an cine Centcal-Behörde gerichtet, gleichzeitig aber an die Presse herangetrcten wird und Artikel veröffentliht werden, aus welchen her- bdenellt, daß der Inhalt der Beschwerde der Presse bekannt egeben ift, cine Antwort nicht erfolgt. Meine Herren, der Grund jierfür ist klar. Sie können sich leiht selber sagen, daß, wenn auf Grund cines solchen Artikels eine Antwort erfolzt wäre, die meines Erachtens den Herrn Geheimen Nath Kräßig wohlthucnder berührt bätte, als cs vielleicht meine heutigen Erklärungen thun werden, man den Eindruck hätte haben müssen, daß die Agitation in der Presse der Anlaß dazu gewesen ist. Es ist mchts \{werer, als Verfügungen treffen zu müfsen unter dem Eindruck derartiger ereberieugnise, und Sie werden die Beobachtung an sich machen müssen, es ist nihts ge- fährliher, als vom Standpunkt einer verantwortlihen Behörde aus Verfügungen zu crlassen, bei denen man sagt, sie sind ergangen aus Angst, aus Furcht vor Drohungen. Meine Herren, es ist hingewiesen worden auf die Ver- handlungen im Vbgeordnetenhause, und ih werde ja hier die Angelegenheit erörtern. Meine Perben, ih habe das Konzept meiner Antwort an Hrn. Krätzig hier vor mir liegen; ih bedauere, daß ich nah allgemeinem Verwaltungsgrundsaßz es nicht habe abfenden können. Der Herr Vorredner hat das Schreiben, welches Hr. Kräßig an dem Tage nah der betreffenden Sitzung, am 29. Januar, an mich gerichtet hat, hier verlesen. Er hat es mit Auënahme einzelner Worte, auf die es niht ankommt, wörtlich çitirt ; er hat aber den Eingang des Briefes niht vorgelesen, und da wir heute hier {on fo viel vorlesen gehört haben, so gestatte ich mir, den Eingang auch noch hinzuzufügen: „Ew. Exzellenz haben auf eine Bemerlung des Abg. Windt- horst, daß die Auflösung der katholishen Abtheilung im Kultus- Ministerium erfolgt sei, weil man si s{heute, katholisGße Augen in die Akten des Kultus-Ministeriuums {hauen zu lassen, erklärt : „Genau das Gegentheil ist richtig. Es feblen uns noch fehr viele Aktenstücke, welche diese Abtheilung im Ministerium unter sich ge- habt hat; auch wissen wir noch nichts über sehr viele Verhand- lungen, welche die Kommissarien dieser Abtheilung persönlich mit Bischöfen geführt haben.“ Diese Aeußerung ist in einem solchen Zusammenhange gethan worden, daß der Hr. Abg. Windthorst hat annehmen müssen, daß Ew. Excellenz mich in Verdacht bätten, Aktenstücke und Verhandlungen des Kultus-Ministeriums beseitigt zu haken, und Ew. Excellenz haben, wenn die Zeitungsreferate, die ich gelesen, richtig sind, nichts gethan, um dieser Anschauung ent- gegenzutreten, fondern im Gegentheil behauptet, daß ih disciplinariter mit Zurdispositionsftellung in sehr einshneidender Weise gemaß- regelt worden sei.“ Meine Herren, das ist nun der zweite Punkt, den ich hier zu be- rühren habe. Es ift ebenso cine alte Negel, daß, wen man an einem Wendepunkte feines Lebens steht oder bei wichtigen Entschlüssen, und man si nicht in der Zwangslage befindet, in continenti eine bestimmte cinf{ncidende Erklärung abgeben zu müssen, man dies unterläßt und noch 24 Stunden wartet. Ih war in der sehr ange- nehmen Lage, durch Uebersendung des stenographischen Berichts cinen ganzen Theil der Jrrthümer, in denen sih Hr. Kräßzig nah dem Ein- drucke befand, den er — ich weiß nicht, aus welchen Preßorganen — gewonnen hatte, zu zerstören, und ih konnte mit gutem Gewissen ihm sagen, daß scine Vorausseßung, die Zeitungsreferate feien richtig, irrig und unzutreffend wären. Meine Herren, mir ist au dies abge- schnitten worden, was ich bedauere, weil naturgemäß infolge dessen alles ctwas schärfer und bestimmter wird, als nöthig gewesen wäre. Ich lasse mich aber, meine Herren, nicht auf diesen Weg der Zeitungsreferäte drängen, welche Hr. Direktor Krätzig vor si gehabt hat. Ich werde für das eintreten, was ih gesagt habe. Der geehrte Herr Vorredner hat den Gegensatz auch richtig heraus- gefühlt und hat im Eingang seiner Rede auf die Ausdehnung, die man meinen Werten gegeben hat, hingedeutet; er ist nuc am Schluß sciner Rede ctwas \chärfer geworden. :
Ich habe in der Rede, die ich ja im Momente hier hielt, zweierlei Gesichtspunkte aufgestellt. J) habe cinmal dem Gedanken Ausdruck gegeben, daß meines Wissens die katholische Abtbeilung sich zu ciner Art Behörde entwickelt hatte, welche den Zusammenhang mit den übrigen Organen des Staates löste, oder, — das ist vielleicht ctwas zu stark e ne — welche sih als cin selbständiges behörd- lihes Drgan des Staates fühlte; das ist forrekter. Jh habe fodann gewissermaßen erklärend bemerkt, daß Aktenstücke fehlten über manche Verhandlungen, die mit den Herren Bischöfen gepflogen worden seien, und daß auch den Unter-Staatssekretären und Ministern gegen- über Entziehungen eingetreten seien; man habe die Minister und Unter-Staatssekretäre nicht in allen den Punkten zugezogen, wo die Geschäftsinstruktionen dies vorschrieben. Auf die Person des Hrn. Dircktors Kräßig bin ih nur in dem Zusammenhang eingegangen, daß ih auf einen in der That mir rein zufällig vorliegenden Bericht cines Landraths vom Jahre 1871 Bezug nahm und im Hinblick auf cine gegentheilige Aeußerung, die gefallen war, sagte, daß allerdings der damalige Leiter der Abtheilung auch mit polnishen Angelegen- heiten befaßt gewesen sei, wie ih das foeben aus dem Berichte er- ¡chen hatte. Ich werde in diesen beiden Punkten mi genau an meine Ausführungen halten, ih werde es mir- nicht gefallen laffen, daß zwischen diesen beiden Ausführungen eine Brücke geschlagen oder daß irgend etwas, was die Presse mir unterstellt hat, mir gegenüber
als wahr hingestellt wird.
