1886 / 52 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

New-York, 28. Februar. Heimgesucht. Die zum Auslaufen

———_——

Im Nesidenz-Theater

gelangt 1 Novitäten, ein einaktiges Lust viel ¡Der zündende Funke“ vo Gduard Pailleron, und „Herr Godin und seine Töchter“, ein Ordonneau, zur ersten Auf- Mit vielem Beifall wurde die die türlid ein eröffnende

Schwank in drei Akten von Maurice führung.

dramatishe Kleinigkeit aufgenommen; der natürlih einfachen Hand- lung licgt eine gefällige, zwar nicht ganz neue, aber dur reihen und frischen Dialog gehobene Idee zu Grunde, welche den ungetheilten Beifall des Publikums fand. Der zündende Funke, welchen ein junger Mann mit Ueberlegung in das Herz eines jungen

Mädchens werfen will, um Liebe zu erwedcken,

ständig; aber ungesuht fällt er in das H

fand das derber gearbeitete zweite Stück des Abends.

beschäftigt sih mit den komischen Erlebnissen des Hrn. Godin, welcher, um eine reie, junge Wittwe zu heirathen, seine drei Töchter ver- leugnet und jede derselben seinen zukünftigen Schwiegersöhnen gegen- über für seine einzige ausgiebt. Es entwickeln sich natür-

(W. T. B.) Die Küste des Atlantischen Meeres wurde gestern von einem heftigen Orkan

fertigen Dampfer wurden dur den- selben zurückgehalten und sind erst heute in See gegangen.

en am Sounabend zwei

erz seiner ersten und

lich aus Scenen, welche

zwar auf wie die unwahrscheinliche

Funke“ von | und Mängel auf.

auf Widerstand

\{nell durch die wunden, so daß das trug, und häufiger Die Hauptrolle lag (Korbwaarenfabrikant Godin), nie versagenden Ton und H erhielt.

einen geist-

versagt voll-

vort eilhaft aus.

Die Handlung

stellern auf der Bühne erscheinen.

Inserate für den Deutshen Reichs- und Königl. Preuß. Staats-Anzeiger und das Central-Handels-

register nimmt an: die Königliche Expedition

des Deutshen Reichs-Anzeigers und föniglih Preußischen Staats-Anzeigers : Berlin SW., Wilhelm-Straße Nr. 32.

. Steckbriefe und UntersuGungs-Sachen. 2. Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vor- ladungen u. dergl. . Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen 2c. . Verloosung, Kraftloserklärung, Zinszahlung

A ———=,

Zwangsvollstreckungeu, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.

Oeffentliche Zustellung. Versteigerungs-Bekanuntinachung im Auszuze. : Als ernannter Versteigerungsbeamter werde ich Montag, deu 19. April 1886, Nachmittags 2 Uhr, i im Wirthshaussaale zu Reith nachbezeichnete Liegen- schaften der Schuldner der Schuhmacherseheleute Nikolaus und Margaretha Heimüller von der Neither Mühle, Gemeindeverbands Reith, bestehend in: a. Steuergemeinde Reith: i Plannummer 2003 a, Wohnhaus, Hausnummer 28, in Reith, mit Keller und Stall, Scheuer, Schweine- tall und Hofraum, zu 0,035 ha, | Plannummer 2003 b., Pflanzgarten, zu 0,032 ha, Plannummer 2054, Waldung, zu 0,081 ha, 13 Parzellen landwirthschaftlihe Grundstücke mit

467 ha. b. Steuergemeinde Thulba:

17 Parzellen landwirthschaftlihe Grundstüce zu 1,77 ha zwangêweise versteigern. :

Die Objekte werden nah Hypothekenbuchsfolien ausgerufen. j

Die Versteigerungsbedingungen fowie die nähere Beschreibung der Versteigerungsgegenstände können in meiner Kanzlei eingesehen werden.

Vorstehendes wird dem Johann Schipper voû Reith, dessen Aufenthalt zur Zeit unbekannt ist, und und für welchen auf einem Theile des vorstehend de- schriebenen Anwesens ein Justizreht hyvothekacisch versichert ist, hiedurch zur Wahrung seiner Rechte mit dem Beifügen cröffnet, daß die Zustellung der Versteigerungs-Bekanntmachung für ihn durch An- beftung einer beglaubigten Abschrift derselben an der Gerichtstafel erfolgte.

Sammelburg, den 22. Februar 1886.

(L. 8.) He dler, K. Notar.

[42104] Ci nt

Ausgeboît.

In Folge Antrages der verehelihten Schuhniacher- meister Klemstein, Dorothea Caroline Henriette, geb. Krüger, zu Pyritz, vertreten dur den Rechtsanwalt Aulig ebenda, auf Todeserklärung ihres verschollenen, vor etwa 16 Jahren von Bahn nach Amerika aus- gewanderten Ehemannes Carl August Klemstein, unehelihen Sohnes der Christiane Charlotte Klem- ftein, geboren am 10. September 1834, werden der Verschollene sowie dessen Erben und Erbnehmer auf- gefordert, bei dem unterzeichneten Gericht und zwar pätestens in dem am

13. Oktober 1886, Vormittags 10 Uhr, az: der Gerichtsstelle anstehenden Termine sich zu melden, widrigenfalls der Vecschollene für todt er- flärt und sein Vermögen feinen Erben ausgehändigt werden wird.

Wahn, den 20. November 1885.

Königliches Amtsgericht.

[59624]

[59€521] Nusfertigung.

Beschluß.

