1886 / 22 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Jan 1886 18:00:01 GMT) scan diff

des weiteren Ausbaues der Verfassung des Landes in dem Verlangen nah einer vollen Vertretung im Bundes- rath, der Ertheilung der Jmmunität an die Abgeord- neten und Beseitigung des Diktaturparagraphen zusammen- aßte. Der Abg. Winterer konstatirte mit Befriedigung die Eng der finanziellen Lage; doch sei die stetige Stei- gerung der fortdauernden Ausgaben bedenklih: sie führten u sozialistishen Maßregeln, wie eine solhe auch das ranntwein-Monopol sei, als dessen prinzipieller Gegner fich Herr Winterer erklärte. Der Redner warf dann weiter einen Blick auf die Regierung des verewigten Statthalters, gegen die er eine Reihe von Vorwürfen erhob, welhe von em Staats-Minister von Hofmann unter der Zustimmung des Hauses zurückgewiesen wurden. Der Abg. Dr. Raeis sprach ¿unä seine Anerkennung über die Gestaltung der finanziellen Lage aus, erklärte sih ebenfalls für einen Gegner des Branntwein-Monopols und kündigte zwei Anträge an, deren einer die Jmmunität für die Mitglieder des Landesaus\chusses, der andere das Recht für den Landesaus\{huß verlangen würde, die Wahlprüfungen selbst vorzunehmen. Der Unter- Staatssekretär Dr. von Mayr wandte sich darauf gegen eine Reihe von Ausführungen der Herren Winterer und Dr. Raeis, namentlih auch bezüglih ihrer Angriffe gegen das Brannt- wein-Monopol. Um 12 Uhr wurde die Debatte auf Nach- mittags 3 Uhr vertagt.

Nach der Wiederaufnahme der Sißung sprach der Abg. Zorn von Bulach (Sohn) den Wunsch aus nach einem weiteren Ausbau der Verfassung und erklärte, daß, wenn auch die Faangielle Lage des Reichs eine günstige sei, die Landesfinanzen ih doch keineswegs so erfreulich gestalteten; nothwendig sei vor Allem eine Entlastung von Grund und Boden und eine Heran- ziehung des Kapitals durh eine Kapitalrentensteuer, ferner eine Einschränkung der Ausgaben durch Vereinfachung der Ver- waltung. Redner führte weiter aus, daß er kein prinzipieller Gegner des Branntwein-Monopols sei, daß das Projekt in seiner gegenwärtigen Gestalt aber für die süddeutschen Kleinbrenner ungenügend sei. Der Abg. Klein erklärte, daß er das Monopol mit Freuden begrüßt habe, und daß er bestimmt hoffe, der Reichstag werde die Jnteressen Süddeutschlands berücksichtigen ; er shlage vor, daß der Landesausshuß seine Wünsche in dieser Beziehung in bestimmter Weise formulire. Der Abg. Dr. North sagte, daß er kein prinzipieller Gegner des Branntwein-Monopols sei, doch müsse eine größere Be- rüdcksihtigung der Eigenbrenner eintreten; gleichzeitig habe man auch an die Einführung des Taback-Monopols zu denken, mit Hülfe beider Monopole würde es möglich sein, zu größeren Entlastungen zu schreiten. Redner ging darauf auf einzelne Positionen des Etats ein und betonte die Nothwendigkeit, Er- sparnisse herbeizuführen durch Vereinfahung der Landes- verwaltung, die Gemeindeverwaltung selbständig zu machen und speziell Straßburg einen Gemeinderath zu geben. Der Unter-Staatssekretär Dr. von Mayr führte u. A. aus, daß es nicht angängig sei, die Finanzlage des Reichs und des Landes zu scheiden; die Ueberweisungen des Reichs seien Landeseinnahmen so gut wie alle übrigen Einnahmen. Be- züglih des Branntwein-Monopols werde die Regierung \ih angelegen fein lassen, daß den Jnteressen der Kleinbrenner Elsaß- Lothringens Rechnung getragen werde, und die Aeußerungen des Landesausschusses in dieser Beziehung würden von 1hr gerne -berücsihtigt werden. Der Abg. Winterer erklärte, daß er niht das Andenken des verewigten Statthalters angegriffen, sondern nur die politische Lage gezeihnet habe. Der Staats- Minister von Gofiiann hielt gegenüber Hrn. Winterer seine früheren Aeußerungen aufrecht. Was das Branntwein- Monopol anlange, so stünden die moralischen Vortheile in erster Linie; nur unter dem Monopol fei ein erfolgreicher Kampf gegen den Alkoholismus möglih; er glaube endlih, daß man für die Kleinbrenner Süddeutschlands vor- theilhafte Bedingungen erhalten werde; die Regierung würde in dieser Beziehung ihr Möglichstes thun und lege Werth darauf, sih in ihren bezüglihen Bemühungen auf den Landesaus\huß stüßen zu können. Der Abg. Hommell erklärte sih gegen das Branntwein-Monopol, weil sich die Jnteressen der Kleinbrenner damit nicht vereinigen ließen. Der Abg. Mieg-Köchlin meinte, daß der Landesausshuß, welcher einstimmig sei in der Ver- Os des Alkoholismus und bezüglich der Nothwen- digkeit, den Branntweinpreis zu erhöhen, dem Monopol im Prinzip zustimmen müsse, unter der Bedingung, daß die Jn- teressen Elsaß-Lothringens gewahrt würden. Der Abg. Baron von Schauenburg wies darauf hin, daß man bei der Durchsührung des Monopols besonders vorsichtig zu Werke gehen müsse. Nach einer kurzen weiteren Debatte wurde die erste Lesung des Etats geschlossen. Der Präsident überwies die einzelnen Theile des Etats an die verschiedenen Kom- missionen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. Januar. (Wien. Abdp.) Das ungarishe Oberhaus hat vorgestern Mittag unter Vorsitz des Judex-Curiae Baron Sennyey eine kurze Sißung gehalten, in weicher Schriftführer Zsilinszky das Nuntium des Abgecrdnetenhauses über den Beshlußantrag, betreffend den Verkehr zwischen den beiden Häusern, überbrachte. Die Vor- lage wurde für den 25. d. M. auf die Tagesordnung geseßt. Graf Albin Csaky leistete den Eid als Mitglied des Obersten Disziplinargerichts, worauf die Sißung geschlossen wurde.

