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® zu behandeln. —
II. Spanien. , Æ 18. März, 1 Uhr. Madrid.
Direccion SFeneral de Propiedades y Dereckos del Estado-
Negociado de Ádministracion. j __ 4600 shmiedeeiserne Flashen — und 4000 Stück mchr wenn erforderlich — zum Verpacken von Quecksilter, welhes aus den Minen von Almadén gewonnen wird. Voranschlag 275000 Pes. Kaution
13 750‘Pes. Näheres an Ort und Stelle.
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Berlin, 22. Februar 1886.
von Boyen 7.
3A dem am 19. d. M. aus dem Leben geschiedenen General der Znfanterie z. D., General - Adjutanten Sr. Maiesdt des Kaisers und Königs und Chef des hessishen Füsilier-Re- giments, Leopold Hermann von Boyen, betrauert die Armee den Verlust eines höheren Führers, welcher längere Zeit indurh der militärischen Rain des Allerhöchsten riegsherrn angehörte, und der als der Nachkomme des in der FreumtRen Staats- und Heeresgeschihte unvergessenen General - Feldmarschalls und langjährigen Kriegs - Ministers von Boyen das Andenken an persönliche Beziehungen lebendig erhielt, welche in einer der denkwürdigsten historishen Epochen Sus angeknüpft worden waren. „Jm Jahre 1811 zu önigsberg i. Pr. geboren, und im Jahre 1829 als Second- Lieutenant in das 2. E Den z. F eingereiht, trat der Verewigtze im Jahre 1834 als Adjutant zum Stabe des General-Kommandos des V. Armee-Corps zu Posen über, welches leßtere damals von dem Vater desselben befehligt wurde. An ahtjähriger Dienstleistung in dieser Stellung erfolgte im Fahre 1842 seine Kommandirung und 1843 seine Verseßung zum Generalstabe. Jn die Zeit, während welher der damalige Hauptmann von Boyen dem Generalstab angehörte , fielen Kommandirungen nah Krakau und Neufchatel, welhe die Theilnahme an wichtigen politisch-militärishen Missionen in sih {lo}fen. Am 24. März 1848 wurde der Heimgegangene zur Dienstleistung als persön- liher Adjutant bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen von reußen kommandirt, in welchem Verhältniß ex E als Flügel-Adjutant, General à la suite und General-Adjutant im militärishen Gefolge Sr. Majestät bis zu dem vor einigen Tagen erfolgten Tode verblieb.
Innerhalb der 38 Jahre, während welcher General von
Boyen zu dem militärishen Hofstaat der Allerhöchsten Person ehôrte, wares demselben vergönnt, in drei Feldzügen der Begleiter r. Majestät des Kaisers und Königs sein zu dürfen. Zu- erst im at d 1849 in Baden, woselbst er an den Gefechten von Ludwigshafen, Philippsburg, Waghäusel, Kuppenheim und an der Belagerung von Rastatt Antheil nahm, dann 1866, wo er im Großen Hauptquartier die Schlahht bei Königgräß mit- machte, und im Kriege von 1870/71, in welchem der Verstorbene zur besonderen Dienstleistung als General- Adjutant Sr. Majestät des Königs berufen, den Schlahten von Gravelotte und Sedan, den Be- lagerungsfämpfen von Malmaison und am Mont-Valérien beiwohnte. Nah der Schlaht bei Sedan geleitete er den Kaiser Napoleon nach Schloß Wilhelmshöhe.
In der Zeit zwischen den vorstehend genannten Kriegen gehörte General von Boyen in verschiedenen Dienststellungen der Armee an. Jm Fahre 1863 befehligte er kurze Zeit die 4. Giras - Aanitetie - Brigade, — von 1866 bis 1870 führte er das Kommando der 21. Division in Frankfurt a. M. Nah dem letzten Kriege bekleidete der Verewigte von 1873 bis 1875 den Posten des Gouver- neurs von Mainz, und war von 1875—1879 Gouverneur von Berlin. Zwei Jahre vor Vollendung der fünfzigjährigen Dienstzeit zeihnete ihn sein Kaiserliher Kriegsherr durch Verleihung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler aus. Die Feier des fünfzigjährigen Dienst- jubiläums war für den General der Zeitpunkt, zu welchem derselbe aus dem Militärdienst schied. Seit jenem Austritt lebte er in stiller Zurückgezogenheit, theils in Wies- baden, theils in Thüringen im Kreise seiner Familie.
General von Boyen war seit 1850 mit der Prinzessin vas Biron vermählt, welcher Ehe vier Töchter entstammen.
ie Leiche des. Verewigten wird heute Abend 7 Uhr 15 Minuten von Jena auf dem Anhaltishen Bahnhof hier eintreffen, nah der evangelischen Kirche des Jnvaliden- hauses übergeführt und dortselbst aufgebahrt werden. Morgen Nachmittag 2 Uhr wird demnähst die feierliche Beisezung auf dem Jnvaliden - Kirchhofe mit militärishen Honneurs statt- finden. — Die Offiziere der Garnison werden durh De- putationen vertreten sein. Die Trauerparade kommandirt der General-Major. von Kaltenborn-Stachau, Commandeur der 2. Garde-Znfanterie-Brigade; dieselbe besteht aus je einem Bataillon des 2. Garde-Regiments z. F. und des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 mit Fahnen und Spielleuten resp. der Regiments-Musik des erstgenannten Re- giments, aus je einer Escadron des Garde: Kürassier-Regiments, des 1. Garde-Dragoner-Regiments und des 2. Garde-Ulanen- Regiments mit dem Trompeter-Corps des Garde-Kürassier-Regi- ments und aus 2 Batterien von je 4 Geschützen des 1. Garde- M ns nebst Trompeter- Corps. Die Auf- tellung der Trauerparade erfolgt in der Scharnhorststraße. Vom Hessischen Füsilier-Regiment Nr. 80, dessen Chef der verstorbene General der Jnfanterie von Boyen gewesen, ist eine Deputation unter Führung des Commandeurs des Regi- ments, Oberst Freiherrn von Keyserlingk, zu den Trauerfeier- lihkeiten hier eingetroffen.
