1906 / 194 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Aug 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen. i jest ä óni ädiafst geruht: Scine Majestät der Konig haben Allergn C | dem Regierungspräsidenten a. D., Wirklichen Geheimen

iest i harafter ) i srat von Diejt in Merseburg ‘den Chara r N Wetlicher Geheimer Rat mit dem Prâdifat „Exzellenz

zu verleihen.

i jestàä ön i ädigst geruht : Seine Majestät der König haben Allergnä ( : den bisherigen Seminaroberlehrer a Dans in Seminardirektor zu ernennen und G De LN des Direktors Âr. Hermann Flasel gn der bisherigen Realschule in Beuthen O.-S. zum Direktor x nunmehrigen Oberrealschule die Allerhöchste Bestätigung z

erteilen.

Gele, : ff i reitstellung von Geldmitteln für beine ian e Se ia 12. August 1905 (Ge}eß- samml. S. 335) durhzuführenden Mod Vorflut- ohwasser-, Velch- -

Regelung ite K r oberen und mittleren Oder.

Vom 10. Zuli 1906.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von

: en 2c. : i La 8 Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie, was es

ie Staatsregi ird ächti Ausführung

i Staatsregierung wird ermächtigt, zur }

des Gesehes betreffend Maßnahmen zur Regelung der PoE

wasser- Deich- und Vorflutverhältnisse an der oberen und

mittleren Oder, Po die Finne von 15 000 000 (Fünf- [Li ] rf zu verwenden. \ :

D A Mel für Hovarbeiten; für den alsbald noiwetvigen

Grunderwerb und für E unan De e ccionen) Mark Arbei in Betrag bis zu 5 0 (Fünf Mill L

e eee Erledigung des in den 88 1, 6 und 7 jenes Gesetzes

f zweis n. vorgesehenen Verfahrens vorshußwelje verausgabt werde

. D A R Der Finanzminister wird ermächtigt, zur Deckung der

S1 D ‘Kosten, soweit die Mittel hierzu not O den Staats3haushaltsetat bereitgestellt werden, ‘im Wege er Anleihe eine entsprehende Anzahl von Staatsschuldverschrei- Zzugeben. ] : E

unan E der Schuldverschreibungen können E gehend Schagzanweisungen ausgegeben werden. Der Ge Feitstermin is in den Schaganweisungen ug iöfung Finanzminister wird ermächtigt, die i j N eser S hazanweisungen durch Ausgabe von neuen A4 anweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforder- i betrage zu beschaffen. j E abanweisungen fönnen wiederholt ausgegeben werden. S azanweisungen oder Schuldverschreibungen, die

i Schuldverschreibungen, die zur , L nweisungen oder SVS Pahanweisungen bestimmt | ist, g der Slaate [Qu A lig: E Fi inif i Tage vor dem Falig- | U t lg artver A tete Die Verzinsung der | lischt, wenn er nicht Das potlichen Antrag E e bem B a | eris C wird und wenn der hiernach nsung der einzulösenden Schaßanweisungen eibheitig angebrachte A Zustel E O

n drei Monaten jet Zuste nden fhriftlichen Bescheids der in Anspruch genommenen Betriebs- gemeinde dur Stellung des Antrags beim Fan Me beziehungsweise Bezirksaus\{huß aufreht erhalten wird.

Einlösung von sind, hat die

ne zur Verfügung neuen Schuldpapiere darf mit dem die Verzi

Hauptverwaltun

h i; | feitsterm E v0

D. L e Stéle und in welchen Beträgen, zu n Bedingungen der Kündigung cane n | den sollen, bestimmt der Finanz-

Wann, dur wel welchem Zinsfuß und zu welchen verschreibungen verausga

Kursen die Sch

fommen wegen

S Maar Staatsanleihen (Geseß- | ist, der Minister

es vom 8. März 1897, betreffend welcher zu beschließen hat. Ee M doe ulden (Geseßsamml. S. 43) und Mai 1903, betreffend die Bildung eines für die Eisenbahnverwaltung (Geseßsamml.

Anwendung.

Im übrigen Anleihe die Vors betreffend die Kons samml. S. 1197), det die Tilgung von Sta des Gesehes vom Ausgleichsfon S. 155), zur S4 dessen nächster regelmäßiger Zu-

Dem Landtage Meusf hrung dieses Gesezes Rechenschaft

sammenkunft über die Ausfü

Urkundlich unter Unserer und beigedrucktem Königli

Gegeben Digermulen,

(1% aat Unterschrifé den 16. Juli 1906.

adowsky. A E en, von Bethmann-Hollweg.

Freiherr v bruck. Beseler. Breitenbach.

Geseg i s Kommunalabgabenge)eßes 93 (Geseßsamml. S. 152). Vom 24. Juli 1906. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

ter Zustimmung ) i s verorhiea S für den Umfang derselben, mit Aus\hluß

Helgoland, was folgt: Einziger Paragraph.

zur Defklarieru

amml. S. 152) stehen einer Abstufung | ersäße nicht entgegen. Jnsbesondere hren\äße nah Maßgabe der Leistungs- zlichen Freilassung abzustufen und einzelne Besißgruppen mit verschiedenen Säßten Grundbesiße heranzuziehen. :

ließt § 27 a. a. O. aus, daß einzelne siggruppen nach verschiedenen Normen

E \ 14. Juli 1893 (Gejeß ebühren und Steu ist es zulässig, die fähigkeit b Grundstüsarten 0 zu den Steuern vom

Ebensowenig Grundstücksarien oder Be besteuert werden.

