1863 / 119 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Hinterbraht wird. Andererseits mögen die amerikanischen Kreuzer oft von ihrem Unwillen über das Treiben des in England ausgerüsteten Kaper- ciffes »Alabama« \ih zu einem weit getriebenen Argwohn reizen lassen; allein er glaube, daß im Allgemeinen das englische Volk aufrichtig bestrebt sei , jede .unehrlihe Einmischung in den amerifanishen Bürgerkrieg- zu ver- meiden. Lord Derby erklärt sich mit den Aeußerungen des Staatssecre-

tairs des Auswärtigen größtentheils einverstanden, und der Marquis von

Clanricarde zieht shließlich seinen Antrag zurü. S Im Unterhause wurde gestern für die Bill von Mr. Somes (Schließung der Wirthshäuser am Sonntage) eine außerordentliche Menge

von Petitionen überreicht, aber auch gegen die Bill kommen etwa zehn oder.

zwölf Petitionen ein, darunter eine aus Leicester von 2066 Mitgliedern des Arbeiterstandes. Lord Naas zeigt seine Absicht an, bald nach Pfingsten die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Stand der Dinge in China zu lenken. Mr. Pollard-Urquhart fragt, ob der brasilísche Gesandte seine Pásse verlangt oder der britischen Regierung angezeigt habe, daß er ange- wiesen sei, in gewissen Fällen die diplomatischen Beziehungen mit England zu unterbrechen ; ob eine diplomatische Korrespondenz mit Brasilien im Gange sei und nah ihrem Abschluß vorgelegt werden könne. Mr. Layard er- wiedert, die Korrespondenz sei noch im Gange und es würde sehr ungelegen sein, irgend einen Theil derselben in diesem Augenblick zu veröffentlichen. Lord J. Manners, Mr. Pope Hennessy und Sir G. Bowyer frä- gen wiederholt und dringend an, ob endlich die Depesche Mr. Odo Russell's vorgelegt werden könne, auf welche die Minister ihre Behauptung gründen, daß die bourbonischen Banden von Rom aus, in französische Uniformen ver- kleidet, in das nèapolitanische Gebiet geschmuggelt zu werden pflegen. Lord Palmerston erwiedert, die Angabe sei keiner Depesche entnommen gewe- sen, und Mr. Láyard ‘bestätigt diese Erklärung mit dem Bemerken, er habe dies gleich das vorige Mal sagen wollen. Schließlich aber sagt Lord Palmerston, er werde si nicht bewegen lassen, irgend ein Schriftstück zu veröffentlichen, wodurch Mr. Odo Russell mit der französischen oder pâpst- lichen Regierung in Streit verwickelt werden kann, Sir George Grey beantragt die dritte Lesung der Prison Ministers* Bill (Besoldung katholischer Gefängniß-Kaplane). Mr. Bla ck beantragt die dritte Lesung in sechs Mo- naten (d. h. die Verwerfung), Auch Mr. Newdegate und Mr. Adder- ley sprechen gegen die Bill. Aber das Amendement wird mit 196 gegen 167 Stimmen verneint, so daß die Maßregel im Unterhause durch ist.

2. Mai. Zu Ehren des Prinzen und der Prinzessin von Wales wurde im St. James - Palast gestern im Namen TJhrer Majestät der Königin eine Soirée gehalten, welche sehr zahlreich besucht war.

Gestern Morgen besuchten der Prinz von Wales und der Prinz Ludwig von Hessen die »Times«-Druerei und verweilten dort übex eine Stunde, um die verschiedenen Prozesse, durch welche der Druck des Journals bewerkstelligt wird, in ihrem Verfolge in Augenschein zu nehmen. i

