1886 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem?! Werk: „Die Gesetzgebung des Deutschen Reiches von der Gründung des Norddeutshen Bundes bis auf die Gegenwart. Mit Erläuterungen und Registern herausgegeben von B. Gaupp, Geh. Regierungs-Rath, A. Hellweg, Landrichter, R. Koch, Kaiser- licher Geh. Ober-Finanz-Rath, W. Neubauer, Ober-Landesgerichts-Rath, W. L. Solms, Ober- orps- Auditeur, R. Sydow, Geh. Postrath, W. Turnau, Kammergerichts-Rath, F. Vierhaus, Regierungsrath. Verlag von I. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig“ erschien soeben die dreißigste und einunddreißigste Lieferung. Aus dem reihen Inhalt wollen wir nur die beiden iellen Geseße erwähnen: Krankenversiche- rung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 und die Gewerbeordnung für das Deutsche Reih. Die Bearbeitung der letzteren zeihnet “ih be- sonders aus; durch gesperrten Druck by in dem Gesetestext alle diejenigen Bestimmungen hervorgehoben, welche die Gewerbe- ordnung des Norddeutshen Bundes ergänzt und erweitert haben, während der früber gültige Text in den Anmerkungen felbst zum Abdruck gelangt ist. In den Anlagen ao sämmtliche ergänzen- den Seséhe aufgenommen, als: Bekanntmachung, betreffend die poli- eilihen Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln, die Prüfung der Aerzte, Zahnärzte, Thierärzte und Apotheker, die Prü- fung der Ster, Seesteuerleute und Maschinisten auf Seedampf- {hiffen; Bekanntmachung, betreffend den Gewerbebetrieb der Aus- länder im Umbherziehen, sowie aae für Legitimationskarte und Wandergewerbeshein und die Bekanntmachung, betreffend die Be- shäftigung jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen mit allen bis zum Zahr 1886 erlassenen Nachträgen. Das Werk, welches mit dem Jahre 1884 vorläufig abgeschlossen werden soll, steht vor seiner unmittelbaren Vollendung: hon die nächste Doppellieferung wird den Schluß mit chronologishem und Sach-Regifter bringen.

Die 7, Lieferung" der Publikation: „Die österreichi ch- ungarische Monarchie in Wort und Bild“ ist reich an Jllu- strationen. Sie bringt eine von J. Benczur entworfene Vignette zu dem von Franz Pulszky geschriebenen Tert: „Die Zeit der Völker- wanderung,“ ferner von demselben Künstler Vignetten zu dem von Karl Szabó geschilderten „Zeitalter der Herzoge und Arpadenkönige“. Von Theodor Doerre stammt die Abbildung des Aëtius, nah einer Tafel des Mcnzaer Diptychons und von Gefäßen aus dem Goldfund von Nagy-Szent-Miklós (aus der Alterthumssammlung des Kaisers); dieser Goldfund gilt angeblih als der Schaß Attilas. Seite 39 bietet eine pannor*He Frauenfigur mit den charakteristishen Spangen, welhe ihr Gewand an den Schultern zusammenhalten, nach cinem rohen Kalksteinrelie’ im Pester National - Museum. Seite 42 zeigt Shmucgegenstände aus der Völkerwanderung, gezeichnet von Lazarus Nagy. Von Julius Tornay rührt die Abbildung von Denkmälern aus der Zeit der Völkerwanderung ber, von demselben Zeichner auch eine Reiterfigur aus der Zeit der Völkerwanderung nah einem Relief auf einem Gefäße des Nagy-Szent-Miklóser

undes, sowie eine D ene, ein Schwert aus der ungarischen

eidenzeit darstellend. eite 57 zeigt eine Abbildung eines mit

delsteinen beseßten Goldkreuzes der Königin Gisela, aus der Münchener Kapelle stammend. Das Schlußblatt stellt die Insignien des ungarischen Königthums, gezeihnet von Béla Benczur dar. Sämmtliche Holzschnitte sind unter der Leitung des Prof. G. Morelli im xylographischen Institut zu Pest ausgeführt. '

Das 11. Heft der von der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft in München (vormals Friedrih Bruckmann) herausgegebenen Publikation: „Die Kunst für Alle“ bringt in Zinkographie die Reproduktionen folgender vier Bilder: „Die An- betung des Lammes“ (Offenbarung Johannis) von B. von Neher, Carton zu einem Glasgemälde, ferner: „Die Schwestern“ von F. A. von Kaulbach, sodann: „Die Kaufbeurer Sage“ von W. Lindenschmit, Wandgemälde im Rathhause zu Kaufbeuren (Fragmeat), endlich eine «Amper-Landschaft“ von ph. Nöth. Der Text enthält zunächst eine biographishe Skizze über Bernhard von Neher, der am 16. Januar 1806 in Biberach geboren und am 17. Januar 1886 in Stuttgart gestorben ist. Proben von einzelnen Werken des Meisters sowie sein Porträt \{mücken den Text. Ein Aufsaß berichtet sodann aus römischen Ateliers. E. Daelen bespricht einen Beschluß des Verwaltungsrathes des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen unter der Ueberschrift; „Ein trauriges

eichen der Zeit“. Fr. Pecht bietet sodann Mittheilungen aus dem Münchener Kunstleben und eine Besprehung der im Heft gegebenen Bilder. Die üblichen Notizen \chließen die interessante Nummer.

