von Gebühren und von Steuern vom Grundbesiy in Ge- meinden), entgegen. Der Geseßentwurf wird nah einer kurzen Empfehlung seitens des Antragstellers unverändert angenommen.
Es folgt der Kommissionsbericht a. über den von dem Hause der Äbacatbneien unter Abänderung der Regierungs- vorlage angenommenen Geseßentwurf, betreffend die Ab- änderung des Einkommensteuergeseßes und des Er- än ungsfteuergese§es, und þ. über den Antrag des ae von Mirbach - Sorquitten, enthaltend einen Gesezentwurf, betreffend die Abänderung des Er- gänzungssteuergeseßes vom 14. Juli 1893. :
Die Kommission des Herrenhauses beantragt gegenüber der Fassung des Abgeordnetenhauses, den S 18 dahin zu ändern, daß eine Abzuasfähigkeit für Familienangehörige bei der Ver- fteuerung des Einkommens zulässig sei mit der Maßgabe, daß „bei dem Vorhandensein von 3 oder 4 derartigen Familien- mitgliedern eine Ermäßigung um eine der 1m S 17 vorgeschriebenen Steuerstufen, bei dem Vorhandensein von fünf oder mehr ra YeE Familienmitgliedern aber eine Erm anns um 2 Stufen stattfinden muß. — Bei einem Einkommen von mehr als 3000 f, aber niht mehr als 6500 4 finden bei dem Vorhandensein von drei oder mehr der in Abs. 1 gedachten Familienmitglieder dieselben Ermäßig ungen statt“
Im übrigen beantragt die Kommission Annahme des
Gege ; r. Graf Yorck vonWartenburgbeantragt die Wieder- herstellung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses. Í Dr. Freiherr von der Golß begrüßt die Vorlage, soweit sie eine Erleichterung der Steuergeschäfte, insbesondere des Beschwerde- verfahrens darstellt. Lu bedauern sei aber, daß niht au das Verfahren bei der Einshätßung und Veranlagung der Steuer- PEURLaN an anderen Stellen verbessert und vereinfacht worden ift. ie Hineinbeziehung des Steuersekretärs in die Tätigkeit der Ver- anlagungskommission bis in die Berufungsinstanz hinein fei zu be- dauern, das sei eine Folge davon, daß der Landrat nicht in der Lage sei, sich intensiv um die Einshäßung und das ganze Verfahren zu kümmern. Einzelheiten behält fich der Redner für die Spezial-
debatte vor. : Oehler - Crefeld: Meine Freunde
Oberbürgermeister Dr. , werden der Vorlage zustimmen. Troy mancher einzelnen Bedenken
sehen wir do in der Vorlage eine wesentliche Verbesserung unseres Steuerwesens, wenn auch erheblihe Ausfälle für das Staats- steuerwesen zu erwarten sein werden. Jch bitte aber, das Kommunal- abgabengeset einer baldigen Revifion zu unterziehen.
Damit schließt die Generaldiskussion.
Jn der Spezialdebatte werden die §8 1 bis 8 ohne De- baite angenommen.
Bei S 9 bittet
Freiherr von Dúrant de Sénégas den Finanzminister um eine Erklärung darüber, ob die Versicherungsprämien zu der Alters-, Unfall- und Învalidenversiherung vom Einkommen abzugsfähig seien, generell bis zum Betrage von 600 #, wie es im bisherigen Gesetze vorgesehen set, oder so weit, wie der Arbeitgeber die Beträge für die Arbeiter zu tragen habe. Inwieweit seien ferner Erziehungsbeihilfen
fteuerpflihtig ?
Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ih bin in der Lage, die von Herrn Freiherrn von Dúürant gewünshte Erklärung abzugeben. Herr Freiherr von Dúrant hat zunächst gefragt, ob die Begrenzung des Abzugs der Bei- träge zur Kranken-, Unfall-, Alters- und Invalidenversicherung und sonstigen Kassen mit 600 4 sich nur auf den Zensiten beziehungsweise setne Angehörigen bezieht oder auch Anwendung findet auf die Belt- träge, die der Arbeitgeber beziehungsweise ein Gutsbesiger für seine Arbeiter aufzuwenden hat. Diese Nr. 3 bezieht ih unzweifelhaft ledigli auf die Beiträge, die der Steuerpflihtige für sich und seine Angehörigen, für die er die Steuer mit zu entrichten hat, seinerseits zahlt; dagegen fällt die Beschränkung fort bei denjenigen Bei- trägen, die er als Arbeitgeber zu entrichten hat. Hier ist die Beschränkung auf 600 K niht vorgesehen, vielmehr können die sämtlihen Beiträge, die der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer zur Kranken-, Unfallversiherung und ähnlichen Kassen zu leisten hat, abgezogen werden, weil sie als Werbungskostea im Sinne des § 9 I anzusehen sind.
