Meßtishblätter im Maßsiabe 1:25 060.
Auf Grund der Neuaufnahmen find ans{ließend an die in der Anzeige vom 5. März 1906 verzeichneten Blätter die nachstehenden in Lithographie hergestellt und veröffentliht worden :
626. Posilge, 710. Wernersdorf, 712. Gr.-Waplig, 1263. Culm,
1265. Blandau, 1349. Papau,
2610. Strelln, 2751. Gr.-Eörschen, 2808. Edartsberga, 3327/3372. Frankfurt a. M., 3333. Güntershof, 3338/3380. Geftungshbausen,
3377/3414. Hermann®-Feoppe, 3378. Rofsach,
3410. Sahhsenhaufen, 3411. Gr. -Krogenburg und 3413. Sail- Höhe.
Der Vertrieb erfolgt durch die Verlagsbuchhand[ung von R. Eisenshmidt hierselbst, Dorotheensiraße 70 A.
Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1
Die Anweisung für dèn Dienstgebrauch ¿zu dem ermäßigten Preise von 50 „S für jedes Blätt erfolat durch die Plankanzmer der Königli®en Landesaufna me hierselbst, NW. 40, Hermwarthstr. 2 u. 3.
Berlin, den 15. Mai 1906.
Königliche Landeëaufnahme. Kartographishe Abteilung. Mllatn, Oberst und Abteilungéchef.
Abgereift:
Seine Exzellenz der Staats- und Juslizminister Dr. Beseler sowie der Ministerialdirektor, Wirklihe Geheime Oberjustizrat Dr. Lisco, nah der Rheinprovinz.
Nichkamkliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 16. Mai.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten
e im Schlosse Urville die Vorträge des Vertreters des
uswärtigen Amts, Gesandten Dr. Freiherrn von Rüer-
Jenish, des Staats- und Kriegsministers, Generalleutnants
von Einem, des Chefs des Generalstabs der Armee, General-
leutnants von Moltke und des Chefs des Militärkabinetts, Generalleutnants Grafen von Hülsen-Haeseler.
Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern haben Allergnädigst geruht, den E râten Vogl und Lang den Rang der Klasse Il der Beamten der Militärverwaltung zu verleihen und den Oberkriegsgerihts- rat Mayer vom Generalkommando Il. Bayerischen Armee-
korps zum Reichsmilitärgerihtsrat beim Bayerischen Senat
des Reichsmilitärgerichts zu ernennen.
Y
Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Zoll- und Steuerrbesen hielten heute Sißungen.
Der Obermilitäranwalt Freiherr von Pehmann vom Reichsmilitärgericht ist vom Urlaub zurückgekehrt.
Der Geheime Regierungsrat Dr. Hauck in Lüneburg ist der Königlichen Regierung in Breslau zur weiteren dienstlihen Verwendung überwiesen worden.
Die Verseßung des Regierungsrats Dehne von Merse- burg nah Bromberg ist zurückgezogen, der Regierungsrat Dr. von Roje in Merseburg der Königlichen Regierung in Brom- berg, der Regierungsrat von Salßwedel aus Königsberg der Königlichen Regierung in Lüneburg, der Regierungsrat Bärwinkel in Cassel der Königlichen Direktion für die Ver- waltung der direkten Steuern in Berlin zur weiteren dienst- lihen Verwendung und der Regierungsassessor Hartwig in Oschersleben dem Königlichen Polizeipräsidiuum in Berlin zur Beschäftigung bei dem Schiedsgericht für Arbeiterversiche- rung überwiesen, der Regierungsassessor Kuhn aus Stade dem Landrat des Landkreises Bochum, der Regierungsassessor Zimmer aus Breslau dem Landrat des Landkreises Fulda, der Regierungsassessoy Dr. Gelpke aus Königsberg dem Landrat des Kreises Köslin, der Regierungsassesjor Freiherr von Der aus Münster dem Landrat des Landkreises Königs- berg, der Regierungsassessor Pro chnow aus Gumbinnen dem Landrat des Landkreises Aachen und der Regierungsassessor Dr. Hecht in Jüterbog dem Landrat des Landkreises Oschers- vas zur Hilfeleistung in den landrätlihen Geschäften zugeteilt worden.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Für st Bismarck“ mit dem Chef des Kreuzergeshwaders und S, M. Tpdbt. „S. 90“ vorgestern in Nanking eingetroffen.
S. M. S. „JFltis“ ist gestern in Futshau eingetroffen und geht morgen von dort nah Amoy in See.
S. M. S. „Condor“ ist gestern von Sydney nah Auck- land (Neu-Seeland) in See gegangen.
Elsaß-Lothringen.
Seine Majestät der Kaiser begab Sich gestern, W. T. B.“ zufolge, nah Beendigung der militärischen Uebung nah Gravelotte, wo Er die Gedenkhalle, und hierauf nah Rezonville, wo Er das Quartier, das Seine Majestät der Kaiser Wilhelm I. am 16., 17. und 18. August be-
wohnt hatte, besuhte: Von dort kehrte Seine Majestät nah dem Kasino des Generalklommandos in Met zurück und begab Sich gegen 1 Uhr in das Bezirkspräsidium, um mit Gefolge bei dem Grafen von Zeppelin das Frühstück ein- zunehmen. Nah dem Frühstück ließ Sih Seine Ma- jestät der Kaiser im Garten des Bezirkspräsidiums durch den Oberstleutnant Schramm vom sächsischen Fußartillerieregiment Nr. 12 Modelle alter griehisher und römischer Wurfgeshüße vorführen, hörte hierauf Vorträge des Mezger Liederkranzes, der lothringische Volkslieder vortrug, und empfing die Mitglieder des lothringishen Landesausshusses mit dem Präsidenten JFaunez an der Spiße. Danach kehrte Seine Majestät im Automobil nah Schloß Urville zurü.
Oefterreich-Ungarn.