In dem soeben ausgegebenen Märzheft von «Petermanns Mittheilungen aus Justus Perthes* Geographischer Anstalt“ (Gotha) wird die von H. Rink zusammengestellte Uebersicht Über die neueren dänischen Untersuchungen in Grönland zum Abschluß gebraht und werden die gewonnenen Resultate für die all- gemeine Geographie, über Binneneis und Gletscher, die Etugeb- nisse für die Geologie, Botanik und Zoologie, Ethnographie, Anthropologie und Archäologie mitgetheilt. Jn leßterer Beziehung hat die Expedition eine Frage, die über 100 Jahre lan manche unnüße Mühe verursachte, „aus der Welt geschafft, nämli die An- nahme von großartigen Ruinen auf der Ostküste von Grönland, welche von früheren europäischen Wohnsißen zeugen sollten: was man fand, war nur ein zirkelrunder Steinhaufen von 2 m im Durchmesser und zweifelhaften Ursprungs. Die Alterthumsforsher können nunmehr ihre Bemühungen auf den genaueren Verglei der beiden Bezirke der Westküste mit den alten isländischen Sagas fkoncentriren. Diese und keine anderen seien mit der „Oesterbygd“ und „Wester- bygd“ gemeint. Man wisse jeßt, daß die fruhtbarsten Flecken Grön- lands sich innerhalb Julianchaab befinden, allein diese habe auch schon Grik der Rothe entdeckt; dort habe er seinen Wohnsiß gewählt und dort habe auch vor ca. 400 Jahren ein Bischofs\iß bestanden, dessen Lage freilich noch zu ermitteln bleibe. Ein Beitrag von dem Afrikareisenden Ie tenant a. D. von François betrifft die „Likonafrage“. iese Frage spielt bei der definitiven Abgrenzun des durch den _ Vertrag mit dem Cougostaat Frankrei zugesprochenen Gebiets eine Rolle. _Der Verfasser hat mit Mr. Grenfell die Mündungen der zwishen Mubangi und Lefini ein- mündenden reten Zuflüsse des Congo genau erplorirt, auch einzelne eine gewisse Strecke aufwärts verfolgt, und ist (wie er mit Hülfe einer Kartenskizze näher begründet) zu dem Schluß gekommen, daß der von de Brazza Likona genannte Fluß weder im Delta des Mubangi aus- laufe, noch ein rehter Zufluß desselben, sondern vielmehr mit dem S r Kunja identisch sei. Zur definitiven Entscheidung der Frage ist von beiden Regierungen eine Kommission ernannt worden, die sih am 1. November v. J. den Kongo aufwärts begeben hat. Prof. Dr, Philipp Paulitschke macht Mittheilungen über Major E und Lieutenant Peytons Reise von Hárar nah Bérbera im

uni 1885 (nebst Karte), A. Philippson liefert einen Beitrag zur Erosionstheorie, indem er die Frage erörtert : welhes im Allgemeinen das Resultat der Erosionsthätigkeit eines Gewässers an den einzelnen At seines Laufes sei. Ferner theilt Dr. A. Woeikow die Re- ultate des sibirischen Nivellements (im Auftrage des Conseils der Kaiserli russischen geographishen Gesellschaft bearbeitet von W. Fuß) mit und läßt eine Tabelle der Entfernungen und der Höhe über Neeresniveau vom Anfangspunkt folgen. In dem „Geographischen Monatsbericht“ wird u. a. auch der geplante Nord-Ostsee-Kanal besprochen und darauf hingewiesen, daß „außer der Belebung des Handels- und Schiffsverkehrs, welche die Häfen sowohl der Nord- wie der Ostsee erfahren werden, auch der Vortheil, welchen Schleswig-Holstein in wirths{aftliher Beziehung erlangen werde, niht gering anzuschlagen sei, denn für bedeutende Landstrihe im Gebiete der Eider werde der Wasserabfluß erleihtert werden, während andere Landestheile dur leihte Bewässerung einer intensiveren Kultur entgegengehen.“ Das Rei [Hlieht wie fonst mit dem Literaturverzeichniß und dem Literatur- ericht, Engelhorn s Allgemeine Nomanbibliothek (Stutt- Nt I. Engelhorn) bringt im 15. Bande des :"-2ten Jahrgangs zwei Novellen von Salvatore Farina: „Aus dem Meeres\haum“ und „Auë den Saiten einer Baßgeige"“. Der fruchtbare italienische

Auswahl von Borchers bekannt sind, rechtfertigt auch in den hier vorliegenden neuen anmuthigen und humoristischen Erzählungen den N von seinen Landsleuten verlichenen Beinamen des italienischen idens. Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin 8., Branden- burgstraße 64, erschien soeben in zweiter Auflage Kießlings Neuer großer Plan von Berlin und den fgelegenen Ort- schaften im Maßstabe von 1 #45 000, mit Angabe der Weichbild- grenze, des Bebauungsplans, der Straßen- und Häusernumerirung, der Postbezirke, des vollständigen Pferdeeisenbahn-Neges sowie der Stadt- und Ringbahn-Linie, nah amtlichen Mittheilungen. Preis: in sauberem 5 farbigem Druck ausgeführt und kartonnirt 2 M, eleg. mde 23 4, auf Leinwand gezogen und gebunden 4 t, Afarbig artonnirt 1} 4, 3farbig 1 A Der Kießlingshe Plan is korrekt und vollständig und zeichnet sich dur Uebersichtlihkeit und geschmack- vollè Druckausführung vortheilhaft aus.

Veterinärwesen.

Schweden.

Durch Bekanntmachung des Königlih \{chwedischen Kommerz-Kol- legiums vom 26. Februar d. J. A angeordnet worden, daß die Ein- fubr seewärts von Rindvieh, Schafen, Ziegen und anderen wieder- käuenden Thieren, sowie von Pferden über Malmö stattfinden darf.

Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath der Breslauer Wechslerbank hat be- lossen, der Generalversammlung vorzuschlagen, von dem Reingewinn von 435 000 Æ, nah Dotirung beider Reservefonds mit 31 000 M, F 9% Dividende zu vertheilen.

Der dem Aufsichtsrath der Breslauer Disconto-Bank, Hugo Heimann u. Co. vorgelegte Geschäftsabshluß für das Jahr 1885 ergiebt cinen Reingewinn von 719599 A Es wurde beschlossen, nah Dotirung des Refervefonds, nah Abstellung der statutenmäßigen Tantièmen, 5 9% Dividende an die Aktionäre zu vertheilen und auf den Grundbesiß 90 000 4. abzuschreiben.