__— (W. T. B) Die „Polit. Korresp.“ meldet: Die hiesige serbische Gesandtschaft erhielt ein Telegramm des chieden Ministers des Aeußern mit dem Auf- trag, alle Gerüchte von Men serbischen Rüstungen zu dementiren: Serbien biete im Gegentheil alles auf, um eine Beschleunigung der Friedensverhandlungen herbeizuführen.

Großbritannien und JFrland. London, 23. Januar. (W. T. B.) Der Eisenbahnzug, mit welchem der S von Wales sih gestern Abend über Bee nah Eaton Hall zum Besuch des Herzogs von Westminster zu begeben gedachte, ist auf Se Veranlassung, in Folge von An- zeigen über ein beabsichtigtes Attentat, bereits auf der Station Waverton vor Chester angehalten worden. Der Prinz, anstatt die Stadt Chester zu passiren, welche festlich be- leuchtet war und große Vorbereitungen zu einem glänzenden Empfange getroffen hatte, begab sich von der Station Waverton zu Wagen direkt nach Eaton Hall,

Frankreih. Paris, 23. Januar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute, nah Anhörung des

Ministers des Znnern über die vom Deputirten Dufour behauptete Beeinflussung der Wahl im Departement Lot,

einstimmig, bei 346 Abstimmenden, eine Tagesordnung an, in welcher die Haltung der Regierung gebilligt und Letßtere aufgefordert wird, alle Versuche der Gegner der Republik energa zurückzuweisen. Die gesammte Rechte enthielt \sih der Abstimmung.

24. Januar. (W. T. B.) Der Fürst von Mon- tenegro ist hier eingetroffen und hat heute Vormitta dem E enten de Frey cinet einen Besu gemacht.

Ein Telegramm aus Haiphong, vom 21. d. M., meldet: die Ruhe im Delta sei vollständig hergestellt ; General de Courcy sei nah Hongkong abgereist, wo er sich am 26. d. M. zur Nückkehr nah Frankreih ein- schiffen werde. N

23. Januar. (Köln. Ztg.) Jm heutigen Minister- rath im Elysée reichte kein Mitglied des Kabinets ein Ent- lassungsgesuch ein. Das Kabinet hat sih übrigens infolge Annahme der Tagesordnung in Sachen der Jnterpella- tion Dufaure wieder befestigt. Der Deputirte Rouvier geht am Dienstag als außerordentlicher Ab- gesandter nach Rom, um den französischen Botschafter bei den Verhandlungen zur Verlängerung des Schiffahrts- vertrags mit Jtalien, der im April abläuft, zu unterstüßen.

Jules Roche veröffentlicht im „Lyon Républicain“ eine Erörterung der Finanzlage Frankreichs. Die Budgetlage für 1887 ist, wie er darlegt, folgende: 1) Verminderung der Einnahmen 60 Millionen, 2) durch be- stehende Geseße vorgesehene Ausgaben 20 Millionen, 3) durch die Regierung vorgesehene Ausgaben 150 Millionen, zusammen 230 Millionen, welche zu decken sind, ohne, wie die Regierung versprochen hat, neue Auflagen und ohne eine Anleihe zu machen. Jules Roche meint, daß es dazu kein anderes Mittel gebe als das Branntwein-Monopol und hofft, daß Ens dem Staatsschat einen noch höheren Gewinn zuführen werde.