Was den zweiten Punkt betrifft, so irrt Herr Freiherr von Dúrant, wenn er annimmt, daß eine Aenderung des gegenwärtigen Rechtszustandes eintreten soll. Die Rechtslage ist die, daß abzugsfähig sind die Aufwendungen, die ein Vater für den Unter- halt und die Erziehung der Kinder macht, sobald sie auf rechtlicher Verpflichtung beruhen. Beruhen sie niht auf rechtliher Verpflichtung und gibt er aus freier Entschließung eine Erziehungsbeihilfe, so werden sie niht abgezogen. Daran kann natürlih auch dann nichts geändert werden, wenn diese Beträge, um sie abzugsfähig zu machen, in die Form eines Privatrehtstitels gekleidet werden, wenn zum Beispiel, wie es vielfah vorgekommen is, ein Vater mit seinem Sohne einen Vertrag \chließt und sagt: ih sihere dir das oder das zu. Das kann an der Rechtslage nihts ändern. Beruht die Zahlung auf einer rechtlihen Verpflichtung, so ist sie abzugsfähig, beruht sie nicht darauf, so ist sie niht abzugsfähig. Kann aber der Vater irgendwelche Beträge nicht abziehen, so können sie selbstver- ständlich von dem Empfänger niht nochmals versteuert werden. Ent- weder versteuert sie der Gebende oder der Empfangende. Das ist naturgemäß nicht zulässig, daß der Vater die Beträge niht abziehen darf, die er seinem Sohne zum Unterhalt gibt, und der Sohn fie zu versteuern hat. Ich glaube, daß hiermit die Anfrage des Herrn Frei- hecrn von Dúrant über den zweiten Punkt erledigt ist. Wie {hon hervorgehoben, hat \sich in der ganzen Frage nihts geändert, sondern es bleibt der gegenwärtige Rehtszustand aufrehterhalten. (Bravo.)
Auf eine Anfrage des Oberbürgermeisters Struckmann erklärt der
Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Der § 9 behandelt in der Nr. T 3, von der Herr Oberbürgermeister Struckmann spra, die Abzugsfähigkeit der realen Kommunalsteuern. Wir haben den Abzug der realen Grund», Gebäude- und Gewerbesteuer bis zu 100 %/% der staatlichen Veranlagung zu- gelassen, obgleich das cine gewisse Durhbrehung des Prinzips ift. Denn zuerst kommt der Staat mit der Staatssteuer und erft in zweiter Reihe die Kommune. Um aber den Steuerpflihtigen und auch dem Landtage nah Möglichkeit entgegenzukommen, haben wir troßdem den Abzug der realen Kommunalsteuer zugelassen bis zu 1000%/,. Damit ist im wesentlihen der Zustand wiederhergestellt, wie er bis 1895
bestand, bis wohin die Nealsteuer seitens des Staats er- hoben wurde. Nun fürchtet Herr Oberbürgermeister Struck- mann, daß aus diesem Punkte insofern eine Ver-
staailih veranlagte Grundsteuer erhoben wird, sondern eine von der Gemeinde erhobene und veranlagte Grundsteuer nach dem gemeinen Werte. Er führte aus, daß der Zensit vielfah nit wisse, wie hoh die Grund- und Gebäudesteuer ist. Diese Befürchtung ift unbegründet, denn die staatliche Grundsteuer ist bekannilich stabil, bleibt permanent dieselbe, und der Zensit weiß, zu welhem Betrag er veranlagt ift. Die Gebäudesteuer wird alle 15 Jahre neu veranlagt und dem Ver- anlagten wird darüber Mitteilung gemacht, fodaß er auch in dieser Beziehung weiß, wie hoch sie ift. ,
Aber darin hat der Herr Oberbürgermeister ret, daß der Zensit vielleiht öfter- glauben wird, er habe nicht die staatlih ver- anlagte Grundsteuer abzuziehen, sondern die seitens der Kommune veranlagte nah dem gemeinen Wert. Wir werden dem Wuns des Herrn Oberbürgermeisters Struckmann entsprehen und in den Aus- führungsanweisungen darauf hinweisen, daß niht die Grundsteuer nah dem gemeinen Wert abzugsfähig ist, sondern nur die vom Staat ver- anlagte Grundsteuer, und wir werden ferner au dem Wunsch ent- sprechen, daß die Katasterbeamten angewiesen werden, allen etwaigen Anfragen aus dem Publikum ihrerseits nahzukommen.
Freiherr von M irbach bedauert, daß die Abzugsfähigkeit der „persönlichen Bedürfnisse“, wozu auf dem Lande Wohnung, Nahrung, Bedienung, Pflege, Fuhrwerk und manches andere gehörten, niht genau
geregelt sei. ; Or. Freiherr von der Goltz regt an, die Kirchenpatronats-
verpflihtungen als Werbungskosten anzusehen, die von dem Roh- ertrage der Einkommenêquellen in Abzug zu bringen sind. j Generaldirektor der direkten Steuern Wallach widerspricht dieser Auffassung, daß Ausgaben für das Kirhenpatronat Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Ertrags des Einkommens seien. Bezüglich der „persönlichen Bedürfnisse“ entständen nament- li in kleinen landwirtschaftlihen Betrieben große Schwierigkeiten. Es sei {wer festzustellen, welhe Einnahmen und Ausgaben auf das Konto der eigenen Person des Wirtes oder der Wirtschaft zu sbreiben i 2 Veranlagungskommissson müsse in jedem Falle das Nötige eststellen. :
Der Paragraph wird bewilligt, ebenso die S8 10 bis 12bÞ. Dr. Freiherr von der G ol b empfiehlt bei forstwirishaftlich ge- nußten Grundstücken, die niht nach einem forstmäßigen Planebewirtschaftet werden, an Stelle der umständlihen Berehnung -die Abzugsfähigkeit von 3 pCt. Die Kömmission wolle die Ergebnisse von Abtrieben nicht anrechnen, wenn und soweit dieselben si in einem Jahr auf mehr als den zehnten Teil des Wertes des vorhandenen Holzes erstreckten. Die Kommissionsfassung wird angenommen.
Die 88 14 bis 17 werden debattelos angenommen.
Zum S 18 liegt der eingangs angeführte Kommissions- antrag vor, während Dr. Graf Yorck von Wartenburg die Wiederherstellung der Fassung des Abgeordnetenhauses
beantragt.
Graf von der Schulenburg: Dieser sogenannte „Kinder- paragraph“ ist für die untersten Bevölkerungsklassen von höchster Be- deutung. Der Kommissionsbeshluß ist also eine Verbefserung, der eine Zurückverweisung an das Abgeordnetenhaus wohl rehtfertigt.
Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Ich würde bitten, dem Antrage des Herrn Grafen Yorck von Wartenburg zuzustimmen, und zwar weil ih die Wiederherstellung der Kommissionsvorlage des Abgeordnetenhauses für eine sahlihe Ver- besserung halte. § 18 regelt bekanntlich das Kinderprivilegium und gestattet einen Abzug von dem Einkommen da, wo der Zensit für Kinder oder für andere Angehörige zu sorgen hat. Dieser Abzug soll nun nicht statifinden, wenn die Kinder und sonstigen Angehörigen für den Zensiten keine Lasten, sondern Vorteile find. Es ift bestimmt, daß der Steuerabzug dann nicht stattfinden soll, wenn die Betreffenden im landwirtshaftlichen oder Gewerbebetriebe des Steuerpflichtigen tätig find. In der Kommission wurde nun, wie eben vorher, dur den Herrn Grafen von Schulenburg, der Fall angeführt, daß eine alte Mutter und ein alter Vater zwar nicht im landwirtschaftliden und ge- werblichen Betriebe tätig sind, wohl aber im häuslichen, und daß auch in diesem Falle der Zensit einen erheblichen Nußen von dem alten Vater und der alten Mutter hat, also ein Steuerabzug nicht gerehtfertigt sei. Ih \prehe hier contra naturam mei generis, nämli gegen den Fiskus, wenn ih bitte, es bei dem weitergehenden Abzuge zu belassen, wie es Herr Graf von Yorck will. Einmal ift der Antrag der Kommission, also das Verbot des Abzugs, wenn die Tätigkeit im häuslichen Betriebe erfolgt, von keiner großen Trag- weite; denn is der Betreffende im häuslichen Betriebe tätig, so wird er meist auh im landwirtschaftlihen oder gewerblihen Betriebe tätig sein; der alte Vater und die alte Mutter, die im Häuslichen hilft, füttert auch die Schweine, Ziegen usw. ; also eine strenge Trennung findet nicht statt, beides kann Hand in Hand gehen. Aber ich weise darauf hin, wie es der Herr Graf Yorck tat, daß die Kürzung des Abzugs für die alte Mutter, die im Hausbetrieb tätig ist, vom ethischen Standpunkt aus ihre Bedenken hat. Es ift zuzugeben, daß der alte Vater und die alte Mutter unter Umständen noch einen wirtschaft- lien Vorteil darstellen; aber in sehr vielen Fällen ist genau das Gegenteil der Fall, namentli in den kleinen bäuerlihen Verhälnifsen ist es unter Umständen eine außerordentlihe Last, einen arbeits- unfähigen Vatèr mit zu erhalten und den Abzug gerade für diese Angehörigen halte ich für einen großen Vorzug. Ich meine nicht, daß man diese Vergünstigung, die die Regierung wie das Ab- geordnetenhaus beschlossen hat, hier in diesem Hohen Haus einshränken follte. Ich glaube vielmehr, daß unsere Fassung, die weitergeht in der Begünstigung der Angehörigen, die sozialpolitisch rihtigere ift, wenngleich der Beschluß der Kommission für uns finanziell günstiger sein würde. Ich halte die ethishen Momente für überwiegend und möchte bitten, den Antrag des Herrn Grafen Yorck von Wartenburg anzunehmen.
Herr Dr. von Burgsdorff bittet, es bei den Kommissions- beschlüssen zu belassen. ine Wohltat an falscher Stelle könne oft
recht {lecht wirken. : Oberbürgermeister E hler s- Danzig: Meine Freunde werden
für den Antrag, Yorck stimmen. Die Steuerpflicht sollte ebenfo wie die Wehrpflicht niht als Last, sondern als Ehre betrachtet werden. Nach weiteren Bemerkungen des Professors Dr. Niehu es Münster wird der Antrag Yorck von Wartenburg einstimmig angenommen und dem § 18 in unveränderter Form zu- estimmt, ebenso den übrigen Paragraphen der Einkommen- ene ie s folgt die Ergän A RARENErgesednoverte Zum S 10 liegt ein Antrag des Grafen von Mirba vor, der nur bei Gewerbebetrieben und niht auch bei der Landwirtschaft den Vermögensstand am Schlusse des lehten Wirtschaftsjahres bei der Berehnung der Schäßung des steuer- baren Vermögens zu Grunde gelegt wissen will. Graf von Mirbah-Sorquitten begründet seinen Antrag und weist darauf hin, daß dur die Vermögenssteuer, die in dieser
angenehm berühren. Auf diesem Wege, fährt der Redner fort, wird dahin gearbeitet, daß die Ideale der Sozialdemokratie immer mehr erreiht werden. Der subsidiäre Charakter der Grgänzungssteuer darf niemals übersehen werden. Es ergibt sih daraus, daß die Ergänzungs, steuer auf einen bestimmten Betrag festgelegt wurde, daß sie niemals die Grundlage für kommunale Steuerzushläge bilden darf, Es scheint übersehen zu sein, daß es in Preußen etne sehr niedrig rentierende und deshalb schwer um ihre Cxristenz ringende Landwirt. schaft gibt, die von einer Vermögensfsteuer mit einheitlihem Steuer- sat sehr viel härter getroffen werden up als alles übrige Ver- mögen. Der Redner beantragt alsdann noch, an Stelle des „gemeinen E den „Ertragswert“ bei landwirtshaftlihen Grundstücken zu esteuern.
Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Ich glaube, meine Herren, daß das hohe Haus und ih der Land- wirtschaft einen sehr \{lechten Dienst erweisen würden, wenn wir den Antrag des Herrn Grafen von Mirbah annehmen. Jch werde das naher noch eingehender darzulegen suchen. Zunächst muß ih an- knüpfen an das, was Herr Graf von Mirbach im Eingang seiner Worte sagte, indem er ausführte, daß das Ergänzungssteuergeseß ein Produkt der Aera Caprivi sei. Nun, meine Herren, der Reichskanzler Caprivi ist‘an dem Gese so unschuldig wie wir alle; ich glaube, das Gese ist ein Verdienst des Ministers von Miquel, aber keines, wegs ein Fehlshlag des Reichskanzlers Caprivi, der mit der ganzen Materie, soweit mir bekannt ist, außerordentlichß wenig zu tun gehabt hat, und ich muß deswegen gegenüber der Bemängelung des Herrn Grafen von Mirbah doch betonen, daß die Besteuerung des fundierten Vermögens eine in der Theorie und Praxis durchaus bewährte und von der Theorie von jeher geforderte ift, Meine Herren, es liegt do auf der flahen Hand, daß das fundterte Vermögen, das auf Kinder und Kindeskinder übergeht, ein dauerndes Substrat des Einkommens darstellt, ein unendlich viel greifbareres Steuerobjekt darstellt, als das nicht fundierte Einkommen, das lediglich auf der persönlichen Tätigkeit des Einkommenträgers beruht und wegs fällt, wenn der betreffende Zensit die Augen \{chließt. In der Theorie ist immer gefordert worden, das fundierte Einkommen höher heranzu- ziehen als das nicht fundierte, und ih glaube, es ist ein Verdienst des Herrn von Miquel gewesen, daß er dieses Prinzip praktisch zur Durch- führung gebracht hat. Uebrigens, wenn Herr Graf Mirbach es so dar- stellt, oder wenn man aus seinen Worten entnehmen könnte, als ob überwiegend der Grundbesiß die Ergänzungssteuer aufbringe, so möchte ih darauf hinweisen, daß das mobile Kapital mit 32 Milliarden Mark zur Ergänzungssteuer herangezogen ist und der Grundbesiß nur mit 14 Milliarden, daß also etwa F der ganzen Ergänzungssteuer vom mobilen Kapital und niht vom Grundbesiß getragen wird, und ih weiß nit, ob der Wunsh des Herrn Grafen von Mirbach dahin geht, auch das mobile Kapital von dieser Ergänzungssteuer frei zu lasen.
Meine Herren, ih muß dem Herrn Grafen Mirbach gegenüber — wir haben uns in der Kommission sehr eingehend darüber unterhalten — aud daran festhalten, daß die. Ergänzungssteuer nicht einen suÿ- sidiären Charakter in dem Sinne gehabt hat, wie er es immer an- nimmt. Herr Graf von Mirbach geht davon aus, daß die Ergänzungs- steuer nur dazu da gewesen sei, um den Ausfall zu decken, der daraus entstand, daß die Realsteuern, die Grund-, Gebäude- und Gewerbe- steuer, den Gemeinden überwiesen wurden. Das war einer der Zwecke, aber keineswegs der alleinige, sondern die Er- gänzungßssteuer sollte in unserem steuerlihèn System die eben von mir geshilderte Bedeutung haben, eine Ergänzung zu bilden, durh eine \chärfere Belastung des fundierten Vermögens gegenüber dem nit fundierten Einkommen. Meine Herren, daß dies der Fall gewesen ist, daß die Ergänzungssteuer nicht nur ein vorübergehendes Supplement gebildet hat, sondern ein dauernder Bestandteil sein sollte, das geht zur Evidenz aus § 48 des Ergänzungssteuergeseßzes hervor, in welchem Re- gelung getroffen ist für den Fall, daß der Ertrag des Jahres 1895/96 über 35 Millionen hinausgeht, oder hinter 35 Millionen zurückbleibt. Es ist gesagt, daß, wenn hinter diesem Betrage von 35 Millionen um mehr als 5 9/6 zurückgeblieben wird, eine Erhöhung eintreten solle. Diese Erhöhang wird durch Königliche Verordnung wieder außer Kraft geseßt, wenn das Veranlagungsfoll der Ergänzungssteuer den Betrag von 35 Millionen zuzüglich einer Steigerung von 40/0 für jedes auf 1895/96 folgende Steuerjahr erreiht. Es ift also mit klaren Worten ausgesprochen, daß die Ergänzungssteuer eine dauernde Einrichtung sein soll, indem für jedes Jahr mit einer Steigerung von 49/6 gerehnet wird. Diese Steigerung von 49/9 haben wir noch nit erreiht. Hätten wir sie erreiht, so würde die Ergänzungésteuer 50 Millionen bringen, während sie bekanntlih nur 40 Millionen erbringt. Wir sind also, glaube i, darin verschiedener Anficht, daß der Herr Graf von Mirbah der Ergänzungssteuer nur einen vorübergehenden Charakter beimißt, während ih der Ansicht bin, daß fie eine dauernde Stellung in unserem Steuersystem einnehmen soll. In éiner Be- ziehung hat Herr Graf von Mirbah Ret: es foll nur eine Er- gänzungssteuer sein, sie soll das fundierte Einkommen höher treffen als das unfundierte, und weil fie als eine Ergänzungssteuer zur Ein- kfommensteuer trat, soll sie sich in besheidenen Grenzen und Säyen bewegen. Daß das aber der Fall geblieben ist, werde ih mir noŸ nachzuweisen erlauben.