Nürnberg, 13. März. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) In Folge größerer Einkäufe eines Luneviller Hauses und einiger Spekulanten hat diese Woche am Markte ein vermehrter Umsay stattgefunden, wobei Preise jedoch ohne Veränderung und ge- drückt blieben. Es gingen nahezu 1400 Ballen ab, während die ut fuhren äußerst gering waren. Für Export sind auch einige Posten Transithopfen genommen worden die Kundschaft kauft grünliche gute Mittelsorten und Pcima-Waare. Die Tendenz bleibt eine matte. Die Notirungen lauten: Bayerische Hopfen: Markthopfen prima

30—35 M, mittel 20—25 Æ, gering 12—15 M; Gebirgs- hopfen prima 35—40 #; Aischgründer prima t, mittel 20—295 M, gering 12—16 M4; Hallertauer prima 65—75 M,

mittel 25—35 M, gering 12—18 M; Hallertauer Siegelgut prima 70—80 M; Spalter, je nach Lage und Qualität, 20—60 M; Württemberger prima 65—75 A, mittel 25—35 M, ering 12—18 M; Badische mittel 20—25 4, gering 12—18 4; Élsässer 12—35 M; Posener prima 70—75 #, mittel 25—35 M, gering 12—18 M; Saazer Kreis und Bezirk, je nah Qualität, 65—105 M Hannover, 13. März. (W. T. B.) Die heutige General- versammlung der Hannoverschen Bank, in welher 31 Aktionäre mit 494 Stimmen vertreten waren, hat die vorgeschlagene Dividende von 5,76 %% genehmigt, die erforderlihe Decharge ertheilt, die aus- scheidenden 4 Verwaltungsrathsmitglieder wiedergewählt und den vor- gelegten Statutenentwurf angenommen. Brüssel, 13. März. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Diskont von 3 auf 2} 9% herabgeseßt. : Paris, 14. März. (W. T. B) Der Finanz-Minister hat die Zinsen der Shaßbons um £% herabgesetzt. New-York, 13. März. (W. T. B.) Der Werth der Waarenein fuhr in der vergangenen Woche betrug 8 897 257 Doll., davon 2912 464 Doll. für Stoffe. Der Werth der Einfuhr in der Sie betrug 8 225481 Doll, davon 3 084789 Doll. für offe.

Submissionen im Auslande.

Italien. 1) 20. März. Marine-Ministérium, Rom. General-Direktion der Materialverwaltung. Transport von 38 000 t Steinkohlen und 2500t Kokes aus Kardiff und Newcastle nach verschiedenen italienischen Häfen. Voranschlag : 600 000 Lire; Kaution 109%. 2) 26. März. Mailand. Direktion des Genie-Corps. Bau eines neuen Ae azn und Einrichtung der Kaserne - des Militärdistrikts Monza. oranschlag 60 000 Lire. Kaution 10%. Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs - Austalten.

Bremen, 15. März. (W. T. B) Der Norddeutschen Lloyd „Fulda“ ist gestern Nachmittag in New-York eingetroffen.

Hamburg, 15. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Silesia“ der Hamburg-Amerikanischen Paetfahrt- Aktiengesellschaft is, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen.

Dampfer des

Sanitätswesen und Quarantäuewesen.

i Portugal. -

Inhaltlich eines Erlasses vom 5. März 1886 ist die bisher be- standene Quarantäne in den Lazarethen zu Elvas und Marväo nunmehr aufgehoben worden, au finden die für diese beiden Grenz- orte vorgeschriebenen außerordentlichen Gesundheitsmaßregeln keine Anwendung mehr. Dur Bekanntmach es outelid dänischen Justiz-Minif «ur Detannimahung des Königlich dänischen Justiz-Ministers vom 6. März 1886 ist die Quarantäne für Schiffe von Tunis und Venedig („Reichs-Anzeiger“ Nr. 273 vom 20. November v. J. und Nr. 35 vom 9, Februar d. J.) aufgehoben worden. Dagegen sind die Bestimmungen des 2. Abschnittes Nr. I. des Gesetzes vom 2. Juli 1880, betreffend Maßregeln gegen die Einschleppung ansteckender Krankheiten, bis auf Weiteres für Schiffe aus den genannten Pläßen in Kraft geseßt. Eine Quarantäne ist ferner angeordnet für die Pro- venienzen aus» den iti T en Häfen zwischen Nantes und Cherbourg, aus sämmtlichen spanischen Häfen und aus Gibraltar. Die obengedahten Bestimmungen des Gesetzes vom 2. Juli 1880 bestehen gegenüber folgenden Pläßen in Wirksamkeit; den französischen Häfen „zwishen Cherbourg únd der belgischen Grenze, sämmtlichen französishen Mittelmeerhäfen, den Häfen des italienishen Festlandes an dem Meerbusen bon Genua und dem Toskanischen Meere, sämmt- lihen Häfen Siziliens, Venedig, Tunis, sämmtlihen Hafenstädten Egyptens, den Häfen am Rothen Meere, Fez, Mequinez und Dar el Beida in Marokko, Rio de Janeiro, Havana und sämmtlichen Häfen Japans. é

Das Verbot der Einfuhr von gebrau(ter Wäsche, gebrauchten Kleidungsstücken und gebrauhten Betten, sofern diese Gegenstände nicht zum Reisegepäck gehören, von Lumpen, von gebrauchter Watte, Kraßwolle, Papierabfällen, Haaren und Häuten besteht gegenüber fol- genden fenen sämmtlichen französischen Häfen, den Häfen des italienischen Festlandes an dem Meerbusen von Genua und dem Tos- kanishen Meere, sowie den spanischen Häfen am Mittelländischen

Meere.

Das Verbot der Einfuhr von gebrau(hter Wäsche, gebrauchten Kleidern und Es Betten, sofern die genannten Gegenstände niht zum Reisegepäck gehören, besteht gegenüber Rio de Janeiro und Havana. Außerdem ist eine Reinigung von Wäsche, Kleidern und Betten, welche von einem der beiden zuleßt genannten Orte als

vleisegut mitgebraht werden, unter öffentlicher Aufsicht besonders an-

Berlin, 15. März 1886.

