Grofßhandelspreise vou Getreide au deutschen und fremden Vörseuplätzen für die Woche vom 2, bis 26. Mai 1906 nebst entsprehenden Angaben für die Vorwoche.
1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nit eiwas anderes bemerkt.)
Woche | Da- 21./26. | gegen Mai or- 1906 | woe
160,40| 161,75 184;,10| 184,58 164;,75| 162,38
Berlin.
guter, gesunder, mindeftens 712
755
Mannheim.
Roggen, älzer, russisher, bulgarischer, mittel . rumän., mittel
; Mülier wirttembergi in mittel . Pfälzer, m U
{ raff R a e e
Wien. en, Pester Boden . Roggen, Drt e C9 D:D fer, ungarisher I. . . ais, ungari
177,29 196,04 176,29 181,25 130,00
179,00 196,88 176,25 178,75 130,00
118,40 151,62 155,03 118,40
120,01 153,20 155,75 120,86
Budapest. IOggen, Mittelware W "
Hafer, D erste, Futter- „ Mais,
108,95 134,41 147,96 123,68 111,29
111,90 136,73 151,92 127,37 112,62
101,08 121,47
102,62
71 bis 72 kg das bl . .. Weiten Uka, 75 bis 76 kg das hl. 122,39
Riga. Bete
108,32 121,14
R 123,56
Paris. | lieferbare Ware des laufenden Monats {
Antwerpen. Donau, mittel. . .
124,06 191,74
122,14 192,32
133,93 135,96 140,02 148,14 141,80 139,53
133,86 136,54 140,76 148,06 142,38 141,00
Amsterdam. Roggen E i ersburger . . Weizen Des er Winter- Mais ge: ua
London. Weizen ( t nen (Mark Lane). .....
englishes Getreide, Mittelpreîs aus 196 Marktorten Getfie (Gazette averages)
Liverpool. russischer
Donau Manitoba
La Plata Australier fer, englisher, weißer . erste, Futter-, am Mais amerikan., bunt g La Plata
Chicago.
118,07 131,72 147,59 152,01
94,46 105,42
126,05 136,49 147,53 152,44
93,99 106,22
152,29 150,05
142,66 145,92 136,39
152,22 149,98
142,20 145,25 134,44
152,39 142,04 144,39 145,33 149,56 150,50 106,22 103,94 110,06
152,31 141,97 145,26 145,26 150,43 150,43 107,33 103,67 112,35
Weizen
132,70 128,73 125,90
80,36
130,00 126,81 123,74
Weizen, Lieferungsware \ 80,83
* Mais " Neu York. ter Winter- Nr. 2... roter hc
Lieferungsroare |
145,99 140,69 137,94 133,56
94,09
144,54 139,97 136,23 131,87
94,13
Weizen
Mais .- Buenos Aires.
| Durhschnitisware .
123,83 79,29
121,16
Weizen 80,18.
Mais
Bemerkungen.
1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner Pro- duktenbörse = 504 Pfund engl. gerehnet; für die aus den Ums an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durhschnittspreise für einheimishes Getreide (Gazotte averages) ift 1 Imperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Vtund engl. angeiettt: 1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch; 1 Fund englis = 450,6 g; 1 Lst Roggen = 2100, Weizen = Bei der Um lite der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im Reda ermittelten wöentlichen Durchschnittswechselkurse an der iner Börse zu Grunde gelegt, und zwar jn Wien und Budapest die Kurse auf Wien, r London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und f ork die Kurse auf Neu Vork, für Odessa und Riga die un auf St. Petersburg, für paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plägze. eise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der * Goldprämie.
Berlin, den 30. Mai 1906.
Kaiserliches Statifstishes Amt. van der Borght.
Deutscher Reichstag. Die in dem gestrigen Bericht über die Rei chstags- verhandlungen gee Auszug veröffentlihten Reden des Staatssekretärs des Reichspostamts Kraetke seien heute im Wortlaut wiedergegeben. Auf die Ausführungen des Abg, von Gerlach, be- treffend den Fall des Postassistenten Mertens, erwiderte der Staatssekretär: J verstehe. das Mitgefühl, dem Herr von Gerlah eben Aus- druck gegeben hat, kann aber versichern, daß bei jedem einzelnen Vor- geseßten und dem Chef der Verwaltung das Mitgefühl eben so stark ist wie das seine. Wir tun jedo auch im Interesse der Beamten am besten, wenn wir dem Gerichtsverfahren freien Lauf lassen. Jn der zweiten Lesung ist der Fall hier zur Sprache gebracht, und ih habe dann Berichte eingefordert. Nah diesem stellt sfi beraus, daß ein Beamter wegen Verlustes eines Geldbriefes in den Verdacht gekommen ist, den Brief untershlagen zu haben. Es ist auf Grund der geseßlichen Bestimmungen ein Defektenbes{chluß gegen ihn abgefaßt worden; außerdem ist die Sache vor den Strafrichter gekommen. Der Beamte wurde in dem Strafverfahren wegen mangelnden Beweises freigesprohen. Nun haftet nah den geseßlichen Vorschriften jeder Beamte zivilrechtlich nicht bloß für alle Sachen, die er untershlägt, sondern auch für die Sachen, die ihm übergeben sind und die er nit weiter nahweisen kann. Zu einer Auf- hebung des Defektenbeshlusses lag daher shon aus dem Grunde kein Anlaß vor, weil der Beamte den Geldbrief nicht nachweisen konnte: Der Defektenbeschluß wurde vollstreckt. Gegen diesen Beschluß steht dem Beamten die Zivilklage zu. Diese Zivilklage war bereits erhoben, als der Herr Abg. von Gerlah die Sache hier zur Sprache brachte, und in dem Zivilprozesse hatte das Gericht damals bereits eine neue umfassende Beweisaufnahme über das Abhandenkommen des Geld- briefs angeordnet. Die Beweiserhebungen sind noch nicht zu Ende. Unter diesen Umständen liegt für die Verwaltung keine Veranlassung vor, einzugreifen, weil eben eine ganz neue Beweisaufnahme statt- findet und es im Interesse des Beamten selbst nur wünschenswert sein kann, wenn die Sache vollständig klargelegt wird.