18 zur gän

; Q (i.D4 |L beginnen, mif; D 4 | 1.7? ganmweisungen aufhört.

Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Kursen die Schazanweisungen und die S uld- verschreibungen verausgabt werden sollen, bestimmt der Finanz-

minister.

Im übrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der Anleibe S inegén Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Gesezes vom 19. Dezember 1869 (Gejeßsamml. S. 1197), des Geseßes vom 8. März 1897 (Geseßsamml. S. 43) und des Geseßes vom 3. Mai 1903 (Geseßjsamml. S. 155) zur

[nwendung.

: F §8 Die Ausführung dieses

ständigen Minister.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift

und beigedrucktem Königlichen JInsiegel.

Gegeben Drontheim, an Bord des Dampfers „Hamburg“,

den 10. Juli 1906. (T4 D) Wilhelm. Graf von Posadowsky. von Studt. Freiherr von Rheinbaben. von Podbielski. von Bethmann- Hollweg. Delbrü ck. Beseler. Breitenbach.

Gele,

betreffend die Bewilligung weiterer Staatsmittel ur Verbesserung der Wohnungsverhältnisje von N ebeitern, die in staatlihen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten.

Vom 16. Juli 1906.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von

Preußen 2c.

verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags

der Monarchie, was folgt: _ S8

Der Staatsregierung wird ein weiterer Betrag von fünf- zehn Millionen Mark zur Verwendung nah Maßgabe des Gesehes vom 13. August 1895 (Gesehsamml. S. 521), be- treffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staats-

beamten, zur Verfügung gs

Zur Bereitstellung der im S 1 gedachten fünfzehn Millionen Mark ist eine Anleihe durch Veräußerung eines entsprehenden

Betrags von Schuldverschreibungen aufzunehmen.

An Stelle der Schuldverschreibungen können vorübergehend Schaßanweisungen ausgegeben werden. Der Fälligkeitstermin ist in den Schaßanweisungen anzugeben. Die Staatsregierung wird ermächtigt, die Mittel zur Einlösung dieser Schaß- anweisungen durch Ausgabe von neuen Schaßanweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforderlichen Nennbetrage zu beschaffen. Die Schazanweisungen können wiederholt aus-

gegeben werden.

ck R uro IUctn awer. it4 Mnjerer Hösteigenl“ M Frit

bergedr&M (unter, an Bord des Dampfers „Hamburg“,

Finlöf von fällig werdenden Schazanweisungen be- rbr g M die Hauptverwaltung der Staatss pen S ania Der “neucn S G Dad L | vor dem Zeitpunkt Gegeben Molde, s _[ E einzulösenden Schaß-

den 24. Zuli 1906.

Graf von Posadowsky von Bethmann-Ho

vom 14 ZUil 1

Wir Wilhelm, Preußen 2c.

Gesetzes erfolgt durch die zu- | pyerordnen unter

(Geseßsamml. ( Menn in einer Gemeinde durch * i ei anderen Gemeinde im Betriebe von Berg-, Hütten- oder Salz- werken, Steinbrüchen, Ziegeleien, Fabriken oder Eisenbahnen beschäftigt werden und dieser Beschäftigung wegen in der r verblieben sind, nahweisbar Mehr- des öffentlihen Volksshulwesens oder der öffentlihen Armenpflege oder für polizeiliche Zwecke e im Verhältnisse zu den ohne diese erwähnten Zwecke notwendigen Ge- einen erheblihen Umfang erreihen und Mehrbelastung der Steuerpflichtigen herbei- | , so ist eine solche Gemeinde berehtigt, von der Be- de einen angemessenen Zuschuß zu verlangen. Bei elben sind neben der Höhe der Mehrausgaben Gemeinde erwachsenden Vorteile, Steuerkraft zum Ausdrucke kommen, zu be- | ie Zuschüsse der Betriebsgemeinde dürfen in e mehr als die Hälfte der gesamten in der Be- de von den betreffenden Betrieben zu erhebenden irekften Gemeindesteuern betragen. E 4 e Lie Ia Betrieb in einem Gutsbezirke, so+rihtet sih der 8 Gewerbetreitenden. Die Zuschüsse dürfen alsdann die Hälfte der der Kreisbesteuerung dieses Betriebs unde liegenden Einkommensteuer und Realsteuern und, / cht gewerbesteuerpflihtig ist, 8/4 der seiner Kreisbesteuerung zu Grunde liegenden Einkommensteuer nicht übersteigen.

Die Bestimmungen l auf den Anspruch eines Gutsbezirks au Anwendung.

Wenn von mehreren Ge sprüche auf Zuschüsse er die in den Abs. 1 un steigen, so findet eine verh Ansprüche bis zu der zuläs

ersteren zugezogen ode ausgaben für Zwecke

erwachsen,

meindeausgaben eine unbillige

triebsgemein Bemessung desselk auch die nahweishar der soweit fie in der rücksichtigen. feinem Fall triebsgemein

wenn der Betrieb ni

ben werden, welche z1 C 9 vorgesehenen Höchstgrenzen über- ältnismäßige Kürzung der einzelnen sigen Döwltgrenze a A

streitige Ansprüche aus Kd]. is sowie “Streifen. M sich aus der Anwendung des

treitigleilen ßt der Kreisausschuß und, jofern :

Abs. 4 ergeben,

ungen und die Schuld-

Verwaltung und Tilgung der ezes vom 19. Dezember 1869,

-

nsiegel.

