1906 / 122 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 May 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Norm solchen Inhalts enthält das allgemeine Landreht zwar

nit «+4 Ungeachtet des Fehlens jener Norm sind. die land-

rehtlihen Vorschriften von der tatsählihen Voraussezung aus er- gangen, daß die Staatsshule in ihrem Unterrihte zwar alles für

Andersgläubige Verleyende vermeiden, aber do ein bestimmtes Be-

kTenntnis, inébesondere bei der Lehrerwahl, berücksihtigen werde. .

Meine Herren, diese Ausführungen enthalten eine zutreffende Begrün- dung für die Jhnen hier vorliegenden Vorschläge.

Nun haben allerdings die Herren von der freisinnigen Volks- partei und der freisinnigen Vereinigung ihrerseits sih dagegen ver- wahrt, daß die allgemeine Durhführung des Simultanschulenprinzips die Beseitigung des Religionsunterrihts in der Volks\{hule zur Folge haben würde. Aber, meine Herren, das sind persönliche Versicherungen ; und wenn man die Protestversammlungen, die an zahlreihen Orten in der Zwischenzeit veranftaltet worden sind, ihren Verlauf und den Tenor der Resolutionen, die da gefaßt worden sind, verfolgt, so liegt die Befürchtung sehr nahe, worauf die eigentlihe Bestrebung hinausgeht.

Mit der Argumentation,. die jegt in derartigen Versammlungen

und auch in Lehrervereinen nach einer einheitlißen Schablone dahin zusammengefaßt ist: die Schule ist eine Veranstal- tung des Staats, der Staat ist paritätisch, also muß auh die Schule paritätisch sein ist durch das Oberverwaltungs- geriht gründlih aufgeräumt worden. Diese Argumentation ignoriert die Zweckbestimmung der Schule als einer Jugendbildungs- und -Er- ziehungêanstalt, sie ignoriert die \{ultechnischen und pädagogischen Gesichtspunkte, die namentlich au der national. liberale Abgeordnete Herr D. Hackenberg bei Begründung des Kompromißantrages vom 13. Mai 1904 zutreffend geltend gemaht hat, sie läßt vor allen Dingen den Umstand unberücksichtigt, daß die Ausbildung unserer Volks\{hullehrer niht eine Ausbildung von Fachlehrern ist, sondern xine Ausbildung für das gesamte Gebiet des Volks\{hulunterrihts, der als wihtigstes Fah die Religion umfaßt.

Damit komme ih auf das andere Thema, das ih eben {hon angedeutet habe. Meine Herren, die Befürhtungen, die ich in dieser Nichtung ausgesprochen habe, sind in der Tat durchaus nit gegen- standslos. Jch daf nur an das Prozramm der sogenannten Ver- Enfgung ter Liberalen erinnern. Da ist erstens die Gleihberechtigung der religiösen Bekenntnisse, die Beseitigung der geistlihen Sqhulaufsicht, die allgemeine Volks\hule für alle Konfessionen, die Beseitigung des Schulzwanges für den Religionsunterriht als Ziel hingestellt, als weitere Folge davon aber in zahlrei@en Ver- sammlungen die vollkommene Beseitigung des Religionsunterrihts aus der Volksschule. Gerade in Versammlungen der leßteren Art hat die Beseitigung des Religionsunterrihts aus der Volks\hule eine wesent- Tie Rolle ‘gespielt. Beispielsweise brauhe ih den Herrn Abg. Funck nur an den Verlauf der großen Volksversammlung in Frankfurt a. M. erinnern, wo man Arm in Arm mit den Sozialdemokraten den Be- {luß gefaßt hat, den Religionsunterriht aus der Volksschule zu ent- fernen, und als Folge dieser Volksversammlung die Aufforderung aus- gesproGen hat, mögli zahlreich den Austritt aus der Kirche zu erklären.

In Broschüren, die in neuester Zeit en mass6 verbreitet worden find, ' ist diese Forderung ja au wieder als eine ganz s\elbst- verfländlihe hingestellt, zum Teil von Männern, bezügli deren ih das von dem Herrn Abg. Dr. Porsch heute abgegebene Vrteil nur durhaus teilen kann. Jch beklage es, daß angesehene Mitglieder der gelehrten Welt \sich in dieser Weise ôffent- Hch ausgesprochen haben, in einer Zeit, wo es wahrlich not tut, den religiösen Sinn unserer Jugend in erhöhtem Maße zu wecken. Die Herren Abgeordneten, weldhe den Titel 4 der Vorlage bekämpfen, Halten sich, glaube ih, diese Gefahr niht genügend gewärtig. Man geIangt, tatsählich zu ganz anderem Ergebnis. Die Reise geht auf eine schiefe Ebene, auf welhe die Frage dadurh gebraht worden ift, daß die DuGführung der Simultanshule als eine Forderung des fortgeshrittenen Liberalismus hingestellt wird. Sie führt unvermeidlih zu den von mir angedeuteten Folgen.

Nun aber, meine Herren, kcemme ih auf die tatsählihen Ver- hâltnifse. Und da kann ih Zahlen anfühken, die in allen diesen Ver- sammlungen ignoriert oder, wie ih glaube, absihtlich verfGwiegen worden find. Wir haben in fünf Provinzen keine einzige Simultan- sthule: in Brandenburg, Sachsen, Schleéwig-Holstein, Hannover und Westfalen. Sie können ohne weiteres Pommern dazu renen, denn diese Provinz weist nur eine einzige Simultanschule auf, im gemis{ht- sprahlihen Gebiete des Kreises Lauenburg, Im deutschen Sprach- gebiete der Provinz Schlesien ift nur eine einzige, und zwar in Ohlau, vorhanden. Jm Gebiet des ehemaligen Kurfürstentums Hessen besteht aur cine Simultanschule in Hanau. Die große Rheinprovinz, die 6 Millionen Einwohner zählt, bat deren allerdings 12. Jn Ostpreußen find im deutshen Sprachgebiete nur zwei Simultanshulen vor- handen —; summa summarum sind es 16 Simultanschulen gegen 37 000 Volksschulen im ganzen preußischen Staate. Und darum diese Gntrüstung und diese Proteste!

