1906 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jul 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Dem Notar, Justizrat Koeber in Kalau in Nixdorf, dem Notar Dr. A Oentran, i Amitssiß in Kellinghusen, dem Notar Ehrlich Amtssiß in Swinemünde angewiesen.

In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rehts-

anwälte Geheimer Justizrat Aßmy bei dem Potsdam, Justizrat Koeber

furt a. M., Dr. Reiß

Dr. Bruck bei dem Landgericht IT in Berlin, D dem Landgericht in Osnabrück, Meyerowiß bei dem Amts- : gr und dem ‘Landgericht in Tilsit, Gerstenberg bei dem

lmtsgeriht in Breslau, Storp bei dem

Passenheim, Ehrlich Rechtsanwälte und Notare Schachtel in Lichtenberg, Joßmann in C A und Dr. Lippelt in Pankow,

Uhlenbrock Justizrat Dr.

bacher, Zustizrat Wagner SiTorski in Schöneberg, Dr. Beer

dorf und Knebel in Zehlendorf, die Rechtsa in Friedenau, Dr. Philipsen und A berg, evn Memelsdorff, Dr. Auer

Naruhn, Dr. Siegfried Sachs, Wendlandt, öpfner, Sternberg und Siegfried Meyer in E Aa eberá Schönlank in Tegel, Sto ck und Appelrath

in Weißensee bei Berlin, Michalowsky

in Dt.-Wilmersdorf bei dem bisherigen Amkfsgeriht TT in

Berlin.

Jn die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der

frühere Amtsgerichtsrat Hansh bei dem

Neustettin, die Rechtsanwälte Meyerowiß aus Tilsit bei dem Dberläubegérit in Königsberg i. Pr., Dr. Bruck vom Land- gericht IT in Berlin und Storp aus Passenheim bei dem ( Dr. Rosenkranz aus Kappeln bei dem Amtsgericht in Kellinghusen, der Rechtsanwalt und Notar

Landgericht T in Berlin, Graf von Bredow, die Rechtsanwälte Mi

Schreyer inDt.-Wilmersdorf bei dem Amtsgericht in Charlotten- at Sotare, Juftizrat Dr. Fraude und

burg, die Rechtsanwälte und t Joßmann, der Rechtsanwalt Dr. Balke in der Rechtsanwalt und Notar Knebel in Zeh

Amtsgericht in Gr.-Lichterfelde, der Rehtsanwalt und Notar B ardi in Borxhagen-Rummelsburg, der Rechtsanwalt die Rechtsanwälte Dr. P! ilipsen und Krüpfganz in ABOeT: der Nechtsanwalt Schröder

mtsgerihti in

und Notar Schachtel,

aus Soldin bei dem A die Rehtsanwälte und Notare, Justizrat Er

und Dr. Lippelt in Pankow und der Gerichtsassessor Hofer bei dem Amtsgericht in Pankow, der Rechtsanwalt, Justizrat

Koeber aus Kalau bei dem Amtsgericht Rechtsanx lt und Notar Kay]er, und Appélrath in Weißensee bei geriht daselbst, die Rechtsanwälte in Friedenau,

Berlin

teg Memelsdorff, Siegfried Sachs, Wendlandt, fried Meyer in Schöneberg bei dem Am Schöneberg, der Rechtsanwalt und Notar Pin

bei dem Amtsgericht in Kalau,

Dr. Aschaffenburg bei dem Oberlandesgeriht in Frank- T A N ner bei dem Landgericht T in Ñ

bei dem O in Kammin, die

Justizrat Ernst Hoffmann J Pi nkus in Meinidendors, Bernhardi in Boxhagen-Rummelsburg, Justizrat Rein- und Justizrat Dr. in Stegliß, Kayser in Weißensee bei Berlin, Graf von Bredow in Dt.-Wilmers-

die Rechtsanwälte Stock

und Notare Uhlenbrodck Justizrat Reinbacher, Justizrat Wagner, Justizrat von Sikorsfki in Schöneberg und Dr. Beer in

lis, die Rechtsanwälte Leitner in Friedenau, Justizrat Dr. Auerbach, Brieger, Naruhn, Dr. opfner und Sieg-

ist der Amtsfiß n Kappeln der in Kammin der

Landgericht in

erlin, Dr. Aue bei

Amtsgericht in

in Friedenau, Fraude und

von

nwälte Leitner anz in Lichten- ah, Brieger,

und Schreyer

Amtsgericht in

chalowsky und

Gr.-Lichterfelde, lendorf bei dem

Lichtenberg, nsst Ho ffmann

in Nixdorf, der

bei dem Amts-

eriht in Berlin- us in Neinicken-

el bei dem Amts-

dorf und der Rehtsanwalt Sch ónlank in Te as Berlin-Wedding, ferner die Gerichtsaffe| bei dem Oberlandesgeriht in Frankfurt a. V riet und dem Landgericht in Lyd, F Amtsgericht in Mühlhausen i. Th., Amtsgericht in Schkeuditz.

Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Der Regierungs- und Baurat Wegener in Breslau ift der Oderstrombauverwaltung und der Regierungs- und Baurat

Hans Schulß in Harburg a. E. der Regier zur Beschäftigung in ihren Bezirken zugeteilt

Bekanntmachung.

Es wird darauf aufmerksam gemacht,

lihen vormals Kurhessishen Staatsanleihen zur

Rückzahlung gekündigt worden sind. Die Jnhaber der noch nicht eingelösten

der Casjel, den 2. Juli 1906. d, Der Regierungsprästdent. Jn Vertretung : Mejer.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Grnennungen, Beförde- Im aktiven Heere.

rungen und Versezungen. t Bord desz Dampfers „Hamburg“, 28. Juni. im 2. Rbein. Huf. Regt. Nr. 9, in dem Komm {aft in Paris bis zum 30. Junt 1907 belassen. Bergen, an Bord des Dawpfers

7. 73, mit der Führung dieses

S{&luf

VL Semeelorys, Rothenbücher, Okerít. im Oldenburg. Inf. Regt. Nr. 91, z Azintanten der 43. Inf. Brig., lommandiert.