Im österreihishen Abgeordnetenhause hat gestern der neue Ministerpräsident Prinz zu Hohenlohe- Schillingsfürfst sein Regierungsprogramm entwidckelt. Nach dem Bericht des „W. T. B. betonte er, daß den ersten Punkt seines Programms die von allen Völkern Oesterreichs mit Spannung erwartete Wahlreform bilde, durch die dem Grundsaße Geltung verschafft werden solle, daß gleichen Pflichten gleihe Rechte gegenüberstehen, und das österreichische Staatsbewußtsein Und der österreihishe Parlamentarismus eine mächtige Belebung erfahren sollen.
Wenn aefürtet werde, fuhr der Ministerpräsident fort, daß es künftig im Hause für die ftaats8erkaltenden Elemente feinen Naum mehr geben werde, so hoffe er, daß durch die Gleichheit aller im Staate si alle Elemente in staatéfreundlihe verwandeln werden. Die Regierung werde alles aufbieten, um dem Hau‘e die rasche Lösung der Wahlreform zu erleihtern, die nicht mehr von der Tage born vershwinden werde und gegen die jeder Wider'tand vergeblich sei, weil in ihr die Staatsnotwendigkeit und das öffentlicze Rechtsbewußtsein miteinander zu einem gemeinsamen Ziele verbunden fzeien. Der Ministerpäsident glaubt, daß das starke nationale Bewußtsein mit dem staatlihen Bewußtsein und ftaatliher Treue sh vereinigen läßt, darum wolle auch die Re- gierung durch die Wablreform die nationalen Parteien niht zurück- drängen, sondern werde bemüht sein, j-.dem die Mitarbeit daran zu ermögliwen. Sie ofe auf Entgegenkommen von seiten der Parteizn, zumal tie Opfer, die fie zu bringen haben, ihren nationalen Interessen keinen Abbruch tun werden. Die Waßhlrefcrm sei nicht nur eine Forderung der Gerechtigkeit gegen die unteren Volksshihten, nit nur ein (Srfordernis des Parlamentari8mus, sie folle au das nationale Ftricdenêwerk in Oesterrei begründen oder wesentli dazu beitragen. Sei es einmal gelungen, auf dem Gebiete des Wahlrechts die Einigung der nationalen Parteien zu erzielen, so sei die Hoffaung gestattet, daß diese Verständigung auch auf allen anderen vom nationalen Gesichts- punkte beeinflußten en möglich sein werde; darum werde die Regierung alles daran feßen, dieser Reform zum Sizege lzu verhelfen.
Auf das Verhältnis zu Ungarn übergehend, erklärte der Ministerpräsident, daß es für beide Reichsteile von segens- reisten Folgen wäre, wenn die Ungewißheit und Unficherheit in den gegenseitigen Beziehungen verschwände und an Stelle der fortwährenden Verordnungen eine dauernde Ordnung irâte. Jn dieser Beziehung bestehe zwischen beiden Re- gierungen eine Uebereinstimmung.
Die Megiereng sei bereit, in Verhandlungen einzutreten, um über den gayzen Komplexpon en, die mét Rücksiht: auf die Sachlage noch als offen betrachtet Éönntégr einé Verständigung zü, ver- uchen und eine -deù beiderseitigen Interefsen entsprehende Geftaltun; es Verhältnisses zroischen beiden Reichshälften anzubahne-. Er fe fest überzeugt, daß, wenn beiderseits der Weg zum Ausgleih mit Loyalität und ernstem Willen beschritten werde, der Erfolg nicht ausbleiben werde. E wäre ein Segen für Oefsterreih und Ungarn, wenn &8 gelingen würde, an Stelle des bisherigen Zustandes ein vertrauensvolles, vor periodischen Er- \hütterungen gesichertes Verhältnis zu hafen, nur müsse die Ver- ständigung auf der ganzen Linie erfolgen, denn einseitige Modifikationen des Bestehenden zu Ungunsten Oesterreihs seien gänzlih ausgeshlossen. Die Regierung werde in allen diesen Fragen in steter Fühlung mit dem Reichsrat bleiten und keine Entscheidung ohne ihn treffen sowie bei den Verhandlungen die Interessen Oesterreihßs mit größter Taikraft vertreten. „Ob diese ehrlihe Absiht von Crfolg gekrönt sein wird,“ fuhr der Ministerpräsident fort, „hängt auch wesentlib von der Bereitwilligkeit des Hauses ab, der Regierung dabei Stüße und Rüdckhalt zu bicten. Die beste Deckung rach außen ift und bleibt die Zusammenfafsung aller Kräfte im Innern. Was die innere Verwaltung betrifft, so wird die Regierung, auf dem festen Boden des Gesetzes stehend, allen be- rechtigten Wünschen mit größtem Wohlwollen und Verständnis ent- gegenkommen und in steter Füblung mit den autonomen Faktoren trachten, tie wirts{haftlihen und Eulturellen Be- dürfnisse aller Nationen kennen zu lernen und sie, wo notwendig, zu befriedicen. Ih bin überzeugt, daß, welhe Meinungsverschiedenbeiten immer zwishen ten Parteien bezügli ibres zulässigen Stärkeverhältnisses {weben mögen, das Haus si gegen jede Regierung wenden würde, welche die Wahlreform fallen laffen wollte. Denn es ift das allgemeine Empfinden, daß mit der Ginigung über die Wahlreform nicht nur die Erweiterung und Gieichstellung der politishen Rechte erfolgen, sondern auch cine Aera eines innerlich gekräftigten Parlamentariëmus beginnen und der Staatsgedanke erstarken wird. Dies zu erreichen, wird die Regierung kein Mittel unverfucht lassen; denn sie kennt kein Höheres Zi:l, als ein fozial und national in fich festgeeinigtes Oesterreich.“
Auf Antrag des Abg. Herzog beschloß das Haus mit 149 gegen 108 Stimmen, in der nächsten Sißung die De- batte über die Erklärung der Regierung zu. eröffnen. Hierauf verhandelte das Haus den Dringlichkeitsantrag der Al- deutschen, betreffend die ungarishe Sprache. Nach Ablehnung dieses Dringlichkeitsantrages und Erledigung der Jmmuni- tätsangelegenheiten, die auf der Tagesordnung standen, ver- tagte ih das Haus bis zum Freitag.
