1862 / 141 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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ne inend beantwortet, und er ift hierzu dur die nachstehenden Erwägun- | meinde, in welcher derselbe sich eben fo lange vorübergehe gen bewogen worden. hatte, nit begründet. sich s 3 gehend aufgehalten ; Das Armenpflege-Geseß steht in genauer Verbindung mit dem Nach diesen Gründen is vom ersten Senat bisher entschieden, und es gleichzeitig erlassenen Geseße über die Aufnahme neuanziehender | ist eine solche Entscheidung unter Anderem im 36. Bande der amtlichen Personen, welches man, abkürzend, auch das Heimathsgeseß nennt. | Sammlung Seite 373 ff, abgedruckt worden. Dies ergiebt der ganze Juhalt beider Geseße, und in dem Armenpflege- Die wiederholt vorgekommenen Streitfälle dieser Art haben zu wieder- Geseße wird ausdrüdlich auf den §. 8 des Heimathsgeseßes verwiesen, | holter Prüfung der angenommenen Meinung Veranlassung gegeben, und welcher dann . wieder die 5s. 1 bis 6 dieses leßteren Gesezes in Be- | es sind Zweifel an ihrer Richtigkeit entstanden, wodur ließlich die zug nimmt. Der §. 1 diejes Heimathsgeseßes beginnt nun mit der Mehrheit des Senats zu der Ueberzeugung gelangte, daß der bisher be- „Vorschrift : i S folgte Grundsay aufgegeben werden müsse. Keinem selbstständigén preußischen Unterthan darf an dem Orte, wo er In der Prozeßsache des Landarmenverbandes dex Provinz Westfalen eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich selbst zu verschaffen | wider die Gemeinde V. handelte es si um die Verpflegungskosten der im Stande is, der Aufenthalt verweigert oder dur lästige Bedingun- | unverehelihten A. und ihrer zwei unehelichen Kinder. Die A. war viele gen ershwert werden. A S : Jahre aus ihrem Heiunatsorte abwesend, während fie an verschiedenen Die folgenden Paragraphen enthalten einige Beschränkungen dieser | Orten diente, und sie war dorthin nur vorübergehend, zur Abwartung Regel, und namentlich der §. 4 gestattet es, demjenigen, welcher weder | ihrer Entbindungen, zurückgekehrt. Die hierdurch entstandenen Vervfle- hinreihendes Vermögen, noch Kräfte besißt, sih den notbdürftigen Unter- | gungsfkosten hatte die Gemeinde V. getragen, verlangte aber deren Erstat- halt zu verschaffen und der diesen auch nicht von einem, zu dessen Gewäh- | tung vom Landarmenverbande, und dieser wurde auch durch Beschluß der rung verpflichteten Verwandten zu erwarten hat, den Aufenthalt an einem | Königlichen Regierung zu Minden dazu für \huldig erachtet. Der Land- anderen Orte, als an dem seines bisherigen Aufenhalts zu verweigern. armenverband verlangte nun im Wege Rechtens die Nückerstattung dieser Nach §. 5 in Verbindung mit F. 1 des zur Ergänzung beider | Kosten von der genannten Gemeinde, weil die A. nur Dienstberbältnisse vorstehend behandelter Gesege ergangenen Geseßes vom 24. Mai 1855 | halber von ihrem Heimatsort abwesend gewesen sei, sie also mit ibren (Ges. Samml. S. 311) darf ferner der Neuaufgenommene, wenn sich | Kindern ihr Hülfsdomizil dort behalten babe, und die Gemeinde ist auch binnen Jahresfrist die Nothwendigkeet seiner Unterstüßung aus öffent- | in den beiden ersten Jnstanzen verurtheilt worden. Das Urtheil zweiter lichen Mitteln offenbart, an den früheren Aufenthaltsort zurückgewiesen Jnstanz des Appellationsgerichts zu Paderborn gründete sih darauf, daß werden. / : G : eine ledigli durch den Gesindedienst herbeigeführte Abwesenheit der A. Die im §. 8 vorgeschriebene Meldung bei der Polizeibehörde geschiebt | von ihrem Geburtsort die Alimentationspflicht dieser Gemeinde nicht aufhebe zu dem Zweck, daß geprüft werden könne, ob geseblihe Gründe der Auf- | nach §. 4 des Armenpflege-Geseßes. f : tka nahme des Neueinwandernden entgegenstehen, und zu dem Ende soll auch Dies wurde in der von der Gemeinde V. eingeführten Nichtigkeits- nach §. 10 der Gemeindevorstand mit seiner Erklärung über die Gefstat- beshwerde als Verlegung der betreffenden Vorschriften des Armenpflege- tung des Aufenthalts gehört werden. 5 _| Gesetzes gerügt, und der erste Senat hat darauf, wie erwähnt, und nah- ___ Wenn nun nach §. 2 des Armenpflege-Geseßes ein Wohnfiß | dem er durch Einsicht der vollständigen Verhandlungen des Königlichen im Sinne des §. 1 Nr. 2 dieses Geseges, also dur die gehörige Mel- Staatsraths über den Gang der betreffenden Geseßgetungs-Arbeiten fich dung bei der Ortspolizei-Behörde und dur deren Zulassung, für Dienst- | möglichst zu informiren bemüht hatte, die erhobene Beschwerde für begrün- boten und ihnen gleichgestellte Personen dur das Dienstverhältniß allein | det erachtet. Bei der großen Wichtigkeit des Gegenstandes ist es au nicht erworben wird, so kann der Grund dieser Ausnahme nur darin | für nôthig erachtet worden, das Plenum des Gerichtshofes mit der Sache liegen, daß der Gesindedienst nicht für geeignet erachtet wird, dem Dienen- | zu befassen, und es ist dem Plenum die Entscheidung der Frage über- den eine solche Selbstständigkeit zu geben, welche der §. 