1886 / 53 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Pen Herrschaften

Handel und Verkehr, für Justizwesen wesen, sowie die vereinigten Ausschüsse wesen und für Elsaß-Lothringen hielten heute Sizungen.

der Abgeordneten, welcher mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, Bericht der Justizkommission über eine Petition wegen Wiedereinrihtung der Gerihtstage oder Errichtung eines Amtsgerichts in Garnfsee.

lina, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Haus beschloß batuannak

änderung des Rheinprovinz vom 15. Mai 1856.

E S R

daß die bezugsberechtigte Wittwe nah dem Tode des hemannes, von wel herleitet, nicht wieder geheirathet die mehr als 16 Jahre alten heirathet sind, abzusehen, sofern dem zahlenden Beamten die in Betracht kommenden Verhältnisse hinlänglih bekannt sind, so daß Er- hebungen zur Ungebühr niht vorkommen können. 4) Unter der leßteren Vorausseßung ist in den Fällen zu 1 und 2 auch den Beibringung des Attestes über ihren Wittwen- resp. ledigen d Gat (Jnt ) Quit laff zu den Spezial- (Fnterims-:) Quittungen zu erla}sen. 5) Die Beibringung der Lebensatteste, sowie der Bescheinigungen über die nicht Stolate Wiederuerbeivathun« der Wittwen- geldberehtigten und über den Wittwen- resp. ledigen Stand der Empfängerinnen von Unterstüzungen wird für die Spezial- (Juterims-) Quittungen über die ein- zelnen (monatlichen) Hebungen ferner denjenigen Personen erlassen, welche die ihnen zukommenden Pensionen, Warte- g, Wittwengelder und Unterstüßungen durch Andere auf rund solcher unbedenklichen und vorschriftsmäßigen Vol l- machten erheben lassen, aus welchen sich zweifellos ergiebt, daß zur Zeit der Fälligkeit der einzelnen Bezüge die dazu Be- rehtigten sich noch am Leben Lame im Wittwen- oder ledigen Stande befunden haben. 6) Dagegen ist die Beschaffung der Bescheinigungen über die Eigenhändigkeit der Unterschrift, das Leben, be N a oweise den Wittwen- oder ledigen tan künftighin erforderlich zu den Spezial- (Jnterims-) wie auch zu den T in allen vorstehend nicht aus- geschlossenen Fällen, insbesondere bei Zahlungen, welche an dritte Personen ohne Beibringung sriftliher Vollmachten auf Grund der denselben von den Berechtigten anver- trauten Quittungen geleistet werden.

7) Bescheinigungen

über den Besiß des deutschen Jndigenats sind nur von denjenigen Bezugsberehhtigten, welche außer- A des Deutschen Reiches wohnen, von solchen aber owohl zu den Spezial- (Jnterims-) wie au zu den Jahres- quittungen beizubringen.

Vormünder und Pfleger der Bezugsberechtigten S bei ihren eiazelnen (monatlihen) Hebungen für die eßteren dem zahlenden Beamten

ihre Bestallungen vorzuzeigen, zu den Jahresquittuigen dagegen eine Bescheinigung darüber beizubringen,

daß sie zur Zeit Vormünder oder Pfleger der

Bezugsberechtigten sind.

9) Bescheinigungen über

Bedürftigkeit und Würdigkeit der Empfänger von Unterstüßungen sind fortan zu den Spezial- (Fnterims-) Quittungen nicht mehr, sondern nur noch zu den General- (Jahres-) Quittungen zu erfordern.

10) Die nach den vorstehenden Bestimmungen angeordnete beziehungsweise Lens Vereinfahung der Quittungs- Bescheinigungen erstreckt sich überhaupt nicht auf die Be- ceinigungen der den Jahresrechnungen beizufügenden Ge- neralquittungen.

Auch verbleibt es bezüglih des Quittungswesens im Uebrigen bei allen vorstehend nit abgeänderten Bestimmungen ; unberührt bleibt namentli die Vorschrift, daß die Fdentität des dem U Beamten unbekannten Empfängers mit den Bezugs- resp. Empfangsberechtigten gehörig festzustellen ist, da der zahlende Beamte dafür, daß die rehtigten erfolgt, verantwortlich ift.

Potsdam, den 29. Oktober 1885. :

Ober-Nechnungskammnmier. von Stünzner.

at, und daß

pfängerinnen von Unterstüßungen die

Zahlung an den Be-

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die Vorträge des Chefs des Militärkabinets, des Kriegs-Ministers sowie des Chefs der Admiralität entgegen und Aga die Meldung des Erb-

inzen von Sbbentoltern, welcher von einer mehrmonatlichen eise nah dem Orient zurückgekehrt ist.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm im Laufe des gestrigen Vormittags den Vortrag des Staatssekretärs von Moeller entgegen und em- yfing um 11/7 Uhr in Gegenwart des Staats-Ministers von

oetticher eine Deputation des Niederrheinishen Weberbundes.

Vorher hatte Höchstderselbe mit Jhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin dem Ober-Präsidenten von Bardeleben und sodann dem Dr. Heinrich Schliemann die Ehre einer Audienz ertheilt. ;

Abends 7 Uhr besuhte Se. Kaiserliche Hoheit der Kron- prinz das Deutsche Theater. Später erschienen die Kron- auf dem Ballfest des Prinzen Georg adziwill.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für und für Rechnungs- desselben für Justiz-

In der heutigen (32.) Sißung des Hauses

stand 'auf der Tagesordnung: der ndliche

Namens der Justizkommission beantragte der Abg. Czwa-

Es folgte die Berathung der Petition wegen Ab- S. 5 der Städteordnung für die

em sie ihr Ret auf Wittwengeld

ter unver:-

Das |*

__ Namens der Gemeindekommission beantragte der Abg. Dr. aas über diese Petition zur Tagesordnung über- zugehen.

Nach kurzer Debatte wurde die og nohmals an die Kommission zurückverwiesen. (Schluß des Blattes.)