Sißung des Teltower landwirthschaftlichen Ver- eins zu Berlin im Englischen Hause am 16. Februar 1886. Der orene, Oekonomie-Rath Kiepert-Marienfelde, legte ein Schreiben der Mittelmärkischen Ritterschafts-Direktion und eine übersichtliche ge D S A der für den kreditsuhenden Grundbesitzer wichtigsten tatutarischen Befinden bei dem Neuen Brandenburgischen Kredit- Institut und bei der Central-Landschaft für die preußischen Staaten vor. Hr. Professor Alex. Müller machte aufmerksam auf die Ein- tellung von 5000 M. zur Hebung des Handfertigkeits-Unterrichts in den Etat des «Königreihs Sachsen. er Leßtere empfahl weiter, die Frage wegen Bewilligung von Reisegeld für einen nach Süd-Amerika zur Information zu \sendenden Land- wirth bei dem Provinzialverein anzuregen , C die Frage wegen besserer Buchführung der kleineren Landwirthe — Hierauf sprach Hr. W. Helm, Vertreter des Bergedorfer Cisenwerks, über einige Kapitel aus „Theorie und Praxis des modernen Meiereibetriebes!" Derselbe führte ein hübshes Modell des Lavalschen Separators in Thätigkeit vor und empfahl das Centrifugiren als die beste Methode, um gute Sahne und süße Magermilch zu erhalten. Die Mehrausbeute an Butter
stellt sih gegenüber dem hobsteinishen Sattenverfahren auf 190—20°/0,
ein Vergleich zum Schwarßschen Kaltwassersystem noch höher gegen- über dem Buttern aus gauzer Milch nur bis-10%/0; die Butter aus ganzer Milch “enthält aber immer etwas mehr Käsestoff. — Der Separator läßt sich schon in kleineren Wirthschaften, die nur 200 1 Milch täglich produ- ziren, anwenden, wenn man einen Göpel benußt und die Abend- und Morgenmilch zusammen centrifugirt. Erstere muß dabei dur einen von Hrn. Helm konstruirten Apparat während des Cinfließens erwärmt werden. Redner bemerkte weiter, daß die Käsefabrikation wenig Fort- schritte gemacht habe, man wisse nur als Neues, daß zum Reifén des Käses bosphorsäure nothwendig sei. Die Ursache der edri Milch- preise fieht Redner 1) in der vermehrten Anwendung der künstlichen Kindernahrung ; 2) in der Vermehrung der Bg iu Berlin, in Folge der Rieselfelder ; 3) in dem Umstande, daß die Milch in Berlin „niht nah dem Fettgehalt gehandelt werde; man könnte mit weniger Kühen dieselbe Menge Butterfett erzielen, wenn man weniger, aber fettreihere Mil produzire ; 4) darin, daß die Produzenten si gar nicht um den Vershleiß der Milh fümmern; 5) darin, daß die Milchhändler zu wenig Verständniß von der Mil haben, auch sich zu viel Unkosten machen. Statt ih in die einzelnen Stadt- bezirke zu theilen, werde oft ein Haus von vier verichiedenen Milch- hândlern bedient ; s) in den nicht gut zu reinigenden hölzernen Fässern ; Redner hat cine Blechkanne mit Holzumhüllung konstruirt, die mit dem ersten Preise prämiirt ist; 7) in den kleineren städtischen Molkereien. Die Kübe müssen Bewegung haben. Redner fpricht endlich für den Verkauf der Mil dur die Stadt selbst oder durch cine große Gesellshaf — Hr. Muhr-Hellersdorf wünscht zwar kein Milh-Monopol, giebt aber Hrn. Helm in vielen Punkten Recht. Mit dem Separator sei er schr zufrieden, von 100 1 Milch erhalte er 4è kg Butter, freilih gehört auch Futter dazu. Nah Berlin kommt sehr viel geringwerthige Milch. — Hr. d'Heureuse sieht die Ursahe des Rückganges der Preise in der gesunkenen Kaufkraft der Berliner Bevölkerung. Seine Frage, ob man die Centrifugen-Sahne auch für Konditoret- zwecke benußen könne, beantwortet Hr. Helm dahin, daß man je nah dem langsameren oder s{chuelleren Milchzufluß dickere oder dünnere Sahne erzielen könne. — Auf die weitere Frage des Hrn. d'Heureuse, ob der Milchzucker, den man aus der süßen Magermilch gewinnt, einen größeren Markt habe, erwidert Hr. Helm, daß der Milchzucker der Kuhmilh zugescßt werden könne, um sie der Frauenmilch ähn- licher zu machen; leßtere hat 6,2%, Kuhmilch 4,8 9/ Milchzucker im Durchschnitt. — H. Muhr erwähnt fein Verfahren zur Präparation der Kuhmilch als Ersaß der Muttermilch nah der wver- besserten Biedertshen Methode. Hr. Prof. Müller weist dar- auf hin, daß durch Erhißen auf 70 Grad G. der Käsestoff lösliher werde und niht mehr in so großen Flocken gerinne. Die Verdaulichkeit des Milchzuckers ist größer als die jeder anderen Zuckerart. Leider ist er noch zu theuer. Würde er in größeren Mengen erzeugt, so könnte man daraus durch Gährung Kefir her- stellen. Ju Schweden wird die Milch in den Sammelmeiereien nah der Butterausbeute bezahlt. Wenn eine Vertheuerung des Brannt- weins