Jtalien. Rom, 23. Fanuar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer beantwortete der Minister des Aeußern, Graf Nobilant, verschiedene Fnterpellationen der Deputirten San Giuliano, Sant Onofrio und Giovagnioli über die Haltung FJtaliens in der Balkanfrage. Er erklärte: Unsere Politik ging dahin, jeden Grund zu einer europäischen Konflagration nach Möglichkeit zu ent- fernen und in dem europäischen Einvernehmen einesolhe Stellung einzunehmen, daß wir unsere Fnteressen {hüßen können. Jn ersterer Beziehung kooperirten wir dur unsere ausgezeichneten Beziehungen zu allen Mächten, insbesondere den drei Kaiser- mächten; unsere freimüthige und uneigennüßige Haltung verschaffte uns die Sympathie und das Vertrauen der Mächte. Gegenüber San Giuliano erklärte der Minister, daß Niemand die Jnitiative zur Her- stellung des status quo ante ergriffen habe, daß aber alle Mächte denselben für eine praktishe Jdee gehalten hätten. Die Anfrage Sant Onofrio's beantwortend, er- klärte Graf Nobilant: er wisse Nichts von einer Zwangsaktion der Mächte, doch wäre er geneigt, sich dabei den Mächten anzu- schließen; er befolge keine Politik der Sentimentalität, wohl aber eine solche, welche den Jnteressen und der Würde des Landes entspreche. Gegenüber dem Vorwurf, Ftalien habe Angesichts der kleinen Balkanstaaten seinen Ursprung vergessen, erklärte der Minister: diese Balkanstaaten verdankten ihre Existenz den europäischen Verträgen, und anstatt dieselben în den Kreis Italiens zu ziehen, halte er es für nüßlicher, Jtalien durch andere Freundschasten für alle Ereignisse vorbereitet zu halten. Die Ftalien durch die leßten Ereignisse auf der Balkanhclbinsel bereitete Lage sei eine ausgezeihnete und entsprehe der Würde „ztaliens und seiner im europäischen Gleichgewiht durch die Fähigkeit, ernste Beschlüsse im Bedarfsfalle auch that- kräftig unterstüßen zu können, erlangten Haltung. Graf Nobi- lant stellte in Abrede, daß aus dem Grünbuche hervor- gehe, talien habe eine Politik der Sammlung befolgt; aus demselben gehe nicht hervor, daß Jtalien eine große Thätigkeit entfaltet habe. Das Grünbuch veröffentlihe aber Dokumente, welche er zur Veröffentlichung für geeignet gehalten habe. Dem Deputirten Giovagnioli erwiderte der Minister, daß keine Ursache vorgelegen habe, hinsihtlih der Rede des ungarischen Minister-Präsidenten vom 6. Oktober Vorstellungen zu erheben ; er finde dieselbe ganz in der Ordnung. Tisza habe sich für Fälle, die niht vorausgesehen werden könnten, reservirt. Die- selbe Aktionsfreiheit habe sich auch Jtalien vorbehalten, wie aus seiner Depesche vom 17. November 1885 an den italie- nischen Botschafter in Wien hervorgehe. Wenn im ungarischen Parlament Rufe „nah Salonichi!“ laut geworden seien, so hôre man manchmal auch anderswo Rufe, und wer könnte für dergleichen Rufe, von welcher Seite der Kammer sie auch kämen, die Verantwortung übernehmen? Die drei De- putirten erklärten sich von den Änworten des Ministers befriedigt.

__— 24. Januar. (W. T. B.) Heute gab der Finanz- Minister Magliani in der Kammer ein Exposé über die finanzielle Lage und legte in demselben dar, daß die Finanzverwaltung pro 1884/85 dem Voranschlage gegenüber eine Vesserung von nahezu 37 Millionen ergeben habe, so daß es überflüssig geworden sei, zu den vom Parlament be- willigten außerordentlichen Mitteln zu greifen. Außerdem habe das Defizit von 3 Millionen für die Amortisirung rück- käuflicher Rente durh die gewöhnlichen Einnahmen gedeckt und, troß der Ausgaben von 14 Millionen aus Anlaß der Cholera und für die afrikanishe Expedition, ein Betrag von 680 000 Lire erübrigt werden können. Das Konto für Nü- stände und Patrimonial-Aktiva habe sich um 49 Millionen ge- bessert und die s{hwebende Schuld um 36 Millionen abgenom- men. Was das Budget von 1885/86 anbelange, so sollten 40 Millionen Quer nee Ausgaben aus den bereits votirten Mitteln gedeckt werden. Mit dem Budget pro 1886/87 werde man sogleich in den normalen Zustand eintreten; dasselbe ergebe eine Erhöhung der Einnahmen um 46 Millionen, eine Ver- minderung der Ausgaben um 9 Millionen; es seien indeß noch 12 Millionen neuer Ausgaben vorherzusehen. Die außer- ordentlichen Ausgaben seien um 15 Millionen ermäßigt worden. Troßdem müsse man die Wirkung der jüngsten Steuerreform in Nechnung ziehen, welche eine graduelle theovetiide Vermeh- rung von 641/, Millionen ergeben werde. Leßtere Ziffer werde im Rechnungsjahr 1888/89 erreiht und das Budget alsdann pas erheblih fonsolidirt sein. Die wirthschaftlihen Ver- ältnisse des Landes ließen niht besorgen, daß die vom

Ministerium Yas Vier Voranschläge nicht zutreffen würden. Der Minister bestätigte s{hließlich den Entschluß, keine Rente mehr auszugeben, selbst nicht für Eisenbahnbauten, und kün- digte seine Absichten an wegen Konvertirung einiger rück-

fäuflihen Schulden und gleichzeitiger Einrichtung eines autg- nomen FJnstituts zur permanenten Amortisirung der öffent: lichen Schuld sowie wegen Reorganisation der Emisse it worüber demnächst Vorlagen eingebracht werden ollen.

Venedig, 24. Januar. (W. T. B.) Der frühere Präsident des Senats, Techio, ist in vergangener Naht hier gestorben.

Griechenland. Athen, 24. Januar. (W. T. B.) Der Mi. nister-Präsident Delyannis hat die ihm gestern von dem englishen Gesandten gemachte Mittheilung: England werde, falls Griechenland bei seiner Weigerung, abzy. rüsten, verharren sollte, eine Flotte nah den griechischen Gewässern senden, um einen A ngriff Griechenlands gegen die Türkei zur See zu verhindern, heute mit der Erklärun beantwortet, daß Griehenland dem Abrüstungsverlangen ni@t nachgeben könne. Die hier befindlihen griechishen Kriegsschiffe sind heute früh mit versiegelten Ordres von hier abgegangen ; ihr Bestimmungsort ist nicht bekannt.