Meine Herren, es ist heute wiederholt auf den Herrn Minister Falf bezug genommen. Der Minister hat si{ch im Jahre 1876 aus- führlih. im Herrenhause über seine Stellung zur Simultanschulfrage auêgelafsen. Er hat sich ausdrücklich gegen die Annahme verwahrt, vaß er - prinzipiell auf Einführung der Simultanschule bedacht sei. (Sr hat betont, daß er sie prinzipiell auch nit als die Regel ansehe für die Gestaltung unseres Volks\{hulwesens, sondern ihre Einführung in den einzelnen Fällen nur dann als zulässig erklären könne, wenn einmal die Untertichtsziele an den betreffenden Orten auf andere Weise nit in genügendem Maße erreiht werden können, oder wenn nur durch Zusammenlegung von Schulen verschiedenen Bekenntnisses die Möglichkeit der angemessenen Erreihung von Unterrichtszielen ge- fichert sei. Weshalb man nun gerade immer zu Gunsten der Simultanshule den Namen des Herrn Ministers Falk heranzieht, ist mir unverständlih. Er Hat ohne weiteres dadur . anerkannt, daß die Simultanshule die seltene Aus- nahme und die Konfessionsschule im preußishen Staate die Megel sei. Da erhebt sich die weitere Frage: Wer hat den Ruf des preußishen Volks\hullehrers als einen vortrefflihen begründet ? Die preußische konfessionele Schule! Wer war der sog. Sieger von König- gräß ? Der preußische konfessionelle Volksschullehrer! Welche Landes- teile mit gemisht konfessioneller Bevölkerung weisen den größten interkonfessionellen Frieden auf? Das ist in erster Reihe die Provinz Hannover mit ihrer geseßlih festgelegten konfessionellen Schule. Das

unterhaltungsgeseß niht zu bekommen gewesen wäre. Wir hätten, w au nicht bis zum jüngsten Tage, so do sebr lange d 1üssen. Nur auf der Grundlage der Regelung va Sh Aa E E fich die stolze \

eintritt.

vertretenèn Sinne betraten kann.

kleinere Simultanschulen beseitigen solle ich spreche niht von Nassau und den gemischt\sprahigen Gebieten, die oie Lal Silcndfee Rücksichten ganz anders beurteilt werden müssen —, weshalb man diese minimale Zahl nun zum Ausgangépunkt eines derartigen An- slurms einmal gegen die Königlihe Staatsregierung, zweitens gegen die Vorlage nimmt, if mir völlig unverständliß. Dem Vorwurf, daß die Kulturentwicklung unseres Landes dur die Förderung der Konfessiors\hule und durch ihre geseßlihe Festlegung gefährdet werde, fehlt jeder Boden, und ih \chließe mit der Ver- sicherung, daß es meiner Ueberzeugung nach der Agitation, mag sie auch in noch weiteren Dimensionen als bisher \ich vollziehen, ni cht gelingen wird, dem Volke die Neigung zu rauben, die Kinder, welhe in dem Glauben der Völker erzogen sind, nun auch durch Lehrer der eigenen Konfession unterrihtet zu sehen. Das Gefühl ist ein fo natürliches, in unserer Religion so begründetes, ein si dur alle Jahrhunderte hindur{ztehedes, daß es meiner Ansicht nach völlig unmögli i}, nun mit einem Male durch eine künstliche Agitation im Volke eine andere Anschauung zu erwecken. Jch behaupte, daß die Simultanschule niht die Schule der Zukunft ift ; sle ist auch nit die Schule, die vom unterrihtstechnishen Standpunkt aus ih empfiehlt, wie namentlich ein Abgeordneter der nationalliberalen Partei am 13, Mai 1905 hier aufs Ueberzeugendste vor Augen geführt hat. Sie ist die Schule der Zukunft nicht in dem Sinne, daß damit die bewährten preußishen Traditionen gesichert werden. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

Akg. Schiffer (nl.): Ob die Simultans{ule die &

der Zukunft is oder sein wird, wissen wir e bie Cdule aber, daß die Entwicklung unserer Schule sich in freien Bahnen bewegen wird, und ein großer Teil meiner Freunde würde sih allerdings in einem außerordentlihen Frrtum befinden, wenn nicht in der Tat die Nu die Schule der Zukunft werden wird. Der Abg. Hackenberg hat fih in keiner Weise zu Ungunsten der Simultanschule für die konfessionelle Squle ausgesprochen; er hat es nur als ein Gebot der Gerechtigkeit angesehen, daß auch die kon- fessionelle Schule zu berücksihtigen sei. Der Abg. Cassel hat auf Gneist Bezug genommen, um die Simultanschule jo binzustellen, als ob fie von dem Allgemeinen Landrecht anerkannt sei. Es kann dahin- gestelt bleiben, ob Guneist recht hatte; jedenfalls führt aber auch seine Auffassung nicht weiter, als daß die imultanshule in Preußen zugelassen ist. Ein Zwangsrecht kann aber auch nah Gneist die Simultanschule für sih niht in Anspru nehmen. Für uns eh es, einen Zustand zu schaffen, der die beiden Schularten der kon- fessionellen Schule und der Volksschule klar abgrenzt. Nun hat der Abg. Cassel auch aus einer Auëlassung des früheren Ministers von Puttkamer hergeleitet, 2as die Simultanschule damals im Gegensatz zu dem vor- liegenden Geseß der konfessionelen Schule eili als gleich- berechtigt zur Seite gestellt wurde. Ich meine, Herr von Puttkamer hat mit ggner Aeußerung, daß er sich nit für befugt halte, in die Rechtésphäre einer bestehenden Simultanschule einzugreifen, nur fagen wollen, daß er sih nit für befugt halte, willkürlih etwas zu be- feitigen, was dur die Verwaltungsprarxis festgelegt war. Es wäre allerdings ein \{werer Vorwurf zu machen, wenn das Prinzip der Sale L so weit R würde, daß die Entwicklung der Volks|chule dadurch vershlofsen würde. Wir müssen aber andererseits au anerkennen, daß die bestehenden konfessionellen Schulen durchaus auf nationaler Grundlage beruhen; wir müssen anerkennen daß konfessionelle Schulen und Simultanshulen Gutes und Vortreffliches leisten. Wir können nicht sagen, daß die fkonfessionelle Schule heute ein unerträglihec Zustand wäre; wir wenden uns gegen die Be- hauptung des Abg. Cassel, daß rechtlich die Simultan hule durch das Geseh in eine Ausnahmestellung gedrängt wird. Rechtl haben wir für beide Schularten dieselben Vorausseßungen gescha|en. Man kann noch weniger sagen, daß wir durch diefes Gese der Simultanschule einen Riegel vorgeshoben haben. Es war für mich das {merzlichste Opfer, daß wir neben den historisch gewordenen Faktoren des Staates und der Gemeinde das subjektive Element der Konfessionalität bei der Zusammenseßung der Schulverwaltungen zu- lassen mußten. Aber ih meine, daß wir nicht in unzulässiger Weise Zugeständnisse gemacht haben ; wir wollen lieber die Sicherheit haben, eine begrenzte Entwicklung möglih zu machen als eine unbegrenzte Ent- wicklungsmöglichkeit ohne Sicherheit. Ih will auf die innere Berechtis gung der rantellonellen Verhältnisse niht noch einmal eingeben; aber dem Abg. Funck entgegne ih, daß ohne unsere Mitwirkung ein Schul-