Meine Herren, ich werde Ihnen an der Hand der Akten eint ganz furze Schilderung der Entwickelung der katholischen Abtheilung ads und dabei auch auf die Kabinetsordre kommen,
welche der Hr. Direktor Kräßig veröffentlicht zu sehen gewünscht hat. Gs ist, soweit ih aus den Akten erfehen kann, — ih folgere Vis nur aus dem Studium der Akten und nicht etwa aus sonstigen mir zu- gegangenen Instruktionen — im Anschluß an die Kölner Wirren bereits unter dem Vorgänger des Ministers Eichhorn in Frage ge- kommen, ob nicht statt der schr maßgebenden Persönlichkeit des Ge- heimen Naths Schmeling, von dem ja die meisten Herren etwas gelesen oder gehört haben werden, cine in Sichtbarkeit tretende Abtheilung ceinzuseßken wäre, und es ist nach längerer Erwägung dann von dem Hrn. Minister Eichhorn im Dezember 1840 ein Antrag an Se. Majestät gerich tet worden, im Ministerium eine Abtheilung einrichten zu lassen, in welcher fTatho- lishe Räthe dem Minister als Beirath und zur Mitwirkung bei den Angelegenheiten der katholishen Kirhe zur Seite gestellt würden. Auédrückli) ist damals gesagt worden, es . , . — ih will die Stelle wörtlich verlesen :
Aus diesen Gründen bin ich der Meinung, daß der Abtheilung des von Ew. Königlichen Majestät mir huldreihst anvertrauten Ministeriums für die Angelegenheiten der latholishen Kirche keine andere Stellung als den übrigen Abfkheilungen des Ministeriums gegeben werde.
Dann fagt der Bericht:
Der Minister felbst aber behält freie Hand, allen Arbeiten die- jenige Richtung zu geben, welche die Wahrung der landesherrlichen (Serechtsame im Zusammenhang der ganzen ihm anvertrauten Ver- waltung oder die von Ew. Königlihen Majestät ihm besonders erthcilten Vorschriften nöthig machen.
Auf Grund dieses Berichts erfolgte die Ordre vom 11. Ianuar 1841, die i Ihnen mittheilen möchte:
Ich genchmige nah Ihrem Autrage vom 15. v. M., daß für die Bearbeitung der auf die fkatholishe Kirche ih beziehenden An- gelegenheiten in dem Ihrer Leitung anvertrauten Ministerium eine aus einem Direktor und zwei Räthen bestehende besondere Abthei- lung in dem Verhältnisse der anderen \ch{chon vorhan- denen Abtheilungen gebildet werde.
Es folgen dann nur noch Dispositionen über die Mitglieder und dic Gehbaltsfrage; etwas anderes steht nicht in der Ordre. Auf Grund diefer Allerhöchsten Ordre wurde eine Instruktion erlassen, durch welche dicfe neue „katholische Abtheilung“, wie sie genannt wurde, ganz îin derselben Weife, wie die anderen Abtheilungen — es bestanden da- mals fchon eine nunmehr evangelische kirchliche Abtheilung, eine
wurde ein Nundschreiben crlassen an die Provinzialbehörden und an die Herren Bischöfe, in dem ausdrücklich gesagt wurde : h Des Königs Majestät haben zu be timmen geruht, daß in dem
mir Allergnädigst anvertrauten Ministerium eine besondere Abthei- lung für die, zu dessen Ressort gehörigen katholischen Kirchen- angelegenbeiten ganz im Verhältniß der übrigen bereits
P elieltnden Abtheilungen errichtet werde, deren Direktor katholisher Religion sei, und deren, die eigentlich kirchlichen Angelegenheiten bearbeitenden Räthe sich ebeufalls zur katho- lishen Religion bekennen. Î s Ps
Es ift ja, meine Herren, — ich will Sie nicht mit weiteren Ausführungen darüber behelligen — in der That naturgemäß, daß eine so eigen geartete, in unserer sonstigen Organisation nicht wiederkehrende Abtheilung fich allmählih in eine etwas gefonderte Stellung begeben hat, weil sie immer den Eindruck hatte, sie habe ganz Befondere Rechte und Pflilßten wahrzunehmen. Es wird Sie deshalb nicht überraschen, daß, wie au, glaube i, in der verlefenen Rede des Hrn. Ministers Falk angedeutet war, der Hr. Ministerial- Direktor Aulike in einec Denkschrift vom Jahre 1851, in welcher er Rechenschaft legte über die zehnjährige Verwaltung der katholischen Abtheilung, sih allmählich ganz auf den Standpunkt geftellt hat, wie ein politisch verantwortliher Chef eines besonderen Ministeriums. Eine Verlesung der Denkschrift würde zu weit führen — Sie müssen mir {on glauben, daß der Grundzug der ist, daß ihm eine selbstän- dige Verantwortlichkeit obliege; von diesem Standpunkt aus stellt er ganz bestimmte desiderata auch nach der Nichtung des Unter- riht8wesens auf — auf diesen Punkt komme ih vielleiht nachher noch zurück, Die Stellung der katholischen Abtheilung, soweit es an der Hand der Akten zu beurtheilen ist, wurde eine etwas, wenigstens in den Kreisen des Staats-Ministeriums, \{wicrigere, als der Hr. Ministerial-Direktor Aulike fich für ermächtigt erachtete, über seinen Minister eine Beschwerde bei Sr. Majestät unmittelbar zu führen, — wieder von dem Standpunkte aus, daß er in einer selbständigen, verantwortlihen Stellung sih befände. Das machte in der That großes Aufschen, das Staats-Ministerium trat in Berathung; die Folge davon war natürlich, daß der Antrag des Herrn Direktors abgelehnt und in sebr bestimmter und ernster Weise eine Entschließung darüber gefaßt wurde, daß die Auffassung, von welcher der Herr Direktor bei seiner Vorstellung an Se. Majestät ausgegangen war, eine absolut irrige wäre.
Der Minifter Raumer, der ja sonst in sehr wohlwollender Weise dieser Frage gegenüber stand, konnte doch nit umhin, in dem sehr ausführlichen Bericht, welchen er über diese Frage erstattete, selbst zu erkennen zu geben, daß die Richtung, welche die katholishe Ab- theilung eingeschlagen hatte, eine andere sei, als man sich bei Be- gründung derselben gedacht hätte. Er sagt in dem Bericht:
Die eigenthümliche Stellung, welche die katholische Abtheilung in dem Organismus des Ministeriums einnimmt, wird immer zu Schwierigkeiten mannigfachen Anlaß geben. Ihrer Einseßung und Bestimmung. nah ist die Idee einer Repräsentation katholischer Interefsen von der Abtheilung nicht zu trennen, eine Bestimmung, die ohne einen Widerspruch mit der Stellung, die sonst den Ministe- rialabtheilungen zugewiesen ift, kaum scheint gedaht werden zu können. Die Bedenken, die grundsäßlih aus diesem Verhältnisse herzuleiten wären, haben s\ich jedoch bisher in der praktishen Ent- widckelung in angemessener Weise erledigt.
Meine Herren, das ift ein sehr interessanter Fingerzeig cines der ganzen Institution wohlgenecigten Ministers, daß in der ganzen In- stitution von vorn herein ein gewisser Fehler liege, der naturgemäß zu Neibungen führen werde. Diese Prophezeiung des Ministers
Raumer ist dann steigernd immer mehr Wahrheit geworden. Ich kann noch erwähnen, daß in dem Falle, welchen die Beschwerde des R Aulike betraf, die Allerhöchste Entscheidung gegen denselben ausfiel.
