1886 / 72 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Prevßen. Berlin; 24. März. Se. Majestäl der Kaiser und König empfingen heute Vormittag den Be- such Sr. Majestät des Kömgs von Sachsen.

Um 12 Uhr en Se. Majestät militärische Meldun- gen entgegen und ließen Sih dann von dem Chef des Civilkabinets Vortrag halten.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz stattete gestern Vormittag 101// Uhr Sr. Majestät dem König von Sachsen und Jhren Königlichen Hoheiten dem Erbgroßherzog und der Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar einen Besuch ab.

Demnächst begab Sih Höchstderselbe nah dem Bazar zum Besien des Diakonissen-Mutterhauses in Kaiserswerth a. Rhein, im Ministerium des Königlichen Hauses.

Um Be nahm Se. Kaiserliche Hoheit an dem Familien- diner im Pfeilersaal der Königskammern des Königlichen Schlosses Theil.

Abends 7 Uhr begab Sich der Kronprinz mit den an- wesenden fremden Fürstlichkeiten nah dem Deutschen Theater.

Um 9 Uhr erschien Höchstderselbe bei JFhren Majestäten zum Thee.

Ey

Es Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen und der Aus\{huß für Handel und Verkehr hielten heute Sißungen.

_— Die Sqghlußberihte über die gestrigen - Sizungen des Reichstages und des Landtages be- finden fih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (73. )Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister von Boetticher , der Staatssekretär des Reichs-Schaßgamts von Burchard, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath und Kommissarien desselben beiwohnten, wurde die zweite Berathung des von den Abgg. Auer und Gen. eingebrahten Geseßentwurfs, N die Ab- änderung der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, auf Grund des ersten Berichts der X. Kommission über die derselben zur Vorberathung überwiesenen, die Arbeiterschubßgeseß- gebung betreffenden Anträge der Abgg. Auer und Genossen, Dr. Lieber, Hiße und Lohren fortgeseßt mit 8. 132a des An- trages Nr. 10, Seite 12 ff. des Berichts.

Der Berichterstatter Abg. Lohren empfahl Namens der Kommission die Annahme der Nefolution B und die Ablehnung sämmtlicher Anträge.

Der Abg. Dr. Schneider sprach sich für das Jnstitut der Gemwerbegerichte aus, auch dasür, daß die Beisißer desselben aus Arbeitgebern und Arbeitern zusammengeseßt würden, be- fämpfte aber deren obligatorishe Einführung. Abge- [n davon, daß es an klaren Ausführungsbestimmungen Über die Vollstreckung der Urtheile mangele, sei auch nicht er- wiesen, ob die seit 1878 bestehenden Gewerbegerichte einen weiten Eingang gefunden hätten. Bunt Theil hätten sie sih gut bewährt, so z. B. in Breslau. Berlin habe sich aber nicht ux Einführung der Gewerbegerichte entschließen können. Die obligatorische Einführung der Gewerbegerichte würde aber in solchen Gebieten, wo die gewerbliche Thätigkeit wenig ent- widelt gei und Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeit- nehmer#t so selten vorkämen, daß große Bezirke für die Ge- werbegerihte genommen werdenmüßten, große Unbequemlichkeiten mit sih bringen für diejenigen, welche wegen einer geringen Forderung von einigen Mark weite Reisen machen müßten; it A0 bitte er, das Wort „obligatorish“ in der Resolution B zu streichen.

Der Abg. Kayser sprach sich für die obligatorische Einführung der Gewerbegerichte aus, um eine einheitliche Organisation für das ganze Reich herbeizuführen. Er nahm für seine Partei das Ver- dienst in Anspruch, daß diese Resolution überhaupt gefaßt sei. Der Abg. von Hertling habe um so weniger Veranlassung ge- habt, den Sozialdemokraten Mangel an Jnitiative vorzuwerfen, als er selbst von dem Reichskanzler den Vorwurf habe hinnehmen müssen, daß er zwar Schäden aufdecke, ohne aber die Mittel zu deren Beseitigung angeben zu können oder zu wollen.