Die Gemeindebehörde als Aufsichtsbehörde einer Jnnung ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Civilsenats, vom 17. Dezember v. J., so lange die Jnnung und deren geordnete Vertretung besteht, niht befugt, zum Zweck besserer Erhaltung des Junnungsvermögens einen außerordentlichen Vertreter behufs der Prozeßführung zu be- stellen, selbst auf die Gefahr hin, daß in Folge der Weigerung des ZJnnungsvorstandes zur Prozeßführung die Jnnungszwecke Schaden erleiden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich E Geheime Staatsrath Selkmann ist hier ein- getroffen. i

Sachsen. Dresden, 1. März. (Dr. J.) Die Erste Kammer beschloß heute nach dem Vorgange der Zweiten Kammer, die Königliche Staatsregierung zu ermächtigen, die Gaschwiß-Meuselwißer Eisenbahn für den Staat anzukaufen, dafern auf der von der Regierung der Gesell- haft neuerdings vorgeschlagenen Grundlage bis längstens den 1. Zuni dieses Jahres ein Abkommen erzielt wird, ihr auch zu diesem Behuf ein Berehnungsgeld von 5 176 800 M zu bewilligen, dagegen die eventuell in Aussicht genommene Eisenbahn von Meuselwiß nach Kieriß\ch zu erbauen, dafern bis 1. Juni dieses Jahres eine Erwerbung der Gaschwißz- Meuselwiger Eisenbahn nicht erfolgt ist, und für diesen Fall zu genehmigen, daß von dem für den Ankauf bewilligten Be- rechnungsgelde 2 100 000 M verwendet werden.

Vaden. Karlsruhe, 1. März. (W. T. V.) Ueber das Befinden des an Gelenk-Rheumatismus erkrankten Erb groß herzogs wird ärztlicherseits bekannt gegeben, daß, während bis zum Freitag die Erkrankung mäßig verlaufen war, die Temperatur sich alsdann steigerte, und daß bis heute, unter Anhalten höheren Fiebers successive die größeren Gelenke des Körpers befalle wurden. Komplikationen sind nicht vorhanden; namentlich is das Herz vollständig frei. Baden, 2. März. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oesterreich ist in Begleitung der Erzherzogin Valerie heute früh 10 Uhr aus Wien mittelst Extrazuges zu sehswöcheut-

lichem Aufenthalt hier eingetroffen und hat ihr Absteigequartier in der Villa Wilhelina bei Meßmer genommen.

Oefterreih-Ungaru. Wien, 28. Februar. (Wien. Abdp.) Jm Abgeordnetenhause tagten gestern der Budget- ausschuß und der Sozialistengeseßaus\huß. Der Budgetauss{huß beendete die Berathung über die Titel „Lotto“, „Hof: und Staatsdruckerei“, „Dikasterialgebäude“, „Fiskali- täten und Heimfälligkeiten“, „Mauthen“ und „Punzirung“. Der Sozialistengeseßaus\huß setzte die Spezialberathung über die Regierungsvorlage, betreffend den Vollzug der Freiheits- strafen bei Verurtheilung wegen gémeingefährlicher sozialistischer 2

Bestrebungen, fort. i Pest, 27. Februkx. (Wien. Ztg.) „Budapesti Kzlöny“ veröffentlicht das sanktîonirte Gestß, betreffend das diesjährige

Rekrutenkontingent.

Großbritannien und JFrland. London, 1. März. (W. T. B.) Das Oberhaus nahm heute in zweiter Lesung die Bill, betreffend die Jrrenanstalten, an. Nach derselben sollen die Privat-Jrrenanstalten aufgehoben werden in der Weise, daß keine neuen derartigen Anstalten gestattet werden und in die bestehenden keine neuen Kranken aufge- nommen werden dürfen.

p Unterhause erklärte im Laufe der Debatte über den für den diplomatischen Dienst geforderten Nach- tragskredit der Premier Gladstone: er könne nihts über die Kosten der Mission Drummond Wolffs nach Egypten mittheilen, auh nichts über die damit in ZU- sammenhang stehende Politik, bis er in dieser Hinsicht ge- nauere Jnformation erhalten habe. Die Regierung würde übrigens, wenn irgend möglih, nichts thun, was die Kon- tinuität der bezüglih Egyptens befolgten Politik unter-

brechen könnte.

Frankreih. Paris, 28. Februar. (Fr. Corr.) Der Deputirte Riv et verlas gestern im 3. «Fnitiativaus\{uß seinen Bericht über den Antrag, betreffend die Ausweisung der Prinzen. Der Ausschuß, sagte der- selbe, mache der Regierung nicht das Recht streitig, die Auf- wiegler auszuweisen. Es frage sich nur, ob es zweckmäßig und nôthig sei, eine solhe Maßregel gegen die Prinzen zu ergreifen. Dies glaube der Ausschuß nicht, weil keine Gefahr für die Republik bestehe und die Vertreter der Negierung bestimmt versichert hätten : eine eigene monarchishe Vershwörung gebe es nicht. Uebrigens wache die Regierung über die Sicherheit des Staates und würde im Nothsall niht ermangeln, mit Strenge einzu- schreiten. Aus diesen Gründen halte der Ausschuß den Antrag Duché nicht für hinreichend gerehtfertigt und habe ihn nicht in Betracht gezogen. Hier entspann ih unter den Kommissären ein Meinungsaustausch weg des Wortes „binreihend“, welches s{ließlich durch 7 gegen 6 Stimmen für unstatthaft befunden und beseitigt wurde. Jn der zweiten Hälfte seiner Arbeit motivirt Rivet seinen eigenen Antrag, demgemäß die Regierung durch ein beson- deres Geseß ermächtigt werden soll, die Prinzen, welche durh Umtriebe die Republik bedrohen, auszuweisen. Die intran- figente Minorität des Ausschusses war aber damit niht zu- frieden und erzwang die Einschaltung folgenden Saßes : „Die Minorität des Ausschusses erachtet: die Anwesenheit der Prinzen auf dem Landesgebiet für eine beständige Gefahr für die Sicherheit der Republik, und der Aus- weisungsantrag schließe jeden Gedanken an einen Uebergriff auf die Befugnisse der vollstreckenden Gewalt aus.“ Aut Antrag des Abg. Viger wurde béshlossen, daß das Wort „Prinzen“ in dem obigen Sage durch „Bürger, deren Familien über Frankreich regiert haben“, zu erseßen sei. Nach anderen Erörterungen, welche von den Mitgliedern der äußersten Linken angeregt wurden, stimmten 9 gegen, 3 Kommissäre dafür, i der Dringlichkeitsantrag bei der Kammer gestellt werden ollte. -

1. März. (W. T. B.) Susini (radikal) ist zum Deputirten für Corsica gewählt worden.

Numänien. Bukarest, 1. März. (W. T. V.) Eine

fand heute nicht statt. Wie es heißt, würde eine neue Fassung des A ca rtrags erwogen, welche betreffs der Wiederaufnahme der gegenseitigen Beziehungen weniger unbestimmt als die serbishe Fassung und weniger präzis als die türkishe Fassung lauten würde.