Wenn nun der Herr Abg. von Gerlah als besonders belastend für die Verwaltung anführt, daß inzwischen eine neue Kostenrehnung aufgestellt worden sei und deren Betrag von dem Beamten eingezogen werden solle, so ist das auch wieder die Folge des Gesetzes, daß der Beamte für die Untersuhungskosten im Defektenverfahren haften muß, und zwar niht bloß, wenn er untershlagen hat, sondern auch, wenn die Sendung dur sein Versehen abhanden gekommen ist. Man wird anerkennen müssen, daß, wenn dieser Nachtragsbeshluß nicht abgefaßt worden wäre, die Oberpostdirektion dem Beamten die Möglichkeit entzogen hätte, in dem {chwebenden Prozeß glei auf die Aufhebung dieses Defektenbeschlu}ses, der nihts weiter ist, als ein Anhängsel zu dem anderen, zu beantragen. Nun, wie ih soeben ge- bört habe, soll die Vollstrekung dieses Beschlusses über 146 M auf Veranlassung der Oberpostdirektion stattfinden. Das ift vollständig korrekt; es wird \ih indessen, wie ih hoffe, ermöglichen lassen, die Vollstreckung noch auszuseßen. Das ist der einzige Punkt, bei dem die Zentralbehörde eingreifen und eine Milderung eintreten lassen
kann. “Die zweite Rede des Staatssekretärs lautete:
Jch möchte dem Herrn Vorredner gleich erwidern: es ist mir nit gegenwärtig, wodur die 70 & für den Schreibsachverständigen entstanden \ind; ich nehme aber an, daß sie niht aus Anlaß der \trafrechtlihen Untersuhung entstanden \ind, sondern um den Fall aufzuklären, also im gewöhnlihen Postuntersuhungsverfahren. (Zuruf links.) — Nein, Herr Abgeordneter, das ist ein sehr großer Unterschied. Hier handelt es sih um die Unterschiebung eines Briefes ; es handelt sich darum, den Sachverhalt vollständig aufzuklären, zu ermitteln, wo der Geldbrief verblieben und das Falschsück unter- geschoben ist, sowie welhe Beamte als Täter in Frage kommen. Bei diesen Ermittelungen werden die Kosten entstanden sein.
Was nun das S{reibgutachten anlangt, so darf man sich das nicht so vorstellen, als ob die Oberpostdirektion mir den Shreibsach- verständigen herangeholt, und auf Grund seines Urteils das ftraf- gerihtlihe Verfahren beantragt hätte. Nein, meine Herren, das wäre eine ganz \chiefe Ansicht. Wenn solche Fälle vorkommen, fo wird genau untersuht, welche Gelegenheit der Beamte etwa gehabt hat, eine derartige Untershiebung vorzunehmen, und wenn diese Untérsuhung belastend ausfällt, dann wird der S(reibsachverständige gehört. Also niht das Urteil des Shreibsachversländigen ist ent- s{eidend, sondern entscheidend is die Gesamtheit der Tatsachen, die bei der Untersuhung aufgedeckt werden.
Was die Ausführungen des Herrn Abg. Werner anbetrifft, so ist uns nicht bekannt, daß ein Brief, auf dem „Heeresfahen“ statt „Militaria* stand, beanstandet worden sei. Selbstverständlich würde da Remedur eintreten und den Beamten gesagt werden, daß sei zuläsfig.
Dann hat der Herr Abgeordnete wieder die Gratifikations- wesen zur Sprache gebracht. Treu dem Versprehen, welches ih hier abgegeben habe, sind die Fonds für Vergütungen und für Unterstüßungen anders verteilt worden und zwar nach der Richtung, daß für die eigentlihen Vergütungen, für die Eratifi- kationen, den Oberpostdirektionen weniger Geld zur Verfügung gestelt worden ist, als für Notfälle, also für Unterstüßungen. Es ist unmöglih bei 240 000 Beamten und Unterbeamten und verhältnismäßig geringen Mitteln diese so zu verteilen, daß jeder zu- frieden ist. Da natürlicherweise niht jeder etwas bekommen kann, wird jeder Nichtbedahte sagen: warum bekommt der was und ih niht? Das liegt in der menshlihen Natur. Da kann der Herr Abgeordnete Werner, da kann das ganze bohe Haus sich mit der Verteilung beschäftigen, sie würden ebenso Nackenshläge bekommen wie ich, und sie ruhig“ hinnehmen müssen. Jh sage mir: viele sind berufen, wenige auserwählt. (Heiterkeit.) Mebr Geld kann ih nicht verteilen, als ich habe. Aber bier steht zur Frage: sollen wir den ganzen Fonds abschaffen oder ihn belassen? Wenn wir es uns ehrlih überlegen, so brauen wir solche Fonds, um helfen zu können, wo Not ist, und um außers gewöhnliche Leistungen zu belohnen. Dann müssen wir es mit in den Kauf nebmen, daß man uns als ungerechte Vorgeseßte schildert; wir müssen uns trösten damit, nah bestem Wissen und Gewissen verteilt zu haben. Mehr können wir niht. (Bravo!)