1 des Heimaths- | wiesen worden: : | geseßes als Bedingung der jedem selbstständigen preußischen Unter- Findet die Vorschrift des §. 1 Nr. 5 des Geseßes über die]Verpflichtung than zugestandenen freien Wahl seines Aufentoalts aufgestellt hat. Denn | zur Armenpflege vom 31. Dezember 1842 auf Dienstboten Anwendung ? die weitere Voraus})eßung dieses §. 1 daß der Einwandernde fich ein Zur Berathung hierüber ist der Gerichtshof heute versammelt. Die Unterkommen an diesem Orte zu verschaffen im Stande sei trifft zu, | Erledigung dieses Gegenstandes ist durch die ausführlicheu schriftlichen wenn der Dienst gefunden wird. 4 “v ria Vorträge zweier Referenten vorbereitet worden, und beide stimmen in Jn der That fehlt es dem Gesinde an dieser Selbftständigkeit, da es | allen wesentlichen Beziehungen überein, der jezt vom ersten Senat ange- nur im Hausstande des Dienstherrn eine Stelle hat. Es hält sich an | nommenen Meinung beipflichtend. | dem bestimmten Ort nur Auf , „Mell -DeL Dienstherr dort wohnt ‘und es Die Gründe dafür lassen fich in Nastehendem zusammenfassen. wird dort nur zugelassen und geduldet, weil es diese unselbstständige | Schon in dem den Provinzialständen (Landtagen) vorgelegten Entwurf Stellung im Hause des Dienstherrn gefunden hat. " des Geseges über die Verpflichtung zur Armenpflege finden sich die drei Die allgemeine Dispositionsfähigfkeit jedes Großjährigen kann unter Verpflichtungs8gründe, welche das publizirte Geseß in seinem §. 1 aufstellt, der Selbstständigkeit, welche §. 1 des Heimathsgesezes verlangt, niht | nur daß {on einjähriger ununterbrochener Aufenthalt in einer Ge- verstanden werden, oder sie kann do nit genügen, beim Gesinde nám- | meinde für hinreichend erklärt war. Jn den Motiven zu diesem Entwurf lich, weil sonst die Ausnahmevorschrift des F. 2 des Armenpflege-Geseßes | wurde gesagt, daß die Verpflitung zur Armenpflege prinzipaliter an den nicht gerechtfertigt ware. Diese greift dann aber, nah der ratio legis, Begriff des Domizils und suppletorish an die Thatsache des einjährigen weiter als über die Nr. 2 des §. 1 des Armenpflege - Geseßes hinaus, ununterbrochenen Aufenthaltes geknüpft worden, und dabei diejenige Ort- und sie muß auch bei dem unter Nr. 3 daselbst erwähnten gewöhnlichen | saft zur Fürsorge für den Armen, im Gegensaße zur Heimat, vorzugs- Aufenthalt eintreten. Denn auch hier bedarf es einer „selbstständigen“ | weise verpflichtet erachtet sei, welcher jener so lange Zeit seine Kräfte ge- Existenz des Eingewanderten an dem Aufenthaltsort , da dieselbe, wie | widmet und die von seinen Diensten als Gesinde, Handarbeiter u. \. w schon erwähnt worden, die erste und allgemeine Voraussezung zur Aus- | Nußen gezogen habe. j i übung des Nechts der Freizügigkeit ift. | Von einigen Provinzial - Landtagen wurde nur die einjährige Dauer Kann ein Dienstbote, auch wenn er fich beim Eintritt in einen ande- des Aufenthalts für zu kurz erachtet, weil diese noch nicht auf die Absicht ren Ort bei dessen Polizeibehörde zum „Aufenthaltnehmen“ gemeldet hat, eines bleibend zu nehmenden Aufenthalts schließen lasse, zumal beim fortgewiesen werden, so bald er nicht sofort oder doch in einer ibm ge- | Gesinde sehr häufig, auf dem Lande ganz regelmäßig, der Mieths- stellten Frist, die z. B. in Berlin auf 14 Tage bejtimmt ist, einen Dienst, | vertrag auf ein Jahr geschlossen werde, der bloße einjährige Aufenthalt den er gefunden, nachweiset, und geschieht dasselbe, wenn dieser Dienst eines solchen Dienstboten am Ort, wo er o fontraktlih gebunden gewesen eendigt hat und kein neuer Dienst sich darbietet, so kann auch die unter- | sei, also noch feine Vermuthung für jene Absicht rechtfertig?. assene Meldung dem sich als Dienstboten an einem Ort Aufhaltenden Deshalb wurde ein zweijähriger, von Anderen ein dreijähriger Auf- kein besseres Recht geben. Sein Aufenthalt ist nur ein prekairer, ähnlich enthalt in Vorschlag gebraht. Der hierauf umgearbeitete Entwurf des wie der eines Fremden, der immerhin Jahre lang in einem Gasthof oder | Staats - Ministeriums enthielt, nach Aufstellung der obigen drei Gründe, als Gast in einer Familie lebt. E \ v L L E ha V 5 Bei jedem Gesinde es mag beim Anzuge d et-Obriakei \ enn in Ermangelung der ersten beiden FäLte Der "ritte zur lnwen- gemeldet ivórben fün, oder nit Via d A Beet das es dung kommt, wird vorausgesegt, daß der zu Unterstüzende [Gen boll-