Im Unterhause beantragte gestern Lord Palmerston, daß sich das Haus am Schluß der Sißung bis Donnerstag, den 28 D UCRUAC: Bei dieser Gelegenheit wünschte Mr. Hennessy, an den edlen Lord eine das Verhalten der preußischen Regierung gegen Polen betreffende Anfrage zu richten. Die preußische Regierung sagte er beobachtet niht nur die gegen Polén gerichtete Convention mit Rußland, sondern führt die Be- stimmungen derselben mit zu weit getriebener und gesezwidriger Strenge aus. Am einfa{sten kann ich dies dem edlen Lord beweisen, indem ih einen Brief von einem Offizier aus Polen auszugsweise verlese. (Der Jn- halt dieses wie eines anderen von demsélben Parlamentsmitgliede vorgelese- nen Briefes ist in der telegr. Depesche aus London, Nr. 117 d. Bl, bereits mitgetheilt.) Lord Palmerston erwiedert: Die Interpellation des ehren- werthèn Gentleman berührt eine Frage des Völkerrechts. So viel ich weiß, hat ein neutraler an das Gebiet eines Kriegführenden grenzender Staat die Verpflichtung, nicht zu gestatten, daß eine irgend ansehnliche Streitmacht eities der Kriegführenden das neutrale Gebiet dazu benugze, dén Gegner mit größerem Vortheil anzugreifen. Jch vedauere sagen zu müssen, daß die preußische Regierung im Jahre 1832 (1831?) jene Pflicht nicht erfüllt hat, und der Ausgang des Krieges von 1832 war in hohem Maß dem Umstande zuzuschreiben, daß Preußen einem russischen Corps erlaubte, über preußisches Gebiet zu marschiren und“ der polnischen Armee, mit der es kämpste, in den Rücken zu kommen. Eine andere Pflicht ist folgende: Wenn eine krieg- führende Truppen-Abtheilung vom Gegner gezwungen wird, auf neutralem Gebiete Zuflucht zu suchen, muß die Abtheilung, sobald sie die Grenze überschritten hat, entwaffnet werden. Aber ich weiß durchaus nichts davon, daß der Neuttale berechtigt ist, die Waffen und das Gepäck der kriegführenden Streit- macht zu konfisziren. Jm Gegentheil, wie ich glaube, hat der Neutrale ‘die Pflicht, wenn er die kriegführende Abtheilung entwaffnet bis an die Grenze feines Gebiets zurückgeführt hat , ihre Waffen und ihr Gepäck ihr zurückzu- erstatten, sobald sie wieder das Gebiet des eigenen Souverains betritt. Des- halb vermeiñe ih, daß Preußen kéäinen Bruch des Völkerrechts oder der Neutralitätspflicht begangen hat, wenn es der russischen Abtheilung Waffen und Gepäck zurüctgab , als dieselbe auf russischès Gebiet zurückging. Was die Lieferung von Munition betrifft, so müssen wir stets der Doktrin ge- denken, wélche Amerika während des lezten russischen Krieges aufgestellt hat, daß nämlich der Neutrale das Recht hat, dem einen wie dem anderen Krieg- führenden Kriegsmaterial zu liefern. Deshalb denke ih, daß Preußen durch die Munitions-Lieferung keine Verléßung seiner neutralen Verpflichtungen begangen hat. Was die BVesezung der preußischen Grenze mit Artillerie und Truppen betrifft, so ist es nicht ünnatürlich, daß eine Regierung, wenn im Nachbarlande ein Aufstand wüthet, Vorsichtsmaßregeln ergreift, um die Aus- breitung des Aufstandes auf ihr eigenes Gebiet zu verhüten, und da Preußen vertragsmäßig im Besiß des Herzogthums Posen is und Polen sich“ im Aufstande befindet, so sehe ih nit, wie so eine Regierung das Recht hâtte, darüber zu flagen, daß die preußische Regierung Vorsichtsmaßregeln an der Grenze ergriffen hät, damit der polnische Aufstand sih nicht auf pteußisches Gebiet verbréite. Mr. B. Griffitth ist mit diesen Erklärungen unzufrieden und fügt bei: Der Gegenstand ist voll Schwierigkeiten,

