1906 / 141 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Jun 1906 18:00:01 GMT) scan diff

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E" S M Bn E E E A ie rad R t R O Lr a R a E E e E S M E a ch. s F

fessioues berechnet sind, und konfessionslose oder religions- lose Schulen sind solche, die auf Schüler ohne Rücksicht auf die Konfession zugeschnitten sind. Die Anstellung der Lehrer ist dana eine Konsequenz dieser Unterscheidung, aber diese Konsequenz ist nicht unbedingt das Entscheidende. Denn die Vorlage selbft jagt, daß eine Konfessions\hule nicht aufhört, eine solche zu sein, wenn für eine Minderheit ein besonderer NReligionslehrer an estellt wird. Nah den vom Staate erteilten oder genehmigten Schulordnungen q kein Zweifel, daß {hon während des ganzen 18. Jahrhunderts die Schulen Konfessionsshulen gewesen sind. Ein Teil derselben trägt das fogar an der Stirn geschrieben, z. B. das Neglement für dle evangelish-reformierten Schulen sowie die unmittelbar nach Erlaß des Vandrectes ergangene Auwelng für evangelisch - lutherische niedere Stadtshulen von 1794, und in dem unmittelbar nah dem Siebenjährigen Kriege von Friedrich dem Großen erlassenen General- TeudsSülrealement zieht sich die religiöse Unterweisung durch Katehismus, Bibellesen, Sprüche und Gesang durch den gesamten ÑVor- und Nachmittagéunterriht aller Tage. Wenn ih ganzen Jahrhundert die konfessionele Schule als abstrakte Bezeichnung nit vorkommt, so liegt das einfah daran, daß es an einem Segen faß mangelte, der zu einem folhen terminus tiechnicus Veranlassung gab. Nach alledem bin ich der An- siht, daß die Verehrer der Simultanshule im großen und ganzen keinen Grund haben, sich zu sehr über diese Gesetzes- vorlage zu beschweren. Mir che nt der Beschluß des Abgeordneten- hauses in bezug auf die allgemeine Beschäftigung mit der Religions- lehre sogar etwas weiter zu gehen, als es nötig gewesen wäre. Wenn man die Konfessions- und die Simultanshule niht bloß bistorisch, sondern auch faktisch mit einander vergleiht, fkann man fich nur zu Gunsten der Konfessionsshule aus\prechen. Nicht als wenn ih behaupten wollte, daß eine Schulform so unter allen Umständen angemessen und empfehlenswert wäre ; solange wir aber größere lebensfähige Volkskirhen haben, und ich wünsche, daß das noch recht lange der Fall sein möge, so lange i auch die Konfessionsshule die natürlihste und angemessenste Form. Es wird gesagt, die Simultanschule diene besser dem konfessionellen Frieden. Daß das zu einer Zeit, wo die nassauishe Simultanshule gegründet wurde, der Fall gewesen sein mag, gebe ich zu. Damals waren die konfessionellen Gegen- fäße welentlich abgeschwächt. Heute trifft das aber nicht mehr zu. erner wird behauptet, die Simultanschule sei leistungsfähiger als die onfessionelle. Das mag unter gewissen Vorausseßungen richtig sein, wo es si darum handelt, eine Anzahl kleinerer konfessioneller Schulen zu einer Gesamtshule zusammenzuzieben. Es mag auch zutreffen, wo es si um nüylihe Kenntnisse und Fertigkeiten handelt; wo es ih aber um die sittlihe Charakterbildung handelt, worauf doch ein großer Wert zu legen ist, ist die Sache doch sehr zweifelhaft. Unter gleichen Bedingungen ist die Konfessionéshule der Simultanschule anz entschieden vorzuziehen. Der Einwurf, daß in der Konfessions- schule an Stelle der wissenschaftlichen eine konfessionelle Methode geseßt werde, ist weiter nihts als Gespensterseherei. Auf dem Gebiete der Geschichte is es namentlih unzweifelhaft, daß hier die Konfessionsschule einen wissenschaf!lich und pädagogish rihtigeren Standpunkt einnimmt als die Simultanschule. Diese muß prinzipiel beide Teile s{honen. Wie foll da in wirklich wissenshaftliher Weise eine Darstellung des Refor- mationszeitalters oder des 30jährigen Krieges möglich sein? Es müssen in einem besonderen Falle diese Partien ganz ausgeschieden oder statt des lebendigen Körpers ein Skelett bloßer Daten gegeben werden. Daß in der Konfessionsshule die Geschichtsdarstellung sich vielleicht einmal etwas einseitiger gestaltet, ist niht ein Fehler speziell der Kon- fessions\hule, sondern trifft bis zu einem gewissen Grade jeden Historiker, der einigermaßen warmes Blut hat. Auch die Befürchtung, daß in der Konfessions\hule hyperorthodore Mama gelehrt werden, trifft niht zu. Der Unterriht wird immer mehr oder weniger abhangig sein von der Gestaltung der Anschauung in der betreffenden Kirhe selbs. Am Ausgange des 18. und in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ftand die Theologie wesentlich unter dem Einfluß des Rationalismus, und }o wird vielleicht auch die moderne Theologie, sofern_sie fich dur- gere vermag, ihren Einzug în die Schule balten. ber diese Bewegung irgendwie beschleunigen, überhaupt auf eine Entscheidung dieses Kampfes hindrängen zu wollen, halte ih für verfehlt. Man soll nicht das unreine Wasser wegschütten, bevor man weh wober man das reine bekommt. Die Abneigung egen jede konfessionele Schule ist um \o unerklärliher, als der eligionsunterriht, der den Kindern der Simultanschulen erteilt wird, ebenfalls nah fonfessionelen Rücksichten gegeben wird. Schließ- li noch ein Wort über die geistliche ulinspektion, über die ih anderer Ansicht bin als viele Anhänger der Konfessionss{hule. Selbstverständlih bin ich der Ueberzeugung, daß die Leitung des Religionsunterrihtes nah wie vor verfassungsmäßig den Religionsgemeinschaften zu überlassen ift. Auch die Ver- bindung zwishen Kirhe und Schule muß durch die R möglihft erhalten werden. Was aber die spezielle Ortsshulauf- [@,, die allgemeine tehnishe Schhulaufsicht betrifft, so halte ih die ünsche der Lehrer, daß bier der Geistlihe wegfällt, und die Schul- aufsiht Fahmännern übertragen wird, niht für ungerechtfertigt. ur Zeit, als das Allgemeine Landrecht eingeführt wurde, waren die hrer niht in der Weise tehnish vorgebildet wie beute. Umgekehrt war es ganz gewöhnli, daß die Pastoren, ehe sie angestellt wurden, vorher als Lebrer, nit bloß als Hauslehrer, sondern auch an f\tädti- fa Schulen angestellt waren. Da waren sie ganz besonders efähigt, die Vorgeseßten der Lehrer zu sein. Sie konnten diesen zeigen, wie sie es besser machen sollten. Heute wird es nicht selten vor- kommen, daß der eben erst aus dem Seminar bervorgegangene tüchtige Lehrer dem jüngeren Geistlichen in der Technik des Unterrichts entsbieden über ift. Ich würde es für dringend wünschenswert erachten, daß Kreis- chulinspektoren im Hauptamt in immer größerer Zabl ernannt werden. iese werden dann die rihtigen Männer für die Schulaufficht finden. I möchte die Staatsregierung bitten, diesen Gesichtspunkt in die ernsteste Erwägung zu ziehen.

