1863 / 59 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Jn der heutigen Sihung des Abgeorductenhauses-

welcher dîe Minister Graf zur Lippe und v. Mühler beiwohnten, überreichten die Abgg. Schulze (Berlin), Jmmernmann und Genossen einen Geseßentivurf betreffend die Verantwortlichkeit der Mi- nister. Derselbe wurde einer besonders zu erwählenden Kommission von 14 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Die Wahl des Kreisrichter R i ehl wurde auf Antrag der 2ten Abtheilung des Hau- ses genehmigt, und trat das Haus demnächst im die Berathung von Petitionsberichten, welche bei Schluß unseres Blattes noch fortdauert. Die nächste Sißung wird“ voraussichtlich am Mittwoch um 10 Uhr stattfinden.

Die Wietzer »Pressx« enthält in ihrer Nr. 65: ‘vou 5. März einen Artikel über das Verhalten Oesterreichs zur rufsisch- preußischen »Convention« , der in zahlreiche hiesige und auswärtige Blätter Übergegangen ist. Die Angaben dieses Artikels, welche sich auf die Stellung Preußens in der fraglichen Angelegenheit beziehen, und davon ausgehen, daß Preußen in Wien augefragt habe, ob Oesterreich der sogenannten Convention beitreten wolle, gehören in das Gebiet tendenziöser Erfindungen. Es gilt dieses, wie wir aus- drücklih hervorheben wollen, namentlich auh von der eben er- wähnten angeblichen preußischen Anfrage in Wien und der darauf erfolgt scin sollenden Antwort, so wie von der Notiz, daß, nachdem die West- mächte in Berlin zunächst besondere mündliche Erklärungen in Be- treff des russisch-preußischen Abkommens: abgegeben hätten , diesen fn den lezten Tagen durch schriftliche Noten eîn präziser Ausdru ge- geben worden sei.

Ueber die kriegerischen Vorgänge in Polen vom 26. Februar bis 6, März sind wir in Stand geseht , folgende Darstellung aus amtlichen Quellen zu geben :

Warschau, 26. Februar. Nachdem das Truppendetachement dès Obersten Schilder Schudner die Rebellen bei Rrzywosoncz ge- chlagen , sehte es sih zur Verfolgung der geschlagenen und anderer Banden in Bewegung , die, wie empfangene Nachrichten besagten, von verschiedenen Seiten zur Verstärkung der Jnsurgenten unter Miéroslawski .cintrafen. Am 21. Februar sticß das Detachement auf Spuren dieser’ schon etwa tausend Mann -starken Schaar. Sie befand sich in einem Walde bei dem Dorfe Erojaczka , südlich vom Städtchen Pistrkowo im Distrikt Plodaweck. Ein kräftiger Angriff vertrieb die Rebellen aus dem Wald und sie wurden ohne Rast acht Stunden lang 20 Werst in der Richtüng des Goplosce's verfolgt. Die Bande ‘war vollständig ‘aufgelöst; die Rebellen haben , ihre Waffen wegwerfend , sich nah verschiedenen Richtungen geflüthtet und mehr als 100 Mann an Todten und 32 Gefangene verloren. Die Truppen haben drei Verwundete. |

Warschau, 27. Februar. Der Kommandant des 3. Sappeur- Bataillons marschirte auf die Nachricht, daß fich cine Schaar Rebellen bei Zelechow zeige, mit 3 Compagnieen und 50 Kosaken nach Gorzne, Zelehow und Vola Okrzejeska. Im Walde von Gutow stieß er auf die Insurgenten und zerstreute fie vollständig, nachdem er ihnen 150 Mann getödtet und sich, der Sachen und Papiere des Anführers bemächtigt hatte.

Die Truppen hatten einen Verwundeten und einige von Sensen leicht Verleßte.

Die Truppenkolonnen unter dem Befehl des Obersten Czengiery, des Oberst - Lieutenants Dobrowolski und des Majors Golubiew griffen 7am 24. Langiewicz bei Malsgoszcz an, wo si eine große Anzahl Banden vereinigt hatte.

Die Rebellen wurden geworfen und bis 6 Uhr Abends verfolgt. Sie haben fehr viele Todte verloren , auch hat man ihnen zwei Ka- nonen „abgenommen „und sie werden unausgeseßt verfolgt. Die Truppen hatten uur vier Verwundete.

