1886 / 47 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 Feb 1886 18:00:01 GMT) scan diff

L i a R S E C E E I A B E R T e,

Die Provinz Oftpreußen hat 1862,8 km Provinzialchausseen, deren Unterhaltung pro 1885/86 auf 1 250 000 M veranschlagt ist. Die Unterhaltungsfosten pro Kilometer \{chwanken zwischen 350 A (Kreis Neidenburg) und 14533 Æ (Kreis Tilsit). Die wenigsten Provinzialchausseen (17,9 km) hat der Kreis Pr -Volland, die meisten (109,3 km) der Kreis Insterburg.

ie Provinzialchausscen in den Kreisen Wehlau (90,5 km), Tilsit (86,7 km), Ragnit (87,8 km) und Niederung (49,7 kw) werden von der Provinz selbst, in den Kreisen Braunsberg (25,4 km), Gerdauen (74,0 km), Goldap (25,3 km), Gumbinnen (646 km), Heiligenbeil 42,8 km), Königsberg (98,4 km), Lößen (28,8 km) und Osterode (549 km) von den betreffenden Kreisen für Rechnung der Provinz, in den Kreisen Friedland (48,4 km), Heilsterg (28,4 km), Pr. Holland (19 km), Labiau (39,1 km), Memel (50,4 km), Mohrungen 20,8 km), Neidenburg (24,8 km), Ortelsburg (78,3 km), Rasten- burg (68,0 km), Röffel (82,3 km), Angerburg (23,0 km), Darkehmen (56,1 km), Heydekrug (75,0 km), Insterburg (109,3 km), Johannis- burg (34,7 km), Lyck (32,8 km), Oletko (62,8 km), Pillkallen 83,0 km), Sensburg (63,6 km), Pr. Eylau (51,1 km), Stallupönen G8 km) und Allenstein (36,7 km) von den betreffenden Kreisen gegen ein Pauschquantum verwaltet.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Der mehrfach erwähnte, zu Weimar unter dem Schuße Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen gegründete „Deutshe Sprachverein“ hat mit dem „Allgemeinen deutschen Sprachverein“, dessen Gründung auf Anregung von Penn Riegel in Braunschweig betrieben wird, nihts gemein. Der „Deutsche Sprachverein“ beshränkt seine Wirksamkeit auf das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach. :

Die Feier des siebzigsten Geburtstages von Adolph Menzel hat in der illuftrirten deutschen Presse zahlreiche Publikationen veranlaßt, doch keine glänzendere als die von der „Jllustrirten

rauen-Zeitung“ veranstaltete. Die neueste Nummer dieses

lattes ist in ihrem illustrativen Theile aus\{ließlich dem Meister gewidmet. Außer dem von Julius Ghrentraut gezeichneten, über- raschende Leben8wahrheit bekundenden Porträt Menzels enthält das Blatt eine Fülle von Abbildungen aus seinen Werken und von Studien zu denselben, darunter Vieles, das hier zum ersten Male publizirt wird. Adolph Menzel hat bereitwillig seine an fünst- lerishen Schäßen so reihe Mappe geöffnet und manch kostbares Blatt daraus dem Verlage zur Verfügung gestellt, wie er denn auch die hier gebotene Auswahl aus seinen Werken selbst getroffen hat. Auf die Cinzelheiten einzugehen, würde zu weit führen; nur eines der Original-Blätter, die Studie „Marokkaner“, sei besonders erwähnt. Dieselbe stellt einen Mann aus dem Gefolge der marokkanischen Ge- sandtschaft dar, welhe im Frühjahr 1878 in Berlin weilte. Die Aus- führung aller diefer Holzshnitte ist mustergültig, und ‘so auch von Menzel welcher fich selbst der Korrektur der einzelnen Blätter unter- zogen hat, anerkannt worden. An künstlerish werthvollen Abbildungen bietet die Menzel-Nummer der „Zllustrirten Frauen-Zeitung“, die sich im Abonnement auf 12 - stellt, so viel wie ein Prachtwerk im Werthe von doppelt so viel Mark. Ein Einzelverkauf der Nummer findet übrigens nit statt. : N j

Zu dem im Verlage von Bruer u. Co., hierselbü, erschienenen „NReichs8geseßbuch für Industrie, Handel und Gewerbe“ ist ein Nachtrag ausgegeben worden, welcher die Bestimmungen über die Erhebung der Reichsstempelabgaben, Zolltarif, Unfall- und Kranken- versicherung u. #. w. bis Ende 1885 ergänzt. A :

Die „Entscheidungen des Reichsgerichts für Industrie, e und Gewerbe“ (desselben Verlags), bearbeitet von Leopold

uerbach und herausgegeben von der Redaktion des vorgenannten

Reichsgeseßbuhs sind in der vorliegenden 7. Auflage bis auf die

neueste Zeit fortgeführt worden. Das Werk soll die Geschäfts- treibenden über die sie interessirenden wichtigeren Rechtssprüche des höchsten Gerichtshofs auf dem Laufenden erhalten und hat sich seine Grenzen mögli weit gesteckt, indem es das gesammte Handels- ret, die Wechsel-, Konkurs- und Gewerbeordnung, das Genossenschafts- wesen, die Haftpflicht, den Marken- und Musterschuß, das Patentrecht, Zoll- und Steuerwesen, die Versicherung, Grundeigenthums-, Hypo- theken-, Subhastations- und Enteignungssachen, Mieths- und Paht-, Familien-, Che- und Erbschaftssachen, Prozeß- und Strafrecht u. a. umfaßt. Die ausführlich mitgetheilten Entscheidungen sind gemein- verständlih bearbeitet; überdies ist noch eine Erklärung der Gremd- wörter beigegeben. Ein nah Materien geordnetes und ein alphabetisches Register erleichtern den praktishen Gebrauch des umfangreichen Werkes. Um den weiten Kreisen, denen dasselbe von Nuten ist, die Beschaffung zu erleichtern, ist der Preis für die beiden 794 bezw. 456 Seiten groß 89 (ohne die Register) umfassenden, sauber gebundenen Bände nur auf zusammen 15 4. angeseßt. S : :