Frankreich.
Der gestrige Ministerrat beshäftigte sich, „W. T. B.“ zufolge, mit verschiedenen Reformen, welche die Regierung der Kammer im Laufe der nächsten Legislaturperiode vorzuschiagen gedenkt. Unter diesen Reformen befindet fih auch die Ein- ührung der Einkommensteuer. Der Finanzminister
oincaré erhielt den Auftrag, einen Entwurf auszuarbeiten, ee der S zur Beratung in der nächsten Session zu- gehen soll.
Rußland.
Der Entwurf der Adresse an den Kaiser, der in der gestrigen Sißung der Duma beraten wurde, hat nah Meldungen der „St. Petersburger Telegraphenagentur““ folgenden Wortlaut :
„Eure Majestät beliebte in der an die Volksvertreter gerichteten Rede den Entschluß auszudrücken, die Institutionen unershütterlich zu bewahren, durch die das Volk berufen it, die geseßgeberishe Gewalt im Verein mit seinem Monarchen zu verwirklihen. Die Reichs- duma erblickt in dem feierlichen Versprehen des Monarten an das
Volk ein fiheres Unterpfand ter Festigung und Weiterentwickelung einer Ordnung der Gesehgebung, die streng konstitutionellen Grundlagen entspricht. Die Reichsduma ihrerseits wird alles daran seuer, die Srundlagen der Volksver:retung zu veivollfommnen und Eurer Majestät ein die Volksvertretung betreffendes Gesetz zur Bestätigung zu unterbreiten, das dem einstimmig geäußerten Volkswillen gemäß auf dem allgemeinen Wahlrecht basizrt. Der Aufruf Eurer Majestät zur gemeinsamen Arbeit zum Nugzen der Heimat findet lebhaften Widerhall in den Herzen der Abgeordneten. Die Duma, deren Ver- treter allen Klafsen und Nationalitäten Rußlands angehören, ist gecint ina dem heißen Bestreben, Rußland zu erneuern und eine Staatsordnung zu schaffen auf der Grundlage fried- lichen Zusammenlebens aller und den festen Pfeilern bürgerlicher Me Die Duma hâlt cs für ihre Pflicht, auf die Bedingungen inzuweisen, unter denen das Land lebt, und die eine wahrhaft frucht- bringende Arbeit zur Wiederverjüngung der besten Kräfte des Landes unmöglih maden. Das Land sah ein, daß der wundeste Punkt unseres Staatslebens die Eigenmättigkeit der Beamten ist, die den Kaiser vom Volke trennt, und einstimmig erklärte das Land laut, daß die Erneuerung des Lebens nur möglich sei auf den Grundlagen der Freiheit unter selbfttätiger Beteiligurg des Volks an der legis, lativen Gewalt und an der Kontrolle durch die Exekutiy- gewalt. Eurer Majestät beliebte es, in dem Manifeste vom 30. Oktober von der Höhe des Thrones die feste Entschlossenheit kundzugeben, eben diese Grundlagen zur Basis der ferneren Gestaltung der Geshicke Rußlands zu maten, und das ganze russische Volk begrüßte mit begeistertem Ruf die Bolschaft. Doch schon die erften Tage der Freiheit waren durch {hrere Prüfungen ver- düstert, denen das Land von denjenigen unterworfen wurde, die noh immer dem Volke den Weg zum Kaiser verlegen und. alle Grund- lagen des Manifestes vom 30. Oktober mit Füßen treten und dabei das Land mit der Sch{mach von Hinrichtungen ohne Richterspruh, mit Aus\{hreitungen, Füsilierungen und Etin- kerkferungen bedeck-n. Die Spuren dieser Handlungsweise der Verwaltung find in den legten Monaten so tief in die Volks, feele eingedrungen, daß keine Berubigung möglih ist, solange dem Volk nicht ïlar wird, daß den Behörden vo4 nun an jede Géewalt- tätigkeit untersagt ift, die den Namen der Majestät als Deckmantel benußen, folange die Minister unverantworilich vor der Volkévertretung find, und folange die ganze Verwaltung vit ernevert wird. Nur wenn die Minister vor dem Volke verantworlich gemaht werden, kann in den Gemütern der Gedanke der vollen Unverantwortlih- keit des Monarden Wurzel fassen. Nur ein das Vertrauen der Mehrheit der Duma genießendes Minifterium kann das Vecr- trauen zur Regierung festigen, und nur bei foltem Vertrauen ist eine ruhige und normale Arbeit der Reichsduma mögli. Vor allem if in Rußland nötig, die Ausnahmegeseße, betreffend den verstärkten SHußy und den Kriegszuftand, außer Kraît zu seten, unter deren Schutz die Eigenmäthtigkeit und Unverantwor1li(keit der Beamten fi besonders entwidelt hat und noch in die Erscheinurg tritt. Gl-idh- zeitig müssen ih die Grundlagen der Berantwortlichkeit der Ver- waltung vor den Volksvertretern einbürgern. Für eine fruhtbare Tätigkeit der Reichsduma ift die Durchführung der Grundlage einer wahren Volkéêvertretung erforderlich, die darin besteht, daß nur die Einigkeit des Monarchen mit dem Volk die Quelle der gesetzgebenden Gewalt sei.“ ,
„Jede Stheidewand zwishen Kaiser und Volk muß beseitigt werden. Auch darf nicht ein Gebiet der Gesezzebung beftehen, das stets verslofsen wäre der freien Revision dur die Volksyertretung im Verein mit dem Monarchen. Die Re:{sduma hält es für thre Pflicht, Eurer Majestät namens des Volkes zu erklärzn, daß das ganze Volk mit voller Kraft und Begeisterung, in wahrem Glauben an das nahe Aufblühen der Heimat, das \chöôpferische Werk der Erneuerung des Lebens vollführen wird, wenn zwischen ihm und dem Thron niht der Reichsrat steht, der sih aus ernannten Würdenträgern und aus von den höhften Klassen der Bevölkerung gewählten Mitgliedern zusammwenseßt, und wenn der geseßgeberisch:n Kompetenz des Volkes nicht durch befontere Geseze Grenzen gesleckt find. Im Bereiche der ihr leygelchanden gesczgeberishen Tätigkeit erahtet die Duma es als unumgängliche Not- wendigkeit, das Volk durch genaue Gesetze fiterzustelen. Un- antaitbarkeit der Person, Freiheit des Gewissens, des Wortes, der Presse, der Vereine, Versammlungen und Ausftände, das sind die Grundlagen, tie {on das Manifeft vom 30. Oktober gelegt bat, urd ohne die eine Reform der sozialen Verbältniffe undenkbar ist. Die Duma gebt von der unerschütterlichen Ueberzeugung aus, daß weder die Freiheit noch die Ordnung befeslizt werden fann obne die Gleich- heit aller Bürger vor dem Geseß. Daber wird die Duma ein Geseh auéarbeiten, nah dem alle Bürger gleihberechtigt find und gleichzeitig alle ständisGen, nationalen und religiösen Vorrechte aufgehoben werden."