ih sehe doch , daß der: edle Lord sehr starke Erklärungen abgeben kann, wenn er Arbeiter - Deputationen empfängt, und nicht so stark is, wenn es zu handeln gilt. Lord Palmerston: Man wird mir erlauben, meine Antwort zu erläutern. Jch sagte, es sei die Pflicht einer neutralen Regie- rung, die kriegführende Abtheilung, die auf ihr Gebiet getrieben wird, zu ent- waffnen. Jch hätte hinzufügen Sollen, daß es eine Pflicht ist, die sie ihren eigenen Unterthanen gegenüber hat, keine ausländische Streitmacht in Waffen durch ihr Land marschiren zu lassen, nicht eine Pflicht, die sie den Krieg- führenden \{uldet. Mr. S. Fitgerald: Die Antwort des edlen Lords «enthält noch eine Stelle, die so außerordentlich klingt, daß sie einer Erläute- rung bedarf. Der edle Lord hat entweder das ehrenwerthe Mitglied für die Königsgrafschaft mißverstanden oder ein völkerrechtlihes Prinzip aufge- stellt, für das es keine Begründung, keinen Präcedenzfall und keine Auto- rität giebt. Die amerikanische Doktrin, welche wir angenommen haben, er- flärt es für keinen Neutralitätsbruch, wenn die Unterthanen eines neutralen Staatcs den einen der kriegführenden Theile mit Munition versorgen. Jch wünsche zu wissen, ob nach der Doktrin des edlen Lords auch die Regierung eines neutralen Staates eine kriegführende Regierung mit Munition ver- sorgen kann, ohne die Neutralität zu brechen? Lord Palmerston: Meine Doktrin beschränkt sich auf die Unterthanen einer neutralen Macht. Jch kann nicht aus dem Stegreif sagen, ob eine neutrale Regierung dasselbe Recht haben würde. Allein ich habe nicht gehört, daß der ehrenwerthe Gentleman die mitgetheilten Fakta mit Bestimmtheit zu kennen glaubt, und ich selbst weiß von der Sachegar nichts. (Gelächter.) Mr. Hennef sy: Ich weiß die Sache ganz bestimmt, da ich einen Brieferhalten habe mit der Mittheilung, daß die preußische Regierung den russischen Truppen Munition geliefert hat. Mr. Peacocke beklagt si über die Art, wie die auswärtigen Angelegenheiten im Hause der Gemeinen behandelt wérden. Als unlängst Amerika auf dem Wege war, sagte der edle Lord in Wirklichkeit nichts, und der Unterstaaätssecretair sagte dazu dito, Mr. La yard bittet das Haus ergebenst um Entschuldigung dafür, daß er zuweilen mangelhaft antworte und giebt dafür mancherlei technische Gründe an. Unter Anderem sagt er, daß er oft antworte, nur weil er es für un- billig hält, daß der edle Lord (Palmerston) in die Lage komme, vier, fünf Reden an Einem Abend halten zu müssen. Mx. Bentinck glaubt, daß die häufigen Debatten über auswärtige Politik dem Hause keine sonderliche Ehre machen. Man rede viel von Nichtintervention , aber diese Debatten würden, wenn man sie nit aufgebe, das Land \chließlich in den Krieg hineinreißen. Er möchte doch wissen, ob seine ehrenwerthen Freunde, die so enthusia- tisch für Polen und andere Länder sprechen, es ernst meinten ? Ob sie be- reit wären, falls die Regiérung auf ihre Jdeen einginge, die Kosten eines langen und blutigen Krieges zu tragen, oder ob sie glaubten, daß das Land dazu bereit sein würde? Lord Robert Cecil ist derselben Meinung, denkt aber, daß dem Gerede über Nicht - Jntervention ein Sophisma zu Grunde liege, denn es gebe Jnterventionen, die recht, und andere, die unrecht seien. Mr. B. Cochrane bemerkt, daß alle amtlichen Mittheilungen über den Stand der griechischen Frage sehr ungenau, wenn nicht blauer Dunst ge- wesen zu sein schienen, denn man höre jeßt, daß die griechische Deputation in Kopenhagen von einem Tage zum andern mit unbestimmten Versprechun- gen hingehalten werde. Mr. S iddell klagt, daß auf seine wichtige Frage wegen der chinesischen Angelegenheiten gar keine Antwort erfolgt sei. Die Conversation wendet sich so allmälig vom polnisch-preußischen Thema ganz ab und verschiedenen anderen Gegenständen zu. Lord Palmerston's Motion auf Vertagung über Pfingsten wird bereitwillig angenommen und die Sigzung schließt gegen 10 Minuten vor 1 Uhr Morgens.

