1885 / 281 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Nov 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Schritten beabsichtige ih zunächst den in Ausficht gestellten direkten Antrag der congrégation (u Saint Esprit et du Saint Coeur de Marie abzuwarten; indessen würde es s{chon jeßt erwünscht fein, Näheres über die Thätigkeit und den Charakter der genannten Missionsgesellshaft zu erfahren.

Darauf ift die Antwort ergangen über den Ursprung der Kon- gregation, die durch den fonvertiten Sohn eines Rabbiners im Elsaß 1804 begründet worden ist, und zwar zu Neuville bei Amiens. (Es ist also cin durchaus französisches Institut, das sich dem Mishions- werk in Afrika hingegeben hat. Im Jahre 1852 übertrug dte fran- zösishe Regierung der Kongregation das séminaire colonial zu Paris sie ift also ein französi\ches Regierungsorgan und zweitens das französishe séminaire in Rom, begründet 1853; alfo zwei amtliche franzöfische Regierungsanstalten hängen von diefer Kongregation ab; und wir würden eben dur ihre Zulassung auch eine amtliche fran- zösische Regierungsanstalt in Kamerun bekommen haben. h

Die Hauptquelle über die Thätigkeit dieser wie anderer fatholi-

{her Religionégesellshaften sind „Die Jahrbücher zur Verbreitung des Glaubens“, welche in deutscher Ueberseßung in Köln erscheinen. Die Kulturarbeiten der besprohenen Missionsgesellschaft sind au sonst von Protestanten gelobt worden, und ift um so mehr an- zunehmen, daß dieses Lob auf Wahrheit beruht, als es 1m Wesen der römischen Missionen licgt, sich mit einer mehr äußerlihen (Sr- ziehung zur Erfüllung der christlichen Kultuspflichten wie zur An- nabme der Lebenéformen und Thätigkeiten ciner höheren Kultur- stufe zu begnügen. Da es von verschiedenen Seiten bestätigt ift, daß es besonders El'asser und Lothringer find

das heißt Revanche-Elsasser —, : / welchbe in der westafrikanischen Mission verwandt werden, fo dürften viellei(t dur die Kaiserliche Statthalterschaft in (Slfaß-Lothringen o auégiebigere Nachrichten über die Thätigkeit und den Charakter jener Missionsgefellschaft zu erlangen fein. Í

Sie schen also, daß die Sahe mit Sorgfalt und ohne vorein- genommene Ansichten geprüft worden ist. Der damalige Botschafter in Frankreich {reibt unter dem 4. Oktober d. I.:

Ein gewisser Pater Weik, Mitglied der Kongregation des heiligen Geistes und des heiligen Herzens Maria, die seiner Zeit in Deutschland Häufer besaß, dann aber mit den übrigen Orden ausgewiesen wurde, hat mich hier besucht und vorgetragen, daß es der Wunsch seines Ordens sei, in Deutschland ein Erziehungshaus für feine Missionare zu gründen, i : das ist also das Hauptpetitum, welches mir auf der ersten Seite

entgegentritt —, damit für die deutshen Ansiedelungen in Afrika die genügende Zahl von Missionaren herangezogen werden könne. Ich habe dem Pater Meik gesagt, ih könne thm feine Hoffnung machen, daß ein aus- gewiesener Orden die Genehmigung zur Gründung eines Hauses in Deutschland erhalten würde.

Fch fomme darauf zurück, daß naher nah den unwahren An- gaben der „Germania“, die dur die Berichtigung widerlegt wurden, diese Geistlichen behauptet hätten, ihnen wäre vom Botschafter Hohen- lohe dringend empfohlen, sih an die Reichsregierung zu wenden und Hoffnung gemaht während hier berichtet wird:

Fch habe ausdrücklih dem Pater Weik keine Hoffnung gemacht. Fh bemerke dabei in Parenthese, was ih früher vergessen habe, daß diese Berichtigung in der „Germania“ doch keineswegs, wie der Herr Vorredner anzunehmen schien, den Zweck gehabt hat, ein Regierungs- programm zu eutwickeln. Jch glaube nicht, daß wir dazu gerade dieses Blatt gewählt haben würden; sondern sie hatte aus\ch{ließlich den Zweck, ten Mangel an Wahrheitslicbe, den das Blatt in dieser Sache wenigstens in auffälliger Weise an den Tag gelegt hatte, der allen Thatsachen ins Gesicht s{lug, zu kennzeichnen und dem zu widersprehen. Wenn der Herr Vorredner aus dieser Berichtigung ein Regierungsprogramm hat konstruiren wollen, das hier vertreten werden sollte, und woraus er Konsequenzen ziehen könne, ja dann übershäßzt er doh die Bedeutung der „Germania“, wenigstens diejenige, die wir regierungsseitig ihr beilegen. Also der Bot- hafter hat dem Pater keine Hoffnung darauf gemacht, daß er die Genehmigung zur Gründung eines Hauses in Deutschland erhalten werde, stellte ihm aber anheim, mir sein Projekt in Form eines Briefes einzureichen, „um die Genehmigung Cuer Durchlaucht erhalten zu fönnen.“ In Folge dessen hat mir Pater Weik einen Brief ge- {hrieben. Dann kommt wieder in der Sprache des „rihtigen Deutschen“ vom 4. Oktober ein Schreiben an den Fürsten Hohenlohe: La Congrégation du Saint Esprit u. f. w. demande au Gouverne- ment allemand de lui permettre de fonder en Allemagne une maison à fin de former des mis8ionnaires pour les colonies allemandes en Áfrique. Das war eben die Phrase, die ih auf dem ersten Blatte {on fand. Dann werden die Dienste geschildert, die sie zu leisten 1ch anheischig machen: Dans le but principal de lévangélisation et civilisation des races noires. Gbenso ist dann wiederum in einem Schreiben an meinen Sohn in derselben Sprache vom 22. Oktober gesagt: Nous avons déjà eu l’avantage d’en entretenir M. le Prince de Hohenlohe à Paris et à notre passage à Bade, Monsieur le Gouverneur d’Alsace et de Lorraine nous a fortement co nseillé de nons adresser à Votre Excellence

Sie baben eben gehört, worin das bestand pour lui faire voir tous les avantages. qui en résulteraient pour le Gouvernement allemand.