Soweit die Akten weiter Kenntni schr einflußreiher und bedeutender Anstoß cen worden, die
geben, ist im Jahre 1865 von telle in ernstliher Weise ein zanze Abtheilung zu beseitigen. Der äußere Aulaß dazu war der Tod des Ministerial-Direktors Aulike und die Dienstunfähigkeit eines anderen Nathes der Abtheilung. In dieser Anregung, die 1ch nur zum Theil verlesen kann, findet si eine Reihe von Ausführungen, die insofern beahtenêwerth sind, als sie, wie ih anderweitig auch gefunden habe, den Eindruck, welcher damals in wohlgesinnten Kreisen in Bezug auf diese Abtheilung herrschte, wiedergab. ; Es heißt dort:
Jener im Jahre 1841 dem geistlihen Ministerium künstlih eingeimpfte Dualismus hat denn auch den Charakter dieser Behörde, die denn doch an erster Stelle und vor Allem eine Königliche Behörde sein soll, geradezu verfälsht und nicht mit Unrecht hörte man das — wenn auch herbe, doh leider nicht unwahre Wort fallen, „die katholische Abtheilung im geistlißhen Mini- sterium sei weniger eine Königlich preußische Be- hörde, wie eine Art Dependenz der ‘römischen Kurie, dazu berufen, die Interessen Noms bei der preußi- schen Regierung zu vertreten.“ Mag dieser Vorwurf, so [arf hingestellt, auch fehr übertrieben sein; daß er aber niht ohne ein gut Theil Wahrheit ist, davon legen die Konflikte Zeugniß ab, die fortwährend zwischen der katholischen Abtheilung und fast allen anderen Ministerien \{chweben und nur zu oft den Gegenstand der Staatsministerial-Berathungen bilden. Meistentheils beruhen diese Konflikte auf Ansprüchen, welche die katholishe Kirche dem Staate gegenüber geltend maht, welhe von den betheiligten Ressorts als ungerechtfertigte Prätensionen zurückgewiesen und verweigert werden und in denen die „katholishe Abtheilung®“ des Ministeriums als Trägerin und Verfehterin der angeblichen Rechte der Kirche dem Staate gegenüber auftritt.
In einem Schreiben, welches der Minister von Mühler hier zu - den Akten gegeben hat, wird ausdrücklich bezeugt, daß ähnliche Auffassun- gen und ähnliche Anregungen auch anderweitig bestehen resp. gegeben sind. Das Staats-Ministerium entschied sich damals mit einer ganz tleinen Majorität für die Aufrechterhaltung der Abtheilung; aber ausdrücklich wurde von da an, auch bei Berufung des Direktors Krätig, immer nur gesagt: „einstweilen*, „vorübergehend“; “ es wurden Gpitheta gebrauht, aus denen man ersehen kann, daß innerhalb des Sag oren Staats - Ministeriums die Angelegenheit in vollem Fluß war. Ich bin nun an der Hand der Akten niht weiter in der Lage, Ihnen alle die Einzelheiten, die ja möglicherweise die ganze Kata- itrophe der Auflösung der Abtheilung herbeigeführt haben, anzuführen. Es haben sich offenbar, wie aus allen Andeutungen hervorgeht, eine Neihe außerhalb der Akten stehender Einflüsse von maßgebender Bedeutung geltend gemacht. Ich finde bier in der Ausschlag gebenden Verhandlung des clb Vie m Mleriuens vom 26. Juni 1871, daß der Kultus-Minister felbst die Aufhebung in Anregung gebraht hat, und der Immediatberiht, auf Grund besen ih im Januar meinen Aus- spruch gethan habe — ih hatte ihn ja nicht im Wortlaut vor mir; e jvar mir in der Grinnerung gewesen — giebt maßgebenden Auf- luß. Es ist von dem Herrn Vorredner richtig darauf hingewiesen worden, daß demnächst in Zeitungen, in der Provinzial-Correspondenz und anderweitig, wiederholt die Gründe besprochen worden sind, welche die O der fkatbolishen Abtheilung nothwendig hätten erscheinen lassen. kehren diese Gründe genau alle hier wieder und zwar vor allen Dingen die Auffassung, daß nach Emanation der Verfassung, nah der Stellung der katholischen Kirche auf den Boden der Verfassung, die Borausfesungen geshwunden wären, unter denen unter der Zeit der abfoluten Monarchie man cine derartige Ab- theilung hatte cinrichten können. Es wurde hingewiesen auf die Schwierigkeiten, die in Folge des vatikanishen Konzils eingetreten waren; es war ein Blick auf die politische Lage geworfen, — und danu fommt die Stelle, die ih damals im Gedächtniß hatte und die ih verlesen will, — dieser Immediatberiht ift von dem damaligen Kultus-Minister unterzeichnet:
als angezeigt und Soweit ih übersehe,
Unterrichtsabtheilung, cine Medizinalabtheilung — organisirt wurde. Es
baben, sih als Vertreter der Interessen des Staates zu fühlen, während jeßt die Mitglieder der Abiheilung für die katholischen Angele calaltea sich mehr als Vertreter der katholischen Ee gegenüber dem Staate betrachten und diese Anschauung nicht ohne Einfluß auf die Haltung dieser Beamten in ibrer dienstlichen Thätigkeit bleibt. Die Folge davon war bisher, daß der Minister genöthigt war, vertraulihe Correspondenzen über Angelegenheiten der katholishen Kirche, namentlich die Correspondenzen mit dem Auswärtigen Amt über den diplomatischen Verkehr mit Rom, der Kenntniß der Mitglieder der katholishen Abtheilung zu entziehen und solhe Sachen aus\{licßlich im Centralbureau zu bearbeiten. Meine Herren, das ist, glaube ih, noch s{härfer als das, was i gesagt habe, und Sie werden es mir in meiner verantwortlichen Stellung nahfühlen, wenn ih sage: dieser Bericht ist für mich aus\chlaggebend. Alles, was der Herr Redner richtig angeführt hat aus Zeitungen und andern Schriftstücken, hat ja gewiß moralische und für die betreffenden Personen erhebliche Bedeutung. Ih bin aber nicht in der Lage, auf einen andern Standpunkt mi stellen zu können — ich bin hier historischer Referent, ich bin nit selbst Kritiker und selbst Acteur gewesen — als auf dieses Staats- dokument, welches ih bis dahin allein gekannt habe und welches für mi und mein Urtheil au das allein maßgebende sein muß. Daran knüpft sih dann unmittelbar die Bemerkung von den Disziplinar- maßregeln, die so scharf gedeutet worden ist, die ih aber in der That niht gebraucht habe und meines Erachtens au nicht zu thun brauchte in dem Sinne, daß Disziplinarmaßregel mit Disziplinar strafe identish sei. Aber, wenn Sie si die verlesene Stelle vergegenwärti- gen und von mir hören, daß es dur Staats-Ministerialbeschluß ab- elehnt worden war, si für eine anderweitige Staatsanstellung des Vor- Abaridei der Abtheilung zu verwenden, wenn auch, wie ih aus diesen Akten
den Staatsdienst zu treten, zu erfüllen, — so werden Sie auch wohl den Eindruck haben und mir nachfühlen, wenn ih sage, daß die Zur- dispositionsstellung eine sehr ernste Maßregel war, die auf dem Gebiet der Disziplin lag.