eintritt, wird eine Zunahme des Milchkonsums erfolgen. Man follte Preise für Methoden ausscßen, um die Milh auch den Erwachsenen \chmadckhaster zu machen. Ein Zusaß von etwas Bier giebt {on ein sechc angenehmes, in Schweden sehr beliebtes Getränk. Direktor Behmer bestätigt, daß Bier in warme Milch gegossen, sehr gut s{chmecke; als „Bierkäse“ sei das in den óstlihen Provinzen seit Alters her bekannt. Hr. Muhr weist darauf hin, daß er {hon Kefir bereite und den als Ferment dazu nöthigen Pilz aus dem Kaukasus habe kommen lassen. — Professor Wittminack beantwortet die Frage: Welche Erfahrun- gen sind über kanadishen und Triumphhafer gemacht worden? Redner wies auf eine Originalstaude des Triumphhafer hin, welche das Museum der landwirthschaftlihen Hochschule von Hrn. Chrestensen-Erfurt erhalten hatte, und bemerkte, daß der Triumphhafer sich für etwas {weren Boden eigne, für leichteren sei u. a. der Hafer, den Hr. Neuhaus-Selchow aus der kanadischen Ab- theilung der Wiener Weltausstellung . 1873 mitgebracht und seitdem reihlich vermehrt habe, vorzuzichen. An zwei Stauden, die Hr. Neuhaus dem Museum übergeben, demonstrirte er den außerordentlichen Wuchs und die gute Qualität der Körner; 100 Körner wiegen 3,23 Gr., von Triumphhafer 2,78 Gr. Inter- essant ist, daß, als Hr. Neuhaus in New-York eine Probe seines Hafers vorlegte, um neues Saatgut zu erhalten, man ihm sagte, daß man eher von ihm für Amerika beziehen könne. Die Herren Kiepert und Ring, welhe {hon in großen Posten Saatgut von Hrn. Neu- haus bezogen, bestätigten die gute Qualität, besonders auch die späte Reife des Hafers und das lange Stroh. Nach Hrn. Ring kommt der Triumphhafer ihm im Stroh glei, aber niht im Korn. — Professor Orth behandelte die Frage: Was hat die unterhalb Großbeeren liegende Wiesen-Niederung des Nuthe- Schauverbandes in Folge Staubewässerung bis jetzt an praktishen Erfolgen aufzuweisen? Der Redner Hob hervor, daß die Stadt Berlin durh die Entwässerung und Ueber- leitung des von den Rieselfeldern abfließenden, noch an Nährstoffen, namentli falpetersaurem Kalk, reihen Wassers viel genüßt habe, daß aber Moordammkulturen, welche dort bei dem kalkreihen Moorboden sehr gut verlegt werden könnten und \chon angelegt sind, darunter leiden. Man ollte die zu berieselnden Terrains von den Moorkulturen trennen. Einzelne Stellen der Wiesen werden, wie man behauptet, durch das im Winter mitunter direkt überlaufende, niht durch den Boden filtrirte Rieselwasser beschädigt, endlich haben einige Flächen durch Senken des Wasserstandes gelitten. Es sei der Vorschlag, den Hr. Neuhaus-Selchow vor Jahren gemaht: das Wasser zu beiden Seiten des Höhenrandes hinzuleiten, aufs Neue in Erwägung zu ziehen. Redner empfahl des Weiteren die Moorkultur, man müsse aber erst im Kleinen versuchen. Rimpau'’sche Dämme seien nicht überall nöthig; die Niederung aber muß die Höhe befruchten. Hr. Nimpau gewinnt durch seine Moorkultur so viel Futter 2c., daß er seine 2000 Morgen Höhe- boden 7. und 8, Klasse mit je 270 Ctr. Stallmist düngen kann! — Hr. Neuhaus bat Hrn. Professor Orth, Bodenuntersuhungen vor- zunehmen, die bäuerlichen Besißer seien sehr zur Moorkultur geneigt. — Hr. Fischer bemerkte, man “müsse vor Anlage einer Moorkultur erst die juridishe Frage erledigen; Hr. General Haller von Eberstein Élagt noch über Nässe auf seinem Terrain. — Hr. von Bredow warnt vor zu großen Hoffnungen bei der Moorkultur. Gute zweishürige Wiesen solle man nicht in (Moor-) Aecker verwandeln. — Alle Zu- en für den Verein find an den Vorsitenden, Hrn. Oekonomie- tath Kiepert- Marienfelde, zu richten.
Das von F. W. Barella, hierselbst Friedrihftraße 234 wohnhaft, dargestellte und durch einzelne hiesige Apotheker in den Verkehr ge- brahte Universal-Magenpulver soll nah Angabe der Ver- käufer 9 bis 10 9/0 Pepsin enthalten. Nach einer polizeilichen Be- kanntmahung haben aber amtlich veranlaßte chemisdhe Untersuchungen des Barella’schen Pulvers festgestellt, daß der Gehalt an wirklihem Pepsin ein sehr geringer ist, und daß das verwendete sogenannte Pepsin in schr großen Mengen Milchzucker enthält. , Der sür das in folcher Weise hergestellte Magenpulver geforderte Preis ist so hoch, daß dur denselben die Säße der preußischen Arzneitaxe für ärztlihe Verord- nungen (Nezepte) überschritten werden, und sind in Folge dessen die Verkäufer des Varella’schen Magenpulvers vom Richter wegen Ueber- \chreitung der Arzneitaxe verurtheilt worden.