ulunterhaltungspflicht wird

dhe des Volks\hulgeseßes aufbauen. Aber ih wieder-

\Endziel des Kampfes habe ih {hon angedeutet. Schädigen würde es

hole, daß es jahrjehntelang noh ohne uns gedauert hätte. Wir glauben,

das von unseren Vätern uns überlieferte treue Festhalten an unserem Glauben, es würde in leßter Reihe eine chwere Schädigung unserer evangelischen Kirche bedeuten. Solange ih das mir auf die Schultern gelegte {were Amt des preußischen Unterrichtsministers bekleide, werde: ich mit allen Kräften mich dagegen wehren, daß eine folhe Beeinträchtigung der christlihen Religion in unserem Vaterlande

Nun, meine Herren, darf ich noch zurückommen auf die \tatisti- hen Nachrichten, deren Vorhandensein der Herr Abg. Bes N und der Herr Abg. Funck heute bemängelt haben. Das führt auf die Frage der fog. paritätishen Schulen, also solcher Sgulen, in denen neben den Lehrern des Bekenntnisses der Majorität im Laufe der Zeit auch Lehrer der Minorität angestellt sind, um den Religionsunter- richt zu erteilen. Grundsäglih können diese Schulen als Simultan- schulen nit betrahtet werden. Es ist dies in einem Erlasse aus den 70er Jahren, also {hon vor längerer Zeit, auch ausdrücklich dur den damaligen Herrn Unterrihtsminifter anerkannt und festgestellt worden. Aber ih will diese Zahlen hier vorführen, damit die Herren niht immer mit dem Argumente kommen, die Unterrihtsverwaltung hätte da etwas zu verbergen. Jh muß hinzufügen, daß dabei zunächst die Provinzen Posen und Westpreußen, ferner das gemishtsprahige Gebiet des Regierungsbezirks Oppeln und“ endlih auch der Regierungsbezirk Wiesbaden mit einbegriffen sind. Da ftellt si denn beraus, daß wir im Jahre 1901 in der ganzen Monarchie 803 derartige Schulen hatten mit 4813 Lehrkräften, 5066 Klassen und 284 575 Sghulkindern. Lassen Sie aber die vorbezeihneten Landedteile ‘außer Betracht, so verbleiben nur 97 Schulen mit 1084 Lehrkräften und rund 57 000 Schülern. Die Simultanschulen im eigentlichen Sinne, in welchen nah den bestehenden Vorschriften das Lehrerkollegium grundsäßlih sowohl aus evangelischen wie katholishen Lehrern zusammengeseßt werden kann, weisen innerhalb des deutshen Sprachgebiets, und vom Regierungsbezirk Wiesbaden abgesehen, nur die von mir erwähnte Zahl von 16 Simultanschulen auf. Meine Herren, ich wiederhole die Behauptung: die Simultans(hule bildet im preußischen Staate die aller- seltenste Ausnahme; es is noch nicht 1 pro Mille aller Sgulen, die man als Simultanschulen in dem von der Königlichen Staatsregierung

Weshalb man nun entgegen einer Entwicklung, die in breiten Schichten des Volkes ihre völlige Billigung findet, die hier wiederholt Gegenstand der Erörterung gewesen ist in dem Sinne, daß man

auf das Bezug, was er shon vorher ausgeführt hat. mission „jei das Net m tiefe; p eingeschränkt worden, er beantrage deshalb die Wiederherstellung der Regierungsvorlage. seine Freunde niht auf die Kommissionsfassung eingehen.

angelegenheiten Dr.

daß unsere Beschlüsse eine Grundlage bilden, die wir annehmen N erfreuen, die auf dieser Grundlage dur uns erzielt mos

“Abg. Ern (fr. Vag.): Nicht nur nah mei sondern auch auf Grund e persönlicher Ecsabeundea t S 8 die Simultanshule den konfessionellen Frieden förd s e Auffafsung, daß der gesamte Unterricht in der Volks\{ule n h er Religion durhdrungen sein e, ist nur eine Phrase. Jn is Ünterrihtsfahe muß die Sade felbst und die dafür gegebene Mett.® ie iz M s Dodsgullehrer haben mit Recht darauf bin- feifionellen ie Einheit der nationalen Bildung unter der kon viele Projelytenmacheret getrieben werden. i bestehen evangelishe Schulen, wo z. B 67 “vanelishen e Bosen 121 fatholishe, 19 evangelishen 134 tatholise, 46 evangelisge 93 katholische, 41 ang Nen 89 fkatholishe Schüler gegen, überstehen; das umgekehrte Verhältnis gibt es auch bei dén katholishen Schulen. Es heißt eine Vogel-Strauß-Politik treiben wenn man folhe Schulen noch konfessionelle Squlen. nennt. Es ist durchaus. nicht rihtig, die Freunde der: Simultanshule als Atheisten und nur die Anhänger der Kos. fessionsschule als gläubige Christen zu bezeichnen; die Simultan- \hule ist durchaus keine De Schule. Auf dem katholisden Lehrertage in Straßburg ist allerdings gesagt worden, in der Simultanshule gebe es nur Menschen, deren Hérz kalt wie das Eis, meer ist. Von solchen Uebertreibungen follte man sich doch fern halten. Es ift doh eine Binsenwahrheit, daß der Katholiziómus aud aus der Reformation ganz ungeheure Vorteile gezogen hat. Jn dieser Vorlage wird die gelie Schulaufsicht befestiat, während die esen erten selbst sie abschaffen wollten. Die Sozialdemokraten (Abg. Freiherr von Zedlig: Ihre Agitationsfreunde!) D bitte ih mir. Der Sieg d id f Porebabtien ‘eir, eg der Mehrheit mit dieser Vorlage wird ein Darauf wird ein Schlußantrag angenommen. A uar g. Cassel, daß er wegen des [usses erst i itten: eung auf die Ausführungen des Minis Me ers in i. Minister habe aus seiner Rede falsche Schlüsse gezogen. Wenn der Minister auf seine (des Nedners jüdishe Konfession habe anspielen poln, e in E c L u Stolz zu dieser Konfession be- i; i ertreter i ä ? E S nit En, Men ITURAON, IAeS a0 i g: Hretherr von Zedliß und Neukirch: DieSozi kämpft gleihfalls gegen das Per ih alies ben Mde