nicht um seiner selbst willen, sondern nur um derjenigen Einwohner eines | jährig gewesen Und zugleich, dan Cf nicht anderswo: einen [R Wohnfiß Ortes willen, welche der Dienste des Gesindes bedürfen, evt fine findet, | qushrüli@ beibehalten hae Lagelbbner, dies au von Dienst- hierdurch fich no{ch bon demjenigen unterscheidet , der, nur auf seine Se- Bei der Berathung in den Abtheilungen des Staatsraths hielt man el i Kraft seiner Arme bauend, an einem fremden Orte si | gber diesen leßten Zusaß: Namentlich 2c. 2. für überflüssig, weil Dienst- ¿übr Ms, de wiever beate O TE 1 eden ist | boten u. #. w. gerade diejenige Klasse bildeten, bei welchen die Vorschrift den Deuftboten- d A des G ieder begünstigt, daß die Behörde gegen | wegen Ergänzung des Domizils dur einen lang dauernden Aufenthalt den Dienstboten den §. 4 des Heimathsgefeßes niht anwenden kann, wie | am häufigsten zur Anwendung fommen und daher als Regel angesehen e A e dd im geeigneten Falle zustehen würde , E es | werden müsse. Der Saß wurde daher fortgelassen, die Dauer des Zeit- e E e niet n L R 4 E | raums des Aufenthalts auf drei Jahre bestimmt und als Rechtfertigung fremde Personen A L rid Dienst fiber 6 6 Mob: (uus | hierfür geltend gemacht, daß diese längere Fristbestimmung die Gefahr bte Bing | NITE C O En L e assen, | verringere, daß man Personen, welche fein Domizil in der Gemeinde hätten, O Ra Ne Erwerbsfähigkeit vornehmen und davon ihre Zu- drurch Aufkündigung des Dienstverhältnifses ober Aufkündi- Las R Sn zu dürfen, und es is daher nur gerecht , daß | gung der Arbeit, vor Ablauf der entscheidenden Frist, von dem Ort weg- A ara N ei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit einer folchen Person, keine | shiebe und einem anderen aufnöthige. 94 DAE eren Unterhaltung erwacse. | Bei der Verathung im Plenum des Staatsraths entstand eine Dis- Der Gesindedienst kann, da es bei demselben nach der Absicht des | kussion in einer ganz anderen Richtung, nämlich darüder, ob nicht dur