Oberbürgermeister Dr. Ben de r : Wenn das Geseß bloß die Schul- unterhaltung regelte, so würden wir uns bald einigen können, denn die jeßigen “ang or y find in manchen Gegenden \{lechterdings unhaltbar. Schullaften drücken die Bevölkerung nieder. Das ganze kommunale Leben krankt an Ueberlastung. ir würden auch über die Be- stimmung des Gesepentwurfes hinwegsehen können, wo ein grund- j licher Unterschied zwischen den Schulen mit niht mehr als 25 und olhen mit nicht mehr als 7 Stellen in bezug auf die ftaatliche Unterstüßung gemacht wird, wofür es an jedem objektiven f stab feblt. ie konservative Mehrheit des Landtags hat die Ordnung der Scbulunterbaltung abhängig gemaht von der Ordnung der Feftstellung der Konfesfionsshulen. Freiherr von Manteuffel bat gesagt, wir find zu großen Opfern bereit, und ih erkenne an, daß Tpeziell die Rittergutsbesißer in der Mark und auch in Schlesien eine erbeblih stärkere Belastung übernehmen müssen. Es darf aber niht unerwähnt bleiben, daß zahlreihe Entlastungen höchst potenter Steuerzahler in diesem Gesetze Play greifen. Ich habe gelesen, daß der Schulpatron von Zabrze, dem größten Dorfe von Preußen, ein Mitglied dieses Hauses, im vorigen Jahre seine Patronatslaft durh ein Kapital von 680 000 „« abgelöft bat. Man hat mir gesagt, daß seine jährliche Last fih auf 100 000 #4 beläuft. Es ijt gar nihts Seltenes, daß 20- bis 40 000 4 für Patronatss{ullasten gezablt werden müssen. Sobald das Gesey in Kraft tritt, fällt diese Ver- dilihtung weg, au für die Städte, die ländliche Schulen zu unter- balten haben, und das sind zum Teil sehr erbebliche Lasten. Nun will ih nit etwa sagen, daß diese Befreiung niht gereht wäre. Frúber fonnte niemand daran denken, daß Lasten bis zu 100 000 Æ zu zahlen sein würten. So etwas kann nur ein reiher Mann bezahlen. Ein anderer würde nah Amerika auswandern. Ih wollte nur zeigen, day unter diesem Geseß niht bloß überall Opfer gebrat, sondern daß au groëe Gewinne daraus gezogen werden. Auf die Frage der Konfessionalität will ih nicht näher eingehen. Ich verwalte eine Stadt, die turchweg fkonfessionelle Schulen hat, und selbst das böse