Vor dem Königlichen Palais fand heute von einer he trähtlihen Volksmenge eine Kundgebung statt. Der König war abwesend. Die Wortführer der Menge überreichten dem Minister-Präsidenten Delyannis einen Protest gegen das Vorgehen Englands, in welchem dieses als ein Angri auf die nationale Selbständigkeit Griechenlands bezeichnet und erklärt wird : Griechenland werde jedes Opfer für die Verthei: digung der Rechte des Hellenismus bringen. Delyannis er: widerte : die Regierung werde das nationale Programm den in der Kammer abgegebenen Erklärungen gemäß zur Ausfüh: rung bringen.

Türkei. Konstantinopel, 23. Januar. (W. T. V.) Gutem Vernehmen nach sind die direkten Verhandlungen zwischen der Pforte und dem Fürsten Alexander nahe daran, auf dem Boden der Personal- Union zu einer Eini gung zu führen.

24. Januar. (W. T. B.) Die Pforte hat Madjid Pascha ermächtigt, sih mit dem bulgarischen Delegirten zu den Friedensverhandlungen nah Bukarest zu he geben, und ihm seine Fnstruktionen zugesandt. Gadban Effendi ist mit dem bulgarishen Minister des Auswärtigen, Zanow, hier angekommen. :

Rumänien. Bukarest, 24. Januar. (W. T. B.) Dr Kriegs-Minister General Falcojano hat seine Demis- sion gegeben und der Minister - Präsident Bratiano interimistisch das Kriegs-Ministerium übernommen.

Serbien. Belgrad, 24. Januar. (W. T. B.) Dr König hat den auf einen raschen Abschluß des Friedens mit Bulgarien gerichteten Vorschlag der Regierung an: genommen. Der Minister-Präsident Garaschanin hat sih infolge dessen heute mit dem Kriegs-Minister und mit dem Finanz-Minister nah Nis begeben, um daselbst die Jnstruk: tionen für die Friedensverhandlungen festzustellen.

25. Januar. (W. T. B.) Der „Polit. Corresp.“ wird aus Nisch telegraphirt: Die von dem Kabinet vor- geschlagenen Friedensbedingungen betreffen die bul: garischen Paßschwierigkeiten, die Grenzabsperrung] Seitens Bulgariens, die Regelung der Emigrantenfrage und den Al: {luß einer Zoll- und Handelskonvention. Man hält in ser: bischen Negierungskreisen bei einigem guten Willen Bulgariens den Friedenss{chluß für gesichert.

_ Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Januar. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ be stätigt die Nachrichten von einem demnächst bevorstehenden Schritt der Mächte bezüglich der Abrüstung der Balkan-Staaten und sagt: Europa sei entschlossen, die bestehenden territorialen Verhältnisse des Orients respektiren zu lassen.

Dänemark. Kopenhagen, 24. Januar. (W. T. B) Der Präsident des Folkethings, Berg, hat heute seine Gefängnißstrafe angetreten.

Zeitungsftimmen.

__Jn den „Mecklenburgischen Landes nachrichten“ lesen wir:

Gs muß als auffällig bezeihnet werden, daß der vom 14, De zember v. J. datirte, von der gesammten deutschfreisinnigen Fraktion unterzeihnete und zum Etat eingebrahte Antrag Ausfeld in der auf der positiven Seite stehenden Presse bisher noch nicht die volle Würdigung gefunden hat, die derselbe lverdient. Dieser Ar- trag erklärt das Branntwein - Monopolprojekt für „finanziell, volkswirthschaftlich und sittlich verwerflihß“, und zwar for mulirte er, wie sich aus dem obigen Datum ergiebt, diese Crklä- rung zu einer Zeit, als noch nicht eine Silbe und nicht eine Zeile uber das Branntwein-Monopolprojekt vorlag, der ein A \pruch auf Authentizität beigewohnt hätte. Wir haben also die mehr als befremdlihe Erscheinung zu verzeichnen, daß cine Partei auf breitester Basis der Entrüstung und mit \spezifizirten Gesichtspunkten der Beurtheilung ein Verdikt über eine Vorlage abgiebt, von deren Einzelheiten und all- gemeiner Beschaffenheit sie noch gar nihts weiß, ja die gerade nah strenger parlamentarischer Observanz, als deren berufensten Hüter sid) do fonst unsere demokratischen Parteigruppen zu geriren pflegen, nit bloß zu der betreffenden Zeit für cine Reichstagsfraktion wie überhaupt für die Oeffentlichkeit noch gar nicht eristirte, sondern selbst jeßt und so lange der Bundesrath die in Rede stehende Vorlage der preußischen Regierung nicht erledigt hat, den Reichstag ohn Kompetenzüberschreitung gar nicht beschäftigen kann und gar nichks kümmert, Es liegt uns mit diesen Feststellungen \elbstverständlih nihts ferner, als die öffentlihe Diskussion über die jeßt nach Ter! und Motiven bekannte Monopolvorlage stören oder uns als bedin gungslose Verfechter dieser Vorlage aufwerfen zu wollen wir wür {en vielmehr lediglich eine Form der Agitation mit aller Scärse zurückzuweisen, die ohne ein konkretes Objekt und auf Grund willkür licher Annahmen sich nur an die Leidenshaften wendet, der ruhige und sachgemäßen Beurtheilung von vornherein den Mund verslichen will und zu einer doppelten Gefahr für unser öffentliches Leben wird, wenn sie auch unsere parlamentarischen Körperschaften in diese Mo nieren hineinzerren und den Neichstag zum Resonanzboden für eint ins Blaue deklamirende Rhetorik machen will.