Wie uns mitgetheilt wird, hat -die Versendung des Biliner Sauerbrunnens troß des Frostwetters in Folge der dringenden Be- ftellungen bereits begonnen. ;
London, 21. Februar, Abends. (W. T. B.) Im Hydepaqk fand heute Nahmittag eine sozialistishe Versammlung statt, welcher etwa 20 000-Perfonen beiwohnten. Die Führer der Sozia- listen, darunter Burns, hielten von drei rothe Fahnen führendeu Wagen aus Ansprachen an die versammelte Menge und sprachen dabei von der riesenhaft gewahsenen Bewegung der revolutionären Arbeiter,
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welche zum Blutvergießen führen würde, wenn die Regierung keine Besse- rung der sozialen Lage der arbeitenden Klasse vornehme. Es wurden mehrere Resolutionen angenommen, welche sih gegen die Regierung E weil sie keine Vorsorge getroffen habe zur Beschäftigung arbeitslofer Arbeiter, und in welchen die PRE einer nur aht- stündigen täglihen Arbeitszeit anempfohlen wird. Die Versammlung dauerte etwa eine halbe Stunde, die Wagen, mit Ausnahme desjenigen, auf welchem \ich Burns befand, entfernten sich dann; nur Burns begann nochmals zur versammelten Menge zu reden. Die berittene Peluel {ritt aber ein und nahm den Wagen, auf dem \sich Burns efand, in Beschlag. Die Menschenmenge ging danach auseinander.
— 22. Februar, früh. (W. T: B.) Bei der Rückkehr von dem gestern Nachmittag im Hydepark ftattgehabten sozialisti schen Meeting wurden. an einigen Stellen die Fenster in den Häusern eingeworfen, auch versuchte die Menge in die Parlamentsstreet, wo die Gebäude der Ministerien gelegen find, einzudringen, wurde daran jedo durch die Polizei verhindert. Hinter der Westminfter- brücke, wo der tumultuirende Haufen sich erheblich verstärkt hatte, kam es zu weiteren Ruhestörungen: es wurden viele Fenster zer- trümmert und andere Ausschreitungen verübt, bis die Polizei endlich die Straßen säuberte und zahlreihe Verhaftungen vornahm.
Mit der Aufführung des Lustspiels: „Die armen Reichen“ von Hugo Lubliner hat das Deutsche Theater sein Repertoire um eine Nummer vermehrt; ob damit eine erfreulihe Bereicherung desselben erzielt worden ift, muß freilih zweifelhaft ersheinen. Die Lublinersche Arbeit erhält sich auf dem Durchschnitt der mittelmäßigen Lustspiel-Literatur, welche eine ernste . Beurtheilung aus\cließt. Der Versuch Lubliners, ein Lustspiel feinen Styls zu \{chreiben, muß als ein mißlungener angesehen werden. Die Zeichnung derjenigen Gesellschaftskreise, in denen die Handlung vor si geht, ist verfehlt und giebt ein Zerrbild statt der beabsichtigten getreuen Darstellung ; die Charak- teristik der auftretenden Personen ist flüchtig und unsorgfältig, psycho- logishe Unwahrscheinlihkeiten sind es hauptsählih, unter denen die Handlung leidet. Die Konversation in der von Lubliner geschil- derten Gesellshaft sowie die Art des Verkehrs der ihr Angehören- den untereinander ist nichts weniger als fein und geistreih, und selbst die Technik des Werkes weist bedenklihe Mängel auf. Zu den besten Partien gehört der erste Akt und theilweise auch noch der zweite, obgleih dieser {on ermüdende Längen aufweist, die sich später wiederholen. Die Aufmerksamkeit und gute Stimmung der Zuhörer beschränkt sich also nur auf diese beiden Akte und s{chwindet in demselben Grade, wie das Bühnenwerk allmählich abfällt. Der dritte Akt wird durch ein zweckloses und ermüdendes Auf- und Abtreten der meist recht uninteressanten Personen, deren Beziehungen zu einander die denkbar gleihgültigsten sind, ausgefüllt. Den Schluß des Lustspiels, dessen Handlung sich mühselig dur vier Akte hindurchs{chleppt und zuguterleßt ganz stille steht, bildet eine possenhafte Lösung, welche in ihrer unbegründeten und ungeschickten Form auch die nachsichtigeren Zuschauer unbefriedigt läßt. Selbst das redlihe Bemühen der Darsteller vermag nicht, für dieses kaum lebensfähige Bühnenwerk ein besonderes Interesse cinzuftößen; die Rollen sind, bis auf wenige, recht undankbare und bieten wenig Anziehendes für ein bedeutendes Künstlerpersonal. Die Rolle der intriguanten jungen Wittwe, wel{e sich angelegen sein läßt, Heirathen zu vermitteln, \{ließlich aber selber dabei einen Mann findet, wurde von Frl. Geßner gegeben. Die junge Dame hat {hon \{chwieri- gere Aufgaben mit größerem Geschick gelöst, als die ihrem Können fo wenig angemessene Darstellung jener sonderbaren Frau von Saratow. Or. Friedmann verstand es mit seiner ausgezeichneten Darstellungs- kunst, aus dem verschrobenen Philosophen eine Figur von fo drolliger Wirkung zu schaffen, wie sie kaum in der Vorstellung des Verfassers beim Entwurf dieser Rolle bestanden haben mag. Frl. Sorma suchte sih ge\chickt mit der ihr zugefallenen, wenig erfreulichen Partie abzufinden; au sie vermag in threr erfolg- reichen Theaterlaufbahn glülichere Abende aufzuzählen, als diejenigen der ersten Aufführungen des Lublinerschen Lustspiels bis jeßt ge- wesen sind und wohl noch sein werden, Hr. Kadelburg wußte dur sein frishes Spiel über den fehlenden Gehalt seiner Rolle hinwegzutäushen. Hr. Schönfeld hat in dem Lustspiel „die traurige Aufgabe, seiner zukünftigen Herzensdame Dinge sagen und von ihr hören zu müssen, wie man sie uyter wohlerzogenen Leuten aus den besseren oder besten Kreisen \{werlich gewohnt ist. Daß diese Rollen, wie auch diejenige der Bankierfrau Bergmann, ganz überftüssige sind und nur dazu dienen, die Zeit aus- zufüllen, möge an dieser Stelle noch bemerkt werden. Troß aller dieser Fehler, welche dem neuesten Lustspiel Lubliners anhaften, schien das- selbe doch unter dem Publikum Anklang zu finden und trug selbst dem anwesenden Verfasser einige Hervorrufe ein.