Eine beachtenswerthe Neuheit des Bruerschen Verlags ist das Werk: „Preußisches bürgerliches und öffentlihes Recht“, 3 Bânde groß 8% 1. Allgemeines Landrecht, 11. Rheinisches bürger- liches Geseßbuch, 111. Besondere Landesgesete, bearbeitet und heraus-

egeben von der obengenannten Redaktion. Auf allen Gebieten des ürgerlichen und ösffentlihen e sind durch die neuere Gesetzgebung o P abentande Veränderungen geschaffen, daß es für den Juristen äußerst en für den Laien aber unmöglich ist, ohne Hilfsmittel zu wissen, welche der in Frage kommenden geseßlichen Bestimmungen noch gültig, welche aufgehoben und abgeändert worden sind. Diesem Mangel hilft das vorliegende Werk in geeigneter Weise ab. In den hier zunächst wiedergegebenen Grundgeseßen des bürgerlichen Rehts, dem Allgemeinen Landrecht und dem Rhetnischen bürgerlichen Geseßbuh, sind sorg- fältig uúd gewissenhaft alle noch gültigen Bestimmungen auf- geführt und durh zahlreihe Anmerkungen ergänzt und erläu- tert. Durch den steten Hinweis auf die im dritten Bande wiedergegebenen Ergänzungs- und Abänderungsgesetze gewährt das Werk in übersihtlihster und zuverlässigster Weise ein rihtiges, klares und vollständiges Bild von dem gesammten preußischen bürgerlihen Recht und ermöglicht die praktishe Anwendung der jeßt gültigen Geseße, insbesondere auch der Reichsgeseße überall da, wo die Landesgeseßze eine unentbehrliche Ecgänzung zu den reich8- geseßlichen Bestimmungen bilden. Das Werk umfaßt 1280 Seiten Tert. Ausführliche und korrekt gearbeitete Sachregister, eine chrono- E Uebersicht und ein Inhaltsverzeichniß machen es auh dem Un- gel | 1

und sicher zu finden und entsprehend anzuwenden. Der Preis von nur 12 M (einschließli des dauerhaften Einbands) sichert diesem nüßlichen, eigenartigen Werke eine weite Verbreitung.

LToeche, Theod., Leopold vonNanke an scinem neun- zigsten Geburtstage am 21. Dezember 1885. (Als Manu/kript gedrudckt.) 80 4. E. S. Mittler & Sohn, Königl. Hofbuchhandlung, Berlin SW., Kochstraße 68—70. Auf Wunsch der Verehrer Leopold v. Ranke's sind in diesem Festberiht über die Feier des neunzigsten Geburtst ages, den der Altmeister der Geschichts\{reibung am 21. De- zember 1885 beging, die Ansprachen und Zuschriften, welhe ihm zu demselben gewidmet worden sind, gesammelt und insbesondere die in- haltsvollen Worte wiedergegeben, in denen der Jubilar dem ihn umgebenden Freundesfreise die großen und wichtigen Zeit- ereignisse schilderte, unter welchen fein Leben und sein Lebenswerk ih

estaltet haben, die „Konfessionen,“ wie er selbst es nannte, die er den Mourden machte. { | :

Geschichte des römischen Kaiserreihs von der Schlacht bei Aktium und der Eroberung Egyptens bis zu dem Ein- bruch der Barbaren von Victor Duruy. Ueberseßt von Professor Dr. Gustav Herßberg. Mit ca. 2000 Jllustrationen, 27.—29. L (je 80 4). Verlag von Schmidt & Günther in Leipzig.

iese neuesten Lieferungen enthalten die Geschichte des Kaisers Vespasian und die S ilderung- des furhtbaren Krieges der Juden unter si, sowie die endlihe Vernichtung des jüdischen Reichs durch Titus. Darauf folgt die kurze Geschichte des Kaisers Titus. gee und \chöne Illustrationen Meer rig diese Hefte; besonders interessant sind diejenigen, die Pompeji betreffen, welches, wie bekannt, im Fahre 79 dur den Vesuv vershüttet und dadurch zum Theil für die Nachwelt erhalten wurde.

testen leicht, die gerade gewünschten Bestimmungen jedesmal schnell .

Gewerbe und Handel.

Posen, 23. Februar. (W. T. B.) Der heutige Saaten- markt war namentlich von Verkäufern stark besucht, ‘die Kauflust dagegen fehr gering. Gesuht war rother Klee in Mittelwaare von 20—44 M, in feiner 45—52 M bezahlt, weißer sehr vernatlässigt, censo Graósamen. Das Geschäft blieb bei mäßigem Umsatz bis zum

s{leppend. i

eno 20. Februar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Am Hopfenmarkt* zeigt sih keinerlei Veränderung. Nach wie vor sind gutsarbige Hopfen gesucht und in Folge der knaxpen Vorräthe etwas besser bezahlt. Der Hauptstock besteht nur noch in gelber, \heckiger oder geringer Waare, welche indeß {wer verkäuflich und selbst bei den arößten reiskonzessionen niht beliebt werden. Der Tagesumfaß s{hwankte in lezter Woche zwischen 200 bis 300 Ballen, wovon ein* großer Theil für Rechnung des Erportes abging. Die Notirungen lauten : Bayerische Hopfen : Marfthopfen prima 30—35 AÆ, mittel 20—30 Æ, gering 12—18 #4; Gebirgshopfen prima 40—50 M; Aischgründer prima 40—50 Æ, mittel 20—30 #, gering 12—18 Æ; allertauer prima 70—85 A6, mittel 25—40 Æ, gering 12—18 Æ; allertauer Siegelgut Ta. 70—90 4; Spalter, je nach Lage und ualität, 20—70 Æ; Württemberger prima 70—85 5, mittel 25—40 M, gering 12—18 MÆ; Badische mittel 20—30 4, gering 12—18 M; lsäfer 12—35 MÆ; Posener prima 70—85 X, mittel 25—45 Æ, gering 12—18 Æ; Saazer Kreis und Bezirk, je nah Qualität, 60—130 M :

Bradford, 22. Februar. (W. T. B.) Wolle ruhig, unver-

ändert, Garne ruhig, Stoffe unverändert, besserer Begehr für das

Inland.

Berlin, 23. Februar 1886.

Die vor einigen Monaten von Privaten mit Unter- stüßung des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen ins Leben gerufene Speiseanstalt für Frauen, Kronenstr. 12/13, Hof I, ist mit dem 1. Januar d. I. in die Verwaltung des Vereins der Berliner Volksküchen von 1866 übergegangen. Die Anstalt wird in derselben Weise wie bisher fortgeführt. Der Verein erweitert hiermit seinen Wirkungskreis um die Abtheilung : „Speiseanstalt für Frauen“. Im ersten Monat der Uebernahme wurden 4413 Portionen abgegeben, sodaß bereits die Errichtung einer zweiten derartigen Anstalt vom Vorstande ins Auge gefaßt ist. Um vielfahen Wünschen aus dem Publikum entgegenzukommen, ift seit Anfang Februar versuchsweise in 9 Berliner Volksküchhen 15 Küchen sind Mittags im Betriebe die bereits seit Jahren in den Wintermonaten ein- geführte Abendspeisung, die bisher aus Suppen resp. Thee mit Zucker und 1 Brödchen à Portion 6 - bestand, dahin erweitert, daß in den Volksküchen außerdem für 6 Z eine Portion Bratkartoffeln oder Kartoffeln und Hering, oder Kartoffelsalat, sowie für 10 S eine Portion Bratkartoffeln mit 1 Wurst, auch eine einzelne Wurst à 5 -\ verabreiht werden, welches bei den Besuchern der Volksküchen, wie die große Anzahl der Konsumenten des Abends von 6—F#8 Uhr zeigt, großen Anklang gefunden hat.