unhristlihe Berlin hat nur konfessionelle Schulen aus politischen Gründen. Die Simultanshule läßt ih rechtfertigen in nationalem Sinne. Es fann aber ein guter friedliher, förderliher Unterricht in der Simultanschule und Konfessionsshule erteilt werden. Der Friede der Gemeinde und damit auch des Schulkindes wird aber durh nichts j sehr gefördert als dadur, daß die einmal bestehende Schulform estehen bleibt und nit immer wieder geändert wird. Der rößte Fehler des Gesezes ist, daß es nit e: hier joll eine Simultansbule sein, da eine Konfessions\hule, sondern daß es den Agitatoren für die eine oder die andere Form die Mittel in die Hand gibt. Das wird sih nah Inkrafttreten des Gesetzes in sehr nteaniclicher Weise bemerkbar machen. Bedauern möchte ih noch, daß in dem Gesey der jüdishe Religionsunterricht nit gleibmäßig mit dem der anderen Konfessionen behandelt worden ist. S bin von jüdischer Seite aufgefordert worden, dies hier zu sagen. Es ist niht rihtig, daß der Religionsunterriht von den Synagogengemeinden bezahlt wird, während die Juden im übrigen die Steuern zu zahlen haben. Wenn Freiherr von Manteuffel gesagt hat, die Konfessionsscule ist so recht geeignet, bessere Menschen zu erziehen, weil sie einen geschlosseneren, festeren, tieferen Unterricht gibt, so über- sieht er dabei, daß es bei dem Unterricht einzig und allein auf die Persönlichkeit des Lehrers ankommt. Hödel und Nobiling sind direkt in einer Konfessions\hule erzogen worden, und sie haben ihre Hand gegen den besten und verehrtesten Mann erhoben, den das deutsche Voik sein cigen nannte. Wenn die egen der Schulunterhaltung zuliebe den anderen Parteien Konzessionen auf fonfessionellem Gebiete mahen wollte, so kann ih das verstehen. Dagegen begreife ih niht, wie sie dazu übergegangen ift, au die Schulverfassung in den Städten und auf dem Lande zu ändern. Dies ist ein Gebiet, wo die Partetuntershiede, wie sie im ause und_im Lande bestehen, einigermaßen zurücktreten können. Sie find in der Tat so weit zurückgetreten, daß die am weitesten rechts stehenden Bürger- meister mit den am weitesten links stehenden Bürgermeistern abfolut einig gewesen sind. Und wenn die Perren auf dem Lande die Empfindung haben, daß die Sahe nit so \chlimm ist, so ist dies der Fall, weil auf dem Lande die jetzigen Verhältnisse sehr {lecht sind. Nun erkenne ih ja an, daß das Abgeordnetenhaus die Vorlage verbessert hat. Es find aber au wesentlihe Vershlehterungen durch das andere Haus beshlofsen worden. Dahin gehört, daß der Vorsizende des Schulvorstandes nit mehr von der Gemeinde gewählt, sondern daß er ernannt wird. Auch die Bestimmungen über die Schul- kommissionen enthalten eine Vershlechterung. Wenn die Staats- erna an eine Neuordnung der Schulverwaltungsbehörden heran- gebt, dann war fie gezwungen, entweder den Artikel 24 der Ver- fassung zu ändern oder ihn zu beahten. Das jeßige Lehrerernennungs- recht ist nah meiner Meinung durchaus verfassungsmäßig. Nach den Bestimmungen des Gesetzes handelt es sich nicht mehr um eine Leitung der Schulen gegen die Gemeinde, sondern um eine von Auffichts -y de ernannte Behörde, und das entspriht niht der Verfassung. Ueberbaupt sind die amendierten Bestimmungen so unklar, daß der pratene Verwaltungsmann \ich darin niht zurecht finden wird, ier sind einfache, klare, vertrauenerweckende Bestimmungen nötig. Auß in bezug auf die Steuerverteilung hat das andere Haus empfindliche Vershlehterungen beschlossen. Die Steuer wird halb nah dem Steuersoll und halb nah der Kinderzahl verteilt. Dadurch wird die bestehende Neigung, Gegensätße hervorzurufen, noch ver- stärkt werden. Das Solidaritätsgefühl wird durch diese Be- stimmungen auf das äußerste geschmälert. Die Kommission follte diese Bestimmung streichen. Die Gemeinden, namentli in den Städten, baben {were Lasten übernommen, um das Schulwesen zu verbessern. Das hat auch die Regierung anerkannt. Wir blicken mit Stolz und Freude auf diese Entwicklung. Die jeyige Verfaffung der Schulen besteht nun beinahe 100 Ja re, und nun kommt die Staatsregierung und greift so tief ein. Sie mag es mir niht übelnehmen, wenn ih sage, daß sie die Verhältnisse in den größeren Städten u wenig kennt. Die MEetung er Aufficht ist ein \{hwerer Srrtu m, und wenn das Geseg in Kraft tritt, dann werden Folgen eintreten, an die wir nur mit großer Sorge denken Tônnen. Die Schuldeputation soll nach diesem Gesey eine Zusammen- seßung erfahren, die ih im Interesse dieser Institution selbft und der Selbstverwaltung ur auf das tiefste beklagen tann. Wir haben allerdings in fast allen Schuldeputationen Geistliche zu fißen, aber daß, wenn nur vielleiht zehn katholische oder evangelische Kinder vorhanden sind, immer der katholishe oder evangelische Geist- lihe oder bei 20 jüdisGen Kindern der Rabbiner in die Schul- deputation eintreten ms halte ih für ungerechtfertigt. Die bundert- jährige Praxis bätte der Regierung die Erwägung nabe legen müssen, die bewährte Verfassung in den Städten auf das Land zu übertragen, anstatt den Städten vorzuschreiben, was fie als Na&teil empfinden müssen. Auch ftreng ultramontane Kreise wünschen, daß der Geift- lie in der Schuldeputation von ihnen selbst als ibr Vertrauen®- mann gewäblt wird. Ebenso legen wir darauf Gewicht, unsere Sa- verständigen als die Vertreter der Gemeinde bineinzuwäblen, damit wir sie niht von vornherein als von außen gekommene Gegner be- irahten müssen. Alle diese Bedenken finden noch mehr Plaß für die Sculkommissionen. Die Regierung haite vorgeshlagen, daß besondere Schulkommissionen für die besonderen Interessen bestimmter Schulen eingeseßt werden können. Das Abgeordnetenhaus bat dies not dabin per\lechtert, daß die Regierung die Schulkommissionen für alle Städte fordern kann. Selbstverständlih baben wir untere Organe, welhe die Verhältnisse der einzelnen Shule ordnen. Aber diese Organe find untergeordnete Behörden der Schuldeputation und von ibr selbst gebildet. Die Regierung verkennt die Schwierigkeiten, aus der Schuldeputation heraus die bürgerlichen Mitglieder zu bestimmen, die mit dem Pfarrer und dem Magistrat diese kleinen Schulsachen verwalten sollen. Die Magistratsräte werden streiken, wenn sie mit diesen Deputierten zusammensizen sollen als Organe der Schul- devutation. Die verdientesten Mitglieder werden aus den kommunalen Aemtern fliehen, wenn sie in diesen vielen kleinen Unterbebörden siven sollen, und wie sollen denn überhaupt in jedem Bezirk zwei bürger- liche Mitglieder gewählt werden? Es müßte geradezu ein Wakbl- bureau eingerichtet werden. Bei jedem Einsulungstermin müssen wir in Bretlau die Schulbezirksgrenzen immer wieder verschieben. Wie sollen wir immer aus dem Bezirk den Schulvorstand bilden? Und was sollen fie denn verwalten? Sie haben das Ret, Anträge zu stellen. Wern nun aber in Breslau Anträge an die Schuldeputation estellt werden, so werden ihre Mitglieder wegen der Ueberlaftung fliehen. Namentlih Anträge konfessionellen Charakters würden UÜnfrieden stiften. Konfessionelle Schule, gewiß, aber unter einer inter- konfessionellen Gemeindebehörde, die zu verwalten hat. [eber den Erlaß des Ministers von 1903 wegen der Unterbaltung der Schul- gebäude soll, wie der Minister sagt, keine Klage laut geworden fein. Ein Erlaß, der nit ausgeführt wird, kann gar keine Klage ver- anlafsen. Wir find Eigentümer der Schulgebäude und bandeln aus enem Recht, wir brauchen gar keine Delegation des Verfügungs- ts des Ministers, von der der Minister gestern sprah. Das Volks- \{ulgebäude gebört der Gemeinde. Wenn wir beute ein Shulgebäude zum Rathaus maten, kann der Minister gar nichts machen; wir können ein Sulgebäude au an einen Kaufmann vermieten; dann kommt der Mieter hinein und ofkupiert das Gebäude, der Minister ift shaltet, der kann gar nis mahen. Wenn wir einem Sokolverein oder der freireligiösen Gemeinde das Gebäude einräumen und es dadur für Schulzwecke unbrauhbar wird, fo kann der Minister nur de- stimmen, daß das Gebäude niht mebr Eee dienen darf und ein anderer Raum für den wed beshafft wird, aber wie z. B. die Stadt Berlin Shulräume ist ihre Sache. Die Stadt Berlin bat damals nicht die leiten Konsequenzen gezogen, allerdings verständigerweise, denn eine aroße nde n über ein ge- wisses Maß nicht hinausgehen. Wenn aber die Stadt Berlin dem Rektor über das Schulgebäude die Aufsicht entzogen und bestimmt bätte, daß die Turnhalle niht mehr Turnhalle seï, sondern an den Sokolverein vermietet werde, bätte der Minister gar nihts mahen können. Nichts haben wir so sehr verworfen, als daß die Regierung einen rettliden Untershied zwishen dem Schulvermögen und dem andern Gemeindevermögen machen wollte. Wenn wir z. B. einen