— Im Wallner -Theater hat Hr. Blencke, von seinem Un- wohlsein wieder hergestellt, in dem lustigen Shwank „Alfreds Briefe“ von Klaußmann und Brentano, seine Rolle, den Referendar Ebert, Brel übernommen. Das Stück findet allabendlich wachsenden
eifall.
Im RNesidenz-Theater hat gestern die leßte Sonntags-Auf- führung des Dumasschen Schauspiels „Denise“ stattgefunden, da bereits am kommenden Sonnabend, den 27. d., die diesjährige NAlGmgengv i dieser Bühne zum ersten Mal über die Bretter geht.
ieselbe besteht aus dem dreiaktigen Schwank von Maurice Ordonneau: „Herr Godin und seine Töchter“, dem vorjährigen Zug- und Kassenstück des Palais Royal, sowie aus dem einaktigen Lustspiel „Der zündende Funke“ von Edouard Pailleron.
Im Krollschen Theatersaale: hat am Sonnabend das erste der beiden angekündigten Concerte der Fr. Amalie Joachim stattgefunden und zwar unter Mitwirkung der Cello-Virtuosin Frl. Adelina Hanf - Meßdorff und des Violin - Virtuosen Hrn. Hans Wessely. Die geschätßzte Concertgeberin saug zuerst eine Arie aus dem Max Bruchschen Achilleus und demnächst eine ganze Reihe auserlesener Lieder von Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert und Schumann. &r. Joachim erwies sih in der Ausführung dieser Sachen, in der vollendeten technischen Behandlung ihrer \{önen Stimme und in der edlen Ausdrucksweise als die noch immer einzig und auf unbestrittener Höhe dastehende Oratorien- und Liedersängerin. — Die Cellistiw cine Schülerin des Hrn. H. Grünfeld, besißt ein vorgn chrittenes technisches Können und unzweifelhafte musikalisür )egabung. Sie spielte rein und sauber. — Der Violinist »er- Wessely trug Stücke von Vieuxtemps, Svendsen sowie den urfpr® / lih für Cello komponirten „Elsentanz“ von Popper vor. Er bewàBe- sih als der {hon an dieser Stelle mehrfach LelvLoMene Künstler seines Instruments. — Ein besonderes Lob gebührt de- \{chönen Begleitung des Frl. Fernow bei den Gesängen dec Frau Joachim. — Das überaus zahlreih erschienene Publikum spendète den Vorträgen der Fr. Joahim und auch den Gaben der mitwirkenden Künstler lebhaften Beifall.
Im Saale des Hotel de Rome giebt morgen, Dienstag, Abends 73 Uhr, Hr. Arthur Jahn ein Concert unter Mit- wirkung von“ Frl. Sophie Fernow sowie der Hrrn. von Hartwig und Oehlbey.
Am Mittwoch, den 24., Abends 7# Uhr, findet im Saale der Sing-Akademie ein Concert von Hrn. Hugo Beer und Sr. JeanneBecker, unter Mitwirkung des Hrn. von zur Mühlen, statt.
Redacteur: Niedel.
Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen :
Berlin:
(einshließlich Börsen-Beilage). (2621)
Erste Beilage
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« .
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Stants-Auzeiger.
Berlin, Montag, den 22. Februar
1886.
.F4G.
Deutsches Reich. Nachweisung dei der Zeit vom 1. Januar bis 15. Februar 1886 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Zoll- und
Steuervergütung abgefertigten Zuckermengen.1)
—————————————————— ———
Staaten bezo. Verwaltungs - Bezirke
Menge des abgefertigten Zuckers.
Kandiszucker und Zucker in weißen vollen harten Broden (Nr. 697 des statistischen Waarenverzeichnisscs)
i in der Zeit in der Zeit) vom E
1. bis | 1. bis zusammen 31, Januar | 15. Febr.
Zucker in Krystall -, Krümel- und Mehlform von mindestens
in der Zeit 'in der Zeit
1. bis | 1, bis ¿usammen 31. Januar | 15. Febr. j
Aller übrige harte Zuer, sowie alle weißen trockenen Robzucker von mindestens 88 9% Polarisation (Nr. 699 des statistischen
98 9/0 Polarisation Tati! Waarenverzeichni}ses)
(Nr. 698 des statistischen Waarenverzeichnisses)
| | [
in der Zeit | in der Zeit vom | vom vom | vom | L La
31, Januar | 15. Febr.
zusammen
kg
Preußen.
Provinz Ostpreußen . Westpreußen Brandenburg . Pommern Posen ; le j Sachsen, einsch{l. der Schwarzb. Unterherr- schaften . E Schleswig - Holstein er
Bestfalen essen-Nafsau . Rheinprovinz .
Sa. Preußen
Bayern .
Sachsen .
Württemberg .
Baden ;
Hessen.
Me
Thüringen eins{chl. der Großh. sächsishen Aemter Allstedt und Oldisleben .
Oldenburg . B
Braunschweig .
o de R E
Elsaß-Lothringen .