Serbien. Belgrad, 1. März. (W. T. B.) Der tür- ktische as wurde heute von den Ver- E V Großmächte der serbishen Regierung zur Annahme empfohlen.

Der „Polit. Corresp.“ wird gemeldet: Der türkische Gesandte hat neuerdings folgenden einzigen Artikel für den Friedensvertrag vorgeshlagen: Der pre zwischen Serbien und Bulgarien ist vom Tage der Unter- zeihnung des gegenwärtigen Vertrages an wieder hergestellt. Die Ratifikationen werden in Bukarest innerhalb 14 Tagen, wenn möglih früher, ausgewehselt. Der Minister Gara- shanin hat diesem ag zugestimmt, Mijatowic ent- sprechend instruirt und den Vertretern der Mächte hierüber Mittheilung gemacht.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. März. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Merw, vom 28. v. M., haben die Russen am 13. v. M. ihren feierlichen Ein- zug in Pendjeh gehalten und daselbst russische Ver- waltung eingefezt. Die Bevölkerung eines von Saryken bewohnten und Afghanistan zugetheilten Auls ist auf russi- {hes Gebiet übergesiedelt.

Zeitungsstimureu.

Der „Anhaltische Staats-Anzeiger“ schreibt:

„Deutschland über Alles in der Welt.“ Wer kennt niht den Refrain des schönen, vatriotishen Licdes, den wir zur Ueberschrift dieses Artikels gewählt haben? Wer hätte das Lied selbst noch nit gefungen ?

Allerdings zwei müßige Fragen für den patriotiscch Gesinnten ; aber das „Deutschland über Alles* scheint doc nit so zweifelsohne dazustehen, wie man glaubt, wenigstens hat die Polendebatte rect fonderbare Ansichten und Definitionen von Patriotismus zu Tage gefördert.

Jene große, auch im Auslande genau beachtete Rede des Herrn Reichskanzlers vom 28. Januar ist größtentheils in Bezug auf ihren nächsten politischen Zweck gewürdigt worden. Aber gewiß ist ebenso sehr der patriotische Gehalt dicser Nede zu betonen, denn sie ist gleid)- sam eine Erläuterung, eine kraftvolle Erklärung zu dem Licd-Refrain „Deutschland, Deutschland über Alles, über Alles in der Welt.“

Das volle deutsche Herz des Fürsten Bismarck offenbarte ich in jenen denkwürdigen Worten, freilich zeigte sih darin au das raft- lose Kämpfen und Ringen des deutshen Staatêsmannes um des Vater- landes Größe, sowie ferner seine Selbstverleugnung, seine Bescheiden- heit und niht minder seine entshlossene Thatkraft.

Man hat dies noch nicht genügend erkannt und anerkannt.

Erkannt hat man noch nicht, welche Selbstbeherrshung der Mann besißen muß, welher es als vielgerühmter Schöpfer der deut) chen politischen Einheit nothwendig hat, diese so heiß ersehnte und jubelnd begrüßte Einheit vor einer Körperschaft zu vertheidigen, die er felbst mit großen Rechten (nun scheinbar gegen ibn gerichteten Waffen) ausgerüstet hat.

Daß solche Selbstbeherrschung möglich ist, daß sie niht einem Gefühle der Wehmuth Plaß matt, das ift beiwundernswerth und legt Zeugniß für die Seelengröße des Mannes ab, der es vermochte, fo ganz ohne Nuhmredigkeit den deutschen Einheitsgedanken zu be- tonen. Der Reichskanzler beschränkte si darauf, an die Zusammen- seßung jener Reichstagsmehrheit zu erinnern, die für das Windt- horstsche Tadelsvotum gestimmt, und überließ einem Jeden, an der felben den Werth dieses Votums zu ermessen.

Jede Nation hat ihre Febler und Untugenden, deren Ueberbant- nehmen große nationale Errungenschaften in Frage stellen können. Furst Bismark ist sich daber nur seiner Nolle als „getreuer Eckart“ des deutschen Volkes bewußt, wenn er seiner Nation den Spiegel der Selbsterkenntniß vorhält. Er klagt, daß den Deutschen fo fehr der Nationalstolz fehlt, daß es ihnen fo leiht wird, für fremde Natio- nalität zu \{wärmen. .

Es ist niht zum ersten Male, daß uns die Mahnung, deuts{ch zu sein und zu denken, aus dem Munde unseres großen Staatsmannes floß. Es war am 2, März 1881, als der Reichskanzler der dama- ligen Majorität des Reichstages die ernste Mahnung vorhbielt, den na- tionalen Gedanken leuchten zu lassen, und seinerseits bekannte, daß er das nationale Ziel niemals auch nur einen Augenblick aus den Augen verloren habe. In erster Linie kommt ihm die Nation : „Von dent Bau des Deutschen Neihs fo sagte er —, von der Einigkeit der deutshen Nation, da verlange ih, daß sie fest und sturmfrei dastehe und nicht blos eine vorübergehende Feldbefestigung nach einigen Seiten hin „habe.“

_ Bon diesem Grund und Boden aus hat er auch die polnische ¿Frage in Angriff genommen, und das ist der cinzige Boden, auf dem fie überhaupt von cinem Deutschen beurtheilt werden follte. Aber da fich gewisse Parteien von des Gedankens Blä}se ankränkeln laffen, und glauben, diese Frage mit ciner gewissen „weinerlihen Sentimentalität“, von dem vagen Begriff der Humanität oder aus den Bedürfnissen ihrer Parteitaktik heraus behandeln zu müssen. Mit Anwendung folcher Ideen wäre niemals das Deutsche Reich, die Einigung der deutschen Nation zu Stande gekommen —, mit ibnen kann sie au nicht erhalten und gefestigt werden!