Dann ein Schreiben vom 23, Oktober an mich:

Nous avons l'honneur de prier Votre Altesse de vouloir

bien nous faire connaître la déeision prise par le Souvernement

allemand au sujet de la proposition que le Père Weik a adressée par l’entremise de M. le Prince de Hohenlohe u. u

Nun, ih führe Ihnen das Alles an, um zu zeigen, daß für uns der französische Charakter dieser ganzen Petition durhaus vorwiegend bleibt, und daß ih nicht weiß, wo der Hr. Abg. Reichensperger feine Ueberzeugung hergenommen hat, daß das richtige Deutsche wären. Der Herr Vorredner sprah leider nach seinen Stimmmitteln nicht so deutli, daß ih hier Alles verstehen konnte er führte aber etwas an über den Bescheid, den die Patres erhalten haben follten. Deshalb habe ich es mir notirt und die Akten nahgeschen. Nach leßteren hatte ih telegravhisch in Paris angefragt und die Antwort erhalten:

Pater Weik ist vor wenigen Tagen auf Grund des Crlasses vom 8. Oktober dahin beschieden worden, daß die bestehende Geset- gebung eine Gewährung seines Gesuches nicht zulasse.

Jch kann auch noch einige Erläuterungen zu diesem kurzen Tele- gramm geben. af berichtete am 10. November auf

C L {

Der Botschafter weitere Erkundigungen :

Nach dem Empfang des Erlasses vom 8. Oktober citirte der Geschäftsträger den Pater Weik zur Entgegennahme eines münd- lichen Bescheids auf die Botschaft.

Nach den Entstellungen, die hier über mündlichen Berkehr unter vier Augen in die „Germania“ gelangt sind, hatte ih gewünscht, daß mündliche Unterredungen vermieden würden oder, wenn sie stattfänden, in Gegenwart von Zeugen stattfinden anüßten. Zu meinem Bedauern ist das nicht vollständig befolgt worden. j

Pater Weik kam der Aufforderung erf vor wenigen Tagen nach; er traf den Geschäftsträger in der Nähe der Botschaft auf der Straße, und er erhielt mündlich nun den Bescheid, daß wegen der bestehenden Gesetzgebung sein Gesuch nicht erfüllt werden könne. Der Pater war darüber niedergeschlagen, er wollte mich sprehen und fich an meine Vermittelung wenden. Der Geschäftsträger erklärte ihm, daß dies nutlos sein würde, und daß die Botschaft angesichts der Lage der Gesetzgebung nicht weiter für ihn vermitteln könne. Wenn er hoffe, bei dem für Missionsthätigkeit in unseren Kolonien herrschenden Interesse später einen Ausweg zu finden, müsse ihm überlassen bleiben, dies selbs zu thun. Darauf ging der Pater, und er hat weder mich noch sonst ein Mitglied der Botschaft gesprochen.

Jh führe diese fhecinbar unbedeutenden Details nur an, um den

Beweis zu liefern, daß die Details, die der Herr Vorredner hier an-

| gab über die Bescheidung, und die Konsequenzen, dle er daraus gezogen hat, in den wirkflihen Vorgängen in Paris keine Unterlage finden.

Dann erlaube ih mir zur Aufklärung meiner Stellung zur Zacbe noch cinige Aktenstücke Ihnen vorzulesen, die ih bier zum Abdruck geben fann. Zunächst meine Instruktion aus Friedrihsruhe vom 96. Oktober behufs Crtbeilung von Instruktionen an den Botschafter in Paris; dieselbe lautete dahin: j

Die Congrégation du Saint Esprit et du Saint Coeur de Marie ift laut Beschluß des Bundesraths vom 13. Mai 1873 mit dem Orden der „Gesellschaft Jesu“ als verwandt anzusehen und daher nach dem Reichsgeseß vom 4. Juli 1872 nicht berechtigt, innerbalb des Reichsgebietes Niederlassungen zu unterhalten. Die in Deutschland früher vorhandenen Niederlassungen der Kon- gregation in Marienthal. Regierungsbezirk Koblenz, und Marien- tadt, Regierungsbezirk Wiesbaden, [sind demzufolge auf- gelöst worden. Es licgt mithin cine geseßlihe Unmöglichkeit vor, den genannten Geistlichen die erbetene Erlaubniß zur Eröffnung einer Erziehungsanstalt in Deutschland für Zwecke der überseeischen Mission zu ertheilen. 8 :

Die Nothwendigkeit eines ablehnenden Bescheides würde abe au dann vorliegen, wenn es sich nur um eine Ermächtigung zur Gründung von Missionshäusern dieser Gefellshaft in Kamerun selbst handelte. Denn einmal werden die Reichsbehörden auch be- züglich der übersccishen Gebiete nicht im Widerspru gegen die RNeichsgesetze verfahren können, und sodann erscheint es bedenklich, die Ausübung der Missionsthätigkeit daselbst in französische Hände zu legen. Sowohl Weik als Stoffel sind, obgleih deut|cher Ab- funft, naturalisirte Franzosen

Das sind also die richtigen

redners!

und haben diese ihre Eigenschaft dadur hervorgehoben, daß sie si in allen ihren hier vorliegenden Eingaben ausschließlich der franzö- sischen Sprache bedienen. Als Jesuiten und als Franzosen werden sie den Befehlen ihres von Paris aus geleiteten Ordens gehorchen, und ibre deutsch-freundlichen Protestationen crmangeln der Glaub- würdigkeit. Wir werden vielmehr darauf gefaßt fein müssen, daß sie, wenn sie Einfluß daselbst gewinnen, diesen im antideutschen íInteresse benußen werden. Ich bin der Ansicht, daß die Förderung des Missionswesens in den übersceishen Besitzungen des Reiches denjenigen Missionsgesellshaften zu überlassen fein wird, welche einen deutschen Gharakter tragen, und von denen nicht zu befürchten ist, daß sie den Einfluß, welchen sie auf die Eingeborenen gewinnen fönnten, unter Umständen gegen uns verwerthen würden. Der Frieden des Deutschen Reichs is leider noch immer durch die Stimmung von Franzosen aller Parteien mehr bedroht, als von jedem anderen Lande her.

Wir haben * das Glück gehabt, mit der französischen Regierung jederzeit in Frieden und gutem Einvernehmen zu leben. Wir können nicht dasselbe sagen von den französischen Parteien, und Vorkommnisse, wie sie bei Gelegenheit der aufregenden Vorgänge in Spanien und einiger anderen stattgehabt haben, wo die offentlihe Meinung, un- bewacht, ungezügelt und unbeeinflußt von der Weisheit der Regierung, ihren ersten Ausbruch fand, baben mir zu meinem Bedauern gezeigt, daß in allen Parteten die leitenden Organe die Feindschaft gegen Deutschland, die Möglichkeit, daß der Augentlick einit kommen könne, an Deutschland Rache zu nehmen, und den Willen, dies zu thun, als die beste Grundlage ihrer Bewerbung um die öffentlihe Gunst bei den Wahlen und in der öffentlichen Meinung ansehen.