Wilhelm. von Studt.

beider Häuser des Landtags

Kommunalabgabengesezes vom

ist unter Uebertragung des ] : le (Saale) versezt und der Berginspektor Erih Müller

Steinkohlenbergwerk König bei Saarbrücken unter L tue Vos Titels Bergmeister zum Bergrevierbeamten für das aus dem Revier Weißenfels unter anderer Abgrenzung gebildete Bergrevier Naumburg mit dem Amtssiß Naumburg (Saale) ernannt worden.

die Stadt Berlin oder eine andere Stadtgemeinde beteiligt

der Bezirksaus\huß. Gegen den Beschluß findet

| innerhalb zwei Wochen der Antrag auf mündliche Verhand-

i treitverfahren statt. Der Anspruch er- Le ie gg 424 O des Rehnungsjahrs, für

utreffendenfalls kommen die Bestimmungen des S 58

3 über die allgemeine Landesverwaltung vom By Juli 1883 (Geseßsamml. S. 195) dahin zur Anwendung, daß au in den Fällen, in welchen die Stadt Berlin beteiligt

des Înnern den Bezirksausshuß bestimmt,

Vorstehende Bestimmung

\hlußbehörden anhängigen Angelegenheiten feine Anwendung.

Artikel 1 Ln Dieses Geseh tritt am 1. April 1907 in raft. V Urkundlich unter Unserer PON eigen angen Unterschrift

und beigedrucktem Königlichen Insiege

Gegebèn Molde, an Bord des Dampfers „Hamburg“,

den 24. Juli 1906.

(L. S.) Wilhelm.

Graf von Posadowsky. Freiherr von Nheinbaben.

von Bethmann-Hollweg, Selbrüd. Beseler.

——

inisterium der geistlihen, Unterrihts- und E Medizinalangelegenheiten.

Dem Seminardirektor Karl Backhaus ist das Direktorat

des Schullehrerseminars in Bederkesa verliehen worden.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

ierbeamte, Bergmeister Treue zu Weißen- A A IBergreviers West-Halle nah

Wilhelm. Freiherr von Rheinbaben.

llweg.- Delbrüdck. Beseler. Breitenbach.

Géles änderung des Kommunalabgabengeseßes 893 (Geseßsamml. S. 152). Vom 24. Juli 1906. von Gottes Gnaden König von

Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie für den Umfang derselben, mit Ausschluß | der Jnsel Helgoland, was folgt : Artikel I. 8 53 des Kommunalabgabengesezes vom 14. Zuli 1893 S. 152) erhält gen g

ersonen, die in einer

des ersten und greiten Absatzes finden

Zuschuß gleihmäßige

meinden oder Gutsbezirken An- zusammengerechnet ! 1 demn | Homburg v. d. H., wo die feierlihe Enthüllung des von

Nichkamtliches. Deutsches Reich.

Preußen Berlin, 17. August. reti M-r. Rate und Köuig HörTen heute

¿ormittag im Schloß Wilhelmshöhe den Vortrag des Reichs- fanzlers Fürsten von Bülow.

Der Kaiserlihe Botschafter in Konstantinopel, Staats-

minister Freiherr Marschall von Bieberstein ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaube auf seinen Posten zurüdck- gekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder über- nommen.

Der Königliche Gesandte beim Päpstlihen Stuhle, Wirk-

lihe Geheime Rat Freiherr von Rotenhan hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Königlichen Gesandt- schaft bis auf weiteres von dem etatsmäßigen Legations- sekretär, Legationsrat Dr. von Bohlen und Halbach geführt.

Der Unterstaatssekretär im Reichsshaßzamt Twele ift vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt.

Der Wirkliche Geheime Oberbaurat im Reichseisenbahnamt v. Misani ist mit Urlaub nah der Schweiz abgereist.

Der französishe Botschafter Bihourd ist nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder über- nommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Luchs“ am 15. August in Tientsin eingetroffen. E

S. M. S. „Hansa“ is am 15. August in Singapore angekommen und beabsichtigt, heute nah Rangoon in See V chen. : geh S. M. S. „Niobe“ ist am 15. August in Bombay eit getroffen und beabsichtigt, am 25. August nach Colombo in See zu gehen. ö U

S. M. S. „Charlotte“ ist am 15. August in Vigo an gekommen und beabsichtigt, am 20. August die Reise nah Malaga fortzusezen. l

S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist gestern von Canton nah Samshui in See gegangen.

Cronberg, 16. August. Seine Majestät der Konis Eduard von Großbritannien und Jrland hat ge|ter? vormittag 91/4 Uhr Schloß Friedrihshof verlassen und, po? Seiner Majestät dem Kaiser und König, See Hoheit dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen und dee erlauhter Gemahlin sowie von Jhrer Königlichen Hoheit ha Kronprinzessin Sophie von Griechenland zur Bahn daes nach herzlicher Verabschiedung die Reise nah Marienbad [0

ejeßt. U gel S éine Majestät der Kaiser und König jowie Z übrigen in Friedrihshof zurückgebliebenen eva iri # gaben Sich mit Gefolge um 101/2 Uhr in Automobilen n

; Urih T R E : stait- Bildhauer Friß Gerth geschaffenen Land rafendenkmals ta i fand. Seine Majestät übergab das Denkmal der Stadt A burg mit einer Rede. Der Oberbürgermeister von Hompus Maß, dankte mit einer Ansprache, die in ein Hoh auf

Majestät den Kaiser und König ausklang.