gung,

zu dieser Bundesgenofsenschaft. err Caffel hat unbeachtet

daß, als ih 1904 zuerst meinen Antrag T linie ih Pot

vie tei, Dr N weiteren Verhandlungen überlassen, wie e

nehmen seien i mmungen ncch in diesen Antrag aufzu-

g. Ernst: Der Abg. von Zedliß bat mich als , freund der Sozialdemokraten Beutdiat , Wenn Z jeßt ues gemeint haben will, daß die Sozialdemokraten auch die Vorlage be- Dien, so habe ih nihts dagegen, sondern freue mi im Gegenteil In der Abstimmung wird zu §8 18 der Antrag Peltasohn den zweiten Saß als besonderen S A zu bein, n der Heiterkeit des Pauses angenommen. Die sämtlichen übrigen Anträge der Freisinnigen und des Zentrums werden abgelehnt, darunter auch der Antrag der Freisinnigen, den ganzen Ab- schnitt über die konfessionellen erhâltnife zu streichen. Die S 18, 19, 21, 22 und 23 werden unverändert in der Kom- missionsfassung angenommen, der von den Freisinnigen be- antragie neue § 23a, der sih auf die Dissidenten bezieht, wird Dat Cits h i as Haus geht über zu § 20, welcher die einzelnen Be- stimmungen über die Simultanschule enthält. :

_ Na § 20 behält es an einer Volks\hule, an der nah ihrer besonderen Verfassung bisher gleichzeitig evangelische und katholishe Lehrkräfte anzustellen waren, dabei - auch in Zukunft dei Bewenden. Jn einem Schulverbande, wo nur jolhe Sqhulen bestehen, fönnen neue nur auf derselben Grund- lage errihtet werden. Eine Aenderung kann aus bejonderen Gründen vom Schulverband mit Genehmigung der Schul- aufsichtsbehörde herbeigeführt werden. on anderen Schul- verbänden können solhe Schulen nur mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde aus besonderen Gründen errichtet werden, Gegen den Beschluß des Schulverbandes ist Ein pruch beim Kreisausschuß und gegen diesen die Beschwerde an den Lt zulässig. Beträgt in diesem leßteren Falle die onfessionelle Minderheit über 60, in den Städten sowie in Landgemeinden von mehr als 5000 Einwohnern über 120, so ist auf Antrag der Schulaufsichtsbehörde eine Beschulung in der betreffenden Konfession einzurichten. Die Abgg. Dr. P or # ch (Zentr.) u. Gen. beantragen prinzipaliter, die Regierungsvorlage wiederherzustellen, wona es bei den bisherigen Simultanshulen „vorbehaltlich eines abändernden Beschlusses des Schulverbandes“ in Zukunft sein Bewenden behalten soll und in dem betreffenden Schulverbande neue Schulen nicht lediglih auf simultaner Grundlage zu beruhen brauchen, sowie die Bestimmungen zu streichen, die fich auf die anderen Schulverbände beziehen, in denen es bisher niht nur Simultanschulen gibt. Der den Fall der Ab- lehnung diefes Ant1ages beantragen sie, die Minoritätszahl 60 bezw. 120 durch 40 bezw. 80 zu erseßen, sowie einen Zusaß, wonach die Pams des Lehrkörpers mögli der konfessionellen uammen eBung der Schüler entsprehen und der Leiter der Schule der Konfession der Mehrheit der Kinder angehören soll.

Die Abgg. Cassel und Broemel beantragen die Aenderung, daß in Schulverbänden, wo bisher niht nur Simultanschulen be- stehen, solhe Schulen errihtet werden können, wenn a. mit den bestehenden Schuleinrichtungen Uebelstände verbunden sind, die die Ausgabe der Schule wesentlih ershweren, b. dadur eine we'entliche Verbefferung eintritt, c. aus anderen, besonderen Gründen. Gegen die Rand der Genehmigung dazu soll die Klage im Vere waltungéstreitversahren zulässig sein. Ferner follen die Bestimmungen über die- besondere Besch

ulung der Minorität tri j Abg. Dr. Por f 6 en gestrihen werden

(Zentr.) nimmt zur Begründung seines Antrages \ In der Kom- zur Simultanisizrung einer Volks|chule

Von ihrem prinzipicllen Standpunkt aus könnten

Abg. Cassel begründet seine Anträge, welhe die Fälle

spezialisieren wollten, in tenen Simultanschulen errihtet werden

könnten, und „außerdem das Verwaltungsstreitverfahren zulassen

wollten.

Minister .der Ae Unterrihts- und Medizinal- udt:

Aus den Gründen, die ich vorhin anzudeuten die Ehre haite,

muß ih bitten, den vorliegenden Antrag Nr. 266 abzulehnen. Es würde eine wesentlihe Grundlage der Verständizung über die konfessionellen Bestimmungen, die in Aktschnitt 4 des Entwurfs nicder- e sind, erschüttert, wenn dieser Antrag angenommen werden“ ollte.

(Schluß in der Drit'‘en Beilage )

können, und der Abg. Cassel wird si troy seines Widerspruhs an dey

atiere-

ule leiden könnte. Jn der Konfessions\{ule kann sehr-

diese Vorlage als Heu niht entgehen lasen, .

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

M 122.

Berlin, Freitag, den 25. Mai

1906.

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Er hat aber außerdem noch das prinzipielle Bedenken, daß hier das Oberverwaltungsgeriht in technisch unterrihtlihen und administrativen Ermessensfragen der Unterrichtsverwaltung als Richter eingeschaltet werden foll. Auch dieses Bedenken hat in der Kommission und später au in diesem hohen Hause eine ausreihende Würdigung gefunden. Ich möchte bitten, sh der Auffassung anzuschließen, daß hier das Oberverwaltungsgeriht niht eingeschaltet werden kann, und den Antrag in allen seinen Teilen abzulehnen.

