierung schr konsequent geblieben ist. Aber im Volke gilt fie als direkte Steuer, und die bloße Tat- sa%e, daß die verbündeten Regierungen ßch jahrzehntelang aufs befligsle gegen fie gewehrt baben, beweist ja durchaus für diese Auffaffung. So wie heute nach Steuern und Steuecrchen gesucht wird, kann es absolut niht weiter gehen, wenn wir die Würde des Reiches für die Zukunft aufrecht erhalten wollen; so reformiert man die Finanzen des Reiches nit, wo es auf die Deckung von Bedürfnissen im Betrage ron Hunderten von Millionen an- kommt. Flotte und Armee laffen sh im Deuts&hen Reich fehr leiht auf ergiebigen und vom ganzen Volke gebilligten Stevergrund- lagen aufbauen, wenn man endlich einmal zur Reichseinkommen- oder Reichévermögensteuer überginge. Solange wir arundverschiedene Einkommenstcuergeseze in den Einzelstaaten haben, können wir keine Reichseinkommensteuer einführen ; aber eine Rei&êvermögensteuer [äft si sehr aut und ohne Schwierigkeit mahen. Der Reichsschahz\ekretär sieht au in dem Antrage eine Art Mißtrauenêvotum gegen die Steue:kommission. J finde diescs Mißtrauensvotum an fich seèr bered;tigt ; was der Reichstag mit tem Antrage macht, ist zu- näd&ft seine Sache. Wir werden für den Antrag stimmen, obgleich wir uns nit auf Einzelbeiten festlegen wollen. Der Versuch, unsere Flotte als minderwertig darzusiellen und die Marineverwaltung gewisser- maßen in Arklagezustard zu versetzen, wird keinen Erfolg haben. Wenn man darauf hinweist, daß England oder Nordamerika eine Anzahl von Schiffen aus der Flottenliste gestriden hat, so beweist das nichts, denn damit vershwinden die Shife nit aus der Welt. Unsere Flotte wird ein gutes und brauhbares Werkzeug für die Ver- teidigung Deutschlands fein; besser aber, wenn sie uns den Fricden dauernd erbält.

Preußisher Staats- und Finanzminister Frciherr von Rheinbaben:

Obgleich der Herr Vorredner und seine näheren Parteifreunde den Antrag Dr. Ablaß nit unterzeichnet haben, so babe ic aus den eben gebörten Worten zu meinem Bedauern vernommen, daß der Herr Vorredner und seine Freunde dem Antrag zustimmen wollen, und ih balte es deshalb für meine Pflicht, den ernsten Bedenken, denen {on Exzellenz von Stengel Ausdruck gegeben hat, auch meiner- seiis noch einmal Worte zu leihen. Der Antrag Dr. Ablaß und Genossen verdient, wenn ih mich meiner juristishen Zeiten erinnere, „angebrahtermaßen* und „nach dem Fundament" abgewiesen zu werden, zun „angebra(termaßen“. Die ganzen Vorschläge binsidtlih des Deckungsbedarfs des Reichs eins@(licßlid des Bedarfs für die Flotte find dur einen Bes{luß dieses boben Hauses einer Kommission überwiesen worden und unterliegen gegenwärtig der Beratung dieser Kommission, und ih glaube, es würde doch den Gepflogenbeiien des Hauses woidersprehen, wenn mitten in dem Laufe dieser Beratung in der Kommission ein einziges Stenerobjekt der Beratung entzogen und wiederum bier ins Pienum gebraht würde. I glaube, es würde auf diese Weise sehr leiht scin, die ganzen Verdandlungen in der Kommission zu zertrümmern und auf diese Weise die Verhandlungen nicht zu einem gedeiblihen Ende kommen zu lassen, und ih meine, das kann nicht in der Absicht des hoben Hau!es liegen. Der Herr Abg. Mommsen hat eine herbe Kritik an den Verhandlungen der Kommission geübt und davon gesprochen, daß ein Mißtrauensvotum berechtigt sei. Nun, meine Herren, ih babe gegen einzeîne Ersfatprojekte, die in der Kommission aufgetaucht sind, au meincrseits schr ernste Bedenken geäußert; aber id muß doch anderscits die Kommission gegen ein solches Mifßtrauensvotum, wie es der Herr Abg. Mommsen ausgesprochen hat, in Schuß nehmen. Die Kommission bat si mit einem außerordentlihen Eifer und Auf- bietung ibrer ganzen Kräfte der mühevollen Aufgabe unterzoger, nit was ja viel leichter ist Kritik zu üben, sondern wirklih positive Arbeit zu leisten, um das zu gewähren, was unerläßlich ist für des NReich:s Woblfahbrt, und ih glaube, dafür verdiente die Kommission ein besseres Urteil als das, welches der Herr Abg. Mommsen abgegeben hat. (Sebr richtig! rechts.)