„Bestrebt, das Land von der administrativen Bevormundung zu befreien, und die Beschränkung der bürgerlichen Rechte aus\{chließlich dem Gerichte überlafsend, hält die Duma die Todesfirafe auch nicht auf Grundlage eines rihterlihen Spruches für zulässiz. Sie hält sih für berechtigt zu erklären, daß sie damit den einmütigen Be- st-ebungen der ganzen Bevölkerung Ausdruck verleiht. Die Klar- stellung der Bedüifnifse der Landbevölkerung und entsprechende geseß- geberische Maßnahmen bilden die nähste Aufgabe der Duma. Die bäuerlihe Bevölkerung harrt ungeduldig auf Befriedigung der Agrar- bedürfnifse. Die crste Reicsduma würde nicht ihre Pflicht er- füllen, wenn fie niht ein Geseß s{chüfe zur Befriedigung dieser Be- dürfnisse mit Hilfe der Kronapanagen, der Klosterländer und dur zwangéweise Enteignung der Landgrundbesizer. Die Duma hält es auch für notwendig, ein Geseh zu s{haffen, welhes die Gleich- berechtiguwg der Bauern bestätigt und fie von Druck, Willkür und Vormundschaft befreit. Für eben'o unaufschiebbar bält die Duma de Befriedigung der Bedürfnisse der Arbeitecklasse. De: erste Schritt auf diesem Wege muß die Sicherstellung der Oxganisationsfreihzit aller Arbeiter sein behufs Selbsttätigkeit zur Hebung ihres materiellen und geistigen Wohlstandes. Au die Hebung der Volksaufflärung stellt sich der Duma als Aufgake dar. Auth hält die Neichéduma es für nötig, unter den unau!f{hiebbaren Aufgaben au die Entshéidung der Frage über die Befriedigung längst reifer Forderungen einzelner Nationalitäten aufzuführen. Rußland stellt einen von vielen Stämmen und Natioaalitäten bevölkerten Staat dar. Die geistige Einigung aller dieser ist nur möglih bei Befriedigung der Bedürfnisse eines jeden von ihn:n in der Art, daß dabei die Eigenartigkeit einzelner Seiten ihres Lebens gewahrt und ent- widelt wird. Die Duma wird für weitgehende Befrie- digung dieser gerechten Bedürfnisse Sorge trag:a. Majestät! An der Sc{welle unserer gesamten Arbeit steht eine die Seele jedes Volkes erregende Frage, die auch uns Volkévertreter erregt und uns verhindert, in Nube dea ersten Stritt unserer gesetz-
eberishen Tätigkeit zu tun. Das erste Wort, das in der Duma er-
Fhallte, und mit Sympatbierufen der ganzen Verfammlung aufge- nommen wurde, es war das Wort „Amneftie"! Das Land leczt nah voller politisher Amnesiie, die eine Forderung des Volksgewissens ift und die nit versagt, deren Erfüllung nit verzögert werden darf. Die Duma erwartet von Eurer Majestät volle politis%e Amrestie als erstes Unterpfand gegenseitigen Verständnifses und gegenseitiger Ueber- einstimmung zwischen Kaiser und Volk.“
Jn der gestern abgehaltenen Tun trat die Duma zu- nächst in die Beratung eines Teils der Geschäftsordnung ein, der mit einigen redaftionellen Aenderungen angenommen wurde. Darauf begann die Beratung des Adreßentwurfs. Der Abgeordnete Graf Heyden und fünfzig bäuerlihe Abge- ordacte stellten den Antrag auf Vertagung der Beratung bis heute. Der Antrag wurde abgelehnt, worauf der Referent der Adreßkommission Nabokow den Entwurf unter andauerndem Beifall verlas. Hierauf wurde die Sißung auf eine Stunde unterbrohen. Nach Wiederaufnahme der Sißung ergriff der Abg. Miklashewsky das Wort und richtete heftige An-
griffe gegen ‘die höheren Regierungsbehörden.