i Franëöreich. Paris, 20. Mai. Odilon Barrot, welcher in den Tagen der Republik Minister-Präsident des Prinzen Louis Napoleon gewesen, nah dem Staatsstreiche des 2. Dezember aber dem Kaiser den Eid verweigerte und sich ganz vom öffentlichen Leben zurückzog, tritt jeyt wieder hervor, da die Straßburger ihm das Mandat eines Deputirten angetragen haben. Er hat diesen Antrag angenommen und gestern in Form cines an Neffger vom »Temps« gerichteten Schreibens sein Glaubensbekenntniß abgelegt. Er erklärt, den Eid, den das Geseß von ihm als einfachem Kandidaten fordert, mit treuem Gewissen leisten zu wollen. »Ohne Beschwerde und Hintergedanken erkläre ih, daß ich diesen Eid, den ich nah dem 2. Dezember verweigerte, da er damaks eine Billigung des von mir getadelten Staats®streiches gewesen sein würde, heute ohne Bedenken der von meinem Vaterlande eingeseßten und anerkannten Regierung leiste, daß ich ein volles Bewußtsein der dadurch von mir eingegan- genen Verpflichtung habe und daß ich noch nit cin einziges Mal e Sha ich sage nicht einen Eid, sondern ein gegebenes Die Leitung der Unterhandlungen mit Kopenhagen und Athen wegen der griechischen Thronfrage haben , wie der »France« aus London vom gestrigen Tage gemeldet wird , die Mächte ganz der englischen Regierung überlassen, welcher die Königliche Familie von Dänemark neuerdings erklärt bat, auf die griechische Krone ganz und gar verzichten zu wollen , wenn die von ihr gestellten Bedin- gungen niht in der von ihr bestimmten Frist angenommen sein würden. Der »Moniteur« publizirt heute den ziemlich umfangrei (12 Spalten) Wortlaut der uh d Februar d, E t reih und Spanien abgeschlossenen Additional - Convention zur Er- gänzung des Grenzbestimmungs-Vertrages vom 14. April 1562. Die »France« meldet die am 21. April in Vera-Cruz erfolgte Ankunft des Contre-Admirals Bosse. Nachdem Admiral Jurien de ‘Gravière jenem das Kommando übergeben, hat er am 22. April mit der Transport-Fregatte »Dryäde« ‘die Heimfahrt nach Brest an- getreten und wird Nachrichten aus Puebla ‘bis zum 17.- April mit-

bringen. Die »France« versichert: »daß an diesem Tage die Fran-

‘Belagerung unter ausgezeichneten Verhältnissen fortgeseßt wurde. «

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osen das Reduit vor dem -Exerzierplaße genommen hätten und die

Aus Cochinchina wird gemeldet, daß die Gesandtschaft, welche

den Vertrag ratifiziren sollte, am 7. ‘April ‘in Hué eingetroffen war und gleichzeitig die Meldung von einem siegreichen Auftreten der alufständischen in Tonkin anlangte. a Heute ‘fällte der Gerichtshof sein Urtheil in dem von dem Her- zog von Aumale gegen den Polizei-Präfekten anhängig gemachten Prozeß. Wie zu erwarten stand, verwies das Gericht auf Grund des Artikels 75 Der Constitution vom Jahre VUI. die Klage als egen einen in seiner. Function thätig gewesenen Beamten vor den Staatsrath und beraumte ihm zur Verfolgung dieser Angelegenheit eine Frist von 3 Monaten an. Der Herzog von Aumale wurde in die Kosten verurtheilt.