Wenn er sagte, die ganze Sache wäre sehr leiht zu machen, indem die Kommission einfah cine Neichseinkommensteuer bes{chlö}se, so will ih dem Herrn Abg. Mommsen einea Vorschlag machen, der noch viel einfawer ist: er braucht nur den Negierungsvors(lägen auf eine angemessene Besteuerung von Bier und Tabak zuzustimmen, und wir find aus allen Nöten beraus! (Lebhafte Zustimmung rcchts.)

Der Antrag Ablaß verdient aber, niht nur „angebrahtermafßen“ abgewiesen zu werden, sondern auch „nach dem Fundament“. Jch muß gestehen, der Herr Antragsteller hat sih die Saße mit der Reichsvermögensfteuer etwas leiht gemaßt. (Sehr richtig! rechts.) Wie die ganze Sache bei der außerordentlichen Verschiedenheit der Verhältnisse in unserem deutschen Vaterlande durhgeführt werden soll, das hat er freurdlichsst uns überlaffen! (Unrube links.) Er bat allertirgs gesaat, daß das preußisckde Ergänzungssteuergesetz ecinsiwe len überall in teutschen Landen eingefühnt werden solle, ih glaube aber, er hat sih das im Detail wirklih niht durchdacht. Wenn Sie ih einmal überlegen wollen, wie ein auf preußischen Ver- hältnissen aufgebautes Geseß, ein auf der preußischen Behörden- organisatisn, auf den Grundsätzen unseres ganzen öffentlihen Lebens aufgebautes Gesetz in Bayern, in Elsaß-Lothringen, in Hamburg usw., wo total abreihende Verhältnisse sind, eingeführt werden sollte, fo würden Sie alsbald mit uns zu dem Schlusse kommen: Der Weg geht nicht! Ih glaube auch, die Bayern und vielleicht au die Elsaß- Lothringer und die Hamburger würden sich {wer bedanken, steuerliche Grundsätze .in ihren Ländern einzuführen, die für ihre Verhältnisse vielfach gar nicht passen, sondern nur für Preußen.

Der Herr Abgeordnete Dr. Müller (Meiningen) sagte vorher meiner Meinung noch sehr mit Recht —, die Vielgestaltigkett der Einkommensteuer in den vershiedenen deutshen Staaten 11ache es un- möglich, eine Neichseinkommensteuer einzuführen wenn ich ihn rihtig verstanden habe. Die Bielgestaltigkeit dexr Einkommensteuer ist vollkommen rihtig, und der Schluß, den der Herr Abgeordnete Dr. Müller (Meiningen) daraus gezogen hat, ist au richtig; aber er

bätte dann auch weiter den Schluß ziehen müssen, daß genau so groß |

Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 28. März

ist, und wenn eine Reichteinkommensteuer nit gebt, dann auch eine Netchévermögenéstzuer niht, weil beide in untrennbarem Zusammen- bange steten.