Den „Mittheilungen der Central-Kommission für wissenschaftlihe Landeskunde von Deutschland“, welche dieselbe neben dem dem Deutschen Geographentage zu erstattenden Jahresbericht seit Mitte d. M. herausgiebt, entnehmen wir Folgendes :

Da der d. deutsche Geographentag zu Hamburg die von der Kom- mission gewünschte Ergänzung durch eine bibliothekarisch geshulte Kraft ihr selbst überlassen hat, so hat dieselbe den Königlichen Bibliothekar Hrn. P. Richter in Dresden kooptirt. Derselbe ist der Kommission als Mitglied beigetreten und hat die gesammten auf die Zusammenstellung der landeskundlichen Literatur bezüglihen Arbeiten und Correspondenzen derselben als feinen besonderen Wirkungskreis übernommen. Man wolle daher fortan in allen derartigen Angelegen- heiten fich mit ihm in Verbindung seßen und auch die für die Kom- mission bestimmten Zusendungen, sofern ihr Inhalt ein bibliogra- phischer ist, freundlichst an ihn richten. i :

Dagegen bleibt im Uebrigen die Geschäftstheilung innerhalb der Kommission wie bisher, und hat demna die Vertretung der Kom- mission nebst allen bezüglihen Correspondenzen N

Prof. Dr. R. Credner, Greifswald, für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Fen Brandenburg und Schleswig-Holstein, sowie für beide Me Sn Lübeck und Hamburg, außerdem die deutschen Sprachinseln in den OÖstseeprovinzen Rußlands;

Prof. Dr. S. Ruge, Dresden, für die Provinzen e und Schlesien, sowie für das Königreih Sachsen, Böhmen, Mähren und Oesterreichish-Schlesien ; O O /

Prof. Dr. A. Kirchhof, Halle a. S., für die Provinzen Sachsen und Hannover, sowie für die thüringishen Staaten, Anhalt, Braun- \hweig, Bremen, Oldenburg, die Niederlande und Belgien ;

Prof. Dr. R. Lepsius, Darmstadt, für die Provinzen Hessen- Nafsau, Westfalen und die Rheinprovinz, das Srpfbercoaibium Hessen, Waldeck und beide Lippe; : L

Prof. Dr. F. Natel, München, für das Königreih Bayern, für Oesterreih, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Krain, das Küstenland, Tirol mit Vorarlberg, die deutshen Sprachinseln in Ungarn und Siebenbürgen und die Shweiz; i

Hauptmann im Königlich preußischen Ingenieur-Corps G. Kollm, Straßburg i. E., für Württemberg, Hohenzollern, Baden, Elsaß- Lothringen und Luxemburg. | j

Man wolle daher gegebenen Falles sich jedesmal mit dem be- treffenden zuständigen Mitgliede der Kommission in Verbindung seten. Nur die centralen Geschäfte der ganzen Kommission und die Redaktion der Ea zur deutschen Landes- und Volkskunde“ besorgt Prof. Dr. R. Lehmann in Münster i. W., und sind darauf bezügliche Zu- \hriften und Sendungen an ihn zu richten.

Von den „Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde“, welche im Auftrage der Kommission von Prof. Dr. Lehmann heraus- gegeben werden (Verlag von I. Engelhorn in Stuttgart), sind bis jeßt folgende Hefte erschienen :

Hest 1, Der Boden Mecklenburgs, von Dr. E. Geinitz, ord. Prof. der Mineralogie und Geologie an der Univ. Rostock. 1885. 32 Seiten. Preis 80 4. /

Heft 2. Die oberrheinishe Tiefebene und ihre Randgebirge, von Dr. Richard Lepsius, ord. Prof. der Geologie und Direktor der Großherzogli hessischen geologischen Landesanstalt in Darmstadt. Mit Uebersichtskarte des oberrheinishen Gebirgs\ystems. 1885. 58 Seiten. Preis 2 M

Heft 3. Die Städte der norddeutschen Tiefebene in ihrer Be- ziehung zur Bodengestaltung, von Dr. F. G. Hahn, Prof. der Erd- kunde an der Univ. Königsberg. 1885. 76 Seiten. Preis 2 M

Heft 4. Das Münchener Becken. Ein Beitrag zur physikalishen Geographie Südbayerns, von Chr. Gruber. Mit einer Kartenskizze und zwei Profilen. 1885. 46 Seiten. Preis 1,60 i

Heft 5. Die mecklenburgischen Höhenrücken (Geschiebestreifen) und ihre Beziehungen zur Eiszeit, von Dr. E. Geini , ord. Prof. der Mineralogie und Geologie an der Univ. Rostock. Mit zwei Ueber- sihtskärthen und zwei Profilen. 1886. 96 Seiten. Preis 3,10 M

In wenigen A erscheint Heft 6: Der Einfluß der Gebirge auf das Klima von Mitteldeutschland, von Dr. R. Aßmann, Docenten e oan an der Univ. Halle. Mit mehreren Karten und Tafeln. - Die weiteren Hefte werden unter Anderem folgende Arbeiten ringen:

Geh. Rath F. Baer (Großherzogl. bad. Direktor des Wasser- und Straßenbaues, der Landeskultur-Arbeiten, Landes8vermessung und Topographie in Karlsruhe), Die Entwickelung des Verkehrs und der Verkehrswege am Oberrhein. |

Dr. G. Berendt (Königl. Landesgeologe und Prof. an der Univ. Berlin), Die norddeutschen Ürstromsysteme.

De, A. Bezzenberger (Prof. an der Univ. Königsberg), Die Ku- rishe Nehrung. Î : u H. L Bidermann (Prof. an der Univ. Graz), Die Natio- nalitäten in Tirol und die wechselnden Schicksale ihrer Verbreitung.

Dr. A. Birlinger (Prof. an der Univ. Bonn), Alemannisches ; Grenzen, Sprache, Eigenart. : 4

Dr. R. Blasius (Braunschweig), Ueber Zugverhältnifse und Ver- breitung der Vögel in Deutschland.

Dr. G. Gerland (Prof. an der Univ. Straßburg), Ueber Thal- bildung in den Vogesen. L E

Dr. K. Jansen (Prof. in Kiel), Poleo raphie der cimbrischen Petemes, ein Versuch, die Ansiedlungen Schleswig-Holsteins in ihrer

edingtheit durch Natur und Geschichte nahzuweisen.