Es ist Ulax, daß die Vertretung des deutschen Volkes sich in ihr eigenes Fleis s{neiden muß, wenn sie nur Obístruktionspolitik treibt. Das muß jeden wahrhaft deuts fühlenden und denkenden Patrioten in Betrübniß verseßen. Denn ein solches Verhalten arbeitet auch dem Ansehen und der gefunden Entwickelung Deutschlands entgegen, und das ist es, was Fürst Bismarck aus seinem echten deutschen Herzen heraus am meisten beklagt: niht daß ihm bier oder dort ein Stein in den Weg gelegt wird, es ist die deutsche Sache, die er leiden sieht und deren wegen er selbst leidet, aber auch fortwährend fämpft. Ueberall steht er auf der Wacht, um die deutshe Sache zu {hüten und zu vertheidigen, um gegen die „legale Zersetzung des Reis wie gegen die äußeren {Feinde zu kämpfen.

Dieser Zug unbeugsamen Willens und männlicer Entschlossenheit geht dur die ganze, anfangs erwähnte Rede vom 28. Januar.

Und Fürst Bismarck strebt einem boben würdigen Ziele zu, das wird ihm kein Patriot bestreiten. Es gilt, das Neich zu festigen, daß es, „oweit menschlihe Voraussicht reicht, in den Stand gesetzt ist, dem Anstürmen der Jahrhunderte zu widerstehen. Diese Aufgabe ift O nicht weniger s{chwierig und großartig als jene, ein Reih zu gründen

Dem Reichskanzler ist, wie die Norddeutsche All- gemeine Zeitung“ mittheilt, aus Hechingen folgende Adresse zugegangen :

: „Ew. Durchlaucht bechrt sih der Unterzeichnete anzuzeigen, daß ihm von der, heute am Fuße der Stammburg unseres Königshaufes vereinigten öffentlichen Versammlung der 1Y. Bezirksstelle des Ver- eins. für Landwirthschaft und Gewerbe in den Hohenzollernschen Landen, welche von mehr als 200 Perfonen besuht war, nah cinem von ihm felbst (dem Vorsitzenden) gehaltenen Vortrage über das Branntwein- Monopol und darauf folgender Besprechung desselben, einstimmig der Auftrag ertheilt wurde, Ew. Durchlaucht den Dank und die Zustim- mung der Versammlung zu Ew. Durchlaucht Wirthschaftspolitik und insbesondere zu dem von Ew. Durchlaußt tif Anregung gebrachten

Sibung der Delegirten für die Friedensverhandlungen

Branntwein-Monopol auszusprechen."

Demselben Blatt zufolge war der Ausschuß der deutschen artei am Donnerstag vollzählig in Ulm versammelt, um tellung zum Branntwein-Monopol zu nehmen. Die An-

wesenden sprachen sih einstimmig für das Monopol aus, und zwar aus folgenden Erwägungen: A daß, um das Reich finanziell selbständig zu stellen, die auf den Einzelstaaten lastenden Matrifkularbeiträge aufzuheben und den in finanzieller Bedrängniß befindlihen Gemeinden Hülfe zu schaffen, neue ausgiebige Steuerquellen zu erschließen seien ; / : daß sih hierzu der Eranntwein am besten eigne, der ja auch stets von allen Parteien als das Objekt einer höheren Besteuerung bezeihnet worden sei; S 5 D

daß das Monopol deshalb die rictigste Besteuerungsart sei, weil dasselbe einen großen Ertrag in sichere Aussicht stelle, mit der möglichst geringen Schädigung von Einzelinteressen verbunden sei und ins- besondere den kleinen Brennereigeschäften ihre Forteristenz gewährleiste.

In der Diskussion wurde, wie die „Ulmer Schnellpost“ erwähnt,

die Agitation der „Deutschfreisinnigen®“ und der Volkspartei als eine unredlihe Verheßung des Volks bezeichnet, da jene Parteien fast lauter Gründe gegen das Monopol ins Feld führen, welche gegen jede höhere Besteuerung des Branntweins sprechen, und weil sie es unter- lassen, ihren Zuhörern zu sagen, auf welche Art denn nach ihrer Meinung die auch von ihnen stets mit lauter Stimme geforderte höhere Besteuerung des Branntweins herbeizuführen sei.

Die „National-Zeitung“ sagt in einer Besprehung der Polendebatte: i S

._._. . Die preußische Regierung, die doch nur in der Vertheidi- gung des Staatsinteresses lang Versäumtes nachholt, findet ein voll- tönendes polnisches Orchester dur die Presse der ganzen Welt ver- theilt, welches die jeßt vorgeshlagenen Maßregeln in jeder Weise entstellt und verzerrt. Die stärksten Motive nimmt dieses Preß- orester natürli aus der Kritik, welche in den deutschen gesetzgeben- den Versammlungen gegen diefe Vorschläge geübt worden ist. Es ist daher keinenfalls überflüssig, immer von Neuem vor Europa auf den rein defensiven Zweck der Maßregeln aufmerksam ¿u machen

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesund- heitsamts sind in der Zeit vom 14. bis 20. Februar cr. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurhschnitt berechnet, als gestorben gemeldet : in Berlin 20,7, in Breslau 22,8, in Königsberg 22,4, in Köln 27,4, in Frankfurt a. M. 25,6, in Wiesbaden 10,3, in Hannover 22,8, in Kassel 18,7, in Magdeburg 19,1, in Stettin 28,7, in Altona 29,7, in Straßburg 21,3, in Meß 14,5, in München 27,0, in Nürnberg 24,7, in Augsburg 26,0, in Dresden 26,9, in Leipzig 22,3, in Stuttgart 20,5, in Karlsruhe 22,1, in Braunschweig 16,5, in Hamburg 29,7, in Wien 32,5, in Budapest 36,7, in Prag 34,1, in Triest 34,2, in Krakau 51,1, in Basel 17,0, in Brüssel 27,4, in Amsterdam 28,2, in Paris 28,7, in London 25,6, in Glasgow 24,9, in Liverpool 26,0, in Dublin 31,8, in Edinburg 17,4, in Kopenhagen 18,4, in Stockholm 19,7, in Christiania 16,3, in St. Petersburg 35,3, in Warschau 31,6, in Odessa 32,4, in Rom 25,3, in Turin —, in Venedig 27,9, in Bukarest —, in Alexandria —. Ferner in der Zeit vom 25. bis 30. Januar cr. in New-York 27,5, in Philadelphia 20,2, in Baltimore 18,8, in San Francisco 20,8, in Kalkutta 35,6, in Bombay 23,6, in Madras 47,4. :