(Nat.-Ztg.) Der Bericht des Kuratoriums der Spar- kasse über das Jahr 1885 ift beim Peageirat eingegangen. Er tellt folgende interessante Zahlen fest: Betrag der Einlagen am Schlusse des Rechnungsjahres 1884 55 359 810 4; Zuwachs im Jahre 1885 T. durch Zuschreibung der Zinsen 1 838 502 Æ, Il. durch neue Einlagen 20 315 570 4, Ausgabe im Jahre 1885 dur abge- hobene Einlagen 13 886 883 # Betrag der Einlagen am Schlusse des Jahres 1885 63 626 998 6 Alle Zahlen gehen über die des Jahres 1884 recht erheblich hinaus, namentli die des Kassenverkehrs (mehr als 20 Millionen Einlagen und fast 14 Millionen Rützahlungen). Die Zinsübershüsse stellen {ih troß des gesunkenen Dre auf 9544 556 M Der Reservefonds beträgt 3 198 050 A Der insfuß, welcher bei der Belegung erzielt worden ist, betrug 3,99%, im Jahre 1884 stellte er sih auf 4,01%, war indeß noch früher viel höher. Die Zahl der Bücher belief sich Ende Dezember 1884 auf 231 086; im Jahre 1885 kamen hinzu 63 343, es gingen ein 34 631, es blieben Ende 1885 259 798 Bücher. Davon lauteten nicht weniger als 95 288 auf weniger als 60 4, 50 278 auf über 60 bis 150 A Die Mehrzahl aller Bücher gehörte also kleinen Sparern. Von dem Rest der Bücher lauteten nur 33 341 auf 601 bis 1000 A

Wie die Photographische Gesellshaft in Berlin uns mittheilt, wird dieselbe gegen jeden J¿achdrucker des Richter- \chen Bildes der Königin Luise die Einleitung des \traf- rechtlichen Verfahrens veranlassen.

Wiesbaden, 15. März, früh. (W. T. B.) -Jn der vergan- genen L um 12 Uhr 28 Minuten wurde hier ein heftiger Erdstoß verspürt.

Das Königliche Opernhaus brahte am Sonnabend das seit langer Zeit nicht ageent Ballet „Der Seeräuber“, welches von Paul Taglioni nah dem Gedicht des Lord Byron zusammen- gestellt ist und wozu Gährich die Musik geschrieben hat, vor zahl- reichem Publikum zur ting, Das anmuthige kleine Werk, welches dem Balletpersonal der Oper reichlich Gelegenheit giebt, seine C in den Einzeltänzen wie auch in den Chortänzen und Gruppirungen zu zeigen, erfreute \ich der Anerkennung der Zu- shauer und trug den Hauptdarstellern für ihre tüchtigen Leistungen den verdienten Beifall ein. Die im ersten Akt von den Damen Urbanska, Stoßmeister, A. Sonntag, Wenzel, Kaselowsky, Bethge und den Herren Quaritsh, Krüger, E. Müller, Guichard getanzte Tarantella wurde siher und ge chmadckvoll ausgeführt. Der Pas de deux, welchen Frl. Hofschüller und Hr. Burwig tanzten, fand gleichfalls die Anerkennung der Zuschauer, deren Schaulust ih an dem zum Schluß des ersten Aktes von dem Corps de Ballet aus- Eben Grand Ballabile vollauf befriedigen ?onnte. Jm zweiten

ft war e vor allen anderen Tänzen der von Frl. dell’ Era und Hrn. E. Graeb in fkünstlerisher Vollendung ausgeführte Pas de deux, der besonders hervorgehoben zu werden verdient. Der originelle Glockentanz, welher von Hrn. Trost sowie den Damen Urbanska, Sonntag, A. Sonntag, Wenzel, Stvß- meister, Kaselowsky, sowie dem weiblihen Corps de Ballet mit großer Afkkuratesse zur Ausführung gebracht wurde, verfehlte seine Wirkung niht. Die geshmackvolle Inscenirung des Balleis und die tüchtige Ausführung fämmtlicher mit großem Fleiß sorgfältig eingeübten Tänze ließen das Taglionishe Werk auch nach der längeren Pause eine reundlihe Aufnahme beim Publikum finden.

Nach längerer Mau gelangte am Sonnabend im Circus Renz die Pantomime „Diamantine“, neu einstudirt und mit neuen Kostümen ausgestattet, wieder zur Aufführung. Der Eindruck der Vorstellung war nicht nee glänzend als vor Jahren; fast wollte es scheinen, als ob die shillernden Gewänder und die farbig wechselnde Beleuchtung an Fülle und Reiz noch gewonnen hatten. Es konnte somit an rauschendem Beifall Seitens des Publikums umsoweniger fehlen, als die verschiedenen reizvollen und theilweise neuen Tanz - Arrangements und Gruppirungen mit der gewohnten Exaktheit und Verve ausgefühct wurden und unaufhörlich wechselnde Bilder von reicher Farbenpracht boten. Der pantomimishe Humor und die aus unvermittelten Koatrasten fließende Komik findet auch in „Diamantine“ seine Stelle. Im Einzelnen fanden die Scenen mit dem in die Lüfte wachsenden Di und die Schlußapotheose den meisten Beifall und wiederholt mußte Hr. Direktor Renz den Dank der Zuschauer entgegennehmen. Im Uebrigen fand an diesem Abend der Direktor auh noch Gelegenheit, \ich „durch das Vorführen eines in Freiheit dressirten Hengiles welcher im Seilspringen Vorzügliches leistete, in die Gunst des Publikums zu seßen. Ferner lassen wir nicht un- erwähnt, daß Hr. Hager als eleganter und gewandtec Schulreiter das Publikum erfreute. Die übrigen Nummern des reihen Programms: der Jongleur zu Pferde, die Künste der Clowns u. \. tv. fanden die gewohnte Anerkennung und ungetheilter Beifall folgte allen Piècen.

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Gesundheit. Zeitschrift für öffentliche und private Hygieine. Nr. 2. Inhalt: Original : Kanalisation und Fluß-Verunreinigung. Vebersihten: Aus den Berathungen der Gesundbeilsbeamten A Von W. Berger. EntsWesdung des Reichsgerihts.

ergiftung mit Trichinen. Zuschriften und Mittheilungen: Aus Amerika. Besprehungen neuer Schriften: Elsner, Praxis des Nahrungsmittel-Chemikers. Norwegens offizielle Statistik. euilleton: Die Stadt der Zukunft. Von Prof. C. Reclam. ershiedenes. Anzeigen.