Auf Bros von 1) Otto Offendorff, Kaufmann, in Köln wohnhaft, handelnd als Sohn und Erbe des verstorbenen Kaufmanns Peter Wilhelm Osfsen- dorf, 2) Karl Trimborn, Rechtsanwalt, in Köln wobntaft, handelnd insoweit nöthig als testamen- tarisch bestellter Verwalter des gesammten Nach- lafses des obengenannten Peter Wilhelm Ossendorff, durch die Rechtsanwälte Dr. Falker und Dr. Lucius in Mainz vertreten, wird das Aufgebot des unterzeihneten Gerichts vom 12. Februar 1886 bezüglich der nahbezeichneten 5prozentigen Obligationen der Hessischen Ludwigs- Œisenbahngesellshaft, nämli: 1) Von dem Anlehen von 1875: Nr. 4301 4304, 9129, 9130 à 500 4, 2) von dem Anlehen von 1876: Nr. 21486 24621 24622 à 500 M, Nr. 298683 29869 29870 31128 à 1000 M, 3) von dem Anlehen von 1878: Nr. 36793 36797 48345 à 500 M, Nr. 43146 43147 43148 43149 43150 58371 à 1000 M, nebft den dazu gehörigen Talons und Zinscoupons, nachdem sich die vorgenannten Obligationen in- zwischen vorgefunden, zurückgenommen. Mainz, den 23. Februar 1886 Großherzogliches Amtsgericht. gez. Dr, Hohfeld, Für richtige Ausfertigung: Mainz, ten 25. Februar 1886. Die Gerichtsschreiberei Großherzoglichen Amtsgerichts, Zimmermann, Hülfs-Gerichtsshreiber.

u. .w. von öffentlihen Papieren.

E t

[59598] Oeffentliche Zuftellung. / Die Gutsbesitzerin Henriette verw. Kürsten in Niederhohndorf, vertreten durch den Rechtsanwalt Flechsig in Zwickau, klagt gegen 1) Carl Ludwig Otto, 2) Franz Ludwig Otto, 3) Carl Hermann Otto, 4) Johanne Pauline Otto, 5) Carl Richard Otto, 6) Carl August Tenzler und 7) Christiane Henriette verehel. Beckert, geb. Tenzler, i \ämmtlih aus Werdau, später nah Amerika aus- gewandert, jetzt unbekannten Aufenthalts, unter dem Anführen, daß die auf Folium 2 des Grund- und Hypothekenbuhs für Niederhohndorf Rubrik 111]. unter Nr. 1/1. für den Tuchfabrikanten Carl Christian Tenzler in Werdau eingetragene Hypothek bezahlt sei, mit dem Antrage, die Beklagten kosten- pflichtig zu verurtheilen, in Löschung der bezeichneten Hypothek zu willigen, auch das Urtheil für vorläufig vollstretbar zu erklären, und ladet die Beklagten zur mündlihen Verhandlung des Rechtsstreits vor das Königliche Amtsgericht zu Zwickau auf den 11. Mai 1886, Vormittags 9 Uhr. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Zwickau, am 24. V N Hendel, : Gerichts\hreiber des Königlichen Amtsgerichts.

[59620] Oeffentlihe Ladung.

In Sachen des Mühlenbesiters August Dranss zu Wusterhusen, vertreten durch Rechtsanwalt Ollmann zu Greifswald, gegen den Handelsmann Johann Beuge, früher in Wusterhusen, jeßt unbekannten Aufenthalts, wegen 30 M4

(C. 32.86 ist Termin zur mündlichen Verhandlung des Nechts- streits auf Dienstag, den 4. Mai 1886, Vormittags 11 Uhr, vor dem Königlichen Amtsgericht zu Wolgast an- beraumt. Beklagter wird zu diesem Termin, da sein Aufenthalt unbekannt ist, hiermit öffentlich ge- laden, in welchem Kläger beantragen wird : den Beklagten dur ein für vorläufig vollstreck- bar erklârtes Urtheil fostenpflihtig zu ver- urtheilen, den Kläger aus der im Grundbuche von Lubmin Band 1V. Blatt 18 verzeichneten, zu Lubmin belegenen, Blatt 1. Nr. 139/4 als Gemarkungskarte von Spandowerhagen ver- zeihneten Wiese wegen seiner daselbst in Ab- theilung I1I. Nr. 1 eingetragenen Forderung von 30 A an Zinsen für ein Kapital von 600 M. zu befriedigen. U Wolgast, den 19. ¡Februar 1886.

Matz, Gerichts\{hreiber des Königlichen Amtsgerichts.

[59611] Armensache. Gütertrennungs-Klage.

Die Ehefrau Carl Tshunky, Maria Apollvnia, geb. Nolden, ohne Geschäft, zu Bonn, vertreten durch Rechtsanwalt Heidland zu Bonn, klagt gegen ihren genannten Ehemann 2c. Tschunky, Kürschner zu Bonn, wegen Gütertrennung, mit dem Antrage auf g r der zwischen den Parteien bestehenden ehelichen Gütergemeinschaft.

Zur mündlihen Verhandlung des Rechtsstreits vor der I. Civilkammer des Königlichen Landgerichts ¿zu Vonn ist Termin auf den: 19. April 1886, Vormittags 10 Uhr, bestimmt.

Boun, den 24. Februar 1886.

Der Gerichtsschreiber der 1. Civilkammer des ‘óniglichen Landgerichts. Klein, Landgerichts-Sekretär. [09612] VBekanutmachung.

Das Kaiserl, Landgericht zu Saargemünd hat durch Beschluß vom 2. Februar 1886 in Sachen der Maria Becker, ohne Gewerbe, Ehefrau von Dominic Sidoli, Kaufmann in Mörchingen, gegen ihren enannten Ehemann die Auflösung der zwischen den Darteien bestehenden geseßlihen Gütergemeinschaft ausgesprochen.

Saargemünd, den 22. Februar 1886.

Der Ober-Sekretär : Erren.

[59622] Vekanutmachung.