„Wir verlangen“, sagte der Redner, „Amnefsiie für De Opfer der Freiheitsbewegung, wir müfsen aber auch diz Bestrafzzn1g der Leute fordern, die die Regierungëgewalt mißbraubt, die Gefä=-gnisse gefüllt und Expeditionen zur UnterzrüŒckang und zu Hinrichtungen Hre ricter- liches Urteil ausgesandt baben“. Der Redner forderte, DÆS die Adresse vervollständigt werden follte durch den Hinweis auf die ITotwendigkeit einer Verantwortlilmahung der Regierung, die ihre SZefugnisse in hohem Maße überschritten babe, sowie derjenigen Persozrzen, die die ungesehlihen Anordnungen der Regierung ausgeführt Hätten. Der Abg. Roditshew führte aus, durch die SHB=fffung des Reichêrates, der fich aus Vertretern der bevorreWteten Klassen zusammenseße, die immer die Spize des LandeS dargestellt hätten, aber jeßt in der Zersezung begriffen feêïen, werde von neuem eine Mauer errichtet, die ten Kaiser von dem Volke trénne. Dec Redner erklärte, Ruhe, VerfSHnung und Errichtung gescßliher Ocdnung, die Bürgschaft für cin Aegensecitiges Vertrauen zwischen dem Kaiser und dem Lande, feien urtrnöglih vor der Ausführung der von der Duma befürworteten Geseze- Die Aus- führung dieser Geseßze möge Ministern anvertraut werDen, die das Vertrauen des Landes genießen, die gewählt seien aus derz Erwählten des Volkes, Der Abg. Graf Potocki wies auf die IT=tmendigkeit hin, bei der Enteignung von Landgütern Rücksiht auf die Semühungen mufterbafter Landwirte zu nehmen, die diese entfaltet haben, um ibre Güter in guten Zusland zu verseßen, und dem Nehnur@x zu tragen. Diese Worte wurden von der Duma mit tiefem Schweigen auzFgenommen. Der Abg. Rumiantew erklärte, die Enteignung von Süntern allein würde auch nit die Agrarfrage lôsen, da diese einz Reorganisation in sozialer Hinsidt fordere. Der Graf Heyden, AbgeozDneter von Pskow, führte aus, das Land Habe den Semftwos viel zux verdanken, da diese eine bedeutende Rolle in der F1eiheitsberoegung ge®?Bielt hätten. Wenn auch die Reorganisation des Reich¿rats wúnshenSrert \ci, so dürfe man nicht vergessen, daf er, ebenso mie die Dumoe, den ersten Versuch der Verwirklihung einer nationalen Vertreturtg darstelle. Ryjkow, Abgzeordncter von Jekaterinoëlaw, griff den FTeichérat an und fagte, daß man die morschen Pfeiler des alten Neg tmes durch ebenso morshe Pfeiler zu ersezen beabsihtige. Flkin, ZBDageordneter von Saratow, erklärte, daß die Adresse die mittlere Lizzte zwischen zwei Ertremen darstelle, und es sei daher nit mögli, die Leiden der unteren Stiften der Bevölkerung in vollerrx Umfange zu s{ildern; aber wenn man die MNeden Der Duma lber den die unteren Volksklassen betreffenden Teil der Adresse lese, so werde man darin finden, was nicht in die Adrefse hâtte aufgenommen werden köznen. Svosf o Bny, Ab- eordneter von Jekaterinoëslawo, tief von vielen Seiterx LIärmenden
iderspruch dur eine Rede hervor, in der er die ForDe=zrurgen der Bauern als berechligt bezeichnete, die verdienten, berüŒHdtigt zu werden, jedoch die Forderungen der Arbeiter für zu w=tEaehend er- flârte und die Ausflände als Selbstmord hinftellte. Der LCbzeordnete Massonius (Minsk), bemängelte, daß der Entwurf zu sehr das Aussehen eines Programms habe, cine Tatsache, die seine Tragweite, die auf die Erreichung ciner Amnestie bercrzet sei, bes einträchtige. Der Abg. Aladi n (Simbirsk) führte aus, etne Wibler verlangten, daß er von den Opfern berihten solle, die Fie mit ibm für die Freiheitsbewegung gebracht hätten. Das Volk Benötige der Freiheit, und zwar einer solhen, die durch niemand und Dur nihts, außer durh das Gesey, gehemmt werde.
Hierauf wurde die Debatte geshlossen und Die nähste Sizung auf heute vormittag anberaumt.
— Die von drei Mitgliedern des Rcichsrats erxtworfene Adresse des Reichsrats an den Kaiser Eittet, der „Nowoje Wremja“ zufolge, um Amnestie für alle, die während der E C egns die Grenzen deS Geseßes überschritten, ohne sich jedoch eines Angriffes auf fremdes Eigentum oder Leben shuldig gemaht zu haben. Der Adreß- entwurf wird in öffentliher Sißung beraten werden.
— Dur Kaiserlichen Erlaß ist, obiger Quelle zz2rFolge, der bisherige Staatssekretär Graf Lamsdorff für das Fahr 1906 zur Henne an den Sitzungen des ReichsratS berufen worden.
Serbien.
_ Nach einer Meldung des „W. T. B.“ haberx Dörfern Stoger und Baritsch muselmanische seit zwei Tagen gegen Christen gekämpfi. Die Zahl der Toten und Verwundeten is noch unbekannt, Do soll sie ziemlih bedeutend sein. Die christlihen Familien sollen sih über die montenegrinische Grenze in Sicherheit gebracht
haben.
Schweden.
__Die Zweite Kammer hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, mit 134 gegen 94 Stimmen den Regierungsentwz1urrf einer Wahlrehtsreform angenommen. Troßdem ist D{te}e Vor- lage gefallen, da sie, wie bereits gestern gemeldet, Von der Ersten Kammer abgelehnt worden ijt.
Afien.,
Wie der „Daily Telegraph“ aus Tokio meldet, hat der Vicomte Hayashi die Berufung zum Minister des Aeußern angenommen. An seiner Stelle ist dem Baron Komnr ura der Posten des Botschafters in London angetragen wordezr.-
in den Nizams
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberihte über die ragen Sizuntggen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten BHBefinden fih in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Jn der heutigen (104.) Sißung des Neichstag S „, welher der Staatssekretär des Reihs)chaßamits Freiherr von S tengel beiwohnte, wurde die zweite Lesung der Novelle zurrz Gesetz, betreffend Ausgabe v'on Reichskassenscheiner, fort- gesezt. Nach 1 sollen die Reichskafsenscheine zu 50 und 20 M eingezogen und durch solhe „zu 10 Æ“ ersegt werden. Die Beratung hatte in der vorgestrigen SiStuzng vor der Abstimmung über § 1 wegen Beshlußunfähig keit des Hauses abgebrohen werden müssen.