s u Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Nizza: : Um die Einwirkung der landwirthschaftlichen Zölle auf die Preië/ verhältnisse der wichtigeren Lebensartikel zu studiren, bietet Frankrei nah der Erhöhung der Vieh- und Getreidezölle ein geeignetes Feld, Man gelangt bei diesem Studium von Neuem zu dem Ergebniß, daß die Behauptungen der Freihändler von der Vertheuerung des Brotes des armen Mannes jeder thatsächlichen Begründung entbehren.

eischzölle sind in Frankreih bekanntlih seit zehn ; 4 Fleishpreise sind aber im Laufe des Jahres en des Vorjahres gefallen. i als die Zufuhr aus den seiner Zeit von suchten oberitalienischen Grenzdistrikten eine ch cin Einfuhrverbot abgeschnitten war, ein Umstand, eine Steigerung der Preise hätte begünstigen müssen. die beiden folgenden Tabellen:

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Was zweitens die Kornpreise anlangt, so muß vorausgeshickt werden, daß Roggen, welcher bis zum 1. i ] lassen wurde, seitdem aber 1,50 Fr. pro 100 kg Zoll entrichtet, hier gar nicht verbraucht

April 1885 zollfrei cinge-

In Betracht

während er jeßt mit 1,50 Fr. Zoll belegt ift, immer pro 100 kg be- rechnet. În der weiter unten gegebenen Tabelle finden sih neben. Hafer diejenigen sechs Weizenforten aufgeführt, auf den hiesigen Getreidemarkt gelangen. Barletta-Weizen abrikation verwandten feineren Artikel, welcher nur ciwa 15 9/0 der §esammteinfuhr über Nizza ausmacht.

eigt, sind Haser und Weizen durchshnittlich um den Zollzuschlag, wenn niht mehr, im Preise heruntergegangen :

welche in der Regel Von denselben bildet vornehmlich Luxusbrod-

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Also auch hier bestätigt sich der Sat, daß das Ausland den Zoll der Konsum bei den unveränderten ; ( tens der alte bleiben, vermuthlich aber sich steigeru 0 stellt sih der Zoll lediglih als eine willkommene Einnahme einen oder der anderen Form den Steuerzahlern zu

- lommen muß.

„Berliner Politishen Nachrichten“ be- n deutsh-dominikanishen Handelsvertrag: en Freihändlern wird der Regierung immer der Vor- t, daß sie die handelspolitishen Beziehungen Deutschlands n und namentlich überseeischen Ländern vernachlässige oder t in dem wünshenswerthen Umfange pflege. wie so manche andere, die der Regierung gemacht werden, weniger als begründet. i

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anerkennen müssen, daß , der Eifer der Regierung auf diesem Gebiete niht gering ist. Ohne jeglihe Uebertreibung kann man sogar be- haupten, daß in dieser Hinsicht von der deutshen Regierung eine vao Regsamkeit entfaltet wird, wie von keiner anderen Regierung in uropa.

in neuer Beweis dafür ist der Vertrag mit der Republik San Domingo, der dem Reichstage in den leßten Tagen zur verfassungs- mäßigen Genehmigung vorgelegen hat. .

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 5. Inhalt: Verfügungen: Vom 16. Januar 1886. Paetverkehr mit Spanien auf zem Wege über Hamburg.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 1. Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Die Räder und Achsen der Straßenfuhr- werke. Erneuerung der mit der Peninfular and Oriental Steam Navigation Company bestehenden Verträge wegen Beförderung der ostindischen, chinesischen und australischen Posten. Dic Gewinnung der Gutta Percha. Anwendung von Fremdwörtern in der Landes- sprache. Die Lavawüste Odadahraun in Island. Kleine Mit- theilungen: Geheimer Ober-Regierungs-Rath BVlindow f. Ein neues Modell verzinkter eiserner Träger. Leichte Kabel für Untersee- Telegraphie. Die Länge der Telegraphenlinien in Tongking. Die elektrische Eisenbahn in Philadelphia. Zeitschriften-Neberschau.

Landtags - Angelegenheiten.

Der Etat der Staats\scchulden-Verwaltung für das Jahr 1886/87 weist Kap. 22 eine Einnahme von 114 809 A (gegen den laufenden Etat + 12600 M) auf, gegen 184693528 H. (+ 2370689 M) dauernde und 380 100 M. außerordentliche Aus- gaben, letztere zur außerordentlichen Tilgung eines Restes 4F prozen- tiger Prioritäts-Obligationen der Münster-Hammer Eisenbahn. Von den dauernden Ausgaben sind Kap. 35 158 683 942 (4-1 194 693 4M.) zur Verzinsung der Schulden der alten Landestheile und des Ge- fammtstaats seit 1866 3 999 497 887 M. und 2 440175 M (— 78 949 M.) zur Verzinsung der Schulden der neuen Landestheile (73 365 353 44), zusammen 161 124117 M. (4+ 1115 745 M) zur Verzinsung bestimmt ; zur Tilgung Kap. 36 16 839 849 A. (—- 277 616 4) bezw. 3 913 576 M (420 672 M), zusammen 20 753 425 M. (+ 698288 M). Zur plan- mäßigen Tilgung der Eifenbahnschulden sind 7 047 242 M. erforderlich, wovon 2977 111 4 Kap. 36 etatisirt sind und 4070131 M den Ueberschüssen der Eisenbahnverwaltung entnommen werden.