Spanien. Madrid, 91. Mai. Die Kerkerstrafe der ver- urtheilten Protestanten ist in Verbannung auf eine gleiche Anzahl Jahre verwandelt worden. H , | Am 16. Mai Morgens 7 Uhr haben der Minister der öffent- lichen Arbeiten und der Marine-Minister die ganze Strecke - der Linie von Madrid nach Saragossa in Gesellschaft mehrerer Depu- tirten, hoher Eisenbahn-Beamten und anderer vornehmer Personen

befahren.

Portugal. Telegraphischem Berichte aus Lissabon vom 18. zufolge ist der Herzog von Brabant am Bord einer portugiesischen Fregatte von dort abgereist, um sich über Bordeaux nach Brüssel zurück zu begeben.)

Griechenland. Nachrichten aus Athen vom 16. d. zufolge ist daselbst ein neues Ministerium gebildet: Rufos, Prásidentj Lon - dides, Inneres j Kommonduros, Finanzen; Zatis, Justizi Delyamie, Aeußeres j Boya ris, Krieg; Kanari1s der Jüngere, Marine; Callifronas/, Kultus. Die Nationalversammlung votirte den Shußmächten cinen Dank für die bisherigen Wohlthaten.

Türkei. Aus Konstantinopel, den 16. d., wird gemeldet daß Nubar Bey einen Firman , der die Verpflichtungen des Vice- Königs von Aegypten gegen Herrn von Lesseps® sanctionirt , zu erwirken hofft. Die Ts\cherkessen beabsichtigen bei den europäischen Mächten darüber Beschwerde zu führen, daß tscherkessische Schiffe in den türkischen Gewässern von russischen - Kreuzern aufgebracht WOL- den; sie sind mit Abfassung einer Denkschrift beschäftigt, welche sie den hiesigen Gesandtschaften zustellen wollen.

ußland und Polen. Aus Warschau, 20, Mai, be- oi Mo. Qtg.«: Zufolge eines vom General-Gouverneur Nasimow in Wilna eingegangenen Telegrammò) sind die Jusurgen- tenbanden , die sh in dem gleichnamigen Gouvernement gesammelt hatten, von General Goneygkfi vollständig geschlagen und auseinan- dergesprengt worden. 113 Jusurgenten wurden zu Gefangenen ge- macht, darunter der Oberanführer Surakowskfi, ein Gw russischer Oberst. (S. Nr. 115 d. »St.-Anz.« unter Wilna.) Bei Wlocla-

vek hat am 14. d. M. Oberst-Lieutenant Helferding ‘die Oborsfische E und am, 15. Major Susfczynski die Aufständischen unter Dombrowski bei Gostynin geschlagen. Das Nähere ist noch nicht bekannt und wird erst durch dic zu erwartenden Berichte zur öffent- lichen Kenntniß gelangen. Dagegen bestätigt sich die Nachricht in Betreff eines Gefechts bei Garwolin und “die Vernagelung von Kanonen durch / die Aufständischen gar it. Nie- mand «weiß in jener Gegend „von einen Zusammenstoß der Truppen mit den Aufständischen. Gestern i DIeT ¡gte der ein politisher Mord vorgekommen j indem der frühere Eisenbahn-Polizei-Kommissar und Inspektor D rozdowicz erdolcht wurde. Er stand seit länger als einem Jahre nicht mehr in Staal, dienst. Ein Polizeimann, welcher nah 11 Uhr Abends 3 Leute, welche ohne Laternen in der Ujazdower Allee auf ciner Bank sapen, auf die, Verordnung wegen brennender Laternen aufmerksam machte, wurde an den Beinen an einem Baum aufgehängt, soll aber, troß einiger außerdem erhaltener Messerstiche, noch leben. Bei der Schaÿ- Kommission, gehen fast täglich Berichte ein über mit. den Kassen zu den JFnsurgenten übergegangene Forst-, Salz- und andere Beamte dieser Kommission. Die Stimmung ist hier gegenwärtig eine \o Wi regte, daß weder ein Kongreß, noch die feierlichste Zusicherung er Constitution von 1815 den ‘Aufstand zu unterdrücken im Stande sein würde. Nur eine totale C Ns fann dem Aufstande ein Ende nachen, und das kann noch lange dauern. | e den Aufstand in Polen schreibt der „Russ. Jnv.«: “Die energische Unterstühung der Bevölkerung der mit Polen benachbarten Gouvernements, besonders der Bauern, welche -der ‘Regierung auf- richtig ergeben und mit der ganzen Schwere der polnischen Herrschaft nahe bekannt sind, trägt wesentlich zu dem. Erfolge unserer militai- rischen Unternehmungen bei. und verschafft den Truppen große Er- leichterung. : ; | E Die Ansurgentenbanden finden nicht nux eine Unterstüyung bei der Landbevölkerung, sondern rufen im Gegentheil den stärksten