Musikalishe Jugendpost. Nr. 5. Inhalt; Unter- haltungen über Musik und Musiker, von Louise Hiß. Das Suchen nah der Musik, ein musikalisches Spiel. Der heimliche Musikant, von Carl Cassau. Im Lenz des Lebens, Mufsikalische Kinderszenen von Johanna Bal. Was ist eine Sonatine ? von . Kipper. Ein kleiner Musikmeister, von L. erzog. Elfen- otshaft, von L. Förster. Räthsel. Briefkasten. Literatur. Anzeigen. Musik-Beilagen: Heinrich Gnhausen „Galopp“ für Klavier, J. Haydn „Adagio“ für Violine und Klavier und C. Haaß „Frühling überall“ Lied für 1 Singstimme und Klavier. Illustrirte Berliner Wochenschrift „Der Bär“ Nr. 24. Inhalt: Gedenktage. Im goldenen Horn, Novelle aus dem Berliner Künstlerleben, von Hermann Heinrich. Feuilleton: Henning Steinhoffs Anwerbung für die Potsdamer Garde, von C. S. Am brandenburgishen Hofe des XVIT. Jahrhunderts. (Fort- seßung.) Denkmäler alter Gießkunst in der Mark Branden- burg. IV.; Die Spiele in dem Schrein des Kronprinzlichen Paares. Miscellen: Prinzessin Marie Louise Anna von Preußen (mit Abb.) ; Die alte Münze auf dem Werderschen Markt (mit Abb.) ; Beschrän- kung der Häuserhöhe; Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für Fris Reuter; Ansicht der Stadt Tangermünde (mit Abb.). bonnements-Einladung. Inserate.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). Sieben Beilagen

Berlin:

Druck: W. Elsner.

Nomandichter, dessen Novellen zum großen Theil auch in Deutschland durch die „Deuts : e Rundschau® und dur eine in Leipzig érschienene

geordnet.

(einshließlich Börsen-Beilage). (3773)

feld eingebrachten

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staals-Anzeiger.

M 604.

Berlin, Montag, den 15. März

1886.

Nichtamtliches.

Preußzen. Berlin, 15. März. Jm weiteren Ver- lauf der vorgestrigen (66.) Sißzung des Reichstages wurde die zweite Berathung über den Geseßentwurf des Abg. Lenzmann, betreffend die Entschädigung fürunschuldigerlitteneUntersuGungs- und Straf- haft, bei §. 5 und 6 fortgeseßt. Dieselben lauten:

8. 5.

Der Klage auf Ersa des Schadens muß die Entscheidung der betheiligten obersten Justizverwaltungsbehörde vorhergehen. Zu dem Zweck hat der A binnen einer Frist von sech8s Monaten seit dem Tage der Rettskraft des freisprehenden Urtheils bei der Staatsanwaltschaft des Gerichts, bei welchem das freisprehende Urtheil ergangen ift, die Gewährung dcs Schadenersatzes in An- trag zu bringen. Der Antrag muß von cinem Necchtsanwalt unter- zeichnet sein oder zu Protokoll des Gerichts\reibers erklärt werden ; er soll den Betrag der Entschädigungssumme und die den Anspruch begründenden Thatsachen und Beweise angeben,

Gegen die Entscheidung des Chefs der Justizverwaltung findet binnen einer M von sechs Monaten seit Zustellung der Ent- scheidung der Rechtsweg statt. e E

Für die in diefem Paragraphen vorgeschriebenen Fristen sind die Bestimmungen der Civilprozeßordnung über Nothfristen maß- gebend.

S. 6. / Für die Verhandlung und Entscheidung über den Anspruch ist die Civilkammer des Landgerichts, von welchem oder in dessen Be- zirk das aufgehobene Strasurtheil gesprochen war, aus\chließlih zu- ständig. / i Jhnen entsprehen 1) ein Antrag Hartmann, die 88. 4 bis 7 und 14:

8. 4. Der Antrag auf Entschädigung muß binnen einem Monat nach Eintritt der Rechtskraft des in dem wieder aufgenommenen Ver- fahren gesprochenen Urtheils bei dem Ober-Landesgericht angebracht

werden. j

8, 5, : Der Antrag ist der Staatsanwaltschaft zuzustellen. Derselben liegt die Vertretung der Interessen des Staates und der Staatskasse ob.

8. 6.

Zur Entscheidung über den Antrag ist der Strafsenat des- jenigen Ober-Landesgerichtes zuständig, zu dessen Bezirk das Unter- suhungsgeri%*{ gehört.

Der Senat entscheidet in der Beseßung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Vorsigenden.

8. 7. j

Die Entscheidung erfolgt in öffentlicher Verhandlung mittels Urtheils auf den Bericht eines der Mitglieder des Senats und nah Anhörung der Staatsanwaltschaft und des Antragstellers.

Der Antragsteller kann im Beistand eines Rechtsanwaltes er- scheinen oder sih dur einen mit schriftliher Vollmacht versehenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Durch das Ausbleiben des Antragstellers oder seines Vertreters wird das Gericht an der Aburtheilung nicht gehindert. Jedoch kann dasselbe au die Vertagung der Nanu verfügen.

Das Recht, die Feststellung der Entshädigungssumme zu fordern, verjährt in zwei Jahren von der Verkündung des Urtheils an, durh welches der Entschädigungsanspruch zugelassen ist.

2) im Antrage von Nem aon,

Neber die Anträge auf Gewährung einer Entschädigung ent- scheidet der Reichskanzler. Derselbe hat vor Abgabe seiner Ent- scheidung, sofern nit die frühere Verurtheilung von dem Reichs- gericht in erster und leßter Instanz ausgesprochen ist, die Justiz- verwaltung des betheiligten Bundesstaats zu hören.

Anträge, welche nah Ablauf von se{chs Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welhem das im Wiederaufnahmeverfahren ergangene Urtheil in Rechtskraft getreten ist, eingehen, bleiben un- berücksichtigt.

Die gerichtlihen und \taatsanwaltschaftlilhen Behörden des Reichs und der Bundesstaaten, welche in dem betreffenden Straf- verfahren mitgewirkt haben, find verpflichtet, sich auf Erfordern des Reichskanzlers über die Begründung des Antrages auf Ent- schädigung gutachtlih zu äußern.

Der Abg. von Reinbaben befürwortete seinen Antrag unter Hinweis darauf, daß er denselben in Gemäßheit der vom Vertreter der verbündeten Regierungen in der Kommission abgegebenen Erklärungen gestaltet habe.

Der Abg. Dr. Neichensperger bekämpfte diese Vorschläge, befürwortete dagegen die Beschlüsse der Kommission.