Bei Schluß des Blattes ergriff der Direktor im Reichs- amt des Jnnern, von Bosse, das Wort.

Die heutige (9.) Sizung des Herrenhauses wurde von dem Präsidenten, Herzog von Ratibor, um 1 Uhr 20 Min. mit geschäftlichen Mittheilungen eröffnet.

Derselben wohnten der Staats-Minister Dr. Friedberg und mehrere Regierungs-Kommissarien bei. :

Der erste Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über den Geseßentwurf, betreffend die Einführung der Städte- ordnung für die sechs östlihen Provinzen der preußishen Monarchie vom 30. Mai 1853 im Regierungsbezirk Wiesbaden.

Der Berichterstatter Herr Lotichius befürwortete den An- trag der Kommission. Dieselbe hat außer einer rein redak- tionellen Aenderung der Vorlage auch die Bestimmung vor- ges lagen, die Gemeinde-Einnehmer überhaupt von der Wähl- arkeit in den Magistrat auszuschlicßen. Bisher war deren afi Pablda nur in Städten mit weniger als 10 000 Seelen zulässig.

Der NRegierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath Halbey erklärte, daß die Regierung gegen diese Bestimmung nichts einzuwenden habe.

Der bezügliche Kommissionsantrag wurde hierau? an- genomnzen.

Ein von dem Grafen Matuschka gestellter Antrag, nah welchem die Bestätigung des Bürgermeisters dem König resp. dem Regierungs-Präsidenten ee di soll, wurde, nahdem der Regicrungskommissar, Geheime Regierun Rats Halbey den- selben bekämpft hatte, Herr Helfriy aber dafür eingetreten war, angenommen und mit dieser Aenderung das ganze Geseh genehmigt. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (48.)Sizung des Hauses der Abgeordneten, welher mehrere Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Berathung der Petition des Klempnermeisters Oswald Linke in Warmbrunn wegen der ihm versagten Genehmigung zur Herstellung eines neuen Brunnens.

Namens der Kommission beantragte der Abg. Muhl als Berichterstatter :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, in Erwägung, daß es Seitens des Abgeordnetenhauses er in der Sißung vom 15. März 1883 aus auch jeßt noch zutreffenden Gründen für un- zweckmäßig erachtet ist, die nah dem Dra unan zulässige Beschränkung der Eigenthumsrechte der Heilquellen-Nachbaren durch allgemeine geseßlihe Bestimmungen zu es und es im Uebrigen nicht Sache des Abgeordnétenhauses ist, Anfragen, wie der Petent sie in seiner Petition gestellt hat, zu beantworten, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. :

Das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei.

Es folgte die Berathung einer Petition des Magistrats zu Hildesheim, betreffend die Reinigung der den Ge- rihts8behörden vorzuführenden Gefangenen.

Namens der Kommission beantragte der Abg. Olzem :

. Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, über die Petition

zur Tagesordnung überzugehen. : O

Der Abg. Möllmann schlug Dageten vor, daß die Petition der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen werde.

__Der Regierungskommissar Geh. Ober-Reg.-Rath von den Brinken bat, es bei dem Vorschlage der Kommission zu belassen. Die Materie sei für den Staat dahin geordnet, daß die Reinigung A „Jus en der Gefängnißverwaltung be- orgt werde. s

Die Abgg. von Bis\arck (Flatow), Mooren und von Rauchhaupt traten gleichfälls für den Kommissionsantrag ein, während die Abgg. Dr. Sattler und Zelle den Antrag des Abg. Möllmann vertheidigten.

Die Debatte wurde hierauf geschlossen und der Antrag der Kommission untex Ablehnung des Antrags Möllmann an- genommen.

