eintrat, deren Thätigkeit nicht den Kosten entspreche; er würde der Spezialkommission einen Geseßentwurf vorlegen, welcher eine durhführbare Vereinfahung der Verwaltung ins Auge fasse; dieselbe müsse vor - Allem guf der Autonomie der Ge- meinden b@siren. Der Abg. Schneegans betonte, daß die olitishe Seite- der Frage für ihn das Wesentliche sei; vor
: Be itigung der Bezirke könne ein gemeinsames, elsaß- Tothringisches Statögerng, niht entstehen. Der „Abg. Nefsel - M aus,” daß Vereinfahung und «Ersparnisse möglich seien durch Entlastun der Kreisdirektionen von zahlreichen Gemeinde-Angelegenheiten — welche auf Grund einer neuen Gemeinde-Ordnung den Ggneinden zu selbst- * ständiger ile: zu überlassen wären — und° dux Ueber- „tragung eines heils der Geschäfte» der O auf die Kreisdirektoren, endlih dur weitere Centralisirung_ eîn- ¿ner D im Fe. An leßterer Stelle auhte troßdem eine Vermehrung der “Beamten nicht einzu- treten, sondern?» es wäre eine Verminderung derselben durch- E wenn sich nur die Beamten des Ministeriums streng auf die® dieser Jnstanz zukommende e beschränkten, wenn ferner ihre Zeit und Kraft niht durch massenhafte roduktion von Geseßen u. dergl. verschwendet würde.
er Staats - Minister von Hofmann führte aus, daß an die Beseitigung der Bezirke {hon deshalb nicht gedacht werden Wnnte, weil aus den Bezirkstagen verfassungsmäßig die Mehrzahl der Mitglieder des Landes-Ausschusses hervor- gingen, däß aber troßdem vielleicht eine Vereinfachung des ° Verwaltungsapparates möglich sei. Wenn man von der Re- ierung eine so umfassende Gesezgebungsarbeit, wie “die Re- orm der Gemeinde-Ordnung, „fordere, \o dürfe nas nicht gleich- zeitig den Vorwurf erheben,“ daß Zeit und Kraft der Beamten mit Herstellung von Gesegentwürsen vershwendet würden, ex weise diese Behaupkung ebenso wie die sonstigen Vorwürfe gegen die Thätigkeit der Beariten des Ministeriums mit aller Energie urück. Der Vorschlag, mit einer Kommission des Landes- us\husses — welche die abweichenden Ansichten innerhalb der Versammlung auszugleichen und die Regierung nach dieser Richtung zu informiren haben würde — Reformen anzu- streben, sei zu: billigen, wenn es”auh schwer ‘halten würde, eine Uebereinstimmung- herbeizuführen und wesentliche Ab- aue zu ermöglichen. Nach einer weiteren Debatte brachte der räsident einen von dem Abg. Baron Zorn von Bulach Sohn) ‘und Genossen einßgebrahten Antrag zur Verlesung, welcher dahin geht, daß der Landes-Ausshuß die Frage der Derr aing der Verwaltung «an eine Spezialkommission von 12 Mitgliedetn verweisen olle: ferner einen Antrag des Abg. Köchlin, den eben erwähnten Antrag- drucken zu lassen. Der “i ident erklärte, daß dêr Antrag Zorn -von Bulach und Genossen gedruckt werden würde. Nach einer kurzen Pause wird die Sißung wieder aufgenommen und, Kapitel 19 (Kreis- direktionen) Darauf tvourde die Fortseßung der
genehm t. l Debatte auf Y ittwoc, 3 Uhr Nachmittags, vertagt.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 10. Februar. (W. T. B.) Jm Budgetaus schuß erklärte heute der Minister-Präsident Graf TaafFe auf eine Anfrage Bareuthers, welche Be- wandniß es mit dem Erlaß“ an die Bezirkshauptmann- schaften in Betreff des deutshen Shulvereins habe, — daß és bei der eminent wichtigen Stellung* des deutschen Schulvereins die Pflicht der Regierung gewesen sei, festzustellen, ob t) vershiedenzn diesbezüglichen Zeitungsberichte wahr seien ; die Regierung habe daher, da Schulvereine einen gewissen Einfluß auf die Bevölkerung und das Schulwesen haben, von den Statthaltern eine Berichterstattung Über die Thätigkeit aller Schulvereine, nicht bloß des deutshen Schulvereins ver- langt. Der Minister-Präsident wandte ih sodann noch gegen die Aeußerung, daß die E den Schulverein für einen politischen Verein zu erklären beabsichtige: die Regierung habe nux eine Umfrage gehalten, um sih ein Urtheil zu bilden.
Pest, 9. Februar. (Wien. Ztg.) Fm Reichstage wurde heute die Ne über den Voranschlag des Ministeriums für Kultus und Unterricht fortge)eßt.
Agram, 9. Februar. (Prag. Ztg.) Der Landtag E heute nah kurzer Sißzung auf unbestimmte Zeit ver - tagt.
Großbritannien nnd JFrland. London, 11. Februar. (W. T. B.) Lord Rosebery empfing gestern Nachmittag im Auswärtigen Amt die Mitglieder des diplomatischen Corps. -Die „Morning Post“ erfährt : bei dem Empfange hätte Lord Rosebery erklärt, die Regierung sei entschlossen, an der auswärtigen Politik Lord Salisbury's festzuhalten. :
Lord Sandhurst is zum Unter-Staatssekretär im Departement des Krieges ernannt worden.
Frankreich. Paris, 9. Februar. (Fr. Corr.) Ueber die Unterredung, welche zwei der Unterzeichner des Antrages, betreffend die Ausweisung der Prinzen, mit dem Conseils-Präsidenten hatten, erfährt man Me Nähere: Auf die Erklärung der Herren Duché und Crozet - Fourneyron, der Antrag richte sich keines- wegs gegen die Regierung, sondern sei lediglich durh die höheren ntere en der Republik eingegeben, er- widerte Herr de Freycinet: derselbe bringe aber Ver- wirrung in - die Befugnisse der öffentlihen Gewalten; er sei bei aller Achtung vor den Rechten der Geseßgeber ent- lossen, denjenigen der vollstreckenden Gewalt Geltung zu verschaffen. Nun wäre die Ausweisung der Prinzen eine eret ainagnel welche ausschließlich der Regierung zu- käme, die entschlossen sei, gegen “die Prätendenten ernstlich vorzugehen, wenn dieselben die Verfassung bedrohten. Durh die Aufrechterhaltung des Antrages würde man das Ansehen der Regierung und die Stellung des Kabinets erschüttern; nah dem eben stattgefundenen Meinungsaustaush könnte er mit Leichtigkeit zurückgezogen werden. — Diese Antwort des Conseils-Präsidenten hatte jedo bei den siebzehn Unterzeichnern nohch p den gewünsch- ten, Erfolg; nur beschlossen Ke, vorläufig die Drucktlegung und die Vertheilung - des Antrages #z vertagen. Eine neue Zu- sammenkunst-mit- dem Premier-Minister steht bevor.