Diese Erscheinung, kann ih nicht leugnen, hat mir einen Eindruck gemacht. Niemand kann dafür die franzöfische Regierung verantwortlich machen; denn, wie gesagt, alle Regierungen, mit denen wir seit 1870 zu thun gehabt haben, haben gleich uns die Ueberzeugung gehabt, daß es beiden Nationen nüßlich und ersprießlich ift, den Frieden zu er- halten, und haben chrlich das Ihrige gethan, um diefe Ueberzeugung zu verwirklihen. Aber nach dem (Gewicht der öffentlihen Stimmung in Frankreich, nah der lebendigen Cindrucksfahigkeit der Nation können wir niht mit der jedesmaligen Negierung allein renen, wir müssen mit der Empfindlichkeit der Saiten, der Korden renen, die in der Bevölkerung Anklang finden, und die derjenige, der die Bevölkerung für fh gewinnen will, wie wir sehen, in allen Parteien mit Vorliebe anfchlägt. Es ift deshalb zu meinem Bedauern für die Fälle, die möglich sind, von denen ih nicht hoffe, daß sie eintreten, eine Borsicht in der Organisation unserer erponirten kolonialen Stellungen mehr, wie wo anders, nothwendig. Deshalb {ließt diese Instruktion auch: Sollten unsere angestrengten Bemühungen, ihn alo den Frieden zu erhalten, einmal in Zukunft erfolglos bleiben, fo ist kaum zu erwarten, s die Emifsfaire der Pariser congrégation dn Saint Esprit und ihre Klienten in Afrika auf der Seite Deutschlands stehen würden.

Dann dient zur weiteren Beleuchtung der Sache noch folgender Bericht, der mir auf Erkundigung über dieselbe Frage erstattet wurde:

Bei Vorlage des beifolgenden Artikels der „Germania“ vom 27. d. M. wird. bemerkt, daß dem Pater Weik, als derselbe persönlih um Bescheid auf feine leßte Eingabe bat, von dem Re- ferenten Dr. Krauel mündli eröffnet wurde, daß mit Rücksicht auf das Reichsgeseß vom 4. Juli 1872 und auf die durch Bundes- rathsbeschluß ausgesprohene Verwandtschaft der Kongregationen vom heiligen Geist und heiligen Herzen Mariä mit der Gesellschaft úüesu die Erlaubniß zur Gründung einer Vissionsshule in Deutsch- land nicht ertheilt werden könne.

Sie werden gesehen haben, daß das das prinzipale Petitum war und

das in Bezug auf Kamerun nur das subsidiäre. Auf die fernere Frage des Herrn Weik, ob eine Niederlaffung der Kongregation in Kamerun selbst gestattet wäre, erwiderte der Re- ferent, daß wir vorzögen, in den überseeischen deutschen Schuß- gebieten deutshe und keine französishen Missionare zu haben, ebenso wie die Franzosen in ihren Kolonien französischen Missio- naren den Vorzug gäben. Wir müßten wünschen, daß die dortigen Eingeborenen deutsch lernten und nicht die franzöfische Sprache, deren die Herren Weik und Stoffel sich in thren Eingaben an das Auswärtige Amt bedient hätten. Die Engländer verfolgten das gleihe Prinzip, weshalb auch die bisher allein in Kamerun be- \tehende Missionsgesellshaft der englisheu Baptisten den Wunsch zu erkennen gegeben bätte, ihre dortigen Stationen aufzugeben und die Fortseßung des Missionswerkes einer deutschen Gesellschaft zu überlassen.

Der Herr Vorredner wird daraus ersehen, daß also auch die Engländer, die ja auch Mitkontrahenten der Congoverträge sind, ihrer- seits darauf halten, nicht nur in den englishen Kolonien die Thätigkeit der Missionare zu kontroliren, sondern auch da, wo sie ein Territorium, das von englishen Missio- naren bearbeitet worden ist, durch ihre Verträge an uns ab- getreten haben, es vernünftig und natürlich finden, daß die englischen Missionsgesell] chaften sih von dort auf englisches Gebiet zurückziehen und Verkaufsgeschäfte mit den deutschen Missionsgesellschaften einleiten mögen, namentlich mit der in Bremen, wenn ih nicht irre, um ihrer- seits dort depossedirt zu werden. Also die Engländer thun dasselbe wie wir, obschon auch sie die Prinzipien der Congokonferenz anerkannt haben. Uns schiebt der Herr Vorredner das als eine Art von Doppelzüngigkeit in die Shuhe. Ich glaube auch nicht, daß eine english sprehende Baptistengesellschaft, wenn sie sich ‘in englischer Sprache an die französishe Regierung wenden wollte und fragen, ob sie in den zwischen den englishen Gebieten Afrikas liegenden französi- \chen Kolonien ihrerseits englis{ch missioniren könnte, eine zustimmende Antwort von der französishen Regierung erhalten würde. Sie ver- langen von uns, daß wir Dinge thun, die in keinem anderen Lande geschehen : daß wir die Interessen des Landes gegenüber den Interessen einzelner Konfessionen, ja felbst einzelner Parteien in den Hintergrund treten lassen. Dazu werden Sie unsere Zustimmung nicht erlangen.

Verhandlungen hierüber \{chwebten augenblicklich mit der Königs- berger Missionsgesellschaft.

Deutschen des Herrn Vor-

Pater Weik erkannte hierauf ausdrülich an, daß auch er für

deutshe Besißungen eine halte.

Darin ist also der Herr Abgeordnete mit dem Pater Weik selbst nis:

einerlei Meinung. Pater Weik hält sich für einen Franzosen s,

Hr. Abg. Reichensperger hält ihn für einen „rihtigen Deuts{en- Gerade von diesem Gesichtspunkte aus babe er eine Anstalt ;; Deutschland als Pflanzschule für deutsche Missionare gründen wolle, Im weiteren Verlauf des Gesprähs äußerte Referent G gy Grund persönlicher Anschauungen günstig über die Erfolge dz, fatholischen Mission in China (von Natal und den Südseeinsely welche die „Germania“ citirt, war mit keinem Wort die Rede), uri Meik erzählte von der Thätigkeit seiner Kongregation in Ost-Afrik, wobei er die Bemerkung machte, daß sich empfehlen würde, die G.. biete vrotestantisher und fatholis{er Missionen zu trennen und ¡4d bei den Grundfaß der Priorität zu befolgen. E