Die Ehefrau des Wirths Heinrih Schroeder, Elise, geborene Heselmann, beisammen zu Devant- les-Ponts woohnhaft, klagt gegen ihren genannten Ehemann wegen dessen Vermögensverfall mit dem

diesem Grundgedanken cbenso Vorausfetzung, i grotesken Einfälle, ihre Wirkung auf die Lahmuskeln des Publikums nicht verfehlten. Die Charaktere weisen, der üÜbermüthigen Handlung angemessen, lächerliche, stark an die Karrikatur mabnende Schwächen ä n auch manche Ungereimtheit beim eß, so wurde das augenblicklihe Mißvergnügen doh heiteren und ; é ‘Woblgefallen \{ließlich den Sieg davon- lauter Beifall die in den bewährten Händen des Hrn. welcher dur umor das Publi | Kleinere Rollen wurden von den Herren Reicher (Alcide Jaglar), Niagoe (Nebifd und E DIA reo E U, ; : A ; ührt. nter - den men zeichneten 11 rl. Wismar, als an- ursprünglichen Geliebten. Gespielt wurde die liebenswürdige Plauderei dle N ; - E G und Anmuth va den Damen Kafka und Leuhtmann muthige, junge Wittwe, und Frl. Hagen, als

und Hrn. Brandt. Eine nicht gleichmäßig freundliche Aufnahme Dié Inscenirung und

dige Hand des Direktors wieder auf das günstigste. Derselbe mußte | & nah dem L zweiten Aktes mit den mehrfah gerufenen Dar-

Der Offenbach - Cyclus fand am Sonnabend Alliance-Theater mit der Aufführung des „Pariser Leben“

A E

eine Reihe komischer schwachen Füßen stehen aber, troß der oft

reihe Zubörer

Publikum lustigen

Darstellung begleitete. f ansa seinen gemüthlichen, m stets izn Anregung | N liche boda wurde

oetishe älteste Tochter,

im Belle-

Operette ist immer noch Ausgelassenheit längst niht mehr tänden entspriht und manches in ihr veraltet erf ) iguren sind jedoch von einer solhen Bühnenwirksamkeit, da immer noch die Lachlust der Zuschauer erregen und dem um Erfolge verhelfen. Die vorgestrige Aufführung im c Scenen wieder über- Theater stand vielleiht nicht ganz auf der ß e einer solhen im riedrih-Wilhelmstädtishen Theater, sie bätte artien geiitreiher gespielt werden müssen, im Großen und ie immerhin eine lebhaften Beifall rechnen durfte. Metella mit dem ihr eigenen Ges{hick, Theil der Rolle den an ihn gestellten Aufga stellender Weise gerecht und fand namentli im Zusammenspiel mit Frl. Koh die Anerkennun Anwesende Ausstattung zeigte die kun- Frl. Koch zeigte in der Rolle der kleinen Handshuhmacherin eine ülle von Geist und Grazie, so daß der ihr gespendete Beifall ein durchaus gerehtfertigter war. Ueber die übrigen Darsteller sei kurz bemerkt, daß sie mehr oder weniger gefielen, jedoch redlih bemüht waren, zum Gelingen der Vorstellung beizutragen.

seine Fortseyung und hatte, wie kaum anders zu erwarten, eine zahl-

ar versammelt. Die Anziehungskraft dieser lustigen groß, obgleich die in ihr dargestellte tollè en augenblicklichen ernsteren Zu- int. Die einzelnen

sie tüd im Belle-Alliance-

otter und in einzelnen Ganzen war hübsche Leistung, welche bei dem Publikum auf rl. Meinhardt spielte die obgleich der gesang- zu wünschen Sei ließ, Hr. Swo-

en in recht zufrieden- als maître cordonnier der Anwesenden.

Inserate nehmen an: die Annoncen-Expeditionen des

5. Industrielle Etablissements, Fabriken und Großhandel. . Verschiedene Bekanntmachungen. . Literarische Anzeigen. . Theater-Anzeigen. | In der Börsen- . Familien-Nachrichten. Beilage.

Antrage auf Auflösung der zwischen ihnen bestehen- den Gütergemeinschaft und Verweisung vor einen Notar behufs Auseinandersezung der gegenseitigen Ansprüche. i:

Nerhandlungstermin ift bestimmt auf 6. April 1886, Vorm. 9 Uhr, vor der I. Civilkammer des K. Landgerichts zu Meh. E

Gemäß des Ausf.-Ges. v. 8./7. 79 publizirt.

Mey, den 25. Februar 1886.

Der Landgerichts-Sekretär : Metger.

[59614] Bekanntmachung. e

Dur Beschluß der Strafkammer des Kaiserlichen Landgerichts zu Zabern vom 22. Februar 1386 ist das im Deutschen Reiche befindlihe Vermögen des Refrakteurs Wiedtnann August, geboren den 25. November 1863 zu Mittelbergheim, zuleßt in Dorlisheim wohnhaft, mit Beschlag belegt worden.

Zabern, den 24. Februar 1886,

Kaiserl. Staatsanwaltschaft.

[59553] Bekauntmachung.

Der zufolge Justiz - Ministerial - Rescript vom 4. Februar 1886 zur Rechtsanwaltschaft bei dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte zugelassene Gerichts- Assessor Simon Löwenthal aus Heiligenstadt, jeßt hier wohnhaft, ist heute in die hiesige Rechtsan- walts[iste eingelragen.

Jserlohu, den 25. Februar 1886.

Königliches Amtsgericht.

Q)

[59%] Bekanntmachung.

Der Rechtsanwalt Dr. jur. Hey zu Trier ift in die Liste der bei dem Königlichen Landgericht zu Trier zugelassenen Rechtsanwälte eingetragen worden.

