Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.
Dem ordentlichen Lehrer an der Königlichen akademischen Hochschule für Musik in Berlin, Musik-Direktor Alexander Dorn, ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
Justiz-Ministerium.
Dem Ober-Appellations-Rath Bergmann in Celle ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt. i Verseßt sind: der Amtsrichter Dr. Hoffmeister in Templin an das Amtsgeriht in Reppen, der Landrichter Dr. Haack in Koblenz an das Landgericht in Köln, der Staatsanwalt Dr. Herß\ch in Beuthen O.-Schl. nah Lyck, der Staatsanwalt Dyhrenfurth in Beuthen O.-Schl. nah Gleiwiß und der Staatsanwalt Rukser in Saarbrücken nah osen. ail Die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ist ertheilt : dem Amtsgerichts-Rath Hake in Bentheim, dem Amtsgerichts- Rath Schulz in Ratibor und dem Amtsgerichts-Rath Reh- feld in Schubin. / J «Fn der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: der Rechts- anwalt, Justiz-Rath Bech erer in Mühlhausen i. Th. bei dem Landgericht in Erfurt, der Rechtsanwalt Carl bei dem Land- eriht in Meiningen, der Rechtsanwalt, Justiz-Rath S eil er in Angermünde bei dem Landgericht in Prenzlau, der Rechts- anwalt Kalkowski bei dem Ober-Landesgericht in Posen und der Rechtsanwalt Dr. Gießing bei dem Amtsgericht in Ober- ausen. Ó R die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Gerichts-Assessor Donner bei dem Landgericht in Barten- stein und der Gerichts-Assessor Bierbaum bei dem Amts- gericht in Nienburg. s s i Dem Rechtsanwalt und Notar, Justiz-Rath Seiler in Angermünde is die nachgesuchte Entlassung als Notar ertheilt. Der Amtsgerihts-Rath Krebs in Marienburg und der Rechtsanwalt und Notar Tornow in Kulmsee sind gestorben.
BeranitmaGutng
Alle diejenigen jungen Männer, welche in cinem der zum Deutschen Reich gehörigen Staaten heimathsberechtigt und L 1) in dem Zeitraum von 1. Januar bis einschließlich 31, De- zember 1866 geboren sind, 2) dieses Alter beceits überschritten, aber sh noch nit bei _ einer Ersatzbehörde zur Musterung gestellt, 3) sih zwar gestellt, über ihr Militärverhältniß aber noch keine endgültige Entscheidung erhalten haben 1 x , und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz fich auf- halten, werden, soweit sie nicht von der persönlichen Gestellung in diesem Jahre entbunden sind, hierdurch auf Grund des S. 23 der Erfaßordnung vom 28. September 1875 angewiesen: :
: sich, behufs ihrer Aufnahme in die Rekrutirungs\stammrolle, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar d. J. bei dem Königlichen Polizei-Lieutenant ihres Reviers persönlich zu melden und ihre Geburts\cheine, sowie die etwaigen fonstigen Atteste, welche bereits ergangene Entscheidungen über ihr Militärverhältniß enthalten, mit zur Stelle zu bringen.
Für diejenigen hiesigen Militärpflichtigen, welche zur Zeit ab-
wesend sind (auf der Reise begriffene Handlungsdiener, auf See be- findlihe Seeleute 2c.), haben die Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot-
und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Art zu bewirken. |
Wer die vorgeschriebene Anmeldung versäumt, wird nah §. 33
des Reichs-Militärgeseßes vom 2, Mai 1874 mit einer Geldbuße bis |
zu 30 M, oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft.
Reklamationen sind gemäß §. 31 Nr. 1 der Ersakordnuag vor dem Musterungsgeschäft, oder bei Gelegenheit desselben anzubringen; später angebrachte Reklamationen werden nur dann berüsihtigt, wenn die Veranlassung zu denselben erst nach Beendigung des Musterungs- geschäfts entstanden ift. S
Berlin, den 10. Januar 1886.
Die Köntglichen Ersaßkommissionen der Aushebungsbezirke Berlin.
Bekanntmachungen auf Grund des Reichhsgeseßes vom 21. Okftober 1878.
Auf Grund des §. 12 des Reichsgesebes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oftober 1878 (R.-G.-Bl. S. 351) wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das in der Druckerei des „Przedswit“ zu Genf gedruckte Flugblatt mit der Ueber- Ir: „Do Ludu Pracujacego“ (An das arbeitende Volk) nah §. 11 des gedachten Gesetzes durch die unter- zeichnete Landes-Polizeibehörde verboten worden ist.
Posen, den 7 Januar 1886.
Königliche Regierung, Abtheilung des Jnnern. Gaebel.
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Armee.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 5. Januar. v. Hartung, Hauptm. à la euite des Inf. Regts. Nr. 47, unter Entbindung von dem Kommando als Adjut. bei der 15. Inf. Brig.,, als Comp. Chef in das Inf. Negt. Nr. 93 verseßt. Arent, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 22, unter Beförderung zum Pr. Lt. und Stellung à la suite des Inf. Regts. Nr. 14, als Adjutant zur 15. Infanterie-Brigade koinmandirt. Münter, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 78, in das Inf. Regt. Nr. 131 verseßt. Frhr. v. Bleul, Hauptm. und Comp. Chef vom 4. Garde-Gren. Regt., à la suite dieses Regts. gestellt. v. Gerstein-Hohen stein 11, Hauptm. vom 4. Garde-Gren. Regt., zum Comp. Chef ernannt. Sixt v. Armin, Pr. Lt. aggreg. dem 4. Garde-Gren. Regt., unter Belassung in seinem Kommando zur Dienstleistung bei dem Grofecn Generalstabe, in das Negt. ein- rangirt.