Der Abg. Kayser beantragte, hinter Absay 2 einzufügen :

eDer D lacsVrodene Verurtheilte ist von dem vorsitzenden Richter, der außer Verfolgung geseßte Angeschuldigte von S Untersuchungsrichter über seine erworbene Berechtigung auf Ent- schädigung zu belehren.“ : : |

Nachdem der Abg. Dr. Neichensperger den 8. 5 in der Kommissionsfassung befürwortet, wurde derselbe fast ein- stimmig angenommen, der Antrag Kayser gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Volkspartei, der Antrag von Rein- baben einstimmig abgelehnt. j

Ohne Debatte genehmigte das Haus die _noch übrigen Bestimmungen des Entwurfs, sowie die mit ihm in Verbindung stehende Vorlage, betreffend die Abänderung der Bestimmungen der Strafprozeßordnung über das Wiederaufnahmeverfahren, nah den Vorschlägen der Kommission.

Es folgte die zweite Berathung des von dem Abg. Aus- Gesegentwurfs, betreffend die Ab-

des Zolltarifgeseßes. (Petroleumfaßzoll.)

e ommission hat dem Antrage nachstehende Fassung gegeben :

„Dem §. 2 des Zolltarifgeseßes in der Fassung der Bekannt- machung, betreffend die Redaktion des Zolltarifgeseßes vom 24. Mai 1855, sind folgende Absäte hinzuzufügen! Die Umschließung, deren Gewicht bei der Verzollung der Waare in das der letzteren selbst mit einzurehnen ist, unterliegt, mag die Erhebung des Zolls für die Waare nach Bruttogewicht oder nah Nettogewiht vor- ge rieben sein, einer weiteren besonderen Verzollung niht. Jf die Umschließung derart, daß si: als fabrik- oder handelsüblihe Verpackun ist zugleich der auf ihr ruhende Zoll höher als der auf der Waare selbst ruhende, \o tritt, selbst wenn an si eine Verzollung der Waare unter Zuzug des Gewichts der U: *Hließung vorgeschrieben ist, Nettoverwiegung ein, und auf Grund des ermittelten Gewichtes

nd die Umschließungen wie die Waare gesondert mit dem für jede

änderun

niht anzuerkennen ist. und

derselben im Tarif vorgeschriebenen Zollsate zu verzollen. Werden Flüssigkeiten in zum Transport derselben eigens eingerichteten Land- oder Wasserfahrzeugen ohne anderweitige Umschließung eingeführt, so ist behufs der Verzollung dem unmittelbaren Gewicht der Waare selbst cin der gewöhnlichen Verpackungsart entsprechender, vom Bundesrath festzustellender Gewichtszuschlag hinzuzufügen.“

Der Referent Struckmann erklärte: die Kommission habe sih mit der Begutachtung jener Verordnung des Bundesraths zu befassen getaye nah welcher die Petroleumfässer, da die- jelben in der Bruttoverzollung des Petroleums nur den Zollsay des leßteren trügen, noch einem Zuschlagzoll unterworfen würden. Die Kommission habe aber die Definition der Regierung, der zu Folge sih das Petroleumfaß als Vöttcherwaare darstelle und als solche verzollt werden müsse, nicht für richtig anerkennen und die Zweckmäßigkeitsgründe nicht für durhshlagend er- achten können. Die Bruttoverzollung geschehe, wo sie Play greife, vom Ganzen, Waare und Umhüllung würden identi- fizirt, es sei in Folge dessen unzulässig, einen bereits verzollten Gegenstand nohmals zu verzollen. Daß die Verzollung der Petroleumfässer im Juteresse und zum Schuße des Böttcher- gewerbes geboten erscheine, könne die Kommission nicht er- kennen; denn von der jährlich aus Amerika bezogenen Million Fässer Petroleum werde kein Stück weniger eingehen, wenn ein besonderer Faßzoll erhoben werde, denn die Zahl regulire sich durh den Bedarf an Petroleum. Jm Gegentheil könne der Faßzoll eher eine Schädigung des Böttchergewerbes herbeiführen, indem er die Händler ver- anlasse, die Fässer wieder zurückzuführen, um den Zoll her- auszubekommen, was andererseits eine Ueberfüllung des ame- rikanishen Faßmarktes und somit einen Preisdruck auf die Fässer veranlassen würde. Aus diesen Gründen habe die Kommission die vom Bundesrath erlassene Maßregel als mit dem bestehenden Gesey nicht im Einklang stehend erachten können, sie habe aber geglaubt, die Sache klarer hinstellen zu follen, damit jeder Zweifel ausgeschlossen sei.

Hierauf ergriff der Staatssekretär von Burchard das Wort:

Meine Herren! Der Herr Referent hat am Schlusse feiner Aus- führungen ausdrücklih nochmals hervorgehoben, daß der Antrag der Kommission nicht bedeuten sollte, daß die Kommission anerkannt habe, der Bundesrath sei bei Grlaß seiner bekannten Bestimmung bezüglich der Petroleumfässer nah Maßgabe des Gesetzes verfahren; die Kom- mission sei vielmehr in ihrer Mehrheit der Ansicht gewesen, diese Anordnung des Bundesraths entsprehe den bestehenden Gesetzen niht. Nun, ih habe ja mich nicht darüber zu äußern, in welcher Weise die Mehrheit der Kommission oder mehrere Redner derselben sih geäußert haben, aber ich glaube doch konstatiren zu müssen, daß, wenn die Nothwendigkeit anerkannt wird, ein neues Geseß zu erlassen, wélches einen neuen Rechtszustand \cafft, doch zum mindesten nicht daraus zu folgern ist, daß die Aus- legung, welhe der Bundesrath dem bisherigen Gesetze g?geben hat, nicht im Einklang seben soll mit dem geltenden Gesete. Es mögen ja Zweifel in diefer Beziehung existiren, aber ich glaube, daß der Vorschlag der Kommission nicht die Folgerung rechtfertigt, der Bundesrath habe bei Erlaß seiner Anordnung die geseßlichen Befugnisse, welche ihm zustehen, überschritten.