Luxemburg . A
Ueberhaupt im deutschen Zoll- E C E
In demselben Zeitraum des Borjahres ?) . L
1 982 819 899 997
11 191 1056 227| 583 617! 1639 844
: 424 352!
9 997 430 1766215) 15 893
3 090 190 9 452 992 9 952 114
2112512 9 444 594 6 917 219
334 519 674 509 510 839
239 214 614 464 45 86 487)
783 290 883 290
3 326 397| 2 023 931} 5 350 328 498 9929| 318 303, 816 532
4 — j 99 059 9 680! r R 1 L Ñ
68 739
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282 607| 182 914}
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9 427 — 9 427 99
2231| 15457 20 021 220 26 950 494
391 980
—_ M 169 271.
65 142) | 410 637 -
Bus
j N | _ | |
h 4 166 292| 2 534 828) 6 701 120 h
/
1358611
6 424 602| 2507 728! 8932 330
4 419 571| 2548 064! 6 967 635
258 428 7 374 336)
| 1617 039 /
20 953 108! | 1 68 815 217| 32912 818} 101 728 035
1) Die Nachweisung bezieht sich auf diejenigen Zuckermengen, welche zum Export oder zu einer öffentlihen Niederlage abgefertigt und dadurch dem inländischen Markte entzogen worden sind, nit also auf die wirklich zur Ausfuhr über dic Zollgrenze gelangten Mengen. 4) Die Abweichungen gegenüber der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nahträglih eingegangenen Berichtigungen.
—
Berlin, den 20. Februar 1886.
Kaiserliches Statistisches Amt.
Nichtamtliches.
Breußen.
wieder vorgelegt ist, ein.
Berlin, 22. Februar. lauf der vorge|itr1gen (51.) Sißung des Reichstages trat das Haus in die zweite Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Herstellung des Nord-ODstsee-Kanals, wie er von der Kommission mit einer Veränderung des 8. 3
Die beiden ersten Paragraphen lauten :
8. 1. Es wird ein für die Benußung durch die deutsche Kriegsflotte geeigneter Schiffahrtskanal von der Elbmündung über Rendsburg nach der Kieler Bucht unter der Vorausseßung her- gestellt, daß Preußen zu den auf 156 000 000 4 veranschlagten Gesammtherstellungskosten desselben den Betrag von 50 000 000 4.
im Voraus gewährt.
8, 2, Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Mittel zur Deckung der vom Neich zu bestreitenden Kosten bis zum Betrage von 106 000 000 A im Wege des Kredits zu beschaffen und zu diesem Zweck eine verzinsliche, nah den Bestimmungen des Gesetzes vom 19. Juni 1868 (Bundes-Gescßbl. S. 339) zu verwaltende Anleihe aufzunehmen und Schaßanweisungen auszugeben. _ Die Be- stimmungen in den §8. 2 bis 5 des Geseßes vom 27, Januar 1875, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für die Zwecte der
Marine- und Telegraphenverwaltung (Reichs - Geseßbl. S.
finden au auf die nach dem gegenwärtigen Geseß aufzunehmende
Anleihe und auszugebenden Schaßanweisungen Anwendung. Der 8. 3 lautet nah der Regierungsvorlage:
„Von den nicht zur Kaiserlihen Marine gehörigen Schiffen, welche den Kanal benuten, ist eine entsprehende Abgabe nad) einem vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrath festzustellenden
Tarif zu entrichten.“
Die Kommission beantragte folgende Fassung:
„Von den nicht zur Kaiserlihen Marine und zur Bauverwal- tung gehörigen Schiffen, welche den Kanal benußen, ist eine ent- sprehende Abgabe zu entrichten. Die Festseßung des hierfür zu erlassenden Tarifs wird weiterer gesetzlicher Regelung vorbehalten.
__ Der Abg. Graf Behr forderte folgende Fassung für den d. 3 und eine Einschiebung eines §. 3a: §8. 3. Die für die Benußung des Ka
gabe wird durch einen Tarif festgestellt, / i er Einvernehmen mit dem Bundesrath zu erlassen ist. Die zur Katjer- lien Marine, sowie die zur Bau- und Kanalverwaltung gehörigen Schiffe bleiben von jeder Abgabe frei. Der Tarif ist dem Reichs- tage zur Kenntnißnahme vorzulegen.
8. 3a. Soweit in einem Jahr Unterhaltung und den Betrie 33% Zinsen des vom e
en er Aba Graf s diesem Sliaate zu.
Der Abg. Gra
Behr bat die verbündeten Regierungen um Aufklärung darüber, wie der §. 1 des Geseßes zu verstehen
Jm weiteren Ver-
nals zu entrichtende Ab- welcher vom Kaiser im
die Einnahmen die durch die b des Kanals entstehenden Kosten sowie aufgewendeten Baukapitals übersteigen, ießen dieselben bis zur Höhe von 34 9/ des von Preußen zu leisten-
Becker.
sei. Jn dem §8. 1 heiße es nämlich: „daß Preußen zu den auf 156 000000 M. veranshlagten Gesammt-Herstellungskosten den Betrag von 50 000 000 # im Voraus gewähre“. Sei ge- meint, daß diese 50000000 s gleih vorweg von Preußen hergegeben werden sollten, oder sollten die Kosten sowohl vom Reich wie von Preußen gleihmäßig hergegeben werden? Es sei das immerhin von Wichtigkeit, weil die Bauzeit bis auf 8 Jahre sich erstredle und somit Preußen verhältnißmäßig mehr geben solle und namentlich an Zinsen mehr geben werde. Er halte es für billig, daß der Antheil sowohl von Preußen wie vom Reich auf- gebracht werde, um die Kosten zu decken. Oder sei das ge- meint, daß die 50000000 4 im Voraus gezahlt werden sollten, auh dann, wenn die Kosten nicht 156 000 000 s, son- dern eine geringere Summe betrügen? Man nehme an, daß die Bausumme nicht so hoch sei, wie angenommen. Es wäre da doch billig, daß die Kostenantheile in demselben Verhältniß aufgebracht würden. Er seße voraus, daß diese Punkte ihm zustimmend beantwortet würden. Andernfalls würde er ih vorbehalten, bei der dritten Berathung einen dahingehenden Antrag einzubringen.