S ledobewilltiaunaën. Im aktiven Heere. Berlin, 9. Januar. Cramer, Sec. Lt. vom Inf. Negt. Nr. 17, mit Pension, v. Below, Sec. Li. vom Inf. Negt. Nr. 44, mit Pension, der Ab- schied bewilligt.
Herzoglich Braunschweigisches Kontingent.
1. Januar. Ernst, Sec. Lt. von der Kav. des 1. Bats. Landw. Negts. Nr. 92, Dr. Clemens, Stabsarzt der Landw. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 92, der erbetene Abschied bewilligt.
Nichtamtliches. Deutsches Rei ch.
Preußen. Berlin, 9. Januar. Se. Majestät de Kaiser und König hörten heute den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, General-Lieutenants von Albedyll.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Mittag 12 Uhr militärishe Mel- dungen entgegen. G , : :
Abends 7 Uhr fand im Kronprinzlichen Palais ein größeres Diner von 24 Gedecken statt, an welches sich um 9 Uhr eine Soirée anschloß.
— Die Schreiben, mit welhen Jhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin die Neujahrs-Glückwunsch-Adressen des Magistrats und der Stadtverordneten von Ber- lin beantwortet haben, lauten :
Ich danke dem Magistrat vielmals für die Mir und den Mei- nigen zum Jahreswehsel dargebrahten Glückwünsche, wie für die gleihzeitige Versicherung feiner treuen und anhänglihen Gesinnung. Einen Mir besonders werthvollen Ausdruck hat dieselbe in den Worten gefunden, mit welchen der Magistrat des nahenden Tages gedenkt, den alle deutschen Lande als ein hohes nationales Fest in voller Würdigung dessen zu feiern gewillt sind, was unser Volk der ruhm- vollen und gesegneten Regierung seines vielgeliebten Kaisers \{uldet. Das erhebende Bewußtsein, sich mit der gesammten Nation Eins zu wissen in der Verehrung und Liebe zum Monarchen, erfüllt das Herz des Sohnes mit warmem Dank gegen Gott. Auch kann Ich Mir bei diesem Anlaß die Freude nicht versagen, der städtischen Verwaltung erneut Meine Anerkennung für die umsihtige und unermüdliche Fürsorge auszusprehen, welce sie der Förderung der so vielseitigen Interessen des Berliner Gemeinwesens mit unverkennbarem Erfolge widmet. Dem Rückblick auf die während der letzten Dezennien stetig fortschreitende Entwickelung Berlins entnehme Ich die zuversicht- liche Hoffnung, daß sich das beginnende Jahr für das Wohl der Hauptstadt und ihrer Einwohner als ein nicht minder glücklihes und segensreihes erweisen werde.
Berlin, den 1. Januar 1886.
Friedrih Wilhelm, Kronyrinz.
Die Stadtverordneten haben Mich in diesem Jahre tur ihren freundlihen Gruß zum ersten Januar wie dur die gleichzeitige Ver- sicherung ihrec theilnehmenden und anhänglichen Gesinnung für Mich und die Kronprinzessin, Meine Gemahlin, aufri{tigst erfreut. Jch erwidere diese Kundgebung mik vielem Danke wie den besten Wünschen für die zunehmende Wohlfahrt der Bürgerschaft, an deren Ergehen Ich nah wie vor den lebhaftesten Antheil nehme.
Berlin, den 1. Januar 1886.
Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
Ich danke dem Magistrat aufrichtig für die freundlihen Ge- sinnungen, welhe Mir derselbe bei Beginn des neuen Jahres aus- gesprohen hat. Gern benuße Jch diesen Anlaß, um der Hoffnung Raum zu geben, daß auch dieses Jahr die Wünsche erfüllen möge, die Ich in herzlicher Theilnahme für das Gedeihen der Hauptstadt und ihrer Bewohner hege.
Berlin, den 4. Januar 1886. | Victoria, Kronprinze'sin.
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— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen hielten heute eine Sißung.
— n der gestrigen (20.) Sizung des Reichstages wurde zunächst dem Andenken des am 27. v. M. verstorbenen Abgeordneten für den 2. hannoverischen Wahlkreis, Vissering, die übliche Ehre erwiesen.
Hierauf theilte der Präsident mit, daß der Geseßentwurf, betreffend die Besteuerung des Zuckers, am 24. v. M., und am 8. d. M. eine Denkschrift, betreffend die Ausführung der feit 1875 erlassenen Anleihegeseße, sowie eine Nachweisung der Einnahmen und Ausgaben der Wahlkonsulate des Deutschen Reichs eingegangen seien. Der Abg. Ebert (19. Wahlkreis des Königreichs Sachsen) habe sein Mandat niedergelegt.
Der Gesebßentwurf, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts und des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen für das Etatsjahr 1885/86 wurde ohne Diskussion in dritter Berathung unverändert an- genommen, worauf die Wahlprüfungskommission eine Reihe mündlicher Berichte erstattete. Die beiden Berichte, welche die Gültigkeit der Wahl der Abgg. Bor- mann und Gottburgsen beantragen, wurden für diese Sißzung abgeseßt, die | erledigt: für gültig erklärt wurden die Wahlen Abgg. von Osten, Schenck, Hänel und Gebhard, und in Betreff der Wahlen der Abgg. Buderus und Ulrich wurde an- erkannt, daß dem Beschluß des Hauses, Ermittelungen über gewisse Vorkommnisse bei den übrigens für gültig erklärten Wahlen anzustellen, genügt worden sei.