v dem heute unter dem Vorsiß des Präsidenten der Republik n Ministerrath berichtete Hr. de Freycinet Über die Lage-im Orient. Der Minister des Jnnern brachte die Depeschen über den Strike„von St. Quentin zur Kenntniß. Die ‘Nacht blieb danach ruhig; die Arbeit wurde gestern im Hause Hamel wieder aufgenommen, und für heute erwartete man ein Gleiches in drei weiteren Häusern. Wahrscheinlich wird der Strike morgen vollständig beendigt sein. Hierauf beschäftigte sih der Ministerrath noch mit den Jnterpellationen, die in den Kammern auf der Tagesordnung {tehen.
Der „Temps“ bringt? folgende Privatdepesche :
Hanoi, 9 e Februar 2 s O 15 Mae pr is: General Jamont hat am*4. Februar anquan, ohne Widerstand zu finden, beseßt. . Aug E durchziehen 4 Kolonnen die obere Songkoigegend und legen dort Posten an. Man fchäfft in Thanquan ein großes Depot“ für Æbensmittel und Munition. General Warnet hat Ven Kaufleuten gestattet, den Rothen Fluß hinauf zu fahren, was deutli sein Vertrauen in die Sicherheit des Landes anzeigt. Die Straßenarbeiten werden unter der Aufsicht der Residenten“und der Departements-Chefs rasch betrieben. Mehrere Kisten mit Piastern, welche aus der Kriegskasse der 2. Brigade stammen, die beim Rü- zuge aus Langson im Stiche gelassen wurden, find mittelst Tauch- apparaten ‘aus “dem Songkicong gezogen worden. Oberst Moncier, Direktor des Genie-Corps, únd der Oberst-Direktor der Artillerie werden nah Langfon abreisen. :
Am Mittwoch wird Oberst-Lieutenant Herbinger sich wegen seines Verhaltens in Tongking vor dem Kriegs-
ericht in St. Malo verantworten. Der Angeklagte steht in Cherbourg, und dem Herkommen gemäß wird das Kriegs-
eriht der benachbarten Brigade zur Aburtheilung berufen. Die Verhandlungen finden bei geschlossenen Thüren statt und werden mehrere Tage dauern. Die Frage, die an das Kriegs- geriht gestellt wird, ist, -ob sih Oberst-Lieutenant Herbinger einer Ehrverléßung schuldig gemacht habe. ;
— 10. Februar. (V. T. B.) „National“ und „Liberté“ behaupten, daß die Regierung in der Angelegenheit, betreffend die Ausweisung der Prinzen, wenn es nöthig werden sollte, die Kabinetsfrage stellen werde.
Der Marine-Minister hat den Bau von 21 Tor- pedobooten erster Klasse angeordnet. j e
In St. Quentin haben fast sämmtliche Arbeiter die Arbeit wieder aufgenommen. i
Der „Agence Havas“ zufolge stimmt die französische Negierung der Herstellung einer Personal - Union zwishen Rumelien und Bulgarien zu unter der Vor- aussezung, daß alle ‘anderèn Mächte ebenfalls zustimmen. Andernfalls würde sich Frankreich seine Aktionsfreiheit wieder vorbehalten.
Das „Memorial de Loire“ erfährt: die Regierung habe definitiv beschlossen, die Grasgewehre in Repetir- géwehre umwandeln zu lassen. Die Waffenfabrik in St. Etienne habe Befehl erhalten, sih für die Vornahme der Umwandlung einzurihten. Der Preis für die Umwandlung stelle sich auf 25 Fres. per Gewehr.
— 11. Februar. (W. T. B.) Wie die Morgenblätter wissen wollen, hätte das Kriegsgericht, welches gejtern in St. Malo zusammengetreten war, um über das Verhalten des Oberst-Lieutenants Herbinger zu urtheilen, eine dem Leßteren günstige Entscheidung gefällt.
Spanien. Madrid, 5. Februar. (Hamb. C.) Schon u Anfang des vorigen Winters beobachtete man die An- Mumlung der großen arbeitslosen Arbeitermassen in Madrid mit Unruhe. Die Privatwohlthätigkeit der Begüterten wurde in Anspruch genommen, um die Noth zu lindern, aber natürlich vergebens. Die höheren und die niederen Stände riefen nun den Staat und die Kom- mune an. Die trostlose Finanzlage beider gewährte ihnen jedo nicht die ra P das Elend erfolgreich zu be- \{chwören, wenngleih Hunderttausende von Peseten für an sich nicht dringende, zum Theil unnöthige öffentliche Arbeiten aus- gegeben wurden, nur «um -œinigé Hundert oder Tausend be- dürftiger Arbeiter zu beschäftigen. Die leitenden* Kreise er- wogen alle nur erdenklichhen Mittel, wie dem Uebel zu steuern sei, und hauptsähhlich wurde von vielen Seiten Dezentralisation der arbeitslosen Massen angerathen, da ihre Ansammlung in Madrid die Lage der Hauptstadt bei jeder aufständischen Bewegung ernstlih verschlimmern könnte. Die Provinzen vas einen großen Theil der Arbeiter aufnehmen und durch lokale öffentlihe Arbeiten finanziell die Regierung und die Kommune von Madrid entlasten. Aber auch die Pro- vinzen verfügen über keine übershüssigen Gelder und für ihre Bedürfnisse reihen überall die vorhandenen Arbeitskräfte nicht nur aus, sondern sie sind vielmehr auch in bén ubinnee Ueberzahl vorhanden.