Hierauf entgegnete der Staatssekretär von Boetticher:
Meine Herren! Ich bin schr gern bereit, die Erklärung, die ih bei anderer Gelegenheit s{chon abgegeben habe, hier zu wiederholen: daß auch bei diesem Bau darauf Bedacht genommen werden wird, die Interessen der vaterländischen Industrie und der vaterländischen Arbeit, so weit das irgend möglich ist und sih mit den fonstigen Interessen verträgt, zu berücksichtigen und diesen Interessen der vaterländischen Industrie und der vaterländischen Arbeit ein aus\chlaggebendes, vor- wiegendes Gewicht bei der Vergebung der Arbeit einzuräumen. Es ist das ein Standpunkt, den die Regierung bisher konstant cingenommen hat, den wir beispielsweise auch bei unserem Reichstagsbau zum Ausdruck gebracht haben, und ih halte es für gänz selbstverständlich, daß auch bei dem Kanalbau nah demselben Grundsatze verfahren werden wird. A
Damit will ich ja keineswegs dem Herrn Vorredner die Zusicherung ertheilt haben, daß nun die Kreise, welche er vorzugsweise im Auge hat, auh eine vorzugsweise Berücksichtigung bei diesem Bau finden werden. Denn das ist klar: au in anderen Theilen Deutschlands wird ein gutes und brauhbares Material gefunden, auch in anderen Theilen Deutschlands wird die Bearbeitung des Steinmaterials in sorgfältiger und guter Weise betrieben. Jch kann also nit die Zu- sicherung ertheilen, daß gegenüber anderen Konkurrenten bei der Steinlieferung diejenigen, für welhe der Herr Vorredner sein warmes Interesse ausgesprochen hat, vorzugsweise berücksichtigt werden. Í Meine Herren! Was die Bemerkungen des, Hrn Abg. von Schalscha anbetrifft, so habe ih bereits in der Kommission Gelegenheit gehabt, mich mit ihm über den Gegenstand dieser Bemerkungen zu unter- halten, und ih hatte cigentlich gehofft, .daß es mir gelungen sein
Eisenindustrie an die Herstellung des Kanales fnüßÞft, in e zu zerstreuen Wenn Hr. von Schalscha betrübt darüber ist, daß bei der Begründung des Kanals die Lage Oberschlesiéns vollständig ignorirt worden «zu sein \cheint, = so kann ich ihn
schlesiens eine ausdrüclihe Erwähnuig in den Motiven des Ent- wurfs gefunden hat, doch die möglichen Verschiebüngen in den Absaÿz- verhältnissen innerhalb der verschiedenen deutschen Industriegcbiete bei der Herstellung der Vorlage und bei ihrer Würdigung im Kreise der verbündeten Regierungen niht unbeachtet geblieben sind. Ich habe bereits in der Kommission meine Ueberzeugung, die ich ja allerdings niht durch Zahlen darthun kann, dahin ausgesprochen, daß die Be- forgnisse, insbesondere der oberslesischen Kohlenindustrie, nicht be- gründet sind, wenn sie fürhtet, daß die Koblenindustrie des Ruhr- beckens durch den Kanal ihr die Möglichkeit abschneiden werde, an den Küsten der Ostsee mit ihren Kohlen zu er- scheinen. Meine Herren, die Konkurrenz, bei der wir der Ruhrkohle den Sieg wünschen, rihtet sih gegen die englische Kohle. Wir wollen die deutshe Ruhrkohle an die See bringen; wir wollen sie auch in einen Theil der Ostseeprovinzen bringen, um die Herr- saft der englischen Kohle dort zu brehen. Hr. von Schalscha hat auf die schr diffizile und \{chwierige Konkurrenz der oberslesis{chen Kohle gegenüber der englischen hingewiesen; er hat Sie darauf auf- merksam gemacht, daß nur unter besonders günstigen Verhältnissen und nur bei Benußung eines günstigen Umschlages in Breslau es der obershlesishen Kohle mögli sei, in Stettin der englishen Kohle den Vorsprung abzugewinnen. Daraus ersehen Sie also, daß dec Konkurrenzkampf der oberschlesishen mit der englischen Kohle für die obershlesishe bis jeßt ein recht ungünstiger gewesen ist. Dieser Konkurrenzkampf wird aber durch die Herstellung des Nord- Ostsee-Kanals sür keinen der beiden \treitenden Theile in irgend welcher Beziehung verändert; und wenn selbst in vollem Umfange die Ruhrkohle an die Stelle der englishen Kohle treten sollte, so würde für Oberschlesien die Se nur insofern geändert sein, als man es fortan nur mit der Ruhrkohle zu thun hätte, während man es bisher mit der englischen zu thun hatte. Jch glaube aber auh nicht, daß die Nuhrkohle so weit vordringen wird, daß sie bis nah Stettin kommt; das wird ihr niht gelingen, auch der englischen Kohle gegenüber nit, und sie wird im A von Stettin \{werlich der oberschlesishen Kohle irgend welche Konkurrenz machen können. Was die Wünsche des Hrn. von Schalscha anlangt, deren E:
füllung feiner Meinung na fehr zur Beruhigung der oberschlesis®- Industrie dienen würde, so finde ih diesen Wunsch vollständ" greiflih. Er hat namentlich hingewiesen auf die Nothwendi- Ausbaues des Hafens von Kosel; ‘er hat einen Schienenst: :: Hafen in Oppeln gewünscht, und ih bin fehr gerne lei, dies: Wünsche meinem Herrn Kollegen in Preußen, dem Eri Tinifi- der öffentlihen Arbeiten, ans Herz zu legen. Aber oi könne über diese Wünsche hier definitiv nicht urtheilen, und wir nenn von der Erfüllung dieser Wünsche nicht
fassung über die gegenwärtige Vorlage
Jch glaube, wie gesagt, daß die Lest turgr
einzelne oberschlesishe Kreise an diesen Kanal ten, fi wahrheiten werden, und ih glaube, daß man.