Die Sterblichkeit hat in dieser Woche in den meisten Groß- städten Europas, besonders in den nordeuropäischen, ctwas abgenommen. Von den deutschen Städten wurden aus den \üd- und mitteldeutschen Städten vielfa, wie aus Wiesbaden, Met, Stuttgart, Kassel, Magdeburg, Braunschweig u. a., kleinere Sterblichkeitsziffern ge- meldet. Bei den in ganz Deutschland während der Berichtswoche vor- herrschenden, von Frofstwetter begleiteten östlichen Windrichtungen war dic Zahl der an akuten Entzündungen der Athmutig8organe Erkrankten und

estorbenen, namentlih in Aachen, Altona, Berlin, Breslau, Danzig, Vreêden, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln, Königsberg, Leipzig, München, Straßburg, Stuttgart, Amsterdam, Budapest, Wien, Warschau, London, Paris u. a. cine zum Theil erheblich ge- steigerte. Auch Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder kamen häufiger als Todesursachen zum Vorschein, so daß die Theilnahnie des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit eine etwas größere als in der Vorwoche war. Von 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr be- rechnet, in Berlin 62, in München 94 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten haben Masern, Diphtherie, Keuchbusten und in außerdeutschen Städten auch Pocken etwas mehr Sterbefälle hervorgerufen, während Scharlach und typhöse Fieber ab- nahmen und die Zahl der Todesfälle an Kindbettfieber cine nur wenig veränderte war. Die Verbreitung der Masern hat in Berlin, Dresden, Hamburg, London, Liverpool, Paris, St. Petersburg zuge- nommen, auch in den Regierungsbezirken Königsberg, Marienwerder, Düsseldorf, sowie in Pest und Edinburg wurden Masernerkrankungen häufiger, doch hat die Zahl der Todesfälle in Pest und Amsterdam abgenommen. Das Scharlachfieber bedingte in Hamburg, Kiel, Ghristiania, St. Petersburg ein wenig mehr, in Berlin etwas weniger Sterbefälle; auch im Regierungtbezirk Schleswig sowie in Wien, Kopenhagen, Christiania, St. Petersburg waren Scharlacherkrankungen nicht selten. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Dresden , Halle, Ham- burg, Altona, Hannover, Königéberg, Magdeburg, Nürnberg, fowie in Budapest, Kopenhagen, Wien, Warschau und im Negierungs8- bezirk Schleswig eine gesteigerte, während fie in Kassel, Leipzig, München, Amsterdam, London, Paris, Christiania cine verminderte wurde. Das Vorkommen typhöser Fieber blieb in den deutschen Städten. ein beshränktes ; aus Hamburg wurden nur noch 5 Todesfälle gemeldet. In London, Paris, St. Petersburg, Warschau war die Zahl der Sterbefälle an Unterleibstvpphus wohl noch eine größere doch gleih- falls eine fleinere als in den Vorwochen. An Flecktyphus kam aus St. Petersburg und Odessa je 1 Todesfall, aus Edinburg 3, aus St. Petersburg 1 Erkrankung daran zur Anzeige. Rüdcfallsfieber zeigten sih vereinzelt im Regierungbbezirk Stettin (1 Todes- und 2 Crfrankfungsfälle); aus St. Petersburg kamen 6 Todes- und 29 Grfkrankungsfälle zur Mittheilung. Epidemische Genid- starre rief im Regierungsbezirk Stettin 5, im Regierungs- bezirk Marienwerder 2 Erkrankungen hervor. Rosenartige Grkrankungen des Zellgewebes der Haut kamen in Berlin, Paris, St. Petersburg, Kopenhagen häufiger zum Vorschein. Dem Keuchhusten erlagen in London viel Kinder, auch in Dublin, Glasgow, Berlin, Hamburg zeigte sih Keuchhusten häufig. Sterbefälle an Pocken kamen aus St. Petersburg und Odessa vereinzelt, aus Prag, Zürich, Liverpool, Venedig mehrfach zur Berichterstattung; in Wien, Rom (Mitte Januar) nahm die Zahl der Sterbefälle ab, in Paris und Budapest zu. Erkrankungen an Pocken kamen aus Breslau und dem Regierungsbezirk Königsberg je 1, aus London 3, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder 7, aus St. Petersburg 8, aus Wien und Budapest in größerer Zahl zu Meldung. Aus Douarnenez (Departement Finistere) ist unterm 9. Februar nur noch 1 Todesfall an Cholera gemeldet worden. In der italienischen Provinz Padua sollen in der Zeit vom 6. bis 17. Februar 3 weitere \sporadische Cholerafäfle, davon 2 in Padua selbst, vorgekommen sein.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. : Die Kommunalabgabepflicht der Aktiengesell- schaften, Kommanditgesellshaften auf Aktien, Berg- ewerks haften und eingetragenen Genossenschaften in Peeuhen nah dem Geseß vom 27. Juli 1885 systematisch dargestellt

von L. Herrfurth, Unter-Staatssekretär im Ministerium des Innern. | Verlin, C. Hevmanns Verlag. 1886. (X1], 154 S.). Durch das in

Stü 33 der Geseßjammlung für die preußishen Staaten S. 327—332 unter Nr. 9089 pub4izirte, am 1. April 1886 in Kraft tretende Gesetz vom 27. Juli 1885, betreffend Ergänzung und Abänderung einiger Bestimmungen über Erhebung der auf das Einkommen gelegten direkten Kommunalabgaben, sind die bisher in Preußen in Geltung stehenden Vorschriften über die Heranziehung der Aktiengesellschaften, Kommandit-