Es ist nun eine Eigenthümlichkeit der Spanier, daß sie, sobald die nächste Veranlassung dazu geshwunden ist, an die betreffende Sache niht mehr denken. So kam die milde Jahreszeit, in der der Nothstand der niederen Klassen nicht so groß ist, wie im kalten Winter, und man dachte daher niht mehr daran, sih für diesen Winter vorzubereiten. Es konnte mithin niht ausbleiben, daß die Verlegenheiten der Regierung und der Kommunen heute noch bedeutend größer sind als im vorigen Jahr. Zwar wurde durh die Privat- wohlthätigkeit das Jnstitut der Volksküchen eingerihtet — doch damit ist noch nichts erreiht. Regierung und städtische Ver- waltung haben alle nur möglichen öffentlihen Arbeiten in O genommen ; ihre Mittel reichen aber niht entfernt zu dauernder Fortsezung derselben. Die Versendung der Arbeiter in die Provinzen ist niht ausführbar, denn diese weisen die hungrigen Gäste zurück. Unter jolhen Umständeu bieten denn diese großen e Tbe bEreIaO Massen der revolutionären Propaganda ein sehr shäßgenswerthes Material; dessen wird man sich jest endli in den leitenden Kreisen bewußt, nahdem handgreifliche unzweideutige Anzeichen dafür vorliegen. Bisher beschränkten sih die Arbeiter darauf, in kleinen Trupps Ar- beit und Brod zu verlangen. Der Civilgouverneur und die betreffenden höheren städtischen Beamten spendeten, um dadur ihre Popularitätzu erhöhen, beträchtlihe Summen und machten die Arbeitslosen dadurch kühner. Die leßte Manifestation nahm bereits sehr bedenkliche Dimensionen an, und vor Allem wird von den Arbeitern jeßt dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß die Be- Sobn, die Verpflichtung haben, die Nothleidenden zu unter- tüßen. Der Minister der öffentlihen Arbeiten nahm daher Gelegenheit, am 1. Februar einer Arbeiter- kommission zu Gemüthe zu führen, daß von einer solhen Verpflichtung Seitens der Regierung und der Behörden keine Rede sein, daß es sch nur um eine Gunst und Gnade handeln könne, wenn den Bedürftigsten durh Geldgeschenke, ® durch zeitweise freie Beköstigung gelegentlih Hülfe gewährt werde, und dann denjenigen, die wirklih arbeiten wollten, noch immer Gelegenheit genug dazu
eboten würde. Die Arbeiter mußten das Gerechte - dieser emerkungen zwar anerkennen, das Gros derselben is aber dadurch wenig erbaut, und wenn die leßte große Manifestation {hon deutlich einen politishen Charakter und die Wirkung der Aufreizungen der Anarchisten aufwies, so hat man jezt guten Grund zu befürchten, daß weitere große Manifestationen nicht ausbleiben werden, und daß dieselben unter dem Einflu des wirklichen Nothstandes, der wachsenden Unzufriedenheit un der eifrigen Thätigkeit arer er Elemente leicht sehr be- denklichen Charakter annehmen könnten. -
Jtabien. Rom, 0. Februar. (W. T. M) Ju der eutigen Sfhung der Deputirtenkammer verwies auf An. agen Marcóras und fes Deputirter m p Regieru in Betreff der: GeS: hen Frage der Ministex des Aeußern, Graf Robilant, auf stine Erklärung im Senat wonach er aus Rücksicht auf die anderen Mächte, mit denen Jtalien im vollen Einvernehmen in èen griechischen Gewässern vorgehe, und um die WeBRE Wirkungen dieser Aktion niht zu beeinträhtigen, keine Erklärungen gbgeben könne Graf Robilant fügte hinzu: Griechenland feh en die Sym: pathien Jtaliens und der übrigen Mächte nicht; Griechenland werde nit vergessen können, daß es diesen seine Verfassun und seine Vergrößerurtg verdanke, und daß es tein Bntere 6 E Ms sich durch unüberlegtès Handeln die Mähte zu entsremden. i
Türkei. Konstantinopel, 11. Februar. (W. T. Y, Der italienische BaCGater, Graf Corti, wurde gestern von dem Sultan in Abschiedsaudienz empfangen. Derselbe reis am 17. d. von hiér ab.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. Februar,
e. T. B.) Der Kaiser -empfing gestern den -neuen ser:
ishen Gesandten Gruic, welcher sein Beglaubigung: schreiben überreichte.
Dänemark. Kopenhagen, 10. Februar. (W. T; Y,) Das vom Könige erlassene provisorishe Finanzgesez ermächtigt die Regierung, für den noch übrigen Theil des gegenwärtigen S ires die bestehenden Steuêrn und Ah- gaben weiter zu erheben und alle nothwendigen Ausgaben aus der Staatskasse zu bestreiten.
Durch einen Kö niglichen Erlaß wird das Ministerium ermächtigt, zur Abhilfe der Arbeitslofigkeit die von der Regierung beantragten Arbeiten soweit möglih von dänischen Arbeitern ins Werk seßen zu lassen.
Zeitungsftimmen.
Die C T D M beginnt einen Artikel über S Kolonisati;n in Posen und Westpreußen“ mit folgenden ätßen:
Hier und da hat die Forderung von 100 Millionen Mark zum Ankauf größerer Güter in den Provinzen Posen und Westpreußen behufs der usg kleiner Landwirthe wegen der Höbe der Summe überrasht. An ihr ist aber unseres Erachtens am wenigsten Anstoß zu nehmen. Einmal weil das ganze Unternehmen einer Vermehrung der ansässigen deutshen Bevölkerung in den beiden Provinzen nur dann einen Sinn hat, wenn eine solhe in großem Maßstabe erfolgt; die Ansiedelung vereinzelter Familien oder einiger wenigen kleinen Gemeinden würde nihts helfen. Die Größe der in Aussiht genommenen Summe hat aber auch an sih nihts Bedenkliches, da es sich ja keineswegs um eine Ausgabe in diesem Betrage handelt, sondern um die Bereitstellung eines Betriebsfonds. Ein Privatmann, welcher mit ausreichendem Kapital eine Parzellirung im Großen, wie sie hier ins Auge gefaßt ist, unter- nähme, würde wahrscheinlih ein sehr gutes Geschäft dabei machen. Für den Staat kann und foll es fih nicht um ein solches handeln; aber wenn die Maßregel nicht in ganz besonders unge\chickter Weise durh- geführt wird, darf man mit Sicherheit erwarten, daß der Betriebs- fonds: sih angemessen verzinsen und vollständig een wird. Als unter dem Ober-Präsidenten Flottwell in den dreißiger Jahren die Parzelli- rung und Ansiedelung mit einem, den damaligen beschränkten Ver- hältnissen entsprehend niedrig bemessenen Fonds von 3 Millionen Mark betrieben worden war, ergab sie, wie der Bericht Flottwells an den König feststellte, für den Staat einen nicht unbeträchtlichen Gewinn. Bei dem gegenwärtigen Ueberfluß an unbeschäftigtem Kapital kann die Aufnahme einer erheblichen Anleihe zu einem wirthschaftlich so nützlichen Zwecke, wie die Ansiedelung kleiner Landwirthe, nur als eine nationalökonomisch sehr empfehlenswerthe Operation angesehen werden. Wir heben das nur zur N von Bedenken, welche auf den ersten Blick wegen der Höhe der beantragten Geldbewilligung laut geworden, hervor: der Anlaß und Zweck der Maßregel bleibt ein nationalpolitischer. .