Trier, den 24. Februar 1886.

Königliches Landgericht.

Verschiedene Vekanntmachungenu.

[59541] Holzverkauf in der Oberförsterei Letzlingen Schutzbezirk Leglingen Ak.

Donnerstag, den 11. März 1886, von Vor- ane 10 Uhr ab, ift im Strauer'\hen Gasthof hierselbst, Termin zur Versteigerung der hierunter angegebenen Hölzer anberaumt, die der Herr Förster Dreger-Leßlingen Kauflustigen zuvor nachweisen wird.

Gs fommen etwa zum Au3gebot :

1) Im Jagen 341 A. B.

ca. 14 Hundert Hopfenstangen (Kiefern-Stangen 7. Klasse), -

ca. 2100 rm Kiefern Reiser 11I. Kl.

9) Im Jagen 288 A. B. 290 B. 314 A. 289 A. B. 317 B. 318 A. 340 A. 343 B. 362, 313 B. 338 B. 339 A. B.

100 rm K'efern Kloben, 45 rm Kiefern Knüppel 11. Kl, 5 rm Eichen Stöcke, 16 rm Birken Kloben. Letzlingen, den 26. Februar 1886. Der e Arx t.

O4 : [59434] Holzversicigerung. Oberförsterei Heinersdorf bei Schwedt a. O. Am Dienstag, den 9. März er., Vormittags 9 Uhr, werden im Schütenhause zu Vierraden circa 1200 fm Kiefern-Langnußholz zur Ver- steigerung gestellt werden. 7 circa 600 fm sind in 200jährigen, sehr herzreichen, feinholzigen Beständen gefallen. Heinersdorf, den 26. Februar 1886. Der Königliche Oberförster. Bayer.

[56467] Auktion ausrangirter Militär -: Vekleidungs-, Wäsche- und Utensilienstücke. Mittwoch, den 3. März d. J., Vormittags von 9 Uhr ab, sollen in der Turnhalle des 1. Ba- taillons der Haupt-Kadettenanstalt öffentlich gegen leich baare Zahlung verkauft werden: 812 Müben, (31 Waffenröke, 5590 Westen, 386 Tuchhosen, 459 Mäántel, 653 Drillichjacken und Röcke, 619 Drillichhofen, cine Partie Halsbinden, Tuchhand- schuhe, Säbeltroddel, Leibriemen, Helmköpfe, baumw, Soden, Tuchecken, Unterhosen, Hemden, Taschentücher, Tischtücher, Servietten 2c. und Pcgen-Garderobe, Tressen, Ferner altes Eisen, altes Holz von Bau- lichkeiten und Utensilien, darunter 266 eiserne Stühle, Fecht-Utensilien, Lagerstroh u. #. w. Groß-Lichterfelde, den 10. Februar 1886. Kommando der Haupt-Kadettenatistalt.

[59618]

„eJuvalidendank“‘, Nudolf Mosse, Haaseustein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttaer & Winter, sowie alle übrigen gröfteren

Annonceu - Bureaux. N

e t d a)

D ay emden

Submisfion. : Die Lieferung des Bedarfs an: Schirmmützen, Lederhand\huhen, wollenen Fingerhandschuhen, Porte- épécs und Tressen, Faustriemen, Sporen, Steigbügeln, Striegeln, Kartätschen, Fouragierleinen, Woylachs, eva Müßtenkokarden, Stiefelbeshlagmaterial, Knöpfen, Schnallen und Ringen fowie sonstigen Be- \chlägen für das Wirthschaftsjahr 1886/87, joll in öffentliher Submission vergeben werden. Bezügliche Offerten sind auf Stempelpapier (40 Pfennig) und verschlossen mit der Aufschrift: „Sub- missionsofferte auf Bekleidungsgegenstände“ bis zum 13. März c., Vormittags 10 Uhr, der unterzeihneten Commission einzureichen, bei welher auch die Be- dingungen gegen 59 Pfennig Gebühren bezogen wer- den können. ; Muster sind getrennt von der Preisofferte bi3 zum 12. März c. einzusenden. | Colmar i. E., den 25. Februar 1886. Die Bekleidungs-Commissiou des Kurmärkischeu Dragoner-Negimeuts Nr. 14.

Verloosung, Kraftloserklärung, Zinszahlung u. st. w. von öffeutlichen Papieren.

G7

[59758] Bekanntmachung.

Kündigung und Konvertirung von 59%/% Anleihe-

scheinen (Stadtobligationen Ax. Etrnisfion) der Stadt Spandau auf 4 °/0.

Durch Allerhöchsten Erlaß vom 30. Dezember 1885 (Amtsblatt Stück 8 de 1886 Seite 77) ist die Herabseßung der von der Stadt Spandau auf Gruad des Allerhöchsten Privilegiums vom 8. De- zember 1875 ausgegebenen, auf den Inhaber lauten- den und im Betrage von noch 499500 4 im Um- lauf befindlichen 5 prozentigen Anleihesheine (Dbli- gationen 111. Emission) von 5 auf 44%/0 genehmigt worden.

Wir kündigen bezeichneten Obli- gationen zum

hiernah die

1. Juli d. J. : dergestalt, daß von diesem Tage ab dre Verzinsung derselben aufhört und gegen Einreichung der Obli- gationen nebst Zinscoupons und Talons, der Nenn- werth der Stücke bei unserer Stadthauptkafsse in Empfang genommen werden kann.

Diejenigen Inhaber dagegen, welche mit der Hegel uno des Zinsfußes auf 44% vom 1. Juli d. J. ab einverstanden sind, wollen die Obligationen nebst Coupons und Talons zur Abstempelung auf 4X % vom 15. Juni d. I. ab bei unserer Stadt- hauptkafse vorlegen.

Spandau, den 22, Februar 1886.