gefellshaften auf Aktien, Berggewerkschaften und eingetragenen Ge- nossenschaften zu den an die Gemeinden bezw. an die Kreis- und Provinzialverbände zu entrihtenden Einkommensteuern in sehr wesent- lichen Punkten modifizirt worden. Hiernach muß eine -fystematische Darstellung der bezüglichen Vorschriften des Gesetzes vom 27. Juli 18895 und der Aenderungen, welche die bisher in Geltung stehenden Bestimmungen durch dasselbe erfahren haben, im Interesse sowohl der abgabeberechtigten Gemeinden als der abgabepflichtigen oben bezeichneten Erwerbsgesellshaften ohne Zweifel als höchst zweckmäßig erscheinen, vnd sie wird natürlich um so erwünschter sein, wenn sie, wie die vorlie- gende, vom Unter-Staatssekretär Herrfurth, welchem für seine Arbeit seine Betheiligung bei der Abfassung und parlamentarischen Vertretung jenes Gesetzes wesentlich zu Statten gekommen ist, verfaßte \ystematische Darstellung des erwähnten Gejetzes, allen Ansprüchen, die an eine solche Arbeit gestellt werden können, durhaus in vollstem Maße entspricht. Dieselbe dürfte daher wohl dazu beitragen, etwaige Streitigkeiten zwischen den abgabeberehtigten Gemeinden und den abgabepflihtigen erwähnten Erwerbsgesellshaften niht unerheblich zu vermindern oder denselben viellciht sogar gänzlih vorzubeugen. Die der Darstellung voraufgehende Einleitung macht uns zunächst mit der Gntstehungsgeshichte des Gesetzes vom 27. Juli 1885 und dessen Charakter als Nothgeseß bekannt. Darauf handelt der Verfasser in 3 Abschnitten eingehend und klar 1. von der Zulässigkeit der Oeran- ziehung der oben genannten Erwerbsgesellshaften zu den Gemeinde- einkommensteuern, 2. von den Grundsäßen für die Heranziehung der erwähnten Gefellshaften zu den Gemeinde-Cinkommensteuern und endli 3. von der Heranziehung der gedachten Gesellschaften zu den Kreis- und Provinzialabgaben. Eine Anlage handelt von der Heranziehung der sonstigen Bank- und Kreditgeschäfte, insbesondere der Reichsbank zu den Gemeinde-, Kreis- und Provinzialabgaben. In einem Schluß- wort endlich, dem noch 3 Anlagen beigefügt sind, beschäftigt sih der Verfasser mit der Einführung bezw. Aus]ührung des Gesetzes vom 27. Juli 1885, sowie mit der Bedeutung und dem Werth desselben in finanzieller und in verwaltungsrechtliher Beziehung.

Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, dargestellt von Wilhelm Lübke. Sechste vermehrte und verbesserte Auflage. Zweiter Band. Bear- beitet unter Mitwirkung von Carl von Lützow. Mit 441 Holz- shnitt-Jllustrationen. Leipzig 1886. Verlag von E. A. Seemann, gr. 8. S. XVT. u. 572. Mit diesem zweiten Bande der Geschichte der Architektur ist wiederum ein Seitens des Verlegers auf das Wür- digite ausgestattetes Werk von dem berühmten Kunstgelehrten und Kunstgeschichtschreiber vollendet, welches gleihwie die erste Ausgabe im Jahre 1855 mit u:.getheiltem Bei all aufgenommen wurde und mit jeder seitdem erfolgten Erneuerung auch neue, zugleich dankbare Freunde erworben hat. erste wurde im mit dem gebührenden Lobe nah dem reichen Inhalte angezeigt. Dem Verfasser, welcher das ganze Gebiet der bildenden Künste ebenso ein- fichtsvoll übersicht wie gründlich beherrscht, ist von allen kompetenten Beurtheilern das Verdienst zuerkannt, durch seine tehnisch gediegenen und laren, faßlihen Schristen das Verständniß der Kunst auch in den mittleren wie unteren Schichten der Nation geweckt und gefördert zu haben. Jede neue Auflage feiner Werke bekundet gleich- falls einen Fortschritt der Wissenshaft; die wissenschaft- lihen Ergebnisse der lettjährigen Forschungen werden in leichter, lihter Uebersicht, în der gefälligsten, ansprechendsten Form vorgebracht. Der vorliegende Band enthält die christlich- mittelalterliche und die neue Baukunst. Wegen Ueberhäufung mit Arbeiten des Verfassers, welcher die seit 1866 bekleidete Stelle eines Professors der Kunstgeschichte am Polytechnikum und der KunstsGule in Skuttgart zu Ostern 1885 mit der Direktion der Großherzoglichen Gemälde-Galerie und der Profefsur der Kunstgeschichte an der Tech- nischen Hochschule in Karlsruhe vertauschte, mußte für die Vollendung dieser Auflage die Mitwirkung des gleich hervorragenden Kunsthistorikers Carl von Lüßow zu Wien in Anspru genommen werden. Der Ab- {nitt über die neue Baukunst ist von diesem Mitarbeiter ganz in Lübke's Sinn und unter seiner Zustimmung erneuert worden. Das ganze neue Material wurde mit sorgfältiger Wahrung der ursprüng- lihen Fassung verwerthet, die Darstellung abgerundet und bereichert, bezüglich bis zu den neuesten Entwickelungen fortgeführt. Ein sorg- fältiges Register der technis{chen Ausdrücke und der Ortsnamen cr- leichtert den Gebrauh zum \chnellen Nachschlagen. Die 441 in den Tert gedruckten Holzschnitte sind sehr sauber und {arf ausgeführt, Ab- bildungen von hervorragenden Kirhen- und Profanbauten. Mit der Ausdehnung des Werks hat die Anzahl der cerläu- ternden Jlustrationen gleihen Schritt gehalten, welhe auch in ihrer künstlerishen Auffassung und technishen Durchführung die fortschreitende Entwickelung des wverdienstvollen Buchs deutlih vor Augen stellen. Rücksichtlich des jetzigen ungerechten Ver- langens nah einem „neuen Baustyl“ bemerkt der Verfasser, zunächst werde das ganze Leben sich seine dem neuen Inhalt entsprechenden Formen schaffen müssen. Unsere Architektur steckt bis jetzt noch tief im Efklektizismus und sucht sih meistens bei den einzelnen Aufgaben desjenigen Styls der Vergangenheit zu bedienen, welcher dem jedes- maligen Zwecte am besten zu entsprechen sheint. Für den Kirchenbau arbeitet man meistens nach mittelalterlihen (gothishen wie romanischen) Mustern, für den Profanbau bietet die antike Formenwelt in den ver- schiedenen Auffassungen, welche sie im Laufe der Zeiten erfahren, vor- nehmlih in der des 15. und 16. Jahrhunderts den vassendsten Kanon dar. Mitten im Gähren kämpferischer Elemente verlieren wir leiht den geschichtlichen Ueberblick und werden muthlos und verzagt. Aber es giebt eine Entwickelung des Geistes. Wer an eine große Entfaltung des ganzen Lebens glaubt, der weiß, daß auch die Baukunst cine neue Blütbe sehen wird. Daß die Entwickelung der letzten beiden Decenuien die- selbe in bedeutsamer Weise vorbereitet, \{cheint einem so vollkommer berehtigten Kunstkenner, wie Lübke seit Jahrzehnten anerkannt ist, unverkennbar. E