AbiSicdsbewilligungen. Imaktiven Heere. Bergen, L Parrisius, Oberst un Kommandeur des Masur. Feldart. Regts, Nr. 73, der Abschied mit der gesecgliden Pension und der Erlaubnis zum Tragen der Regts.

an Bord tes Dambtfers „Hamburg“, 6. Juli.

Uniform bewilligt.

3. Juli.

Evangelische Militärgeistliche.

Dr. KRihter, Militäroberpfarrer des XV. Armee- forys, Ranfistarialrat in Straßburg i. G., zum VIII, Armeekorps nah Keblenz, Fot, Militärchertfarrer des V. Armeekorps in Posen, zum

L Acmeetarys nad Rêönigsbery T verseßt. 25. Juni. Dr. Heine, itérobervfarrer Konsistarialeat in Königsberg i. Pr., die rachgesu

serem Amt mit Peusionr zum 1. Jali d. J. erteil

Eulenberg bei dem

bungen und Prämienscheine werden daher aufgefordert, sie bei iesigen Regierungshaupikasse zur Einlösung einzureichen.

„Hamburg“, v. Normann, Oberstlt. und Abteil. Kommandeur im Lehrregt. der ear Schi:ßschule, unter Verseßung zum Masur. Feldart. Negt.

i egts. beauftragt. Major im Großen Generalstabe, vom 15. Juli d. J. ab bis zum der diesjährigen Herbstübungen zum Generalkommando des jen Hauptm. und 43. Inf. Brig., zur Dienstleistung beim Kriegsministerium, Kettner,

soren Erlanger Off bei dem ügner bei dem

ung in Lüneburg worden. daß die sämt-

Schuldverschrei-

Kiel, an

Frank, Oberlt.

2ndo bei der Bot- ?

6. Juli. v. Borries,

Adjutant der ur Vertretung des

des I. Armeekorps, zte Gntlafsfung aus t.

Das s era l : e Abgeordnetenhaus hat gestern

die gs n e lags in allen Lesungen erledigt

und mit der L Os der Vorlage, betreffend die Ve r- Nor

b laut Bericht des „W. T. B.", der Frei-

staatl GLER ahn, begonnen.

n der i: F d*Elvert (d chrittspartei) sein Bedauern darüber ri daß cini “so _w e Vorlage überhastet am Schlusse der Legislatu vor _ das Haus gebraht werde, und be-

Verstaatlihungésübereinkommen. Der erenung der Einlösungsrente jei auf ¿bung zu Gunsten der Nordbahn vorge-

en die Zusicherung von Vergütungen an die Nordbahn seitens des Staats für unerläßlihe Jnvestitionen. Die Nortbabn müsse entweder sofort durch Verwerfung des Uebereins kommens billiger erworben werden, oder man müsse weitere 7 Jahre

abwarten. : ; Haus brach darauf die Verhandlung über diesen

kämpfte dann eingehend Redner behauptete, die Grund einer H T versc nommen, und wandte id

Das i Gegenstand ab und beriet sodann den Handelsvertrag mit der Schweiz.

Auf Grund eines zwischen den Jtalienern und Slovenen getroffenen Uebereinkommens hat der Wahlreformaus\chu§ gestern, obiger Que zufolge, die Wahlkreiseinteilung für Jstrien und Goerz- radiska mit je 3 slovenischen und 3 italienishen Mandaten angenommen, ebenso die Wahl- Frcigcinte E für Triest mit 4 italienischen und einem slovenishen Mandat.

Frankrei.

Ja der igen Vormittagssißzung der Deputierten- taus bride de Kriegsminister Etienne unter dem Beifall des es die beiden Geseßentwürfe ein, wona Dreyfus "und Picquart wieder in das Heer ein- gestellt werden sollen, und zwar Dreyfus als Major und Picquart als General, und wonach beide Offiziere in die Liste der Anwärter auf den Orden der Ehre n- legion eingetragen werden sollen. Das Haus nahm nah dem Bericht des „W. T. B.“ mit 448 gegen 43 Stimmen eine Tagrn an, welche die gestrige Erklärung des Finanzministers" Poincaré, betreffend die Einkommen- jteuer, guibeißt.. Nachdem dann noch der Entwurf, betreffend die vier direkten Steuern, mit 517 gegen 50 Stimmen angenommen war, vertagte sich das Haus auf den Nachmittag. Jn der Nächmittagssizung erstattete der sozialistish-radi- kale Deputierté Messimy Bericht über die Vorlage, betreffend die Wiedereinstellung des Hauptmanns Srccdhua in die Armee. ar dem Augenblick, als der Präsident die Vorlage zur Abstimmung stellte, kam es zu leb- Ras Zwischenfällen zwishen den Sozialisten und der echten. Das Rh wurde mit 473 gegen 42 Stimmen angenommen. Bei anntgabe des Abstimmungsergebnisses erflärte der Prôsident Brisson, daß diese Abstimmung einen Triumph der Wahrheit bedeute, dem die ganze Welt bei- stimme. Messimy verlas darauf den Bericht, betreffend die Vorlage über die e dexeinstellun von Picquart.

Der Referent sih dabei in schärfster Weije über die Fälshungen i lbr aus, die von Ben, elenden und ge-

wifsenlosen Offizieren begangen worden | Der Deputierte bia (Nationg[is) erhob dagegen Widerspruch und äußerte F weiterhin abfällig über e Kampagne gegen die Armee. Der De- putierte Allemane (Sozialist) rief ihm zu, er möge von dem Lumpen \prehen, der im Senat sige. Cochin führte sodann aus, Mercier Habe îm Einverständnis mit seinen Kollegen im Kabinett von 1894 gehandelt. Der Minifter

Bartbou, der diejem Kabinett angebört éa!te, erhob dagegen Ein- spruch; er habe von der Verhaftung Dreyfus? erft 14 Tage später Kenntnis erhalten. Auch der Präsident Brisson bemerkte, daß er, seitdem er von der Fälshung Henrys gewußt, die Revifion des Prozefses efordert und sih dadurch die heftigsten Angriffe zugezogen babe. P sagte, es habe sich bei allem um eine große politische Matination gehandelt.