Meine Herren, in Preußen heißt die Vermögenésteuer mit Re&t „Ergänzungésteuer*, weil sie zwar im allgemeinen dieselben Kreise trifft wie die Einkommensteuer, es aber Fälle gibt, wo zwar kein Einkommen vorkanden is, wo also in den letzten Jahren erbeblide Verluste eingetreten sind und troßdem große Ver- mögensodbjefte zu Grunde liegen. Man bielt es niht für billig, in solhen Fällen von einer Stcuerpfliht abzusehen, und führte deëbalb die Ergänzungs®steuer ein, also eine Steuer, die unter Umständen er- hoben wird, wenn der betreffende in dem Jahre gar kein Einkommen hat. Ist das aber der Fall, so kann naturgemäß diese Vermögens- steuer sich immer nur in gewissen Grenzen bewegen und darf nit übermäßig boch angespannt werden. Wir haben beispielêweise in Preußen bei den größeren Einkommen eine Einkommensteuer von 4 9/0, und unfere Ergänzungésteuer macht etwa 1} 9/6 des Einkommens aus, so daß wir jegt re vera ein Einkommensteuer von 5} 9/9 haben. In Sachsen bestebt bei den größeren Einkommen eine Einkommen- steuer von 59/%; re&nen Sie hierzu wieder die Vermögenésteuer, \o kommen Sie in Sa&sen auf eine Einkommensteuer von etwa 6{ 9%. Ich bemerke, daß auch andere Bundesstaaten, wie Braunschweig, Hessen, {on eine Ergänzungssteuer haben, und wieder andere, in Baden, im Begriff find, dazu überzugehen. Sie haben also immerhin jeßt {hon eine Einkommensteuer mit Einshluß der Ergänzungssteuer von 5}, 9/0, und, meine Herren, was ih bei einer anderen Ge- legenheit {on einmal ausgesprochen habe, ich bitte, niht zu unter- schäßen die außerordentlide Mehrbelaftung, die hinzutritt infolge der Kommunalverwalturg. (Sehr richtig! rechts.) Addieren Sie beide Dinge, fo kommen Sie jeßt \chon zu einer außerordentlich hohen An- spannung der direkten Steuern, und ih warne davor, bei dieser all- gemeinen Ansparnurg der direkten Steuern über das zulässige Maß binaus8zugehben.

Dann, mcine Herren, darf ih noh eines bemerken. Die ganze Entwi ckelung der leßten Jahrzehnte ist dahin gegangen, die unteren Klassen von der Einkommensteuer freizubalten. Während wir früher schon bei 420 Æ die Einkommensteuerpfliht beginnen ließen, haben wir naher in fsteigendem Maße die niedrigeren Einkommensteuer- klassen freigelassen. In den Kommunen ist man zum Teil noch nit so weit gegangen, weil cben die Bedürfnisse in den Kommunen teil- weise ganz außferordentlih wäahsen. Wollen Ste die ganzen Be- dürfnisse des Reiches auf die direkten Steuern werfen, fo werden Sie seben, daß die ganze wobltätige Entwickelung, die wir in den letzten Jahrzehnten gehabt kaben, rüdckgängig gemacht werden wird, und daß man ge;wungen würde, die minder bemittelten Klassen, die man wohl- weislich in deren Interesse freigelafsen hat, wieder mehr zu belasten. (Sehr richtig! rechts.) Man würde also genau das Gegenteil von dem erreichen, was man erreichen will: man würde die Minder- bemittelten viel höher beranziehen müssen.

Endli, meine Herren, muß ih mit dem Herrn Staatssekretär Freiherrn von Stengel auß fagen, die Einzelstaaten sind mit ihrer ganzen Finanzgebarung auf die direkten Steuern angewiesen und können die direkten Steuern {le{terdings nicht entbehren. JIch will auf die Frage, die bon dem Herrn Vorredner auch gestreift worden ist, niht eingehen, ob die Erbschaftssteuer eine direkte oder eine indirekte Steuer ist. Aber auf welhen Standpunkt man \fich auch stellt, das wird mir der Herr Abg. Mommsen zugeben, daß es ein außerordentlihes Entgegenkommen der Einzelstaaten ift, die Erb- schaftssteuer, die tatsählich nur von den Einzelstaaten ausgebaut worden ist, dem Reiche zu opfern. (Sehr richtig! rechts.) Der Dank dafür, daß wir die eine Wange hingereiht haben, soll nun darin bes stehen, daß wir auh auf die andere Wange einen Streich bekommen. (Sebr gut! rechts.) Das würde die Folge des Entgegenkommens sein. (Sehr richtig! rechts.) Weil die Einzelstaaten sich der Erb- shaftssteuer, der leßten Reserve, die sie haben, entäußert haben zu Gunsten des Zufstandekommerns dieser ganzen Reform, können sie um so weniger auf die direkten Steuern verzihten, und wer die Flotten- vorlage will, und wer niht unübersteiglihe Hindernisse ihr bereiten will, der, meine i, darf das Verlangen nicht stellen, daß wir jeßt noch einer Reichsvermögenésteuer zustimmen sollen. (Lebhafter Beifall rechts.)