Dr. A. Jenßsch (Docent an der Univ. Königsberg), Der Boden Ost- und Westpreußens. : S

Dr. C. M. Kan (Prof. an der Univ. Amsterdam), Die Eigen- thümlichkeiten des niederländishen Bodens. y i

Dr. A. von Koenen (Prof. an der Univ. Göttingen), Ueber die Dislokationen und Störungen, welche den Bau der deutshen Mittel- gebirge bedingen. j;

Dr. F. Krones Ritter von Marchland 4 dée Bors der Univ. Graz), Die Medi e Besiedelung der öftlihen Alpenländer, insbesondere Steiermarks, Kärntens und Krains, nach ihren historischen und topischen Verhältnissen. E Ee /

Dr. A. Leskien (Prof. an der Univ. Leipzig), Mittheilungen über das ausgestorbene Slaventhum in Norddeutschland.

Dr. Th. Liebe (Landesgeologe und Prof. in Gera), Der Zu- sammenhang zwischen den orographishen und hydrographischen Ver- hältnissen Östthüringens und defsen geologishem Schichtenaufbau.

Dr. A. Makowsky (Prof. an der techn. Hochshule zu Brünn), Das Höbhlengebiet des Devon in Mähren.

Dr. A. Nehring (Prof. an der landwirths\caftl. Hochschule zu Berlin), Die diluviale Fauna Deutschlands und ihr Verhältniß zur jeßigen Fauna. i

Dr. J. Ottmer (Prof. an der techn. Hochschule zu Braunschweig), Der Boden der nördlichen Vorlande des Harzes. : :

Dr. F. Partsch (Prof. an der Univ. Breslau), Die Oder in Schlesien. i |

Dr. Fr. Pfaff (Prof. an der Univ. Erlangen), Der Aufbau des fränkfishen Jura. z i

Dr. F. Rabel (Prof. an der techn. Hohshule zu München), Die Swneegrenze im Karwendelgebirge. i L

Dr. L. Schlesinger (Direktor in Prag), Die ethnologischen Ver- hältnisse Böhmens. S e

Dr. F. Wahnschaffe (Affistent bei der Königl. geolog. Landes- anstalt zu Berlin), Die Quartärbildungen des norddeutshen Flach- landes und ihr Einfluß auf die Oberflächengestaltung desselben.

Dr. K. Weinhold (Prof. an der Univ. Breslau), Ueber die Her- kunft der deutschen Schlesier. L i

Außerdem haben freundlichst ihre Mitwirkung zugesagt die Herren Dr. K. Freiherr von Fritsch, Prof. an der Univ. Halle; Dr. F. G. Hahn, Prof. an der Univ. Königsberg; Dr. G. Hellmann, Mitglied des Königl, Statistishen Bureaus in Berlin; Hofrath Dr. von Inama-Sternegg, Präsident der K. K. Statistischen Central-Kom- mission und Prof. an der Univ. Wien; Dr. O. Krümmel, Prof. an der Univ. Kiel; Dr. F. Löwl, Docent an der deutschen Univ. Prag; Dr. E. Petri, Docent an der Univ. Bern; Dr. J. Ranke, Prof. an der Univ. München; Dr. P. Schreiber, Direktor des Königl. sächs. meteorolog. Instituts in Chemnitz; Dr. A. Streng, Prof. an der Univ. Gießen; Dr. F. Wieser, Prof. an der Univ. Innsbruck u. A.

Dieses so, nußbringende Unternehmen, welches nach und nah aus allen Theilen der Landes- und Volkskunde Mitteleuropas eine Reihe tüchtiger Facharbeiten bringen soll, hat jedoch noh nicht den Absatz gefunden, welcher nothwendig ift, um sein dauerndes Fortbestehen vollständig sicher zu stellen. Die Kommission wendet sih daber auch in dieser Beziehung an die Unterstützung aller Freunde der landes- kundlihen Sache und bittet namentli dahin wirken zu wollen, daß außer den großen wissenschaftlichen Bibliotheken auch die bei der beimishen Landes- und Volkskunde interessirten Vereine sowie die Lehrer-Bibliotheken der höheren Lehranstalten möglichst auf die Samm- lung abonniren. :

Die Sammlung erscheint in zwanglosen Heften von in der Regel 2—5 Bogen Groß-Oktav; jedes Heft enthält eine vollständige Arbeit und ift für sich käuflich. Eine entsprechende Anzahl von Heften wird jedesmal zu einem Bande vereinigt und soll im Jahre etwa ein Band im Umfange von 40—45 Bogen erscheinen.

Die Fertigstellung des gleichfalls bereits auf dem Hamburger Geographentage angekündigten „Verzeichnisses von Forschern in wissen- \chaftliher Landes- und Volkskunde Mitteleuropas“ mit Angabe des besonderen Forschungsgebietes jedes Einzelnen ist durch manerlei Schwierigkeiten verzögert worden ; doch ist dasselbe, von Hrn. Biblio- thekar Richter fahmännish bearbeitet und redigirt, nunmehr so weit

ediehen, daß seine Ausgabe unmittelbar bevorsteht, Während die beträchtlichen Kosten der Beschaffung des umfangreichen Stoffes aus der Seitens des Königlich preußischen Kultus-Ministeriums gütigst der Kommission bewilligten Beihülfe gedeckt werden konnten, ist die Drucklegung durch das. großmüthig opferwillige Entgegenkommen des Vereins für Erdkunde zu Dresden ermögliht worden.

Das Ballfest des Vereins „Berliner Presse“ am Sonnabend nahm einen s{ônen Verlauf. Die Arrangements des Comités waren ebenso originell wie poetish. Der weite Raum des Wintergartens war durch des Gärtners Kunft in einen hochstämmigen Fichtenhain verwandelt, der den Besucher ebenso überraschend wie anheimelnd anmuthete. Zahlreihe von der Dee, also gleich- sam vom Himmel, - herabhängende Blumenkörbe und Ampeln verliehen dem Bilde eine maßvolle Farbenpracht, so daß der Besucher wirklich nicht nur den Reiz „der Neuheit empfand, sondern sicherlich \{chon von dem äußern Gewande des Festes einen tieferen Eindruck empfing, der ihm als \{öne Erinnerung verbleibt. Anstatt des sonst üblichen Festspiels hatte man diesmal für die Unterhaltung der Gäste während der Pause dur lebende Bilder gesorgt, welche vom Professor Doepler mit gewohnter Meister- haft erfunden waren und eine Geschichte des Sriftthums zu lebens- voller Darstellung brahten. In poetisher und ¿zuweilen humorvoller Weise begleitete der Vortrag Trojanscher Verse die Bilder, welche hier- durch an Wirkungskraft auf den Beschauer noch gewannen. Pünktlicher als zu anderen ähnlichen Veranstaltungen füllten sh hier die festlichen Räume mit Besuchern aus allen Schichten der Gesellschaft ; die Zahl der kostbaren, farbenprähhtigen und geschmackvollen Toiletten war wieder eine recht große, aber ein Vorzug dieses Festes war und blieb es, daß die Zahl der Gäste keine übermäßig aroße war, so daß auch der wesentlichste Theil des Festes, der Ball“, zu seinem vollen Rechte kommen konnte. Ungekünstelte Fröhlichkeit herrshte denn au allerorten, und die tanzlustige Jugend entshloß ih erst {ehr spät, das schöne Fest zu beendigen.

r. Amalie Joachim, welche auf die Einladung Sr. Hoheit des Herzogs von Sachsen-Meiningen nah Meiningen gereist ist, um daselbst cine Reihe Schubert'sher und Brahms'scher Lieder vorzutragen, wird in ihrem hiesigen zweiten und leßten Concert, _am 27. Februar, u. a. mehrere neue, noch nicht veröffentlichte Lieder von Brahms singen.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Sch olz). Druck: W. Elsner.