Die Etats für das Herrenhaus (172700 M Ausgaben) und für das Haus der Abgeordneten (1201520 4) sind im Wesentlichen unverändert geblieben.

In dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung haben fih die Einnahmen (Kap 24: 144476250 M) gegen den laufenden Etat um 22473267 M erhöht. Es sind u. A. zu erwarten aus den Zöllen und der Tabacksteuer 77554 25046 (+4 26 305730 46), Antheil von dem Ertrage der Neichsstempelabgaben 13493600 M. (4+ 5997500,/(), an hinterlegten Geldern 22000 00046 (-—10 000 000 A6), aus der Anleihe 14154500 M

Die dauernden Ausgaben (Kap. 42 und 43: 158885085 M) übersteigen die des Vorjahres um 28455 630 Æ Hierbei kommen besonders in Betracht die Matrikularbeiträge mit 73 665 276 4. (+ 9228478 M) und die Ueberweisungen an die Kommunen auf Grund des Gesetzes vom 14, Mai 1885 mit 19850 000 A.

Als Einnahmen aus den in der Monarchie aus\{ließlich der Provinzen Hannover, Hessen-Nassau, Schleswig-Holstein und der Hohenzollernshen Lande vorkommenden Ablösungen von Domänengefällen und Verkäufen von Domänen und Forstgrundstücken sind in den Etat 1886/87 Kap. 3 der Fraktion entsprechend 2 200 000 M. eingestellt worden.

Dex Etat der Centralverwaltung der Domänen und Forsten 1886/87 weist 9570 Æ (4+ 120 M) in Einnahme und 426 900 M (4- 880 M) in Ausgabe auf.

úIn dem Etat der Seehandlung sind von den Einnahmen für die allgemeinen Staatsfonds (Kap. 7 2129 200 6) gegen den laufen- den Etat 210 000 M abgeseßt worden, dem durchschnittlichen Geschäfts- gewinn der Jahre 1882/85 entsprehend. Die Ausgaben (Kap. 12 272 620 M) erhöhen sich um 5640 4, darunter 3090 #46 für An- stellung cines RNegistratur- Assistenten.

Der Etat der Münzverwaltung ift fast unverändert ge- blieben, auch in dem Etat des Bureaus des Staats- Ministeriums sind keine erwähncnswerthen Aenderungen ein- getreten.

Der Etat der Staatsarchive erhöhet sih in den Einnahmen um 6381 M, hauvtsächlih durch den Mehrerlös aus den archivalischen Publikationen (4830 M, die auch als Mehrausgabe erscheinen). Zu außerordentlihen Ausgaben sind 337 850 #. (4+ 5478 A) eingestellt, die zu Baulichkeiten verwendet werden sollen, hauptsächlich zur Er- weiterung des Archiv- und Bibliothekgebäudes in Hannover (erste Rate 150 000 A), zur Errichtung eines Archivgebäudes in Marburg (Vauplat und erste Nate 100 200 46) und zum Umbau eines Gebäudes in Halle a. S. (80 000 M).

Der Etat der General-Ordenskommission ermäßigt sh in den Ausgaben durh Heimfälle in den Eifernen Kreuzen 11. Klasse um 3000 M Die Inhaber des Eisernen Kreuzes I. Klasse find aus- gestorben.

In dem Etat für das Geheime Ckvilkabinet treten den Auëgaben 4590 Æ. hinzu, die durch Vermehrung der Arbeitskräfte veranlaßt sind.

Der Etat der Ober-Rechnungskammer schließt mit 1800 M, diejenigen der Prüfungskommission für die höheren Verwaltungs- L eR X. und ‘des Geseßz-Sammlungs-Amts sind unverändert ge- lieben.

In dem Etat des „Deutschen Neihs- und Preußischen Staats - Anzeigers“ erhöht sih die Einnahme (566540 M) durch die Inserate um 30000 4 Dem entsprehend sind in der Ausgabe (438220 A) auch die Druckkosten um 17100 # und die Bureau- bedürfnisse um 1500 M angeseßt. Der Ueberschuß ist auf 128 320 M berehnet, wovon 42773 M. der deutschen Reichskasse und 85547 M. der preußischen Staatskasse zufallen.