Nachmittags gegen 21/5 Uhr reiste Seine Majestät über Gießen nah Wilhelmshöhe, wohin sich, „W. T. B.“ zufolge, gestern abend auch der Reichskanzler Fürst von Bülow aus Norderney begeben hat.

Rußland.

Jn der Warschauer Vorstadt Wolowa explodierte,

T. B.“ zufolge, gestern vor einer Prozession von aus Nokitno zurückehrenden Pilgern eine Petarde. Von einer vorbeimarschierenden Militärabteilung wurde hierauf in der Richtung auf die Prozession geschossen, wobei zehn Personen verwundet wurden. : :

Die „Frankfurter ertvd meldet aus Odessa: Auf dem hiesigen Bahnhof überfi elen gestern sieben Anarchisten den Eisenbahnkassierer und nahmen ihm 5500 Rubel weg. Sie flüchteten dann und warfen unter die sie verfolgenden Polizisten eine Bombe, durch die ein Polizist getötet und ein anderer verwundet wurde. Es gelang jedo, drei der Anarchisten

u verhaften. e j Türkei.

Nach offiziellen Versiherungen is der Zustand des Sultans fortdauernd gut.

Nach einer Meldung des „Wiener K. K. Telegr.-Korr.- Bureaus“ aus Konstantinopel haben die E über die Katastrophe in Anchialo im rumelishen Patriarchat eine niedershmetternde Wirkung ausgeübt. Vorgestern versammelten s die Synode und der Laienrat zu einer gemeinsamen außerordentlihen Sißung und beschlossen, eine Protestnote, die Genugtuung und Herstellung des status quo fordert, an die Pforte und die Großmächte zu richten. Die Protestnote wurde noch an demselben Tage von einer Abord- nung von sechs Mitgliedern der Synode dem Großwesir über- reiht. Der Großwesir erklärte, noch keine offizielle Kenntnis zu haben, versprach aber sein Möglichstes zu tun. Eine gleiche Protestnote sollte der Patriarh Joachim gestern persönlich dem Doyen der Botschafter überreichen. Einzelne Flüchtlinge aus Anchialo treffen nah und nah in Konstantinopel ein.

Türkische Nachrihten aus Athen melden, daß zwei riehische Banden neuerlih die Grenze überschritten R bet: und daß die griehishe Regierung infolge der anti- griehishen Ereignisse in Bulgarien nihts gegen die Ueber- \hreitung der Grenze tue. : i

Aus Sasa (Bezirk Kotsona) im Wilajet Uesküb wird demselben Bureau ein Zwischenfall gemeldet. Am Sonn- abend wurde aus Anlaß einer von der gemishten Kommission vorgenommenen Untersuhung ein türkisher Leutnant auf bulgarishem Gebiet von bulgarishen Offizieren niedergemacht. Bulgarische Truppen hätten, wie es heißt, die Grenze über- schritten, eine türkishe Abteilung eingeschlossen und eine Hohe beseßt.

Bulgarien.

Nah einer Meldung des „Wiener K. K. Telegr.- Korresp. - Bureaus“ haben vorgestern in mehreren Pro- vinzialstädten griehenfeindlihe Versammlungen statt- gefunden, die ohne jeden Zwischenfall verlaufen sind. Alle griehishen Häuser sind militärish bewaht. Jn Stani- maka und Karnobad beseßten vorgestern Bulgaren die dortigen griehishen Kirchen, nachdem fie von den Griechen gutwillig geräumt worden waren. Für die zum Sonntag geplante allbulgarishe Versammlung in Philippopel sind große militärcische Maßnahmen getroffen. Troßdem haben die meisien Griechenfamilien fluhtartig die Stadt verlassen. Alle griehishen Kaufläden und Etablissements in der Stadt sind geshlossen.

Asien. Der Berichterstatter der „Daily Mail“ in Tientsin, der eine Reise durch Nordkorea und die Mandschurei gemaht hat, berichtet, die Japaner beobachteten 1eßt die Vorschriften bezüglih der offenen Tür genauer. Ueberall im YJnnern der Mandschurei finde man gegenwärtig an Stelle der europäishen und amerika- nishen Fabrikate japanishe, was daher komme, daß japanishe Waren massenhaft über Dalny zollfrei ins Land gebraht würden. Jn Nordkorea klagten die Eingeborenen vielfah darüber, daß die Japaner sih großer Stücke Landes bemächtigten und die Bewohner s{chlecht behandelten. Afrika.

_ Vie das „Neutershe Bureau“ aus Tanger meldet, toteten Angehörige des Anghera-Stammes einen der Leute NRaisulis; bei dem entstehenden allgemeinen Kampfe wurden jehs Angheras getötet. Der kürzlich ernannte Gouverneur begab sih mit zahlreihen Truppen nah dem Schauplagte der Unruhen und stellte, nachdem seine Truppen si mit den Ruhe- storern heftig beschossen hatten, die Ordnung wieder her.