Sechs Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

M

Erste Beilage zum Deutschen Reihs-Anze 47.

Berlin, Dienstag, den 23. Februar

iger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1886.

E

Nichtamfkliches.

Prensen. Berlin, 23. Februar. Jn der gestrigen n Sitzung des Hauses der Abgeordneten bemerkte ei Berathung des Ss, betreffend die Beförde- rung deutscher Ansiedlungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, der Abg. von Wierzbinsfki, diese Vorlagen seien der Ausfluß der politischen Leidenschaft, eine künstlich in Szene geseßte Polenheze. Da die Polen einmal da seien, so hätten sie auh ihre nationalen Gefühle und Bestrebungen, den Trieb der Selbfterhaltung, Der große Staatsmann Fürst Bismarck vergesse, daß die Polen nit, wie behauptet werde, eine physish und moralish vermoderte Nation seien, sondern einen lebendigen und lebensfähigen Organismus repräsentirten. Einen Leichnam würde man nicht mit solchem Hasse verfolgen. Redner wisse sehr wohl, daß seine Landsleute Naturkräften gegenüberständen, die sie mit gleichen Waffen niht bekämpfen könnten. Aber das mit Füßen getretene Nationalitätsprinzip bleibe troßdem eine affe. Mit welchen Gründen man auch immer die Ver- folgung der Polen vertheidigen möge, das Urtheil der Geschihte könne niht zweifelhaft sein. Wie werde ein deutsher Lehrer seinen Schülern moralishe Ent- rüstung gegen die Ausweisungen und Verfolgungen unter Ludwig XIV. einflößen können, wenn in seinem Vaterlande, dem aufgeklärten Deutschland, diese Ausnahmemaßregeln gegen die Polen beständen ? Nicht das polnische Element, das Deutschthum sei im Osten in stetigem Vordringen begriffen, und diese Geseße würden immer den Charakter einer verfol- gungsfüchtigen Ausnahmemaßregel tragen. Solle die Berufung auf die den Polen feierlich garantirten nationalen Rechte wirklih keinen Pfifferling werth sein? Leßtere wüßten sehr wohl, daß ihnen ein Kampf auf Leben und Tod bevorstehe. Aber ein Volk, welches eine tausendjährige Geschichte habe und troß hundertjähriger Knechtischaft so lebensfähig sei, werde nie untergehen. Den Polen werde der Sieg, den Deutschen Unehre und Schande bleiben.

Der Präsident erwiderte, er habe dem Abgeordneten wirk- lih einen weiten Spielraum gelassen, aber dessen leßte Worte gingen über die parlamentarische Sitte hinaus; er rufe ihn deshalb zur Ordnung.

Rui erklärte der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius:

Meine Herren! . Ich finde es so vollkommen begreiflih, daß der Herr Vorredner diese Vorlage mit einer gewissen Erregung behandelt hat, daß ih mich umsomehr verpflichtet fühle, über die ganze Frage äußerst nüchtern und praktis zu sprechen. Ih glaube umso- weniger auf die politische Seite der gear Vorlage eingehen zu follen, als fie in der früheren Diskussion über den Antrag Achenbach in der auêsgiebigsten Weise behandelt worden ist. JIch glaube mi daher auf die agrar- und sozialpolitishe Seite der Vorlage im Wesentlichen be- schränken zu dürfen.

Das aber muß ich doch dem Herrn Vorredner erwidern, daß diese ganze Vorlage n i cht eine der Offensive ist, sondern eine der De- fenjive. Wodurch motivirte sich denn das Vorgehen der preußischen Staatsregierung in diesem Falle? Doch sicher dadurch in erster Linie, daß der durch Geburt, durch Besitz, durch Bildung leitende Theil der polnischen Nationalität der preußischen Unterthanen sih in das Gefüge des preußishen Staatswesens nit einleben will, daß er die Segnungen, die die preußishe Staatsregierung diesem, als es unter die preußische Herrschaft kam, in der tiefsten Zerrüttung be- findlichen Lande gebracht hat, nicht anerkennt, sondern nah wie vor die Herstellung eines selbständigen polnischen Reichs erstrebt. Wenn das mit wenigen Worten hier in Abrede gestellt wird, fo weise ih doch nur auf die Geschichte der leßten 50 Jahre hin, und hier han- delt es sich nicht um Anekdoten, sondern um blutige Aufstände, meuchelmörderishe Thaten der krassesten Art, die von 1830 bis 1865 gespielt haben. Ich verweise Sie auf das aktenmäßige Material, was Sie finden werden in dem Buch des Majors Knorr, welcher die Geschichte der polnischen Aufstände von 1830—1865 behandelt. Meine Herren, wenn diese Aufstände auf preußishem Gebiet keine Erfolge gehabt haben, wenn sie niht Boden gegriffen haben, so ist das doch offenbar die ee der Wachsamkeit der preußishen Regierung; an dem bösen Willen der politischen Gegner, an der Agitation hat es ficher nicht gefehlt, um denselben Aufruhr auf preußishem Gebiet auflodern zu lassen. In dieser Beziehung ist die Vorlage weiter nichts als ein Akt der Nothwehr, ein Aft der Vertheidigung, dem sich keine lebensfähige Nation entziehen kann, am allerwenigsten eine so kräftige und auf- blühende wie die preußische, wie die deutsche.