Die Vorlage über die Wiedereinsezung Picquartis wurde darauf mit 477 gegen 27 Stimmen angenommen. Hierauf begründete der Deputierte de Pressensé die von ihm ein- gebrachte Interpellation. : C E

Der Redner bedauert2, daß es niht möglich fei, den General Mercier vor Geriht zu ziehen; er wünsche, ihn. niht

förperlich zu zütigen, aber der Schuldige müffse gebrandmarkt werden. Prefsenss fragte, ob man zulassen wolle, daß

französishe Soldaten dem Befehl von Uebeltätern wie Boisdeffre und Gonse unterstellt wären. Pugliesi-Conti (Nationalift) saate, indem er auf die Ministerbank wies: „Eine Regierung, die zu- läßt, daß Offiziere in dieser Weise beshimpft werden, ist feige und verähtlich.* Der Unterstaatésekretär Sarraut stürzte fh sofort auf ihn, {lug ihn beftig ins Gesicht und nahm hierauf rubig seinen Plaß auf der Minisierbank wieder ein, während fih ein beftiger Tumult entwidckelte. :

Der Präsident verließ darauf den Saal und Tribünen räumen.

Nach Wiederaufnahme der Sißung brachte der Deputierte Pressensé eine Tagesordnung ein, in der die Regierung auf-

efordert wird, die an den E iee beteiligten Offiziere aus Pan Heere auszuschließen und ihnen ihre Ehrenzeichen zu nehmen.

) Der Krieg! minister Etienne versiherte, die Regierung sei ent- \{lofsen, jede berechtigte Genugtuung zu gewähren, die Untersuchung sei aber noch nit abgeshlofsen. Einige Offiziere seien nur auf Ab- wege geraten, die anderen seien wirflich s{uldig. Der Deputierte j Barrès trat den ungerechten Anschuldigungen gegen die Offiziere, i die in gutem Glauben gehandelt hätten, entgegen und betonte die Chren- baftigkeit Meiciers. Las ies (Nationalist) vert-idigte den ibm befreundeten Major Cuignet. Der Miaprperdent Sarrien erklärte, er könne die von de Mresent beantragte Tageëordnung nit annehmen ; die unter dem Minifterium Waldeck-Roufseau erlassene Amnestie verbiete | jede gerihtlihe Verfolgung. Gewaltmaßregeln könnten hôflens die | Folgex1 des Sieges dec Gerehtigkeit abschwäà hen. Das Heer sei nit mit den Verbrechern solidarisch.

Der Deputierte Reveilland beantragte eine Tages- ordnung, in der den Urhebern der Revision Anerkennung aus- fat wird, die Urheber des Verbrechens, die durch den

pruch des Kassationshofes als solhe öffentlih hingestellt seien, gebrandmarkt werden und der Regierung das auen ausgesprohen wird, daß sie die erforderlihen Maßnahmen er- reiben werde. Die

ließ die

und nahm die Tagesordnung Reveillands mit 363 gegen 103 Stimmen an.

Der Ministerpräsident Sarrien verlas sodann die Ver-

listishen Abgeordneten wollten einen Antrag qu] Saa einer Sympathieadre}se an das rusfische Volk stellen, in der die Megzeleien,

Kammer verwarf darauf mit 369 | gegen 213 Stimmen die Tagesordnung de Pressensés |

ordnung, durh welche die Sesfion geschlossen wird. Die sozia- |

aufs schärfste verurteilt werden, aber der Präftden® erklär daß die Session bereits geschlossen sei, und weigerte si, dey Antrag der Kammer zu unterbreiten. Vor Schluß der Sißung nahm die Kammer noch den Antrag Breton auf Ueber führung der Ueberreste Emile Zolas in daz Pantheon mit 344 gegen 210 Stimmen an.

- Der Senat hat gestern die Vorlagen, betreffend Ah änderung des Generalzolltarifs bezüglich der Her künfte aus der Shweiz und betreffend die vier direften Steuern sowie die gegen Spanien gerichtete Und von’ der Kammer bereits beschloffene Erhöhung von 23 Artikel) des Allgemeinen Zolltarifs angenommen und sodany die Rehabilitierung Dreyfus' beraten.

Der General Mercier kcitifierte, wie das ,„W. T. B.“ beriÿtet das Vorgehen des Kassationshofes, da diefer unter Aus\{luß de Oeffentlichkeit und ohne Gegenüberstellung ter Zeugen verhande[i habe. Der Kafsation8shof habe nicht die Zeit gehabt, das ungeheure Kftenmaterial über die Dreyfus-Angelegenheit durhzuarbeiten. Af Vorhaltungen über sein Verhalten im Jahre 1894 erwiderte Mercier daß es sih jet um das Jahr 1899 handle. Er sei der Anficht, daß da Erkenntnis des Kriegsgerihts von Rennes bedeutend beweiskräftige gewesen sei als das gestrige. Der Präsident bemerkte, daß mar kein Interesse habe, Mercier an seiner Verteidigung zu binder Mercier erwiderte, er wolle sich nicht verteidizen, fondern sei Stimmabgabe begründen. Als er sich anschickte, über feine innerst Ueberzeugung zu sprehen, wurde er vom Lärm der Linken übertön

Der Senator Delpech (sozialistisher Nadikaler) begrüßte dez Sieg der Gerechtigkeit und spraH sich nahdrücklih dahji aus, daß Mercier an Stelle Dreyfus? in- den Bagno gehör

Der Minister Barthou drückte den Mitgliedern dz Kafsationshofes seine Anerkennung aus; fie hätten redlich die Aufga! der Gérechtigkeit, Verfehltes wieder gut zu machen, erfüllt. Mercier; von der Linken mit Lärm empfangen, bestiez zum zweiten Male die Rednertribüne und erklärte, er babe niht die Richter angreifen wollen, sondern einzig und allein das Verfahren. Der Minister Barth oy rief ibm zu, er bleibe entshieden dabei, daß der Geriht8hof nah der Bestimmungen des Gesetzes geurteilt habe. Der Präsident mate dis Bemerkung, daß die Ürteile des Kafsationshofes über alle Jr zweifelungen erhaben seien.