Nr. 6 der von Paul Lindau neu begründeten Wochenschrift „Das Neue Berlin“ enthält: Berlin und seine Verwaltung. 11. Wie stehis mit der Luftfreundschaft in Berlin? Von Paul Niemeyer. Der „Spielschrein“. Von L. P. Eine spiritistische Sißung bei Hrn. Slade. Von Paul Lindau. Mukßlkalische Streifzüge. Von Martin Noeder. Das Fest des Vereins „Berliner Presse“. Von Marx Horwiß Verschiedene Mittheilungen: Der Name „Berlin“. Von Paulus Caffel. Deutsches Theater. Von L. K. Das Hotel Continental. Von L. P. Vormerk-Kalender.

Inserate. E Hackländers

Der

a Pon Soldatenroman: „Der leßte Bombardier“* mit 500 Illustrationen von Bergen und Haug (in Lieferungen à 40 & bei C. Krabbe in Stuttgart) ift Lieferung 2—4 erschienen und hat die Erwartungen, die fih bei der erften Lieferung an den a reiio dg: ogen Werth dieser illustrirten Ausgabe knüpften, erfüllt und bestätigt. Zu dem Besten in dieser Beziehung gehören die keck und flott hingeworfenen Manöverscenen in den vorliegenden Lieferungen. Die Nr. 4 der , MusikalishenJugendpo st* (Verlag v. P. J. Tonger, Köln) hat folgenden Inhalt : Der Trotkopf, Erzählung von Carl Cafsau. Jn ciner kleinen Stadt, von Hermine Louran. Großer Jubel. Ein Faschingsshwank vom „Tempo“, zur Unter- haltung und Belehrung für große und kleine Kinder aus Onkel Klapp- horns musikalisher Schublade. Eines Liedes Wunder, erzählt von Ernst Pasqué. Räthsel. Briefkasten. Anzeigen. Literatur. Musik-Beilagen: Friy Spindler „Großer Jubel“, Klavierstü, Franz Wohlfahrt „Polonaise“ für Klavier zu 4 Händen und Fr. Behr, Abendlied „Abend wird es wieder“, für 2 S

Singftimmen und

Klavier. 7

Veterinärtwwvesen.! Oesterreich - Ungarn. i

Nach einer amtlichen Mittheilung ist unter den Schafen und Ziegen des Bezirks Akar, im Sandschak Tripoli in Syrien me T ausgebrohen. Jn Folge dessen hat die Königlich ungarishe See- behörde zu Fiume angeordnet, daß Produkte und Abfälle dieser Thiere mit Ursprungszeugnifsen versehen sein müssen. Auf Verlangen muß der Nachweis geführt werden, daß -das eingeführte Material

nicht dur infizirte Länder transportirt ist. Wird diesen Vorschriften

Band e Deutschen Reichs-Anzeiger“ Nr. 297, 17. Dezember 1884 |

niht genügt, fo werdew die erwähnten Produkte im Hafen vox Martinschizza der Quarantäne unterworfen. Gewerbe uud Handel.

Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im Februar cr. 1015732600 abgerechnet worden, gegen 1091 963 100 Æ im Januar cr. und 985 628 800 A im Februar 1885, Dem Verwaltungsberiht der Städtischen Bank zu Breslau für das Jahr 1885 sind folgende Mittheilungen ent- nommen: Außer einem Verluste von 1400 (4, durch Wechselfälshung verursacht, hat das Institut keinen Ausfall erlitten, und nach Abzug aller Unkosten, welhe sih durch die nothwendig gewordene Anferti- gung neuer Banknoten außergewöhnlih um 8311 A erhöhten, wurde ein Reingewinn von 238538 M, das sind 7,95% des Stammkapitals erzielt, ein Gefchäftsresultat, welches als ein zufriedenstellendes be- zeihnet werden kann. Von diesem Reingewinn wird der Stadt Breslau als Uebershuß ein Betrag von 225 000 M4 abgeliefert, was einer Verzinsung von 9/0 für die der Bank überwiesenen 3 000 000 M Stammkapital entspricht; die restirenden 13538 M werden dem Delcredere-Conto als Reserve für etwaige künstige Ausfälle zugeführt, welches sih alsdann auf 19 956 M beziffert. Dem Geschäftsbericht der Hannoverschen Bank für 1885 entnehmen wir folgende Mittheilungen: Der Geschäftsgang war ver- hältnißmäßig rubig, von dem des Vorjahres wenig unterschieden. Die Wechfelconten zeigen gegen das Vorjahr einen Gewinnausfall. Da- gegen find die im Conto-Corrent-Verkehr vergüteten Zinsen dur Herabminderung der Guthaben der Kunden so ermäßigt, daß der vor- erwähnte Ausfall mehr als gedeckt is. Der Umlauf der Banknoten hat eine Beschränkung erlitten. Die für Neuanfertigung von Banknoten verausgabten 10 115 4c sind vollständig abgeschrieben worden. Von Ver- lusten ist die Bank bis auf 502 Æ verschont geblieben und find auf in früheren Jahren abgeschriebene Forderungen noch 11 247 M eingegangen, welche nah Abzug des Verlustes der Gewinnrechnung zugeführt find. Der Gefammt-Umsat ist um 11 228 530 464. geringer gewesen, als im Vor- jahre Der Gefammt-Bruttogewinn beträgt 1095167 4, von wel- hem ein Reingewinn verbleibt von 708 556 46 Hierzu haben bei- getragen: die Filiale Harburg 49 093 M (inkl. 31935 M der Haupt- bank vergüteter 4°/6 Zinsen für das Betriebskapital), die Agentur Leer 92641 M. (inkl. 37656 M der Hauptbank vergüteter 4% Zinsen für das Betriecbskapital). Von dem Reingewinn sind abzuseßzen: als Tantième für den Verwaltungsrath 10 855 Æ, als Tantième für die Direktion 2c 3908 #4; demnach verbleibt ein Gewinnsaldo vou 693 793 M zur Verfügung der Generalversammlung. Es wird vor- geschlagen, eine Dividencke von 5,76% = 691 200 zu beschließen und den verbleibenden Rest von 2593 4 dem Beamtenpensions- und Wittwen-Unterstükungsfonds zu überweisen.