Meine Herren! Die Vorlage fordert große Staatsmittel zum Ankauf von Ländereien; sie knüpft in dieser Beziehung an an die Tradition, die von der Zeit Friedrihs des Großen nach der Theilung Polens von 1772 mit gewissen Unterbrehungen von den nahfolgenden Ca Regenten. verfolgt worden ist. In welchem tiefen Zustand des Verfalls Friedrih der Große seine Landestheile fand, ist in der früheren Diskussion auch berührt und erörtert worden. Es ist be- faunt, in welcher gänzlichen Auflösung, in welcher Armuth, in welcher Zerrüttung jene Landestheile an Preußen kamen, und ebenso ist bekannt, wie unausgeseßt die Bemühungen gerade dieses ersten preußischen Königs darauf gerichtet waren, durch Meliorationen, dur aktive Maß- regeln auf dem Gebiet der Agrarpolitik diese Landestheile zu heben, und merkwürdigerweise betrifft eine seiner leßten Kabinetsordres, die er zwei Tage vor seinem Tode, am 15. August 1786 unterzeichnet hat, ferade polnische Landestheile, die Hebung der Industrie des Nete-

riftes.

In dieser Beziehung knüpft also die Vorlage lediglich an die früheren preußishen Traditionen an. Es wurde nach demselben System in diesem Jahrhundert von 1830 bis 1841 unter dem Ober- A Flottwell {hon ein Fonds ausgewiesen, der denselben

weden dienen sollte, wie etwa der gegenwärtige. Dieser Fonds betrug nur 1 Million Thaler, troßdem hat er, so lange er mit Konsequenz angewandt ist, eine Reihe von sehr nüßlihen Dingen ins Leben ge- rufen. Allein diese Verwendung von Staatsmitteln hat einmal in nicht genügender Weise stattgefunden, die ausgewiesenen Mittel waren nit groß genug, und dann wurden auch insofern andere Zwecke verfolgt, als in der gegenwärtigen Vorlage: man ging damals wesentlih darauf aus, Grundbesiß zu kaufen und daraus größere Rittergüter zu bilden und die allmählich in deutschen Besiß übergehen u lassen. Mit diesen geringfügigen Mitteln is indeß immerhin Er- ebliches geshaffen worden, und wenn, wie es damals au war, die Wiedereinnahmen aus dem Fonds immer wieder für gleichartige Zwecke verwendet worden wären, so zweifle ih nihcht, daß wir einen sehr er- heblichen Schritt weiter wären, als wir gegenwärtig sind.

Die gegenwärtige Vorlage verfolgt also den Zweck, Landankäufe zu machen, um das deutsche nationale Element im Osten zunächst zu stärken ; sie beabsichtigt aber, diese Ankäufe niht zu“verwenden zur Bil- dung großen Besißes, zur Bildung größerer Königlicher Domänen,

sondern sie beabsichtigt, dieselben aufzutheilen, um einen leistungsfähigen Bauernstand und eine seßhafte Arbeiterbevölkerung dort zu etabliren. Meine Herren, wenn wir diesen Gesichtspunkt festhalten und dabei uns vergegenwärtigen, wie die Grundbesißverhältnisse sich in der preußishen Monarchie gestaltet haben unter der Herrschaft der preu- bischen Agrargeseßgebung, so können wir uns g ücfliherweise sagen, daß die r gy des Grundbesitßes im Großen und Ganzen eine ge- sunde ist, daß die Latifundienbildung sich nur in einem beshränkten Raum befindet, und daß auch dort sie nicht einen dem Landeskultur- interesse drohenden Umfang gewonnen hat. Auf der anderen Seite ist es etwas, was durch die ganze leßte Generation hindurch geht, daß man anerfennt, daß es wünschenswerth ist, daß ein Theil unserer übershüssigen Kräfte, der sih jetzt der Auswanderung zu- wendet, daß dem die Gelegenheit in der Heimath geboten würde, fich hier ansässig und seßhaft zu machen. Daß die Realisirung dieses Gedankens cine schr s{chwierige ist, das verkennt gewi Niemand; daß andererseits die Königliche Staatsregierung den hier gebotenen Moment benußt, um in großem Maßstab den Versuch zu machen, diesen Ge- danken zu realisfiren, das scheint mir ebenso rihtig und sahgemäß vom rein agrarpolitishen Standpunkte aus. Nach der im Jahre 1883 aufgenommenen landwirthschaftlihen Betriebs\tatistik vertheilt sich der Grundbesitz in der Monarchie in folgender Weise. Wenn als größerer Grundbesiß derjenige bezeichnet wird, der ein Areal von über 100 Hektaren umfaßt, so kommt auf den großen Grundbesiß in der Pro- vinz Pommern 57,4 °/9, in der Provinz Posen 55,3 9%, in Westpreußen 47,1 %%, in Ostpreußen 38,6 %, in Schlesien 34,5 %, in Sachsen 27, in Schleswig geht der größere Besiß bereits auf 16 9% herab, in Hannover, Westfalen, Hessen-Nafsau, in der Rheinprovinz, in Hohen- zollern sinkt er auf 6 9/0 und bis auf 2 9% herab. Meine Herren, ich glaube, daß dieses Gesammttableau das jedenfalls er iebt, daß, wenn überhaupt von dem Vorhandensein eines größeren Besies die Rede sein fann, überhaupt blos die drei Provinzen Pommern, Posen und Westpreußen in Frage kommen; Posen und Westpreußen stehen dabei in zweiter und dritter Linie. In Posen kommen auf den Besitz zwischen 10 und 100 ha 32,5, auf den zwishen 1 und 10 ha 10,8, auf den unter 1 ha 1,4%. Jn Westpreußen kommt auf den Besitz zwischen 10 und 100 ha 42,5, auf den zwischen 1 und 10 ha 9,1, auf den unter 1 ha 1,3%. Es findet sich also: in diesen beiden Pro- vinzen würden also, wenn irgendwo, die Verhältnisse dazu auffordern, E Versuch einer Kolonisirung in dem angedeuteten Sinne zu machen.

___ Es wird dur die Vorlage der Zweck verfolgt, einen leiftungs- fähigen Bauernstand und eine jeßhafte Arbeiterbevölkerung zu eta- bliren. Unter einem leistungsfähigen Bauernstande wird man einen solhen verstehen können, der einen Grundbesiß hat, der ihm eine auskömmlihe Existenz gewährt mit Benußung von fremden Hülfskräften, mit Benußung von Spannkräften; im Sinne der alten Terminologie würde man den spannfähigen Be- e, als denjenigen bezeihnen, der diesen Besiß repräsentirt. Wie groß das Areal für die Abgrenzung der bäuerlichen Stellen zu bemessen fein würde, das ist naturgemäß abhängig von der Güte des Bodens; es kann das variiren von 5 bis zu 10 ha, ja es kann 50 ha noch übersteigen. Es würde außerdem richtig sein, daß man, je nah den verschiedenen Besißklassen, je nah der Prästationsfähigkeit Der- jenigen, die als Reflektanten erscheinen, sich in jenen Gegenden \seßhaft zu machen, daß man auch. son äus diesem Gesichtspunkte Stellen von riQieaner Brb bildet. E83 wird richtig sein, diese Bildung, soweit es möglich ist, im Anschluß an vorhandene Gemeinden zu machen, so E in den Gemeinden die kirchlihen, Shul- und Kom- munikationsver ältniffe eine völlige Regelung von vornherein finden fönnen. G8 wird vielleicht auch in Aussicht genommen werden, daß auf größeren Komplexen, die erworben werden, ganze Landgemeinden angesiedelt werden. In diesem Falle würde diesen etwa ein Verfahren vorauszugehen haben, wie es bei Gemeinheitstheilung durch die General-Kommission fcattfinden muß, eine vollständige planmäßige Auftheilung der Flur, eine Dotirung der Geistlichen und Schulstellen u. \. w., so daß ein vollständiges Gemeindewesen ins Leben gerufen wird. Daß das keine einfahen, sondern recht \chwierige Aufgaben sind, liegt auf der flahen Hand.