Darauf wurde der Rehabilitationsentwurf Dreyfus mit 183 gegen 30 Stimmen angenommen. Der Präsident sagte, er empfinde es als eine Ehre, daß er daz Resultat der Abstimmung habe verkünden können, das daz menshlihe Gewissen befreie und einen s{hweren Mißgriff da Justiz wieder gut gemacht habe. Darauf wurde ohne Debatte mit 185 gegen *26 Stimmen der Entwurf über die Reha bilitation Picquarts angenommen.

Der Kultusminister Briand verlas darauf das Dekré durch welhes das Parlament geschlossen wird.

Rußland.

Der Besuch des englishen Geschwaders in de russishen Ostseeh äfen ift, laut Meldung der „St. Peters burger Telegraphenagentur“, nach gegenseitigem Ueberein kommen auf eine günstigere Zeit, wahrscheinlich auf das Jahr, vershoben worden. Die Jnitiative zu diesem Beschluß die von russisher Seite ausgeht, findet durch folgende wägungen ihre Erflärung:

Der geplante Besu if mit lebhafter Befriedigung von de russischen Regierung aufgenommen worden, die in ihm einen Betwe der Sympathie der englishen Nation für Rußland sah. Leider babe

ewisse politishe Parteien in England und E eine beftiz Agitation en den Besuch entfaht zu dem Zweck, Fragen de inneren Politik Rußlands mit der Angelegenheit zu verquicken. Ti entschiedenen und loyalen Erklärungen des englischen Miniften des Auswärtigen haben der Frage ihren eigentlichen Charakter wiedergegeben und find in St. Petersburg voll gewürdigt worde Nichtsdestoweniger glaubt die russishe Regierung mit Rückficht as die politishe Krise, die Rußland gegenwärtig durhzumachen bat, de vorbeugen zu sollen, daß die Ankunft der engli: hen Schiffe Gelegza heit zur Erneuerung der Agitation und zu Zwischenfällen gibt, ü eeignet sind, dic Beziehungen zwischen Rußland und England für ti Zukunft zu beeinträhtigen.

Die Reichsduma beschäftigte sh gestern mit d Bg zur Teilnahme an der interparlamer tarishen Konferenz in London. :

Die Abgg. Alatjin und Nabokoff erklärten, „W. T. L. zufolge, daß die Duma das einzige Parlament der Welt sei, in alle Abgeordneten in dem Wunsche einig seien, für die Beseitizu des Krieges zu wirken. In den anderen Parlamenten gebe nur Gruppen, die dieser Auffassung hbuldigten, aber niema ¡weifle daran, daß die ganze Duma eine einzige solche Gruppe de stelle und daher der Führer in dieser neuen Bewegung der Völls werden könne, die dagegen gerichtet sei, den Krieg als Mittel für 8 Lösung internationaler Fragen zu. betrachten.

Die Duma beshloß dann, das Telegramm aus Lond zu beantworten und 6 Deputierte auszuwählen, die am Monts nach London abreisen sollen. : i 5

e weiteren Verlaufe der Sizung erledigte das a eine Reihe von Jnterpellationen und hörte ruhig und 2 voller Aufmerksamkeit die Antwort des Gehilfen des Ju ministers Sollertinsky an. ch8

Dieser leitete seine Ausführungen mit der SEnT ein, daz 4 Ld, da er zu einem Ministerium gehêöre, welches das Vertrauen

uma nicht besitze, auf objektive Darlegungen beshränken werde, 2 fegte darauf in längerer Rede auseinander, daß das Minitten2 durchaus bereit sei, den Wünschen der Duma nachzukommen und N und Gerechtigkeit zu wahren. Der Abg. Roditscheff griff ? Ministerium heftig an und bemerkte, daß das russische Volk Bertrauen zur russishen Justiz, die ihre UÜrteile hon gefällt 1% bevor der Prozeß stattfinde, verloren habe. Im Laufe der De ber die Darlegüngen des Gehilfen des Justizministers erklärte ? Abg. Aladjin im Namen der Arbeiisgruppe, die Dumamitgt würden niemals eine Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit ula für diese werde das ganze Volk eintreten. Er sei fest überzeugt, ® das Kabinett in einigen Tagen zurücktreten werde.

Ftalien.

Der Senat hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, seine D nehmigung zu dem Nückauf der Südbahn, zu der ® quidation der Verwaltung der Mittelmeerba? sowie zu den zu Gunsten der L Provinzen N der Deputiertenkammer beschlossenen Maßnahmen erf

Schweiz. E

Da das französishe Parlament beschlossen hat, daz ® bisherige Handelsprovisorium mit der Schweiz ? | bis Ende Juli verlängert werden kann, um eine ands pu erger hat der Bundesrat sih, nah einer M „W. T. B.“, bereit erklärt, bis dahin auf die französis Erzeugnisse noch den Gebrauchstarif anzuwenden.

Türkei,

die mehrere Städte Rußlands mit Blut befleckt hätten,

Nachdem Englands Widerstand die Bollerh einstweilen zum Scheitern gebraht hat, hat die P! „W. T. B.“ zufolge, durch Ueberweisung von 60009 P"

aus der Prioritätenkonversion den größten Teil des maze- donischen Maidefizits gedeck; gleichzeitig verhandelt sie mit der Dette Publique wegen der von den Mächten verlangten Effektivgarantie für die Deckung des mazedonischen Defizits aus der Zollerböhung.

Die Kammer des Fürstentums Samos hat den Botschaftern der Shußzmächte ein Memorandum zugestellt, in dem, nah einer Meldung des „Wiener Telegraphen-

Korrespondenzbureaus“, unter anderem die erufung eines wirklihen Fürsten oder, wenn' dies gegenwärtig unmöglih sei, die Rechte, wie sie dem Libanon gewährt sind, und die Ernennung eines Fürsten

mit Zustimmung der Schußmächte auf 5 Jahre gefordert werden. Das Memorandum erklärt, daß die Zukunft der JFnsel in ihrer Vereinigung mit Griechenland liege, daß aber vorläufig eine Aenderung der unhaltbaren Zustände im Rahmen des status quo und der Pflihten gegen den Suzerän zu suchen sei.