Sch will die Gründe, die den Bundesrath geleitet haben, nah dem schr eingehenden Vortrage des Herrn Referenten und unter Bezugnahme auf die Bemerkungen, die ih seiner Zeit mir vor- zutragen erlaubte, nicht nochmals wiederholen; ich will nur kurz den Gedankengang, den, wie ih glaube, der Herr Referent nicht in der Weise, wie ih ihn vorgetragen habe, vollständig wiedergegeben hat, kurz rekapituliren. §. 1 des Zolltarifgeseßes sagt ausdrücklih:

Bei der Einfuhr von Waaren werden Zölle nah Maßgabe des nachstehenden Tarifes erhoben. i j

Das ist das gemeine Recht, welches §8. 1 an die Spiße stellt. In dem Tarif werden nun Gewichtszölle und Stückzölle angeordnet, und §. 2 fügt hinzu, in welher Weise die Gewichts- zolle zu erheben sind. Wenn 8. 2 nicht vorhanden wäre, dann würden alle Gewichtszölle nah dem Nettogewicht zu erheben sein. Das will §. 2 aber nicht; er ordnet für gewisse Fälle an, daß nicht nah dem Nettogewiht, sondern nah dem Bruttogewicht Zölle zu er- heben sind. Das ist eine Verschärfung der in 8.1 Meeren allgemeinen Anordnung. Jst daraus zu folgern, daß bezüglich der Umschließungen angeordnet sei, daß in Fällen, wo nah dem Bruttogewicht der Zoll zu erheben sci, von der Umschließzung kein besonderer Zoll zu erheben fei? Das ist cine Auffassung, die nah meiner Ansicht in dem Wort- laut des Le feinen Anhalt findet. Das Zollgeseß enthält Be- stimmungen über Zollbefreiungen und es würde eine Zollbefreiung sein, wenn bestimmt würde: die Umschließungen find keinem beson- deren Zoll zu unterwerfen Im §. 5 sind die Fälle aufgeführt, in welchen unter gewissen Umständen die Umschließungen oder andere Waaren nicht dem Zolle zu unterwerfen seien, der im Geseß ausgesprochen ist; aber darunter befindet sih keine derartige Bestimmung bezüglih der Umschließungen, und der Bundesrath hat sih wiederholt von der Auffassung leiten lassen, daß über die Art und Weise, e E zollamtlih zu behandeln seien, das Zolltarifgeseß sich niht ausspricht. 5

Der ert F etent hat dann besonders noch bemängelt, daß der Bundesrath nur den Zuschlagszoll erfordert habe, nur die Differenz des Zollbetrages zwischen dem Petroleumzoll und dem Faßzoll, während nah seiner Auffassung das jedenfalls unrichtig sein soll. Nun, i will mich darüber niht weiter auslassen; es mag sein, daß das zu beanstanden ist, aber der Herr Referent hat die Gründe er rge den, die den Bundesrath geleitet haben. Es würde nah der Auffassung des& Bundesraths zu weitgehend sein, wenn neben dem Petroleumzoll auch noch der volle Saßzoll zur Erhebung gelommen wäre. Der §. 2 berührt die Frage, in welcher Weise die Umschließungen einem Zoll zu unterwerfen seien, nah meiner Auf- fassung und nah der Auffassung des Bundesraths gar nicht; der Bundesrath hat deshalb in den ausführlichen Tarabestimmungen, die er erlassen hat, diese Frage einer besonderen Regelung unterworfen. Das is auch nothwendig. Es _ist nach meiner Auf- fassung ganz unmöglich, daß das Geseß die Frage, in welchem Fall die Uns Sfiehuüng zu einer Verzollung heranzuziehen sei, in irgend einer befriedigenden Weise regeln kann. Diese Frage muß immer nah Maßgabe der besonderen Umstände ‘und der Veränderungen, die sih im Lauf der Zeiten vollziehen, entschieden werden. :

Zu welcher Konsequenz dieser Antrag und die Auffassung der Kommission, wenn diefee Antrag angenommen würde, kommen würde, das erlaube ich mir, noch etwas näher zu beleuchten. ö

Der Vorschlag sagt, daß bei brutto zu verzollenden Waaren die Umschließung nit einer besonderen Verzollung zu unterwerfen sei. Der Vorschlag erkennt an und in der Kommission schien darüber Einstimmigkeit zu sein —, daß dur den §. 2 keineswegs die Ver- zollung der besonderen Umschließung von zoll reien oder netto zu ver- zollenden Waaren üntersagt sei. Wenn nun «die Auffassung der Kom- mission und des Herrn Referenten rihtig wäre, daß der Bundesrath bezüglih der Frage der Verzollung der Umschließung ih lediglich

von den Bestimmungen des Gesetzes leiten lassen solle, daß er nicht im einzelnen Falle nah Zweckmäßigkeitsgründen fragen dürfe, ob die Umshließung zur besonderen Verzollung heran- gezogen werden foll oder nit: dann würde die Konsequenz einfach die sein, daß der Bundesrath verpflichtet wäre, bei zollfreien und bei netto zu verzollenden Gegenständen allgemein die Umschließung der Verzollung nah Maßgabe ihrer Beschaffenheit zu unterwerfen, Das würde aber meines Erachtens zu einer ganz ungeheuerlihen Belästi- gung des Handels führen. Der Bundesrath hat geglaubt, als Rechts- nahfolger der General-Zolkonferenzen, seine Befugnisse dahin gegeben zu fehen, fi bei der Frage, ob und in welhem Umfang und für welche speziellen Fälle die besondere Verzollung der Umschlicßung angezetgt wäre, von Zwecmäßigkeitsgründen leiten zu lassen, diese Fragen in jedem einzelnen Falle einer besonderen Entschließung unterwerfen zu sollen.