Preußischer Landtag. Herrenhaus.
18. Sißung vom 29. Mai 1906, Mittags 12 Uhr. , (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Der Präsident Fürst zu Jnn- und Knyphausen eröffnet die SUD n be itteilung, daß der agi reue U be- treffend die Unterhaltung der olks\hulen, vom Abgeordneten- hause eingegangen ist und am 15. oder 16. Juni zur Beratung gestellt werden wird. s
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Beratung des vom andern Hause auf Antrag des Abg. Schiffer ange- nommenen Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des Art. 26 und die Aufhebung des Art. 112 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850.
Die JZustizkommission beantragt durch ihren Re- erenten U zu Eulenburg die unveränderte Annahme ps Geseßentwurfs, nah dem Art. 26 der Verfassungsurkunde 1850 folgende Fassung erhalten soll:
„Das Schul- und Unterrichtswesen ist dur Gese zu regeln. Bis zu anderweiter geseßliher Regelung verbleibt es hinsichtlich des Schul- und Unterrihtswesens bei dem geltenden Recht. Berichterstatter Graf zu Eulenburg führt aus, daß es sid nit etwa um eine Aendæœung des materiellen Rechts handele, sondern daß den Schwierigkeiten abgeholfen werden solle, die sih aus ven bisherigen Art. 26 ergeben hätten, nah dem ein besonderes Gese das gesamte Unterrichtswesen ordnen solle. Die Entwicklyng seit 1850 und die Vielgestaltigkeit unserer Schulverhältnisse habe die Erfüllung, dieser Anforderung zur Unmöglichkeit gemacht.
Ohne Debatte wird die Vorlage angenommen.
Darauf berihtet Herr von Sydow über den vom Ab- ot aale n alias des Abg. Freiherrn von Zedliß: und Neukirch angenommenen Geseßentwurf zur Ab- änderung des 8 53 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893. Die für den Gegenstand niedergeseßte besondere Kommission hat die neu vorgeshlagene Fassung, des 8 53 in einigen Beziehungen geändert und folgenden
Wortlaut vorgeschlagen:
„Wenn in einer Gemeinde durch Personen (Abgeordneten- haus : durch den Zuzug von Perle , die in einer anderen Ge- meinde im Betrieb von Berg-, Hütten- odex Salzwerken, Stein- brüchen, Ziegeleien, Fabriken oder Eisenbahnen beschäftigt werden: und dieser Beschäftigung wegen in der ersteren. zugezogen oder verblieben sind, nachweisbare Mehr- ausgaben für Zwecke des öffentlichen Q oder der öffentlihen Armenpflege oder für polizeiliche Zwecke er- wachsen, welche im Verhältnis zu den ohne diese Perionen [K die er- wähnten Zwecke notwendigen Gemeindeausgaben einen erheblichen Um- fang erreichen und eine Ueberbürdung Abgeordnetenhaus L unbillige Mehrbelastung) der Steuerpflichtigen herbeiführen, so ist eine solhe Gemeinde berehtigt, von der Betriebsgemeinde einen an- E Zuschuß zu verlangen. Bei Bemessung desselben find neben der Höhe der Mehrausgaben auch die nachweisbar der Ge- meinde erwachbsenden Vorteile, soweit sie in der Steuerkraft zum Ausdruck kommen, sowie dieanderseits der Betriebs8- gemeinde durch die Betriebe erwachsenden Lasten zu berücksihtigen. Die Zuschüsse der Betriebsgemeinden dürfen in feinem Fall mehr als die Hälste (Abgeordnetenhaus : drei Viertel) der gesamten in der Betriebsgemeinde von den betreffenden Be- trieben zu erhebenden direkten Gemeindesteuern betragen.
ten Worte sind Zusäße der Kommission.) Im a E ee Eockini ion u weiteren Bestimmungen des neuen § 953 as ene nrag über die Frist für das Erlöschen des- 8 hinzugefugt. i S Domiatision wurde der Geseßzentwurf in erster Lesung gegen 3 Stimmen abgelehnt und is in pee Lesung; nur mit 1 Stimme Mehrheit angenommen worden.
Oberbürgermeister Struckmann - Hildesheim bemerkt, daß: die Vorlage g in zweiter elung in der Kommission abgelehnt worden wäre, wenn nicht einer ihrer Gegner an der Abstimmung teilzunehmen verhindert gewesen wäre. Es handle fih um ein aus der Initiative des anderen Hauses hervorgegangenes Gelegenbeitsgeset, das ohne Mit- wirkung der Regierung, ohne das durhaus notwendige vollständige Material aeauilirt sel, an den größten Mängeln und Unvollkommen- heiten leide und anderseits aufs tiefste und einschneidendste in die Finanzen niht nur vieler Städte, soadern auch mancher Landgemeinden eingreife, nur um angeblichen Unbilligkeiten abzuhelfen, welche gegen einige Gutsbezirke aus der bisherigen Fassung des § 53 fich ergeben hätten. Vollends falsch würde es sein, egt, wo soeben in beiden Häusern die Revision des Komm unalabgabengeseßes, deren Notwendigkeit die Res gierung selbst anerkannt babe, energisch gefordert worden sei, eine folche Gelegenheitênovelle zu einem einzelnen Paragraphen zu verabschieden, die noch dazu von der Herrenhauskommission nur dur eine Zufalls- mebrheit und erst in zweiter Lesung angenommen worden set. Der Redner empfieblt die Ablehnung des Entwurfes.