Nun hat Herr Graf von Mirbah aus dem Regierungsbezirk Marienwerder ein Schulbeispiel sowohl in der Kommission als au heute hier wieder angeführt. Ich habe mir {on in dec Kommission erlaubt, darauf hinzuweisen, daß dieses Schulbeispiel wenig glüdklid gewählt ist. Es handelt sich um. ein Gut im Regierungsbezirk Marienwerder mit einem Durchschnittsreinertrag von etwa 17 000 #, mit dem es zur Einkommensteuer veranlagt wurde, welches troyden mit 2000000 A zur Ergänzungssteuer herangezogen worden wal Das erklärt sich aber vollständig daraus, daß der betreffende Eigen- túmer aus dem Gute nur wenig herausgewirtshaftet hat, und daß das Gut, als es in andere Hände überging und verpachtet wurde, 770090 4A Reinertrag brate. Rechnen Sie dazu, da der Pächter au leben will, noch 3000 M, so ergiebt sih ein Reinertrag von 80 000 A ftatt eines solchen von 17 000 A Die Veranlaguns zur Ergänzungssteuer mit zwei Millionen Mark war also vollkommen berechtigt. Sie sehen, daß man mit solchen einzelnen Sgulbeispielen wenig anfangen kfann. Es ift vollkommen zuzugeben, daß im einzelnen Falle die Ergänzungssteuer gegenüber der Einkommensteuer hoch sei kann. Das kann im einzelnen Falle ein Fehlgriff sein, auf den id leider keine Einwirkung habe; aber oft wird auch eintreten, daß die Einkommensteuer sehr gering ist, wenn das Vermögen entweder
wenig einbringt oder der Betreffende wenig herauswirtschaftet.
, die Landwirtschaft besonders hart getroffen werde ; dies
wechslung sich ergeben könne, als gegenwärtig vielfah nit die
Vorlage liege könne a Binblick auf die beschlossene Reichserbschaftssteuer nicht gerade
(S@hluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.
M 125.
Berlin, Dienstag, den 29. Mai
1906.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Jch kann Ihnen, wenn Sie es wünschen, ein paar Dutzend Fälle vor- legen, wo Millionäre Kapital nah Millionen haben und do keine Einkommensteuer bezahlen, weil Unglücksfälle, Mißernten u. dgl. m. sie betroffen haben, weil Spekulanten mit großen Terrains Verluste gehabt haben, weil die Fabriken in s{lechten Jahren zurückgegangen find usw. Alles das sind Fälle, wo jemand niht oder doch nur sehr niedrig zur Einkommensleuer veranlagt is und wo dann, prozentual berechnet, die Ergänzungssteuer gegenüber der Einkommensteuer sehr hoh ist. Solche Fälle kommen vor, und fie liegen üm System begründet, denn es war eben die Absicht des Geseßgebers, die großen Vermögens- substrate heranzuziehen, auch wenn diese in einzelnen Jahren kein Ein- kommen ergeben. Denn Sie wollen doch nicht den Gedanken oer sozialen Gerechtigkeit verkennen. Wer im Lande würde es verstehen, daß der kleine Beamte oder Gewerbetreibende mit 1500 4 Ein- kommen eine Einkommensteuer bezahlt, und daß der Nachbar, der ein nach Millionen si bezifferndes Vermögen hat, keine Steuer bezahlte, weder Einkommensteuer noch Ergänzungssteuer? Und nun kommt es in dex Tat doch wobl darauf an: hat die Ausführung des Gesetzes diesem subsidiären Charakter entsprochen, das heißt, hat sich die Veran- lagung zur Ergänzungssteuer in maßbvollen Grenzen gehalten oder nit ? Fch habe mir hon erlaubt, einen Nahweis darüber in der Kommission vorzulegen, und da Herr Graf Mirbach heute wieder ausführlich auf diese Frage eingegangen ist, muß ih mir erlauben, auch meinerseits kurz darauf zurückzukommen. Jn der Begründung zum Ergänzungs- steuergeseß ist ausdrücklich gesagt, daß die Ergänzungssteuer, wie der Name besagt, eine ergänzende sein solle, und daß man im allgemeinen
davon ausgehe, daß sie nicht mehr als 1} 9/0 beziehungsweise 19/6 des
Einkommens in Anspruch nehmen solle. Nun ergibt die Ermittlung, die auf unserer amtlichen Veranlagung beruht, daß diefer Saß von 1} °/ beziehungsweise 109%/6 des Einkommens bei der Veranlagung des länd- lien Grundbesigzes zur Ergänzungsstsuer in der Monarchie noh niht erreiht ist, daß wir in niht weniger als 22 Regierungs- bezirken 10/0 des Einkommens noch niht erreiht haben, und nur in vier Regierungsbezirken, in Wiesbaden und in einigen Regierungsbezirken mit besonders gutem Boden, wie Stralsund und Hildesheim, der Saß von 14%/o um ein geringes überschritten ist. Also die Ergänzungésteuer hat in der Tat im allgemeinen Durlh- nitt ihren Charakter bewahrt, ergänzend zu sein, und nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Einkommens in Anspruch zu nehmen. Diese Tabelle ist auch sonst in außerordentlichem Maße interessant. Sie ergibt, daß der Wert des ländlichen Grundbesißes in Preußen auf 21 Milliarden veranlagt ist, während der Grund- steuerreinertrag sih auf 276 Millionen beläuft, sodaß \ich der gemeine Wert, wie er in der Ergänzungssteuer veranlagt ist, auf das 77 fahe des Grundsteuerreinertrages stellt. Ich glaube, für den Durchschnitt der Monarchie ist das keineswegs zu hoh; denn die Kaufpreise stehen im allge- meinen über dem 77fachen des Grundsteuerrcinertrages, zum Teil gehen sie sogar weit darüber hinaus. Im ‘einzelnen kann wohl einmal die S@häßung zu hoh sein, aber im allgemeinen glaube ih, daß die Heranziehung mit dem 77fachen des Grundsteuerreinertrags keineswegs als zu hoh angesehen werden kann.