— Der „Reichs bot e“ schreibt : :
Das Sozialistengeseß soll nach dem Antrage der Regierung auf 5 Jahre verlängert werden. In den Zeitungen liest man zwar das herkömmliche Bedauern über das Ausnahmegeseßtz, allein Niemand weiß, wie man ohne dasselbe auskommen soll, und wie es zu machen wäre, durch allgemeine Geseße der Regierung solhe Handhaben zum Ein- schreiten gegen die sozialdemokratische Agitation zu geben, wie sie das Sozialistengesetz darbietet — und ohne diefe Handhaben kommt man dieser Agitation gegenüber niht aus; denn die Hoffnung, daß die sozialdemokratishe Agitation nicht wieder den Charakter an- nehmen würde, welhen sie früher trug, is eine JIllusion. Die sozialdemokratishen Versammlungen und Zeitungen würden alé- bald wieder wie Pilze aus der Erde ebeg und denselben Charafter tragen, wie die früheren — eben weil die Sozialdemokraten dieselben geblieben sind. Wo die sozialdemokratishe Presse noch besteht, ist sie eher \{chlimmer als besser geworden. Daß das Sozialistengeseß die Sozialdemokratie nicht aus der Welt geschafft- hat, ist bekannt; das hat wohl auch Niemand erwartet; aber es hat sie aus dem öffent- lichen Leben entfernt und ihre gefährliche, verderbliche öffentliche Agi- tation eingedämmt; daß sie im Geheimen agitirt, läßt sich nicht ganz hindern, aber jedenfalls hat das Sozialistengese geleistet, was es überhaupt leisten konnte. . ….
— Die „Neue Reichscorrespondenz“ rügt, daß der „Deutschfreisinn“ dem Volke das Branntwein-Monopol als die Quelle Jeglichen Uebels schildere, dagegen auf das Sorgsamste vershweige, daß die Vorlage in Wahrheit einen ganz eminent volksfreundlihen Charakter trage, und sagt dann: _
Oder wäre es etwa nicht volksfreundlih, wenn wir in Folge des Branntwein-Monopols dahin a würden, einen durchaus reinen, fuselfreien Alkohol zu dem alten Preise in den Verkehr zu bringen und durch den finanziellen Reinertrag des Monopols den Staat zur Durchführung dringender, längst mit Sehnsucht erwarteter steuerlicher und wirthschaftliher Reformen zu befähigen ? Der Deutschfreisinn aller- dings drückt \ich um diesen Punkt gern herum, und doch bildet derselbe den eigentlihen Haupt- und Kernpunkt der ganzen Frage. Tagtäglich wird H Last der direkten Besteuerung in den weitesten Schichten drüdent empfunden; es sammelt si auf diese Weise ein erheblicher Bote, | von Mißmuth und lgufaezengeit an. Die Gemeinden wissen dé! an sie herantretenden Verpflichtungen gegenüber nicht mehr aus e ein. Dort wie hier soll der Ertrag des Monopols t Mittel an die Hand geben, reformirend, erleichternd, gerechter vertheilend wirken zu fönnen. Es is angesichts der e träglihkeiten des egen eigen Zustandes, die geradezu, idt einer öffentlichen Kalamität herangewachsen sind, einfa thöriy, den Leuten zuzurufen, sie follten das Ihrige dazu thun, damit Staat nur um des Himmels willen nicht hinsichtlich seiner Ge: nahmen so gestellt werde, daß er seiner Aufgabe, das Beste p b sammtheit in großem Maßstabe zu fördern, gewachsen sel. A e das Interesse jedes Einzelnen dem Interesse des Staates schnurstra A zuwiderliefe und eines das andere ausshlô}se. Das ist deutscire! L nige Anschauung. Wir aber, und mit uns alle Verständigen, n! fe: daß das Gegentheil der Fall, daß au der Einzelne nur dann s stehen und in seinen Verhältnissen gedeihen kann, wenn sid dem Ganzen gut geht, daß daher der Ginzelne am besten für
@felber sorgt, went êr dem Staate giebt, was des Staates isk. Das sollte namentlich imaHinblick auf* die Branntwein-Monopol-Vorlage
jemand unbeherzigt läfsen, der niht mit der blinden Oppositions- wuth des Deutschfreisinns nur darnach trachtet, den Staat, în wirth- shaftlicher Ohnmacht, in s\teuergeseßlißhem Stillstande zu erhalten. Bill man den Staat zur Lösung des sozialen Problems in den Stand segen, so muß man ihm au die Mittel dazu nicht versagen. Unter diesen Mitteln aber steht das Branntwein-Monopol oben an.
— Die „Deutsche Reichspost “ sagt in einem Artikel über dâs Branntwein-Monopol-Projekt :
.…. Daßxes denn do auch im Reiche noch Leute genug giebt, die sich nicht im Interesse der Branntweinhändler® und Branntwein- renner die Augen mit demokratishem Kleister verschmieren lassen, das sieht man aus - der Monopolbewegung in den Refkchslanden, welche ja aus früherer Zeit her wohl wissen, wie \sichs mit den Monopolen cigentlich verhält. „Dort steht die Bevölkerung, welche die unseligen Folgen der Scnapspest immer mehr mnd mehr zu sehen bekommt, dem Monopolentwurf sehr sympathisch gegenüber, und wir wünschten sehr, daß namentlich auch unsere Landbevölkerung, auf welche jeßt wieder ein demokratischer Sturm segen das Monopol gemacht werden soll, sich die Vorzüge des Ronopols vor Augen führte, wie sie der Deutschland keineswegs sehr fceundlih gesinnte „Lorrain“ in Meß zusammenfaßt, wenn er sagt:
) Vershwindet das unter dem Namen „Petroleum“ bekannte Getränk, ein betrügerisch zusammengeseßtes Gemisch, welches den Förper des Arbeiters vernihtet. 2) Erfolgt zu Gunsten der Entlastung der Landwirthschaft eine Vermehrung des Ertrages der_ indirekten Steuern. 3) Besserung der Lage der Winzer, welche in Gefahr sind, ihren Wein in kurzer Zeit nicht mehr um Selbstkostenpxeise verkaufen zu können. Wenn Branntwein weniger kostet als Wein, so wird natürlich Branntwein getrunken und der Wein bleibt ungekauft. — Werde mit dem Monopol die zunehmende Entsittlihung der Familien und der Individuen aufhören? Besfreie 116. das Monopol auch nur theilweise von diesen Uebeln, so verdiene s unterstützt: zu werden. Gereinigter Alkohol werde, weniger \{chädlich und bei ge teigertem Preise der Verbrau ein geringerer sein. Das Monopol müsse unterstüßt werden, bis man etwas Besseres finde; man möge nit zu lange suchen, damit man nicht Gefahr laufe, mit der Hülfe zu spät zu kommen: mit der Rettung des Volkes vor der Yerdummung.“
Landtags - Angelegenheiten.