n der Spezialdiskussion stellt
Rut von Hohbenthal-Dölkau den Antrag, den von der Kommission beshlofsenen Zusaß, wonah bei der Bemefsung des Zuschusses „anderseits die der Betriebsgemeinde durch die etriebe: erwachsenden Lasten* zu berücksihtigen find, wieder zu streichen. Dieser Passus solle der Betrieb8gemeinde die Möglichkeit geben, eine Art Gegenforderung oder Gegenrechnung aufzustellen egenüber der überbürdeten Gemeinde. Letztere könne aber f che Gegenrehnung in feiner Weise kontrollieren ; anderseits genieße industrieller Unter-
vom 31. Januar
die Betriebsgemeinde die Vorteile derartiger 1 nd Ga in den Steuern; auf die Eisenbahnen fei die Bestimmung obnebhin nicht anwendbar. Die Wokltat, welche man den überbürdeten
Cu Gs E und die iden, nabezu vereite 7 t: Vieecbkrgermeliten Struckmann bittet, den Passus aufrecht zu erhalten. Man solle doch niht die Betriebsgemeinden als eine
Lasten erwahsen. Wenn der Fiskus irgendwo einen Schacht nieder- treibe, kônne die Gemeinde nihts dagegen tun ; wider Willen werde je zu einer Betrieb8gemeinde, der man Unannehmlichkeiten und sten aufbürde. Aus Hildesbeim ließen \fich frappierende Beispiele ür diesen Fall anführen. Solle die Betriebsgemeinde alle diese Lin gar nicht in Gegenrechnung bringen dürfen? Wenn die Be- triebsgemeinden von allen in Anspruch genommen werden könnten, be- bielten sie {ließlich von den Steuern gar nichts mehr übrig, wie daë Beispiel von Barsinghausen beweise. : [24 Oberbürgermeister Be ck er - Cöln äußert in gleichem Sinne. Es sei doch sehr wenig ratsam, einen Entwurf anzunehmen, der in der Kommission nur durch einen Zufall zur Annahme gelangt set, — R eis E t O T Die Regierung kann eheimer regierungSrat Dr. Freund: 1 ie A h eben, da es si um einen Jnitiativ-
ine be te Erklärung noch nit / e L it Persönlich kann Ee die Vorlage als eine itnehmbace
Grundlage für die Reform des § 53 erklären, namentlich nahdem Heronbauttaampiiih eine Reibe wertvoller Verbefserungen an dem Wortlaut der Fafsung -des Abgeordnetenhauses vorgenommen hat. Was den Antrag des Wcasen Hobenthal betrifft, so if zu bemerken, daß e dem rag M des r 53 der Zuschuß ein „ang sein muß; angemefsen er nur, wenn au
inde erwachsenden Lasten mit in Rückfiht gezogen werden; kein tihter e ogs den Ausdruck „angemessen“ anders interpretieren.
inden erweisen wolle, werde jedenfalls durch die Annahme diefer - A bsiht, Streit möglichst ju vere-
Art von Sünderinnen hbinstellen, aus deren Handlung dem Lande -
emessener“” ch die der Betrieb®- -
Unter diesen Umständen ift der von der Kommission beschlofsene ZusaL
nicht von Echeblichkeit, und fiele er
rung der Sachlage nicht herbeigeführt werden.
Oberbürgermeister O e hle r - Crefeld bittet um Ablehnung des Antrages Hohenthal. Die Berücksichtigung der der pa ari Merzs erwachsenden Lasten sei eine Forderung der Gere@tigkeit und Billig-
sehr verschieden usführungen des ung der fraglihen Worte erft
daß die Materie noch nit Kommission habe der m Ee Rükfragen und Erörte-
orlage ablehnen und die Re-
‘eg 4
r. Freund: Die Regierung hat Jahren eingehend beraten und besißt l Die Hauptbedenken, die ih in der Kom- mission vorgetragen habe, betrafen die Erhöhung des Limitums; diese
, die drei Viertel des Steuerbetrages
keit. Die „Angemessenheit“ des Zuschusses lafse sti kfonftruieren, und gerade mit E auf die Grafen Hohenthal sei die Beibeha recht angezeigt. _Herr Vopelius hält au dafür, enügend geklärt ift. In der ommissar selbst betont, daß noch rungen nôtig seien. Man solle die ales um einen Gesetzentwurf er eheimer Oberregierungsrat über die Angelegenheit vor zwei auch bedeutendes Material. find durch den Kommissionsbeshlu auf die Hälfte zu ermäßigen, bef i DIREA E E eri z pretation fallen, welche vorhin an die Worte \{uß“ geknüpft habe. Mit der Worte wird das bestehende Necht Herr Vopelius: D welhes nach seiner soeben besißt, der Kommission niht zugänglih gema Der Gesehentwurf wird darau Grafen Hohenthal mit {chwacher Me Es e über den Vervollständi Staatseisenbahnneßes Staats an dem Bau von Kleinbahnen. Der Referent Herr von Graß empfiehlt namens der Kom-
Streichung der hierauf bezügli einfah wiederhergestellt. /
rheit angenommen.
mission die unveränderte Annahme der Bartage, E, an jedem ertehrsmtnijiers von
Sinne als ein Vermähtnis des hohverdienten Budde betrahten dürfe.