roßen Gemeindeplaÿ neben dem ebäude zum Schulbof hinzu- fla en, so if er dafür bestimmt. Wie ou da ein Unterschied zwischen den verschiedenen en g werden? Die Regierung “r ries t eben die Ver ifse in den Städten, Die finanziellen C erigfeiten der Städte machen ja der Regierung feine Schmerzen, fie sieht ja nur die Tats r neue Grundstücke für neue räume beschaffen ne. Die Bestimmung wegen der Ve ng über die Schulräume is ¡war aus der Vorlage beseitigt, aber die Interpretation, die ch gestern der Minister aneignete, E er Zwangsmaßregeln anwenden fönnte, könnte später mal Ges werden, Fn der Schuldeputation sollen au Lehrer als sachverfièn dige Mit. E sigen, aber in dieser Deputation, die den Lehrern übergeordnet t und sie revidieren soll, können do E selbst Lehrer fißen, die dann ihrerseits wieder die Aufsicht die Schulaufsichtsbeamten mit ausüben würden. In welche Lage kommt denn ein solher Lehrer oder Rektor z. B. in Oberschlesien, wenn er mit seinem Kreiss{hulinspektor in der Deputation zusammensißt! Es soll den Lehrern geradezu eine Fe sein, mit thren Vorgeseßten zusammen zu debattieren. Der Vorredner ält es für berehtigt, daß der Staat die Rektorenwabl behält, aber fie wird doch den Städten genommen. Daß die Städte, welche sie {hon haben, sie behalten, tröstet uns nicht, denn eine Novelle kann das wieder beseitigen. Das Recht, die Rektoren zu wählen, war ein Ehrenret der Städte, lange bevor fie Lehrer ernannten. Wenn die Regierung den Landlehrern die Karriere eröffnen will, in die ftädtishen Rektoren- stellen zu gelangen, so wundere ich mich, daß die Konservativen nit kräftig dagegen protestieren, daß ihnen dadurch tüchtige Lehrkräfte vom Aude entzogen werden. Die Rektoren find direkt unter die Kreis, Quas! estellt, wie es ähnlih bei den höheren Schulen ist; ob aber die Vbeiea Schulen dadurch gewonnen haben, daß fie der Einwirkung der Gemeindeorgane vollkommen entrückt find, ftelle ih zur Diskussion; sie würden gewinnen, wenn fie in lebensvolle Beziehungen zu den Gemeinden gebracht würden. Jn allen Städten find die Volks- \hulgebäude besser als die der bôheren Schulen, weil die Städte immer von der Schuldeputation getrieben werden, die höheren Schulen aber direkt den Regierungsorganen untergeordnet find. Die Regierung untershäßt das Moment, daß wir Freude haben müfsen an der Ver- waltung, die uns so viel kostet. Die Schulen werden jeßt à discrétion der Regierung gestellt. Die Zumutun f noch nie gekommen, der Regierung ; eine solche Vollma auf cinem Gebiete zu erteilen, das uns so viel Geld kostet. Ich vermute, daß mit der Zeit das Institut der Rektoren fih noh weiter entwidckelt und direkt der B unterftellt wird, sodaß wir s{ließlich die Schule als etwas Fremdes betraten. Fch habe zwar keinen Ehrgeiz auf diesem Gebiete und würde die viele Arbeit, die wir damit haben, gern entbehren, aber vergessen Sie doh nicht, welche konservative Kraft in der bfiverwaltung beruht. Es ift allerdings das Bequemste, den Staat für alles verantwortlich zu machen, dann mag er aber auch die Schulen übernehmen. Die städtishe Schulorganisation if ein Institut so konservativ, wie der Staat es nicht besser verlangen kann. Wenn das Vorgehen der Berliner Schulbehörden einen Mißbrauch darstellte, E haben wir ja gesehen, daß der Minister mit dem ufsihtsrecht eingreifen kann. Ob mit Recht oder Unretht, lasse ih dahingestellt. Ein ReckSt einen gewissen Mißbrauh zulassen, sonst ist es kein Recht. temand ein Interesse daran, daß der Einfluß des Magistrats und der Stadtverordneten geschwäht wird. Sind denn die Rektoren \{hlechter, die von der Stadt gewählt werden ? Ich bitte die Regierung, die Aenderungen, die wir zum Geseß vorschlagen werden, wohlwollend aufzunehmen, denn wir {lagen fie nit vor, um unsere Macht zu erhöhen, sondern aus dem vflihtmäßigen Ermessen, daß fie besser find.

Minister der geisilihen, Unterrihts- und Medizinal- angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren ! Die Herren Struckmann und Bender haben in ibren beutigen Reden eine Reibe von Anregungen gegeben und Be- denken geltend gemaWt, von denen ih wohl mit Reht annehmen kann, daß fie in der Kommission noŸ zu einer ausgiebigen Erörterung Anlaß geben werden. Ich kann es mir deshalb versagen, auf die Einzelheiten näher einzugeben, und glaube, damit au ganz im Sinne dieses hoben Hauses zu handeln. Was mich aber dazu befiimmt, jeßt {on das Wort zu ergreifen, ist der Umstand, daß ih der Ueber- zeugung bin, daß Herr Bender in einec erheblihen Zahl von Einzelausführungen si in einer irrtümlihen Auffassang der Vorlage befindet.

Was zunächst die angeblide Schädigung betrifft, die darin bestehen soll, daß staatlihe Unterstüßungen nur an Gemeinden von weniger als 25 und 7 Sg&ulstellen gegeben werden sollen, so ift dabei über- seben, daß: besondere Staatsmittel zur Unterftüßung von Gemeinden mit mebr als 25 und 7 Schulstellen bereit geftellt find, daß die Mittel zur Gewährung laufender Beihilfen an Gemeinden mit mehr als 25 Sgulstellen von 680 000 «A auf 1000000 erhöht werden sollen, ebenso die Mittel zur Gewährung von Baubeihilfen an Gemeinden voa über 7 Sgulftellen von 1000000 auf 4 000 000 # So sind die tatsählihen Verhältnisse, und es if mir nicht erfindlih, wie Herr Bender zu der Schlußfolgerung kommen kann, daß es si bier geradezu um eine Vergewaltigung der Selbst verwaltung und deren Interessen handeln könne.

Herr Bender erklärt es ferner als ein unzuläsfiiges Eingreifen in die Rehte der Selbstverwaltung, daß das Eintreten der Geistlidhen in die S@uldeputation angeordnet ist. Auch hier {eini es dem Herrn unbekannt zu sein, daß schon hente auf Grund der Instruktion vom Jahre 1811, deren Inhalt, wie ih wohl voraussehen darf, Herrn Bender geläufig ift, in etwa 600 SHhuldeputationen fih Geistliche be- finden, und daf nur in ctwa 60 Fällen Geistliche niht Mitglieder der Schuldeputation find.