Nun darf ih speziell auf die ostpreußishen Verhältnisse eingehen. Herr Graf von Mirbach hat ausgesprochen, daß die Heranziehung zur Ergänzungssteuer in Ostpreußen 3, 4, 5 %/) des Einkommens betrage. (Zuruf des Grafen von Mirbah: Das habe ih {on
im Plenum zurückgenommen.). Ih wollte nur erklären, daß die Heranziehung zur Ergänzungésteuer nach unserer Ermittelung wesentlich niedriger ist. Im allgemeinen ver-
bält s{ch das Einkommen aus dem Grundbesiß zu dem gemeinen Wert folgendermaßen: Der gemeine Wert ist, wie eben ers wähnt, auf 21 Milliarden ermittelt und das Einkommen aus diesem Grundbesiß auf 989 Millionen. Der gemeine Wert nach der Ver- anlagung zur Ergänzungsfteuer stellt also das 21,6 fahe des Eins kommens aus dem Grundbesiß dar. Ih glaube, dies allcs beweist, daß wir keineswegs mit der Veranlagung zur Erzänzung§8 steuer zu hoch gegangen sind. Herr Graf von Mirbach \{chlägt vor, dus 25 fache des Ertrags zu erleben. Wir würden dabei im Durchschnitt der Monarchie finanziell günstiger stehen wie jeßt, aber wir würden alsdann alles über einen Kamm seren und namentlich den mittleren und kleinen Besitz zu hoch treffen, denn in dem Einkommen fteckt natürlih bei dem mittleren und kleinen Besitzer, der mit seiner Familie selber tätig ist, ein viel größerer T-:il Arbeitéverdienst als Bodenrente, verglichen mit dem Großbesiz. Wenn man einfah das 25fache des Einkommens als Wert der Ergänzungssteuer anseßte, würde man gerade den kleinen und mittleren Besiver unserer Ansicht nah wesentlich überlasten.
Ich darf noch mit einem Wort auf das Ergebnis von Verkäufen hinweisen, die seitens der Hypothekenbanken bewirkt worden sind, Nach Ermittelungen, die uns vorgelegt worden sind, wurden im Jahre 1903 165 der von den Hypothekenbanken beliehenen, landwirt- \haftlihen Besißungen zur Veräußerung gebracht und in 148 von diesen 165 Verkaufsstellen waren die tatsählich bezahlten Verkaufs- preise höher als die der Ergänzungssteuer zu Grunde gelegten gemeinen Werte der verkauften Besitzungen (hört, hört !), und zwar in über 60 0/6 der Fälle ging der Nerkaufspreis um mehr als 50 9% über den Ergänzungssteuerwert hinaus. Hierin liegt ein beredter Beweis dafür, daß wir im allgemeinen mit der Veranlagung zur Er- gänzungésteuer nicht zu hoh gegangen find. :
Meine Herren, wenn ich mir erlaubt habe, einen kurzen Nückblick zu geben, der beweisen follte, daß wir unserer pflihtmäßigen Ueber- zeugung nach hei der Veranlagung zur Ergänzungssteuer in den Grenzen geblieben sind, die das Geseß \sich von vornherein gesetzt hat, so darf ich noch kurz übergehen zu dem Antrag Mirbach und sagen, daß meiner Ansicht nah dieser Antrag gerade von dem Standpunkt der Landwirtschaft selb die allergrößten Bedenken hervorrufen muß. Es soll als Wert der Ergänzungssteuerveranlagung das 25 fahe des Reinertrages angenommen werden, ten die Grund- ftüde biéher erbraht haben. Also, meine Herren, der \{lechte Wirt,
der wenig herausgewirtshaft hat, wird auch nur mit dem 2d fachen berangezogen, und der tüchtige ebenfalls mit dem 2 fachen, sodaß geradezu eine Prämie auf minder gute Wirtschaftsführung geseht wäre. Und nun weiter. Als Ertragswert soll gelten das 25 fache des Neinertrages, den die Grundstücke bisher erbracht haben und nah ihrer wirts{haft- lihen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nahhaltig gewähren können. Nun bitte ih Sie nur, meine Herren, zu bedenken, welche Aufgaben in dieser Beziehung den Steuerbehörden zufallen würden. Die Steuerbehörden sollen also ermitteln, was die Grund- stüde bisher erbracht haben und nach ihrer wirtschaftlißen Be- stimmung bei ordnungsmäßiger Wirtschaft nahhaltig gewähren würden. Das heißt doch nichis anderes, als Sie seßen den Katasterbeamten zum Kontrolleur des ordentlihen Bewirtschaftens in der ganzen Landwirtschaft ein. Die Steuerbehörden würden nicht nur be- rechtigt, sondern sogar verpflichtet sein, in jedem Falle zu prüfen, ob eine ordnungsmäßige Wirtschaft vorliege, und ih möchte nun ein- mal das Erstaunen der Herren sehen, wenn der Beamte sagt: meiner Ansicht nach liegt hier eine ordnungsmäßige Bewirischaftung nicht vor; Du könntest aus dem Gute noch viel mehr herausholen. Das find Wirkungen des Antrags, die Sie wahrscheinlih nicht voraus- gesehen baben, vor denen Sie aber in der Praxis das allergrößte Grauen baben würden. Und wer kann denn beurteilen, was das Gut nachhaltig gewähren kann? Und wer foll das alles beurteilen? Damit kommen Sie auf das absolut unsichere Gebiet der subjektiven Schäßung durch den einzelnen Katasterbeamten oder den land- wirtshaftlihen Sa@Whverständigen, denn objektive Merkmale find so gut wie nicht vorhanden. Was heißt „ordnungsmäßige Be- wirtshaftung“, was „nachaltig gewähren"? Das alles würde abhängig sein von der Ansicht des Gutachters. Und Sie wifsen, meine Herren, wie {wer es ist, objektive Merkmale für den Ertrag einer landwirtshaftlihen Besißung zu finden. Der eine {äßt ihn so und so hoc, der andere