Jch sehe mih aber veranlaßt, noch einmal auf die persönliche Bemerkung zurückzukommen, die der Abg. Cassel vorhin ge- macht hat. Ih habe nicht direkt auf diese persönlihe Bemerkung erwidert, weil ih sonst die bereits geschlossene Debatte wieder eröffnet haben würde. Jh nehme gern Veranlassung, dem Abg. Cassel gegenüber zu erklären, daß ih bei meiner Andeutung über die christlih-konfessionellen Volktshulen niht am entferntesten an seine Zugehörigkeit zu der jüdishen Religionsgemeinschaft gedacht habe. Jh bedaure im übrigen, daß der Abgeordnete dur die Fassung meiner Bemerkung zu einer derartigen Auffassung hat kommen können.

Abg. Wolgast (fr. Volksp.): Wir haben unseren Sas ein- ebraht, um den Gemeinden das Recht zu wahren, aus eigener

achtvollkommenheit eine Simultans{ule einzuführen, da * wir der Meinung sind, daß sie selbst am besten beurteilen fönnen, ob das Bedürfnis für eine folhe vorliegt oder nicht.

Welcher Vorliebe #sch die Simultanschule sogar in dem fatholishen Bayern erfreut, geht daraus bervor, daß dort z. B. in München eine zweite Simultanshule eingeführt werden foll. Man hat mir vorgeworfen, daß ih als Schleswig-Holsteiner gerade für die Simultanschule eintrete, wo wir doch in Schleswig-Holstein über- haupt keine Simultanshulen haben. Das liegt an den dortigen kon- fessionellen Verhältnissen; aber ich bin hier doch nit bloß als Ab- geordneter für Kiel, sondern als Abgeordneter, der das Interesse der gesamten Monarchie im Auge behalten muß, und weil ih glaube, daß die Simultanshule im Interesse der ganzen Monarchie liegt, bin ih

für die Simultanschule.

Damit schließt die Diskussion. Alle Anträge des Zentrums und der Freisinnigen werden abgelehnt; § 20 wird in der Kommissionsfassung angenommen.

Ein vom Abg. Kindler (fr. Volksp.) gestellter Ver- tagungsantrag wird um 41/4 Uhr abgelehnt.

8 24 regelt die Vorschriften für die Errichtung, Unter- haltung und Verwaltung der jüdischen öffentlihen Volks- \hulen dahin, daß auf diese Schulen bis auf weiteres die geht bestehenden Bestimmungen Anwendung finden. Es bleibt eventuell den Schulverbänden überlaffen, für den jüdischen Religionsunterriht nah Maßgabe der Vorschriften des § 21 Sorge zu tragen. i 5 Ma Meta tons (fr. Vag.) begründet einen Antrag, der es den Schulverbänden überlassen will, die vorhandenen öffentlichen jüdishen Volksschulen zu erhalten oder bei der Schulaufsichtsbehörde ihre Auflösung zu beantragen. Die Auflösung solle nur zulässig sein, wenn bei dem Vorhandensein von mindestens 12 jüdishen Schul- kindern der Schulverband gleichzeitig für den Religionsunterricht Sorge trage. Im übrigen bezwecke der Antrag in seinen einzelnen Bestimmungen eine Gleicbstellung der Volksschulen, an denen gleich- zeitig christlihe und jüdische Lehrkräfte angestellt seien, mit den im § 20 behandelten Simultanschulen.

__ Ministerialdirektor D. Sh warßkopff weist auf die aus- führlihen Verhandlungen in der Kommission hin. Wenn von jeßt an die Gemeinden als die Träger der Schullast betrahtet würden, fo wäre eine Verquickung derselben mit den bestehenden jüdishen Schul- fozietäten niht angängig. Es sei nicht zu bezweifeln, daß die Selbst- verwaltungsbehörden die jüdischen Religtionsverhältnisse durhaus nicht \hlechter behandeln würden als die christlichen.

Darauf vertagt das Haus die weitere Beratung um 4/, Uhr auf Freitag 11 Uhr.

Kunft und Wissenschaft.

A. F. In der leßten monatlichen Fachsißung der Gesellschaft für Erdkunde sprah der Astronom Dr. Joh. Riem über „Eine neue geophysikalishe Theorie der Sintflut“: Die Wissen- haft hat bisher, so führte der Nedner in der Einleitung aus, dem Problem der Sintflut verhältnismäßig geringe Aufmerksamkeit ¿u- gewandt und es den Theologen überlassen, ih mit dem Ereignis zu beshäftigen. War dot lange Zeit die von der Sintflut im ersten Buch Mosis gegebene Mitteilung die einzige uns bekannte over, von vereinzelten mythologisWhen Erwähnungen abgesehen, die einzig als authentisch anerkannte. EigentliG wissenschaftlißhe Erklä- rungen der Sintflut sind bisher nur zwei bekannt geworden: Ad 1: Eine astronomische, beruhend auf der sogenannten Präcession, der dur die Anzichung von Sonne, Mond und Planeten verursachten,

ch im Vorrüden der Tag- und Nachtgleichen äußernden Erscheinung, deren Wirkung ist, daß die Stellung der Erdachse zur Sonne beein- flußt wird und in einem Kreislaus von 26 000 Jahren bald am einen, bald am anderen Pole Anhäufungen von-Eis stattfinden und auf der Die aengeleten Halbkugel Ueberschwemmungen hervorrufen müssen. Die an fich keinem Zweifel unterliegende Erscheinung kann jedoh unmöglich jemals eine plößlihe und verhältnismäßig \hnell verlaufende Flut erzeugen, da in der langen Zeit der 26000 Jahre die Uebergänge offenbar sehr ibiasim vor ih gehen müssen. Ad 2 hat vor einigen Jahren der Astronom der russischen Landesvermessung, Fr. von Schwarz eine neue Erklärung des Sintflutvorganges aufgestellt, beruhend auf der durch mancherlei

Beobachtungen begründeten Annahme, daß in Innerasien dereinst ein großes, 4000 km langes, 1400 km breites, 7000 tiefes Binnenmeer

estanden habe, das infolge von Erdbeben den umgebenden Gebirg8wall durhbrochen und seine verheerende Wirkung bis nah Südeuropa und zur

Sahara ausgedehnt habe. Erst nah dem Durchbruh in das Weltmeer bei Gibraltar sei das Gleichgewiht der Gewässer wieder cingetreten. Diese Darstellung erscheint als eine verfehlte Hypothese, um fo mehr, als ihr Urheber das Ereignis mit einer von den chinesis{en Annalen verzeichneten gewaltigen Ueberschwemmung im Jahre 2297 vor Chr. identifiziert, während Nachrichten von der großen Flut {on 5000 vor Chr. in der Ueberlieferung vorkommen. Unwahrscheinlih wird die Erklärung namentlich dadur, daß diese Flut, wenn auch fich über ein großes Gebiet erstreckend, doch den größten Teil der Erde unberührt gelassen haben würde, während es immer mehr zur Ge- wißheit wird, daß die Ueberlieferung von einer großen Flut Gemein- gut fast aller Völker der Erde ist.