Warschau, 28. Fébruar. Hauptmann Nowrodzkò Opoczyneitki marschirte an der Spitze eines Detachements von zwei Compagnieen und 100 ‘Kosaken über Brzeziny gegen Lodz, um ‘eine Schaar Re- bellen aufzusuchen. Jn ‘Lodz angekommen, erfuhr - der Führer des Detachements, daß die Insurgenten, von dem Herannahen der Trup- pen benachrihtigt, sich wieder gegen Brzeziny gewendet ‘hatten. Er seßte \ich demgemäß zu ihrer Verfolgung in Bewegung, und um ihnen den Weg abzuschneiden, rückte er durch die Wälder vor, wo er auf eine etwa tausend Mann starke Bande im Augenblick, wo sie sich um ihre Bivouaks lagern wollte, stieß. Die Rebellen ergriffen die Flucht; aber von den Kosaken verfolgt und von dem Feuer der N dezimirt, wurden sie vollständig aus- einander gesprengt. 200 Jnsurgenten sind gefallen, 20 verwundet und 85 gefangen. Man hat ihnen viele Waffen, Pserde und drei Kanonen abgenommen. Von Seiten der Truppen is ein Soldat todt, einer verwundet und drei haben Kontusionen ‘erhalten. Die lezten Trümmer der Bande des Boydanowicz sind von dem De- tahement des Majors Rabusza vollständig vernichtet. Er selbst ist gefangen und das ganze Gepäck der Bande in unserer Gewalt.

__ Die Bande des Langiewicz, die nah der Niederlage in Malo- goszcz verfolgt worden war, hatte sich mit den von Jezioranski an-

„geführten „Jusurgeuten L durch das Militair in Wloszezowa eingeholt und gänzli aufgeriehey L

wieder vereinigt. Am 26. Die ganze auf 70 Wagen geladene Bagage und 152 Pferde wy den genommen. Langiewicz, verwundet, entfloh in der Richtun, nah Sandomir. Die Bauern ergriffen die Rebellen und babe: deren hon ungefähr 200 abgeliefert. E

Der Verlust der Truppen is unbedeutend.

Was die noch anzuführenden irrigen Gerüchte anbetrifft, dj, hierüber ausgebreitet sind, so giebt man zu erkennen, daß arälose religiöser oder ärztlicher Beistand, der den Verwundeten dargebrac wird , welche die Banden der Aufständischen verlassen, den

Der Miilitairbefchlshaber des Gouvernements Radom theilt iy scinem amtlichen Bericht vom 28. Februar über die Vernichtung da E Bande des Langiewicz in der Umgegend von Wloszczowa folgende E Einzelheiten mit. Nach der Niederlage dieses Rebellenhäuptlings in | Malogoszcz rückte der Oberst Czengiery am 26. mit seiner Kolonne vor und erreichte Morgens 9 Uhr an dem bei dem Dorfe Burg gelegenen Walde. die Jusurgenten. Die Kosaken und ODragona l stiegen vom Pferde und eröffneten ein Tirailleurfeuer , während di“ Infanterie, dis in einer Entfernung von 4 Wersten den Wald um: | stellt hatte, noch zeitig genug anrückte und die Rebellen in völlige | Verwirrung brachte. 3 gefangen gewesene Gendarmen und 1 Kost * wurden bei dieser Gelegenheit wieder befreit. Jm Lager der Jnsur- genten fand man 1 Falconet, Gewehre, cine beträchtliche Quantität Pulver, Patronen, Laffeten und viele wichtige ‘Papiere. Außer dey Rebellen , die von den Einwohnern exgriffen und ausgeliefert wur den, ergaben sich viele freiwillig, wodurch die ganze Bande, die 5000 Mann zählte, gänzlich auseinandergesprengt wurde. Langiewicz, qu Fuß verwundet, hat sich nach den umlaufenden Gerüchten von Jendrsejow ins Ausland gerettet. (Irrthümlich war gestern in den »besonderen Nachtrage des offiziellen Journals« berichtet, daß er in der Richtung nach Sandomir entflohen sci.) Die Dorfschulzen zeigen an, daß die Mannschaften der vorbin erwähnten Bande in kleinen Häuflein von 10 Köpfen im Felde nah Nahrung umherirren. Die Bauern , die immer in derselben Gesinnung verharren , freuen si daß Alles scin Ende exreicht hat. |

Der General-Major vom Gefolge des Kaisers, Prinz Schakowsky, meldet aus Czenstochau, daß eine Expedition, welche in die Umgegen- den von Janow, Lelow, Szczekocin, Koniecpole und Przyrow ab geschickt worden , bewiesen habe, daß rin diesenr- Bezirk keine aufstän- dischen Banden vorhanden scien. Der Oberst Alenicz, gleichfalls von Czenstochau abgeschickt, aber in einer anderen Richtung und mit 2 Compagnuicen und 2 Kanonen , is unvermuthet am 26. Abends auf cine Bande von 400 Mann gestoßen, die fich an der Lisiere de Waldes bei Pauki aufgestellt ‘Hatte.