Dienstboten nicht auf den Aufenthalt an einem bestimmten Ort, sondern | den Gesindedienst ohne Weiteres ein Domizil an dem Ort, wo das auf Gewinnung des Unterhalts, gleichviel wo? abgesehen ist, nur als ein | Gesinde in Lohn und Brod stehe, begründet werde, so daß ohne Nüefsicht voruübergehendes Verhältniß betrachtet werden, welches nach der auf alle | auf die Dauer des Dienstes die Gemeinde dieses Orts dem, der Hülfe drei Fälle des §. 1 des Armenpflege-Geseßzes anwendbaren Vorschrift des | bedü rftigen Gesinde dieselbe gewähren müsse? und die Majorität entschied §. 4 desselben Gesebes, die Verpflichtung der Gemeinde, aus welcher Je- | fih Anfangs für die Bejahung dieser Frage, wonach der jeßige §. 2 des mand sogar dreï Jahre lang \ich in so voübergehender Weise entfernt | Geseßes die Fassung erhielt : i :

hatte, nicht aufhebt, und daher auch cine Verbindlichkeit derjenigen Ge- Ein Wohnfiß im Einne t §. 1 Nr. 2 cll für grcfjäbrige

ann nicht gemeint sein, weil er Bedingung der Nr. 2. ist : er fann auch

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Personen, welche als Dienstboten, Haus- und Wirthschaftsbeamte, Handwerksgesellen, Fabrikarbeiter u. st. w. in einem festen Dienst- verhältnisse stehen, an dem Ort begründet sein, wo fie fih im Dienste befinden. Als ein festes Dienstverhältniß ist dasjenige nicht anzusehen , welches sich lediglich auf ein vorübergehendes bestimmtes Geschäft bezieht, Dagegen schließt der Vorbehalt willkürlier Aufkündigung die Eigenschaft eines festen Dienst- verhältnisses nicht aus.

Jndessen wurden hiergegen so wichtige Bedenken rege, daß das

senum des Staatsraths in einer späteren. Berathung jenen früheren Beschluß zurücknahm und sich dafür erklärte, daß nur ein selbstständi- ger Wohnsiß, nit aber der Gesindedienst sofort, d. h. mit dem An- tritt des Dienstes, die Verpflichtung der Gemeinde zur Verpflegung eines PVerarmten begründen solle.

In dem Jmmediatbericht des Staatsraths vom 4. Mai 1842 wurde dies speziell angeführt und unter Anderem durch die Bemerkung gerecht- fertigt, daß der nun angenommene Grundsay der Absicht des, den Land- tagen vorgelegten und vom Staatsministerium eingereihten Entwurfs entsprehe, auch bei ersteren nirgends Widerspruch, vielmehr in verschie- denen Aeußerungen Billigung gefunden habe.