um das Doppelte höher, der dritte um die Hälfte oder das Doppelte niedriger. Wir würden also einfach dahin kommen, daß wir abhängig sein würden von dem subjektiven Ermefsen des einzelnen Schäßenden in jedem Bezirk, wir würden zu vollkommen verschiedenen Resultaten kommen. Ih erinnere daran, zu welchen Beschwerden die Veranlagung unserer Grundsteuer Anlaß gegeben hat. Obgleich wir,60 Millionen aufgewandt haben, um die erforderlichen Fest- stellungen zu machen, sind die Beshwerden über ungerechte Veranlagung niemals {till geworden. Wir würden zu ähnlichen Unpleichheiten kommen und das würde zur Verbitterung in der Bevölkerung führen. Denn Steuerzahlen mat \chon an sich kein Vergnügen, aber täglih das Empfinden zu haben, daß der Nachbar zu Unreht weniger zahlt, das erzeugt Bitterkeit und ‘das Gefühl der Ungerechligkeit. Dieser \{wankende Boden, daß wir nämli ‘abhängig würden von dem sub- jektiven Ermessen des einzelnen Schätßzenden und infolgedefsen zu einer vollkommenen Ungleihmäßigkeit in der ganzen Monarchie kommen würden, macht für mich den Antrag des Herrn Grafen von Mirbach absolut unannehmbar. Unser ganzes Bestreben ist seit dem Jahre 1891 mit heißem Bemühen dahin gegangen, überhaupt, soweit möglich, dem Ziele der steuerlihen Gerechtigkeit näher zu kommen, und dieses Bestreben“ würde einfah rüdckgängig gemacht werden, wenn wir uns wieder auf einen so \{chwankenden Boden begeben würden, wie die Shäßung nach dem individuellen Ermessen des einzelnen Gutachters es ift. Das würde keinen Fortschritt, sondern einen chweren Rückschritt bedeuten, den namentlich die Landwirtschaft selber auf das allerbitterste empfinden würde, denn er würde zugleih verbunden sein mit dem Eindringen in die internen Verhältnisse des einzelnen Besißers, was geradezu als unerträglich empfunden werden müßte.
Nun bedarf es dieses Eindringens niht, denn wie ih dargelegt babe, ift die Veranlagung zur Ergänzungssteuer im allgemeinen in mäßigen Grenzen geblieben, und der Beschluß des Abgeordneten- hauses ist geeignet, etwaigen Mißständen jedenfalls entgegen- zutreten. Er seßt neben den Verkaufswert den Pacht- preis, um zu verhüten, daß etwaige aus besonderen Umständen resultierende Kaufpreise als Norm angelegt werden und danach die Veranlagung zur Ergänzungssteuer erfolgt. Die Pachtpreise stellen in der Tat im allgemeinen den Betrag dar, den man bei ordnungs- mäßiger Bewirtschaftung aus einem Gute erzielen kann, und fie siand also eine geeignete Kontrolle von etwa zu hohen Kaufpreisen, die aus irgend einem Umstande gezahlt worden sind. Die Verbindung von Kauf- und Pachtpreis wird dahin wirken, daß wir den allgemeinen Wert nicht übershäßen, sondern uns innerhalb der Grenzen halten. Die Kauf- und Pachtpreise können wir und wollen wir wohl er- mitteln, ohne Eindringen in die subjektiv wirtshaftlihen Ver- hältnisse des einzelnen Besißers, Wir befinden urs da auf einem sicheren und festen Boden, und ich darf hinzufügen, was ich {en in der Kommission gesagt habe, daß wir uns bemühen werden, wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft etwaigen zu hohen Veranlagungen zur Ergänzungssteuer aufs äußerste entgegenzutreten.
Ich habe in diefer Beziehung au {hon in der Kommission an- geführt, daß vor einiger Zeit ein hierher gehöriger Fall uns praktis entgegengetreten ist in den gemischt sprahlihen Provinzen Posen und Westpreußen. Es wurde der Befürchtung Ausdruck gegeben aus den Kreisen der deutshen Grundbesitzer, daß es nahe liege, daß die hohen Kaufpreise, die die Ansiedlungskommission zahlt, Anlaß geben könnten, nun ganz allgemein die Güter in Westpreußen und Posen dem- entsprehend zur Ergänzungssteuer heranzuziehen. Ich habe sofort die Steuerbehörden verständigt, daß dies niht der Absicht der Geseßgebung und meinen eigenen Intentionen entspricht, und ich glaube den Nachweis erbringen zu können, daß demgemäß auch verfahren worden ift.
Ic habe in der Kommission hon angeführt, und ih will hier kurz wiederholen, daß im Regierungsbezirk Marienwerder die Ver- anlagung zur Ergänzungssteuer mit dem 80fahen des Grundsteuer-
reinertrags abschließt, während die von der Ansiedlu»ngskommission
f
gezahlten Preise das 109fahe des Grundsteuerreinertrages ergeben. Im Regierungsbezirk Posen beträgt die Veranlagung zur Ergänzungssteuer das 84fache, während die gezahlten Kaufpreise auf das 144fache des Grundsteuerreinertrags steigen. Sie schen also, wie weit die Ver- anlagung zur Ergänzungssteuer hinter den gezahlten Kaufpreisen zurückbleibt. Im Regierungsbezirk Bromberg beläuft sich die Veranlagung zur Ergänzungssteuer auf das 77fahe. Die ge- zahlten Kaufpreise haben das 116 fache erreiht. Das sind diese dret Bezirke. Wo also aus besonderer Konkurrenz gegenüber den polnischen Banken eine sehr bedeutende Steigerung der Güterpreise erfolgt ist, hat die steuerli@e Veranlagung sich niht an diese außerordentlichen Güterpreise angeschlossen, sondern sie hat den gemeinen Wert nit überschritten.