Ich habe nicht verstehen können, ob der Herr Vorredner diesen Grundsaß ausdrücklich verurtheilte. Derselbe ist hiernah eigentlig nit auf unserem Boden gewachsen, sondern die katholischen Missionare baben dafür gesvrohen. Sie haben eben aus ihrer Erfahrung 6 überzeugt, daß cs für die zu Bekehrenden niht nüßlih ist, wenn in demselben Gebiet Missionare verschiedener Konfessionen ih bei dey zu Bekehrenden den Rang abzulaufen versuchen, wobei es nit imm dabei bleibt, daß blos die Vorzüge der eigenen Konfession erörtert werden, sondern au die Nachtbeile; man drückt si vielleicht \chGärfer aus, um die unrichtigen Vorstellungen der anderen Religion dem Kon- firmanden recht deutlich zu Gemüthe zu“ führen. Diese gehässigen Kämpfe von Missionaren verschiedener Konfession vor einem zu be fehrenden Publikum sind aus den Aften mehrfah zu meiner Kenntniß gelangt, und die hat Pater Weik als erfahrener Missionar selbt erlebt; deshalb hat er selbst den Gedanken der Priorität angeregt; ih bin selbst darüber noch nicht zu einer festen Ueberzeugung gekommen, ob das Eine oder das Andere das Bessere ist. Wir sind ja überhaupt in den Kolonialfragen noch unvollständig informirt, und da können noch Jahre vergehen, wir werden es immer bleiben. Bedenken Sie die Kommunikation, die bei jeder Frage, die bingebt, Monate erfordert. Bei der Ausführung und bei den Erkundigungen, die dort cinzuzichen sind, bei den dort weitläufigen Entfernungen und {weren Transporten vergehen wiederum Monate, bei der Rückfahrt ebenfalls; faum zweimal im Jahre kommt eine Correspondenz überhaupt rund herum, und ers{chöpfend kann fie in keinem einzelnen Falle sein.

Der Herr Vorredner hat der leßten Konferenz in Bremen einen längeren Theil seiner Rede gewidmet, und zu meinem Erstaunen ist auch die Begründung der Interpellation so gefaßt, als ob etwas be- sonders Bedrohliches für die Parität der Konfession passirt wäre. Ich habe deshalb hier noch aus den Akten cinen Bericht entnommen, der die Betheiligung der Regierung bei den Bremer Sachen betrifft. Derselbe lautet :

Euer Durchlaucht berichte ih auf die zu dem Referat des Konsuls Naschdau über feine Theilnahme an der Missions-Konferenz in Bremen gestellte Frage, welches die Genesis der Anwesenheit eines Vertreters des Auswärtigen Amts sei.

Sie schen also, daß da, wo Sie einen weit angelegten konfessions- feindlichen Plan vermuthet haben, ich am 5. November oder wenige Tage vorher noch der Information über die Genesis der Sache be- durst habe.

Im Laufe dieses Sommers sind von den meisten deutschen Missionsgesellschaften an Euere Durchlaucht gerichtete Eingaben hier eingegangen, worin die Bitte ausgesprochen war, den Handel mit Spirituosen in den deutshen Schußgebieten Einschränkungen zu unterwerfen. Um dieselbe Zeit war Seitens des Dr. Fabri an Guere Durchlaucht der Antrag gestellt worden, aus dem Jubiläums- fonds eine bestimmte Summe für die Gründung deutscher Missionen in den Schutzgebieten zu bewilligen. Euere Durchlaucht lehnten diesen Antrag aus paritätishen Gründen ab, bestimmten abet, Dag Der Srage maber delrclen Werde, 00D UND auf welhem Wege eine amtliche Unterstüßung der deutschen Missio- nen in Afrika bewirkt werden könne. Diesseits wurde hierauf mit dem Königlich preußischen Kultus-Ministerium zum Zwecke näherer Mittheilungen über die Ausdehnung und Wirksamkeit der Missionen in Afrika in Correspondenz getreten. Bei dieser Gelegenheit theilte Hr. von ß demnächst eine außerordentliche Kon-

deutshe Mission für die einzig ri&t,,

Goßler mit, daß ferenz der deutschen Missionsvorstände in Bremen stattfinden werde, welche gemeinscaftlihe Schritte bei der Reichsregierung im Hin- blick auf unsere Kolontialpolitik und eventuell die Entiendung einer Deputation an Euere Dur(laucht beabsichtige. Der Herr Kultus- Minister erklärte sih gleichzeitig bereit, die Konferenz dur einen Kom- missarzu beschicken. Inzwischen waren hier verschiedene andere Angelegen- heiten angeregt worden, die eine (Sorrespondenz zwischen dem Auswärtigen Amt und den Missionen erforderlih machten; fo sollte der Verkauf der Baptistenansiedelung in Victoria (Kamerun) an eine deutsche Mission diesfeits vermittelt werden.

(s wurde ferner von dem Kaiserlihen Kommissar in der Südsee der Antrag auf Ausdehnung der deutschen Missionsthätig- keit nah NeuGuinea gestellt.

Im Interesse der Erledigung dieser verschiedenen geschäftlichen Fragen, wie auch der Verständigung über einzelne der Regierung, wie der Mission gemeinschaftlihe Aufgaben erschien es wünschenswerth, daß nicht nur ein Beamter des Kultus-Ministeriutns, sondern ein mit unseren folonialen Verhältnissen vertrauter Beamter der gedachten Konferenz beiwohne. In diesem Sinne haben Cuere Durchlaucht f. Z. auf meinen Vortrag sih mit der Absendung eines Kommissars durch das Auswärtige Amt einverstanden erklärt.

Also der hat gar keine Instruktion irgend einer Art gehabt und feinen Auftrag, die Regierung durch Erklärungen zu binden oder Ver- \prehungen zu machen, sondern seine Betheiligung hatte einen rein informatorishen Charakter und den Zweck, zu verhandeln über die drei Gegenstände, die ih vorher erwähnte.

Fch bemerke noch, daß die Bedenken, die Seitens einiger Mit- glieder der Konferenz gegen die Anwesenheit eines Regierungs- vertreters geäußert worden sind, sh lediglich darauf bezogen zu haben seinen, daß die Freiheit der Debatte dadur möglicherweise Einschränkungen erfahren könnte. Eine mittlerweile eingegangene Eingabe des Konferenzaus\chusses, worin die Konferenz für die Ent- sendung eines Kommissars Eurer DurHlaucht ihren Dank ausspricht, und die bekannten Wünsche Hochdenselben übermittelt, füge ih in der Anlage gehorsamst bei.