Abg. Büsing (nal.): Als Vorsißender der Steuerkommission halte ih mich doch verpflichtet, einige Worte über die Angriffe gegen diese Kommission zu sprehen. Der Minifter hat ihr ganz seine Anerkennung gezollt; ih möchte aber, daß auch diejes Haus diese Anerkennung teilt. Die Kommission hat nah besten Kräften sich bemüht, das große Ziel zu erreichen, das thr ge- tellt war, um das Reich vor Verlegenheiten in Zukunft zu shügen. Ob sie dabei das Richtige getroffen hat, wird das Haus entscheiden. Wir in der Kommission glauben es. Eine Kritik zu üben ist ja leiht. Jede Steuer is unpopulär, gegen jede roird mobil gemaht. Hier handelt es sih nur um das eine: um Bessermachen. Wer das kann, soll mir und der Kommission roill- fommen fein, aber mit der bloßen Negation verschonen Sie uns. Es is sehr leiht gesagt, n die Kommission ih nur für direkte Steuern hätte erklären sollen. Wir haben uns auf den Standpunkt gestellt, nur das Erreichbare zu wollen,

alles andere ift graue Theorie. Es handelt sich nur darum: was ist in diesem Hanse zu erreichen, und welhen Steuern wird die Regie- rung ihre Zustimmung geben. Jch selbst neige auch dazu, direkte Steuern dem Reiche zuzuführen : Neich*einkommenfsteuer und evermögens- steuer. Hierüber ist ja in der Kommission verbandelt worden, aber die betreffenden Anträge sind abgelehnt worden. Damit scheiden diese Vor- {läge aus. Die verbündeten Regierungen werden diesen Weg nicht betreten, die Mehrheit des Hauses au niht. Was soll also der Antrag Ablaß, der {hon in der Kommission abgelehnt worden ist ? Wer die Reichsfinanzreform ernsthaft will, nicht bloß mit dem Munde, kann der nux Steuern wollen, die die Sofimmung des Hauses und der Gegen nicht finden ? Sagen ie Un Degn, es würden in der Kommission lauter Dummheiten gemacht, mich läßt das kalt; ich bin für das wirklich Erreichbare. i

Abg. Bruhn (Neformp.): Wenn der Reichstag in Heeres und Marinesahen das Erforderliche bewilligt, so erfüllt er nux seine nationale Pflicht, Das Verständnis für die

die Vielgestaltigkeit bei der Ergänzungösteuer, bei der Vermögenssteuex | Flotte is zwetfellos duxch den Flottenverein, mag man über

1906.

ihn denken, wie man will, verstärkt worden. Die Erklärung der Mgen ist nur eine Kulisse für einen Gesinnung9wechsel.

8 gibt freisinnige Geschäftsleute genug, die eine starke Flotte wünschen. Auch în katbolischen Kreisen i eine so große Flotten- stimmung vorhanden, daß es das Zentrum gar nit wagen kann, gegen die Vorlage zu stimmen. Vielleicht lernen wir im Ecnslfalle kennen, was eine starle Flotte bedeutet. Der Abg. Bebel sagte gestern, unsere auswärtige Politik sei miserabel. Auch wir billigen manches durchaus nit darin, namentlich nit, daß man c so oft an das Auéland herandrängt mit Auszeihnungen usw. Ich frage aber, wer ist der leidende Teil in einem unglücklichen Kriege ? Etroa die leitenden Staats- männer, die shlechte Politik treiben ? Nein, das Volk. Wenn unsere Flotte so stark ist, daß das Ausland eine Schlappe befürchtet, so wird es uns {on respektieren. Wie will der Abz. Bebel die auswärtige Politik denn gestalten, wenn seine Partei die Macht in Händen hat ? Das sind alles nur theoretishe Wünsche. Wir wünschen, daß unser Handel blüht und gedeiht. Wir wünshen eine Weltpolitik, keine Allerweltspolitik, wir wünschen aber auh eine Heimatspolitifk. Ueber allem steht das Vaterland, das Interesse des Vaterlandes erfordert es, daß wir die Vorlage bewilligen.