Nr. 49 des Zentralblatts für das Deutsche Rei, berausgegeben im Reichzamt des Innern, vom 10. d. M. hat folgenden Inhalt: 1) Zoll- und Steuerwesen: Bestellung von Stations- kontrolleuren ; Nachtrag zum Verzeichnisse der im Auslande zur Aus- stellung von Zeugnissen über die chemishe Untersuchung von Baumöl ermähtigten wifsenshaftlihen Anstalten. 2) Bankwesen: Status der deutshen Notenbanken Ende Juli 1906. 3) Marine und Schiffahrt: Erscheinen des Handbuchs für die deutshe Handelsmarine auf das Jahr 1906; Grs{einen eines weiteren Heftes der Entscheidunge1i ‘s Oberseeamts und der Seeämter fowie des Registers zum seh- ¡ehnten Bande der Entscheidungen; Erscheinen des zweiten Nachtrags zur, Amtlichen Liste. der deutshen Seeschiffe für 1906. 4) Konsulat- wesen: Ernennung ; Bestellung eines Konsularagenten; Todes-

az 9) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichs-

m

Statistik und Volkswirtschaft.

Die deutsche überseeische Auswanderung im Juli 1906 und in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Es wurden befördert deutsche Audanderes im Monat Juli 1

über 1905 De c UA 1169 Da a 25 629 deutshe Häfen zusammen . . 1896 1798 fremde Häfen (soweit ermittelt) 259 505

DDCTOUUDI 1 « « 2100 2303.

beat deutshen Häfen wurden im Juli 1906 neben den 2155 beten Auswanderern noch 18 114 Angehörige fremder Staaten : ert, davon gingen über Bremen 10 672, über Hamburg 7442.

Altierssparkassen

find in Deutschland noch wenig bekannt. Sie sind mit den Sparkassen verbunden und haken das Prinzip, unregelmäßig eingezahlte Beträge anzusammeln, zu verzinsen und dem Inhaber des Alters\par- buches nach einem gewissen Lebensabschnitte (meistens nah Zurücklegung des 55. Jahres) das Kapital auszuzahlen. Meist werden der Alteré\par- kasse von den Uebershüfsen der Sparkasse besondere Prämien sowie sonstige Geschenke überwiese:. Einer verhältnismäßig lebhaften Teilnahme erfreut ih die mit der Sparkasse für das Perzogtum Gotha ver- bundene Aus\teuer- und Altersersparnisanftalt. Diese ist also nit ledigli eine Alterésparkafse und hat daher auch keine allgemein bestimmte Grenze für die Auszahlung der Ersparnisse festgeseßt. Die Einzahlungen in diese Kafse sind auch meist regelmäßige und zwar wöchentliße in der Höhe von 10 S4 bis 3 M Im Jahre 1905 wurden 71041 # 90 Z für 281 Personen neu Lan während 60317 A 85 H für 240 Personen, die den Fôlligkeitétermin erreiht hatten, zur Auszahlung kamen. Der gesamte Versicherungsbestand der Anstalt belief fch Ende 1905 auf 1055 701 Æ 80 4 für 2549 Personen. Als Uebershuß ergab \ih für das leßte Geschäftsjahr ein Betrag von 1882 4 57 A, der dem Reservefonds zugeführt wurde. Im ganzen hat die Aussteuer- und Ersparnisanstalt während ihrer nun 44jährigen Wirksamkeit für 5750 Personen 1 270281 Æ an fällig gewordenen Kapitalien bereits ¡ur Auszahlung gebracht.

Das dänische Kätnergeseß.

_ Das urter dem Namen „Husmandsbrug-Lov“ am 24. März 1899 in Dänemark erlafsene Gesetz ist in seinen Absichten mit dem preußischen Rentengutsgeseße zu vergleichen und bezroeckŒt die Ansiedlung und Seßhaftmachung ländliher Arbeiterfamilien durch Gewährung staatliher Darlehen zur Begründung eines eigenen kleinen Betriebes (Kätnerstelle, Häuslerei, Kofsäte). Ueber die bisherige Wirksamkeit dieses Gesezes wird in Heft 4 des 21. Bandes der IV. Reihe von „Danmarks Statistik“ be- richtet. In den fünf Jahren (1900—1905) wurden im ganzen 1859 Kätnerstellen („Staatshäuser“) mit Hilfe von Staatsdarlehen errichtet. Von diesen befinden sich rund ein Drittel auf den dänischen Inseln, nämlich 586 in 217 Gemeinden, und zwei Drittel, nämlich 1273 in 352 Gemeinden, auf der jütländischen Halbinsel. Die vom Statistischen Landesbureau versandten Fragebogen find nur von 1814 Eigentümern der Kätnerstellen („Staatshäusler*) brauchbar ausgefüllt worden, weshalb die folgenden Angaben nur dieses Material umfassen. Im ganzen beträgt die Kopfzahl der in diesen Kätnerstellen wohnhaften Personen 9145, was eine Durchschnittskopfzahl von 5,04 Personen ergibt. Von den Besitzern standen 495 im Alter von 25—30, 758 von 30—40, 467 von 40—50, die übrigen im Alter von über 50 Jahren. Vor Uebernahme der Kätnerstelle waren 1616 verheiratet, im Jahre der Uebernahme h:irateten 130 Besißer, 54 waren unver- heiratet, von 14 fehlen Angaben hierüber, 1465 der Besißer waren länd- lihe Tagelöhner, 202 standen in festem Dienstverbältnis, 147 hatten einen anderen Beruf. Das gesamte für die 1859 Kätnerstellen ver- wendete Areal betrug 10 700 dänishe Tonnen = ungefähr 1 Quadrats- meile Landflähhe mit rund 580 Steuereinheiten (Tonnen „Hartkorn"). Die Qualität des Bodens ift natürlich sehr verschieden, die Preise für das angekaufte Land s{chwanken zwishen 83 und 718 Kronen für die Tonne. Es ist bei Auswahl und Begrenzung der Areale nah Möglichkeit auf die Prosperität der Einzelkaten Rücksicht genommen, Viehbaltung findet auf 1517 Kätnerstellen statt, und zwar sind im ganzen 642 Pferde, 4714 Kühe, 5351 Schweine, 722 Schafe und 38 327 Hühner gezählt worden. Die staatli&e Schäßung des Eigen- tums8wertes der 1623 landwirtshaftlih betriebenen-Kätnerstellen betrug 6 526 562 Kr. (= 7 309 748 M); darauf waren an Staatsdarlehen 5 700 527 Kr. (= 6 384 590 M) vergeben.