Sie sehen also, daß das eine ganz unshuldige Sache gewesen ift, und die mit irgend welchen bedenklichen Neigungen der verbündeten Regierungen gegen die katholische Konfession in gar keinem Zusammen- hange steht. Ich führe Ihnen nochmals zu Gemüthe, daß, wenn folhe Neigungen überhaupt bei irgend einer der deutschen Regierungen vorhanden wären daß sie es bei der preußischen nicht sind, das fann ich mit Bestimmtheit versichern aber wenn sie vorhanden wären, daß Sie nicht nur an dem König von Preußen, sondern auh an den fatholischen Mitgliedern des Deutshen Reichs, an den regierenden katholishen Fürsten, ganz bestimmt einen Wächter Ihrer Interessen und Jhrer konfessionellen Berechtigungen finden würden. Ich möchte empfehlen im Interesse der parlamentarishen Einheit : Üeberlassen Sie doh die Wächterrolle mehr den katholishen Bundeë- genossen im Bundesrath. (Widerspru im Centrum. Heiterkeit.) És sind das wahrlich keine lächerlichen Dinge, mir sind fie gar niht lächerlih. Jedenfalls find diese Vertreter ihrer Konfession und im Interesse des deutschen Friedens bedahtsamer; die Motive Ihrer Vertretung sind jeder Zeit klar und durhsihtig; das kann ih von denen der Interpellation heute nicht sagen. Sind Sie in Sorge, daß der Kulturkampf eins{lafen könnte, und sind Sie in der Nothwendig- keit, die Regierung {chwärzer darzustellen und feindseliger und kampf- begieriger, als sie wirklich ist? Nun, meine Herren, dann warten Sie doch einen Moment ab, wo solche Behauptungen mehr Wahr- \cheinlihkeit haben, als in diesem. An dieser einfahen Darlegung aus den Akten scheitert ja Ihr ganzer Anlauf. Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir darauf verwandt haben über zwsi Stunden, die wir nüßliher hätten anwenden können, um die Mißverständnisse klar zu Tegen, die hier obgewaltet haben, - die von der „Germania“ und von deren Berichterstattern künstlih erzeugt worden sind. Wenn Sie JIbre

a

e bier in einer vou unserer Regierungs8auffafsung abweichenden vertreten wollen, so möhte ‘ch im Interesse derselben empfehlen, ¡e an andere Punkte als an die Wahrkheitsliebe der „Germania,“ die bier bauptsächlich von Ihrer Fraktion rehabilitirt werden foll, an- zuknüpfen, denn da beruht sie auf cinem {wachen Grunde.

Auf den Antrag des Abg. Dr. Windthorst, der vom Centrum und einem Theil der freisinnigen Partei unterstüßt wurde, trat das Haus in die Besprechung des Gegenstandes ein.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, der Reichskanzler habe die Interpellation sehr geschickt beantwortet, indem er dur eingeflohtene Bemerkungen das, worauf es eigentlich ankomme, in den Hintergrund geschoben und verdunkelt habe, während die Interpellation einfah das bezwecke, was ihr Wortlaut ent- halte und der Abg. Dr. Reichensverger dargelegt habe. Von anderen Dingen sei gar nicht die Rede gewesen. Wenn solche eristirten, so würden sie bei anderer Gelegenheit zum Aus- druck fommen können und zum guten Theil auch gebracht werden. Wenn der Reichskanzler dabei ein Organ der Presse, welches die fkatholishen Anschauungen in der Regel besonders vertrete, ins Auge fasse, so sei es ihm (Redner) eine roße Befriedigung, wahrzunehmen, daß diese Blätter ‘einen jolchen Eindruck auf den Reichskanzler machten. Derselbe bemän- gele freilih ihre Artikel, die ihm do reihlich so gut zu sein schienen, wie die der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“. Wenn er etwas bedauere, so sei es dies, daß die „Germania“ zuweilen in eine Tonart verfalle, welche die „Norddeutsche Allgemeine“ zum Skandal der Welt überhaupt anzuschlagen pflege. Den Rath, das Centrum solle die Vertretung der fatholishen Jnteressen lieber den katholishen Mitgliedern des Bundesraths überlassen, habe er fast für Jronie gehalten. So lange das Reich bestehe, habe er niemals von Bayern und Sachsen irgend welches katholishes Jnteresse vertreten ge» schen, und er erkläre rundweg, daß troy aller Feindseligkeit, welche der Reichskanzler gegen das Centrum habe, er ihm allein die Vertretung der katholischen Jnteressen lieber über- lasse, als irgend einem aus Bayern oder Württemberg. Das habe auch seinen guten Grund, denn einmal habe der Reichskanzler noch starke Reminiscenzen von Gerechtigkeits-

gefühl, wenn es ihn auch bisweilen zu verlassen scheine; fo-

dann stehe er aber auch auf einem höheren Standpunkte, von

dem aus er die Dinge besser beobachten und beurtheilen fönne. Einen Beweis für sein Gerechtigkeitsgefühl entnehme er (Redner) auch daraus, daßder Reichskanzler in seinen heutigen Darlegungen die Congo-Akte völlig übergangen habe, deren Artikel VI mit seiner heutigen Antwort in Widerspruch stehe. Damals habe er auf dem hohen Standpunkte eines europäischen Diplomaten im besten Sinne des Wortes gestanden. Sobald er aber von diesem Standpunkte herab und in Berührung mit preußischen Verhältnissen komme, dann sehe man selbst diesen großen Mann auf seinem hohen Standpunkt in allerlei kleinliche Polizeitüfteleien und Aengstlichkeiten aller Art gerathen, eule fee man wn für allerhand Engherzig- feiten kämpfen, die selbst ein evangelisher Missionar nicht vertreten würde. Die Jesuiten würden in Deutshland nicht zugelassen, die hier in SLAGe stehende Gesellschaft gehöre den Jesuiten an, aljo würden sie weder hier noch in den deutschen Schußzgebieten zugelassen, fo argumentire der Reichskanzler. Ebenso sollten die Herren, welche zufällig hier gewesen, weil sie einen französischen Brief geschrieben hätten, Franzosen sein ; daß sie Franzosen seien, sei niht nachgewiesen worden. Wenn man sih der fran- zösischen Sprache bediene, so folge daraus noch nit, daß man aufgehört habe, ein Deutscher zu sein, fondern höchstens, daß man geglaubt habe, sich an Herren zu wenden, welche gewöhnt seien, französish zu sprehen. Zu diesen Männern gehöre ohne Zweifel auch der Reichskanzler. Die Diplomaten liebten es ja, sh in der gewöhnlihsten Konver)ation französisher Ausdrücke zu bedienen, um zu zeigen, daß sie derselben mächtig seien. Daß allerdings andere, als jesuitishe Missionare katholischer Konfession nicht ausgeshlossen sein sollten, fklinge ganz \chöôn, n Wirklichkeit heiße es, daß nur oder vorzugsweise evangelische Missionare in den Schußgebieten berücksichtigt werden könnten, weil man nur von diesen deutschen Sinn und deutsches Wefen erwarten könne. Er (Redner) interessire sih für die Thätig- keit der evangelischen Mission im höchsten Maße und folge ihr mit gespanntester Aufmerksamkeit. Viele ihrer Arbeiten hätten ihm eine große Befriedigung gebracht. Aber im Ver- hältniß zu ihrem Umfange erscheine ihm ihr Erfolg vershwin- dend klein, verglichen mit der Missionsthätigkeit der Katholiken ; sie besize eben niht die nöthige Zahl von Missionskräften, worüber in Bremen ausführlich geklagt worden sei. Die ka- tholishen Missionen feien zum größten Theil in den Händen von Ordensgeistlihen, und wenn Deutschland diese alle hinausgetrieben habe, so verstehe es sich von selbst, daß man deutshe Missionare nicht haben könne. Wenn nun deutsche Katholiken, um für auswärts deut)che