Die | Linien Sensburg—Nikolaiken und Wehlau—Fried- land werden ohne Debatte genehmigt.
Vei der Linie Beegfereve —Sromgubeses, welche ein weites Gebiet des Regierungsbezirks Allenstein aufschließen soll, bittet ias N L n TOEN 1E dee LRD cui Ste Me E nverwaitung, die une der wesipreußt n ZniereNfsenkten ü
des Anschlusses an diese Linie tunlihst zu berüdsichtigen. a
Die Linie wird genehmigt, desgleihen ohne Debatte Thorn— (Mocker) Unislaw, Krushwiß—Strelno, Wronke— Obornik, Sandberg—Koschmin.
Bei der Linie Kempen—Namslau dankt
Herr vonNeinersdorff als Interessent dem Minister für die Einstellung dieser Streck-, wünsht aber noch Vervollständigung, eventuell den Bau der nie Landsberg—Pitshen—Namslau oder Bernstadt. Die Linie Kempen—Nams[lau durchziehe ein Ansiedlungs- gebiet ; die große Ede südöstlih dieser Linie sei aber von Eisenbahnen noch fast ganz entblößt.
Die Linie wird bewilligt, ebenso ohne Debatte, die Strecken Schottwiß—Meleshwiß, Wansen—Brieg, Roßwiese—Zielenzig —Heringsdorf—Wolgaster Fähre, Hoyerswerda (Landesgrenze)— (Königswartha) Mücheln—Querfurt, Sonneberg—Eisfeld.
Bei der Linie FSOW Lüchow—Dannenberg dankt
Graf Grote -Breese der Regierung für die endliche Ver- wirklihung dieses Projektes, anderen Hause einer feiner Landsleute geäußert habe, daß bedauerliherweise durch diese Linie das Projekt QDannen- berg—Uelzen, welches au ian 20 Jahre alt sei, geschädigt werde. Gleichzeitig bittet er die Regierung, zu erwägen, ob bei dem Bau der Jeetzebrücke bereits auf den Bau der Linie Dannenberg—Uelzen Rüdsiht genommen werden könne.
Die Ausgaben für diese Linie werden sodann bewilligt, ebenso ohne Debatte diejenigen fe die Linie Gifhorn—Celle. Die Petition des Kreisausshusses Diepholz und anderer um den Bau einer Bahn von Nienburg a. W. bezw. Lemke nah Diepholz mit Anschluß über Lohne in Oldenburg nah Quaken- brück überweist das Haus der Regierung als Material.
Auch die Linie Wildungen—Buhlen wird bewilligt; die Petition des Landrats Dr. von Savigny in Büren und anderer um Anschließung der geplanten Eisenbahn Wildungen—Corbach an die E Warburg—Schwerte bei Marsber oder Bredelar soll ebenfalls der Regierung als Materia überwiesen werden.
Unterstaatssekretär Fle ck entshuldigt zunähst den Eisenbahn- minister, der zu seinem Bedauern der beutigen Sun nicht bei- wobnen könne, da er fih einer Kur zum Zwecke der Beseitigung der Nachwirkungen einer vor kurzem überstandenen Influenza habe unter- ziehen müssen, und gibt dann in bezug auf das eben erwähnte Petitum eine entgegenkommende Erklärung ab.
Die Linien Oberscheld—Wallau, Menden—Neuenrade, Brüchemühle—Wildbergerhütte, Jmmekappel—Lindlar, Lebah— s und Erdorf—Bitburg werden ohne Debatte be- willigt. 4 |
Zur Beschaffung von Betriebsmitteln für diese 24 Linien werden 18 658 000 F gefordert. Ferner werden verlangt 68 504 000 é für zweite Gleise auf 27 Eisenbahnstrecken und 100 Millionen zur Beschaffung von Betriebsmitteln für die vorhandenen Staatsbahnen.
Ueber die leßtere Position hat, wie der Referent mitteilt, au in der Eisenbahnkommission des Hauses eine eingehende Debatte stattgefunden.
Unter den Strecken, welche mit zweiten Gleisen versehen werden sollen, befindet sich auch Ruhnow—Belgard.
Herr von Hergtber g bittet aus diesem Anlaß die Verwaltung, die Umwandlung der Strecke Ruhnow—Konigß, die {hon zwei Gleise babe, in eine Vollbahn in Erwägung zu ziehen, und wünscht gründliche Revision der Fahrpläne für die Strecken Breslau—Stolp und Breslau—Belgard.
h Sen verant die FE 7 793 a e zu e iedenen Bauausführungen, u. a. für eine Hauptbahn Essen- West—Borbek—Frintrop—Oberhausen-West 6 340 006 M
Zur Förderung des Baues von Kleinbahnen endlich“
werden 5 Millionen verlangt.
Ohne Debatte genehmigt das Haus die sämtlichen Positionen.