Norwegen. Der Kaiser Wilhelm hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern Pag an Bord des Dampfers „Hamburg“ von Hammer- fest aus die Fahrt nah dem Nordkap fortgeseßt.

Afien.

Nach einer Depesche des „Reutershen Bureaus“ verursacht die Lage in Teheran Beunruhigung. Studierende der Theologie befreiten am Mittwoch unter Anwendung von Gewalt einen wegen seiner aufrührerishen Sprache verfafteten Pro- e ihres Kollegs. Hierbei wurden ein Student von der

ache getôtet und zwei andere verwundet. Die Geistlichkeit sammelte sih Erd in der Großen Moschee. Alle Läden mit Ausnahme Dee: der Fleisher und Bäcker wurden geshlossen. Truppen beseßten und durchstreiften die Stadt. Die Priester verlangen Ausführung der versprochenen Reformen.

Nr. 28 der „Veröffentlichßungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 11. Iuli 1906 hat folgenden Inhalt: Personalna(rihten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrank- heiten. Sterbefälle im Mai. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Gesundheitsstand in der englishen Kriegsflotte, 1904. Geseßz- ebung 2c. (Deutshes Reich.) Postversand von infektiöfem Unter- [uhungSmaterial. Leichenbeförderung. (Preußen.) Roß. ahnarztstellen. (NReg.-Bez. Potsdam.) Neinwasserleitung. See Polytehnisher Verein in München. (Württemberg.) ehzimmittel. (Mecklenburg-Streliß.) Schlahtvieh- und Fleish- beshau. (Sachsen-Altenburg.) Trichinenschau. (Waldeck.) Aerzt- lihe Gebühren. ( E Arzneimittel. Oeffentliche Stele. (British - W-stindien.) Quarantäne. (Westaustralien.) An- steckznde Krankheiten. Tierseuhen im Deutschen Reiche, 30. Juni. Influenza unter den Pferden der Zivilbevölkerung des Deutschen Reichs, 1905. Pferdekrankheiten in asen, 1905. Tierseuhen in Schweden, 1. Vierteljahr. Ver- handlungen von geseßgebenden Körperschaften. (Frankreih.) Saug- flashen. Vermischtes. (Deutshes Reich.) Ehbeliche Fruchtbarkeit, 1880—1904. Geschäftsberiht des Neihsversicherungsamts, 1905. Sees ) Pocken, Diphtherie 2c., 1905. (Niederlande. Amsterdam.) terblichkeit 2c., 1905. (Japan.) Ansteckende Krankheiten, 1905. (Vereinigte Staaten von Amerika.) Vieh- und Fleishbe]hau, 1904/05. Nahrungsmittel, 1904/05. (Ohio.) Nahrungsmittel, 1905. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, Mai 1906. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40 0909 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutsher Groß- städte. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerihtlihe Entscheidungen, betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln (Wein).

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Zur Aussperrung der Glaser nahm die Berliner Glaser- innung in einer vorgestern abgehaltenen Versammlung Stellung. Vom Borstand wurde, wie die „Voss. Ztg. berihtet, mitgeteilt, daß die Glashandlungen dem Ersuchen des Vereins der Glasereien ent- sprohen und sih jet vertraglih verpflichtet hätten, keinem Meister

aterial zu liefern, der organisierte Gesellen weiter beshäftigt. Ebenso 18 die Lieferung an Private, Baumeister 2c. eingestellt werden.

n die Innungsmeister wurde die Aufforderung gerichtet, den Aus- \sperrungébeshluß nahdrüdcklicher als bisher durchzuführen. Der Stand der Aussperrung hat sihch niht wesentli verändert. Gegen 2000 ausgesperrte Berliner Lithographen und Steindrudcker, die gestern abend versammelt waren, nahmen, demselben Blatte zufolge, Stellung zu den Verhandlungen mit dem Schuhßz- verband deutscher Steindruckereibesiger. Die Versammelten erklärten sh bereit, auf Grund des am 21. Mai d. J. gefaßten Beschlusses in örtlihe Verhandlungen einzutreten, vor deren Regelung jedoh von einer Wiederaufnahme der Arbeit nicht die Rede sein könne. Vor allen Dingen legten fie Wert auf die bindende Zusicherung, daß sämtliche autgesperrten Steindrucker und Lithographen wieder an thre alten Plätze gestellt werden.

Die seit etwa 15 Den ausgesperrten, im Zentralverbande organisierten Maler und Anstreiher von Königsberg i. Pr. haben, wie ,W. T. B.“ meldet, in einer gestern abend abaéhaltcuen Versammlung den Beschluß gefaßt, die Lohnbewegung einzustellen und am 16. Juli die Arbeit wieder unter den alten Bedingungen aufzunehmen.

In E rfurt sind, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die dem Ver- band angehörenden Holzarbeiter in den allgemeinen Ausftand ein-

getreten.

Aus Siegen wird demselben Blatte telegraphieit: Die Zahlstelle des Verbandes cchristlißker Maurer hat Mittwoch- abend beschlossen, gemeinshaftlch mit den frelen Gewerk- schaften in eine Lohnbewegung einzutreten und bei drei Firmen zu kündigen, die eine Arbeitsniederlegung bei der äußerst reichen Bautätigkeit und dem sih bemerkbar machenden Arbeitermangel am empfindlisten treffen würde. Von dem Verhalten der Arbeitgeber \oll es dann abhängen, ob die Lohnbewegung nicht auf das ganze Steger- land ausgedehnt werden solle. Die Kündigung auf allen Baustellen der betreffenden Firmen is Donnerstagvormittag erfolgt, Der Verband verlangt die Erhöhung des Stundenlohnes von 44 auf 49 S und die

estlegung einer zehnstündigen Arbeitszeit. QDonnerstagabend en nun, wie die „Rh.-Westf. Ztg." ergänzend meldet, die Arbeitgeber des Kreises Siegen bes losen, uach Erhalt der Künd gung seitens der vereinigten sozialdemokratishen und hristlih- nationalen Maurer und Handlanger sämtlihen Bauarbeitern zu kündigen und die Betriebe ftillzulegen. Nur die Leute, die die schriftlihe Erklärung abgeben, weder dem soztaldemokratischen noch dem chriftlih-nationalen Verbande anzugehören, sollen von der Kündi- gung nicht betroffen werden. nter den Dresdner Shmiedegesellen ist, wie die „Köln. Ztg.* berichtet, der Ausftand ausgebrohen, Die der Schmiedeinnung

rungen, die fich vor allem auf Bewilligung einer 93 ftündigen Arbeits- zeit, einer 109%/igen Lohnerhöhung fowie auf die Zuziehung eines Verbandsvertreters bei Tarifstreitigkeiten erstreckten, verhielt sich die Innung ablehnend. Daraufhin etwa 209 S@miedegesellen, nachdem in geheimer Abstimmung der Ausftand beshlofsen war, die Arbeit niedergelegt. L