Das Handbuch fürdas preußische Herrenhaus, bearbei- t und herausgegeben von dem Büreau-Direktor des Haufes, Gehei- umen Regierungs-Rath Dr. Me tel, ist in einer Auflage erschienen, von welcher zuerst der 11. Theil ausgegeben ist. Derselbe enthält die fir Bildung und Zusammenseßung des Hauses maßgebenden Be- stimmungen, die Geschäftsordnung, die Personalverzeihnisse der Mit- glieder und ein sehr sorgfältig gearbeitetes Sachregister. Der I. Theil des Handbuchs, enthaltend Attenstücke und Erläuterungen, betreffend die Verfassungs-Urkunde für den preußischen Staat und betreffend. die Verfassung, des Deutschen Reis, wird erst später, nah Schluß der gegenwärtigen Sessionen beider Häuser des preußischen Landtages und des deutschen Reichstages, erscheinen, um eventuell auh die Ergeb- nie dieser Sessionen noch berücksichtigen zu können.
Dem gestern mitgetheilten Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen PBestpreußen und Posen, ist nahstehende Begründung bei- gefügt worden: N
Notorish sucht sich in einzelnen östlichen“ Landestheilen die pol- nishe Nationalität unter Verdrängung der vorhandenen deutschen Elemente mehr und mehr und nit ohne Erfolg auszubreiten.
Solches Vordrängen einer, durch Sprache und Sitte dem preußi- hen Staatsleben innerlich entfremdeten Nationalität in wichtigen Theilen der Monarchie fordert umfassende Abwehrmaßregeln auf allen Gebieten der Staatsverwaltung. Ï
Es handelt sich darum, die Interessen der deutschen Bevölkerung zu wahren, die Ueberfluthung jener Landestheile mit polnischen Ele- menten zu verhindern und deutschem Geiste und deutscher Bildung mehr und mehr Bahn zu öffnen.
Diesen Zweck verfolgt der anliegende Seenenuei zunähst nur
auf einem, jedoch auf einem sehr bedeutsamen ( ebicte. Sein ausge- sprochenes Ziel ist Stärkung des deutschen Elements in jenen Landes- theilen durch Ansiedelung deutsher Bauern und Arbeiter. : __ Der Gedanke, durch Erwerbung größerer Besißungen, welche h in polnischen Händen befinden, und dur Wiederveräußerung derselben in Theilstüken an Erwerber deutscher Abkunft jenen bedrohlichen polo- iisirenden Bestrebungen entgegen zu treten, ist nicht neu.
Schon in der Mitte der dreißiger Jahre is die preußische Staatsregierung zu demselben Zwecke auf gleihem Wege, nicht ohne Erfolg, vorgegangen.
Wenn aber die damals getroffenez Maßregeln nit die erhoffte volle Virkung gehabt haben, so lag der Grund theils in der nicht immer zielbeeußten Ausführung, ganz vorzugsweise aber darin, daß der Fonds, welcher für diesen Zweck damals zur Verfügung stand, zu Ma auc) en war.
ie Maßregeln, mit denen die Staatsregierung gegenwärtig die Aufgabe, allmählich fortschreitend, zu lösen beabsichtigt, sind folgende:
1) Verwendung geeigneter Grundstücke des vorhandenen fiskalischen Domänen- und Forstbesißes zur Errichtung landwirthschaftlicher Stellen ven mittlerem oder kleinem Umfange (Bauernhöfe, Arbeiterstellen).
_ 92) Bereitstellung von Staatsmitteln zum käuflihen Eriverbe solcher Grundstücke, welhe sich zur Errichtung der vorbezeichneten ndwirthschaftliGen Stellen eignen. ind zur Regelung der Gemeinde-, Kirhen- und Schulverhältnisse neuer Stellen und ganzer Gemeinden. _Zu 1, Die geschlossenen Domänen bilden zumeist, in langjäh- tiger Uebung, vollständig durchgebildete wirthschä\tlihe Einheiten und in der Mehrzahl Mustérwirthshaften, welhe für den Fortschritt in Den Zweigen der Landwirthschaft jederzeit von der größten Bedeu- ¿ung gewesen sind. Eine Auflösung derselben in mehrere Cinzelwirth- asten würde der Regel nah nicht ohne erheblihe Geldopfer und ht ohne große sonstige wirthsaftlihe Verluste möglih scin. wonehin sind viele Domänen wegen ihrer Boden- und sonstigen irthschaftlihen Verhältnisse zu ciner Parzellirung ungeeignet. Auch E in Betracht,“ daß auf ciner großen Zahl von Domänen ge- vie Verpfli tungen ruhen, welche eine Veräußerung derselben nul sig machen, und daß endlich. sämmtlihe Domänen zur Zeit na let sind und jedenfalls erst das Ende der bestehenden, zum oan Theil noch auf eine lange Reihe von Jahren laufenden Picht- ge abgewartet werden müßte, bevor über sie anderweit verfügt verden könnte. nb b von den Domänen-Vorwerken in den hier in Betracht kom- j Sa Landestheilen, welche in den nächsten Jahren pachtfrei werden, i P eine oder andere zur Verwendung für Zwecke dieser Vorlage i M wird in endgung ezogen werden. j: eins s läßt sih aber Mei jeßt mit Sicherheit voraussehen, -daß oe ¿xariellirung von Staatsdomänen und die Verwendung fonstiger fan înen- und forstfiskalisher Grundstücke nur in beschränktem Um- L ausführbar sein wird, und es ist außer Zweifel, daß die Zwecke den fzmmvärtigen Vorlage auf diesem Wege allein niht erreiht wer- Stat 2 und 3. Vielmehr bedarf es dazu der Bereitstellung von
i mitteln, sowohl zum fkäuflihen Erwerbe von Grundsküken, mali für die Ziele dieser Vorlage geeignet sind, als auch zur erst- jur P Einri tung der zu errichtenden Stellen und Gemeinden und
egelung ihrer Gemeinde-, Kirchen- und Schulverhältnisse. Gedanke, daß es sih dabei um eine weitgreifende Liberalität
des Qt #8 Staats handeln könnte, ist von vornherein zurück zu weisen. Bei
3) Bereitstellung von Staatsmitteln zur erstmaligen Einrichtung.