Dieser leßtere Umstand nötigt, nach der Ueberzeugung des Vor- tragenden, die Wissenschaft, ihre Passivität gegenüber dem Sintflut-

problem aufzugeben. Es geht niht mehr an, wie es noch 1891 Andree in seiner dankenswerten Zusammenstellung der Flutsagen, damals {hon 85 betragend getan hat, alle Berichte nur auf lokale Ereig- nisse zurückzuführen und deshalb den Nachweis von Gemeinsamkeiten der Darstellung als unlohnend zu unterlassen. Der Vortragende will keineswegs alle diese 85, seitdem um wichtige neue Feststellungen ver- mehrten Flutsagen als Originale gelten lassen, aber unter strengster Ausscheidung der als Entlehnungen und Nachbildungen anzusehenden, gelangt er doch zu der stattlihen Zahl von 68, die als ursprünglih, sei es in den Literaturen der betreffenden Völker oder in der mündlichen Ueberlieferung der Natur- vôlker gelten müssen und tatsählich die Verbreitung der Flutsage beinahe über die ganze Erde dartun. Aus Vorderasien besißen wir drei Berichte, die beiden aus dem ersten Buch Mosis und des babylonishen Gilgameshe-Epos, aus dem weiteren Asien 10, darunter den indischen und persishen aus der alten Literatur dieser Völker, aus Europa 4, den hellenischen der Deukalionsage, den Bericht der Edda und die erst in der Neuzeit bekannt gewordenen der Litauer und der russishen Wogulen. Afrika liefert 5 Berichte, aus dem Altertum den ägyptischen, die anderen aus der Gegenwart. Sehr reih an Flutberihten erweist sich Nordamerika, nämlich 19 von den Eskimos angefangen bis zu den Indianerstämmen der Union. Aus Mittelamerika stammen 4, aus Südamerika 14, aus Australien und den Inselgruppen 9 Erzählungen! Sucht man nach Gemeinsam- keiten der Berichte, so ergibt sich folgendes: Regen erscheint * als Ursache 17 mal, sonst Wirbelsturm, Springflut oder Uebershwemnmiung, nur in 10 Fällen finden sh Angaben von der Dauer der Flut, von fünf Tagen bis zu dem Extrem von 52 Jahren in der aztekishen Sage. Die geschilderten Mittel der Flucht sind verschieden, je nah dem Wohnsiß des betreffenden Volkes an der See oder im Bluneaa

lande. Entweder rettet sich der Heros des Volkes mit den Seinen auf die hohen Berge oder er besteigt ein Schiff oder Floß. 22 mal erfolgt die Rettung in der ersten,