Nach cinigen Kanonenschüssen zog sih die Bande. in Unordnung in den Wald, indem sie nah Aussage der Einwohner ungefähr 50 Todte und Verwundete ;mits{hleppte. Die Nacht erlaubte keine wei- tere Verfolgung.

Der Oberst - Lieutenant Rediczki , welcher in cinem Walde bi dem Dorfe Stkrwilno im Lipower Distrikt eine Vande entdeckt halte sprengte sie gänzlih. Die Rebellen hatten 30 Todte; 16 Mann wurden gefangen und ihnen Pferde, Trainwagen und cine große Anzahl Waffen genommen.

Anm leßten Sonnabend, den 28., Abends 7 Uhr , entdedte die Polizei in Warschau, in dex Panska-Straße, eine Versammlung von ungefähr 90 Individuen, die sih vorbereiteten, die Stadt zl verlassen, um \sich mit den Rebellenbanden zu verbinden. Die Po- lizei umzingelte unter Mitwirkung des Militairs das Haus; bald darauf wurden 6 Schüsse abgefeuert , die aber weder die Soldaten, noch die Polizeidiener trafen. Die Verschwornen suchten sich {nell zu zerstreuen und zu retten; Einer von ihnen , bis in einen Garten verfolgt, wurde durch einen Bajonnetstih getödtet. Die Anderen sind festgenommen und auf die Citadelle gebracht worden. Diese Vorfall hat nirgend inen geräuschvollen Auflauf hervorgerufen und ist die öffentliche Ruhe nicht weiter gestört worden.

E U E Me

Telegraphische Depeschen. Warschau, 6. März. (4 Uhr.)

| Am 2. März wurde eine | Insurgentenbande bei Myschkow im Gouvernement Lublin eingeholt | und ‘zerstreute sich nah einem kleinen Tirailleurfeuer und zwei Ka

nonenschüssen. Sie verlor 20 ‘Mann an Todten und Verwundeten | und flüchtete nah Sosnowice. bei Morczew im Gouvernement Warschau geschlagen; der Verlust

der Jnsurgenten belief sich auf 100 Todte und 5 Gefangene. Beide E

Banden werden thätig verfolgt. Dragomirski , den die Zeitungen *

einen neuen Sieg über unsere Truppen rfechten lassen, ist am *

10, Februar in einem Gefecht bei Brzezyn geblieben.

(9 Uhr.) Dziedzicki, ehemaliger Beamter, ein Greis von 80 Jahren L

wohnhaft Nrasnysz, im Gouvernement Plock auf seinem Gute/ hatte die von dem Central - Comité ausgeschriebene Steuer und dié

wurde f,

Geistlihen und Aerzten keine Verantwortlichkeit von Sclitn, P F Behörde zuzicht, die nur die Pflichten ihres Berufs erfüllen. r

Am 3. März wurde eine Bande

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Requisitionen der Jusurgenten verweigert und von dem Komman- danten der Gendarmerie eine Schußwache verlangt. Darauf hin verüttheilte ihn das Centräl-Comité zum Tode. Drei mit Revyol-

vern bewaffnete kamen zu ihm, lasen ihm das Todesurtheil vor und

{ossen ihn durch den Kopf. Das auf dem Tisch Zzurückgebliebene Todesurtheïl war unterzeichnet : Kolbe.

(11 Uhr.) Am 4. März wurden Jnsurgentenbanden bei Skala unweit Oycow von unserit Trvppen angegriffen. Nach einem wüthenden Kampfe wurden die Jusurgenten mit einem Verlust von

400 Mann geschlagen.

Holstein. Jhychoc, 7. März. Jn dèr heutigen Sihung déèr Ständévérsammlung is der Antrag Blome's einstimmig an- génommen worden. Der Gefezentwurf wegen bürgerlicher Gleich- stellung der Judén ist in freisinniger Fassung durchgegangen.