Widerstand von Seiten der Bauern hervor. Diese helfen den Trup= pen mit vollster -Selbstaufopferung und werden oft sogar allein mit den Insurgenten fertig.

Die heutigen Telegramme (vom 17. d.) melden wieder die Zer- sprengung einiger Banden im Gouvernement Minsk. So sind bei dem Dorfe Tarkanowka (Kreis Borissow) und bei den Dörfern Pe- trowsczyzna und Sinely (Kreis JIgumen) Banden geschlagen wor- den, welche außer den Todten und Verwundeten 20 Gefangene, Pulver , viele Waffen und anderes Besißthum verloren haben.

Jm Kiewschen Militair - Bezirk suchen die Reste der Banden, deren Niederlage wir mitgetheilt, sich in den Wäldern zu verbergen. Zu ihrer vollständigen Vernichtung sind einige kleine Kolonnen ent- sendet worden. Auch gegen die Insurgenten, welche in der Nähe der Grenze des Königreichs Polen aus Galizien in das Gouverne- ment Volhynien eingedrungen sind und bedeutende Banden bilden sollen, sind Truppen beordert worden.

Telegraphische Depeschen aus Lemberg, den 21...Mai ,ent- halten folgende Mittheilungen : Nach einer Moskauer Korrespondenz des »Goniec« hat sich der Aufstand jenseits des Dnieprs in den Gouvernements Charkow, Pultawa und Tschernigow ausgebreitet. Bei Charkow stehen 1000 Jnsurgenten unter Anführung russischer Offiziere.

ach der »Gazeta Narodowa« haben 1500 Jnsurgenten Zwiahel am Slucz in Volhynien beseht. Im Wasilkower Bezirke in der Nähe von Kiew haben die Insurgenten unter Anführung S wie - cinsfi!s eine Niederlage erlitten. Der Anführer derselben und viele Kiewer Akademiker sind gefangen genommen worden. An der Beresina fanden heftige Kämpfe mit den Jusurgenten statt.

Nach Berichten aus Hussiatyn is im Hucsinskier, Braclawker, Olhopolsker und Proskurower Bezirke am 19ten d. der Aufstand ausgebrochen. Von der Universität Kiew sind 1000 Studirende nah Berdyczew zu den Aufständischen gegangen.