Eine längere Debatte knüpfte sich an das Referat des
Abg. Liebknecht über die Wahl des Abg. Dr, Hänel. Er hatte erwähnt, daß die Polizeibehörden vielfach sozialdemokratische Wehlflugblätter von ganz M Jnhalt verboten, Wahlversammlungen von vornherein inhibirt oder auf- elöst hätten, und er hatte nehrsach in der ersten Person ge- prochen. Schließlih hatte er den Antrag der Kommission auf Gültigkeitserklärung unter Hinweis darauf, daß die Kom- mission die bei der Wahl vorgekommenen Ungesezlichkeiten nicht für fo erheblih gehalten habe, daß sie die Ungültigkeit der Wabl bewirken könnten, zur Annahme empfohlen.
Dcr Abg. von Köller meinte, wenn der Referent in seinen Ausführungen mehrfach von „unserer Partei“ gesprochen habe, so lege er (Redner) Verwahrung dagegen ein, als ob diese Säye etwa die Ansicht der Mehrheit der Wahlprüfungs- kommission wiedergegeben hätten. Ebensowenig entsprächen ihr die Bemerkungen des Referenten in Bezug auf das Verbot sozialdemokratisher Versammlungen.
Der Abg. Francke bemerkte, der Abg. Liebkneht habe von einem Flugblatt gesprochen, welches verboten rwoorden sei, obgleih sein Fnhalt ein ganz unverfänglicher gewesen sei. Der Kommission habe es niht vorgelegen, sie kenne es nicht, und das Urtheil des Abg. Liebkneht über dasselbe sei nicht das Urtheil der Kommission gewesen. Uebrigens meine er, daß, wenn der eigens zu Entscheidungen auf Grund des Sozialistengeseßes eingesetßte U Gerichtshof sein Urtheil dahin abgebe, das Flugblatt sei zu konfisziren, daß dann nicht nur die Polizei gehalten sei, dies auszuführen, sondern es sei dann auch für den Reichstag entschieden, daf;
übrigen mit folgendem Resultat - der |
das Blatt einen verbotenen Jnhalt habe. Deshalb protestire er um so mehr gegen die Behauptung des Abg. Liebknecht : das Flugblatt sei unschuldig. é
Der Abg. Rickert erklärte, er habe den Kommissionsver- handlungen nicht beigewohnt ; jedoch habe bisher die Majorität des Hauses stets gemeint, daß ein Eingriff der Polizeibehör- den in die Ausübung des Wahlrechts der Sozialdemokraten die Wahl selbst ungültig mahe. Man müsse jedenfalls um so peinlicher das Wahlrecht der Sozialdemokraten wahren, je shwerer das Ausnahmegeseß auf ihnen laste. Er konstatire daher im Gegensaß zum Abg. von Köller, daß, wenn der Referent das Verbot sozialdemokratischer Wahlversammlungen für unzulässig erkläre, seine (des Redners) Partei, und er glaube, auch die Mehrheit des Hauses, dem Referenten in dieser Ansicht völlig beitrete.
Der Abg. von Köller betonte, er habe nur allgemein gegen einige Ausführungen des Referenten Verwahrung ein- gelegt und die spezielle Frage des Verbots von Versammlun- gen gar nicht berührt. Er wisse daher niht, was den Abg. Rickert veranlasse, das Wort zu nehmen.
Der Abg. Rickert sprach sich dahin aus: Da der steno- graphische Bericht noch nit vorliege, habe es der Abg. von Köller sehr leicht, zu bestreiten, daß er von den Versammlungs- verboten gesprochen habe. Nicht nur er (Redner), sondern seine ganze Umgebung, glaube aber deutlich gehört zu haben, daß der Abg. von Köller in seinen Ausführungen augenscheinlih bemüht gewesen sei, die Majorität der Kommission etwas von ihrem früheren Standpunkte zu entfernen. Uebrigens mache sich der Staatssekretär des Jnnern leider die Behandlung geseyz- widriger polizeilicher Wahlbeeinflussungen ebenfalls recht be- quem; er gebe die Sachen einfah an den Minister von Putt- kamer ab, obwohl doch das Reichsamt des Jnnern gérade verpflihtet wäre, auf strenge Jnnehaltung der Geseze von Reichswegen zu halten.
Hierauf entgegnete der Staats-Minister von Boetticher : Jhm sei der Fall, in dem er nah den Worten des Abg. Rickert eine Beschwerde in Betreff Beschränkung der Wahl- freiheit an den Minister von Puttkamer abgegeben haben solle, niht gegenwärtig. Wenn dieselbe vorgekommen sei, so werde es daran gelegen haben, daß die Entscheidung der nächstbetheiligten Landesinstanz noch nicht ergangen gewesen jei. Er könne doch vorher unmöglich eine Entscheidung treffen, che er niht eine Aeußerung derselben darüber habe, ob und aus mwelhen Gründen die Maßregel getroffen sei. So sei der Geschäftsgang und müsse unter allen Umständen auch so aufrecht erhalten werden. Es sei absolut unthunlih, von oben herab ohne Kenntnif: der Thatsachen, ohne Aeußerung einer Behörde eine Entscheidung zu treffen, die theoretish vielleiht richtig sei, aber der prafktishen Be- gründung entbehre, weil etwa irgend ein Umstand vorliege, der die Entscheidung ungerechtfertigt erscheinen lasse.