Ich will aber, wie gesagt, das Wort nit drücken; jedenfalls. habe ich nit die Absicht gehabt, Disziplinarmaßregel mit Disziplinar- strafe zu identifiziren.
Nun komme ih, wenn ih das thema probandum nun einmal berührt habe — das Urtheil überlasse ich Ihnen, ih glaube, Sie werden nicht finden, daß meine Worte über das hinausgehen, was ih Ihnen vorgelesen habe — noch auf eine Reibe von Details, die mir das Neht gaben, aus der Erinnerung die Worte zu sagen, die ich gebraubt habe. Als ih damals sprach über die Stellung der katholischen Abtbeilung zu den anderen Abtheilungen, hatte ih nur das verlesene Schriftstük im Gedächtniß. Alles Uebrige, was ih sagte, war Ergebniß der Tradition, welhe ja innerhalb des Mini- steriums lebendig ist. J habe aber aus dem Studium der General- akten, die ih hier vor mir habe, gefunden, daß die Tradition, die im Minifterium besteht, keine irrige ist. Ich finde {hon im Jahre 1852 eine Generalverfügung des Ministers von Raumer, welche die Stellung der Abtheilungen zu einander beleuchtet. Er hat an sämmt- liche Direktoren eine Verfügung erlassen, die damit beginnt :
Es ist in neuerer Zeit öfters der Fall vorgekommen, daß mir aus
der Abtheilung für die katholischen AECEO N M ufen Angaben
vorgelegt sind, in Beziehung auf Sachen, bei deren Erledigung ihrem Gegenstande nah die Mitwirkung der Abtheilung für die äußeren evangelischen Kirchen- Angelegenheiten resp. der Unterrichts- aeg bâtte eintreten sollen. Dann besteht ferner noch eine ganz gleichartige Verfügung aus der Zeit des Hrn. Ministers von Mühler. Dieselbe ist deswegen inter- essant, weil siè von ihm mit eigener Hand geschrieben ist, mithin auf Wahrnehmungen beruht, die er offenbar felbst gemacht hat. Er reibt an den damaligen Unter-Staatssekretär:
Nach Ausweis der beiliegenden Aktenstücke sind im vorigen Jahre durch Verfügung der Abtheilung für die katholischen Kirchen- O CIEAEUR im Bezirke der Regierung zu Danzig folgende
auten — uun werden sie aufgeführt —
ohne Mitwirkung des ordentlichen Referenten in den Angelegen-
heiten des Patronatbaufonds angeordnet, was der bestehenden
Geschäftsordnung widerspriht. — Auch ist die Verfügung für — nun kommt der Name des Orts —
nachdem der Gegenstand unter der und der Nummer, von mir mit
dem Doppelkreuz versehen war, nicht zu meiner Vollziehung vor-
gelegt worden.
Das trifft also gleih;eitig den Fall, daß verfügt war ohne Mitwirkung des Ministers, obwohl die Sahe mit dem in der Instruktion vorgeschriebenen Doppelkreuz versehen war, welches die Wirkung haben sollte, daß der Minister allein zu zeihnen befugt ist ; es betrifft auch die Stellung der Abtheilungen zu einander und die Stellung zum Minister.
- Daun komme ih zu der Stellung des Unter-Staatss\ekretärs. Der Herr Vorredner hatte darin Recht, daß ein Unter-Staatssekretär im Ministerium der geistlihen Angelegenheiten erst unter dem Minister von Bethmann-Hollweg eingeseßt worden ist, und er hat au, soweit ih habe folgen können, ohne die Instruktion vor Augen zu haben, die Grundzüge der Instruktion rihtig vorge- tragen. Aber er wird doch dabei au gefühlt haben und er wird es jeßt anerkennen, daß zwei sehr wichtige Punkte in der Instruktion mangeln : einmal, daß der Unter-Staatssekretär damals nur auf Einladung an den Sißungen der katholishen Abtbeilung Theil- nehmen sollte, nicht, wie aus der Natur seiner Stellung hervorging, auf Grund en Rechts, und sodann, daß ihm nicht die Vertretung des Ministers übertragen war. Es geht aus den damaligen Er- örterungen hervor, das hierfür eine persönlihe Rücksicht auf den Leiter der katholishen Abtheilung maßgebend war. Die Stellung des Unter-Staatssekretärs hat aber nur einen Sinn, wenn er in Wirklichkeit der verantwortlihe Vertreter des Ministers in jeder Beziehung ift.
Als der Ministerial-Direktor Aulike gestorben war, wurde die Stellung des Unter-Staatssekretärs anderweitig geregelt, und zwar im Wesentlichen so, wie sie heute ist, d. h. er bekam also auch die Vertretung in Abwesenheit des Ministers und das Recht der Theilnahme an den Sißungen der fkatholishen Abthei- lung. Es heißt in der betreffenden, an den Unter-Staatssekretär ge- rihteten Verfügung vom 16. Januar 1866 unter Nummer 3 und 4:
Während einer Abwesenheit oder sonstigen Behinderung des Herrn Abtheilungs-Dirigenten übernehmen Ew. x. dessen Vertretung in der Direktion.
_Es ist mein Wunsch, daß Ew. xc., soweit es Ihre anderweitigen Geschäfte gestatten, den Sitzungen der Abtheilung, unbeschadet der dein Herrn Dirigenten in meiner Abwesenheit zustehenden Leitung r en, beiwohnen. j — 1ch muß mich jetzt \elbst verbessern; die volle Vertretung des Ministers ist dem Unter-Staatssekretär erst später übertragen worden. Vier war nur angeordnet, daß der Unter-Staatssekretär den Abthei- lungs-Direktor vertreten soll, wenn der leßtere verhindert war; d. h. es sollte nicht mehr der älteste Rath die Ver- as des Direktors haben, sondern der Unter-Staatssekretär.
i egen diese Verfügung, die meines Erachtens doch wirkli das Bescheidenste war, was es gab, protestirte damals der älteste Nath der Abtheilung ; er gebrauchte hier den sehr carakteristischen Ausdruck :
Von viel größerer prinzipieller Bedeutung scheint mir die unter Nr. 3 ledig Bestimmung zu sein, welche unzweifelhaft als eine Gesährdung des stiftungsmäßigen Charakters der ursprünglichen Institution aufgefaßt werden kann.