allen ihren Operaticnen wird die Staatsregierung „davon - ausgehén, daß der Staat dur die Anzablungen des Käufers oder dur die von ibm zu-[eistenden Geldrenten annähernd s{adlos gehalten oder cine mäßige Verzinsung des, aufgewendeten Anlagekapitals s\ichergestellt werde; allen Erwexbungen von Grurid und Boden für Zwecke dieser Vorlage wird eine sorgfältig geprüfte Rentabilitätsrechnung voraus8gehen. — Andererseits handelt es sich bei dieser Vorlage nit “darum, finanzielle Vortheile für den Staat zu géwinnen, man wird si vielmehr im Großen und Ganzen, wenn die Ziele dieser Vorlage erreiht werden sollen, mit einer mäßigen Verzinsung des aufgewendeten Kapitals be- gnügen müssen, zumal man troß der äußersten Sorgfalt auf ver- cinzelte Ausfälle ‘gefaßt fein muß. Die Aufgabe, welche in dieser Vorlage gestellt ift, wird nur dann glücklih gelöst werden können, wenn der Staatëregierung in der bestimmungsmäßigen Disposition über die bereit zu stellenden Staatsmittel, vorbehaltlich der dem Land- wNe abzulegenden jährlihen Rechenschaft (§. 6), möglichst freie Hand gelassen wird; jede Beschränkung, welche über das Maß hinausgeht, welches der §. 2 des Gesetzentwurfs bezeihnet, kann nur hemmend wirken und die Staatsregierung verhindern, dem einzelnen Falle die nöthige Rücksicht zu \{enken.
Was speziell die Kosten der erftmaligen Einrichtung und der erst- maligen Regelung der Gemeinde-, Kirchen- und Schulverhältnisse an- langt, so wird dazu in manchen pes ein Zuschuß aus Staatsmitteln nicht erforderlich sein, in zahlreihen Fällen wieder, namentlich, wenn es sich um die Errichtung ganzer Landgemeinden handelt, wird die Ausführbarkeit einer großen und durchgreifenden Maßregel ganz unab- hängig sein von der Möglichkeit, Staatsmittel in irgend einer Form dafür flüssig zu machen. Es versteht sih jedoch von elbst, daß folche Aufwendungen bei Aufstellung der Rentabilitätsberechnung mit in Rechnung gezogen werden, und daß es nicht die Absicht sein kann, die- selbe anders zu behandeln, als den übrigen Theil des vom Staate auf- gewendeten Anlagekapitals.
Zu den einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfs ist Folgendes
zu bemerken : Zu den §8. 1 und 3.
Bei der Bemessung der Höhe des erforderlihen Kredits ift ein gewiffer Grad von Willkür unter keinen Umständen zu vermeiden. Die Anhaltspunkte, welche die Königlihe Staatsregierung für den von ihr beantragten Satz geben kann, u etwa folgende:
Nach den Kaufgeschäften der leßten Jahre beläuft fh der durh- \hnittlihe Preis für den Hektar in den betheiligten Provinzen auf ungefähr 560 A4 Es ist möglich, daß die heutigen Konjunkturen der Landwirthschaft und die geschäftliche Lage, in welcher {ih viele Be- sißer befinden, diesen Preis noch weiter herunterdrücken. Es ift auhch möglich, daß die durch diese Vorlage zu \haffende Aussicht, an dem Staate für den s{limmsten Fall einen Abnehmer zu haben, die Preise zeitweise steigert. Für die erstere Alternative spricht der Umstand, daß allein innerhalb des Bezirks der Provinz Posen der Verkauf von (egen 100 größeren Besitzungen in Aussicht steht. Ob Anträge der
läubiger. auf Subhastation durch die Befürchtung zurückgehalten werden, daß bei Zivangsverkäufen in der gegenwärtigen Sachlage ein Theil der eingetragenen Schulden gänzlich ausfällt, entzieht \sich jeder Berech- nung. Andererseits wird das Auftreten des Staats als Käufer vor- aus\fichtlich den Grundkredit befestigen und dadur die Zahl der An- träge auf. Subhastation möglicherweise mindern. Wenn leßteres der Fall ift, so steigt der Durchschnittspreis der Hektare vielleicht. Wirkt dagegen das Auftreten des Staats als Käufer darauf hin, det sih die Anträge auf Subhastation steigern, fo würde sh der Durch- \{chnittspreis des Grund und Bodens verringern. Immerhin würde die Summe von 400 000 000 #, wenn keine weiteren Ausgaben, als die für - den Ankauf - beabsichtigt würden, für die Erwerbung von mindestens 200000 ha ausreihen. Soweit. die Verhältnisse sich augenblicklich übersehen lassen,+ werden in den betheiligten Provinzen reihlich 100 000 ha schon heute zu den verkäuflichen gerechnet wérden können, sei es im Wege des freiwilligen, fei es in dem des Zwangsverkaufs. Die s{chwierigen wirthschaftlihen Verhält- nisse lassen befürchten, daß diese Zahl ih iñ kurzer Zeit erheblich steigert, vielleiht bis zut Verdoppelüng. “ Zu den Ankaufskosten von Grund und Boden treten aber die unter Umständen nicht minder erheblichen der Besiedelung selbs. Es liegt auf der Hand, daß dies Kosten um so höher sein werden, je kleiner im Durchschnitt der dem einzelnen Kolonisten zu gewährende Besiß bemessen sein wird. Jn einem gleichen dg werden sih die Kosten steigern, welche durch die Heranziehung und Anwerbung der Kolonisten, durch die Errichtung der nothwendigen Baulichkeiten und die Regelung der neu einzu- richtenden Komwunalverhältnisse entstehen müssen. Die zu erwerben- den Grundstücke werden vorausfihtlich vorwiegend in größeren Güterkompleren bestehen,“ von, denen einzelne {hon jeßt den Kaufwerth einer Million und mehr Mark nah Fläche und Vo- nifikation beanspruchen würden. Solche Besißungen 1werden vorläufig in der gleichen Art, wie jedes andere landwirthschaftlihe oder forst- lihe Staatseigenthum zu bewirthschaften sein, die Landgüter durch Verpachtung, die Forsten durch Einrichtung Königlicher Oberförstereien. Die Besiedelung und Vertheilung folcher Komplere und größerer Güter läßt fh überhaupt nicht sofort, sondern nur allmählich im Laufe der Jahre bewirken. Die vorläufige domaniale Bewirthschaftung unter Bedingungen, welche die Erhaltung und Kräftigung des deutschen Elements gewährleisten, wird fo lange dauern müssen, bis es gelungen sein wird, die Kolonisten für die neuen Befiedelungen anzuwerben, die leßteren zu bebauen und zu überweisen. Für diese Operationen müssen die Kosten, welche sie nach ihrer Ausdehnung und nach der dadurch erforderlichen Zeit beanspruchen würden, disponibel sein, bevor sie begonnen werden können. Wollte man die Ankäufe nur in dem Maße bewirken und fortseßen, wie es gelingt, die ersten derselben zu verwerthen und zu besiedeln, fo würde die Entwickelung der ganzen politischen Maßregel eine unberechenbare Zeit erfordern. Die augen- blicklih bedauerlich geringe Rentabilität von Grund und Boden und die geringe 2 des gegenwärtigen Zinsfußes lassen den Augenblick für die Vorbereitung der beabsichtigten Reform als eine ungewöhnlich günstige erscheinen. Es ist deshalb die Summe, deren Verfügung beantragt wird, eine verhältnißmäßig hoh gegriffene. Aber sie wird immer nur Verwendung finden in dem Maße, in welchem sich dur Zwangsverkäufe oder durch vortheilhaft angebotene Geschäfte aus freier Hand nüßlihe Erwerbungen ohne wesentlihen Schaden für die Staatskasse machen lassen.