Der Abg. von Köller ertlärte, er habe weiter nichts ge- sagt, als daß der Abg. Liebknecht verschiedene Grundsäße auf- gestellt habe, denen seine (des Redners) Partei nicht beistimmen ¿ónne. Der Abg. Nickert habe Fälle ‘besprochen, die gar nicht hierher gehörten.
s Darauf wucde die Wahl des Abg. Dr. Hänel für gültig erklärt.
„Fn Betreff der Wahl des Abg. von Wurmb beantragte die Kommission, den Reichskanzler unter Rückgabe der Wahl- akien zu erfuchen, den früheren Beschluß des Reichstages in Bezug auf einen noch niht genügend erledigten Punkt zur Ausführung zu bringen.
Der Antrag der Kommission wurde angenommen.
Es folgte die zweite Berathung des Etats der Verwaltung der Neichs-Eisenbahnen.
Der Referent Abg. Schrader empfahl die unveränderte Bewilligung ver geforderten Ausgaben, speziell der Mehr- ausç,aben von 44025 s für das Kassen- und Bureau- personal, von 45496 M für das Stations-, Strecken- und Tele2graphenpersonal und 304 250 M4 zur Aufbesserung der Geälter der Hülfskräfte im Weichenstell- und Zugdienst.
Das Ordinarium wurde ohne weitere Debatte bewilligt.
Im Extraordinarium wurden 1 380 790 M zum Ausbau «tines zweiten Geleises zwischen den Stationen Saaralben und Berthelmingen verlangt.
Der Abg. Zorn von Bulach richtete eine Anfrage an die Reichs-Eisenbahnverwaltung; es handele sich nämlih um den Ausbau einer kleinen Bahn, die schon seit 1876 in das Breuschthal hinauf von Mutig bis nah RNothau geführt wor- den sei und jeßt weiter geführt werden solle bis nach Sales. Der Landesausshuß von Elsaß-Lothringen habe {hon seit einigen Fahren den Wunsch ausgesprohen, es möge Seitens des Reichs etwas beigesteuert werden, damit die Bchn bis in den französischen Theil des Landes aus- gebaut werde. Bis jezt habe die Reichsregierung nicht für gut gehalten, dem Wunsche des Landesausschusses entgegen zu kommen, und er glaube, es wäre ganz richtig, wenn diese Bam vom Reiche weiter ausgebaut würde. Érstens würde es öfonomish richtig sein, den Theil der Bevölkerung, der ausschließlich sranzösisch sprehe, der früher dem Vogesen - Departement angehört habe, mit dem Elsaß zu ver: binden. Politisch würde dadurch den Leuten bewiescn werden, daß man einen großen Werth darauf lege, sie durch diese Verbindung an Elsaß anzuschließen, was bis jeßt nicht der Fall sei, weil sie 16 bis 18 km von der Bahn entfernt seien. Es sei immer entgegengehalten worden, das Reich könne die Bahn nicht weiter ausbauen, weil sie zu wenig eintragen würde. Elsaß-Lothringen habe seit 1870 über 12 Millionen Mark für den Ausbau der verschiedenen Bahnen durch das Reich bewilligt, und Elsaß-Lothringen habe jedes Eigenthumsreht auf die Bahnen dem Reich abgetreten. iese Bewilligungen seien à fonds perdu erfolgt. Die Elsaß- Lothringishen Bahnen verzinsten ih beinahe mit 4 Prozent, und seine Partei könne das Argu- ment der Reichsbahnverwaltung nicht anerkennen, die Verzinsung sei zu gering. Die Ausgabe, die für die Ver- längerung dieser kleinen Bahn verlangt werde, sei nichk eine so beträchtliche, daß dadurch die Verzinsung der Gesammthbahnen in Elsaß-Lothringen eine Einbuße erleiden würde. Das Laud Elsaß-Lothringen würde zu dem Ausbau dieser Bahn auch wieder beitragen, und es bestehe der allgemeine Wunsch, daß diese Bahn endlih vom Reich ausgebaut werden möge. Es sei Schuld und Pflicht, daß dieser Landestheil, der ganz ab- geschlossen liege, der seine Beziehungen noch nah Frankreich habe, auch mit Elsaß-Lothringen verbunden werde, und des- halb frage er die Reichsverwaltung, wie sie in Bezug auf den Ausbau dieser Bahn gesonnen sei.
Der Regierungs-Kommissarius, Wirkl. Geheime Ober- Regierungs - Rath Kinel bezweifelte, ob es zweckmäßig
s eR T R T RE N S: r per “T E RE H: Toi
R E 20e
"vementen nur einen
F 3. November v. J.
E hängung solcher Strafen
sei, eine derartige Frage hier e alle Unterlage zum Austrag zu bringen. Es handele sich um die Ver- längerung einer Bahn, zu der das Haus die Geld- mittel bewilligt habe, weil gewisse Verpflihtungen aus der französishen Zeit übernommen gewesen seien, und diese Ver- pflihtungen seien vollständig erfüllt. egt wünsche man die Verlängerung einer Bahnstrede bis zur Wasserscheide, also keineswegs in einer vollständig abge- {lossenen Gegend, nämlich von Rothau nach Sales. Die Verhandlungen zwischen der Statthaltershaft und dem Reichsamt für die Verwaltung der Reichs-Eisenbahnen über diesen Punkt seien noch nicht abgeschlossen. Die Regierung habe sich nah wie vor bereit erklärt, diese Bahn, wie auch andere, die ausgeführt worden seien, unter der Vorausseßung zur Ausführung zu bringen, daß ihr das Baukapital bewilligt werde, daß sie den Bau leite, daß sie die Bahn mit Betriebs- mitteln ausrüste und den Betrieb auf ihre eigene Rechnung führe. Jm vorliegenden Falle würde die Ausrüstung der Bahn 120000 f. fosten, und nah den angestellten Berech- nungen das Betriebsdefizit jährlih gegen 20000 A. betragen. Es dürfte also ein weitgehendes Entgegenkommen sein, wenn sih die Regierung dazu verstehe und die Genehmigung dazu dann später nachsuche. :
Darauf wurde das gesammte Extraordinarium ohne weitere Debatte bewilligt, desgleichen die Einnahmen des Neichs-Eisenbahn-Etats.