Der Gesegentwurf wird darauf im ganzen einstimmig angenommen. -
Die Bri über die Entwicklung der nebenbahn- ähnlichen Kleinbahnen in Preußen und die Nachweisungen der bis zum Schlusse des Jahres 1905 bewilligten oder in Aussicht gestellten Staatsbeihilfen aus dem zur Förderung des Baues von Kleinbahnen bereitgestellten Fonds sowie der bis zum Schlusse des Mtamaires 1904 aufgekommenen Rüdeinnahmen auf Staatsbeihilfen für Kleinbahnen werden durch Kenntnis- nahme für erledigt erklärt. i
alten um so mehr, als im
so würde eine faktishe Verände-
eitigt worden. Wenn der Antrag würde damit keineswegs die Inter-
„angemessener Be - n
er Regierungskommissar hat das Material, erfolgten Ung, die Negierung bereits
mit dem Antrag des
der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission eseßentwurf, betreffend die Erweiterung, ung und bessere Ausrüstung des und die Beteiligung des
landwirtschaftliher Getreidelagerhäuser bereitgestellten Mittel von 5 Millionen Mark. Auch diese Nachweisung wird dur Fenninioume für erledigt erflärt. ASHORA De
Ueber die Petition der Handelskammer zu Goslar um den Bau einer Eisenbahn von Oker er De Hama berichtet namens der Eisen- bahnkommission Fürst zu Stol erg-Wernigerode. Der Kommissionsantrag auf Ueberweisung als Material wird an- genommen, nahdem Herr von Gustedt und auh der Referent warm für die Ausführung dieser Verbindung eingetreten sind.
Der Bürgermeister Lüßenkirchen in Cochem u. Gen. petitionieren um eine Eisenbahn von Cohem nah Adenau zur Aufs ließung der G N tut fie, Qs Af erode refer ée namens
enbahnkommission. Dem Kommissionsantrag auf Ueberweisun als Material tritt das Haus ohne Debatte bei. 4 f sung
Namens der Etats- und inanzkommission berihtet Frei- herr von Dúrant über die Petition des Eisenbahnsekretärs Otto Wolff zu Zehlendorf um Gewährung von Erziehungs- beihilfen für die Kinder der Staatsbeamten. Die Kommission empfiehlt Uebergang zur Tagesordnung.
Das Haus beschließt demgemäß ohne Debatte.
Damit is die Tagesordnung erledigt.
Schluß 31/4 Uhr. Nächste Sißung Mittwoch 11 Uhr. (Petitionen, Bergg enoóalies fung Ÿ )
Haus der Abgeordneten.
75. Sißung vom 29. Mai 1906, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sißung is in der gestrigen Nummer d. Bl. berihtet worden. E des
Zur Beratung steht der Antrag der Abgg. Arendt- Labiau (kons.), Dr. Aren dt-Mansfeld (frkons.) Und Genossen: „die Königliche Staatsregierung aufzufordern, im Bundesrate dahin zu wirken, daß Eingriffe in die Verfassung der Einzel- staaten, insbesondere Preußens, im D eas der Nei hs-
gef d vermieden, jedenfalls nit ohne Einvernehmen mit den Einzellandtagen vorgenommen werden.“
Nach der Begründung des Antrags dur" den Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.) nimmt das Wort der
Minister des Jnnern Dr. von Bethmann-Hollweg:
Meine Herren! Der Herr Abg. von Heydebrand hat zunächst die politishen Motive aufgedeckt, welhe die Herren Antragsteller veran- laßt haben, den vorliegenden Antrag einzubringen, und er hat daran eine Interpretation des Sinnes geknüpft, den der Antrag haben solle. Es wird mit diesem Antrage eine politisch und staatsre{htlich so ernste Frage angeregt, daß die Königlihe Staatsregierung leicht- fertig handeln würde, wenn sie nicht doch dem Wortlaute des An- trages, wie er si darstellt, sharf in die Augen sähe. Allerdings hat Herr von Heydebrand in seinen Schlußworten davor gewarnt, etwa aus formalen Rüdsichten an diesem Antrage „herumzunagen“, was ja wohl leiht sein würde. Aber ih bitte do, die Situation nit zu verkennen, in der \sich die Königliße Staatsregierung befindet. Wird der Antrag vom Abgeordnetenhause zum Beschluß er- hoben, so muß die Königlie Staatsregierung zu diesem Be- s{chlufse Stellung nehmen. Und sie kann dies doch nur gegenüber dem Wortlaut des Antrages, gegenüber seiner Begründung, wie wir sie ge- hört haben, nur insoweit, als \sih diese Begründung mit dem Inhalte des Antrages deckt. Jh muß deshalb, troß der Warnungen des Herrn von Heydebrand, um die Erlaubnis bitten, auf den tatsächlichen Inkalt des Antrages kurz einzugehen.
Meine Herren, der Antrag verlangt, daß Eingriffe der Reis- geseßgebung in die einzelstaatlihen Verfassungen, niht nur Preußens, sondern allgemein, {lechthin und grundsäßlih unterbleiben sollen, daß, wo sie sih als unvermeidlih herausstellen, sie zum mindesten nicht vorgenommen werden ohne Einvernehmen mit den einzelstaatlichen Landtagen, und er fordert {ließlich von der Königlichen Staats- regierung, daß sie auf die Erfüllung dieses Verlangens im Bundes- rate hinwirke. Das ist der wörtlihe Inhalt des Antrages.