Der Magistrat.

[59619] Vekanntmachung.

In der Magistratssizung vom 3, d. Mts. sind ge- mäß Bekanntmachung der Königlichen Regierung zu Stettin (Amtsblatt de 1881 Stück 30) und dem “Allerhöchst genehmigten Tilgungsplan die Golluow'er Stadtanleihescheine

Litt. B. Nr. 16 über 5009 M und Litt. C. Nr. 83

über 200 M : ausgeloost worden. Die bezeihneten Anleihescheine werden den Besißern mit der Aufforderung ge- fündigt, den Kapitalbetrag gegen Quittung und Rückgabe der ausgeloosten Scheine in coursfähigem Que mit den dazu gehörigen Zinscoupons und

alons în den Vormittagsdienststunden von 8 bis 12 Uhr im Lokale uuserer Kämmerei-Kasse in Empfang zu nehmen. Vom 1. April 1886 ab hört die Verzinsung dieser Anleihescheinc auf. Inhaber von ausgeloosten und gekündigten Anleihescheinen können diejelben unter Anschluß einer vorschriftsmäßigen Quittung durch die Post an unsere Kämmerei-Kasse einsenden, wogegen, wenn es verlangt wird, die Uebersendung der Valuta in gleicher Weise auf Kosten und Gefahr des Extrahen- ten erfolgt.

Gollnow, den 7. September 1885.

Der Magistrat.

Redacteur: Riedel. Berlin: —— Verlag der Erpedition (S ch olz). Druck: W. Elsner, Sieben Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

zum Deutschen Reichs-Anz

M 52.

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 1. März

eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

8G.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 1. März. Jn der vorgestrigen (56.) Sißung des Reichstages wurde die zweite Be- rathung des von dem Abg. Dr. Reichensperger eingebraten Geseßentwurfs, deteeifént die Einführung der Berufung gegen Urtheile fortgeseßt.

Der Bevollmächtigte für Sachsen-Weimar, Staatsrath Dr. Seerwart erklärte, den vorgestrigen Darlegungen der Gründe, aus welchen die Mehrheit des Bundesraths sih gegen die Einführung der Berufung ablehnend verhalten habe, könne er seinerseits nur vollständig beipflihten. Auch im Gebiet der thüringischen Gerichtsgemeinschaft sei ein Bedürfniß, gegen die Urtheile der Straffammern das Rechtsmittel der Be- rufung zu eröffnen, niemals herangetreten. Sowohl die Kollegial- gerichte, als die Staatsanwaltschaften hätten sich übereinstimmend dahin geäußert, daß die vorhandenen Garantien, insbesondere die Beseßung der Strafkammern mit fünf Richtern, die Vor- \chriften im §8. 262 und 266 der Strafprozeßordnung und die leichte Wiederaufnahme des Verfahrens vollständig ausreichten. Dazu komme, daß die Zeit, welche seit der Organisation von 1879 abgelaufen sci, doch in der That zu kurz sei, um diese Frage zu einem Abschluß zu bringen und die getroffenen Einrichtungen schon jeßt wieder in Frage zu stellen. Für die von ihm vertretenen Regierungen sei aber noch der Gesichtspunkt vorzugsweise maßgebend, daß die Frage der Einfügung der Berufung in das System der Rechtsmittel nicht isolirt erfolgen könne, sondern nur im Zusammenhang mit einer allgemeinen Revision des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung. Jn dieser Auffassung, daß nur eine organische Revision der Rechtsmittel am Platze sei, könnten sie durch die Vorschläge der Kommission nur bestärkt werden. Denn diese wollten offenbar in das bestehende System die Berufung nur äußerlich anheften; sie schafften mehr einen Nothbehelf als eine mit dem erforderlichen Ansehen ausge- stattete Berufsinstanz. Er könne daher nux empfehlen, die Frage der Wiedereiuführung der Berufung nicht, wie hier ge- schehen solle, für sih allein, sondern in organischer Weise bei einer später doch eintretenden allgemeinen Revision des Ge- richtsverfassungsgeseßes zur Lösung zu bringen.

Der Abg. Þr. Reichensperger \prach sein Bedauern aus, daß die Mehrheit des Bundesraths die Berufung. niht wolle. Auch in den süddeutshen Staaten, deren Vertreter sich hier fo lebhaft gegen die Berufung erklärt hätten, mache sich in der öffentlihen Meinung ein bedenklihes Mißtrauen gegen die bestehende Strafrehtspflege und eine überwiegende Strömung zu Gunsten der Berufung bemerklich. Der Abg. Marquardsen habe früher in Bayern genau den entgegengeseßten Stand- punkt wie heute eingenommen. Man möge doch auh nicht in doktrinärer Weise allzuviel Werth auf die strikte Durch- führung der Prinzipien der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit legen; in den Civil- und in den Strasprozeiten vor den Schöffengerichten, wo es eine Yeeuiung gebe, habe man jene Prinzipien auch nicht absolut festgehalten, sondern den dürfnissen des praktischen Lebens mit gutem Erfolg Rechnung getragen. Er hoffe, daß der Reichstag den Beschlüssen der Kommission zustimmen und sih dann auch die Majorität des Bundesraths durch das Votum des Reichstages etwas mehr als sonst imponiren lassen werde, weil hinter dem Reichstags- beshlusse diesmal die preußische Regierung stehe. Wenn auch der Kommissionsbeschluß vielleicht noch nihts Vollkommenes biete, so möge man ihn doch schon aus der Erwägung nicht verwerfen, daß das unerreichbare Bessere der Feind des Guten sei.