_Ich habe dann bezüglich der Zweckmäßigkeitsgründe lediglih auf meine früheren Ausführungen und auf die Mittheilungen des Herrn Referenten Bezug zu nehmen. Jh muß aber noch hinzufügen, daß die Zahl der Petroleumfässer, welche jährlich cinkommen, nit über 1 Million, sondern ca. 3 Millionen beträgt; es ist aber gar feine &rage, daß diese Fässer dem Böttchergewerbe eine schr starke Kon-

kurrenz bereiten. Der Herr Referent hat ja schon hervor- gehoben, daß nit finanzielle Rücksihten es ind, welche den Bundesrath bei ciner Anordnung geleitet haben. Dem

Bundesrath kam cs nicht darauf an, neue große Erträge aus dem Petroleumzoll zu zichen, sonst würde er nicht die Bestimmungen be- züglich der Wiederausfuhr der Fässer in so liberaler Weise geregelt haben, daß zu hoffen ist, daß die Ausfuhr in verstärktem Maße statt- finde. Nein, die Maßregeln sollen dahin wirken, daß die Fässer in erhöhterem Maße als bisher zur Ausfuhr gelangen, und es darf na den bisherigen Erfahrungen angenommen werden, daß dieser Haupt- zweck der Maßregel erreicht wird. Daß der Handelsstand sich mit den Einrichtungen vertraut gemacht hat, und daß Mißstände in der Be- ziehung niht hervorgetreten sind, ergiebt ih aus dem Jahres- bericht der Handelskammer von Mannheim für das Jahr 1885. Jh bemerke, daß Mannheim für Süddeutschland der aupt- stapelplaß für Petroleum ist, und daß Mannheim hauptfächlih auf die amerikanische Einfuhr angewiesen ift, daß, weil es weit von der Sce liegt, es ganz besonders in dieser Bs betheiligt ist und daß, wenn die Mannheimer Handelskammer zufriedengestellt ist, anzunchmen ist, daß in der That Beschwerden auch anderwärts dadurh nicht ber- vorgerufen sein können. Nach dem Bericht der Mannheimer Handels- kammer für das Jahr 1885 hat \ih diese Einrichtung bei uns ver- hältnißmäßig leiht cingelebt, da die Preise der leeren Fässer an den Seepläten sofort heruntergingen; auch der Preis des Oels sei zurück- gegangen und so sei auch die Lage Derjenigen, welche für den ersten November dauernde Kontrakte eingegangen waren, in der Folge ntcht so unangenehm geworden, wie ursprinalis angenommen wurde.

Es liegen also materielle Beschwerden nicht vor und es kann da- her kein Anlaß gefunden werden, mit diesem Zustand, in den ih der Handel eingelebt hat und der zu Beschwerden keinen Anlaß gegeben hat, das Haus näher zu beschäftigen. Ich habe {hon auf den prinzi- piellen Unterschied zwischen der Auffassung der Kommission und der des Bundesraths hingewiesen. Ich glaube, daß der Handel cin wesentliches Interesse daran hat, daß nicht die Gesetzgebung die Vrage regelt: in welchem Umfang und in welchen Fällen die Üinslieluingen von Waaren einer besonderen Verzollung zu unter- werfen feien, sondern daß dies Sache der Ausführungsbestimmungen ist. Es ist nach meiner Auffassung ganz unmöglich, in irgend einer befriedigenden Weise die Geseßgebung diese Frage regeln zu lassen; und ih möchte deshalb anheim geben, von der Annahme des Antrags abzusehen. Jh glaube nicht, daß der Bundesrath, der erst kürzlich es für nothwendig und zweckmäßig erachtet hat, die Petroleumfässer einer besonderen Verzollung zu unterziehen, geneigt scin wird, dem Antrag zuzustimmen.

__ Der Abg. Gerlich außerte: Die „Breslauer Zeitung“ habe behauptet, daß er (Redner) der Einzige gewesen sei, der in der Kommission den Bundesrath unterstüßt hätte. National- liberale und Freisinnige hätten sih treu zur Seite gestanden, und au ein konservativer Redner habe den Beschluß des Bundesraths mißbilligt. Der Beschluß der Kommission sei nit mit allen gegen eine, sondern mit 6 gegen 4 Stimmen gefaßt worden. Außerdem entferne sih dieser Beschluß gar- niht so schr von dem, den der Bundesrath ins Leben geführt habe. Vor 17 Jahren bei Abfassung des Zollvereins- zesebes habe man den Petroleumtransport nur in exâssern gekannt. Seitdem habe \ih eine Art von Revolution im Transportwesen vollzogen. Seit Jahren werde das Pe- troleum in Cisternenwagen eingeführt und die Einführung von Cisternenschiffen stehe bevor. Für diesen Fall aber wür- den, um einer Zollumgehung vorzubeugen, nah Absatz 2 des Kommissionsantrages die Fässer doch zu verzollen sein, also derjenige Zustand eintreten, den der Bundesrath jeßt einge- führt habe. Darüber, daß die Umhüllung der Waare nicht mehr verzollt werden dürfe, stehe im ganzen i nihts. Wohl aber stehe darin, daß die Fässer mit einem viel höheren Zoll zu be- handeln seien als der Fnhalt, nämlih mit 10 /4 pro 100 kg. Es handelte sich darum, die Bruttoverzollung bei dem Petroleum auszugleihen mit der Verzollung der Fässer. Er gebe gern zu, daß hier eine Art von Unklarheit vorliege. Aber die Verzollung der Fässer sei deutlich genug ausge- sprochen, und der Bundesrath habe, von seinem verfassungs- mäßigen Rechte Gebrauch machend, einen Mittelweg betreten. Jn dem Petroleumhandel in Cisternen erblicke er einen Vor- theil für das Böttherhandwerk. Die Folge werde sein, daß für den inneren Vertrieb die Fässer von deutschen Böttchern gemacht würden, O früher die amerikani Qn Fässer eingeführt worden seien. Die Bundesraths - Verordnung bewege sih also ganz auf dem Boden des Schutzes der nationalen Arbeit. Die Beschwerde, daß die Fässer jeht zu billig, der Verdient mit den Fässern also gekürzt sei, gehe von Petenten aus, welche Ben immer die Villigkeit für den Konsumenten im Munde führten. Er bestreite aber diese Behauptung. Eine andere Frage aber sei, inwiefern die großen Geschäfte im Stande sein würden, die kleinen Lieferanten zu drücken. Es herrsche in der That ein Monopol, wie auch von der Gegenseite anerkannt worden sei. Wenn es \sich aber darum handele, irgend wo anders ein Monopol uf tren dann seien die Herren nicht dabei. Er bitte, den Kommissionsbeschluß E nachdem der Staats- ekretär selbst erklärt habe, daß N be praktish s{chwer durch- ührbar und für den Bundesrath kaum annehmbar sei. Der Ahg. Dr. Meyer (Jena) meinte: Die Nothwendigkeit eincs neuen Gesetzes ser von der Mehrheit der Komnission durchaus anerkannt worden; sie wolle dem Bundesrath die

Möglichkeit geben, sich mit ihr auf einem Boden zu vereini-