Was nun den Erlaß vom 17. November 1903 anbetrifft, io muß ih leider auch diese Ausführungen des Herrn Bender als dur&- aus irrtümlih bezeihnemn. Wenn mir der Rat erteilt worden ift, dur einen meiner vortragenden Rüte Informationen darüber cinzu- holen, so bitte ih, die Versiherang entgegenzunehmen, daß ih von einer solhen Information nicht abhängig bin. Persönlih habe mih Wochen und Monate hindurch mit dem Gegenstand beschäftigt aus Anlaß der sehr wibtigen Frage cines Einschreiters gegen diz Stadt Berlin. Daß ein solches Einschreiten meinerseits nua: nad längeren Verhandlungen geschehen i, die leider zu cine Ergebnisse einer friedlichen Verfiärdigurg nit geführt haben, daë die Entscheidung des Oberverwaltungsögerichis, mit deren näherer Darlegung ih die Herren nicht weiter behelligen will, vollftändig ï seiten der Unterrihtsverwaltung steht, habe ih am 1. und 2. zember 1904 im Hause der Abgeordneten ausgiebig anlafsung gehabt. Ih wiederhole die Behauptung, die ih aufgeflellt habe, daß die von der Unterrihisverwaliung getroffene ordnung niht in Zweifel gezogen werden kann. Die leßtere fih durhaus innerhalb des Rahmens ihrer geschlichen ih fiehe niht an, zu “behaupten, daß es [lingen wird, der UnterrihtSverwaltung ein den Boden verlafsendes Vorgehen nachzuweisen,

(Séluß in der Zweiten Beilage.)

wenn wir alle Jahre

(Schluß aus der Grfien Beilage.)

Mehrfae Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts erkennen der Unterrihtsverwaltung das Recht zu, alles zu verhüten, was die Ziele des Unterrichts in der Volksschule s{hädigen und beeinträttigen fönnte. In gleihem Sinne bewegen sfi von jebßer die zahlreihen Ministerialerlafe, welche die Befugnisse der Zentralinftanz, in dem fraglichen Falle einzugreifen, als zweifellos binstellen. Das Ab- geordnetenhaus hat seinerzeit den in dem von Goßlershen Entwurf enthaltenen Paragraphen, der aus der jeßigen Vorlage beseitigt ist, als ein selbstversländliles Recht der Unterrihts8verwaltung, ganz unbeanstandet angenommen. Auch is} vor einigen Jahren im Abgeordnetenhause von einem Mitgliete der Freisinnigen Vereinigung die Befugnis der Unterrichtsverwaltung, über die Benußung der Sé&ulräume in unterri{téfreier Zeit eine Kontrolle im Interesse der Wahrung der Zwecke des Volksshulunterrihts zu üben, als selbst- verständlich anerkannt worden, und zwar mit der direkten Aufforderung, von diesem Rechte Gebrau zu machen, als es fich um die Benußung von Sculräumen in einzelnen Landgemeinden Pommerns handelte. Also i kann nur wiederholen, - was ich über diese Angelegenheit gestern gesagt habe: es handelt sich um ein zweifelloses Recht der Unterrichts- verwaltung, von dem seit mehr als einem halben Jahrhundert Ge- brauch gemacht worden ist, und welches durch Ministerialerlafse meiner Herren Amtsvorgänger ganz zweifelfrei hingestellt war. Wenn ih in dem vorerwähnten allgemeinen Erlasse nun nohmals die Befugnisse der Unterrihtsverwaltung auf diesem Gebiete zusammengefaßt habe, so ist es lediglih detwegen gesehen, um dem Vorwurf vorzubeugen, als ob gegen die Stadt Berlin auf Erund von besonderen, von der Unterrihtsverwaltung in Anspru genommenen Rechten vorgegangen

werden könnte. Ich verzichte, auf die weiteren Einwendungen des Herrn Bender

nun noch näher einzugehen und möchte nur noch hinsihtlih des 8 64 der jiczigen Vorlage bemerken, daß auch in dieser Beziehung Herr Bender \sih im Irrtum bewegt, wie das viellciht in der Kommission näher ausgeführt werden kann. Es bedarf nicht der Versicherung, daß es mir völlig fern liegt, die Selbfiverwaltung namevtlich der großen Städte zu beschränken und deren Opferfreudigkeit in bezug auf die Errichtung von Schulen in irgend einer Weise zu keeinträctigen. Aber, meine Herren, der fundamentale Grundirrtum des Herrn Bender in ten Vorwürfen, die er gegen die Unterrihtëverwalturg, speziell gegen mih gerichtet bat, beruht auf der von ihm geltend gemachten Voraussetzung, daß die Befucnisse der Stadtgemeinden in bezug auf die Disposition über ihre Schulen lediglich nah dem Begriff tes Privateiger.tums zu beurteilen seien. Diese Argumentation ift bereits von dem Oberverwaltungêgeriht ausdrücklich als unzutreffend nah- gewiesen worden. (Bravo!)