Es ift ferner in Se genommen, die nah §. 1 bereit zu stellenden Mittel nicht lediglich für folhe Stellen zu verwenden, Wwelibe auf den nah §. 1 Ziffer 1 neu anzukaufenden Grundstücken errichtet werden, sondern auch für diejenigen Stellen, welche auf bereits vor- handenen domänen- und forstfisfalishen Grundstücken neu begründet werden, denn der Domänen- und Forstverwaltung stehen keine Fonds zur Verfügung, aus welchen beftimmungsmäßig die mit der ersten Einrichtung solcher Stellen oder mit der erstmaligen Regelung ihrer Gemeinde-, Kirhen- und Schulverhältnisse verbundenen Kosten, wenn auh nur vorshußweise, bestritten werden könnten. Aus diesem Grunde ist im Schlußsaß dieses Paragraphen ausdrüdtlich ausge- \sprochen, daß auch in diesen Fällen der der Staatsregierung. über- wiesene besondere Fonds zur Verwendung kommen foll. :
Es entspriht im Uebrigen der Natur der Sache, daß die“ im 8. 1 ausgeworfene Summe nur arbiträr bemessen werden konnte.
Wenn aber .die Beträge, welche der Staat als Schadloshaltung nah den 88. 2 und 3 der Vorlage erhält, zu dem im §. 1 bezeich- neten Fonds zurückfließen und für die Zwecke der Vorlage wieder. ver- wendet werden können, so wird der geforderte Betrag voraussichtlich einigermaßen genügen, um bei gleihmäßiger Verwendung geeigneter Grundstücke der Domänen- und Forstverwältung in einer nicht zu langen Reihe von Jahren durchgreifende Erfolge für die Ziele dieser Vorlage zu gewinnen. .
Zu 8. 7.
Bei der demnächstigen Ausführung der Ma Elgien Maßregeln ift die Lens einer mit den örtlichen und allen \onstigen ein- \chlagenden. Verhältnissen genauer bekannten besonderen Kommission wünschenswerth. i Mit Rücksicht auf “die große politishe und wirth\schaftlihe Trag- weite der Geseßesvorlage, und um den bewilligenden Körperschaften
in den Fortschritt der Unternehmungen einen jederzeit siheren Einblick zu gewähren, ershien es angezeigt, dem Landtage eine geeignete Ver- tretung in dieser Kommission dur das Geseß zu sichern; im Uebrigen ist es aber für zweckdienlich erachtet, alle näheren Bestimmungen über die Zusammenfeßung+und den Geschäftskreis der Kommission König- lier Verordnung vorzubehalten.
_— In dem Etat der Justizverwaltung pro 1886—87 ermäßigen sih die Einnahmen (49 028 000 4) gegen den laufenden Etat um 1442000 4, weil sich die Kosten (41 000 000 4) um 1 563 000 Æ verringern, dagegen erhöhen \ich die Einnahmen, welche als Emolumente der Beamten zur Verwendung kommen, um 21 900 , der Arbeitsverdienst der Gefangenen um 76 000 Æ. und die sonstigen Einnahmen um 22 200 M.
Bei den dauernden Ausgaben (85 463 000 4), die s{ gegen den Etat für 1885—86 um 200 000 MÆ. ermäßigen, find folgende Ver- änderungen hervorzuheben. Die Gehaltzulagen für die 411 Dolmetscher in den Ober-Landesgerichtsbezirken Königsberg, Marienwerder, Posen und Breslau follen um 100 A. (auf 200 4.) erhöhet werden, wodurch 41 100 M. Mehrausgaben entstehen. In Folge der erheblichen Zahl der Gefangenen ist eine Vermehrung des Beamtenperfonals (+ 24 900 46) und des Aufsichtêpersonals (+ 70 640 M) nothwendig geworden. Der Fonds für Gefängnißverwaltungskosten ermäßigt fich unt 300 000 Æ Bei den Wartegeldern der in Folge der Organisation ausgéschiedenen Beamten tritt eine Ersparniß von 243 000 #4. ein. Die Wittwen- und Waisengelder erhöhen sich um 126 700 Æ, die Kalkulaturgebühren um 23 000 MÆ.
__ Zur Ausführung von 23 verschiedenen Bauten sind unter den einmaligen und außerordentlihen Ausgaben 2280600 M4 (+ 631 280 M) ausgeworfen worden.
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
In Quarantäne auf dem öfsterreihish-ungarischen Lloyd. Ein Sittenbild aus dem RIX. Jahrhundert. (0,50 4, E. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hofbuchhandlung) Berlin SW. 12, Koch- straße 68—70. — Diese kleine Schrift ift eine Streitschrift, ein Protest gegen die Quarantäne, wie fie jeßt gegen die Reisenden aus- geübt wird. Sie erzählt wahrheitsgetreu die Schicksale eines Lloyd- \chiffes, welches die österreichish-ungarische Lloydgefellschaft ohne jeden Versuch einer Abhülfe oder Einrede 12 Tage in einer widerrehtlidh verhängten Quarantäne zubringen ließ, und die Unbilden, denen die Passagiere während dieser Gefangenschaft ausgeseßt waren.