Niemals aber ist in allen Stadien der Berathung bezweifelt worden, daß der dreijährige Aufenthalt an einem Ort, im Sinne des §. 1 Nr. 3 des Gesezes, rückfichtlich der Dienstboten u. \. w., eine Verpflichtung der Gemeinde des Aufenthaltsorts zur Armenpflege, bei eintretender Hülfs- bedürftigkeit dieses Dienstboten, begründe.

Mit dieser Entstehungsgeschichte des Gesetzes steht daher die biêherige Meinung des ersten Senats, wie anerkannt werden muß, im Widerspruch. Dies würde allerdings nicht entscheidend sein, wenn dieser Meinung eine flare Vorschrift des Gesehes zur Seite stände, es muß aber Gewicht dar- auf gelegt werden, wenn die Fassung des Gesezes selbst nicht unbedenklich ersheint. Und dies ist der Fall.

Vor Allem fällt ins Gewicht, daß §. 2 des Gesehes sich ausdrüdcklich nur auf Nr. 2 des §. 1 bezieht, und indem er nux negativ ausspricht, daß ein Wohnfiz im Sinne der Nr. 2 des §. 2 durch den Gesindedienst allein nicht begründet werde, er die Anwendung der Nr. 3 des Y. 1 des Geseßes auf Dienstboten U. \. w. nicht ausschließt. Diese Nr. 3 for- dert aber nichts weiter, als daß ein Großjähriger drei Jahre nah erlangter Großjährigkeit an einem Ort seinen gewöhnlichen Auf- enthalt gehabt habe.

Ein selbstständiger Aufenthalt ist in Nr. 3 nicht gefordert und

bei einem Dienstboten vorhanden sein, wenn er noch neben seinem Dienste etwa eine eigene Wirthschaft besizt, aber das Dienstverhältniß allein soll nah §. 2 ein Hülfsdomizil nicht begründen. Unter etne der drei

Kategorieen des §. 1 des Gesehes muß jeder Arme gehören, wenn nicht cine Lücke in den Vorschriften Über die Verpflichtung zux Armenpflege bleiben soll, und da die Nrn. 4 und 2 das Gesinde, als solches, bestimm ausschließen, der Fall unter Nr. 1 die ausdrückliche Aufnahme als Mirglied einer Gemeinde beim Gesinde wenigstens faum vorkommen würde, und wenn doch, dann na dieser speziellen Lage der Sache zu be- handeln wäre, so gehört das Gesinde unter die dritte Kategorie.

Nur die rechtliche Selbstständ igkeit der Person ist bei allen Kategorieen des F. 1 gemeint, da ohne diese keine freie Bestimmung über die Wahl des Aufenthaltsorts erfolgen kann, und diese persônliche Selbst- ständigkeit fehlt dem Gesinde, als solchem, nicht, das Ja srete Hand hat, einen Dienstvertrag zu schließen, und diese nicht cinbüßkt, indem es ver- tragsmäßige Verpflichtungen übernimmt, wenn diese gleich seine willkür- liche Freiheit der Bewegung beschränken. Der Dienstvertrag unterwirft das Gesinde doch nicht einer eigentlichen Familiengewalt. Í

Es ist daher nicht zutreffend, zu sagen: das Gesinde halte sih an dem bestimmten Ort nur auf, weil die Dienstherrschaft sich dort befinde, und es werde dort nur zugelassen und geduldet wegen dieses Verhältnisses zur Herrschaft. Denn das sonst persönlich selbstständige Gesinde hat aus freiem Entschlusse gerade diesen Ort gewählt, um dort seinen Unterhalt dur Dienen zu erwerben, und es hat nah §. 1 des Heimathsgeseßes ein eigenes Necht hierzu, wie zur Wahl des Dienstherrn , ‘wenn fich ihm mehrere darbieten. Findet es keinen Dienst, #0 kann es möglicherweise fortgewiesen werden, aber nicht anders, wie jeder Neueinwandernde , der nicht nah Vorschrift des §. À daselbst Vermögen oder Kráfte besißt, um sich den nothdürftigen Unterhalt zu verschaffen. 0d