Der Bevollmächtigte für Baden, Freiherr von Marschall betonte, auch die badishe Regierung sei eine Gegnerin der Berufung, nehme durchaus dieselbe Stellung ein, wie die bayerische und württembergische, habe im vorigen Jahre im Bundesrath so votirt und inzwischen keinen Anlaß gefunden, diese Stellung wieder aufzugeben. Die Verhältnisse in Baden lägen wie in Württemberg, nur daß in Baden die jezt so heftig angegriffene Einrihtung schon einige Jahre länger be- stehe, als dort. Die Reichs-Justizgeseze hätten in dieser Bezie- hung dort nicht etwas Neues geschaffen, sondern nur einen

der Strafkammern,

. bereits seit 15 Jahren bestehenden Zustand aufrecht erhalten.

Bereits die badische Strafprozeßordnung vom 1. Oktober 1864 habe keine Berufung gegen Strafkammerurtheile gekannt, son- dern lediglih eine Nichtigkeitsbeshwerde an den obersten Ge- rihtshof, und er könne auch nach seiner eigenen Erfahrung bestätigen, daß diese Einrichtung in 22 Jahren nirgends erheb- lichere Mißstände hervorgerufen, und daß es bis vor ganz kurzer Zeit in Baden überhaupt eine Berufungsfrage gar nicht gegeben habe. Bis vor etwa 2 Jahren die Agitation zu ihren Gunsten im Reichstage hervorgetreten sei, sei sie weder in der badischen Presse noch in der badishen Kammer über- haupt Gegenstand der Diskussion gewesen. Der Vorredner habe niht übel Lust gezeigt, den Gegnern der Berufung Doktrinarismus vorzuwerfen und sich . und die Anhänger der Berufung als die Männer zu bezeichnen, die ihre Argumente aus dem vollen Leben der Praxis \chöpften; in Baden liege die Sache genau umgekehrt, dort sei die Praxis gegen die Berufung und die vorwiegend doktrinäre Anschauung verlange sie. Der Vorredner werfe wiederholt seinen Gegnern Ddoktrinäre Schablone und Anschauung vor, aber über die Gut- achten der Gerichtshöfe und Staatsanwaltschaften, die doh am ehesten in der Lage seien, aus der praktishen Erfahrung sich ein Urtheil zu bilden, gehe er leiht hinweg. Nachdem die Gerichtshöfe in Baden sich einstimmig gegen die Wieder- einführung der Berufung ausgesprochen hätten, dürfe er das Haus Namens der badischen Regierung bitten, die Kom- missionsbeshlüsse niht anzunehmen.

Der Abg. Hartmann erklärte, ein Theil der Konservativen sei für die ug, ein anderer, zu dem auch er gehöre, meine zwar ebenfalls, daß in der Strafrechtspflege niht Alles so sei, wie es sein könnte und sollte, halte aber die Berufung nit für das richtige Mittel zur Abhülfe und suche die Besse- rung in der Tung und Verstärkung der Garantien für eine richtige Urtheilsfindung in erster Jnstanz. Der Redner,

dem die Berufung mit dem mündlihen Verfahren und der

Be=.

freien Beweiswürdigung unvereinbar erscheine, berufe \ih auf die guten T die man in Sachsen mit der früheren Strafprozeßordnung gemadht, welche vier- ten Jahre hindurch in Geltung gewesen sei, und eben- alls eine Berufung nicht gekannt habe. Jnsbesondere könnten die einzelnen Landesjustizverwaltungen viel thun, um eine gute Nechtsprehung in erster Instanz zu garantiren und in die ganze Strafrehtspflege wieder den rihtigen Geist hinein- zubringen. Für eine generelle Revision der NReichsjustizgeset- gebung sei der Zeitpunkt noch nicht gekommen; später werde man vielleicht eine fsolche Revision mit Erfolg vornehmen können. Die Berufung sei auch namentlich deshalb bedenklich, weil sie leiht zu ungerehten Freisprehungen führen könne, die ebenso s{limm seien wie ungerehte Verurtheilungen.

Der Abg. Traeger bedauerte, daß immer, wenn es sih um juristishe Fragen handle, auch wenn sie wie die heutige, von allgemeinster und tiefgehendster Bedeutung seien, alle Nicht- juristen sih, wenn nicht verpflichtet, so doch veranlaßt fühlten, den Sißungen fern zu bleiben und das Geseßemachen den Juristen allein zu überlassen, die \sich doch durchaus nicht immer als die besten Geseßgeber bewährt hätten. Der Redner empfahl seinen und Munckels Antrag, w9- nah die Berufung gegen die Urtheile der Straskammern niht, wie der Abg. Reichensperger und die Kom- mission es wollten, vor besonderen Berufungskammern der Landgerichte, sondern vor den Ober-Landesgerichten verhandelt werden solle. Daß der gegenwärtige Zustand auf die Dauer unhaltbar sei, folge hon aus der großen Nechtsunsicherheit, die beim Mangel der Berufung gegen die Strafkammer- urtheile die Vorschrift des §8. 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes zur Folge habe. Dieser gebe nämlih den Strafkammern der Landgerichte die Besugniß, sehr zahlreihe und besonders häufig im praktishen Leben vorkommende Kategorien von Strafsällen nah Belieben entweder selbst zu ent- scheiden, oder sie den M en, zu deren Kompetenz diese Fälle an und für sich nicht gehörten, zu überweisen. Von dieser Befugniß werde auch sehr häufig Gebrauch gemacht; und da trete denn der Fall ein, daß in ganz analog liegenden Strafsachen das eine Mal, wenn die Ueberweisung an das Schöffengericht erfolge, der Angeklagte noch das Nechtsmittel der Berufung habe, das andere Mal, wenn die Strafkammer selbst das Erkenntniß fälle, dem An- geklagten kein Rechtsmittel mehr zustehe. Diese grobe Ungleich- mäßigkeit, die besonders geeignet sei, das Vertrauen in die Strafrechtspflege zu erschüttern, mache allein {hon die Ein- führung der Berufung gegen die Strafkammerurtheile nothwendig. Daß auch die Garantien für eine gute Urtheilsfindung in der ersten Jnstanz vermehrt werden müßten, gebe er dem Abg. Hartmann zu. Die Berufung gegen Urtheile von Landgerichten wieder vor den Landgerichten verhandeln zu lassen, wie der Abg. Neichensperger wolle, empfehle sih deshalb nicht, weil die Kollegialität der Richter an den Landgerichten darunter “erheblich leiden werde, und weil das Publikum es niht Werde verstehen können, daß ein und dasselbe Gericht in zwei Jnstanzen entscheide. Des- halb habe er als zweite Jnstanz für die Strafsachen der Landgerichte die Ober Landesgerichte vorgeschlagen, an denen sih die tüchtigsten richterlihen Kräfte befänden. Finanzielle Bedenken dürften dabei niht in Betracht kommen, wo es si darum handele, Deutschland den Charakter eines Nechtsstaats zu wahren. Uebrigens habe sih in der Kommission auch der Vertreter der preußischen Negierung wesentlich in demselben Sinne geäußert.