Inzwischen ist ein Antrag des Abg. Graf Kanitz (D. kons.)
eingelaufen, der folgenden § 3 hinzufügen will:
_ An die Stelle von Art. IV des Gejeßes vom 1. Fruzni 1900 tritt folgende Bestimmung: „Der Gesawtvetrag der eissilber- münzen soll bis auf weiteres 20 K für den Kopf der BewSffecrung des Reichs betragen. Zur Nzuprägung dieser Dêünzen sinD Landes- silbermünzen niht zu verwenden.“ Auch die Uebershrift Des zur Beratung stehenden Geseßentwurfs foll entsprehend erweitert werten.
_ Weiter gab der Präsident Graf von Ballestre 772 einen ihm soeben von dem Abg. Arendt handschriftlich über-reidten Antrag bekannt, d em Entwurf folgenden Zusaß zu geben: __ _eSolange Reichskassensheine im Umlauf And Í ift die Hälfte des Münzgewinnes von der Autprägung von NeicŒWS[Ssceide- münzen zur Einziehung von Reichskafssensheinen zu verwen Den.“ Präsident Graf von Ballestrem: Ih babe ZweifeL, ob der Antrag des Grafen Kaniß hier als Amendement zuläsfig ist. DaS Geseh, das wir beraten, ist angekündigt als Aenderung des Gesetzes vom ZO. April 1874; der Antrag des Grafen Kaniß betrifft die Silberautprägurig zzndwill das Gefey vom 1. Juni 1900 ändern. Ih möchte hier keinen Pr-Szedenz-
fall hafen, indem man an cin Geschß eiwas anhängt, was mit ihm niht in weseniliter Verbindung steht, und wenn das Haus nit anders bes{ließt, würde ih den Antrag nit als Amendement, sondern als Jniativantrag behandeln. :
Abg. Graf Kanihz (dkons.): Mein Antrag bezweckt in der Haupt- sache dasselbe wie der Antrag Arendt; meine Absicht ist au, den Gewinn zur allmählihen Einziehung und Beseitigung der völlig ungedeäten Reichskassensheine zu verwenden. Wenn aber Zweifel beim Hause kesteben, fo bin ich gern bereit, meinen Antrag zu Gunsten desjenigen des Abg. Arendt zurückzuziehen. _
Abg. Spahn (Zentr.): Wenn der Präsident nit die Zulassung des Antrages Arendt selbst vorgeschlagen hätten, würde ih gegen diesen dieselben Bedenken haben und aus demselben Grunde wie gegen den Antrag des Grafen Kaniß. Aber ih seße mich mit dem Präsidenten nichi in Widerspru, sondern will die Debatte laufen laffen, wollte nur diesem Vorbehalt Ausdruck çeben.
Präsident Graf von Ballestrem: Ih bin zu meiner Ent- scheidung, die ih allerdings sehr rasch fassen mußte, gekommen, weil in dem Antrag Arendt die Reichskafsenscheine wenigstens erwähnt find, was im Antrage des Grafen Kaniß nicht der Fall ist.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Gegenüber dem Abg. Spahn will ih betonen, daß, wenn es fi in einem Geseßentwurf um Veränderung der Kassenscheine handelt, es dcch wohl in dem Rahmen der Be- ratung gehört, auch Bestimmungen über die Einziehung zu treffen. Es wäre doch auch zum Beispiel eine Erhöhung des Betrages der Kassenscheine zulässig. j
Abg. Spahn (Zentr.): Jh wiederhole, daß ich der Dieposition des Präsidenten nit widerspreck&e. ber in dem Antrage Arendt handelt es sich um die Verwendung des Münzgewinnes aus der Neu- prâgung, und diese Frage hat bei dem Gesetz, betreffend das Münz- wesen, ihre Erledigung zu finden.
__ Abg. Graf Kaniß (fkons.): . Es bandelt sich doch um die Frage, in welher Weise die Kassenscheine, die 1874 nur als Notbehelf ge- [hafen worden sind, aus der Welt gebracht werden können.
_ Damit {loß die Geschäftsordnungsdebatte. § 1 wird mit großer Mehrheit angenommen, dagegen stimmen nur ver- einzelte Mitglieder der Deutshkonservativen und der Reichs- partei.
Hierauf kam der Antrag Arendt zur Erörterung.
Abg. Graf Kanitz (dkons.): Der Antrag Arendt hat seine volle Berechtigung, das Gese von 1874 war ein Notgeset. Durch Ausgabe von 120 Millionen ungedeckter Kassensheine sollten die Einzelstaaten in die Lage gesezt werden, ihre Scheine aus der Welt zu schafeu. Als wir über die Ausgabe von Reichs- banknoten berieten, wurde in den Motiven darauf hingewiesen, daß es uns in den Fällen außerordentlihen Gelbbedürfnisses an den nötigen Zablungêmitteln fehlen würde, weshalb Banknoten in illimitierten Beträgen auëgegebea werden müßten. Leider batte man damals die Silbermünze vergessen; das Publikum würde Silbermünzen viel lieber nebmen, als ungededte Reichskafsensheine. Jh babe damals nur auf Ver- enlafsung des Staatssekretärs von Stengel auf den Antrag verzichtet. Ich kin seiner Anregung gefolgt, und habe meinen Antrag bis beute ver- hoben. Sie wissen, daß der Bedarf an Silbermünzen außerordentli boch if. Verschiedene Korporationen haben gewünsht, daß eine Vermehrung der Talerstücke eintreten möge. Unter dem Gesetz von 1909 haben wir einen Silbzrumlauf von 15 Æ auf den Kopf, aber nicht einen tat\ählichen Umlauf, sondern es sollte nur der Umlauf den Betrag von 15 auf den Kopf nicht überschreiten. Jh bitte den Antrag Arendt anzunehmen.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (68.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Innern Dr. von Bethmann-Hollweg und der Minister für Handel und Gewerbe Delbrück beiwohnten, teilte der Vizepräsident Dr. Porsch. mit, daß ihm von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedri ch Leopold folgende Depesche zu- gegangen ift: j
_ „Für die mir im Namen des Hauses der Abgeordneten aus- gesprochenen Worte der Teilnahme sage ih Ihnen meinen tief- gefühltesten, aufrihtigen Dank.“
_ Auf der Tagesordnung stand zunächst die zweite und dritte Beratung des Ge}eßentwurfs über die Be- fähigung zum höheren Verwaltungsdienst.