37 mal in der zweiten Art. Die Flut endet fast überall durh Ab- laufen des Wassers, nur 5 mal läßt der Wind das Wasser verdunsten und die Erde trocknen. Fünfmal i der NRegenbogen der Abschluß des Flutberihts: außer in der Genesis bei den Babyloniern, bei den Indern, den Litauern und den Mafssai am Kilimandscharo, die fogar einen Regenbogen in jeder er vtuns haben. In 6 Fällen werden Tiere zur Prüfung des Wasserstandes benugt : Tauben, Raben, Geier, Ratten, Tauchervögel. Man sieht, der Vebereinstimmungen gibt es nicht allzu viele, nur einige große Züge sind gemeinsam. Aber gerade das erscheint als eweis für die Ursprünglichkeit und Unabhängigkeit der einzelnen Berichte. Jedes Volk bildete im Laufe der Jahrtaufsende seine Flut- überlieferung weiter, vergaß und veränderte manches; wunderbar, daß fo viel noch ühriggeblieben ift, besonders da, wo mündliche Ueber- lieferung allein für die Erhaltung der Kunde von einem großen Naturereignis der Vorzeit sorgte. Daß wir bereits alle Berichte davon kennen, ift übrigens unwahrscheinlich, teils auf Grund der un- erwarteten Funde leßterer E von \chriftlihen Zeugnissen, teils wegen der grogen Schwierigkeiten, in das geistige Eigen- tum der Naturvölker einzudringen. (Hier steht zu hoffen, daß Angehörige dieser Völker, nah ihrem Bekanntwerden mit höherer Bildung, helfen werden, die Schätze der Ueberlieferung vor dem Ver- gessenwerden zu hüten.) Keinerlei Flutüberlieferungen haben fich bei den nihtsemitishen Stämmen Aftikas, Negern und Kaffern, gefunden, vermutli, weil diese viele Jahrhunderte die Sklaven für die ganze Welt liefernden und in beständiger Angst lebenden Stämme ihr eistiges Gut entweder eingebüßt haben oder es doch vor den mit Vrawvbi angesehenen Weißen verborgen halten. Daraus den Schluß zu ziehen, daß Afrika keine Sintflut gelten, ist nah der sehr wert- vollen Sage der Massai und der ägyptishen Urkunden unstatthaft. Der Vortragende wandte \ich nun den einzelnen Berichten zu, um an den amerikfanischen zunähst in Kürze nachzuweisen, daß sie in den Mitteilungen über Ursache, Verlauf und Ende der Flut, über das Verhalten von Mensch und Tier dabei mit den Ueberlieferungen der Genesis und Babylons keinerlei Aehnlichkeit besißen, eine Ueber- tragung der Kunde von der alten in die neue Welt also ausgeschlossen ersheint. Stimmt man der Ansicht Folenar Selers bei, daß überhaupt keine Möglichkeit bestehe, die früher stellenweise hohentwickelte Kultur Amezuikas auf irgend eine der- alten Welt zurückzuführen, so wird man, will man niht eine besondere Erschaffung der Menschen in Amerika an- nehmen, für die Beziehungen Amerikas zu Asien auf eine sehr ent- fernte Zeit zurückgehen müssen, in der die jeßt unwirtlihen nördlichen Gegenden Asiens und Amerikas klimatisch sich anders verhielten und den Wohnung suhenden Menschen sich gastliher als heute darboten. Denn anzunehmen, daß unter heutigen klimatischen Verhältnissen Asiaten über die Behringstra e geseht und sih auf den Aleuten oder in Alaska heimish gemacht haben, dürfte ausges{chlossen sein. Man gelangt dur diese Ueberlegung also in sehr entfernte vorsintflutliche Zeiten und zu der Wahrscheinlichkeit, daß fich die gewaltige, erdum- fassende Großartigkeit desSintflut genannten Naturvorganges unter von den beutigen sehr vershiedenen geologishen und klimatologishen Ver- hältnissen vollzogen haben muß. Dieser Schluß deckt sih mit der immer mehr zur Gewißheit werdenden Tatsache, daß der Mensch viel länger auf der Erde heimisch ist, als bisher angenommen wurde, und daß die Annahme gründlich fehlgeht, die geologish-en und klimatischen Verhältnisse auf unserem Planeten seien în den Zeiten, daß Menschen auf ihm leben, immer die gleichen gewesen. i Dr. Riem erörterte nunmehr eingehend diejerigen 4 Flutberichte, die ihm als die wichtigsten und maßgebendsten, zuglei als vonetnander unabhängig dünkten, um zum Beweise der Nichtigkeit der soeben aus- gesprochenen Vermutung die carakteristishen Merkmale klarzustellen, die auf eine Verschiedenheit der vorgedachten Verhältnisse auf der Erde in einer Zeit, wo der Mensch schon existierte, hindeuten und die wir, mit dem Maßstab der Gegenwart messend, bisher für Ueber- treibungen oder Ungeheuerlichkeiten gehalten haben. Bei dieser Unter- suchung ersheint ihm das babylonishe Epos als dichterische Einkleidung des Vorgangs als am wenigsten zuverlässig, im Vergleich damit sind ebenso die zwei incinander verwobenen Berichte der Genesis wie der Bericht der Massai und der Bericht der Litauer hervorragend sahlich und vertrauenswert. Von den Litauern ist bekannt, daß ihre Sprache die dem' Sansk1it ähnlichste und altertümlichste ist, daß fie von den staatlichen Umwälzungen Europas am meisten verschont geblieben und darum dem Sprah- und Mythenforscher sehr wertvoll is. Dementsprehend hat der Volksglaube der Litauer mehr Altertümlihes bewahrt als in den meisten anderen Gegenden Europas. Auch hatten die Litauer Wohnpläße im nordöstlichen Europa seit unvordenklihen Zeiten inne, was ihren Sintflutberihten besonderes Gewicht verleiht. Der nächste Bericht ist der der Mafsai, die zu einer auch für Aeaypten noch vorhistorischzen Zeit, nämlih 5000 v. Chr., aus ihrer Urheimat, wohl Arabien, in Mittelafrika eingewandert sein follen und durch das spätere Aufkommen Aegyptens von jeder Verbindung mit der Heimat, abgeschlossen waren. einein ist in nucso allen diesen vier Berichten das Folgende: „Die Flut entsteht vor allem durch Negen. Sie dauert ziemli lange, fie endet durch Ablaufen und zum Schluß erscheint der Regenbogen.“ Längstens hat der ganze Vorgang nah dem einen Be- riht der Genesis 2 Monate, nach dem anderen 7 Monate 17 Tage gedauert. Wichtig is die Betonung der Genesis, daß das Wasser aus den Quellen der großen Tiefe und den Fenstern des Himmels ge-