Da finden Sie mit klaren Worten den Ausdruck der Ueberzeu- gung, von der im Jahre 1866 die Mitglieder der katholischen Ab- theilung beseelt waren, dahin gehend, daß sie die Nepräsentanten einer ganz eigenartigen, E M nstitution wären, während ich Ihnen vorgetragen habe, daß die Abtheilung nichts Anderes sein sollte als eine Ministerial-Abtheilung wie alle übrigen,
Nun komme ih auf die Untefrichts\achen noch mit einem kurzen
Dic katholishen Räthe werden sich wieder daran zu gewöhnen
Wort. Ich habe meines Erachtens davon nicht gesprochen, — in-
wußte, es in der Folgezeit stets abgelehnt worden ist, seinen Wunsch, in *
Î als ursprünglich ihr zugewiesen waren, und man gewinnt den Eindruck,
M 98 Januar über — und diese allein beschäftigten sch mit der Perfon
ist cin gewisser Werth darauf gelegt worden, und ih kann hier des Red der Akten noch Einiges bea, Sie haben aus meinem Vortrage gehört, daß die katholischen Räthe der Abtheilung nur die rein fatholisben kirchlihen Angelegenheiten bearbeiten sollten. Mas die Unterrich1s- Angelegenheiten anbetrifft, so lag die Sache so, daß der Unterrichts-Abtheilung ein katholisher Rath angepötie, welder dort die spezifisch katholischen Sachen bearbeitete. Aber aus der Denkschrift des Hrn. Aulike aus dem Jahre 1851, welche ih porhin erwähnt habe, gebt bereits hervor, daß fchon damals in fehr weit gehender Weise die katholische Abtheilung sih mit dem Erziehungswesen beschäftigte. Cr sagte hier:
Die katholische Abtheilung if weiterhin vielfah thätig ge- wesen, wo es sich um Erledigung shwieriger oder kontestirter Fragen in Bezichung auf den Einfluß der Bischöfe über Schul- und Erziehungswesen gehandelt hat. i S
(r erwähnt den großen Münstershen Schulstreit und die Differenzen wegen des von Staatsbeamten, die zuglei katholische Geistliche sind, u leistenden Verfassungseides. Er führt noch Weiteres in dieser Richtung an, indem er der Ueberzeugung Ausdruck giebt, daß das ganze katholishe Schulwesen doch im Wesentlihen Depentenz der ka- tholishen Bischöfe sei, und von dieser Auffassung aus stellt er ein weitgehendes Fepramm auf, auf Grund dessen er wünscht, daß in einer ganzen Reihe von Punkten das Schulwesen einer Mitberat ung der katholishen Abtheilung unterstellt werde. Er erwähnt z. B. die Fragen, wo es sich um Rechte der Bischöfe auf dem Gebiet des Scul- und Erziehungswesens im Allgemeinen oder im besonderen Falle handelt, die Auseinanderseßungen wegen der Stiftungen und Fonds, die Verhandlungen über den Unterricht der Kinder aus ge- mishten Chen; dann auch die katholisch - theologischen Fakultäten, die Anstellung der Schulräthe und dergl. mehr. | Von Interesse ist eine Denkschrift, welche im Jahre 1865 im Ministerium ausgearbeitet worden ist, welche eine Andeutung darüber giebt, daß über das Verhältniß der katholischen Abtheilung zu dem ; Sculwejen die Verwirrung allmählih noch eine größere geworden ist. Das erklärt sih in folgender Weise: Das sogenannte fkatholisch- firhlihe Schul- und Erziehungswesen — es wird der Aus- druck wohl richtig sein — wurde cigentlich von einem fatholiscben Rath in der Unterrichtsabtheilung bearbeitet. Dieser Rath — ohne daß sih aus den Akten zu erkennen giebt, auf welche Weise — nahm seit 1842 an den Berathungen der katholischen Abtheilung Theil und ist \ßgar allmählich im Staatshandbuch seit 1654 als Mitglied derselben aufgeführt worden, obwohl, wie gesagt, ih eine Zuweisung desselben an die katholishe Abtheilung nicht hat er- mitteln lassen. Auf diese Weise ist es N ggen, mehr Unterrichtssachen nach der fkatholis(en Abtheilung hinüberzuwenden,
daß da cine Grenzüberschreitung stattgefunden hat, welche die volle Auf- merksamkeit des Ministers erforderte. Es geht in einer sehr be- stimmten Weise aus der Denkschrift hervor, daß hier Etwas nicht in Ordnung war. i: i i / .
Ich ache nun auf den zweiten Theil meiner Bemerkungen vom
des Hrn. Dr. Kräßzig. Jh hatte darauf hingewiesen, daß derselbe Pil genommen bte an der Einseßung eines Dompropstes, welcher nach der Lage der Akten als ein polensreundlicher zu betraten sei, und besonderen Werth gelegt darauf, daß es sich um einen Dompropst handelte, also um einen Beamten aus Königlicher Ernennung. Aus dem vorgetragenen Schreiben des Hrn. Dr. Kräßig ersehen Sie, daß er sih der Sache nicht entsinnt und namentlich die Worte gebraucht: Jch kann mi, offen gestanden, nicht erinnern, ob ich nah dem Tode des Dompropstes Herzog mit dem Bischof von Kulm über die Besetzung der Dompropststelle verhandelt habe. Sollte es geschehen sein, was ja die Akten und der Bericht über die Wiederbesezung der Stelle an Se. Majestät den König ergeben müssen, so ist es in anz objektiver Weise — ohne jede Bezugnahme auf die Nationalität des betreffenden Kandidaten geschehen. Ich bitte Sie, diese Worte genau im Gedächtniß zu behalten. Das, was ich damals gesagt habe, werde ich in extenso A damit Sie wenigstens von meiner subjektiven Unbefangenheit über- eugt find. 2 j s handelt sid hier um einen Bericht vom Jahre 1871, der vom Minister erfordert war — das war damals der Minister von Mühler — weil ein Landrath behauptet hatte, das unter dem C oDe des Domkapitels in Pelplin der Poloniêmus starte Fortschritte mache, und diese Behauptung auf einzelne bestimmte Thatsachen zurückgeführt hatte. Es stand am Schlusse dieses Berichtes : h Die Gunst des Bischofs hat es vermocht, daß auf Kosten staat- liher Interessen dein bisherigen Lens Jeschke die Dom- propstei verliehen und die hierdurch erledigte N 9e Nane dem extrem polnisch gesinnten Domherrn von Pradcziúski gewä )rt werden konnte. Worin nun die Verdienste um König und Vaterland be- stehen, welche dem Herrn Bischof von Kulm eine so viel vermögende Geltung bei der Königlichen Staatsregierung erworben haben ? Ich kenne, wenn ih von seiner Betheiligung an den Prezden Betegen ab- sehe, scine preußishen Ruhmesthaten nicht ; ih kenne nur loyal ge- haltene, meines Erinnerns allerdings auch in die Kreuzzeitung über- gegangene Hirtenbriefe aus Veranlassung bevorstehender Wahlen; den Werth dieser bischöfliben Erlasse müßte man aber nicht na den Worten, sondern nah dem Wirken abwägen; und nach dem Wirken sind solche Bischofsworte in der Diözese Kulm noch_jedes Mal an taube Obren gerihtet worden! Welches staatliche Drgan die crfolgreihe Vermittelung der Wünsche des Hexrn Bischofs ge- führt hat, dürfte höchsten Ortes unschwer festzustellen sein ; die un- erwünschte lezte Beseßung der beiden Pelpliner Präbenden wird von