Die Tagesordnung war damit erschöpft.
Um 4 Uhr vertagte sih das Haus auf Sonnabend 2 Uhr.
— Jn der heutigen (21) Sißung des Reichs- tages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats- Minister von Boetticher, sowie mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß an Vorlagen ein Geset- entwurf, betr. die Unfallversicherung der in land- und forst- wirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter, eingegangen sei.
Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand die Berathung des Antrages von Ber- nuth, betreffend die künftige geshäftlihe Behand- lung der zum Neichshaushalts-Etat gestellten R e- solutionen, war.
Nach einer kurzen Begründung des Antrages durch den Antragsteller wurde derselbe ohne Debatte an die Geschäfts- ordnungstommission verwiesen.
Es folgte die erste Berathung des Entwurfs eines eßes, betreffend die Herstellung eines Nord- ee-Kanals.
Bei Schluß des Blattes spra der Abg. Brömel.
— Als Glücksspiel im Sinne des 8. 285 ves Straf- geseßbuchs is nah einem Urtheil des Reichsgerichts, |V. Strafsenats, vom 3. November v. J. ein Spiel anzu- sehen, dessen Ausgang für den Spieler wesentlich vom Zufall abhängt und welches um einen an sich niht geringfügigen Vermögenswerth stattfindet, gleichviel ob die Gewinnchance für die betheiligten Spieler in Hinsicht auf ihre Vermögens- verhältnisse von Bedeutung ist oder nicht. „Der Begriff eines Glüctsspiels im Sinne des §8. 285 Str.-G.-B. seßt nicht voraus, daß das Spiel des Gewinnes wegen statt- findet; auch ein nur zur Unterhaltung veranstaltetes Spiel is bei dem Vorhandensein der fonstigen Voraus- sezungen als ein Slücfsspiel im Sinne des §. 285 Str.-G.-B. anzusehen. Ferner ist zwar anzuerkennen, daß der Begriff des Glücksspiels vorausseßt, daß das Spiel um einen Vermögens- werth siattfinde, aber Spiele, bei denen es \ih um gewisse Gegenstände von geringfügigem Werth handel“, können nach allgemeiner, gesellschaftliher Anschauung nicht als solche an- gesehen werden, bei denen überhaupt ein Vermögenswerth in Frage kommt, daher fallen solche Spiele nicht unter den Begriff deë (Slücksspiels im Sinne des Strafgeseßbuchs.“
— Dem Kreise Oels, welcher den Bau von Ch ausseen 1) von Oels über Groß-E llguth nah Kaltvorwerk, 2) von Huudsfeld über Groß-Weig elsdorf, Dörndorf, Klein-Oels nach Kaltvorwerk zum Anschluß an die erstgenannte Chaussee mit einer Abzweigung von Klein-Oels nah Raake zum Anschluß an die Kreischaussee von Raake nah Bohrau, 3) von Oels über Wiesegrade, Allerheiligen, Grüttenberg, Schmoltschüg nach Stronn, 4) von Oels über Jenkwig, Döberle, Gutwohne und Jacfshönau bis zur Trebnißzer Kreisgrenze, und 9) von Juliusburg über Lakunmme nach Bahnhof Groß-Graben zum Anschluß an die Chaussee von Groß-Graben nach FFesten- berg beschlossen hat, is: durch Allerhöchste Ordre vom 7. De- zember v. F. das Cnteignungsrecht für die zu diesen Chausseen erforderlichen Grundstücke, ebenso gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßiaen Unterhaltung der Straßen das Recht zur Erhebung des Cha usseegeldes nah den Bestimmungen des Chausscegeldtarifs Februar
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vom 29. 1840 einschließlih der in demselben enthaltenen Bestimmungeiu über die Befreiungen sowie der sonstigen, die Erhebung be- treffenden zusäßlihen Vorschriften — änderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestimmungen — verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeldtarif vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimm:.1ngen wegen der Chaussee-Polizeivergehen auf die gedahten Straßen zur Anwendung kommen.