In den Erhebungsformularen ist auch nach der Teilnahme der Staatshäusler an der Genossenshaftsbewegung gefragt worden. Von den eingegangenen 1814 Fragebogen find în diefer Beziehung 1654 ausgefüllt worden. Aus diesen ergiebt sich, daß fast neun Zehntel der Befragten, auf den Inseln 93/9 und auf dem Festlande 90 9/0, Mits glied einer Genofsenshaftsmeierei, ein Drittel, und zwar auf den Infeln 41 9/%, auf dem Festlande 27 9/0, Mitglied einer Shweine- \{lachtgenossenschaft und ein Viertel Mitglied von Eierverkaufs- vereinigungen waren. 14 Staatshäusler gehörten der landwirtshafts lihen Kontrollvereinigung an.

Zur Arbeiterbewegung.

_Die aus\tändigen Angestellten der Berliner Paketfahrt- gesellschaft (vgl. Nr. 193 d. Bl.) hielten eine Versammlung ab, um zur jetzigen Lage des Kampfes Stellung zu nehmen. Es wurde, der „Vos. Ztg.“ zufolge, mitgeteilt, daß nah weiteren Vermittelungs- versuhen, die durch den Direktor Kreßshmar von der Firma Schlichting u. Co. unternommen wurden, die Direktion der Paketfahrt- geselishaft sih bereit erklärt habe, 40 bis 60 alte Angestellte an thre früheren Pläße wieder cinzustellen und mit einer Kommission der früßeren Angestellten zu verhandeln, aber unter Aus- {luß von Organisationtvertretern. Die Versammelten beschlossen eirmütig, diesen Vorschlag abzulehnen und den Streik fortzusetzen. Heute vormittag sollte eine Konferenz der RNollkutscher mit dem Spediteurverein stattfinden, um festzustellen, welhe Spediteure für die Paketfahrtgesellschaft Streikarbeit liefern. Auch das Abrollen des Zwangsrollguts foll fünftig als Streikarbeit angesehen und untersagt werden. Der Verband der Kohlengroßhändler Berlins nahm nah demselben Blatte in einer Sigzung Stellung zu den Forderungen der Kohlenarbeiter und Kutscher, die ihm vom „Verbard der Handels- und Transpart- arbeiter“ zur Annahme unterbreitet worden waren. Einstimmig wurde beschloffen, den Trarsportarbeiterverband niht-als rechtmäßigen Vertreter der Kohlenarbeiter und Kutscher anzuerkennen und jede Ver- handlung mit ihm abzulehnen. Die Arbeitgeber erklären ih jedoch bereit, mit ihren eigenen Leuten in Verhandlungen einzutreten. Die im „Verbande der Jfolierer und Steinholzleger Deutschlands“ organisierten Isolierer Berlins und der Umgegend haben, wie ebenfalls die „Voss. Ztg.“ mitteilt, einen neuen Lohntarif an- genommen; er tritt am 1. Oktober d. I. in Kraft und hat ein Jahr Geltung. Die Verbandsleitung soll eau E werden, den neuen Tarif den Arbeitgebern zur Annahme zu unterbreiten und den alten zu kündigen.

In Essen haben, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, Ver- handlungen vor dem Einigungêëamt für das Baugewerbe zur Bei- legung des Ausftandes der Holzarbeiter geführt. Die Eini- gung beruht auf der Grundlage, daß den Gehilfen vom 15. Auguft ab eine Lohnerhöhung von 3 S bei 59 stündiger Arbeitszeit wöcentlich, vom 1. April 1907 ab eine weitere Zulage von 4 -&S bei Gewährung der 9; stündigen täglichen Arbeitszeit von diesem Tage ab und ferner vom 1. April 1908 ab ein weiterer Pfennig Lohnzushlag gewährt wurde. Sonnabends soll eine Stunde früher Feierabend gemaht werden. Die Löhne gelten als Durch- shnittslöhne, jedoch ist die Mindestlohngrenze nah unten auf 45 S festgeseßt. Der Tarif soll bis zum 30. April 1908 gelten. (Vgl. Nr. 189 d. Bl.