der öffentlichen Meinung mit der Anwesenheit des Herrn Geheimen Ober-Regierungs-Raths Dr. Kräßig in Pelplin in Verbindung gebrat. — Ew. Hochwohlgeboren bitte ih ließli, diesem ver- traulihen Vortrage eine Verwendung zu sichern, die ihn vor baldiger abschristlicher Mittheilung nah Pelplin bewahrt, Es befindet si in diesen Akten noch von einem anderen Landrath ein Bericht, worin dieser ganz derselben Ansicht Ausdruck giebt, daß Alles, was über die velnisGen Tendenzen des Domkapitels berichtet verde, sofort wieder demselben mitgetheilt würde Ctwas Präziseres findet sich noch über die indiskrete Ve- andlung der Sache in einem Regierungs-Präsidial-Berichte. Der Regierungs-Präsident hatte den von mir erwähnten und noch andere Berichte der Landräthe überreicht, mit seinem Gutachten versehen, ihre )ehauptungen unterstüßt und war dann aufgefordert worden, \ih noch näher über gewisse Thatsachen zu äußern. Das war nah Lage der Akten nicht geschehen, und als der Ministerwehsel eintrat, wurde er monirt, Da sagte er, er habe dieser Verfügung bereits entsprochen, aber nit in \chriftliher Weise, sondern in mündlicher, denn es sei ganz unmögli gewesen, derartige Ängelegenheiten \{chriftlih zu er- ortern. Er sagt, es habe sich um zwei Anträge gehandelt, und wiederholt sie hier: E erstens um Unschädlihmachung und möglichste Aufhebung der katho- lishen Abtheilung im Kultus-Ministerium, zweitens um die ander- weitige Regelung der Kreis- und Lokalschulinspektion wie auch der “us des Sqhulwesens von Seiten der Bezirksregierung. un fährt er fort: i Bei Hille: Anwelenbeit in Berlin konnte ich Ew. Excellenz Herrn Amtsvorgänger bei seiner damaligen langen und s{hweren Krankheit niht Vortrag halten, dagegen habe ih damals wieder holt dem Hrn. Unter-Staatssekretär Lehnert bei genauester Be- \prehung der obigen drei Anträge dargelegt, Y, ih Anstand nehmen müsse, einen amtlichen Bericht chriftlic zu erstatten, solange die „katholische Abtheilung“ be- stände. Es hatten mich nämlich die verschiedensten Wahrnehmun- gen, ja sogar ausdrückliche, glaubwürdige Mittheilungen davon über- zeugt, daß die katholisch-polnisch-antideutsche Geistlichkeit den Inhalt ekreter, amtlicher Berichte kannte, zu deren Kenntniß sie nur von Berlin her gelangt sein konnte. Hr. Lehnert trug mir damals auf, diese ihn übrigens nicht überraschende Wahrnehmung doch
Ich trage dies vor mit Bezug auf dic Kritik, welhe der Herr Vorredner an die Aeußerung des Landraths knüpfte, und gehe jeßt auf den Fall selbs über. /
Der Anstoß zur Besetzung dieser Dompropstei wurde von dem Herrn Bischof gegeben. Der Bischof hatte den Wunsch auêgesprochen, diese Prälatur dem Weihbishof Jeschke zuzuwenden, wobei er erwähnte, er würde dann die Stelle des Dechanten dem Herrn von Pradczióski übertragen. : a
Den hierüber erstatteten Bericht des Herrn Ober-Präsidenten werde_ih mir erlauben, ganz wortgetreu vorzulesen, damit die Herren den Sachverhalt kennen lernen. Ih mae darauf aufmerksara, daß auch die Akten, welche diesen Bericht enthalten, aus der katholischen Abiheilung herrühren. — Also es sagt der Ober-Präsident in seinem Bericht :
B wik scheint es mir nit unzweifelhaft zu sein, ob nicht aus der politishen Haltung des Jeschke Bedenken gegen die ge- wünschte Ernennung herzuleiten sein möchten. n :
Bei dem großen Einflusse, welchen das Domkapitel in Pelplin auf die katholishe und c¿sp. polnische Bevölkerung Westpreußens ausübt, hat der Staat Werth darauf zu legen, daß die Mitglieder des Kapitels Männer von erprobter Loyalität sind, die polnischen Wühlereien nöthigenfalls mit Energie entgegenzutreten wissen. Dies gilt natürlih vorzugsweise von den Inhabern der Prälaturen, die den Vorsitz im Kapitel zu führen berufen sind, und die den jün- geren Geistlihen in jeder Hinsicht ein Vorbild fein sollen. Der verstorbene Donmpropst Dr. pol und dessen Vorgänger Herzog waren Geistlihe, die in ihrem Wirken bei aller Pg eung an die Ziele der katholishen Kirche doh auch das Intere e des Staates niht aus dem Auge verloren, und daher mit Recht das volle Ber-
trauen der Königlichen Staatsregierung genossen. Zwar au Jeschke alt früher, als der Dompropst Herzog, unter dessen Einflusse er Band noch lebte, für cinen Mann von deutscher Gesinnung. Seit dem Tode Herzogs ist jedoch, wie ich na den von mir eingezogenen Erkundigungen annehmen muß, in der Richtung Jeschke's cine er- heblihe Aenderung eingetreten. — Ich erlaube mir in dieser Beziehung namentlich den einen Umf,tand_ hervorzuheben, daß Jeshke der Stifter und Leiter des St. Josephstiftes zu E ist, in welches polnishe Tendenzen in dem Maße
ingang gefunden haben, daß die Klostershwestern mit der ihnen anvertrauten Schuljugend im Festschmucke an der im Sommer dieses Jahres zum Gedächtniß des Polenkönigs Kasimir in Pelplin veranstalteten nationalen Todtenfeier Theil zu nehmen sich nicht scheuten. Zu einem Manne, der dies auch nur dulden konnte, kann die Königliche Staatsregierung unmöglih das Ver- trauen hegen, daß er das ihm zu überctragende Amt im Geiste der bewährten Vorgänger verwalten werde. Die Bedenken gegen die Beförderung Jeschke's zum Dompropst dürften sich noch dur den Umstand steigern, daß, wie ih _ in Erfahrung gebracht habe, die Ab- sicht vorliegt, den Domherrn Hildebrandt zu Pelplin zum Dom- dechanten zu befördern, falls diefe Stelle durch die Ernennung Jeschke's zum Dompropit zur Erledigung temmen follte. Hildebrandt war bis vor etwa 1} Jahren Direktor des Pelpliner
Priester-Alumnats ; seine Leitung war jedoh, wie ih höre, so wenig geeignet, dem Einflusse des jüngeren, polnischen Tendenzen huldigenden Professorenpersonals gegenüber ein Gegengewicht zu bilden, daß bei dem Wachsen der polnischen Sympathien unter der jüngeren Geistlichkeit ver bischöfliche Stuhl nicht umhin konnte, die Direktion des Seminars dem Hildebrandt wieder zu entzichen
und dieselbe dem Professor Martens zu übertragen. Die in Frage
stehenden Ernennungen würden daher durch Beseßung beider
Prälaturen mit Männern von mehr oder weniger hervorgetretener
Konnivenz gegen national-polnishe Bestrebungen eine entschiedene
Schwächung der staatlichen Autorität zur Folge haben, während
meines unmaßgeblichsten Erachtens die obwaltenden, Ew. Excellenz
bekannten Verhältnisse darauf hinweisen, dem antipolnishen Element unter der Pelpliner Geistlichkeit für “den durh den Tod des Dr.
asse verursachten Verlust einen geeigneten Ersaß zuzuführen. So ehr ih meinerseits daher an und für ih den Wünschen des Hrn.