— Nach §. 4 Abs. 2 des Geseßes vom 3. Juli 1883, betreffend die Abwehr und Unterdrückung der Neblauskrank- heit, ist es untersagt, bewurzelte Neben in einen Wein- baubezirk zu versenden und einzuführen. Gegen diejes Verbot werden fortgeseßt zahlreihe Zuwiderhandlungen begangen, und es erhellt hieraus, daß die Neigung, dasselbe zu übertreten, „ine weit verbreitete ist. Die leßtere findet an- ]Welnend eine gewisse Unterstüßung in dem Umstande, daß die gemäß S. 12 des citirten Gesetzes zu verhängenden Strafen oftmals fo niedrig bemessen werden, daß sie für den Kontra- zu en unerheblihen Aufschlag zu den Einkaufs- und Transportkosten darstellen. Bei der großen Gefahr, welche mit dem Transport bewurzelter Reben verbunden ist. erscheint es dem Justiz-Minister durchaus nothwendig, durch Verhängung strenger Strafen dem Verbot den erforderlichen Nachdruck zu goben, um seine Wirksamkeit zu sihern. Der Minister hat es doher in einer allgemeinen Verfügung vom für die Pflicht der Amtsanwälte erachtet lassen, durch ihre Anträge auf die Ver- i tra hinzuwirken und gegen Urtheile, welche eine der Gefährlichkeit der Uebertretung nicht ‘ent- ]prechende Strafe festsezen, das Rechtsmittel der Berufung zu ergreifen.
Der Minister des Jnnern und der Minister für Land-
und sie anweisen
vorbehaltlich der Ab- |
wirthschaft haben unterm 9. Dezember v. J. diesen Erlaß des Justiz-Ministers den Ober-Präsidenten 2c. mitgetheilt und dabei bemerkt, daß nah den hierüber vorliegenden Nachrichten namentlich auch von Seiten der Polizeibehörden bei Bestrafung von Uebertretungen des 8. 4 al. 2 des Reichs- geseßes vom 3. Juli 1883, betreffend die Abwehr und Unter- drückung der Re lausfranfheit, bisher über das geseßlih zu- lässige Strafminimum fast niemals erheblih hinaus- gegangen worden se. Es erscheine geboten, die genannten Behörden auf die Nothwendigkeit einer weit nahdrücklicheren Durchführung der fraglihen Strafbestimmung und mit Bezug auf §. 1 des Geseßes vom 23. April 1883 resp. S. 9 der dazu ergangenen Anweisung vom 3. Funi 1883 ins- besondere auch darauf ausdrücklich inzuweisen, daß sie in allen betreffenden Fällen, in welchen das für polizeiliche Straffestseßungen geseßlich offenstehende Strafmarimum niht ausreihend erscheine, die Verfolgung der vorliegenden Uebertretungen den zuständigen Amtsanmwaltschaften zu über- lassen haben.
__— Der gleichzeitig mit der Leitung der gesandtschast- lihen Geschäfte in Darmstadt betraute Königlic)e Gesandte am Großherzoglih badischen Hofe, von Eisendecher, ist vom Urlaub nach Karlsruhe zurügekehrt und hat seine Funk- tionen wieder übernommen.
—- Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kaiserliche Unter-Staatssekretär im Ministerium für Elsaß-Lothringen,
Dr. von Mayr, ist von hier abgereist.
Sachsen. Dresden, 8. Januar. (Dr. I) Die ¡weite Kammer bewilligte heute die in dem außerordent- lichen Staatshaushalts-Etat für bauliche Anlagen auf den Bahnhöfen zu Werdau, Neumark und Schönberg gefor- derten Summen und verwies daë Königliche Dekret, betreffend die Erbauung von Sekundär-Eisenbahnen Meuse l- wiß—Kierißsch und Buchholz—Schwarzenberg mit Zweigbahnen, nah kurzer Delkatte, in welher Sekretär Aknert dem erstgenannten Proje‘te im Jnteresse der Gasch- wi - Meuselwißzer Eisenbahn entschieden widersprach, an die Zweite Finanz - Deputation. — Zum Schluß beschäf- tigle sih die Kammer mit der allgemeinen Vorberathung eines von dem Abg. Bebel und Genossen eingebrahten An- trages, dahin gehend, die Erhebung von Schulgeld und von besonderen Schulauflagen aufzuheben, den Schulgemeinden zur Unterhaltung der Volksschulen einen hen mindeitens 8 Millionen Mark aus weisen, in den Volksschulen einheitlihe Lehrbücher für das ganze Land einzuführen und die Lehrmittel an die Schüler unentgeltlih zu verabfolgen. Nach längerer Diskussion, in welcher, außer dem Antragsteller, kein Redner sih für den Antrag erklärte, lehnte die Kammer jede weitere geschäftliche Behandlung des Antrages ab. i
— 8. Zanuar. (W. T. B.) der Zweiten Kammer
N
Die Finanz-Deputation i beantragte die Bewilligung von 2480 000 s zum Bau einer Eisenbahn von Stoll- berg nah Zwönißz, von 721 436 / zum Bau einer solchen von Mügeln nah Trebsen und von 2173000 1( zum Bau einer solchen von Leipzig nach Plagwißt :
_ Vaden. Karlszruhe, 7. Januar. (Karlsr. 2tg.) Der Erbgroßherzog ist am Dienstag Abend von Berlin ab- gereist und am Mittwoch mit der Erbgroßherzogin in Frankfurt a. M. zusammengetroffen, von wo aus Thre König- lichen Hoheiten gemeinsam nach Freiburg weiter reisten und Abends dort eintrafen. Das Vefinden der Erbgroßher- zogin hat sich wesentlih gebessert.
Defterreich-Uugarn. Wien, 8. Januar. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Mittag den gestern Abend von Berlin hierher zurückgekehrten General Baron K oller in längerer Audienz.
Q De Landtage, deren Session vor Weihnachten niht zum Abschluß gebracht wurde, sind nun wieder in voller Thätigkeit. Gestern waren die Landesvertre- tungen von Nieder-Oefsterre ich, Ober-ODesterreich, Salzburg, Kärnten und Böhmen versammelt. Der ntetermärkische und der Tiroler Landtag nchmen heute ihre Verhandlungen wieder auf.