Missionare zu haben, Missionen gründen wollten, so würden fie hinausgewiesen ;

also könnten Katholiken das Material für auswärtige Missionen aus Deut}jghen nicht schaffen. Das fei, was er festnageln müsse; na den Deduktionen des Reichs- fanzlers höre das katholische Missionswesen in den Schubge- bieten Deutschlands auf, und wenn man hier Bewilligungen zu diesen Zwecken mache, so mache man sie zur ¿Förderung des evangelishen Missionswesens. Denn eine Kolonisation ohne Mission sei undenkbar. Jn Frankreich habe man dies schon lange erkannt, und wenn Alles aus dem französischen Budget gestrichen werden sollte, ausgestrihen würde niemals werden, was für die Missionen bestimmt jel. Der Reichs- fanzler könnte aus den englischen Besißungen und besonders aus Jndien erfahren, was die englische Regierung dem Jesuitenorden danke bezüglich dec Festigung ihres Besßes. Daraus, wie der Reichskanzler heute das Missionswesen be- handelt habe, erkenne er (Reder), daß es dem Neichskanzler noch an einem Rath fehle, der ihm die Sache richtig darstelle. Die Grundsäße, welhe man hier befolge, müte man auch auswärts gelten lassen, habe er weiter gesagt. Jm Artikel V1 der Congo-Akte sei für das ganze Congo-Gebiet klar und fest ausgesprochen, daß freie Religionsübung ein solle und Mif- sionare aller Kulte ohne Beschränkung ihre Thätigkeit aus- üben könnten. Was der Reichskanzler sage, widerspreche diesen Grundsäßen, welche unter seinem Vorsi hier von der ganzen europäishen Welt gefaßt worden seten. Worte, wie heute, seien damals nicht lautbar geworden, he würden den Muth der Herren mcht gehoben haben. Jebt, wo die Konferenz weg sei, falle man in alle dieje unglückseligen Geschichten zurück. Der Reichskanzler age: wir können in deutschem Schußgebiete anordnen, was nöthig ist. Er (Redner) wolle nicht erörtern, wie weit das Recht der Schuzmacht überhaupt gehe, derartige Missionsniederlassungen

zu verbieten, inwiefern die ursprünglihen Obrigkeiten dort noch in Kraft seien und man nur den Schuß zu geben habe. Jn der Kommission sei in der vorigen Session diese Frage auch {hon berührt worden ; das Centrum habe aber niemals eine flare und bestimmte Antwort erhalten. Als einer der Kommissare sih darüber ausgelassen habe, habe si der Reichskanzler beeilt, die Befugniß der Kommissare auf rein informatorishe Bemerkungen zu beschränken. Er (Ned- ner) behaupte, daß ein Verordnungsrecht für die Schußgebiete überhaupt nicht bestehe, und was geordnet werden solle, dabei habe der Reichstag mitzusprehen; dann müsse ein Ge- ses erlassen werden. Das fei der eigentlihe Punkt, um den sih die Geschichte drehe und den der Reichskanzler, ab- sichtlich oder unabsichtlih, vollkommen unberücsichtigt gelassen habe. Das Centrum werde überlegen, was es zur Wahrung seiner Rechte zu thun habe. Auf dem Verwaltungswege lasse sich das, was hier geschehen sei, gar nicht thun. Ein Gese liege niht vor, und er bleibe dabei, daß nur nach allgemeinen