Was die Bildung von Arbeiterstellen betrifft, so werden die fo zu bemessen sein, daß sie eine Häuslichkeit gewähren: etwas Grabeland, ein Stück Wiese, so viel wie dazu gehört, um einen ländlichen Ar- beiter in die Lage zu seßen, das nöthige Hausvieh zu halten. Es wird dieses voraussichtlich in der mannigfaltigsten Weise ih zu ge- stalten haben, Man wird einmal diese verschiedenen Besißklassen un- bebaut weggeben können; man wird auch Bauten möglicherweise aus- zuführen haben und wird die. bebauten Kolonien zu übergeben haben. Es wird ferner möglicherweise sih empfehlen, den Kolonisten für den Anbau selbst entsprehende Vorschüsse zu machen und ihnen den Auf- bau selbst zu überlassen.

Es ist das eine Mannigfaltigkeit von Formen, die ih heute nicht ershöpfend andeuten kann, sondern die ih glaube, nur in kurzen Umrissen bezeichnen zu sollen.

___ Wo geeignete Kolonisten ¡u finden sind, das ist - jeden- falls eine der s\chwierigsten Fragen. Ob jene Hundert- tausende, die alljährlih über das Meer auswandern, gerade das gecignete Material bilden, sich unter den dortigen günstigen Verhältnissen anzusiedeln, wird Niemand in der Lage sein schon jeßt zu übersehen; ein Theil davon geht wahrscheinlich darauf ein. Allein, es ist aub schon in der neulichen Diskussion darauf hin- gewiesen worden, daß ein ziemli konstanter Abfluß der Bevölkerun aus den östlichen Provinzen nah den westlichen stattfindet, und id glaube, daß unter dieser flottirenden Bevölkerung allerdings vielfa

das Material gefunden werden kann und zu finden fein wird, \ich unter diesen ihr gebotenen günstigen Verhältnissen anzusiedeln. Unter welchen Modalitäten diese Grundstücke kauf- und pachtweise O sein werden, auch das darf ih blos andeutungsweise jeßt ausfuHhren.

Cs wird zunächst in Frage kommen die Veräußerung gegen Annuitäten, also gegen Renten, wodur allmählich der Besiß erworden wird. Es wird ferner, und zwar in großem Maßstabe, in Frage lommen, daß diese Grundstücke parzellirt verpahtet werden, und daß denjenigen Pächtern, die in ihrer Besißzung vorangekommen sind, eine gewisse Erleichterung für die Uebernahme, den endlichen Erwerb dieser Grundstücke gewährt wird. Es wird auf der anderen Seite auch Fürsorge zu treffen sein, daß die ausgetheilten Grundstüdcke in dem Besißumfang nach e erhalten werden, in dem sie ausgegeben werden. Es ist also möglicherweise vorzubehalten ein Rückkaufsreht des Staats, um einmal der zu weit gehenden Parzelli- rung vorzubeugen, andererseits dem Zusammenkaufen und Aufkaufen der Grundstücke auf Spekulation wieder vorzubeugen. Es ergiebt sich hieraus gewiß eine Reihe von Le komplizirten und höchst \{chwie- rigen Verhältnissen; allein die Königliche Staatsregierung ist der Meinung, daß die Schwieri keiten, die diesem großartigen Plane ent- gegenstehen, nit davon abbalien dürfen, mit Energie an diese Auf- gabe zu gehen.

Nun liegt ja die Fgrage nahe und sie ist auch in der Be- sprehung in der Presse über die gesammte Frage {on wieder- holt aufgeworfen worden —: wenn der Staat die Zwecke der inneren Kolonisirung verfolgt, warum benußt er dazu niht zunächst die vorhandenen Königlihen Domänen ? Meine Herren, darauf ist zuerst zu antworten, daß- die Königlihen Domänen in dem Umfange, den sie zur Zeit haben, und den sie im Wesentlichen

au bereits im Jahre 1820 hatten, verpfändet sind für die damaligen Staats\fchulden, daß nah der Verordnung vom 17. Januar 1820 eine Veräußerung von Domänengut nur unter gewissen Kautelen und Weitläufigkeiten geshehen kann und daß die Crträge, die aus solchem Verkauf gewonnen werden, zur Staatsschuldentilgung an die General- Staatskasse abgeführt werden. Der Artikel 3 der Verordnung vom 17. Januar 1820 lautet :

Für die sämmtlichen legt vorhandenen und in dem vön Uns vollzogenen Etat angegebenen Staatsschulden und deren Sicherheit, in- soweit letztere niht chon durch Spezialhypotheken gewährt ist, garantiren

Wir hbierdurch für Uns und Unsere Nawfolger in der Krone mit dem gesammten Vermögen und Cigenthum des Staats, insbesondere mit den sämmtlihen Domänen , Forsten und f\äkularisirten Gütern im ganzen Umfange der Monarchie, mit Ausschluß der- jenigen, welche zur Aufbringung des Jahresbedarfs von 2 500 (00 Thalern für den Unterhalt Unserer Königlichen Familie, Unseren Hofstaat und fämmtliche vrinzlihe Hofstaaten, sowie au für alle dahin gehörigen Institute erforderlich sind.