Professor Dr. Reinke- Kiel verzihtet na den ausführlichen Darlegungen des Professors Dr. Bierling aufs Wort. _ Graf Botho zu Eulenburg: Die Frage, in welhem Ver- bältnis die Beratung und Erledigung dieses Gesetzes zu der sogen. lex Schiffer steht, ist gestern von Herrn Koscielski dahin beantwortet worden, daß wir kein Recht hätten, uns {hon jeßt mit dem Volfs- s{ulunterhaltung8gesetz zu befassen. Das ist nah meiner Anficht ein Iritum. Liegt in dem letzteren Gesey eine Verfassungsänderung, \o wird es nicht publiziert werden, ehe auch die formelle Berechtigung dazu vorhanden ist; aber die vorbereitenden Swhritte können ohne weiteres vorgenommen werden. Für ratsam halte auch ih, daß man vor der Publikation dieses Gesetzes die lex Schiffer in Kraft treten läßt; aber an der Vor- beratung des Schulgesetzes zu arbeiten, kann nihts uns hindern. Wir haben ja auch eine Grklärung der Regierung, daß sie mit dem Ver- fassungsänderungsgeseß Schiffer einverstanden ift, zu einem Mißtrauen nah dieser Richung liegt aljo kein Grund vor. Wenn Herr Bender au noch Art. 24 der Verfassung beranzieht und meint, die obli- atorishe Mitgliedschaft der Geistlichen in den Schuldeputationen sei damit nicht vereinbar, so übersieht er doch, daß schon jeßt in den meisten Deputationen Geistlihe sigen, ohne daß man jemals auf den Verfassungszweifel gekommen wäre. Wenn Herr Bender ferner die Gesamtverbände nicht als „Gemeinde“ im Sinne der Verfaffung ansprehen will, so ist er ebenfalls im Irrtum; die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Bildung solcher Gesamtverbände ist unbestritten. Die Frage der Zusammenseßung der Schuldeputationen wie der Schulvorstände auf dem platten Unte wird Gegenstand auëegiebiger Beratung in der Kommission sein, und dort werden seine Bedenken die gründlihste Prüfung erfahren. Im übrigen sind die allgemeinen Gesichtt punkte dieses Gese bereits im anderen Hause sehr eingehend erörtert worden. ber die Lösung, die erzielt worden ift, kann man sehr verschiedener Meinung sein; aber die hauptsählichsten Divergenzen find doch beseitigt oder auf ein sehr geringes Maß beschränkt worden. Auf dem finanziellen Gebiete bleibt nichts übrig, als die aufgelegten Lasten zu {lucken, und sie werden nicht klein sein, zumal für den Osten und das platte Land, da die ein- tretenden Entlaftungen niht heranreihen an die geforderten Mehr- belastungen. Kommt erft die Neuregelung der Lehrerbesoldungen, \o werden diese Lasten noch \chwerere, aber bei der großen Tragweite dieses Gesezes muß diese Rücksicht allerdings durhaus in den Hinter- grund treten. Die große Schwierigkeit der gleichzeitigen Regelung der konfessionellen Seite der Schulfrage is glücklih beseitigt ; die Beschlüsse des anderen Hauses geben eine geeignete Grundlage für diese Regelung, die anknüpft an die pewortenen Verhältnisse, an die Meinung der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, und welche auh denen niht unrecht tut, die für die gemischten Schulen geyeigter nd. Aus unserer Mitte ist heute überdies eine außerordentlih gründliche d i über diesen Punkt durch Professor Bierling erfolgt. Wenn r Bender meinte, „es geht so und au so*, so kann ich das nit prinzipiell, aber für den tatsächlihen all afzeptieren, und ich wünsche, daß an_ dieser Auffassung S bisherige Schärfe des theoretishen Streites brechen möge. uh der leßte Lehrertag in München hat sich nur für die Simultanschu en mit geiregntem Neligionsunterriht ausgesprochen Kao gegen die religionélose Simultanshule votiert. Auh der Ober- ürgermeister Fuß hat nur relativ untergeordnete Bemängelungen berlautbart. Mir erkennen daraus den großen Fortschritt, der in der serung dieser Fragen gemacht worden ist; die prinzipiellen Gegen- he sind zurückgetreten, wir nähern uns einander in den Haupt- punkten, und so wird bie Kommissionsberatung nach der Hoffnung, des, der Kardinal Kopp Ausdruck gegeben hat, uns etn Friedensgeseyz [heren, wie ich es auch wünsche.

Graf von Wedel-Göôdens bedauert, daß die Vorlage nicht auh das Verhältnis derjenigen Lehrer, welhe zugleich im Küsterdienste

und überzeugende Darlegun

Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Montag, den 18. Juni

fieben, regelt. Im Abgeordnetenhause habe man die Sache eingehend prochen, aber zu einem Abschlusse sei man bei der Schwierigkeit der Materie niht gelangt. Das sei besonders für Hannover sehr mißlich. Ebensowenig nehme das darauf Nüksicht, daß man in Hannover eine evangelishe Konfe überbaupt nicht fenne, sondern nur eine lutherische und eine reformierte. Man habe also dort au keine Garantie, daß die jetzigen lutherishen bezw. reformierten Squlen dies aub in Zukunft bleiben würden. Es bestehe aber das dringende Interesse, wie in der Kirche, so auch in der hannoverschen Schule die volle Konfessionalität zu wahren. Solle an dem be- stehenden Pee für Hannover nichts werden, so müfse das im Geseßz selbst zum Auëdruck gelangen, onst könnten später aus dem Gesetz E r unerwünshte Konsequenzen gezogen werden. Der Redner bittet die Kommission, im Sinne seiner Darlegungen sich zu bemühen, die Vorlage zu vervollständigen.

Freiherr von Durant: Ih mötte zu der Kontroverse, welche gestern bezüglid Oberschlesiens zwischen dem Fürsten Lihnowsky und dem Kardinal Dr. Kopvy hervortrat, mit einigen Worten Stellung nehmen. Fürst Lihnowéky hat ja in seiner zweiten Rede erklärt, er habe cine Ausnahmestellurg für Oberschlesien in diesem Gesetze nicht befürworten wollen. Das kann ih nur mit Genugtuung begrüßen, denn nur mit größtem Bedauern würde ih eine soldhe Ausnahmestellung für meine engere Heimat binmnzhmen können. verweise darauf, daß gerade von Oberschlesien die Bewegung auf eine gelepliche Regelung der Volks\{ulunterhaltungtpflit ausgegangen ist. Aus den Verhandlungen des anderen Hauses habe ih den druck, daß die konfessionelle Schule die Regel, die Simultanscule nur die Ausnahme bilden foll. Daß die Simultanscule in gewissen Landesteilen eine größere Aus- dehnung gewonnen bat, ifff durhaus befonteren Verbältni en in diesen Gebieten zuzushreiben. Auch E Oberschlefien wün|che ih durchaus die konfessionellen Vorschulen erhalten zu sehen. Eine Konsequenz der konfeisfionellen Schule ist, daß der Kirche ein gewisser Einfluß auf die Schule eingeräumt wird, und meine Parteigenofsen balten dies auch für durchaus argemessen. Die gestern bezüglich der

usammensezung der Sulvorstände geäußerten nationalen Bedenken sind nit ganz unbegründet, denn nicht die Gesamtheit des Klerus ist jo korrekt verfahren, wie es gestern der Farieildof Kopp darstellte ; aber anderseits bin ih überzeugt, daß die Een Oberen es nicht an Bemühungen fehlen Zasen werden, in dieser Richtung das Geeignete vorzukehren und widerstrebende Elemente niederzuhalten. Es ist ja begreiflid, daß bei der erften Lesung einer so weittragenden Vorlage der GesamteindruZ ein niht ganz günstiger ist, weil ibre Schatten- seiten \harf hervorgehoben werden; das darf aber nicht dahin führen, die Litseiten ganz zurücktreten zu lassen, und eine der stärksten Licht- seiten ist die ge}ezlihe Festlegung der Konfessionalität. Die Befürchtung, daß die finanziellen Konsequenzen der Vorlage für manhe Gemeinden erdrückend werden könnten, wird dadur zum größten Teil paralysiert, daß die leiftungss@wachen oder leistungëunfähigen Gemeinden mit Nachbargemeinden zu einem leistungsfähigen Gesamtschulverband ver- einigt werden follen, und die weiteren Beschlüsse des anderen Hauses im Verein mit der Weitergewährung und Erhöhung der betreffenden staatlihen Zushußfonds werden diese dieses Gese vollends zerstreuen.