___— 9. Januar. (W. T. B.) Jun einer gestern unter dem Vorsiß des Kaisers stattgehabten gemeinsamen Minister - Konferenz wurde konstatirt, daß bezüglich der Ausgleichs-A ngelegenheiten eine Verstän- digung erzielt ist, und beschlossen, über die noch un- erledigten Punkte, in Betreff deren eine Vernehmung der Experten notywendig ist, chriftlih zu verhandeln. Das Zoll: und Handelsbündniß wird mit wenigen Modifi- tationen aufrehtcrhalten. Gutem Vernehmen nah beab- sichtigen die beiderseitigen _ Regierungen, nach erfolgter Verständigung über die {webenden Punkte, die resp. geseßgebenden Körperschaften aufzufordern, behufs einer Vereinbarung über die Beitragsquote Regnikolardeputationen zu entsenden und denselben gleichzeitig alle den Ausgleich betreffenden Geseßentwürfe zu unterbreiten. Ferner wurde beschlossen, auch die Verhandlungen wegen eines Handels- vertrages mit Rumänien wieder aufzunehmen. Die Verhand- lungen bezüglih Erneuerung des Subventionsvertrages mit dem österreichish-ungarischen Lloyd sind für später in Aussicht genommen.
Belgien. Brüssel, 8. Januar. (W. T. B.) Der Senat hat bei der heute fortgeseßten Berathung des Geseßt- entwurfs über den Schuß des künstlerishen Eigen- thums ein Amendement angenommen, wonach Tele- gramme und FJnformationen der Journale nicht ohne Angabe der Quelle reproduzirt werden dürfen. :
Grofzbritanuien und Jrland. London, 7. Januar. (Allg. Corr.) Wie die Führer der ministeriellen Partei im Parlament, so haben jeßt au die Chefs der Opposition, Lord Granville und Mr. Gladstone, ihre Partei- genossen eingeladen, sich anläßlih der Sprecherwahl am 12. d. und der Adreß-Debatte einzufinden. Wie verlautet, liegt es gegenwärtig nicht in der Absicht der Führer der liberalen Partei, ein Amende- ment zu der Antwort-Adresse auf die Thronrede zu beantragen. Dieser Entschluß wird indeß einen Meinungsausdruck über die irishe Politik der Re- gterung Seitens der Oppositionsführer während der Adreß-Debatte nicht ausschließen, und man erwartet, Gladstone werde sih der Gelegenheit bedienen, um seine
jährlichen Beitrag von der Staatskasse zu über- |
am 21. d. auf ihren Pläßen |
Anschauungen über die Frage in allgemeinen Ausdrücken zu erklären. Es scheint somit, daß die Adreß-Debatte auf alle Fälle gefahrlos für die Regierung verlaufen wird. Doch ist späterhin ein offener Bruch zwishen den Parnelliten und der Regierung mit jeinen weittragenden Folgen nicht ausgeschlossen.
Ín der ganzen Provinz Ulster sind Meetings an- beraumt, um in sehr deutlihen Ausdrücken jeden Versuh von Home Nule oder eine Trennung der Union zu verwerfen. Fn der Ulster-Halle zu Belfast soll am 18. d. eine große Kundgebung stattfinden, welcher repräfentative Loyalisten aus allen Theilen Jrlands anwohnen werden.
Aus Mandalay wird der „Times“ unterm 2. d. ge- meldet :
Innerbalb eines Umfkreises von 20 Meilen von Mandalay stehen, ciner ungefähren Schäßung nach, 10 000 bewaffnete Freibeuter. Alompra Prinz Byantein, Mindonmins Sohn, hat 300) Mann in dem südöst- lich gelegenen Distrikt Paleik unter seinem Befehle. Die Bevölkerung des Distrikts erkennt ibu als König an; er bat Minifter, erläßt Königliche Verordnungen und treibt Steuern ein. Beträchhtliche Schaaren Be- wasfneter find au im Nordosten und Osten versammelt. Mandalay ist mit einem allgemeinen Angriff bedroht, und es ift Grund für die Befürchtung vorhanden, daß die Bewegung durch eine Meuterei in der Stadt unterstüßt werden dürfte. General White der englische Truppenbefehlshaber in Mandalay, hat cinem Angriffe durch cine Reihe wobl erfonnener Bewegungen vorgebeugt. Ein großer Frei- beuterhaufen bedroht Mahdia, das für uns von einem loyalen Wun gebalten wird. Eine Kolonne unter Kapitän Dorwood bra bcute auf, um Mahdia zu entseßen, und von dort marschirt sie na dem nordöstlich gelegenen Dorf Kangia, wo das Gros der Insurgenten stationirt it. iese Kolonne s{üußt Mandalay im Nordosten. Morgen marschirt eine weitere Kolonne, unter Oberst Budgan, na Yankintung, um eine dort versammelte Insurgentenschaar zu zerstreuen; sie wird Man- dalay im Norden decken. Eine dritte Kolonne marschirt morgen unter Major Collins vom Nordthor von Mandalay ab. Am Morgen des 3 wird fe das Dorf Kangia gleichzeitig mit den anderen beiden Kolennen angreifen, wo ein entscheidendes Treffen erwartet wird.