In dem Ausstand in Emden haben, wie der „Frkf. Ztg." telegraphiert wird, die Hafenarbeiter nachgegeben. Der Aus|tand ist beendet. Ueberall wird gearbeitet. (Val. Nr. 193 d. Bl.).

Wie die „Deutsche Arbeitgeber-Zeitung“ mitteilt, hielt der Ge- samtverband deusher Metallindustrieller am 11. August in Nürnberg die diesjährige ordentlihe Auss{hußsizung ab. Nach dem Geschäftsberiht haben sich im Berichtsjahre sechs Verbände und 20 Einzelmitglieder neu angeschlossen und zwei Verbände ih für 1906 angemeldet. Der Gesamtverband zählt zur Zeit 38 Be- zirks8verbände und zwei angeshlossene Vereine, die insgesamt etwa

431 000 Arbeiter beschäftigen. Es ist eine Kommission eingeseßt

worden, um eine Vorlag? auszuarbeiten, die die Aussperrung über den ganzen Gesamtverband faßungsmäßig r-geln soll. :

In Mannheim befinden sich der „Frkf. Ztg.“ zufolge scit Mittwoch sämtliche 500 Arbeiter der Strebelwerke G. m. b. H. vormals Rudolf Otto Meyer, im Ausstand. Dec Grund ist die Ent- lassung eines Arbeiters, mit dem sich die übrigen Arbeiter solidarish erklärten. i

Auch in Hamburg haben nah demselben Blatte die Buch- druckergehilfen den Anträgen der Gehilfenvertreter für die bevor- stehende Erneuerung der Buchdruckertarifgemeinschaft zugestimmt. (Val. Nr. 191 d. BL.). /

_In Lübeck hat der Ausstand dex» Tischler, der von den Gesellen nach 25 wöhiger Dauer für beendet erklärt worden ift, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, seine Erledigung noch nicht gefunden. Die Gesellen glaubten, daß fie ohne "eiteres die Arbeit wieder aufnehmen könnten, haben \ich darin aber geirrt. Die Meister verlangen die Anerkennung eines neuen Lohn- tarifs und ihres Arbeitsnahweises, und gerade von dem leßtern wollen die Arbeitnehmer nihts wissen. Die Tischlerinnung hat si aber ver- vflihtet, niht eher einen Mann einzustellen, bis die von ihnen ge- stellten Forderungen anerkannt sind. Jeßt betrachten sich die Gesellen als ausgesperrt. (Val. Nr. 189 d. Bl.)

Aus Troppau wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Jm Industriegebiete von Bieliß und Biala is die Aussperrung der Textilarbeiter gestern beendet und die Arbeit wieder aufgenommen worden. Nur în vier Fabriken der Stadt Bieliß wird wegen noch bestehender Zwistigkeiten niht gearbeitet. (Vgl. Nr. 193 d. Bl.)

Erziehungs- und Unterricht8wesen.

Zur Rettung verwahrlofter Kinder

wird in dem Organ des Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, der „Sozialkorrespondenz“, eine Erweiterung der geseßlichen Bestimmungen über die Fürforgeerziehung befürwortet und folgendes ausgeführt : i

„Es werden in Deutschland in jedem Jahre etwa fünfzigtausend Kinder und jugendlihe Personen gerihtlich bestraft. Diese hohe Kriminalität ist zum Teil auf eine falsche itrafrechtlihe Behandlung des Kindes zurückzuführen und kann niht ohne weiteres als Beweis- mittel für eine größere sittliße Entartung der heutigen Jugend dienen. Troßdem spielt bekanntlich die Entartung der Jugend im heutigen fozialen Leben eine fo große Rolle, daß es im öffent- lihen Interesse l’egt, immer wieder den Ursachen dieser Ersheinung naczuforshen. Der deutsche „Verein für Kindershug“ macht es Lehrern, Schulärzten, Seelfsorg-rn und Strafrichtern geradezu zur Pflicht, fih mehr als bisher dem Studium der Entwicklung der Kindesfeele ju widmen, um der Entartung des jugendlihen Charakters rechtzeitig vorbeugen zu können. Namentlih sollen an den Univer- sitäten in Verbindung mit pädagogishen Seminaren Vorlesungen über die Psychologie und Psychiatrie des Jugendalters gehalten werden. Dieses Studium der Kindesseele seßt ganz selbstverständlih auhch ein Studium des Milieus voraus, in dem sich das Kind ent- wickelt. Versäumt man namentlich das leßtere niht, so wird man über die Ursachen der Entartung und die Möglichkeit ihrer Vorbeugung sehr \chäß-n8werte Erfahrungen sammeln. Es gibt Mißhandlungen zarter Kinder, die viel verwerflicher sind als die bärtesten körperlichen Strafen, da sie die Seele verderben. Ein beträchtlicher Teil der findlihen Kriminalität ift unzweifelhaft auf derartige Mißhandlungen zurückzuführen. E Z 4

Viele der Strafjustiz anheimfallende Kinder sind in einem Sumpf geboren und nicht fähig, aus eigener Kraft sich zu festem Grund emporzuarbeiten. Der Sittenpolizei jeder Großstadt ist bekannt, daß manche dieser Kinder von verkommenen Müttern {hon zeitig zu un- lauterem Erwerb benußt werden: der tiefste Punkt des Elends, den ein Kind erreihen fann. Es ift bezeihnend, daß nah der neuesten preußischen Statistik über die Fürsorgeerziehung der Anteil der s{hul- pflichtigen Mädchen größer geworden ift, was man auf die Zunahme der jugendlihen Prostitution zurückführt.