Bischofs von der Marwiß entgegenzufkornmen geneigt bin, fo glaube
ih doch, unter den vorgetragenen Umständen nach meiner pflicht-
mäßigen Ueberzeugung die Ernennung des x. Jeschke zum Dom- propst nicht befürworten zu können A :
Und wie der Herr Geheime Rath Kräßig ganz richtig andeutete : sein Gedächtniß ist niht mehr ganz sicher; es liegt noch die Ver- handlung vor, die er mit dem Hrn. Bischof von der Marwitz über die Frage, welche der Herr Ober-Präsident angeregt hatte, auf- nommen hat. Gs ist das eine von seiner eigenen Hand geschrie- bene Negistratur: „Pelplin, den 4. November 1869. Als „anwesend steht an der Seite: „Bischof v. d. Marwiy und Ministerial-Direktor Kräßig.“ Die Einleitung lautet, wie folgt: E I __ Der unterzeichnete Ministerial-Direktor hatte si im Auftrage
Sr. Excellenz, des Herrn Ministers der geistlihen Angelegenheiten,
hierher verfügt, um mit dem Hrn. Bischof von Kulm eine Verstän-
digung über die Wiederbeseßung der durh den Tod des Dom- propstes Dr. Hasse erledigten Dompropstei und die eventuell sich daran knüpfenden weiteren Beseßungen herbeizuführen.
Es wird nun zunächst über andere Domherren verhandelt ; sodann trägt der Ministerial-Direktor Kräßig genau vor, was der Ober- Prasident geschrieben hat, und der Bischof wendet sich dagegen, indem er sagt, Jeschke sei cin -in jeder Beziehung würdiger, tadelloser und frommer Prälat, Deutscher von Geburt, Sr. Majestät dem Könige treu ergeben, er neige auch nicht zum Polonis- mus. Der Bischof giebt der Todtenfeier au eine harmlofere Wen- dung, indem er sagt, es sei von einem Privatmanne ein Requiem bestellt worden, zu welchem, wie zu jeder gesungenen Messe, die Kinder aus dem Stift hingegangen wären. Er habe von der Sache nichts gewußt, und Jeschke auch nicht, da derselbe in diesen Tagen verreist gewesen sei. a
Mit diesen Erklärungen reiste Direktor Kräßig nah Hause, und auf Grund seiner Negistratur wurde ein, gay objektiver Bericht an Se. Majestät erstattet, worin die Ausführungen des A Ober- Präsidenten und die Gegenerklärungen des Herrn Bischoss genau an-
eführt waren. Es wurde \{chließlich die Ernennung des Jeschke be- fürwörtet die dann auch erfolgt ist.
Eine Stelle will ich îber aohmals verlesen, um doch aud) die Anschauung der katholischen Abtheilung über die Tendenzen des E Domkapitels zu kennzeichnen. In dem Immediatbericht
eißt es ausdrülich : B j
/ Dem Ober-Präsidenten von Horn muß ich aber darin aller- dings beitreten, daß die Regierung auf eine Stg des staat- lihen Einflusses im Kulmer Domkapitel Bedacht uehmen muß, um den darin theilweise vertretenen polnischen Ten-
denzen gebührend entgegenzuwirken. — A und in dem Benachrichtigungs\hreiben an den Regierungs-Präfidenten über die Ernennung des Jeshke — das Schreiben rührt auh- von der Hand des Direktors Kräßig her — heißt s i |
Guer 2c. haben in Jhrem Bericht vom 31. Oktober cr., wie au bei anderer Gelegenheit darauf hingewiesen, daß es, um den polnischen Tendenzen gebührend entgegenzuwirken, wünschenswerth sei, für die erledigte propsteiliche Dignität beim Domkapitel in
Pelplin eine Persönlichkeit zu wählen, welche für deutshes Wesen
kräftig einstehe. Jh habe diese Angelegenheit in forg-
fältige Erwägung gezogen und mich gleich_Jhnen der Ueberzeugung von der Nothwendigkeit, auf eine Stärkung des staatlichen
Einflusses im gedachten Kapitel Bedacht zu nehmen, um fo weniger
verschließen können, als das letztere dur den Tod des Dompropîtes
Hasse einen au für das ‘staatliche Interesse schwer wiegenden Ver-
luft erlitten hat. E 9 :
Meine Herren, Sie werden aus diesem ganz einfachen, wort-
etreuen Referat entnehmen, daß diese Ernennung des Domprop- tes Jeschke mit poknischen Angelegen mten in Verbindung steht und daß- die fkatholishe Abthei Le namentli auch deren Vorsitzender in einer fehr bestimmten Weise , mit der Sache befaßt gewesen ist. (Widerspruch und Oho! im
ledenfalls dem Hrn. Minister von Mühler direkt zu machen, was denn au meinerseits später geschehen ist.
Centrum.) Meine Herren, es handelt sich ja einfa) nur darum, fest-
zustellen, ob überhaupt die polnische Frage mit der Ernennung des Dompropstes Jeschke zusamnenhängt; das ift bestritten worden. (Zurufe im Centrum.) Meine Herren, ih höre Ihre Worte. Ih wiederhole aber: ‘ih s\tche auf dem Boden meiner eigenen Erflärung und lasse mir absolut nichts unterschieben, was ih gesagt haben fönnte und was vielleiht manche wünschen, daß ih es gesagt hätte. Jch bitte, doch cinfach den Wortlaut meiner Grklärung anzusehen, ich habe bier gesagt:
Nach dem Tode des verdienten Bischofs Sedlag war es das vlanmäßige Bestreben der später eingetretenen Kirhenregierung, die deutshe Geistlichfeit, die unter den früheren Bischöfen nah Westpreußen gekommen war, zu unterdrücken und der polnischen Sprace in Schule, Kirbe und Familie Förderung angedeihen zu assen.