Auf Antrag des Vizepräsidenten Dr. Porsch wird bei S 1 eine allgemeine Besprechung zugelassen.
Nach § 1 der Vorlage wird die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst durch die Ablegung zweier Prüfungen erlangt, denen ein mindestens dreijähriges Studium der Rechte und der Staatswissenschaften voranzugehen hat.
S 5 bestimmt:
„Nah vorsriftêmäßiger Beerdigung der Beschäftigung bei Gerihisbebörden wird der Gerichtérefererdar von dem Präsidenten derjenigen Regierurg, in deren Bezirk er beschäftigt werden will, zum Regierungsreferendar ernannt.“
_ Die Abgg. Peltasohn und Keruth beantragen, zwijchen die Worte „Gerichtsreferendar“ und „von“ einzu- fügen: „nah seiner Annahme dur die Minister der Finanzen und des Jnnern“.
Abg. Linz (Zentr.) spriht \sich für die Annahme dieses Antrags aus.
Abg. Keruth (fr. Volksp.) hätte mit seinen Freunden eine radikale Reform der Auébildung zum höheren Verwaltungédienste gewünsht. Sie legten auf die Annahme ihres Antrags so großen Wert, daß sie davon ihre Zustimmurg zu dem ganzen Geseßentwurfe abhängig machten.
Abz. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.) bemerkt,
daf der von den Abgg. Keruth und Peltasohn beantragte Zusaß {hon
1903 vom Haufe angenommen worden sei. Da aber die Regierung
Schwierigkeiten gemacht babe und er das Zustandekommen des Gesetzes
“E ehatiz wolle, we:de er für die unveränderte Annahme des stimmen.
Abg. Peltasohn (fr. Vag.) befürwortet die Annahme. des Antrages zum § 5. Die Arnabhme ter Referendare müsse nah einheitlißen Grundsäßen durch die Minister d-r Finanzen und des Innern erfolgen. Der gegenwärtige Zustand sei fo unbefriedigend daß er nur durch Annahme des von ihm und dem Abg. Keruth gestellten Antrags verbessert werden könne.
Hierauf nimmt der Minifter des Jnnern Dr. von Beth- mann-Hollweg das Wort. Nach kurzer weiterer Debatte, an der sih die Abgg. von Bockelberg (kons.), Lusensky (nl.) und Keruth (fr. Volksp.) beteiligen, wird unter Ab- lehnung des Antrags Keruth der Gesehentwurf unverändert in der Fassung der Beschlüsse des Herrenhauses angenommen. (Schluß des Blattes.)
Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesegzes, betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Kosten und Schmiegel, nebst Begründung zugegangen.
Nr. 32 des „Eisenbahn-Verordnungsblatts*, hberaus- P im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 14. d. M., hat olgenden Inhalt: Allerhöchster Erlaß vom 11. Mai 1906. — Erlaß
des Ministers der öffentliGen Arbeiten vom 14, Mai 1906.
Nr. 40 des . Zentralblatts der Bauverwaltung“, her- ausgegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 16. d M: hat folgenden Inhalt: Knickfestigkeit eines Stabes mit elastischer Querstüßung. — Vermischtes: Sonderauéftellung des Landesgewerbe- museums in Stuttgart. — Zukunft des alten Botanishen Gartens in Berlin. — Vorrichtung zum Feilen, Hobeln oder Fräsen der im Gleis liegenden Eisenbahnshienen. — Parkettboden. — Zur Frage der Schubspannungen in Plattenbalken aus bewehrtem Beton. —
Bücherschau.
Statistik und Volkswirtschaft.
Deutschlands auswärtiger Handel im März 1906.
Das Kaiserliche Statistishe Amt hat soeben das Märzheft 1906 der „Monatlihen Nahweise über den auëwärtigen Handel DeutsÆ- lands“ herausgegeben. Das Heft ist infolge der durch die Neuordnung der Verhältnifse bedingten ungewöhnlihen S{wierigkeiten mit einer erheblihen Verspätung erschicnen. Für die Folge ist auf eine frühere Herausgabe zu rechnen.
Nach der Hauptübersiht wurden im März 1906 eingeführt: 3 401 675 Tonnen zu 1000 kg, ferner 212 655 Festmeter, 485 428 Stüdck und 21 961 Faß; ausgeführt wurden: 2972 934 Tonnen, 1758 Fest- meter, 529 079 Stüdck, 37 214 hl und 95590 Flaschen.
Unter den 19 Tarifabshnitten ragen der Menge nach bervor: mineralische und fossile Rohstoffe, Mineralöle mit 2337 051 t, Er- zeugniffe der Land» und Forstwirt]haft und andere tierische und pflanz- liche Naturerzeugnisse, Nahrungé- und Genußmittel mit 803 530 L, 212685 Festmetern, 44442 Stück und 21 961 Faß, chemische und pharmazeutishe Erzeugniffe, Farben und Farbwaren wit 154074 t in der Einfubr, mineralishe und fossile Nobstoffe, Mineralöle mit 2192913 t, unedle Metalle und Waren daraus mit 285 313 t, Erzeugnifse der Land- und Forstwirtshaft usw. mit 228778 t, 1758 Festmetern, 4201 Stück, 37 214 hl und 95 590 Flaschen, chemishe und pharmazeutische Erzzugnifse, Farben und Farbwaren mit 173 651 & in der Ausfuhr.
Eine Umrechnung der vershiedenen Maßstäbe auf Doppelzentner oder Tonnen und Vergleihungen mit den Vorjahreergebnifsen waren wegen der anderen Einteilung nicht angängig. — Wertberechnuzgen wird erstmals das Junibeft bringen.