Wenn ih zunächst von dem Verlangen, grundsäßlih Verfassungs- änderungen zu unterlassen, \prehe, meine Herren, so ist es ja voll- kommen flar, daß jede Regierung — und ih nehme dies für die preußische in allererster Linie in Anspruch — es sih bei jedem Akte der Reichs- geseßgebung auf das ernstlihste überleat, ob die Interessen des Reiches einen Eingriff in die preußishe Verfassung notwendig machen. Auch wir, die Regierung, sind gleich Jhnen zum Schuße der Verfassung berufen, und wenn bei der von Herrn von Heydebrand als zweifelhaft hingestellten Frage, ob das Diätengeseß einen Eingriff in die preußishe Verfassung enthielte, er daran die Bemerkung geknüpft hat, daß es ihm schiene, als sei das preußishe Staatsministerium bei der Erörterung dieser zweifelhaften Frage niht mit der genügenden Sorg- falt vorgegangen, so muß ih ihm hierin durhaus widersprehen. Diese Frage ist im Staatsministerium sehr eingehend erwogen worden und hat shließlich zu der Stellung geführt, welhe die Königliche Staats- regierung tatsählich eingenommen hat. Aber, meine Herren, etwas ganz anderes ist es, ob man in der nackten Form, wie es hier in dem
Antrage geschieht, das Verlangen aufstellt, reihsgeseßlihe Akte zu ver-
meiden, welche in die Verfassungen der Einzelstaaten eingreifen. Der
Herr Vorredner hat selber angeführt, daß nach der Reichs-
geseßgebung das Reich innerhalb der von der Reichsgeseßgebung
gezogenen Kompetenzgrenzen zur Geseßgebung befugt ist, und daß
das Reichsreht dem Landesrecht vorgeht, Es ift weiterhin vollkommen
unzweifelhaft, daß das Reichsreht dem Landesreht in dem Sinne
vorgeht, daß es gleichgültig ist, ob dieses Landesreht aus ein-
fahen Geseßen, aus Verfassungsbestimmungen, aus Verordnungen,
aus Gewohnheitsrehtssäßen besteht. Gegen die derogatorische
Kraft der Reichsgeseßgebung ist das Verfassungsreht der Einzelstaaten
zunächst nur insoweit geschüßt, als die Verfassung für die legislative
Kompetenz des Reiches bestimmte Grenzen gezogen hat. Jnnerhalb
dieser Grenzen aber haben sich die Gründer des Deutschen Reiches
und alle. Organe, welche an der Herstellung seiner Verfassung be-
teiligt waren, grundsäßlih Eingriffen der Reichsgeseßgebung ‘in ihre |' Verfassung unterworfen. Das gehörte mit zu dem Preise, zu dem die deutsche Einheit erkauft worden ist. Insofern kann ih juristisch — und ich muß die Sachen juristish fassen, fie sind viel zu ernst und wichtig dazu — nit zugeben, daß die prinzipielle Vermeidung jedes reihsgeseßgeberishen Aktes, der in die Verfassung von Einzelstaaten eingreift, mit dem bestehenden Nechtszustande vereinbar set.
Ih will bei dieser Gelegenheit auf die kompliziertere
m Anschluß hieran referiert Herr von Graß noch über die wut nrag ber die Verwendung der zur Errichtung
Frage nicht eingehen, wie es sich verhält, wenn einmal
erweitert werden soll. Sie wissen, meine Herren , daß diese Frage im Jahre 1869 im Herrenhause sehr ergiebig behandelt worden ist. Damals war vom Grafen zur Lippe ein Antrag gestellt, der mit dem heutigen zwar verwandt ist, aber doch sehr viel eingeschränkter war ; er verlangte, daß folhe Akte der Neichsgeseßgebung, welche im Wege der Erweiterung der Reichskompetenz erlassen würden und dann in die Verfassurig der Einzelstaaten eingriffen, — daß diese Art von Eingriffen in die einzelstaatlichen Verfassungen von der Zustimmung der Einzellandtage abhängig gemaht würden. Damals hat der Justiz- minister Leonhardt im Herrenhause erklärt, daß aus dem vorliegenden historischen Material kein Grund dafür entnommen werden könne, dem Artikel 78 der Reichsverfassung eine einshränkende Auslegung dahin zu geben, daß er eine Erweiterung der Reichsgeseßgebungs- kompetenz aus\{chlö}e. Er hat im Anschluß daran die Frage auf- geworfen, ob diese Erweiterung der Neichskompetenz ohne alle Schranken zulässig sei; aber er hat diese Frage nicht beantwortet, und auch ih bin niht in der Lage, hier irgend eine Erklärung der Staatsregierung abzugeben über die Frage, innerhalb welcher Grenzen eine Erweiterung der Neichskompetenz im Wege des Art. 78 auf dem
hier fraglihen Gebiete mit dem Gesamtinhalt der Reichsverfassung vereinbar ift.
Meiner perfönlihen Ansicht nah lassen sich die Schranken, die bestehen, nicht in einer allgemein gültigen Weise formulieren, sondern man wird im Einzelfalle nur bestimmen können, was als zulässig zu erahten ist und was niht. Aber so viel geht doch aus der Erörterung der Saße hervor, daß man auch den Landes- verfassungen gegenüber nit unbedingt die Möglichkeit der Erweiterung der reihsgescßlihen Kompetenzen im Wege des Art. 78 der Reichs- verfassung leugnen kann, und auch insoweit geht der uns vorliegende Antrag feinem Wortlaute nah zu weit, wenn er grundsäglih jeden Eingriff in die einzelstaatlihen Verfassungen ablehnt. (Widerspru rechts.) Er tut es ja dem Wortlaute nah. Ich weiß, nach der Begründung, die Herr von Heydebrand ihm gegeben hat, will er es niht; aber ich halte mich für verpflichtet, die Sache \{harf zu fassen; denn wenn ih es nit tue, seße ih späterhin die Staats- regierung dem Vorwurf aus, über Dinge hinweggegangen zu sein, hinter denen doch eine größere Bedeutung steckt. (Sehr richtig ! links.)