Abg. Bebel (Soz.): Wir stimmen dem Antrag Ablaß zu, wenn wir auch nicht mit allen Einzelheiten uns einverstanden erklären wollen. Man würde es draußen nicht verstehen, wenn die DeEungs- frage in einer Weise gelöst würde, die der Meinuna der großen Mehrheit des Volkes widersyriht. Die Mehrheit des Volkes ift mit der Arbeit der Kommission höchst unzufrieden. Man hat allerwärts den Eindruck gewonnen, daß die Kommission sich in ständiger Verlegenheit befindet, daß sie selbst niht weiß, was sie will, daß sie \{ließlich immer die allerungeeignelsten Steuerobjekte aufgegrisfen hat. Für Zwecke, welche in erster Linie den herrshenden Klassen dienen, verlangt die Nation, daß diese Kreise au in erster Linie die Opfer bringen. Aber tatsählih drücken sich diese Kreise, die aus „Staatönotwendigkeit*“ der Nation solche Opfer auferlegen, um die Bezahlung herum! Der Neichs- shaßzsekretär und der Finanzminister wissen ganz genau, daß dieser Antrag Ablaß nicht argenommen werden wird ; glei{chwohl bekämpfen fe den Antrag mit großem Eifer und mit einer Reihe von formellen Argumenten. Warum? Weil sie wissen, daß das Volk diesen Vor- \chlag durchaus billigt, und daß es nur an dem guten Willen der Regierung liegen würde, diesen Antrag sofort zur Durchführung zu bringen. Aber an diesem guten Willen fehlt es eben. Und wer da glaubt, daß der § 6 des Flottengeseßes in alle Ewigkeit respektiert werden wird, der rechnet niht damit, daß das Zentrum noch weiter umfallen wird, wie es jet {on umgefallen ist. Es hat den S 6 schon heute preisgegeben, denn es hat der Biersteuer und Zigaretten(teuer zugestimmt, obgleih es feinem Zweifel unterliegt, daß diese beiden Steuern unter den § 6 fallen. Der Abg. Büsing spriht von der Taktik des Erreihbaren. Das ist immer Ihre Taktik (zu den Nationalliberalen); Sie reden von dem Erreihbaren, weil Sie nicht mehr erreihen wollen, weil Sie allen Schwierigkeiten aus dem Wege gehen möghten. Ich bin alt und grau geworden, um diese Jhre Taktik, die Sie seit Jahrzehnten geübt haben, niht zu durchshauen. Der Staat hat die Aufgabe, Eigentum und Besitz feiner Staatsangehöcigen zu {hüten ; je größer das Vermögen und der Besitz des einzelnen, desto höher die Staatsaufgabe dem einzelnen gegenüber. Nichts gerechter und selbstverständlicher, als daß der einzelne in dem Maße, wie er den Schuß des Staates genießt, zu den Opfern beizutragen hat. Stimmt dieser Grundsaß, dann ist es doch ganz klar, daß diejenigen, die das meisle haben, auch das meifle He- zahlen müssen, und daß die bisherige Steuervolitik und die Tätigkeit der Steuerkommission völlig verkehrt i. Der Marineverwaltung habe ih gestern nicht den Vorwurf des Schwankens gemacht, sondern das Zentrum hatte 1897/98 prinzipielle Bedenken gegen eine Vergrößerung der Flotte, das geht deutlich aus den Neden der Abgg. Schaedler und Frigen hervor. Wenn jemals eine Partei einen gründlihheren Umfall durchgemaht hat, so ift es das Zentrum in bezug auf die Flottenfrage. Würde ein Schrift steller diesen Umfall einmal in einer Broschüre unter Gegenüberstellung der einzelnen damaligen und jeßigen Aeußerungen illustrieren, es wäre ein Hcehgenuß. Wenn im Falle eines Angriffes wir die äußersten Mittel aufzuwenden haben nach zwei Seiten hin, dann dürfen wir die Situation do nit so verderben, daß wir nach drei Seiten zu kämbvfen haben. Das war bis 1895 auch die Auffassung der Marineverwaltung selbft. Jeßt ist niht mehr von Küstenshuy die Rede; man is zur Hocsee floite, zur Weltpolitik übergegangen. Soll diese Richtung die maß- gebende sein, so sollten diejenigen Klafsen, die fie wollen, auch die Opfer dafür bringen. Die Aufgabe der Politik ift es, die größten Staatsvyorteile mit den geringsten Opfern zu erreihen. Wir haben in den leßten zehn Jahren unjere Leistungen zu Wasser und zu Lande bedeutend verftärkt: aber was haben wir an An- jehen, Macht und Einfluß in Europa gewonnen? Sind wir heute etwa stärker als vor zehn Jahren? Das wird niemand behaupten. Wie der Ertrinkende nah dem Strohhalm greift, hat Admiral von Tirpiß sih auf unseren früheren Kollegen Calwer berufen. Es wäre ja ein Wunder, wenn in einer fo großen Partei wie der unsrigen niht auch einmal abweihende Ansichten vorhanden wären. Leider hat der Staatssekretär von Tirpiß gerade da aufgehört zu zitieren,