Ich schließe mit der Hoffnung, daß dieses. Gese nah so langen und \{wierigen Vorarbeiten in einer e verabschiedet werde, welche geeignet ift, die bisherigen Prrren zu beseitigen und anderseits durch die Fesilegung auf die konfessionelle Volksschule etwas zu schaffen, was der Gesamtheit zum Segen gereicht.

Ministerialdirektor D. Sa E E Die Besorgnis, welche der Herr Vorredner durhblicken ließ, daß die Gutsbezirke bei der Gewährung von Staatsbeihilfe s{hlechter gestellt werden möchten als bisher, brauht nicht gehegt zu werden. Sie sollen ganz glei behandelt werden wie die Gemeinden. Die 14 Millionen, welche bisher auf die Regierungen dezentralisiert waren, werden in Zukunft, das ist das einzige Novum, auf die Kreise dezentralisiert und diesen die Beihilfen in einer vollen Summe zur Unterverteilung an die Gemeinden und Gutsbezirke überwiesen werden. Der Staat will nichts zurückbehalten; im Gegenteil wird den Gutsbezirken ihr Anteil an dem neuen Ausgleihsfonds von 5 Millionen zufallen.

A Mm Ee Dr. Bender kann nit anerkennen, daß Graf Gulenburg seine Bedenken wegen des Art. 24 der Verfassung hinweg- geräumt bat, und bleibt hinsihtlich der obligatorishen Mitgliedschaft der Geistlichen in der Schuldeputation und binsihtlich der Ministerial- verfügung betreffs der Benußung von Schulräumen bei seinen früheren Ausführungen stehen.

Oberbürgermeister Kirschner- Berlin: Jh bin dur die Ausführungen des Grafen Botho zu Eulenburg zu einer kurzen Er- klärung genötigt. Wenn der Herr Graf von der Beratung den Eindruck gewonnen hat, als ob auch die gesamte Linke dieses Hauses fich mit ten Bestimmungen der Vorlage wegen der Konfessionalikät dcr Volks\{ule im wesentlihen abgefunden hätte, so ift diese Auffassung nicht richtig. Die beiden Redner der Neuen Fraktion, welche

ch den Dank der rechten Seite verdient haben, haben nur ür ihre Person und nicht namens der Neuen Fraktion gesprochen. In der letzteren befindet sih eine größere Anzahl von Mitgliedern, die mit der Art der konfessionellen Regelung in der Vorlage keines- wegs einverstanden sind. Auch diese Mitglieder wünschen natürlich durchaus eine religiöse Erziehung unseres Volkes und erkennen fie als notwendig an, sie haben aber die ernstesten Bedenken dagegen, daß nun in einem Moment, wo auf lange Zeit hinaus die äußeren Ver- hältnisse der Volks\hule eine Neuordnung erfahren sollen, diese kon- fessionelle Seite in der beabsichtigten Weise geseglih festgelegt wird. Pie die rechte Seite ist d deswegen der Entwurf ganz besonders madckhaft; nah unserer Ueberzeugung aber liegt darin eine ernste Gefahr sowohl für die Religion, als auch für den Staat. Diese innige Verbindung des Staats mit zwei Neligions- gesellshaften, wie er sie hier von Geseßes wegen einzugehen im Be- griffe ist, birgt meines Erachtens und nach der Ansicht vieler meiner Freunde eine Gefährdung für die Religion selbst in si, denn die Religion hat nur Wert und kann sich nur entwickeln auf dem Gebiete der Freiheit ohne Mitwirkung R Fnjtanzen. Eine Gefahr für den Staat erblicken wir darin, weil wir fürchten müssen, daß diese Bestimmungen ge- eignet sind, den konfessionellen Frieden, den wir glüdlier- weise jeßt im Volke haben, zu alterieren und zu stôren. Wir haben bisher ohne diese geseßlihen Vorschriften für die Pflege der Religion in den Schulen gesorgt, wie überall so auch in den roßen Städten ; wenn aber hier Normen gegeben werden, wonach die eligionsgesellshaften ganz bestimmte Forderungen an die Gemeinden stellen können, fo ist mit Sicherheit vorauszusehen, daß immer mehr das religiöse Moment in den Vordergrund gerückt werden wird, und Streitigkeiten ohne Ende daraus entstehen werden. Das Weitere be- halte ich mir sür die Kommission und für die zweite Lesung vor.

Graf von der Shulenburg-Wolfsburg: Es ist niht zu verkennen, daß die Regierung in dem Entwurf die kon- fessionelle Seite ganz besonders betont hat. Jh möchte aber bitten, auch die ideale Seite nit so aus dem AUE zu lassen, Mit mir bedauert eine große Anzahl von chulpatronen In den alten Landesteilen, daß ihr PatronatsvorSggörest jeyt fallen soll, raß sie dieser einzigen ldealen die sie neben ihren materiellen Pflichten hatten, jeßt enthoben werden sollen. Ich trage deshalb dem Minister die Bitte vor, er wolle auf die Besegung der Scpulstellen mit gläubigen, christlichen Lehrern ganz besonderen Wert legen, Es mühte die Krel0-

und Orts\chulinspektion über die Erteilung des Religions- unterrihts berihten, es müßte den Schulräten bei der Revision zur Pflicht gemacht werden, die Art der Erteilung des Religion8unterrihtes ganz besonders zu kontrollieren und darüber an die Regierung Berichte einzureichen. Es muß auf den Seminaren der Religion8unterriht ganz besonders in den Vordergrund erüdt und dadurch die Gewähr geschaffen werden, daß das Material an Lehrern demgemäß in Zukunft den cristlihen und gläubigen Stand- punkt als Unterlage baben wird.

Damit s{ließt die allgemeine Diskussion. Der Geseßz- entwurf wird einer Kommisston von 21 Mitgliedern überwiesen und diese auf Vorshlag des Oberbürgermeisters Beer sofort durch Zuruf gewählt. s j

Schluß 4/4 Uhr. Nächfte Sigzung unbestimmt, jedoch unmittelbar nad Abschluß der Kommissionsberatung.

Literatur. Kurze Anzeigen neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt.

Furistish-psychiatrishe Grenzfragen. IV. Bd. 3. Heft: l[kobholismus und § 51 St.-G.-B. Von Geh. Med.-Rat. Dr. Hermann Kornfeld. Gerhart Hauptmanns „Nose Bernd* vom kriminalistishen Standpunkte. Von Staats- anwalt Dr. Wulffen. 0,80 Á Halle a. S., Karl Marhold.