Die „New-Yorker Hdls.-Ztg.“ {reibt in ihrem vom 19, v. M. datirten Wochenbericht: Der Verlauf unseres Außen- handels ift durchaus kein glänzender, und dies ift bei der fkritishen Position, in welcher unsere Nationalfinanzen \sich in Folge der Währungsfrage befinden, um so beachtenswerther. Die offizielle Statistik weist für Januar einen bedeutenden Abfall des Exports der hauptsählihsten Produkte auf. Die Baumwoll-Ausfuhr ift gegen den Parallel-Monat vorigen Jahres um 26 400 000 fd, und in Folge des niedrigen Preisniveaus im Werthe um 5 000 000 Doll. zurückgegangen, von Provisionen sind für 5300000 Doll. und von Brodstoffen sogar 8 500 000 Doll. weniger verschifft worden. Die diesseitigen Spekulanten, welche die Preise genannter Artikel hochzuhalten unternommen, sehen sih jetzt im Besitze enormer Quanti- täten derselben, ohne die erstrebte Kontrole des Weltmarktes in Hän- den zu haben. Die empfindlichen Geldverluste, mit welchen das schon so häufig versuchte und fast stets mißglückte Wagniß auch diesmal für jene Spekulanten enden wird, sind schließliG nicht fehr zu beklagen, wohl aber die. Thatsahe, daß dadurh die Wechselcourse auf den Gold-Export-Point gedrängt worden und auf demselben gehalten werden. Im Laufe dieser Woche sind in Folge des Mangels an kommerziellen Tratten ca. 1800 000 Doll. Gold zur Verschiffung von hier gelangt, und die Notirung von lang London hat sih troß der gestern erfolgten Reduktion des Diskonto- Satßes der Bank von England, von 3 %% auf 2 9%, fest behauptet und kurz London sih naturgemäß höher gestellt, wie {h auch Kon- tinental-Devisen befestigt haben. In der Lage des Geschäfts am Waaren- und Produktenmarkt ist keine wesentlihe Aenderung eingetreten, Weizen hat bei unbedeutenden Preiss{hwankungen stilles lTegitimes Geschäft und s{chleppenden Terminhandel gehabt, während Mais für Export beachtet war und eine Anfangs erlittene Einbuße später größtentheils wieder einholte. Hafer stand in ruhigem Verkehr und konnte vorwöchentliche Schlußnotirungen nicht ganz be- haupten. Weizenmehl {ließt in stetiger Haltung. Das Befrach- tung8geschäft läßt nah wie vor zu wünshen übrig. Baumwolle verkehrte in überwiegend weihender Tendenz, die ihren Grund hauptsächlich in dem Beriht des Adckerbau - Departements hatte, welher den“ Ertrag der 1885/8er Ernte wesent- lih Höher feststellt, als erwartet wurde. Der Wollmarkt ist kaum so lebhaft gewesen, als in der Vorwoche, ohne _jedoch an Festigkeit einzubüßen. Brafil - Kaffees ebenso wie reins{meckende Sorten waren ftill, aber stetig. Rohzucker stellte sh bei anhaltend \hleppender Frage im Werthe niedriger. Am Theemarkt herrschte eine feste Stimmung. Provisionen sind nur unbedeutenden Fluktuationen unterworfen und auf fast allen Gebieten ftill gewesen. Harz blieb vernachlässigt Terpentinöl hatte steigende Tendenz. Raff. Petroleum hat Heute die Hälfte des Anfangs der Woche erzielten Avanzes wiederum eingebüßt und {loß bei nur mäßiger Frage flau zur Notirung. Pipe line Certificates verkauften sich gestern zu 824 Cent und {lossen heute 78§ Cent G. Am Metallmarkt gab sich im Ganzen ge- nommen eine feste Stimmung kund, die jedo von keiner wesentlichen Belebung des Verkehrs in den verschiedenen Branchen begleitet war. Das Geschäft in fremden und einheimishen Manufakturwaaren kann als befriedigend bezei*net werden. Der Import fremder Web- stoffe für die heute beendete Woche beträgt 2085 268 Doll. gegen 3 205 668 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres. L

Bradford, 1. März. (W. L. B.) Wolle: ruhig, aber stetig, in Garnen mäßiger Bedarf für das Inland, Stoffe unverändert.

E {uld der Vereinigten Staaten hat im Monat Februar um 2 702 000 Doll. abgenommen; im Staatsschatze befanden sich ult. Februar 494 490 000 Doll. Submissionen im Auslande.

I alie

Rom. Generaldirektion der Douanen. Näheres an Ort und Stelle.

Il. Spanien.

22. März. 205 000 kg

Taback in Blättern.

18. März. 3 Uhr. Barcelona. Junta del puerto. (Casa Lonja, piso principal.) Verschiedene Maschinen zur Einrichtung einer Werkstatt zur Vornahme von Reparaturen der bei dem Hafenbau zur Anwendung kommenden Maschinen. Kaution 4/0. Nähere Bedin- zungen in spanischer Sprache zur Einsicht beim „Deutschen Reichs-

Anzeiger“. Verkehrs - Anstalten.

Hamburg, 2, März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Teutonia“ der Hamburg-Amerikanishen Pacetfahrt- Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, ain 28. Februar in Vera-Cruz eingetroffen.

Sanitäts8wesen und Quarantänewesen. Oesterreich-Ungarn.

Das Königlich ungarische Ministerium für Ackerbau 2c. hat dur Verfügung vom 20. Februar 1886 die durch Erlaß vom 17. Januar 1886 gegen Provenienzen aus Jtalien angeordneten Quarantäne- maßregeln (,„R.-A.* Nr. 24 vom 27. Januar d. I ) auf den Hafen von Venedig beschränkt. Jm Uebrigen bleibt der erwähnte Erlaß in Kraft.

Süd-Amerika.

Die Regierungen der Republiken Uruguay und Argeutinien haben

für alle Provenienzen aus Brasilien eine viertägige Bedbächtangs-

quarantäne angeordnet, Ls