Grundsäßen gegangen werden könne, welhe Europa in der |

Congo-Akte adoptirt habe. Deutschland habe dem Auslande das Beispiel zu geben, daß die für ein anderes Gebiet ge- gebenen Grundsäße von Deutschland im eigenen respektirt würden. Das habe au der Kommissarius des Reichskanzlers damals in der Budgetkommission als selbstverständlich ausge- sprochen. Nichts sei gehalten worden ‘von dem in der Kongo- Akte in Aussicht Gestellten, was Jeder für alle Kolonien gel- tend erachtet habe. Er (Redner) bleibe dabei, daß ohne be- sondere geseßlihe Bestimmung keine Neligionsgesellschaft in ihrer Thätigkeit in den deutschen Schußgebieten beschränkt werden könne. Außerdem habe der Reichskanzler keinen An- stand genommen, eine große Zahl Deutscher ohne Weiteres zu beschuldigen, daß sie ihr Vaterland nicht eben so liebten, wie er. Das sei so eine Reminiszenz aus der „Norddeutschen AU- gemeinen Zeitung“, welche Jeden, der nicht ihre Ansicht theile, für einen Reichsfeind erkläre. Er müsse dem Reichskanzler sagen, ‘daß außer ihm noch viele Deutsche so lebendig für ihr Vaterland fühlten, wie er. Er glaube dagegen, zuweilen zu bemerken, daß der Reichskanzler sih mehr als Preuße, denn als Deutscher fühle. Es sei interessant, zu vergleichen, wie der Reichskanzler sih dem Jesuitenorden hier gegenüberstelle und wie sich Friedrih der Große und Katharina von Rußland zu demselben gestellt hätten. Frtedrih der Große habe die Jesuiten für die besten Lehrer erachtet und sie deshalb in Schlesien unter allen Umständen haben wollen. In Nußland sei es ebenso gewesen. Seitdem hätten sich merkwürdiger Weise die Anshauungen in Preußen und Ruß- land geändert. So groß sei der Einfluß des Fürsten Bismark. Er (Redner) sei aber überzeugt, daß der Reichskanzler nicht minder, wie auch viele Andere, shließlich dringend wünschen werde, daß die Gesellschaft Jesu ihre Thätigkeit in Deutschland wieder aufnehme. Die Auflösung aller positiven Berhältnisse gehe fo ras, daß man nah Mächten suchen werde, die noch etwas Positives besäßen, und wenn Niemand die Jusuiten zurückbringen werde, die Sozialdemokraten würden es sicher. Er wolle nit sagen, daß sie es thun würden, Diejenigen, welche todts{hlügen, seien Andere. Träfe das Argument des Reichskanzlers mit Bezug auf das Nationalgefühl zu, dann würden alle Deutschen mit einem Federstriche aus Deutsch- land ausgeschlossen, welche Jahre lang in Frankreih oder England oder anderswo gelebt hätten. Die fragliche Mission habe ihre Leitung in Paris, weil man eine Leitung von hier aus bekämpft habe, da sie zu der abgeleugneten, aber immerhin vorhandenen Jdee, nur protestantishe Missionare zuzulassen, nicht passe. Es sei verwunderlich, wie die Leute in Kamerun nah den eigenen Mittheilungen des Reichskanzlers die Sache ganz anders aufgefaßt und behandelt hätten, wie Leßterer felbst. Man habe den Missionaren bereits ein bestimmtes Territorium reservirt, auf dem sie ihre Thätigkeit entfalten könnten. Die Ortsbehörden hielten das für nüßglih und zweckmäßig. Die Kolonien würden an Ort und Stelle besser behandelt als in der Wilhelmstraße, denn Siri Bismarck habe selbst gesagt, daß er von der Sache nihts verstehe. G olle alo dié Sache ruhig den Ortsbehörden überlassen, dann werde sie sich von selber machen. Es sei gut, daß das Centrum gleich am Beginne der Thätigkeit so unverholen klar in die Pläne der Regierung sehe, und diese klare Einsicht werde sih auch auf andere Gebiete erstrecken. Wenn der Reichskanzler gemeint habe, das Centrum habe seine Kolonialpolitik nicht unterstüßt, so sei er entweder nicht richtig orientirt, oder sein Gedächtniß lasse ihn im Stiche. Das Centrum habe ja wesentlich bei- getragen zu allen Bewilligungen für diesen Zweck, gerade die für Kamerun sei auf des Redners Antrag durchgeseßt worden. Aber was er (Redner) gethan, sei, daß er gegen eine zu rasche und unvorsichtige Behandlung dieser Sache gewarnt habe, und die Ereignisse hätten seine damaligen Worte be- reits zur vollen Genüge bestätigt. Er habe damals die Genugthuung gehabt, daß Kenner und Sachverständige in Bremen und Hamburg ihm Recht gegeben hätten. Das Cen- trum erhebe jeßt seine Stimme weiter niht. Es sei ja nicht zu verkennen, daß auch im übrigen Deutschland, nicht allein hier, ein gewißer Enthusiasmus für diese Sache vor- handen sei oder gewesen sei. Er sei abgekühlt durch die Erfahrung, daß die Kolonien zur Zeit noch nicht den geringsten Nutzen brächten und für die Auswanderung, wofür sie eigent- lich bestimmt seien, niht brauchbar seien. Die Warnung des Abg. Virchow sei überhört worden, und jezt höre er (Nedner) fast täglich von Augen- und Ohrenzeugen, daß Deutsche dort nicht leben könnten, sondern an den Fiebern zu Grunde gingen. Jn den neu hinzugetretenen Schuß- zebieten scheine es besser zu sein, wie er aus seinen Jn: formationen aus Kaiser Wilhelms- und Bismarckland ent- nehme. Allerdings laufe man dort Gefahr, von den Einge- borenen verspeist zu werden. Deshalb habe er Vorsicht empfohlen. Man solle seine Kräfte nicht verzetteln, denn die Stellung im Auslande beruhe lediglich auf der Landarmee, und wenn man seine Kräfte zersplittere, so s{chwähe man sein Ansehen. Er sei kein Feind der Kolonialpolitik, halte vielmehr eine gute und gesunde Kolonialpolitik für ein Bedürfniß bei der Uebervölkerung, an der Deutschland leide. Das Centrum sei nur gegen eine unvernünstige Kolonialpolitik. Deutschland werde niht die Eingeborenen nah dem Beispiel anderer Völker niederschießen oder ausrotten wollen, sondern he civilisiren, zu wirklihen Menschen erziehen, und dazu bedürfe es der Missionare. Er schließe mit dem Verlangen, daß Art. 16 der Congo-Akte, wie der Legations-Rath von Ku))erow zugesagt, überall aufreht erhalten werde. _ i Hierauf ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort: i : : Der letzte Herr Redner hat bei mir den Eindruck des ersten, daß

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8 nch bier bauvtsächlich um ein Vorgefecht für die § bandele bei dieser Interpellation, wesentlich bestätigt, un werden mir zugeben, daß wir uns plößlich mitten in debatte befinden. Alles Andere ift darüber in den Hinte treten. Die Art, wie die Kolonien zu bebandelz sind, gebung darin einzuführen sein würde, der bistorische Rückblick Stellung der Parteien zur Kolonialfrage Alles ist in der Rede des Herrn Führers der Centrumsparteci reassumirt worden, und er bat damit daselbe gethan, was er mir am Anfange seiner Rede Schuld gab, daß ich nâmlich das punctum saliens der Diskussion verschoben. Er hat die ganze Frage von ihrem Ausgangspunkte hin hoben auf eine all- gemeine Kolonialdebatte. Es bandelte si urfvrünglih gar niht um Kolonien, sondern es handelte sih darum, ob zwei französischen Geist- lichen gestattet werden solle, in Deutschland eine Misstonsschule zu m Widerspruch mit der bestehenden Gesetzgebung fonder une maison —, cine Schule kerzustellen, in der Missionare für die Kolonien erst auszubilden wären. In ( m, was ih Ihnen vor- gelesen babe, ist von den Kolonien imme sekundâr die Rede gewesen. Das Hauptpetitum bezog sich hierauf. Und zweitens handelte es fich um die Wahrheitsliebe der „Germania“ und um die Berichtiguna, welche dieselbe durh den Hrn. Minister von Boetticzer

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| soviel ih bemerkt habe, gar keine Rede; er rüber hinweggezangen ;

mit der ihm eigenthümlichen beredten Geschi ‘er die Dis-

f ein ganz anderes Thema überges{oben, auf dem man Vieles behaupten und Vieles bestreiten kann, was aber hier von mir gar nit behauptet oder nicht bestritten worden ift. Er hat auch daran erinnert, wie er mit der gleichen gescickten Beredtsamkeit wie heute früber für die Kolonialbestrebungen eingetreten ift, das beißt doch immer mit der Wirkung, daß die Kolonialbestrebungen nichts dabei gewannen.