Man hat kein Recht, hart zu urteilen, wenn diese Unglücklichen später ih von dem rechten,Wege weit entfernen und verdèrben. Sie haben ja nie in normalen Verbältnissen gelebt. Wie sollen sie plôöglich sittlich gerade Wege innehalten können, da ihr ganzes seelishes wie wirtshaftlihes Leben \fich stets in Zickzack- linien bewegte urd auf diesem Wege bei der Moral zwar oft anstieß, aber nie ihren erziehlihen Ernst spürte? Aber natürli hat die Gesellshaft das Reht und auch die Pflicht, gegen die Entartung jugendliher Charaktere vorbeugende Maßregeln zu ergreifen. Zunächst wird man dabei an die Fürsorgeerziehung denken. Leider steckt diese auch in Deutschland noch sehr in den An- fängen. Vor allem greift sie meistens viel zu \pät ein. Die Ueber- weisung in Fürsorgeerziehung erfolgt im allgemeinen erft dann, wenn bereits eine Verwahrlosung eingetreten ist. Die wichtige Sache ist dur das Bürgerliche Geseßbuch nur sehr unvollkommen geregelt und in der Hauptsache der Landes8gesetgebur g überlassen. Diese versagt aber recht oft und hat sih im wesentlihen darauf beshränkt, die vor- handenen Bestimmungen dem Bürgerlihen Geseßbuch anzu- passen. Auch das württembergishe Geseg über die Zwangserziehung Minderjähriger vom 29. Dezember 1899 und das preußishe Gesez über die Fürsorgeerziehung Minder- jähriger vom 2. Juli 1900 weisen erhebliße Mängel auf. In Sachsen ist der Eclaß eines Geseßes über die Fürsorgeerziehung bis zur nächsten Landtagssession zurückgestellt. Es gelten în Sachsen noch die Bestimmungen des Volkeschulgeseßes, nah denen vom Sul- vorstande solche Kinder der BVezirks\culinspektion zur Anzeige gebracht werden müssen, bei denen Zweifel darüber entstehen, ob ihre Erziehung im Hause der Angebörigen ausreichend ist. Die Kinder sfollen dann, natürlich nach eingehender Erörterung des Näkßeren, auf Kosten der Angehörigen oder der Gemeinde in Privaterziehung oder in eine Besserungsanstalt gebracht werden. Die Lükenhaftigkeit dieser Bes stimmungen ist offenbar. Die Schule kennt nur, was ch in ihrem Aufsichtsbereih ereignet. Ein Kind kann in der Schule völlig ein- wandfrei und doch gründlih verdorben oder stark gefährdet sein, ohne daß sein Lehrer davon eine Ahnung bat. Namentlih in der Groß- stadt wird ein Einblick in die Verhältnisse des einzelnen Kindes dem Lehrer immer shwieriger. Auch wenn das Kind vor den Strafrichter kommt, ift es meistens bereits stark verwahrlost. Es gilt aber, wie es auch in den Motiven der säGhsishen Regierung zu einem früheren Fürsorgegeseßentwurf heißt: „der Verwahrlosung hon in ihren An- fängen entgegenzutreten, die gefährdeten Jugendlichen aus der ver - derblihen Umgebung, in der sie sih befinden, herauszureißen und gegen die ihnen innewoßhnenden schlimmen Neigungen anzukämpfen, indem man sie einer geregelten, seelisch wie körperlich auf fie eins wirkenden Erziehung unterwirft“. In der Tat sind alle modernen Kultur- staaten veipflichtet, gefährdete Kinder fo früh als mögli ihrer Um- gebung zu entreißen. Hier kann nur ein Geseß über Fürsorgeerziehung Hilfe bringen, das klug sh den Verhältnissen der Gegenwart anpaßt und einen frühzeitigen Schuß ermözliht. Weiter hat sch allerdings der Kampf auch gegen soziale Zustände und Sitten zu richten, die eine Entartung der Jugend begünstigen.“

Der Schleswig-holsteinishe Erziehungsverein bes \häftigt fich mit der Erziehung verwahrloster Kinder und beweist dur seinen neuesten Jahresbericht für die Zeit vom 1. April 1905 bis dahin 1906, daß das preußische Fürsorgeerziehung8geseß ihn niht überflüssig gemaht hat. In keinem Jahre wurden so viele Kinder vom Verein zur Erziehung aufcenommen, wie im leßtvergangenen, nämlich 86, hiervon allein 52 aus Kiel, 7 aus Altona, 3 aus Flensburg. Der Verein wendet ih mit Sorgfalt und christliher Hingabe solhen Pfleglingen zu, bei denen wegen der E Vernachlässigung in der bisherigen Erziehung ein Antrag auf Ueberweisung in Fürsorgeerziehung unmögli oder

ausfihtslos war. An der Spiye des Vereins steht der General- superintendent D. Kaftan (Kiel), Die Gesamtzahl der vom Verein in Pflege genommenen Kinder betrug am 1. April 1905 997.