— Kirchenregierung, meine Herren, das ift etwas andercs, als was Sie mir zurufen. Diefen Gedanken habe ich auch anderweitig ausgeführt, und vielleiht sprechen wir noch einmal darüber. Ich fuhr dann fort: Eine der hervorragendsten Maßregeln war die Besetzung der Dom- propstei und der Domdechanci mit ausgesprochen polnishen Mit- gliedern des Domkapitels. 5 — ja gewiß, meine Herren, ih sage ja auh: der Bischof hat den Antrag gestellt, daß die Dompropstei mit Hrn. Jeschke besetzt werde. Nach der Auffassung der höchsten Behörde der Provinz war derselbe ein der polnischen Partei zugeneigter Geistlicher. Ich erwähne die Dompropstei umsomehr, als sie bekanntlich cin Amt ift, welches in den alten Landestbeilen von der Verleihung Sr. Majestät abhängt. Diese Verleihung an ausgesprochen polnische Mit- glieder war fo auffallend, daß die Erklärung allein darin gefunden werden konnte, daß der damalige Leiter der katholischen Abthcilung in Pelplin gewesen war und die nothwendigen Abmachungen mit dem Herrn Bischof getroffen hatte. -— Der Bericht {ließt mit der signifikanten Vitte an die vorgedahte Behörde, diesen Bericht fo zu erwähnen, daß nit, wie in anderen Fällen, \ofort die bischöflihe Vehörde in Pelplin Kenntniß von dem Inhalt desselben erhalte. Meine Herren, ih habe den Beriht heute wörtlich vorgelefen und habe au verlesen, wie der Landrath dazu gekommen ist, das zu berihten. Cs fällt mir ja gar nicht ein, zu behaupten, daß der Hr. Kräßzig wissentlich für einen polnishen Priester die Stelle eines Dompropstes — (Zuruf: ist ja deutsch!) — meine Herren, bleiben Sie doch objektiv in dieser Frage. Wenn es Sie aber interessirt, ih fann natürlich auch noch anderes Material geben. Mit dieser Frage bängt zufällig zusammen — (Zuruf des Aba. Kantak) — Hr. Abg. Kantak, ich bin sehr gern bereit zu hören. Sie müssen aber schon die Güte haben, ein flein wenig Nücksicht zu nehmen mit Interjektionen. Ich bin wirkli geistig so übcrlastet, daß ih wohl etwas Rücksicht glaube in Anspruch nehmen zu können, um in größter Ruhe objektiv die Sache zu behandeln. Ich bitte, mir wirklih die Sache nicht fo {wer zu machen. — In dem Bericht an Se. Majestät war damals darauf hingewiesen worden, es käme auch nicht so schr auf die Dompropstei an, denn die wichtigste Persönlichkeit innerhalb einer bischöf- lien Verwaltung sei der Generalvikar, und zu diesem Generalvikar habe der Bischof den jüngsten Domherrn, den Hrn. Klingenberg, ernannt. Der Herr lebt noch, er ist gegenwärtig noch Generalvikar. Nun will ich nur wiederholen, ih will meine eigene Meinung zurückhalten, er gilt bei den Behörden der Provinz als ein ganz ents{lofsener Polonisator, obwohl er von deutscher Abkunft ist und aus einer gemishten Che stammt. In den Akten findet sich die Notiz, daß derselbe Mitglied der Liga Polska gewesen sei, und daß derselbe als Mitglied der ationalversammlung die Steuern verweigert habe. Das war mir in der That auffällig, weil ih nicht wußte, wie ein Geistlicher im Jahre 1848 diese Stellung hätte einnehmen können. Ich habe in Folge dessen der Sache nachgeforscht und gestatte mir nun, auch aus den Akten der Abtheilung für katho- lishe firchlihe Angelegenheiten etwas darüber mitzutheilen. | | Als ein Domherr, für welchen die Königliche Ernennung eintreten mußte, gestorben war, nahm Hr. Bischof von der Marwi dic Ini- tiative und sagte, er mache auf den Hrn. Klingenberg, welcher in dem Dekanat Löbau sich bewährt habe, aufmerksam und empfehle ihn als einen sehr tüchtigen Arbeiter, den er sehr gut gebrauchen könne. Im Uebrigen G — heißt es in dem Schreiben wörtlich — : ist derselbe von unbesholtenem Wandel und untadelhafter Füh- rung, und haben ihn feine maßvollen politischen Grund- säße der gewissenhaftesten Loyalität stets in den L L auch in dieser Beziehung einen heilsamen Einfluß auszuüben, E — meine Herren, ih wiederhole: durch seine maßvollen politischen Grundsätze der gewissenhaftesten Loyalität ftets in den Stand gefeßt, auch in dieser Beziehung einen heilsamen Einfluß auszuüben.
Jch will, um nun die SteuerverweigerungLreminiécenz zu Ende zu bringen, nur bemerken, daß, wie ih aus anderweitigen Akten cer mittelt habe, der Hr. Klingenberg mit drei anderen katholischen Geifl- lichen aus der westpreußishen Diözese Kulm Mitglicd der Na- tionalversammlung war. Alle vier betheiligten si an dem Steuer- verweigerungsbeschluß, der bekanntlih in Mielenß' Lokal statt- fand, und um ganz sicher zu sein, daß auch die Bedeutung ihres Schrittes bekannt würde, unterschrieben sie den bekannten Auf- ruf vom 27. November 1848; darunter steben ihre Unterschriften und sic haben das au nie geleugnet. Jch darf im Zufammenhange be- merken, daß au Hr. Schaffraneck, von dem neulich die Rede war, sich darunter befindet. E ;
Neber den erwähnten Antrag des Bischofs wurde der Ober-Prä- fident zum Bericht aufgefordert, derselbe machte darauf aufmerksam, es schiene der Vorschlag ihm doh etwas zweifelhaft; er glaube sich zu erinnern, daß früher Hr. ee Kdr), in politischer Beziehung Anstoß gegeben habe. Die katholische Abtheilung entwarf den Im- mediatberiht, worin über diese Bemerkungen hinweggegangen war; der Minister nahm aber die Sache selbst in die Hand, licß sich die stenographischen Berichte vorlegen und konstatirte nun wörtlich Fol-
endes: O f Der Dekan Klingenberg ift in den Jahren 1849 bis 1861 Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewesen. Bis 1898 hat er auf der Seite der Opposition gestanden; von 1858 bis 1861 ging er mit dem liberalen Ministerium. In dieser ganzen Periode hat er sich der Interessen _des Landestheils Westpreußen, insbesondere auch in Betreff der polnischen Sprache lebhaft angenommen. Jedoh enthält diefer Abschnitt seines politishen Wirkens keine Momente, welche ihm befonders gravirend zur Last fielen. Anders steht es mit seinem Verhalten als Abgeordneter der Nationalversammlung 1848. In dieser Versammlung hat er von Anfang an auf der äußersten Linken gestanden, und hat er die radikalsten Beschlüsse mit fassen helfen; namentlih hat er gestimmt für An-
erkennung der Revolution, für Unterwerfung der preußischen Regic- rung unter den Reichsverweser, für Abschaffung der Todesstrafe, für
Aufhebung des Belagerungs3zuftandes in Köln, für Streichung
des Titels „von Gottes Gnaden“, sür das Prinzip der
Volksfouveränetät, für Abschaffung des Adels und der Orden, für
den Waldekshen Antrag vom 31. Dktober über das Einschreiten des Ministeriums mit allen Mitteln und Kräften zum Schuße der bedrohten Volksfreiheit in Wien, für die Bildung cincs Wohl- fahrts- und Sicherheitsausshusses. Endlich ist er ohne Angabe
einer Entschuldigung von Brandenburg weggeblieben. n
Meine Herren! Dieser Beriht gab natürlich Veranlassung zu einer Ae, der Hr. N blieb aber dabei, daß cin Wandel in der Gesinnung des Herrn Klingenberg eingetreten wäre, und es ent- {loß sich nun der Minister, einen Bericht an Se. Majestät zu machen, worin er die Vorgänge erwähnte. Se. Majestät nahm Aufstand, cinen folchen Priester zum Domkherrn zu ernennen, und es fand eine Be- sprechung zwischen dem Herrn Minister und dem Herrn Bischof ftatt, über welche es heißt:
Als der Bischof von der Marwiß vor etwa zwei Monaten auf