Wenn ih daher glaube, daß der Antrag in seinem ersten Teile, jedenfalls in der Fassung, die er hat — niht in dem Sinne, den Herr von Heydebrand ihm unterlegt, aber in der Fassung, die er gegen- wärtig hat — zu weit geht, so komme ih weiter zu dem ¡weiten Punkte, der das Einvernehmen der Einzellandtage fordert. Herr von Heydebrand hat gesagt, es soll nit eine juristishe Vinkulierung in diesem Ein- vernehmen gefunden werden, sondern es soll der Staa tsregierung eine Selbstbeschränkung nahegelegt werden. Ja, meine Herren, was ist denn da nun der Unterschied? Wenn Sie den Antrag annehmen, muß die Staatsregierung doch eine Antwort darauf geben. Sagt sie aber: wir werden uns diese Selbstbeshränkung auferlegen, so geht sie mit dieser Zusage an Sie eine rehtlihe Verpflihtung ein. Darum muß ih fragen: kann die Staatsregierung diese juristische Verpflichtung eingehen? Jch bin niht der Ansicht. Jch brauche nicht auszuführen, daß die Instruktion der Bundesratsbevollmähtigten Sache der Regierungen ist; das hat auch Herr Abg. von Heydebrand klar bine gestellt; es besteht darüber auch fein Zweifel, weder in der Praxis noch in der Theorie. Herr von Heydebrand hat daran angeknüpft Deduktionen des Staatsrechtslehrers Laband, der zu dem Ergebnisse kommt, daß es wohl zulässig set, die Instruktion der Bundesratsbevollmähtigten an eine Mit- wirkung der Einzellandtage zu knüpfen, weil die Instruktion der Bundesratsbevollmächtigten ein Regierungsakt ist wie ein anderer, und weil die Reichsverfassung keinerlei Vorschriften darüber enthält, an welche materiellen Erfordernisse die Instruktion der Bundesrats- bevollmächtigten zu knüpfen wäre. Mir ist diese Deduktion des Staatsrechtslehrers Laband durchaus bekannt; aber ih möchte darauf hinweisen, daß andere Staatsrehtslehrer dieser Deduktion nicht zu folgen vermögen, und auch ih fann ihr nicht folgen, meine Herren. Jh kann ihr aus Gründen des Reichs- staatsrehts und aus Gründen des preußishen Landesrects nit folgen. Wenn die Instruktion der Bundesratsbevollmättigten eine Sache der Regierungen ist, wenn es zu der Erekutive der Re- gierungêgewalt gehört, den Bundesratsbevollmächtigten zu instruieren, so ist nah preußishem Verfassungsreht, da die Erekutive in der Hand des Königs liegt, die Instruktion der Bundesratsbevollmächtigten au eine Sache des Königs. (Widerspruch rechts.) Selbstverständlich in der Form einer RNRegierungshandlung, meine Herren, das habe ich von vornherein betont, und das is| selbst- verständlich ; es ist keine persönliche Prärogative des Königs, aber eine Negierungshandlung des Königs, . und in dieser Regierungshandlung steht die preußishe Erekutivgewalt dem Landtage gegenüber gerade so wie bei allen übrigen Regierungshandlungen. (Sehr richtig! links.) Auch darin bin ich mit dem Herrn Abg. von Heydebrand vollkommen einverstanden.
Aber wenn das Staatsministerium Jhnen gegenüber die Ver- pflihtung eingehen soll, Instruktionen threr Bundesratsbevoll- mächtigten nur mit Jhrem Einverständnis vorzunehmen, fo kann ih darin nihts anderes sehen, als einen Eingriff in die Erekutive der Regierung. (Widerspruch rechts.) — Ja, meine Herren, ih seße den Unterschied niht ein! Oder Ste müssen der Zusage, daß wir Ihrem Beschlusse folgen würden, eine sehr geringe und eine reGtlid nit bindende Bedeutung beimefsen. Eine folGe Erklärung abzugeben, würde die Königliche Staatsregierung do immer Bedenken tragen müssen Wenn die Königliße Staatsregierung auf Ihren Antrag Jhnen erklärt: ja, wir werden dana handeln —, dann verpflihtet sie sich Ihnen gegenüber. Also i@ meine, vom Stand« punkte des preußishen Staatsrehts ist die Sade doch viel bedenk« licher, als sie Hervr von Heydebrand dargestellt bat.
Nun aber vom Standpunkte des NReichsre(ts aus! Wenn die Reichsverfassung die Neichsgewalt in die Gesamtheit der deutschen Fürsten und der Senate der Freien Städte legt und diesen Inßaderu der Neichsgewalt gegenüberstellt den Reichstag, die Volksvertretung, welche niht die Reichsgewalt selbst zu bandbaben, sondern welehe fie zu überwachen und zu kontrollleren hat innerhalb der geseplid vor. geschriebenen Grenzen, so hat die Reichsverfassung unzweifelhaft das Reich gebildet nah dem Prinzip eines konstitutiouell-monar@iiten Staatswesens. Wenn Sie nun den Bundesrat, au nue innerdald des Krelses Ihres Antrages, abhängig maten wollen vom dexr Zus stimmung der Einzelländtage (Widerspruch rets), so vewwishen Sie
die Reichskompetenz im Wege des Art. 78 der Neichöverfassung
den Gegensaß der Neichsgewalt und der Volkövertretung. — Ja, mehusg