kommen sei. Das deutet auf ein Sichheben des Grundwasserstandes, sehr erklärlich durch die stárke Herabminderung des Luftdrucks infolge Herniederströmens kolossaler Wassermassen. Um wieweit der Luft- druck sich vermindert haben kann, das ift aus der in der Genefsis angegebenen Menge des herabgeströmten Negens zu berechnen, der auf eine sich auf 40 bezw. 150 Tage verteilende Regen- höhe von 30 bis 40 m im ganzen {ließen läßt. Da 10 m Wasser einer Atmosphäre Luftdruck entsprehen, so würde vorher also ein um drei bis vier Atmosphären höherer Barometer- druck vorhanden gewesen sein. Daß Menschen solhen Druck, über- haupt Verschiedenheit des Luftdrucks in weiten Grenzen nicht bloß ertragen, sondern si sogar daran gewöhnen, ist bekannt und durch das Arbeiten in Caissons unter Wasser und durch Hochgebirgswanderungen erwiesen. Vorausfezung ist nur, daß der äußere dem inneren Druck entspriht und dem tierishen wie dem pflanzlihen Organismus soviel Zeit gelassen wird, daß die inneren Gewebe von Luft derselben Dichtigkeit erfüllt werden, wie die äußeren. In den 40 bezw. 150 Tagen dürfte genügende Zeit gewesen sein, Ld der starken Abnahme des Lufstdruckds anzupassen, und es erklärt ch hieraus auch die von der Genesis bestätigte unveränderte Er- haltung der Tier- und Pflanzenwelt voc und nah der Sintflut. Nicht wörtlich ist natürlich in jedem der Berichte die Nachricht zu nehmen, daß sih nur der Heros, heiße er Noah oder Deukalion, Tumbainot (bei den Massai) oder Sitnapistein (im babylonishen Epos), mit seinem Anhang gerettet habe; denn selbst die Bibel läßt hier Noah, einen Nachkommen von Seth, des jüngsten Sohnes von Adam, sich allein mit seiner Sippe retten, gibt aber später den Stammbaum der Nachkommen Kains, die also auch durch die Sintflut hindurhgekommen fein müssen. Wie in diesem Falle wird es auf dem ganzen Erdball gewesen sein. Allerdings folgt aus der bedeutenden Verringerung des Lustdruckes, daß die Menschen \ich durch die Sintflut in ganz neue Lebensbver- hältnisse verseßt sahen, daß die Flut eine vôllig neue Ordnung der Dinge {uf und daß ih hieraus vor allem der tiefe und dauernde Eindruck erklärt, den der Vorgang auf die Menschen hervorbrachte. Diese Aenderung der Lebensverhältnisse läßt sich auch ohne Shwierig- feiten aus den Berichten herauslesen, vor allem aus den sich im Be- riht der Genesis an das Ereignis knüpfenden Verheißungen, u. a. aus der mehrfachen Versicherung, daß es keine Wiederholung der Sintflut mehr geben solle, daß säen und ernten, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht niht mehr auf- hören sollen. War die Ursache der Siniflut, wie im weiteren dar- zulegen, das Herabkommen großer, bisher in der Atmosphäre suspendierter Wassermassen, so war es unmöglich, daß später wieder eine gleihe Regenflut eintrat. Erst jeßt konnte die Sonne periodish so wirken, daß von einem Wechsel der Jahre?zeiten, von Saat und Ernte zu reden war. Ja, noch mehr! Hatten die in Form dier Wolken die Sonne verschleiernden Wafsermengen bisher das Klima zwar zu einem gleihmäßig feuchten und warmen gemacht, aber den Erdbewohnern auch den Anblick des Himmels entzogen, so mußte der Regenbogen, der nur entsteht, wenn die helle Sonne gegen eine Regenwand scheint, während der Beobahhter zwishen Sonne und Regenwand steht, den Menschen eine bis dahin unbekannte Erscheinung sein, und es erklärt fich hieraus die helle Freude über seinen ersten Anblick, der tiefe, sh dem Gemüt einprägende Eindruck seiner unerklärlihen GrsWeinung und die Be- deutung, die dem Regenbogen als Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen in der Genesis gegeben wird. Es ist mit nichten ein Phantasiegebilde, was hier von dem der Sintflut voran- gehenden Zustand der Verhüllung des Himmels durch dicke Wolken gesagt ist, tenn in solchem Zustand sehen wir unseren jüngeren Nachbarplaneten Venus, der von einer so außerordentlich dichten Wolkendele umgeben i, daß sie niemals zerreißt und einen Blick auf die Oberfläche des Planeten gestattet. So war es siherlih eins auch auf der Erde, als die Eigenwärme der ih allmählih abkühlenden Erde noch so groß war, daß fie der Ein- \trablung durch die Sonne nicht bedufte, aus sich selber die Kraft, Bäume, Getreide und Gräser hervorzubringen und das Leben der Tiere zu erhalten, entnahm und das Wasser des Meeres und der Flüsse fo stark verdunsten machte, daß si eine dihte Wolkenshicht bildete, durh die nur gerade fo viel Sonnenliht drang, um eine allgemeine Hellig- keit zu erzeugen und den Stoffwechsel der Pflanzen zu unterhalten. Es wird ih in diesem Stadium der Erdentwicklung ein Gleich- ewihtszustand zwishen Wärme und Feuchtigkeitsgebalt der Luft gebildet Baben, vergleihbar dem Zustande in einem Treibhaus. Es bestand auh natürli} noch nit der große, nur von der Verschiedenheit der Sonneneinstrahlung bedingte Temperaturuntershied zwischen Pol und Aequator, es gab keine Jahreszeiten, keinen regelmäßigen Wechsel von Saat und Ernte, Frage das ganze Jahr hindur, eine Periode leichter, wahrsheinlich vegetarischer Ernährung der Menschen, deren Existenz am Ende der Tertiärzeit mehrseitig beglaubigt ist. Diesem Ausgang der Tertiärzeit entspriht aber das ge- schilderte Entwicklungsstadium, und die Beglaubigung des Vorhandenseins des Menschen in dieser Periode ist nicht nur durch die Auffindung von Spuren in unberührten Schichten des Tertiärs, sondern auch durch einzelne Ueberlieferungen gegeben. Denn wie anders erklärt si z. B. die hellenishe Ueber- lieferung, daß die für Urbewohner Griechenlands ausgegebenen Arkadier hon „vor der Schaffung des Mondes“ vorhanden waren, als durch die Annahme, daß die am Ausgang der Tertiärzeit lebenden Menschen den Mond vor der verhüllenden Wolkendecke nicht sahen? Und wie anders ist die bei vielen Völkern nahweisbare Drachensage zu deuten, als daß die ausgestorbenen' Riesentiere der Tertiärzeit, deren Reste in jüngeren Schichten niht gefunden werden, noch lebend von Menschen gesehen worden sind und sih unauslö\s{chlich deren Gedächtnis als furcht- erregende Wesen eingeprägt haben ? : Der Zustand des Gleichgewichtes zwischen Luftwärme (die kaum 40 ° überstiegen haben kann, weil fonst die Tiere nicht hätten leben können), Erdwärme und Feuchtigkeitsgehalt konnte jedoch nicht von unbegrenzter Dauer sein; denn die Erde gab fortwährend eine immer größer werdende Menge Wärme an das Wasser ab, um es in Dampf zu verwandeln, dieser die aufgenommene Wärme wieder an die Wolkenshiht und mittelbar an den kalten Himmelsraum, ohne daß der Verlust durch die Sonnenstrahlung voll eren wurde. Mit dem Kühlerwerden der Erdoberflähe verringerte fich aber allmählich auch die Verdunstung, und aus dem bisher stabilen Gleihgewiht wurde ein labiles. Dieser Zeitpunkt bedeutet den Eintritt der gewaltigen Katastrophe, den Beginn der neuen Erdperiode: ein Ereignis, das den Kampf der Naturgewalten um Herstellung eines neuen Gleihgewichtszustands bedeutet. Wie mag dieser Kampf sich abgespielt haben? Es möge erlaubt sein, folgende Vers mutungen aufzustellen. Vielleicht innerhalb desjenigen Polargebiets, das gerade ein halbes Jahr Nacht hatte, erreihte und überschritt die Ab- rüblung die unterste ge Grénze. Die Wolken begannen sich zu ver- dichten und zu zerreißen. urch die Oeffnung strahlte die Wärme noch stärker nah außen, die Abnahme der Temperatur aber erzeugte Negen, dieser neue Abkühlung mit ihren Folgen. Der Vorgang wird ih reißend shnell über die ganze Erdkugel verbreitet haben, überall begannen die Wolken ihren Inhalt herabzugießen. Freilich erneuerte fd der Wassergehalt der Luft sofort wieder und mit nalassendem uftdruckd vermochte die Atmosphäre immer neue Wassermengen aufzunehmen. So erhielt der Regen immer neue Nahrung, und es ist ganz

wahrscheinlich, daß es monatelang gzregnet haben kann. Das war die Sintflut, die einzige allgemeine

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