Frankfurt a. W., 7. März. Die offizielle Mittheilung über die Bundestagssißung vom 5. März lautet: Die König- lih württembergische Regierung ließ ihre Bereitwilligkeit durch Absendung eines Bevollmächtigten an den beabsichtigten Kommis- sions - Verhandliüngen zu Herbeiführung eines gemeinsamen Geseyes gegen dén Nachdruck Theil zu nehmen, erklären.

Königlich \ächsischer Seits ward ‘mitgetheilt, daß die Abbe- rufung des bisherigèn Königlichen Militair-Bevollmächtigten Gene- ral-Majors vón Spiegel in einigen Wochen bevorstehe und daß an dessen Stelle der Major von Brandenstein vom Kriegsministerium zum Königlichen Militäir-Bevollmächtigten ernannt worden sei.

Hauptsächlich kamen aber ‘heute Angelegenheiten der Bundes- festungen zur Verhandlung; namientlich ward der Rechenschafts- bericht der Militair-Kommission über die Verwaltung einer Festung im Jahre 1862 entgegengenommen und das Erforderniß für diéefelbe für das Jahr 1863 festgestellt und die nöthige Summe bewilligt; dann ward eine mit déx Großherzoglich lutxemburgischen Regierung über Abtretung éities der Festung aehörigen Grundstücks ‘an die Stadt untér die Türteréssen ‘der Festung sichernden Bedingungen abgeschlossene Convention genehmigt ; auch die von detn'Kommandänten von Luxem-

bürg, Géneral- Major von Prondzynski, ausgestellte Eides- Urkunde

entgegengenommen. (Fr. Bl.) 0

Bayern. München, 6. März. ‘Der neu ernannte Kriegs» minister, Generalmajor v. Liel, hat das Kriegs8ministeriuum ‘vom A. d. M. übernommen, sich jedoh Tags darauf nach Frankfurt zurü- begeben, um seine bisherigen dienstlichen und Privatgeschäfte dortselbst zu erledigen. (Bayer. Ztg.)

Großbritanien und Jrland, London, 6. März. Einéin gestern ‘ángelangtén Telegramme aus ‘Malta zufolge, bessert si -der Gesundheitszustand ‘des Prinzen „Alfred auf erfreuliche Weise. Das Fieber -ist völlig verschwunden und dem Patienten sind wiedèr kräftige Speisen gestattet worden.

In der gestrigen Oberhaus-Sizung ‘erhielt die Appanagen - Bill die Königlihe Sanktion. Der Márquis of Normanby fragte, warum bei der im Jahre 1851 erfolgten Vorlage einer von ihm im Jahre -1849 geschrie- benen Depesche folgender Saß ausgelassén blieb: »Da in Folge der sozialen Gefahren ‘und’ politischen Ausschweifüngen“ des leyten Jahres in jeder bestehenden Regierung uúnid in der Majorität fast seines jeden Volkes sich - eine starke Abneigung gegen alle Reformen erhebt, die einen revolutionären Cha- rakter haben. Die in diesen Worten “enthältene Schilderung Eurvpais ‘sei

durch“ Alles , ‘was fih-zwischen 1849 und“ 1851 begab , - vollständig: bestätigt

worden. ‘Earl Russell hofft, sein -edler-Freund werde nicht mehr leugnen, daß die Depesche , aus welcher er (Russell) Einiges jüngst angeführt , längst (nämlich 1851) vorgelegt worden “is. Einzelne Säße mögen ausgelässen worden ‘sein, ‘weil sie nicht! wi{htig genug schienen, uin demParläment' vor-

gelegt zu wérden.

Im Unterhause erklärte gestern Sir G. Grey die bei dem Einzuge der Prinzessin Alexándra ‘morgen zu beobachtende Ordnung. - Mr. Cob- den ersldubt sich das Háus darauf aufmerksam zu“ machen, daß die Kriegs- flotte- eine: große Anzahl unnüßer Schiffe enthalte, nämlich Fahrzeuge von einer Bauart veralteten Stils. Die Flotte zähle nicht weniger ‘als 406 mo- derne Linienschiffe. Davon seien 66 Dampflinienschiffe und ‘40 Dampf-