Der Staatssekretär Dr. von Schelling stellte die letzte Bemerkung des Vorredners dahin richtig, daß keiner der Ver- treter der preußischen Regierung Namens derselben in der Kommission Stellung genommen habe. Fm Bundesrath habe Preußen sich für die Bildung der Berufungskammer bei den Landgerichten erklärt.

Der Abg. von Buol stimmte im Wesentlichen mit dem Abg. Hartmann überein, stand aber der Berufung noch etwas freund- licher gegenüber als dieser.

_ Der Abg. Pon befürwortete sein Amendement, daß Civil:, Straf- und Strafberufungskammern in der Beseßung von nur drei Mitgliedern einshließlich des Vorsißenden ent- scheiden sollten.

Der Abg. Veiel hielt die Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern sür bedenklich, und bestritt jedes Bedürfniß zu einer Aenderung der Reichs-Fustizgeseße in dieser Richtung.

Der Abg. Nintelen \prah sich übereinstimmend mit Reichensperger aus. :

Um 41/2 Uhr wurde die Verhandlung wiederum abge- brochen, und das Haus vertagte sih auf Mittwoch, 2 Uhr.

__— Jn der vorgestrigen Sißung des Herrenhauses (in deren Beginn, wie wir nachträglich bemerken, ein Schreiben des Reichskanzlers, Präsidenten des Staats- Ministeriums, Fürsten von Bismarck verlesen worden war, welches sein Nichterscheinen wegen Unwohlseins entshuldigte) begründete Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode den bereits mitgetheilten Antrag der Herren Dr. Dernburg und Genossen, betreffend die dauernde Unterstüßung der Staats- regierung in ihrer Aufgabe, den Bestand und die Entwicke- lung der deutschen Bevölkerung in den östlichen S sicher zu stellen, im Namen der Antragsteller folgender- maßen : Er fasse den Antrag auf als einen Protest gegen den Beschluß des Reichstages und ein Vertrauensvotum für die grege Regierung. Es sei eine alte und gute Sitte, die

eshlüsse einer anderen parlamentarishen Körperschaft nicht direkt einer Kritik zu unterziehen; aber diese Rücksicht- nahme habe ihre Grenzen. Wo es sih um vitale Jnteressen handele, höre die Höflichkeit auf, und an ihre Stelle trete der gesunde Selbsterhaltungstrieb und der berechtigte Egoismus eines großen Staatswesens. Jn dem erode liege g aid die Fei eines preußishen Standpunktes, keinerlei partikularistishe Ueberhebung, denn die Antragsteller n mit ihm nit blos ein spezifish preußisches, sondern zugleich ein allgemeines Reichsinteresse und könnten ohne Ueberhebung lagen, daß in dieser Frage das deutshe Nationalbewußt-

‘fein im preußischen Landtage zur Zeit stärker pulsire als

an der Stelle, wo es eigentlich den prägnantesten Ausdruck

finden sollte. Zur Gründung fes Neichs habe die preußische

Krone viel von ihrer Machtfülle und der preußische Landtag

viel von scinen Befugnissen hingeben müssen. Es sei dies ge-

schehen in vollem Vertrauen, und er bedauere es wahrhasftig

mit. Aber es dürfte sür das Reich das größte Unglü sein,

das es geben könnte, wenn die Preußen jemals diese vertrauens-

volle Hingabe bedauern müßt-n. Nach den Verhandlungen

im anderen Hause und den Erklärungen der Regierung stehe

die Thatsache fest, daß in den östlihen Provinzen

eine bedenkliche Verschiebung zu Gunsten des polnischen

Elements stattgefunden hat. Wie habe dies geschehen können

unter den Augen der Negierung, ohne daß sie ‘selbst etwas

davon gemerkt habe? Er glaube, ganz werde man sie von

einer Versäumniß nicht freisprehen können, aber es

ständen ihr sowohl wie ihren Beamten doch sehr ge-

wichtige Entschuldigungsgründe zur Seite. Solche Ver-

schiebungen vollzögen sih nicht ruckweise, sondern allmählih

und unmerklih. Schon im gewöhnlichen Leben bemerften

gerade Diejenigen, welhe mitten in solhen Ver-

hältnissen ständen, eine folhe unmerklihe Veränderung ver-

hältnißmäßig am wenigsten, bis sie dann bei irgend

einer Veranlassung zu Tage komme. Man möge über die

Vergangenheit denken, wie man wolle, aber mit dem Augen-

blick, wo diese Schäden zur Kenntniß der Regierung gelangten,

habe diefe eine Energie entwidckelt, für die man ihr nicht dank:

bar genug sein könne. Die erste Maßregel seien die bekannten

Ausweisungen gewesen. „Daß dieselben niht gegen den Katho-

lizismus gerichtet gewesen, gehe hon daraus hervor, daß auch

Juden, prozentual mehr als polnische Katholiken, ausgewiesen

worden. Man hätte diese Maßregel ebenso gut als

eine antisemitische bezeihnen können, während es sich in

Wahrheit um die Abwehr einer uns feindlih gesinnten Pro-

paganda gehandelt habe. Der Antrag stelle der Regierung die Unterstüßung der Partei für ihre Maßregeln in Aussicht. Cr

solle kein Blankowechsel sein, sondern dem Hause die Prüfung jeder einzelnen Maßregel vorbehalten. Der Schwerpunkt werde nach seinem (des Redners) Erachten in der Verwaltung liegen und ein durhgreifender Erfolg erst in Jahrzehnten zu erhoffen

sein. Jeder Pole müsse deuts lesen und fpradia können :

Das sei sehr leiht gesagt, aber sehr schwer ausgeführt. Es sei bisher an dem Widerstande der polnishen Geistlichkeit und auch an der Art der Schulverwaltung selbst gescheitert. Pol- nische Lehrer sollten die Kinder im Deutschen unterrichten : das sei unmöglih. Gegenüber dem latenten Widerstande der polnischen Lehrer sei die Aufsichtsbehörde ohnmächtig gewesen.

Deutsche des Polnischen mächtige Lehrer müßten den Unter- rit ertheilen. Ferner müßten die Polen ihrer Dienstpflicht in anderen Provinzen genügen und polnische Beamte möglichst weit verseßt werden. Ganz besonderes Gewicht lege er (Redner) darauf, daß das in Posen garnisonirende Militär verstärkt und in die kleineren Städte gelegt werde. Nichts sei geeig- neter zur Ueberwindung und Afsimilirung feindlicher Ele- mente als die Armee. Jeßt führten in den polnischen Städten der polnishe Rechtsanwalt und Arzt das große Wort, und dadurch bekomme die Stadt ein polnisches Gepräge. Das ändere sih mit einem Schlage. sowie Militär hineingelegt werde. Auch für die Umgegend bilde eine solche Garnison einen Krystallisationspunkt. Man habe ihm (dem Redner) schon früher versichert, daß, wenn in diesen kleineren Städten mehr Garnison läge, viel mehr deutsche Gutsbesigzer geneigt fein würden, sih in folhen Gegenden anzubauen : sie hätten dann in ruhigen Zeiten einen geselligen Verkehr, in unruhigen Schuß und Sicherheit. Was den Antrag des Fürsten Radziwill anlange, so wolle Redner die Begrün- dung desselben abwarten und enthalte sich zunächst, dar- auf einzugehen. Man könnte dem von ihm (Redner) ver- tretenen Antrage vorwerfen, daß er post festum komme und nah den Verhandlungen des anderen Hauses kein aktuelles nteresse mehr habe. Er möchte dem jedoch widersprechen. Es sei im Herrenhause Klage darüber geführt worden, daß dasselbe von der Staatsregierung vernachlässigt werde, däß man diesem Hause die Geseße erst in zweiter Linie vorlege. Jn dieser Beziehung sei eine erfreulihe Wendung einge- treten. Das Haus könne seinen Dank dafür der Regierung nicht besser aussprechen, als indem es gerade in dieser s{chwie- rigen Frage für sie Stellung nehme. Dann aber habe es Zeiten gegeben, in denen ein unerfreuliher Antagonismus zwischen dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause vorhan- den gewesen. Auch diefe Zeiten seien vorüber. Augenblicklih *zögen beide an demselben Strange: sie seien einmüthig in dieser Frage und hoffentlich auch noch auf vielen anderen Gc- bieten. Auf diese Einmüthigkeit gerade in dieser Frage lege Redner großes Gewicht. Die Regierung werde daraus ersehen, daß ihr bei der Erfüllung der größen und verantwortungs- vollen, s{hweren Aufgabe das preußische Volk in Treue und Opferwilligkeit zur Seite stehe. Jn diesem Sinne bitte er, dem Antrage zuzustimmen.

__ Herr Dr. Dernburg wandte sih gegen den ebenfalls be- reits mitgetheilten Gegenantrag der Herren Fürst Ferdinand Radziwill und Genossen, und bemerkte: Dieser Antrag gehe doch selbst von dem Standpunkt des An- tragstellers aus etwas zu weit. Es sei ja leiht begreiflich, daß sein (des Redners) Antrag nicht die allgemeine Billi- gung finde und namentlich für die Preußen polnischer Zunge auf den ersten Bli verlegend erscheine. Die Antragsteller wollten jedoch nicht „Mißhelligkeiten und Zwiespalt unter den Staatsangehörigen hervorrufen“, sondern den preußischen Staat und seine Ehre shüßen und gedeihlihere Zustände inner: halb der Bevölkerung schaffen. Es habe si eines großen Theils der preußishen Unterthanen ar eis is Zunge ein falshes Jdeal bemächtigt: die Wiederherstellung Polenz. N, sei vollständig unrealisirbar. Der Nationalitätsgedanke dürfe ohnehin niht als Grundlage des europäishen Staatz: wesens gelten. Nun habe sich aber das Polen von vor 1772 von Frankfurt a. O. bis Kiew und von der Osisee bis zum Schwarzen Meere erstreckt. Sei das ein nationaler Staat zu nennen? Hätten denn aber anch die Polen die Mehrheit der Ve- völkerung desselben gebildet? Das könne man nicht behaupten. Die Nationalitätsidee rehtfertige also diesen Staat nicht, aber die