In Leivzig find, nah demselben Blatte, die in den Werkstätten beschäftigten Kupfershmiede in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie fordern unter Androhung des Ausftands eine Erhöhung des Mindestlohns von 48 auf 52 4. Die 150 Arbeiter der Stahl- federfabrik Leo Nachfolger haben wegen Lohnsftreitigkeiten die Arbeit niedergelegt, weshalb auch dem Hilfspersonal gekündigt wurde.

Aus Bordeaux meldet „W. T. B.*, daß 400 Eisenbahn- angestellte der Méádoc-Linie in den Ausstand getreten find und mehrere Telegraphenlinien sowie einige Lokomotiven zerstört haben.

Literatur.

Denkwürdigkeiten des Markgrafen Wilhelm von Baden. Erster Band. Herausgegeben von der Badischen Historishen Kommission. Bearbeitet von Karl Obser. Erster Band. 1792 bis 1818. Mit einem Porträt und 2 Karten. Heidelberg 1906. Carl Winters Universitätsbuhhardlung. 560S. 14 #46 Der Ver- fasser der „Denkwürdigkeiten“, deren erster Band vorliegt, der Mark- graf Wilhelm von Baden, als zweitältester Sohn des Markgrafen

und späteren Großherzogs Karl friedrid 1792 geboren, ein glänzend begabter Fürst von anziehenden Charaktereigenschaften, hat in bewegter Zeit ein tatenreihes Leben geführt. Seine erften Erinnerungen reichten zurück in die unruhigen Jahre der franzöfishen Revolution. Kaum den Knabenjahren entwahsen, folgte der Graf 1809 dem Marschall Mafséna als Adjutant in den Feldzug gegen Oefterreich und machte hier unter bewährter Führung seine erste militärische Schule durch. Mit 20 Jahren, nachdem er kurz zuvor seinen Vater verloren hatte, führte er 1812 die badischen Truppen nah Rußland, auch bei Leipzig focht er nod, dem Befehl des Großherzogs folgend, auf Napoleons Seite. In preußische Krieg8gefangenschaft geraten, be- teiligte er sich nach dem Beitritt Badens zur O rühmlich an den deutschen Freiheitskämpfen ; die Friedenszeit seit 1815 brachte ihm freilich manche Enttäuschungen. Der voetiegende Band reicht bis zum Jahre 1818, dem Tode des Großherzogs Karl, die [Meieen Jahre sind dem nächsten Bande vorbehalten. Von einer starken Neigung für geshicht- lihe Vorgänge erfüllt, empfand der Markgraf {hon früh das Bedürfnis, auch seinerseits das Erlebte aufzuzeihnen und der Nahwelt zu überliefern. Seine Tagebücher (im ganzen 52 Oktavhefte) reihen von seinem 16. Lebensjahr bis zu seinem Tod im Jahre 1859. Die Denkwürdig- keiten, die auf den Tagebüchern beruhen, sind in den Jahren 1851 bis 1859 niedergeschrieben worden, sie umfassen die Jahre 1792 bis 1847. Im Großherzoglichen Familienarhiv verwahrt, werden sie hiermit zum ersten Male in einer fkritisch gesihteten Ausgabe vorgelegt. Schon die erften Zeilen dieses bedeutenden Memoirenwerks müssen für den fürstlichen Autor einnehmen. „Wir würden“, heißt es in der Einleitung, „gewiß die Menschen oft anders und beffer kennen lernen,

wenn jeder, der ein wechselvolles Leben durchlebte, sich ent- \{löfe, seine Erfahrungen und Schicksale offen und wahr- heitsgetreu niederzushreiben. Wirklich Erlebtes, auch von