frégättèen/ 35 von ihnen hätten über 2000, und 14 über 3000 Töns ‘Gehalt,

während alle im Durchschnitt mehr Tonngehalt - hätten als die »Victory«, an deren Bord Nelson bei Trafalgar fiel. Der Bau ‘dieser Fährzeuge hätte gar nicht begonnèn werden sollen, da ‘dié Admiralität wissen könnte, ‘daß Schiffe, die mit drei Verdecken über Wasser ragen, bloße Scheiben-für den Feind seien. Sie seien für das-Land ein Element der Schwäche und Gefahr, an- statt der Stärke; wenn morgen ein Krieg äusbräche, könnte man nicht eines derselben aussenden, um es mit den niedrig gebauten, schnellfahrenden und {wer gepanzerten Kanonenbooten Frankreichs oder Amerika's aufzunehmen. Theilweise schiebe- er die Schuld hiervon auf die frühere Admiralität, an deren Spite Sir John Pakington stand, und theilweise aufdie gedankenlose Ge- \{windigkeit, mit der das Haus Geldex bewillige. Jn diesem Augenbli seien 47 dieser unnützen Kasten mit 30,000 Matrosen bemannt. ‘Er-wolle hoffen, daß die Regierung ihre Voranschläge zurücknehmen und die Zahl der Matrosen und Marinésoldatén für dieses Jähr verringern werde. Lord Rob. Montagu gläubt, dieser Stand der Dinge habe keine politische Partei, sondern die Apathie -des Hauses. überhaupt zu verantworten. Lord Paget bemerkt auf das valljährliche Gefkeif« Mr. Cobden's, daß das jeßige Ministerium nitht mehr àls 5 hölzerne mit Panzern zu versehende Linienschiffe gebaut habe. Sir Jóhn P akington erwidert, daß Mr. Cobden Anklagen erhebe, ohne sie erhärten zu können ; daß er vom »ySceewesen und Schiffbau« gar nichts: ver- stehe. Mr. Bentinck bemerkt, daß Mr, Cobden mit seinen Warnungen

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immer zu spät fomme. Sir- Charles Wood ersucht, nicht zu überschen 5 daß ein großer Theil der Ausgabe dur die raschen und fortwährenden Neuerungen in der Schiffsbaukunst veranlaßt worden sei. Das Haus ‘läßt den Gegenstand fallen und geht in Comité über die Marine-Voranschläge.

/. März. Solches Drängén, Wogen und Lärmen wie seit heute Morgen 9 Uhr hat London scit vielen Jahren nicht gesehen. Seit 11 Uhr darf kein Fuhrwerk durch die Straßen, welche der Zug des hohen Brautpaars eben passirt. i

Die Prinzessin - Braut war mit dem sie begleitenden Ge- \chwader {hon am Donnerstag Naht um 11 Uhr auf der Höhe von Margate angelangt, und da dihte Nebel sich auf den Kanal lager- ten, ging das Geschwader daselbst vor Anker, um ‘erst vier Stunden später in die äußere Themsemündung cinzulaufen. Am Nore, wo ein rothes Wachtschiff die Mündungsstelle nautisch markirt, wurde Halt gemacht. Dort stellten sich alle Schiffe, welche zur Begrüßung der Prinzessin fommandirt worden waren, in zwei Linien auf, um zu salutiren.

Gegen 6 Uhr Morgens wurden die Anker gelichtet, um die Fahrt stromaufwärts fortzusetzen.

Vor Gravesend wurde zum dritten Male Halt geamätht, zum leßten Mal der Anker ausgeworfen j denn GraveSsend war zum Lan- dungsplaß erforen, Unter Geschühßsalven von den Höhen und un- endlichem Hurrahrufen begab sih die Prinzessin ‘am Arme ihres Bräutigams nach dem festlich geschmückten Landungspläytze. Von diesem Punkte an begann der feierliche Empfaiig ‘auf Terra firma, mitten durch blumengeschmückte Straßen, Triuinphbogen, ‘Militair- spalieren und Civilbehörden im ‘Ornate. Selbst längs der Eisen- bahn zwischen Gravesend und London fehlte es nicht an Triumph- arfaden und begrüßenden Menschenmassen, troßdem daß der Zug mit voller Expreßgeschwindigkeit dahinsauste.