Die Staatsschulden, für welhe die Domänen verpfändet sind, ind allerdings zur Zeit nah dem vorliegenden Etat reduzirt auf 84 491 400 M, die unter dieselbe Rubrik fallenden Kur- und Neumärkischen Kriegs\{ulden auf 1388817 A Die Tilgung dieser Staatsschulden aber wird ungefähr ers nach Ablauf von 20 Jahren erfolgt sein, also etwa in dem ersten Jahrzehnt des fol- genden Jahrhunderts. i

Also es steht diese Bestimmung der Verordnung vom 17. Ja- nuar 1820 an und für sich der Veräußerung von Staatsdomänen im größeren Umfange entgegen. Es würde aber auch durch die Ver- äußerung durchaus nit das Material gewonnen werden, um für die Kolonisation die Mittel zu gewinnen. Um den nationalen Gesichts- punkten dabei zu genügen, ist außerdem hervorzuheben, daß in den beiden in Frage Tommenden Provinzen der Staatsdomanialbesitz kein erheblich großer ift und daß er in dem jetzigen Umfange jedenfalls dem nationalpoliti\chen Theil durchaus schon jeßt dient. Denn die sämmt- lichen Königlichen Domänen sind von deutshen Wirthen bewirth- haftet und sind schon jeßt durchweg wohl Mittelpunkt deutscher Kultur und deutschen Sletßes. Also würde in jedem Falle durch eine Zertheilung dieser Domänen na der Seite hin gar nihts gewonnen werden, sondern wenn man nah der Seite hin vorgehen will, so kann nur eine Verstärkung und L ergrößerung des Staatsgrundbesißzes dem gewollten Zwecke dienen.

ie Staatsdomänen betragen ih nenne nur das Areal; ih

kann nicht umhin, eine Reihe von statistishen Zahlen zu geben, weil diese Zahlen den geren Motiven nicht haben beigegeben werden können das , vorhandene Areal an Staatsdomänen in jenen Pro- vinzen beträgt im Regierungsbezirk Danzig nur 3380 ha, im Regie- rungsbezirk Marienwerder 15969 ha, im Regierungsbezirk Posen

18 329 ha, im Bezirk Bromberg 10 105 ha.

Abgesehen von dem geringen Umfang des Domänenareals ist aber noch darauf hinzuweisen, daß diese Domänen sämmtlich verpachtet sind, daß also die Verwirklichung einer planmäßigen Parzellirung doch nur möglich wäre nach Ablauf der Pacht gerade, und diese läuft zum Theil noh auf viele Jahre. Im Jahre 1888 werden in diesen Provinzen überhaupt nur 2 Domänen pachtfrei, im Jahre 1889 nur eine einzige kleine, im Jahre 1890 ebenfalls wieder 2.

ch glaube also, daß alle diese Umstände darauf hinweisen, daß

dur eine Parzellirung des vorhandenen Domänenbesißes in jedem Fall der Zweck des Gesetzes nit erreiht werden kann. Es empfiehlt ich also nah Meinung der Königlichen Staatsregierung ledigli der Erwerb von Gütern, die im polnischen Besiß zur Zeit sind. Hier- über muß ich Ihnen au wiederum eine Reihe von Zahlen angeben, die O förderlih für den weiteren Verlauf der Diskussion sein werden.

Die Grundbesißstatistik der Provinz Posen gestaltet sich folgen- dermaßen in diese Zahlen sind die Stiftunasgüter, die den öffentlichen Instituten gehören, niht eingeschlossen —: es befinden sich in der Provinz Posen wiederum nur von den größeren Gütern Goa, die ein Areal von über 150 ha haben, in privatem Besiy 1 380 342 ha. Hiervon sind in deutshem Besiß 723 899 h also 45% der Fläche, in polnishem Besiy 656 443 ha. Somit i der deutshe Besiß in der Provinz Posen um 67 456 ha größer.

In den leßten 25 Jahren sind aus polnischem Besitz in deutschen übergegangen 225 922 ha, aus dem deutschen Besitz in den polnischen 30 358 ha, so daß sich der polnische Besiß um 195537 ha ver- mindert hat. A hört! links und im Centrum.)

Ja, meine erren, ih glaube, diese Zahlen hier sind von Werth, und ih glaube, sie niht vorenthalten zu dürfen, um Ihnen ganz objektiv die qgebige Lage des Grundbesißes darzulegen, zu meinem persönlichen Vergnügen thue ih es niht.-

Im Regierungsbezirk Marienwerder sind in privatem Besi 420 651 ha. Hiervon sind im deutschen Besitz 336 536 ha oder 61 2% der Fläche, in polnishem Besi 84 115 ha. Jn den leßten 25 Jahren find in deutschen Besiß übergegangen 36 834 ha, umgekehrt aus deutschem in polnishen Besiß 4902 ha, so daß der polnische Besiß sich verringert hat um 31 939 ha.

Im Regierungsbezirk Danzig beträgt der Privatbesiß 201 880 ha ; der deutsche Besitz 183 411 ha, 589%, der polnishe Be 18 18 468 ha, 69/0, hier ist also der deutshe Besiß weit überwiegend und zwar um 164 943 ha \{chon seit langer Zeit.

In beiden Provinzen befanden sih sonach in deutshem Besiß zu- sammen 1243847 ha, im polnischen Besiß 759026 ha. Der deutsche Besitz ist somit größer um 484 820 ha. Der polnische O beträgt demnah in beiden Provinzen zusammen reihlich 914000 ha, also immerhin eine sehr erheblich große Fläche. Die Lan Data über den kleineren Grundbesiß sind weniger sicher, weil bei den \tati- stishen Aufnahmen, die in den leßten Jahren stattgefunden haben, uleßt im Jahre 1883, der Nationalität keine besondere Rücksicht ge- \henkt worden ift. Jch folge in diesen Angaben zum Theil Polni den Quellen, die also jedenfalls eher mehr geneigt sind, den deutschen Besi als groß darzustellen und nicht als zu klein. Danach kommen auf den größeren H 3/s, auf den bâuecrlihen etwa 2/s des gesammten Areals. Der spannfähige Besiß ist im Posenschen größer als in den meisten übrigen Provinzen, das heißt, dem Umfange nah: er beträgt 84 Morge: für die spannfähige Stelle oder 21 ha. Es wird an- gegeben und das stimmt mit den deutschen statistishen Zahlen daß seit dem Jahre 1816 von 48 151 spannfähigen Wirthschaften bis 1880 8765 gekauft, und theilweise zum größeren, theilweise zum klei- neren Grundbesiß geshlagen worden sind.

Es verhält ih der kleinere e unter 50 ha im Regierungs- bezirk Posen folgendermaßen: im polnishen Besiß 434 100 ha, im deutshen Besiß 195 000 ha; im Bromberger Re ierungsbezirk 221 600 im polnischen Besitz, 904 500 im deutschen Besiß; also im polnischen Besiß 650 700 ha, im deutschen 399 500 ha.

Diese Zahlen ergeben, daß seit dem Jahre 1816 der polnische Großgrundbesiß erheblih mehr eingebüßt hat als der bäuerliche Be k Daraus folgert der Artikel, der der polnischen A „Orçdownik“ entnommen ist, daß es um so gebotener sei, diesen esiß gewisser- maßen als nationales Eigenthum zu behandeln und keine Hand breit dieses R j mehr in deutshe Hand kommen zu lassen. Meine

erren, dieje Thatsachen ergeben, daß der polnische Da E Be

ih im Wesentlichen in seinem Umfang erhalten hat, und daß er si in feinem Wohlstand unter der preußischen Herrschaft jedenfalls sehr gehoben hat. - Gegen diesen esiß sind auch ah