Meine Herren, wir werden uns bemühen, nach dieser Richtung auch in Zukunft zu wirken und dafür einzutreten, soweit es in der Hand des Finanzministers liegt, daß die Heranziehung und Ver- anlagung zur Ergänzungssteuer sich in den rihtigen Grenzen hält ; daß sie maßvoll ist, daß sie den Charakter der Ergänzungssteuer nicht verliert und nit außerordentlihen Umständen ungebührliß Rechnung trägt, aber ich bitte dringend, den Antrag Mirbach niht anzunehmen ; er ist aus den dargelegten Gründen für das Staatsministerium nicht annehmbar, er würde einen schweren steuerlihen Rückschritt bedeuten und für die Landwirtschaft selber von den aller nacteiligsten Folgen begleitet sein. (Bravo!)
Nah einer Entgegnung des Grafen von Mirbach zieht dieser seinen Antrag zurü.
Auf eine Bemerkung des Herrn von Buh-Carmzow erwidert der
Staats- und Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Was zunächst das Oberverwaltungsgeriht betrifft, so habe ih vorhin {hon angedeutet, und Herr von Buch hat es jeßt bestätigt, daß das Oberverwaltungsgeriht über dem Finanzminister steht; aber an das Oberverwaltungëgeriht kommen bekanntlih nur die Fragen über Mängel des Verfahrens und unrichtige Geseßesanwendungen (Zuruf : Das ist ja hier der Fall!), während rein tatsählihe Er- mittlungen nicht an das Oberverwaltungsgeriht kommen. Wenn also der Finanzminister von vorn herein die Veranlagungsbehörden in bes stimmter Weise anweist, daß sie bestimmte Kaufpreise nicht in Nück- sicht ziehen, so ist dies dur das Oberverwaltungsgericht kaum anfeht- bar. Ih kann im übrigen mit allem mi einverstanden erklären, was Herr von Buch ausgesprohen hat. Wir haben allerdings den 8 11 nit so aufgefaßt, wie er sagt. Es Heißt dort:
„Der Wert ist nach dem Verkaufswerte und den Pachtpreisen zu be» messen, welche sch für Grundstücke gleiher Art nah dem Durchschnitt: der leßten zehn Jahre ermitteln lassen.“
Herr von Buch fürhtet nun, daß alle Verkaufswerte und Pacht-- preise zu Grunde gelegt werden sollen. Das ist durhaus nicht der Fall; denn es heißt niht: „nach den Verkaufspreisen, welhe für alle Grundstücke zu ermitteln find“, sondern es muß naturgemäß dem verständigen Ermessen .der Veranlagungsbehörden überlassen werden, welche Verkaufswerte beziehungêweise welche Pachtpreise zu Grunde gelegt werden follen; und daher erkläre iß nochmals ausdrüdcklih, daß Verkaufspreise, die auf Grund besonderer Ursachen erzielt sind, niht zu berücksihtigen sind. Das is auch schon in Artikel Ÿ der jeßigen Anweisung ausgespro@en. Da heißt es:
Bei Bemessung des gemeinen Wertes sind zum Anhalt zu nehmen die im gewöhnlichen Verkehr gezahlten Kaufpreife. Ih erkläre mih ausdrücklich bereit, in der Ausführungsanweisung, die wir jeßt ergehen lafsen werden, den § 11 in dem Sinne zu inter pretieren, wie Herr von Bu es gewünscht hat.
Hierauf wird der Gesegentwurf unverändert angenommen.
Damit ist die Tagesordnung erschöpft.
Schluß 6 Uhr. Nächste Sißung Montag 12 Uhr. (Hercynia-Vorlage, Verbesserung der Arbeiterwohnungen und kleine Vorlagen.)
17. Sißung vom 28. Mai 1906, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs TelegraphischWem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sißung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Die Denkschrift über die Ausführung der bisherigen Ge- seße, betreffend die E E von Staatsmitteln zur Ver- besserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staat- lichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staats- beamten, wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt. Jn Verbindung hiermit wird der mündliche Bericht der Budget- und Finanzkommission über den Geseßentwurf, O die Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Ver- besserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlihen Betrieben beschäftigt sind, und Son E besoldeten Staatsbeamten, erstattet.
ie Kommission beantragt unveränderte Annahme des Garne.
berbürgermeister Str uckmann- Hildesheim fragt an, ob nicht auch erwogen werden könne, den gemeinnüyigen Aktiengesell- schaften, die auf der Grundlage der Baugenossenshaften aufgebaut find, Darlehen zu gewähren. Der Eisenbahnverwaltung müsse felbst. verständlih Einfluß auf die Verwendung der Gelder für die Beamten erhalten bleiben.
Unterstaatssekretär im Finanzministerium Dombois: Es ift nit ausgeschlossen, daß derartige Darlehen auch an getenadis Aktiengesellschaften gegeben werden. Dabei muß allerdings die Garantie der Gemeinnüßigkeit gegeben werden, daß jede Spekulation ausge- \{lossen ist, und daß die Gelder den unmittelbaren Staatsbeamten zu gute kommen.
Der Geseßzentwurf angenommen. i
Es folgt der mündliche Beriht der Kommission für das Budget und für Finanzangelegenheiten über den Gef p entwurf, betreffend den Erwerb des Kalisalzbergwerks
wird darauf ohne Spezialdiskussion
der Gewerkschaft Hercynia durch den Staat.