dustrie auf einen anderen Weg helfen pu nüt bat
bessere Absatwege zu Wasser für die obershlesi 4:1 ?-.
und in dieser: Beziehung ist die Königlih preußilü- *
thätig gewesen, und Sie werden voraussihtlich c: \ dicêômaligen Session des Landtages die Früchte dies wou
Ich will dann zum Schluß nur noch mit einen h Befürchtung zurückkommen, welhe der Hr. Abg. Beh d hat. Der Hr. Abg. Behm hat gemeint, daß es nicht sit: vermehrte Sch&iffsfrequenz, welche sih an der Elbmündung : Kanals herausstellen werde, ohne Gefahr für den Schiffsverkeß! 1 ckenx Elbstrom werde aufgenommen werden können. Es ist dem Hrn. Abg, LEtn felbst auch nicht entgangen, daß Hamburg bisher das Elbfahrwal_: unterhalten hat und in einem dem Bedürfniß vollständig entsprehend-n Maße für den ungehinderten Verkehr auf der Elbe Sorge getrag: hat. Es licgt nun nicht der mindeste Grund zu der Befürchtung vor, daß Hamburg, welhes — ich kann nur wiederholen, was ih in der Kommission in dieser Beziehung gesagt habe, — selber das allex- dringendste Interesse daran hat, den freien Verkehr auf der Elbe auf- ret erhalten zu sehen, — daß Hamburg dieje bisher von ihm über- nommene Verpflichtung in Zukunft vernahlässigen werde. Auch gegen- über einein vermehrten Andrange, einer vermehrten Nitanspenbatine des Verkehrs an der Unterelbe wird Hamburg sih nicht der Be- friedigung des Bedürfnisses verschließen können, diesen Verkehr offen zu halten, das Fahrwasser in ordnung8mäßigem Zustande zu unter=- halten. Bisher ist au Hamburg mit cinem Anspruche, dabei von Sciten des Reichs oder Preußens unterstüßt „zu werden, niht hervor- getreten, und ih glaube, man müßte erst einen solchen Anspruch ab- warten, um darüber fich s{lüssig zu machen, ob man denselben an- erkeunen will oder niht. Jch bemerke übrigens, daß das Reich wohl kaum eine rechtliche Berpflihtung haben würde, für die Offenhaltung des Fahrwassers auf der Elbe etwas-zu thun. Es handelt sich um einen öffentlichen Strom, und die Unterhaltung dieses öffentlichen Stromes würde den adjazirenden Staaten obliegen; es würde also außer Hamburg noch etwa Preußen in Frage kommen. Aber, meine Herren, wie gesagt, diefer Sorge brauchen wir uns jeyt nicht zu überlassen; ein Anspruch ist bis jezt nicht erhoben worden, und es steht nicht im mindesten zu befürchten, daß Hamburg nicht auch für die Zukunft für dié Offenhaltung des Fahrwassers Serge tragen werde.
Der Abg. Behm führte aus, daß der durch den Kanal an der Elbemündung voraussichtlich sih in Zukunft sehr steigernde Schiffsverkehr jedenfalls auch eine Verbreiterung des Fahr- wassers bei Kuxhaven zur Folge haben müsse. Hamburg allein könne die Berbreiterung des Fahrwassers niht vor- nehmen, ein Zuschuß Preußens sei unbedingt nöthig.
Der Abg. von Schalscha erklärte: Was er an der Vor- lage auszuseßen habe, seien die sekundären Folgen derselben. Die Anlage des Kanals werde die Konkurrenz der englischen Industrie ganz bedeutend erleihtern. Die oberschlesishe Jn- - dustrie werde dabei zu Gunsten der rheinisch-westfälishen gar- nicht berüdsihtigt. Es handele sih bei den Vortheilen des Kanales niht nur um Kohlen, sondern auch um Eisen-
verlören, — der Verfrahtung auf dem Wasserwege gegenüber. Woher komme die as I Noblesse Preußens, einen Präzipualbeitrag zu zahlen? Warum hätten sih die übrigen Bundesregierungen diese hohgradige Noblesse gefallen lassen ? Dieser Präzipualbeitrag komme nur einigen Theilen der Monarchie zu gute; für Oberschlesien sei der Beitrag so gut, wie der Beitrag zu einem Begräbnißverein; die ober Hlesische Jndustrie werde dur die Bevorzugung der rheinish-westfäli- schen ruinirt. Darum müßten vor allem Vorkehrungen 4 i troffen werden, Oberschlesien vor Schaden zu bewahren. Als solche Vorkehrungen halte er vor allem Schaffung von afenan- LEN und Umladestellen in Kosel, Oppeln und Pöpelwihß für geboten. Diese Anlagen müßten aber fertig gestellt sein, ehe
würde, seine Befürchtungen, die er für die oberschlesishe Kohlen- und
der Bau des Nord-Ostsee-Kanals vollendet sei.
i » 0 54 darüber be- rubigen, daß, wenn auch nit die Berücksichtigung der Lage Ober- -—
produkte, die durch Verfrachtung auf Eisenbahnen bedeutend
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