_ Unterm 4. d. erhielt dasselbe Blatt folgenden telegraphi- chen Bericht: 4
Die Streitkräfte unter den rebellischen Prinzen nehwen an Stärke zu. Wie verlautet, plündern ihre Truppen nicht ferner die Dörfer, woraus erbellt, daß sih die Bewegung aus ciner Straßenräuberei in eine Insurrektion entwielt. Prinz Hteitsin, der Sobn des verstorbenen „Kriegsprinzen“, der sich als König proklamirt hat, stebt in Ta bain,imNord- often von Mandalay. Eine Abtheilung seiner Truppen, unter dem Befehl seines jüngeren Bruders, foll Tsagain, 7 Meilen südöstlih von Mandalay, bedrohen. Von einer anderen Abtheilung der Truppen Hteitsin's erwartet man, sie werde den JIrawaddy im Norden von Mandalay überschreiten, um die Stadt vom Nordmn-csien ¿u bedrohen. Der Alompra-Prinz, ein Sohn des verstorbenen Königs, befindet si nohch immer in den Shan-Bergen.
Kapstadt, 5. Januar. (Allg. Corr.) Jn Ovambo- land, nördlich von Damaraland, ist eine neue Republik unter dem Namen „Upingtonta“ hergestellt worden. Das Territorium 1st den Eingeborenen abgekaust worden, und ein- wandertiden Europäern wird Land als freie Schenkung zuge- wiejen werden. Die gegenwärtigen Bodenbesitßer suchen die Herstellung einer Kolonialverwaltung nach.
C Ge, QUa Cor) Die Meldung von der Her- stellung einer neuen Republik, Namens Upingtonia, in Ovambo- land, hat amtliche Bestätigung gefunden.
__ Frankreich. Paris, 7. Januar. (Fr. Corr.) Ueber die Ernennung der Unter-Sta atssekretäre ist noch nichts Bestimmtes entschieden. Das Charakteristischste an dem neuen Kabinet dürfte sein, daß die Oppo rtunisten oder Ferry'’sten keine Vertretung darin gefunden haben; das Ministerium ist vielmehr vollständig aus Mitgliedern der gemäßigten Union démocratiqne und der radikalen Linken zusammengeseßt, also in auffallend analoger Weise wie jenes Kabinet, welches Herr 9e ereycinet nach dem Sturz des Ministeriums Gambetta Ende Januar 188 bildete. Der Kriegs-Minister, General Voulanger, bekannt durch den Konflikt, den er als Comman- dant des Dffupations-Corps in Tunis mit dem Minister- Residenten Cambon hatte, gilt für einen intimen Freund und Vertreter Des Hrn. Clémenceau. Die Radikalen, sowohl die Gruppe Floquet wie die Partisane Clémenceau’s, werden wahrscheinlich mit der Zusammenseßung des neuen Kabinets ¿Freycinet zufrieden sein. :
— 8. „Januar. (Köln. Ztg.) Fast die gesammte radi- kale Presse nimmt das neue Kabinet gut auf; Clémenceau wünscht ihm in der „Justice“ ein langes, glück- liches Leben: Das Kabinet sei ein wirklihes Ministerium der Versöhnung; es komme jeßt darauf an, daß es sein Pro- gramm mit der durch seine Zusammenseßung gegebenen neuen Lage in Einklang bringe; kurz, das neue Kabinet lasse si gut an; die Minister möchten nun tavfer ans Werk gehen.
M Januar. (W. T. B.) Der Kriegs-Minister Boulanger hat folgenden T agesbefehl an die Armee erlassen:
„Der Präsident der Republik hat mir die große Chre erwiesen mi in das Ministerium ¿zu berufen. Jch nehme den Ruf mit Ver: trauen an, überzeugt, daß ih bei allen Graden der Armce die abfo- lute Unterstüzung finde, die auf den Geflhler der Pflicht, des Ge- horsams und ver Ergebenheit berubt, von denen die Armee so viele Beweise giekt. Wir werden mit Energie den Weg verfolgen, der uns dur unfere hohen Aintsvorgänger vorgezeichnet it, den Wea der militärishen NRenovation, dem wir uns \eit 15 Jahren widmen. Es lebe Frankreich! Es lebe die Nepublik 1“ : 7
Der frühere griechische Gesandte in Belgrad, Nicolaus Delyannis ist zum Gesandten Griechenlands bei der hiesigen Regierung ernannt worden. — Das Gerücht von der Abberufung des diesseitigen Residenten in Tunis Cambon, wird in Regierungskreisen als unbegründet bezeichnet.
Die „France“ schreibt: in der Erklärung des Kabi- binets vor den Kammern werde die Nothwendigkeit be- tont werden, einen Waffenstillstand herzustellen, um eine Politik von praktischen Neformen möglih zu machen. Das Ministerium werde insbesondere die Mittel erwägen, um das Gleihgewicht imBudget herzustellen. Der „Temps“ sagt: der Kriegs-Minister Boulanger beabsichtige na- mentlih eine Reduktion der Ausgaben im Budget für das Kriegs-Ministerium herbeizuführen.
_— W229) Vie Zeitungen bestätigen, daß die ministerielle Erklärung folgende drei Punkte vesonders hervorheben werde: Reorganisation der Ver- waltung in disziplinarischer Beziehung in dem Sinne das derselben ein Zug einheitliher Leitung aufgeprägt werde ; Herstellung des Budget-Gleichgewichts : Ermäßigung der Aus- gaben für die Kolonien durch die Errichtung verschiedener Protektorate. Die Erklärung werde diese Aufgaben als für das laufende Jahr ausreichend bez2ihnen und den Kammern rathen, alle anderen Fragen, welche die Einigkeit der republi- kanischen Verteien beeinträchtigen fönnten, zu vertagen.