Die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich in ihrer neuesten Gestalt nebsst Ausführungs8vorschriften und das Gesetz, betr. Kinderarbeit in gewerblihen Betrieben. Erläutert von Dr. Ernst Neukamp. 7. Aufl. 5,30 4; gebdn. 6 #«Á« Leipzig, C. L. Hirschfeld. h

Präparationen zu den Institutiones Justiniani. Zur Einführung in .die römische Rehtssprahe für Studierende über- seßt und erläutert von Dc. jur. Hans Schindler. Buch Il. 2,80 4, gebdn. 3,30 G Leipzig, C. L. Hirschfeld.

Das Wirtschaftsjahr 1904. Jahresberihte über den Wirtschafts- und Arbeitsmarkt. Von Richard Calwer. II. Teil: Jahrbuh der Weltwirtschaft. 9 4; gebdn. 10 Jena, Gustav Fischer. ; J

Schriften der Zentralstelle für Arbeiterwoblfahrtseinrihtungen. Nr. 29: Die künstlerische Gestaltung des Arbeiterwohn- hauses. 2,40 K Berlin W. 8, Karl Heymann.

Land- und Forftwirtschaft.

Ueber den Stand der landwirtschaftlihen Arbeiten und Kulturen

wird der „Schweizerischen Landwirtschaftlihen Zeitschrift“ aus Zug unter dem2. Juni geschrieben : Die dieBahagr Frühlingswitterung war im anzen für den Gras8wuchs nit pnganit . Immerhin wird der dies- läbrige Heuertrag dem leg hrigen nicht gleihkommen ; er steht etwas ünnz; der trodene April bat das Wachstum der stengeligen Pflanzen stark begünstigt. on seit zwei bis drei Wochen macht man am Heuen herum, ohne so recht vorwärts zu kommen. JIeyt wäre aber das Heu reif und besser zu dörren; do regnet es gar zu fleibig und das liegende, wie das noch „stehen“ sollende Futter, daß oft wie ewalzt ausfieht, leidet. Die Obstbäume hatten alle, bis auf die frühblühenden Kirschen, gutes Wetter zum Blühen und dem- entsprechend haben sie sehr guten Ansaß. Viele Kirsh- und Apfel- bäume haben aber unter Gan 1 roffen Witterung8wechsel bereits sehr gelitten. Die Kartoffeln stehen u und können bald behadckt werden. Einzelne frühe Pflanzungen stehen vor dem Häufeln. Alle Gemüse stehen gut, nur der Salat hat bei der (rhn Hitze vielfah den „Kopf aufgeworfen“. Die Maikäfer wären wieder einmal ab- getan. Strichweise traten sie ziemlich \{chädigend auf; anderorts \spürte man den Erfolg der „Verfolgungs8wut“ ganz merklich und die „Ernte“ ließ „zu wünschen“ übrig, was immerhin niemand bedauert. E E A :

Aus der Ost\{weiz meldet dieselbe Zeitschrift unter dem 9. Juni : Nicht nur in den Niederungen wurde diese Woche mit dem Heuet begonnen, sondern bis in die Berggegenden binauf siekt man {hon abaemähte Wiesenflächen, und die Bauern beeilen si, bei diesen hberr- lihen Tagen soviel Futier wie nur möglih unter Dach zu bringen. Die Futterbestände find in den meisten Wiesen so, daß die Auetsihhten für die Heuerträge überaus günstig find. Nachdem nun auch die Heuernte verhältnizmäßig rechtzeitig ftattfinden kann, dürfte das eingesammelte Futter auch in gualitativer Hinficht entsprehen. Fn den Zwergobstanlagen kann man seit Anfang dieses Monais die unangenehme Beobahtung machen, daß ins- besondere bei den Birabäumen eine große Anzahl junger Früchte, die hon ordentli entiwidckelt sind, von den Bäumen fallen. Diese kleinen Birnen wurden, wie dies in früheren Jahren auch son öfters der E war, von kleinen s{chwarzen Flecken befallen, die fih bald vergrößerten; das Wachêtum der jungen Früchte ging auffallend zurüd, sie serbelten und in wenigen Tagen fielen sie mafsenbaft ab. Bei nur ran Bewegung der Vivcies fallen sie zu Boden. Die leihe Erscheinung fann man in manchen Lagen auch ei den hohstämmigen Apfel- und Birnbäumen beob- ahtén, zumal in den höheren Obstlagen. Erfahrene Obstbau- züchter verfichern, daß nah und nah annähernd alle Baumfrüchte, die mit den erwähnten schwarzen Flecken bebaftet find, abfallen. Die naßkalte Frühlingëswitterung dürfte an dieser Krankheitserscheinung viel beigetragen haben. Sodann hat au das läftige Geshmeiß der Insektenwelt an den Fruhtbäumen hon mantherorts sein Zerftörungs- werk begonnen, insbesondere da, wo der Landwirt es versäumt, der Entwicklung dieser Schädlinge hon im Herbft oder Frühling dadur entgegen zu wirken, daß er tie Brutnester im dürren Laut griam=elt und verbrannt hat. L e Ï

Endlich meldet die genannte Zeitschrift aus S&Saffbhausen unter tem 10. Juni: Schon seit 1. Juni ift man mit dem Hemwet de- \{chäftigt. Die Erträge können als gut bezeinet wreder: e gilt der Zentner Heu frei Scheune 2 Fr. In den Neben ft 28 zéenfalis ina Der Trauhenshuß war erfreulid, von der girStzter Kräusel- rankheit war fast nihts zu schen. Das erstmalize Befprigen der Reben wurde diese Woche beendet. Die Karte tehen sSön und viel Verte und harren des Behakens urd Häufelns. Da f bei uns ein großer Mangel an Arhrütröftez geltend mati, so ollte der Landwirt sech8 Hände haber, um alu naSzukommen. Hoffentlih werden die Früchte seiner Arbeit gefegnet werden.

St. Petersburg, 16. Iuri. (W. T. B.) Nad telegraphischen Berichten an die „St. Petertburger Telegrztüenr-Azentur“ vom 1. Juni a. St. hat si der Saatenstand im Auxfe des Monats vershle(htert, Winterweizen is im allgemrinem gut mittel, Roggen mittelmäßig. Sommersaaten sind mittelmätüg. Due Verfleter betrifft bhaupts \ächlich den östlihen Teil des emmcpäiiden Ruflands. den Gebieten an der mittleren Wolga, im KamateZm und im Dongebiet wird eine unbefriedigende, zum Teil s&le&t Ernte erwartet. Im Südwesten und Süden, im Gebiete des mättleren Dnjepr, in Polen und im rößeren Teil der baltischea Provinzen find die Aussihten gut, in den fbr gen Teilen Rußlands befriedigend.