Der »Pos. Z.« wird von der polnischen ‘Grenze, 18. Mai, ge- meldet: Am 14. d. M. rückten 6 Compagnieen Jnfanterie, zahlreiche Kavallerie und 6 Geschüge aus Wloclawek nah der Gegend von Gozdyn, südlich von Plo; und hatten daselbst, nachdem sie fich mit einer Kolonne aus Plock vereinigt, cinen - hartnäckigen Kampf mit einer bedeutenden Anzahl von Insurgenten zu bestehen. Leßtere wurden vollständig zersprengt. Das National-Comité scheint troß der jüngsten ungünstigen Zusammenstöße mit den russischen Truppen feineswegs entmuthigt zu sein und den Kampf writer fortzuseßen. Ebenso müssen auch die Mittel, Über ‘die és zu gebieten hat, noch bedeutend sein, da troh der wiederholten Waffenconfiscationen stets neue Sendungen erfolgen. Jn voriger Woche wurden im Adelnauer Krezje uer "1000; @Worahro 11H Büchsen nebst 20 Tausend Zünd- hütchen fonfiszirt; ebenso auch bei Kreuzburg an orr pfer Grenze in dem Wagen eines unbekannten Reisenden 28 MiniéE- gewehre nebst Munition und am 16. d. M. auf dem Bahnhofe in Kattowiy 33 Bayonnetgewehre mit Beschlag belegt. 7 5

Von der russisch-polnischen Grenze, 20. Mai, erhält die »Osts.-Ztg.«- nachstehende Mittheilung : Durch Dekret der Natio- nal-Regierung vom 10. d. M. find die Insurgenten-Chefs angeivie- sen worden, in ihren betreffenden Woywodschasten den allgemeinen Landsturm zu organisiren. Zur Ausführung dieses Dekrets hat der zum »Chef der bewaffneten Macht der Woywodschaft Kalisch « er- nannte Jnsurgentenführer Edmund Taczanowsfi außer einem Auf- ruf an die Bewohner der Woywodschaft folgende Jnstruction an die

ionalbehörden erlassen : 4 ea a Queck Der Nidda der aufständischen Organisation der Woywöodschaft bestimmt der Chef der bewaffneten Macht der Woywodschaft ) 4 i

1 00) Die Militair Commandeurs haben sofort bei strengster Verantwor- tung wor dem Kriegs -Standgericht die größtmögliche Anzahl von! Waffen anzuschaffen und in - Bereitschaft zu halten. 2) Dieselben Sommgm egr sind verpflichtet , Listen der Conscriptionspflichtigen, vom 18. bis 0 Ae Lebensjahre aufzustellen, die im Einverständniß mit den Kreis «Krieg - el

zu den Samméelpunkten berufen werden. Se D Eimer ns E S Ul, \criptionspflichtigen erfolgt durch Vermittelung der GAn E s S zen) und Stadt-Chefs ( Bürgermeister), welche denselben die mit pi ( e

der Kreis « Chefs versehene persönliche Aufforderung einhändigen. Die: Ie meinde-Woyts sind verpflichtet, die Conscriptionspflichtigen persönlich an die Sammelpunkte abzuliefern. Die Eonscriptionspflichtigen, welche nah Emplang der persönlichen Aufforderung sich nicht gestellen sollten, E o n Kriegs - Standgericht Übergeben. 4) Sämmtliche Gemeinde - oy! Le wee die Chefs derjenigen Städte, welche von russischen Truppen E eseht sind, haben die gesammte männliche Bevölkerung mit C M en / Ir hussitischen Dreschflegeln zu bewaffnen. 5) Auf die Ma E E der Nähe stattfindenden Schlacht ist die gesammte auf diese Weise bew f

männliche Bevölkerung verpflichtet , unter Führung der Gutsbesißer oder deren Stellvertreter , der Gemeinde - Woyts und Geistlichen tee auf den

Kampfplaÿ zu eilen, um im Rücken der Feinde eine Diversion n

Alle , welche diesem Befehle nicht Folge leisten, unterliegen der stand rechtlichen Behandlung.

Am 14. Mai 1863.

gez. Obersi Taczanows!ki Chef der bewaffneten

t der Woywodschaft Kalisch. « L L 1°) Don dei Rrtids Chefs- der übrigen Woywodschaften sind ähn-

liche Jnstructionen erlassen. Man verspricht ih aber von diesem

entschiedenen Vorgehen nur geringen Erfolg.