unbedeutender Feder aufgezeihnet, bringt Wahrheit und Leben, auß im leinen, in die Geschichte. Diese Erwägungen bestimmten mi, meine Erinnerungen hier zusammenzutragen.“ ie ein ershütterndes Drama lesen sich die Aufzeihnungen über den gean von 1812, wenn es z. B. heißt: „Der 7. Dezember war der chrecklichste Tag meines Lebens. Die Kälte war auf 30 Grad ge- stiegen. Um 3 Uhr Morgens befahl der Marshall den Abmarsch. Als das Signal dazu gegeben werden follte, war der leßte Tambour erfroren. Ich begab mich nun zu den einzelnen Soldaten und sprah ihnen Mut zu, aufzustehen und sich zu sammeln, allein alle Mühe war vergebens, kaum fünfzig Leute konnte ich zusammenbringen, der Rest, zwishen 200—300 Mann, lag erstarrt und erfroren am Boden. ier fand auch Kapitän Heinrih von Stetten sein Ende, einer meiner ugendfreunde und ein in jeder Hinficht ausgezeihneter Offizier. Den kranken Oberst von Franken traf ih in etnem zerstörten Bauernhaus, auf dem Boden liegend, der Sprache nicht mehr mächtig, und halb auf ihn hingestreckt einen sterbenden Württemberger.“ Man hat längst erkannt, daß die Hauptshuld an der furchtbaren Katastrophe nicht dem berüchtigten russischen Winter, fondern der entseßlihen Zuchtlosigkeit beizumessen ist, die bei der großen Armee eingerissen war. Ganz in diesem Sinne äußert sch auch der Markgraf. Die vielen Tausende von Nachzüglern, die die Armee unter verschiedenen Vor- wänden HeLal hatten und ih plündernd an sie hängten, ershwerten auf dem Nückzuge das Vorwärtskommen und wurden für die Arriere- gens bei der die badisGe Brigade kämpfte, zur Geißel. Die nächste eranlassung zu der massenhaften Fahnenflucht sieht der Markgraf freilih in dem Mangel an Lebensmitteln und in der \{lechten Ver- pflegung der Kranken uad Verwundeten. „Statt Brot oder Zwieback teilte man den Regimentern vershimmeltes Mehl aus und überließ es ihnen, an meist abgebrannten Orten, wo keine Backöfen mehr vor- handen waren, ohne alle Hilfsmittel Brot zu backen. Dabei waren die Lieferungen sehr gering, und von den großartigen Vorkehrungen, die der Kaiser getroffen haben sollte und mit denen geprahlt wurde, zeigte sich keine Spur.“ Die badische Brigade erhielt noch im No- vember eine beträhtliße Menge Zwieback, Suppengrieß und Schuhe aus der Heimat nachgesandt und konnte noch andern Truppen etwas abgeben. Der Disziplin seiner eigenen Untergebenen, die aus badischen Landeskindern bestanden, stellt der Markgraf wiederholt das rühm- liste Zeugnis aus. Keiner verließ den Posten, auf den ihn der Dienst gestellt hatte. Es waren keine Rekruten, sondern ausgebildete Soldaten, und an dieseUnterscheidung knüpft der Markgraf gelegentlich eine beherzen8- werte Betrachtung an. „Es zeigte sich wieder recht deutlich, was alte Soldaten vermögen und wie gewifsenlos von den Stimmführern der Opposition in den Kammern gehandelt wird, wenn sie aussprechen, es genüge beim Ausbruch eines Seluuge eine notdürftige Instruktion, um sogleich tüchtige Mannschaften zu haben. Jh kenne keine größere Vershwendunaq, als wenn unausgebildete Soldaten ein kostbares Kriegsmaterial in die Hände bekommen, mit dem sie dann {nell ins Verderben rennen.“ Neben den Abschnitten über den Feldiug von 1812 bieten die Erinnerungen an den Wiener Kongreß ein besonderes Interesse. Hier bewarb sih der Verfasser eifrig um die Anerkennung der Erbfolge der Hochbergschen Linie, der er angehörte. Es gelang ihm, den Minister vom Stein, der ihm anfänglich mit Zurückhaltung und sihtlichem Mißtrauen begegnete, durch seine freimütige, ent- Se Sprache umzustimmen und in ihm einen einflußreihen Für- precher u gewinnen. Die Unterredung, die für beide Teile höchst charafteristisch war, hat der Markgraf in anschaulicher, lebendiger Weise wiedergegeben. Die 47 Beilagen bilden eine wertvolle Zugabe zum Text. it Reht darf man mit dem Herausgeber der Denk- würdigkeiten wünschen, daß fie als {äßbarer Beitrag zur allgemeinen Zeitgeshichte Beachtung und Würdigung finden.

Land- und Forstwirtschaft.

Weizeneinfuhr Marseilles.

Nah den Woghenübersihten des in Marseille ersheinenden „Söómaphore“ hat die Weizeneinfuhr Marseilles auf dem Seewege

betragen : in der Zeit vom 10. bis zum 15. Juni d. J. . 152 192 dz davon aus Rußland . . . 142 008 , in der Zeit vom 17. bis zum 22. Juni d. J. , . 100 801 davon aus Nußland . . . G BORN y in der Zeit vom 24. bis zum 29. Juni d. J, 98221 davon aus Rußland . .. . 4758 , in der Zeit vom 1. bis zum 6. Juli d. J. , , 41 davon aus Rußland EOOON 18000 ,

n den Maxrseillen Aalbniéhaulagen befanden fs am 4 SR d A. 00400 An S E E

vorgelegten Forderungen der Arbeitnehmer um anen 21 Punkte, von denen 14 von den Meistern bewilligt wurden. Gegen die Hauptforde-

Getreidehandel in Antwerpen.

Der Kaiserlihe Generalkonsul in Antwerpen berichtet unterm 3. d. M.: Der Weizenmarkt in Antwerpen war zu Anfang des Monats Juni s{wach und leblos. Es bielt {wer, Geschäfte zu den leßten Preisen Bieten: Die Ankünfte waren bedeutend, es wurden in den leßten 4 Wochen mehr als 1 Million Quarters in Antwerpen abgeladen, sodaß fch die Vorräte auf mehr als das Doppelte derjenigen in der gleihen Zeit des Vorjahres beliefen. Jn- folgedefsen war greifbare Ware zu niedrigen Preisen zu haben. Die Nalhfrage war gering. Erst in der zweiten Hälfte des Monats stiegen diz Weizenpreise. Die Lage des M ehl marktes blieb indefsen rubig und unverändert.

Die Geschäfte in Weizen waren besonders deshalb fo \{chwierig, weil man für Leichter, unter garantierter, mindestens einmonatlicer Lagerung täglich füt dea Kahn bis zu 25 Fr. forderte. Als gegen Ende Juni die Ankünfte geringer wurden, zeigte der Weizenmarkt eine festere Tendenz, au gingen die Leichterkosten auf einen normaleren En was einen vorteilhaften Einfluß auf die Nachfrage ausübte.

Cif-Geschäfte auf entferntere Lieferung blieben indessen vereinzelt.

Die Preise für Getreide und Mehl ftellten fich Ende Juni ungefähr wie folgt :

Weizen: Australia . . Fr. 17T m i G S 173/s amerikanischer . Q TeE Kansas E A wo 171/; Kurachee, weiß, auf Lieferung. e 163/s - rot, r 7 ® r 161/s Kalkutta . ; . Oregon . L t ars A «„ 15}—16} onau . 15—17 russischer. . » 1G Lc inländischer . ¿ ¿A6È Roggen: ausländischer - 14—14} inländischer . L ¿O Hafer: russischer und amerikanischer . « 17—19} Gerste: für Futterstoffe e 124—137/; Braustoffe . et e 132—17} Mais: amerifanisher und Plata . e 124—125/s; Odeffa und Donau . H e 12F—14}

Weizenmehl: inländischs8. ... 208

Die Vorräte wurden am Monats\chluß, wie folgt, ges{chätt: Weizen: 1 000 000 dz

Gerste: 75000 , Roggen: 20000 , U 30000 ,

ais: 100 000 ,„

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungss- maßregeln.