Nach seinen Reden, na der beutigen wie nach denen im vorigen Jahre, ist gewiß Jedermann zweifelhaft geworden, ob s{ließlich der Herr Redner mit Entschiedenheit für das Eine oder für das Andere eintreten würde, und er bat eigentl cinen gewissen Sport darin gesucht, die Meinung darüber in Ungewißheit zu erhalten, wofür er nd \chbließlich entscheiden werde. Auch nach heutigen Rede wird, wer sie im not chen Berichte liest, niht {ließen fönnen, ob er für oder gegen die Kolonialbestrebungen sei. Er ist für Kolonien in feinem Sinne, gegen lonien im Allgemeinen. Gr hal gewarnt, exr warnt auch jet vor FIrrihümeru; und er hat für und gegen gesprochen, und nah Allem kann ih nur sagen, er hat mit großer Vorsicht gesprochen, wie er felbst sagt, aber unterstüßt hat er die koloniale Frage früber niht, und wir verlieren an der Ünterstüßung, die er hier heute geleistet hat, auh nichts. Er hat Anträge gestellt; hat er die aus Begeisterung für das Kolonial- pitem gestellt? Jch glaube kaum; das System ist zu neu, um irgend eine Begeisterung in einem so kühlen, klaren Kopfe zu be- wirken; er hat gerechnet mit dem Eindruck, den das auf ge wisse für Kolonien nun einmal enthustiastishe katholishe Wähler machen würde. Das ist in sciner Stellung ganz natürlich, er darf die Wäbler nicht gerade vor den Kopf stoßen, und er darf anderer- seits eigenen diesen kolonialen Irc- thümern und Begeisterungen ih niht geradezu hingeben. Da ift ibm eben eine Gabe der Beredsamkeit und des Räthfelaufgebens ver- lieben, wie, glaube id, keinem Anderen in diefer Versammlung. Es wird ibm das Keiner nachmachen; ih wenigstens bin durchaus un- fähig dazu.

Wenn ich rüctblickend Argumente wieder aufnehmen darf, so hat mich eins überrascht ich erinnere mich an die bekannte Stelle in der heiligen Schrift von und Pilatus, wie die einig wurden; ohne daß ih etwas Perfönliches damit verbinden will

- die Thatsate, daß die Autoritäten Windthorst und Virchow heut- zutage zusammenfallen in Bezug auf dieklimatischen Einwirkungen in den Kolonien. Es spricht sich das ganze Bündniß der prinzipiell entgegengeseßten Parteien, die wir in diesem Hause haben, der Centru névartei eigentlich doch der â unter uns und der fortschrittlichen

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äußersten Rechten Partei aufs Klarste aus in diefer auffälligen Uebereinstimmung der beiden Korvyvhäen dieser beiden entgegengesetßten Parteien in einer fret- li nur wissenschaftlichen Frage; aber es ist mir doch interessant und als Zeichen der Zeit möchte ih, daß von dieser U bereinftimmung mehr Akt genommen werde, als sonst vielleicht geshähe; ih fuche zu verbindern, daß sie in den Wogen der Diskussion verschwinde. - Der Herr Abgeordnete bat sich darauf berufen, daß Fricdrih der Große und Katharina den Nutzen der Jesuiten nicht verkannt hätten, daß ih das seitdem aber geändert hätte, daß die Prinzipien in Preußen andere geworden wären. Nun, ich bestreite das; ih behaupte, die Jesuiten haben sih geändert. (Heiterkeit im Centrum. Stimme : sint ut sgunt, aut non int! Heiterkeit.) S0 WIE Ne aunut, das will ih ihnen gleih sagen. Die Jesuiten stellen fich mit der Macht gleich. Friedri der Große war damals in Macht, er hatte nichts u befürchten, er war stark genug, um sich ihrer zu erwehren. Katharina war es noch viel mehr; die konnte, was sie an jesuitishen Schöpfun- gen bei sih duldete, mit einem Griffe ihrer Hand wieder vernichten. Die Jesuiten gingen mit ihr, weil fie die Macht hatte. Heut zu Tage haben die Monarchen und die Konservativen nicht mehr in dem Grade die Macht: die Jesuiten würden auch heute mit der Macht gehen und ih mit der Macht zu stellen suchen und zu stellen wissen, mit der Macht der Zukunft. :

Der Herr Vorredner hat gesagt, die Jesuiten wären die Klippe, an welcher die Sozialdemokratie \{heitern würde. In keiner Weise, das glaube ih nicht; die Jesuiten werden schließlich die Führer der Sozialdemokraten sein und ih halte es nicht für bewtesen, daß nit unter den beutigen Führern schon cinige fein können, die ihre MIeisungen ganz wo anders her als vom Papste empfangen, auch niht von dem Centrum der rothen Internationale, sondern von dem von beiden unabhängig stehenden Elemente des Jes suitencentrums. Ich halte das sehr leiht für mögli; jeden- falls gewärtige ich den Beweis des Gegentheils mit derselben Sicherheit, mit welcher der Herr Vorredner mir bestreitet, daß die Patres Weik und Stoffel Franzofen wären. Er sagt mir, es wäre das noch nit bewiesen. Ja, ich bestreite Alles, was der Herr Vorredner darüber irgend gesagt hat, und gewarttge den Beweis davon. Mit dem absoluten Königthum werden die Zesuiken 1mmer geben, mit dem absoluten Parlamentarismus au, mit der absoluten Demokratie aud. Sie werden immer fo \{chwimmen, daß sie dabei obenauf bleiben, und eine gewisse Macht, vielleicht eine reichlihe, mit ibrem stets steigenden Vermögen behalten. Ich würde mich freuen über die Parteinahme der Jesuiten für uns denn sie haben etnen feinen Instinkt für die Zukunft sie gäbe uns eine Anwart]chaft und die Hoffnung, daß die Grundsäße, die ih vertrete, in der Zukunft die Herrschaft haben werden. Die Jesuiten find feine Beobachter 1 \prehe mit Hochachtung von ihnen, sie sind eine Krast, eine Gewalt, der man seine Anerkennung nicht versagen kann. Jch leugne gar nicht, daß sie viel Versuchendes für ftreb]ame Gemüther haben, auch für solche, die an nichts glauben, die aber do als Machtinstrumente in resuitenorden ihr Unterkommen, ihre Verwendung durch überlegene Frâfte und Leute, die sie übersehen, auch vielleicht dur Leute, die von ibnen übersehen werden, stets finden. Es ist eben eine Versammlung, eine Vereinigung geshickter Leute für Zwecke weltlicher Herrschaft und mit großem Erfolg. Jch bin nie in meinem Leben Freimaurer ge- wesen, aber der Erfolg liegt ja heut zu Tage in der Association, namentlich in der geheimen Association, wo man Niemand ansehen fann, wer dazu gehört. Eine Association, die Geld hat, viel Geld hat, das ist eine Macht.

Der Herr Vorredner hat darüber geklagt, daß er und die Sei- nigen der Reichsfeindschaft verdächtigt wurden. Ich muß bestreiten, daß i irgend etwas Derartiges in meiner Rede angedeutet habe; ih möchte aber doch dem Herrn Vorredner empfehlen, {h des] Sprichworts zu erinnern: Sage mir, mit wem du umgehst, und ih will dir sagen, wer du bist. Wer sind denn die Herren, die mit ihm die Inter- vellation heute unterzeihnet haben? Es sind die Welfen, es sind die Polen. Halten Sie die Beiden für Reichsfreunde, für Freunde dieses Reiches? Ich will niht mit Sophismen streiten, aber Ihre

beiden Ihnen zur Seite stehenden Freundesparticien sind es ganz gewif