Das Verhältniß des Gefindes nimmt freilich cine eigenthümliche Stellung zwischen den Gebieten des Obligationen-Rechts und dem der Hausstands-Rechte ein. Dieser Mittelstelung wird aber das Geseh be- züglih der Armenpflege dadur gerecht, daß nach §. 2 das bloße Dienst- verhältniß nichi genügt, um auf dem Wege der Nr. 2 des §.1 {on den Wohnfiß und dadurch das Recht gegen die Ortsgemeinde , auf Unter- stügung im Nothfalle, zu erwerben. Aber die Aushülfe nach Nr. 3 des §. 1 kann ihm nicht entzogen werden, weil das Geseß der Gemeinde nicht gestattet, eine Person, welche in den Ort einziehen will, um fih als Ge- finde zu vermiethen, hieran durh Versagung des Aufenthalts zu hindern, oder, nachdem sie einen Dienst gefunden , fie noch vor Ablauf von drei Jahren fortzuweifen.

Daß die Vorschrift unter Nr. 3 au dem Gesinde zu statten kommt, dafür ergiebt fich noch ein Grund aus dem §. 11 des Heimathsgeseßes. Denn dieser lautet zunächst dahin: i

Hat der Neuanziehende die im g. 8 vorgeschriebene Meldung unterlassen, so kann er einen Wohnfiß im Sinne des Geseßes vom heutigen Tage über die Verpflichtung zur Armenpflege (F. 1 Nr. 2) nicht erwerben.

Jeder Neuanziehende, der die Meldung bei der Polizeibehörde unter- läßt, wird also hierdurch in dieselbe Lage verseßt, in der das neuanziehende Gesinde sich stets befindet; es ist daher zu erwarten, daß die Folgen für beiderlei Klassen von Personen die nämlichen sein müssen, und dies ist in E folgenden Sage des §. 11 als selbstverständlich ausgedrüdt , mit den

orten : 7 Jst aber in einem solchen Falle durch den fortgeseßten Auf-

enthalt (§. 1 Nr. 3 des angeführten Gesetzes) eine Fürsorge der Gemeinde für den Verarmten nothwendig geworden,

(so bleibt ihr, sagt der Schluß, der Anspruch auf Schadloshal- tung gegen denjenigen, welher nah Vorschrift des §. 9 für die Mel- dung zu sorgen verpflichtet war, nach den allgemeinen Rehts-Grund-

säßen vorbehalten).

Dadurch is anerkannt, daß in dem Falle, wo ein in eine Gemeinde Neuanziehender dort einen Wohnsiß nicht erworben hat, er doch dur dreijährigen Aufenthalt das Hülfsdomizil und den Anspruch auf Fürsorge bei eintretender Verarmung erlangt. Und was hier fortgeseyter Auf- enthalt genannt is, das ist im §. 1 Nr. 3 des Armenpflege-Geseßes als „gewöhnlicher“ Aufenthalt bezeichnet, welcher Ausdruck auch im §. 3

des leßteren Geseßzes wiederkehrt.

_ Nah allem diesen kann jedenfalls nicht behauptet werden, daß der bisher befolgten Meinung’ des ersten Senats ein unzweideutiger Geseßes- laut zur Seite stehe, es sprechen vielmehr überwiegende Gründe dagegen,

und da dieselben in der Entstehungsgeschichte des

gung finden, so muß die jeßt veränderte Meinung de

tige erachtet werden.

Gesetzes volle Bestäti- s Senats. für die ris

Nach Eröffnung der Diskusfion fand die vorstehend zusammengefaßte Rechtfertigung dieser neueren Meinung die entschiedene Billigung des ver-

Geseßes noh Folgendes geltend gemacht:

sammelten Kollegiums. Doch wurde auch für die ältere Auffassung des

Man könne aus den, dem Geseze vorangegangenen Berathungen wohl entnehmen, daß die Absicht gewesen sein möge, die Dienstboten an der Wohlthat des oft gedachten Triennü theilnehmen zu lassen, aber das Gesetz selbst habe dies doch in deutlicher Weise nicht ausge- sprochen. Dies hätte auf die leichteste Weise dadurch geschehen können,

daß dem §. 2 des Gesetzes, der die Anwendung der

Nr. 2 des §. 1 auf

Gesinde ausschließt, ein die Anwendbarkeit der Nr. 3 daselbst aussprechen- der Zusay beigefügt worden wäre, etwa mit den Worten, „wohl aber im Falle des §. 1, Nr. 3.“ Dies sei nicht geschehen, und es bleibe daher eine offene Frage, ob das Geseß wirklich das Gefinde in dieser Beziehung

den anderen, selbstständigen Personen gleichgestellt h

D ein Unterschied in der Selbstständigkeit des freier, oder vielmehr ganz freier Arbeiter stattfinde,

leugnen lassen, und ebenso wenig, daß das Verhältni

abe?