Dem Etat des Ministeriums der Auswärtigen An- gelegenheiten treten in den Ausgaben nur 1000 Æ an gesetzlichen Wittwen- und Waisengeldern hinzu. E

Statistische Nachrichten.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen vereinigten Friedrihs-Universität Halle'- Wittenberg im Winter - Semester 1885/86. A. Im Sommer- Semester 1885 sind immatrikulirt gewesen 1608. Davon sind: a, verstorben 5, b. abgegangen mit Ermatrikel 482, ec. weggegangen, ohne sich abzumelden, und daher gestrichen 13, d. gestrihen auf Grund des §8. 13 der Vorschriften für die Studirenden 2c. vom 1. Oktober 1879 27, e. gestrihen aus fonstigen Gründen (Ablauf des verlängerten Bürgerrechtes, Bestrafung (1) 2c.) 68. Summa 595. Es sind dem- nach geblieben 1013, Dazu find in diesem Semester gekommen 483. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1496. Davon zählt: die theologishe Fakultät: Preußen 506, Nicht- preußen 76, zusammen 582; die juristische Fakultät: Preußen 100, Nichtpreußen 8, zusammen 108; die medizinische Fakultät: Preußen 235, Nichtpreußen 45, zusammen 280; die philosophische Fakultät : a, Preußen mit dem Zeugniß der Reife 230, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nah §8. 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 124, e. Nichtpreußen 172, zusammen 526. Summa 1496. B. Außer diesen immatrikulirten Studirenden haben die Erlaubniß zum Hören der Vorlesungen vom Rektor erhalten: nicht immatrikulationsfähige

Reihe der H

) andelsverträge, die Deutschland in den letzten ahren mit anderen “i e Ó L 8

Staaten abgeschlossen hat, beachten will, der wird

Preußen und Nichtpreußen 48. Die Gesammtzahl der Berechtigten

ist mithin 1544. Von diesen Berechtigten hören Vorlesungen : AA. Von den immatrikulirten Studirenden: in der theologischen

afultät 582, in der juristishen Fafultät 108, in der medizinischen Aafultät 279, in der philosophischen Fafultät 520, zusammen 1489. Bom Hören der Vorlesungen dispensirt sind: in der medizinischen Fakultät 1, in der philosophischen Fakultät 6, zusammen 7. BB. Von den übrigen berechtigten Personen: nicht immatrikulationsfähige Preußen und Nichtpreußen 48. Die Gesammtzahl der Berechtigten, welche Vorlesungen hören, ist mithin 1537. Außerdem verweilen noch die im 11. Nachtrag Bezeichneten, welche bereits exmatrikulirt sind, mit verlängertem akademishem Bürgerrecht auf der Universität, und zwar: von der theologischen Fakultät 5, von der juristischen Fakultät 1, von der medizinishen Fakultät 51, von der philosophischen Fakultät 28, zusammen 85, so daß die Gesammtsumme beträgt 1622.

Die Bewilligungen aus dem Kollektenfonds der evangelischen Kirche in den älteren Provinzen Preußens und in Hohenzollern beliefen sich, nah den Angaben des Evangelischen Ober- Kirchenrathes (,Kirhliches Gesetz- und Verordnungsblatt“ 1885, Nr. 6), während des Rechuungsjahres vom 1. April 1884 bis 31, März 1885 im Ganzen auf 145294 M gegen 142302 4 im Vorjahre. Die Verwendung der Mittel ist wiederum nach den bisher beobachteten Grundsätzen erfolgt, wonach hauptsählich die Provinzen mit agus- gedehnten Diasporagebieten, als: Preußen, Poscn, Schlefien, West- falen und Rheinland mit Bewilligungen bedacht worden sind.

Im Einzelnen wurden für die verschiedenen kirchlichen Zwecke aufgewendet :

1883/4. 1884/5. zum Unterhalt von Geistlichen, Hülfsgeist-

lichen und Reisepredigern, sowie Diaspora-

A M zur Abhaltung von Filial- und Nebengottes-

diensten, sowie zur Ertbeilung von Kon-

A L TOSTT 13 155 zum Erwerb von Kirhbaupläten und zu

idr 922 780 zum Ankauf von Pfarrgrundftüccken, zu Pfarr-

bauten und zu Pfarrdotationen . . . 13140 9 500 zur Unterstüßung bedürftiger Kirhengemein-

den, sowte zur Anschaffung von Orgeln

O 10 226 zur Ertheilung evangelishen Neligionsunter-

richts und zur Unterhaltung evan-

i C C 083! 29 079 zu Zwecken der inneren Mission, sowie zu

fonftigen kTirwlihen Bedürfnissen . . . 95493 , 21 344

Kunst, Wiffenschaft und Literatur.