— Die in Leipzig und Berlin den 13. d. M. erscheinende Nr. 2224 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Ab- bildungen: Liebeserklärung. Nach einem Gemälde von E. Lancerotto. — Der 100jährige französishe Chemiker Michel Eugène Chevreul. — Julius Dinder, der designirte ErzbisÞof von Gnesen-Posen. — Der Winterkurort Davos-Dorsli in der Schweiz. Nach einer pvhotographi- \chen Aufnahme von Rössinger-Jeanneret in Davos. — Die Eisbahn auf dem Neuen See bei Berlin. Originalzeihnung von Knut Ekwall. (Zweiseitig.) — Bilder von den Samoa - Inseln. 11 Ab- bildungen. Nach photographischen Aufnahmen. 1) Trinkgefäße aus Kokosnußschale. — 2) Junger Häuptling. — 3) Haarkämme aus Holz. — 4) Küstenansiht der Insel Manuai. — 5) Eine Samoa- Kirche auf der Insel Tutuila. — 6) Blüthen der Kokoëpalme. — 7) Samoanisches Kriegscanoe. — 8) Tochter eines Häuptlings. — 9) Brodbäume mit Früchten. — 10) Straße in Apia (Wohnhäuser und Kaufläden). — 11) Brodbaumfruht. — Karte der Samoa- oder Shiffer-Inseln. — Friedrih von Tschudi, f am 24. Januar. — Aesop. Plastishe Gruppe von Heinrih Möller. — Flagge der Deutsh-Ostafrikanishen Gesellschaft — Moden: Die prämiirte Wiener Ballfrisur für 1886. — Frauenzeitung: Frida Schanz.
Gewerbe und Handel.
„Kunst und Gewerbe“, Zeitshrift zur Förderung deutscher Kunst-Industrie, herausgegeben vom Bayerischen Ge- werbe-Museum zu Nürnberg, redigirt von Dr. I. Stobauer. Verlagsanstalt des Bayerishen Gewerbe-Museums (C. Sw(rag) in Nürnberg. XX. Jahrgang, 2. Heft. — In dem vorliegenden Februarheft giebt J. Folnesics eine Uebersicht über die Fortschritte und Erzeugnisse der heutigen Wiener Kunstindustrie, unter Beifügung mehrerer Abbil- anges solcher, nämli eines {chönen Schrankes im Renaissancestyl, von P. Leisz, sowie zweier Lederkafsetten, von P. Pollak in Wien, von denen die eine mit Ornamenten in italienishem Renaifsancestyl, die andere mit solchen orientalischen Charakters geziert ist. Dann folgt eine funstgeshichtlihe Untersuchung von Dr. Marc Rofenberg über Johann Rösner, einen Schüler Sgmniyers. Von cinem der anmuthigsten Goldshmiedewerke dieses Künstlers. einem den Bogen spannenden Amor (aus der Sammlung des Frhrn. Karl von Rothschild in Frank- furt a. M), ift eine zweiseitige Abbildung dem Text beigedruckt. ‘Wie der Verfasser ausführt, kennen wir noch drei Werke von Rösner, fämmtlih Nautilus-Pokale, zwei in Kassel, einer in Dresden; auch die sog. Jamnigter- Kassette im Berliner Kunstgewerbe-Mufeum ist er geneigt, diesem begabten Schüler Jamniters zuzutheilen. — Daran reihen sich Mittheilungen aus dem Bayerischen Gewerbe- Museum, die Jahresberichte der Münchener Frauen-Arbeits\cule -und des damit verbundener Arbeitslehrerinnen-Seminars für das Schul- jahr 1884/85, sowie die der Kunstgewerbeshule in Karlsruhe, Be- ridte über das Orientalishe Museum in Wien, über die Waffen- ausstellung des Mährishen Gewerbe-Muscums in Brünn 2x. Be- sonders interessant find die Mittheilungen über die prächtigen, nah den besten persischen, levantinishen und altdeutshen Mustern aus Woll- und Ziegenhaarfäden hergestellten Teppiche der Neustädter Teppichschule, welhe in der vom Schlesischen Central-Gewerb- verein im Provinzial - Museum zu Breslau veranstalteten funstgewerblißen Ausstellung zu sehen waren und wohl dazu geeignet erscheinen, der Hausindustrie in Oberschlesien einen neuen Erwerbszweig zu eröffnen. Bisher haben Teppiche des Berliner Kunstgewerbe-Museums als Vorlagen gedient. Die Ein- führung der, Teppichknüpferei in Deutschland als weiblihe Haus- industrie ist, “wie des Weiteren dargelegt wird, um so aussfichtsreicher, als einmal die Verwendung von Teppichen bei uns immer mehr zu- nimmt, andererseits aber die altberühmte persishe Teppichindustrie, nah Ausfagen eines so genauen Kenners wie Brugsch-Pascha, welcher noch kürzlih an Ort und Stelle selbst Beobachtungen darüber anzu- stellen Gelegenheit hatte, im Erlöschen begriffen erscheint, fodaß echte persische Teppiche in den dortigen Bazaren kaum mehr zu finden sind, \höóne alte Arbeiten aber mit hohen Summen bezahlt werden. — Mittheilungen aus dem Kunsthandel, aus dem Buchhandel“ sowie die Uebersicht der periodishen Literatur der Kunst und - des Kunst- gewerbes bilden den übrigen Inhalt des Hefts. Von den beige- gebenen Kunstblättern veranschauliht das erste (in \{chöner Chromo- lithographie) eine türkishe Fayence-Platte von Jechil Djami in Brufa, die zweite (Lichtkupferdruck) eine Schließe von feinstem Sikber- fngral die dritte (Autotypie) eine italienishe. Holzschnißzereci (leßtere eide Werke aus der Mustersammlung des Bayerishen Gewerbe- Museums). — Auch im Tert fehlt \chöôner älterer und neuerer Erzeugnisse des Kunstgewerbes®. Da finden wir einen \ch{chwungvoll modellirten . Bild- rahmen im Styl deutsher, an Aldegrevers pot P GRe ih anlehnender Renaissance, entworfen von Hellmuth, Mavence-A bodenplatten aus San Sebastiano in Venedig, eine Car- touche von den Thüren der Uffizien in Florenz, eine Prunkwaffe mit gelten Ornamenten, éin {önes Stoffmustér ‘aus einem italienischen Madonnenbilde und mehrere \{chöne Probe-Jllustrationen aus dem Georg Hirthshen Werke: „Das deutsche Zimmer 2c.“ — Dem Heft liegen die Nrn. 2 und 3 der „Mittheilungen des Bayerischen Gewerbe-Museums* bei. /
— Der Dortmunder Bankverein-hat für das Geschäftsjahr 1885 eine erbébliche Zunahme feiner Geschäfte zu verzeichnen. Der Gesammt-Umsatz is von 71 Millionen in 1884 auf 85 Millionen Mark in 1885 gestiegen, während der Bruttogewinn ih in 1885 auf 139 752 6 (1884 auf 111410 M) beläuft. Das Gewinn- und Ver-
es nicht an Abbildungen