Gesundheitsftand, Geburten, Eheschließungen, Sterbe- fälle, Wohnungs-, Gewerbe- und Schulhygiene, Kranken- fürsorge und Heilpersonal in Preußen im Jahre 1904.

Von der Medizinalstatistik Preußens, die von der Medizinal- abteilung des Ministeriums der geistlichen 2c. Angelegenheiten jährli unter dem Titel „Das Gesundheitswesen des preußishen Staats“ herausgegeben wird, liegt der Band über das Jahr 1904 nunmehr vor. (Berlin, Verlag von Richard Schoez). Er berichtet wie die Bände der Vorjahre über die Bewegung der Bevölkerung, die Ge- sundheitsverhältnifse, die Wohnungshygiene, die Beschaffenheit, Reinlichkeit, Beleuchtung der Straßen und den Verkehr auf ihnen, über die Wafserversorgung, die Beseiti u der Abfallstoffe, die E See Ueberwachung des Nahrungsmittelverkehrs, die Schul- \ygiene, über die gewerblihen Anlagen und a Einwirkung auf die Gesundheit der in thnen beschäftigten Arbeiter, die Fürsorge für Kranke und Gebrechliche, über den Gesundheitszustand und die Be- [häftigung der Gefangenen in den Strafanstalten und Gefängnissen, über die Badeanstalten, das Leichhenwesen, das Medizinalperfonal und die Kurpfuscherei. Unter den tabellarishen Uebersihten im Tert befinden fa einige neue, so diejenige über die Zahl der Desinfektoren und Desinfektionsapparate und eine folhe über die Tätigkeit der üffentlihen Nahrungsmittel- P Ran Sen, Der dem Text angehängte Tabellenteil des Bandes enthält diesmal als Tabelle 24 eine Aufstellung über die Säuglingssterblihkeit in sämtlihen Provinzen, Nezizrungébezitken und Kreisen des preußishen Staats. Der Gesund heits- zustand war in Preußen während des Berichtsjahres als im allge- meinen befriedigend zu bezeihnen. Die Sterblichkeit blieb mit 19,5 auf 1000 Lebende gegen die 19,8 betragende Ziffer des Vor- jahres etwas zurück. Da zuglei die Zahl der Geburten niht unwesentlih stieg, so war die Zunahme der Bevölkerung8zabl im Berichtsjahre erheblih, nämlich um rund 35 000 Köpfe böber als 1903 und stand nur um rund 15 000 unter der des Jahres 1902, der höchsten bisher beobachteten. Die Verminderung der Sterblichkeit machte ih übrigens durhweg in den jüngeren Lebenzalterftufen, bis ¡um 25. Jahre, eltend; in den Lebensaltern über 25 Jahre war die Sterblichkeit böber als 1903. Auch die Säuglingesterblichkzit war 1904 geringer als 1903, ohne allerdings die günftigen Zablen des Jahres 1902 za erreihen. Die ungewöhnliche Hie und Trockenheit des S 1904 hatte keine wesentlihen Störungen der allgemeinen Gesundheits verhältnisse im Gefolge. Die Verbreitung antteckender Krankheiten hielt sich in mäßigen Grenzen, s{were Volksseuhen ausländishen Ursprungs suchten das Land nicht heim. Obwohl der Gutzurf eines preußishen Seuchengeseßzes im Landtag niht zur Ver- abshiedung fam, so wurden do auf marchen Gebieten der Seuchenbekämpfung bedeutende Fortshritte erzielt. Die bakteriologishen UntersuGungsftellen bei den Regierungen wurden der Zahl nah vermehrt und weiter ausgestaltet, das DeSinfektions- wesen wurde dur Ausbildung zablreicher Desinfektoren in den für ihre Unterweisung eingerihteten Schulen gefördert, die Bekämpfung des Unterleibstyphus entwidelte fih, dank den eifrigen Bemühungen der Gesundheitsbeamten, immer erfolgreiher und die Eindämmung der volk8mordenden Tuberkulose ging în erfreulicher Weise vorwärts. Auf dem Gebiete der Ortschaft8hygiene is ein reaes Vorwärts- streben unverkennbar. Die Wohnungetverhältnisse der weniger be- mittelten Bevölkerungs\shichten desserten sich ftetig, die Beauf- s tigung der gesundheitlichen eshaffenheit der Wohnungen ührt sich in immer jaPirenteten Gemeinden als dauernde Einrichtung ein. Zentrale Wafserversorgungen entstehen alljähr- lih an vielen, auch kleineren Ortschaften, ebenso Kanalisationen zur Abführung der Hauswässer und menschlichen Abgänge. Für das gesundheitliche Wohl der Shulkinder ist durh SSuldauten und dur die Tätigkeit der Kreis- bezw. der Schulärzte viel Nüßliches geshehen. Im Krankenhaus8wesen wurde besondere Aufmerk- samkeit auf die Absonderung der Kranken mit übertragbaren L verwandt; s\ämtlihe unter der Aufficht der Justizverwaltung stehenden Gefänguisse wurden im Berihtsjabr durch die Medizinalbeamten einer Prüfung ibrer gesundbeitlihen Zu- stände unterzogen. In Fragen der Gewerbebygiene werden die Medizinalbeamten allmählih häufiger um ihren Rat angegangen. Bere Ecwähnung verdienen die vielfahen Maß- nahmen zur Bekämpfung des Alkoholmißbraus, dem zu steuern auch die staatlichen Behörden auf mantherlei Weise und niht ohne Erfolg persucen. Der Berich? stellt mit Befriedigung fest, daß auf allen Gebieten der öffentlihen Gesundbeitspflege im Berichtsjahr eine ge- deihlihe Entwickelung der Verhältniffe zu beobaten gewesen ift.

Aus den reihen statiftishen Angaben des Bandes mögen hier einige über Geburt, Ebeshließung und Tod Plaß finden. Die Zahl

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