Gesindes und anderer, werde fih nit ab- ß zur Dienstbherrschaft

das Gesinde auch in Bezug zur Gemeinde des Orts, in welchem es diene, in eine andere Stellung verseße, als andere, obne solche Zwischenperjonen

und resp. Vextreter der dort lebenden Einwohner.

Dies hindere, unter

der Selbstständigkeit, von welcher der E -- Heimathsgeseßes spreche und die au der g. 1 des Armenpflege-Geseßes vorausseBe, blos die ge- segliche Dispositionsfähigfkeit, im privatrechtlichhen Sinne zu verstehen und

nôthige dabei an eine Unabhängigkeit im sozialen Sinne so zu sagen

der Progression.

boten Anwendung.

Mittel geboten sei, sich vor diesem Andrange zu {üen kleineren Ortschaften die Versuchung nahe gelegt werde, Einwohner dur Beförderung ihrer Auswanderung in je meinden für immer zu entledigen, wodurch diese leßteren in noch bôberem Maße, als bisher {on der Fall gewesen, der Sammelplaß einer, auf Unterstüßung aus öffentlichen Mitteln angewiesenen und zufriedenzustellenden Menge werden würden, und zwar in stets zunehmen-

zu denken, die wohl dem freien Arbeiter aber nicht dem Gefinde zustehe.

Es seien au die Folgen zu bedenken, die aus der Geltung der neueren Meinung für dièjenigen Gemeinden, in denen die völkerung si in jedem Jahre wachseud anhäufe hauptsächlich also die größeren Städte und Fabrikorte entstehen würden,

dienende Be-

da denselben fein , und dagegen den sich ihrer ärmeren ne größeren Ge-

dadurch doc nie

Diese leytere Bemerkung fand allerdings Billigung, und man war der Meinung, daß dieselbe vielleicht Berücksichtigung beim Gesetzgeber fin- den könne; doch wurde sie für ungeeignet erachtet, einen Einfluß auf richterliche Anwendung des einmal gegebenen Geseßes zu üben. Und in- dem sonst alle anderen Gründe für hinreichend erört eignete sih das Plenum den Grundsaß an und erhob ihn zum Beschlusse:

Die Vorschrift des §. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Verpflichtung zur Armenpflege vom 31. Dezember 1842 findet auch auf Dienst-

auf die

ert erftlärt wurden,

Jahre 1856.

Nummern gezogen worden

B. Nr. 1180 bis 1189. 2069 bis 2078. 3003 bis 3012.

C. Nr. 4802 bis 4826. 8898 bis 8922.

D. Nr. 9306 bis 9359.

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Zusammen 209 Stück Über

Haupt - Verwaltuug der Staatsschulden.

Bekanntmachung vom 18. Juni 1862 betreffend die sechste Verloosung der Staatsanleihe vom

Jn der heute öffentlih bewirkten sechsten Verloosung von Schuld- vershreibungen der Staatsanleihe vom Jahre 1856 find folgende

den : Lit, A. Nr. 146 bis 150. 2961 bis 2965. 3316 bis 3320, 3631 dis 3635. 6357 bis 6361. 25 Stü à 1000 Thlr. = 25,000 Tbir.

8921 bis 8930. 40 à 500 Thlr. = 20,000 Thir

13,523 bis 13,547. 75 y à 200 Thlr. == 15,000 Tb 11,219 bis 11,237. 69, à: 100-Thlr, == 6 900 Tb!

eee ———— i Ob, K T Ir,

Dieselben werden den Befißern mit der Aufforderung gekün digt, die Kapitalbeträge vom 2, Januar f J.

D a U p Ÿ ab in den Vormil-