Auf dem Bahnhofe zu London wurden rasch einige Erfrishungen eingenommen. Dann trat der Lord - Mayor mit ‘den Spiben der Citybehörden vor, um die Prinzessin zu bewillkomnmnén und darauf sezte fich der lange Zug in Bewegung. :

Wie auf Londonbridge, so war es. die ganze Strecke bis zum Mansionhouse, wo die Lady Mayoreß / umgeben von hundert Damen, der Prinzessin einen Blumenstrauß zum Willkommen überreichte; bis St. Pauls, bis Temple Bar, wo das City-Cortege sich verabschiedete; den Strand entlang bis nah Trafälgar- Square, die Clubs von Pall Mall entlang, hinauf näh Piccadilly, bis hincin nah Hyde Park, wo gegen ‘16,000 Freiwillige die Honneurs machten , und von da nach dem Eisenbahnhofe des Great Western, wo derx Zug hoffentlich ‘vor 5 Uhr angelangt \cin wird, Und von wo die Prinzessin sih mit den Jhrigen nach Windsor begiebt.

Schließlich erwähnen wir noch, daß mit Ausnahme der Fa- milienangehörigen der hohen Braut keiner der hier eingetroffenen Hochzeitsgäste am Zuge Theil nahm, wenn es auch andererseits möglich ist, daß sie denselben von irgend eiitem-Balkone aus mit anñsahen.

Und um die Haupksache niht zu vergessen ; das Wetter war fo günstig, wie man es nah dem gestrigen Sturm kaum zu erwarten gehofft hatte.

Im Unterhause beantragte gestern Mr. Bramley-Moore folgende Resolution: »Es habe dieses Haus die Unterbrechung“ freundfchaftlicher Be- ziehungen zwischen diesem Lande und Brafilien init Bedauern vernommen, und drüe ‘hiermit den Wünsch aus , ‘daß Fhrer"Majestät Regierung ent- sprechende [Maßregeln ergreife , um zwischen den beiden Ländern “ein: herz- liches Einvernehmen "wiederherzustellen, ‘entsprechend -dem- Charakter und der Ehre dieses Landes , sowie der Würde und Ehre einer freundlichen unab- hängigen Macht.« Der Antragsteller nimmt, bei. Motivirung, seiner, Motion entschieden Partei sür die brasilische, Regierung , rer vettheidigt die Küsten- bewohner von Rio Grande , wo der oft erwähnte Schiffbruch. stattgefunden hatte gegen den Verdacht des Meuchelmordes und der Strandräuberei, ‘be- \cwert ‘sich über das unbillige ‘Benehmen der englischen ‘Regierung einem \{chwächeren Staate gegenüber, ‘und wünseht - vermittelst dieses seines -Antragés, die 'ungerèechter Weise gestörte ' Harmonie zwischen den beiden Regierungen wiederherzustellen. Mr. Collier, welcher folgendes Amêtndement angekündigt hätte: »Daß „dieses „Haus Zwar sein Bedauérn über - die -zeitweilige- Unterbrechung unserer - freundschaftlichen Be- ziehungen zu Brasilien ausspricht, aber gleichzeitig die Pflicht der königlichen Regierung anerkennt, ihren Schuß ällen britischen Unterthanen in allen Theilen dér Welt -angedéihen zu lässen« hebt hervor, daß wenn diese Re- solution cin Tadelsvotum ‘der Regierung in sich \{lös}se, die Regierung diesen Tadel nicht verdiene, daß aber im entgegengeseßten Falle kéêin! Grund zur Anúähme- des ‘Antráäges vorhanden sei. Der ‘Nedner” stellt die Sache nach den’ vorliegenden ‘Aktenstücken sehr zu Ungunsten der Brasilianer dar, und {ließt mit der-Etklärung, daß Jhrer Majestät Minister ihre Pflicht ver- säumt haben würden, hätten sie ihre Entschädigungsforderungen nicht mit größter Energie- unterstüßt. Es treten nun mehrere Redner für und wider den Antrag auf. Lord“ Robert C ecil und Mr. Bentinck unterstügen die

‘Resolution. Mr. Fihgerald (unter Lord Derby Unterstaatssecretair des Aus-

wärtigen) tritt mit Schärfe gegen Lord Russell auf. Mr. Lay ard will sich darauf beschränken, die diplomätische Action der Regierung gegen den Vorwurf der Ueber- eilung oder Unbilligkeit zu -wahren. Es wäre die Schuldigkeit der brasili- schen Lokalbehörden | gewesen, den Schiffbruch - eines englischen Fahrzeuges dem britischen Konsul sofort zu melden. Aber in diesem sowie in ällen an- deren Fällen hätten die brasilischen Lokalbehörden ihre Schuldigkeit nicht ge- than. Lord Russell“ häâbe sih strenge in den Grenzen der Diplomatie ge- halten und wozu er vollständig berechtigt war, Entschädigung für die Plün-