Die Fangergebnisse der deutshen Seefischerei, die niht zum deutschen Spezialhandel gehören, erreihten im Vèärz 1906 einen Wert von 1 545 498 M, wobon auf die Nordsee 1 312 069, auf die Ostsee 216 573 M für Fishe und 8193 für Shaltierz entfallen.
Die deutsche überseeishe Auswanderung im April 1906 und in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Es wurden befördert deutshe Auswanderer im Monat April über 1906 1905 o 1975 u r 878 deutsche Häfen zusammen . . 2915 2853 fremde Hâfen (soweit ermittelt) 750 992 Abexatut . ,. 3665 3845
Aus deutschen Häfen wurden im April 1906 neben den 2915 deutsen Auswanderern roh 29 523 Angebörige fremder Staaten befördert, davon gingen über Bremen 17 849, über Hamburg 11 674.
Der Beirat für Arbeiter statistik war am 11. Mai unter dem Vorsiß des Präsidenten des Kaiserlihen Statistishen Amts Dr. van der Borght zu feiner 16. f as zusammengetreten. Auf der Tagesordnung stand neben geshäftlichen Mitteilungen die Fortseßung der Beratung über die Erhebungen in der Fischindustrie und die weitere Behandlung der Erhebungen über diz Arbeitszeit im Binnen - \hiffahrts8gewerbe.
_ Bezüglich der Beschäftigung von Arbeiterinnen in der Fischindustrie war der Beirat der Ansiht, daß mit Nücksicht auf die garz unregelmäßige Zufuhr und Verwertung frisch gefangenen Fishmaterials teils eine Verlängerung der Arbeitszeit, teils eine Verschiebung derselben auf die späteren Abendstunden, auß an Sonn- abenden, notwendig fei. Die vom Beirat bes{lossenen Vors&läge zielen darauf ab, daß den Fischindustriellen das Recht zustehen soll, für Arbeitzrinnen ohne behördlihe Erlaubnis die geseßliche Arbeitszeit von 11 Stunden an 40 Werktagen so zu legen, daß bis 10 Uhr Abends gearbeitet werden fkann, und ferner an Sonnabenden und Vorabeaden von Festtagen die gesezlihe 10stündige Arbeit8zeit \o ju verschieben, daß die Arbeit um 8 Uhr ihr Ende erreiht, wofür dann aber die Arbeit am darzuffolgenden Sonn- oder Festtag unterbleiben muß. Weiter wird angestrebt, daß die auf Grund der geltenden Vor- schriften der Gewerbeordnung zulässige, von den nahgeordneten Be- hörden zu erteilende Erlaubnis für Ueberarbzit bis zur Dauer von 13 Stunden nicht an den Nachweis des Bedürfnisses -für einzelne, im voraus bestimmte Kalendertage gebunden werden soll.
Hinsichtlich der Erhebungen über die Arbeitszeit im Binnen- \chiffahrtsgewerbe berihtete der Referent des Beirats über zwei Eingaben wegen angeblicher Beeinflussung und vorschriftswidriger Ers ledigung in zwei besonderen Fällen bei der Durchführung der Er- bebung. Nach den angestellten amtlihen Ermitilungen war eine Beeinflussung nicht anzunehmen, und die Abweichungen von den Vor- shristen über die Durhführung der Erbetung können einen wesent- lien Einfluß auf das Gesamtresultat niht haben, da bei den mündlihen Vernehmungen ergänzende Auskunft zu beschaffen ist. Ueber das eingelaufene Material berihtete der Referent des Kaiserlihen Statistishen Amts, daß von den ausgegebenen Frage- bogen etwa die Hälfte in verwendbarer Form ausgefüllt sei, daß ferner eine Anzahl von Fragebogen, die für Arbeitnehmer bestimmt war, für diese von Arbeitgebern beantwortet seien. An der Hand von zahlenmäßigen Uebersihten wurde festgestellt, daß ein erbebliher Teil der Angaben unzulänglih ift. Der Beirat war der Ansicht, daß von einer Ergänzung des vorliegenden Materials durch weitere \{riftliche Erhebungen abzusehen sei und daß die von Arbeitgebern für Arbeit- nehmer aus8gefüllten Fragebogen als eine besondere Gruppe behandelt werden sollen. Im übrigen sollen die Angaben dur eingehende mündlihe Befragung von Auskunftspersonen vervollständigt werden.
__ Unter dem Vorsitz von Professor Dr. H. Albrecht (Groß-Lichter- felde) fand am 14. d. M. in einem Sißungésaale des Abgeordneten- hauses eine Konferenz der Vorstände und Revisoren der in Deutsch- land bestehenden Baugenossenschaftsverbände und Vereine zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens ftatt Ver- treten waren die beiden großen, ganz Deutschland umfassenden Verbände : der Verband der Baugenossenschaften Deutshlands (Verbandsdirektor: Landrat Bertbold-Blumenthal) und der Verband der auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Eigerntums stehenden deutshen Baugenossen- shaften (Verbandsvorsigender: Professor Dr. H. Albreht {Groß- Lichterfelde]), ferner die Provinzialverbände der Rheinprovinz, der Provinzen Westfalen, Hefsen-Nafsau, Schleswig-Holstein sowte der Verband für das Großherzogtum Hefsen, eadlih der Rheinishe Verein zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens, der Westfälishe Verein zur Förderung des Kleinwohnungswesens und der Hessische Zentral- verein für Errihtung billiger Wohnungen. Die Verhandlungen, an denen Kommissare des Reichsamts des Innern, der preußischen Ministerien des Innern, der öffentliten Arbeiten, für Handel und Gewerbe, des Finanz- ministeriums sowie der Vorsitzende der Pensionskafse für die Arbeiter der preußisch-bessishen Eisenbahngerneinschaft teilnahmen, haiten den
Zweck, Grundsäße aufzustellen, die den Behörden sowohl wie den
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