Von der „Gesellschaft für vervielfältigende Kunst“ in Wien wird cin neues Prachtwerk herauégegeben, betitelt: „Die ver- vielfältigende Kunst der Gegenwart“. Ueber den Zwelk des- selben giebt der Prospekt ausführliche Auskunft. Es foll den Verlauf der Entwickelung der vervielfältigenden Künste in zugleich übersichtlicher und erschöpfender Darstellung schildern und in den Arbeiten der bedeutendsten Kupferstecher und Radirer, der tüchtigsten Holzschneider und Litho- graphen zugleih die Denkmäler der historishen Entwicklung den Lesern vorführen. Bisher fehlte es an einem derartigen Werk. Die „Gesellschaft für verviclfältigende Kunst“ hat es unternommen, in diese Lücke einzutreten und cin groß angelegtes, auf eine Reihe von Bänden berechnetes, von den tüchtigsten Fachmännern geschriebenes und reich illustrirtes Werk über die Geschichte der vervielfältigenzen Künste zu publiziren. Als Mitarbeiter wurden bisher gewonnen : die Hrrn. Dr. Chmelarz, Prof. W. Hecht, Prof, J. Langl, S. Laschizer und Prof. Dr. Wicthoff\ in Wien, Dr. A. Rosenberg in Berlin, Dr. J. P. Richter in London, S. R. Koehler in Boston, Professor G. Mongeri in Mailand. Die Redaktion hat Prof. Dr. C. von Lützow in Wien übernommen. Die Publikation beginnt mit ciner auf zwei Bände berechneten Abtheilung, welche die verviel- fältigende Kunst der Gegenwart zum Gegenstande hat. Dic folgen- den Abtheilungen werden den älteren Epochen der Geschichte des Kupferstihs und Holzschnitts in den Glanzperioden der vervielfäl- tigenden Künste im 16, 17. und 18, Jahrhundert gewidmet sein. Das Gesammtbild der vervielfältigenden Künste der Gegenwart soll vor Allem von dem Schaffen des Holzschnitts, des Kupferstihs, der Ra- dirung, der Lithographie, fowie des Farbendruckds in den vornehmsten Kunstländern Europas und in Amerika Rechenschaft geben. Daneben werden aber auch die erwähnten photohemishen Reproduktionsarten, vornehmlich die Heliogravlüire und die Phototypie mit ihren verschie- denen Nebenzweigen und ihren zahlreihen Arten der Anwendung Bce- rücksihtigung zu finden haben, weil sie für die Richtung der Zeit vorzugsweise carakteristisch und auh auf den Gang der vervielfälti- genden Künste selbs von unabweisbarem Einflusse sind. Jn der Einleitung foll zunächst über die Geschichte der vervielfältigenden Kunst in der ersten Hälste des XIX. Jahrhunderts eine gedrängte Ueber- sicht gegeben werden. Daran {ließt sih die eingehende Schilderung des Zustandes der Gegenwart an, und zwar nah Kunstzweigen geordnet, mit dem Holzschnitt an der Spitze, den photochemischen Reproduktionsarten am Sthlusse Auf diese Weise, läßt sich von dem weitverzweigten Schaffen der wvervielfältigenden Künste und mechanischen Neproduktionsarten cin klares, von jeder Voreingenominenheit und Beschränkung freies Bild gewinnen. Das Werk erscheint in zwdsölf Heften zu zwei bis drei Bogen mit reich illustrirtem Text nebst mindestens sech8 Blättern verschiedener Reproduktionen in zwei Ausgaben, von denen die Mitglieder-Ausgabe pro Heft 2 Fl. 50 Kr. = 5 M, die Luxus-Ausgabe auf japanishem Papier pro Heft 7 Fl. 50 Kr. = 15 # kostet.

Die erste, uns vorliégende Lieferung hält vollständig, was der Prospekt versprohen. „Die vervielfältigende Kunst der Gegen- wart“ ist eine Publikation ersten Ranges. Die prächtige Ausführung der Reproduktionen, der gediegene, auf quellenmäßiger Forschung be- ruhende Text und die kostbare Ausstattung: alles dies legt ein beredtes Zeugniß von der Leistungsfähigkeit und Höhe unserer modernen Technik und dem wissenschaftlichen Eifer ab, welhen man neuerdings wieder der Kunst zuwendet. Die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien erwirbt sih mit Herausgabe des Werks ein hohes Verdienst. Im Einzelnen bringt das I. Heft zunächst die von Prof. Dr. C. von Lützow geschriebene Einleitung, nämlich einen geschicht- lihen Rückblick, Von den Tert-Illustrationen feien genannt : die Kopfvignette von Groll, geschnitten von Paar; Friedri des Großen Tod, von Menzel, Holzschnitt von Unzelmann; Porträt des Grafen Rudolf Czernin, Meproduktion eines Holzschnittes von Bl. Ae: Rembrandts Selbstporträt im Belvedere zu Wien, gleichfalls Reproduktion eines Holzschnitts; ferner „Mondnacht“, Jlluftration zu Eichendorffs Gedicht, von L. Richter ; sodann: Aus M. von Schwinds Münchener Bilderbogen „Von der Gerechtigkeit Gottes“. Hierauf folgen die Holzschnitt-Reproduktionen, geschnitten von H, Loedel: Die Donaunymphen, von J. Schnorr, Christus und die Kindlein, von Fr. Overbeck; Don Quixote, von A. Strödter, geschnitten von J. Thompson; zwei landschaftlihe Illustrationen von S. Read und Birket Forster, geschnitten von QDalziel; Zeichnung von John Lee, aus dem „Punh“; zwei Jlustra- tionen aus Grandville’s Fabeln von La Fontaine; Zol lucet omnibus, Holzshnitt aus Gavarni's „Diable à Paris“, fowie Le pêcheur à la ligne und Le dimanche à Paris; Un traducteur d’Anacréon und Content de lni. Diefem {ließt sich an Comment on se salue à Paris, Vignette von Bertall aus Gavarni's „PDiable à Paris“, und endlich: „Lefendes Mädchen“ von J. van der Meer, Re- produktion einer Lithographie von Franz Hanfstängl. An Tafeln sind vorhanden: das Porträt der Frau Erzherzogin Maria Theresia, nach Angeli gestohen von Sonnenleiter, ferner Vautier: „Jn der Kirche“, Stih von Barthelmeß, Rubens" „Christus und die reuigen Sünder“, Radirung von Naab, Blochs „Christus“, Original-Radirung, (Tlairins «Ae, Heliogravüre nah der Radirung von Koepping, Richter: „Harmlose Freude“, Heliogravüre nach cinem Aquarell, und

Porträt L. Richters, Holzschnitt von Klinkicht.