wo er hätte weiter lesen sollen. (Der Redner verliest die Fort- seßung.) Danah führt Calwer aus, daß damit noch keineewegs jede Vergrößerung der Flotte von den Arbeitern gutzuheißen fei, und

daz die Kosten der Vergrößerung, die als Risikoversiherung erscheinen, von den Interessenten zu tragen seien. Der Fürst Bismarck bat seinerzeit ausgeführt, daß es nichts, aber au ga: nichts g was uns mit England îin Gegensaß bringen könnte.

Chamberlainshe Agitation für ein Greater Britain bat bei leßten englischen Wahlen eine vernihtiende Niederlage erlitten. Ginen ernsthaften Grund zu einem Zerwürfnis mit Ergland, das

Deutsche Flottenverein herbeizuführen versucht, ift nicht im geringster

vorhanden. Wenn es fogar Fraukreih gelungen ift, zu einem Bündnis mit England zu kommen, dann wäre es für die deutsche Politik kinderleiht gewesen, ein solhes Bündnis mit England zu schließen. Der Graf Driola bekämpft unsere Stellung zur Flotten

vorlage als arbeiterfeindlih. Käme die Flotte und Armee

wirklich den Arbeitern zu gute, so müßten wir derart

Vorlage mit Hurra begrüßen. Es kommt doch nidt darauf an,

Arbeit ges{haf}t wird, sondern wer zu zahlen bat. Glaudeu Sie, die Lage würde [{lechter werden als heute, wenn die Kriege aufbörteo, wenn die leßten Kriegsgeräte in die Mufee wanderten? Dann müßtea ja die belgischen und amerikauischeu Arbeiter sehr zufrieden sein. Ardeit werden die Arbeiter imu ex haden, und im Zukunftöstaat erst ret E werden mehr Schulen gebaut und andere Kulturwerle geschaffen werden, die jeßt noch niht vorhanden sind. Der Verkebr wird fih bebeu usw.

Die Agitation des Flottenvereins innerhalb destimmter Grenzen cin zuschränken, fällt uns nicht ein. Wogegen wir uns wehren, ist, daß ex in seiner Agitation behördlih unterstüßt wird, und daß er tz Tätigkeit in die Schule verlegt und feinen sozialen Einfluß bdeuugt um Staats- und Kommunaldbeamte für seine Zwecke zu decwtusen

X

Wir lieden unser Vaterland so gut wie Sie, aber wix dadea eine

andere Auffassung üder die Art, wie man dem Baterlaude denon foll. Wir scheuen kein Opfer, um dem Vaterlande wirklich zu N Woltea wix das nicht, daun dätteu wir es ja bequemer, dinter deua ion pa gon.

Die Flottenagitatioa gebdört nicht in die SQule, dun es daudealt Kd