Bei Schluß des Blattes berieth das Haus die Petition von Wenkstern zu Alfstedt, Kreis Lehe, betreffend die Ab- lösbarkeit des Lehnsverbandes.

Ein Aktien-Jndossament, gleichviel ob ein Voll- oder ein Blanco - Fndossament, fällt nach einem in Ueberein- stimmung mit seiner bisherigen Rechtsprehung ergangenen Urtheil des Reichsgerihts, IV. Civilsenats, vom 11. Ja- nuar d. FJ., Untex den Begriff einex Cessions-Urkunde und wird mithin von der in dem preußishen Stempeltarif vom 7. März 1822 für „Cessions-Fnstrumente“ gegebenen Bestimmung (1,50 4 Stempel) getroffen.

__— Der Vertrag, durch welchen Jemand sich verpflichtet, ein von ihm zu erwerbendes Grundstück einem Anderen für einen bestimmten Preis durch Kauf oder Cession (des Nechts auf Auflassung) zu überlassen, unterliegt nah einem Urtheil des Reichsgerihts, IV. Civilsenats, vom 14. Dezember v. J, nicht dem preußishen Kaufwerthsstempel von 1 Prozent. „Die Auffassung des Berufungsgerichts beruht auf dem richtigen, bereits dem Ministerialreskript vom 7. März 1835 zu Grunde liegenden Gedanken, daß, da im Falle eines durch Uebergabe jeßt durch Auflassung noch nicht erfüllten Kaufvertrages der Käufer noch kein Eigenthum an der Sache erlangt hat, der Vertrag, durch welchen er seine Rechte aus dem Kaufgeschäfte an einen Dritten überträgt, kein Kaufvertrag ist, wodurch der eine Kontrahent zur Abtretung des Eigenthums einer Sache sich verpflichtet, sondern Cession der auf das Grundstück erworbenen Rechte, ins- besondere jeyt des Rechts auf Auflassung. Enthält aber der 8. 6 de3 vorliegenden Vertrages die alternative Verpflichtung der Stadtgemeinde zum Verkauf des von ihr zu erwerbenden Grundstücks oder zur Cession der von ihr auf dasselbe zu erwerbenden Rechte, so ist dies zwar ein gültig abgeshlo}sener Vertrag, aus welchem die gegenseitige Einwilligung beider Theile in { "7 eg Bedingungen derjenigen beiden { Rechtsgeshä „K—— Kauf “vder Cession erhellt, welche alternativ den Gegenstand der der Stadtgemeinde obliegenden Vertragsleistung bilden. Allein gerade vermöge dieser dem Verpflichteten offen gelassenen Wahl, somit dem aus der Vertragsurkunde selbst hervortretenden Jnhalte nach, ist dieser Vertrag weder Kauf noch Cession, er gehört vielmehr zu den- jenigen Verträgen, für welche der Stempeltarif einen besonderen Stempel nicht bestimmt hat.“

_ Unter Berücfsihtigung der Gutachten, welhe durch die Verfügung vom 14. März 1884 erfordert worden sind, hat der Finanz-Minister unterm 10. März d. J. den Tarif zur Bezahlung der aus den Grundsteuer-Kataster- larten zu ertheilenden Auszüge oder Kopien und den Tarif zur Bezahlung der behufs Fortshreibung der Grundsteuerbücher und Karten auszuführenden Vermessungsarbeiten festgestellt. Die Tarife werden dur das Amtsblatt publizirt werden. Die auch bisher gel- tende Bestimmung, wonach diejenigen Vermessungen, welche Veränderungen in den Grenzen der Gemeinden u. \. 1. sowie die Beseitigung materieller Jrrthümer zum Gegenstande haben, durch die Kataster-Controleure ohne besondere Entschä- digung auszuführen sind, hat im Art.12 des Gebührentarifs 11 selbst Aufnahme gefunden und bleibt auch weiterhin in Kraft. Ebenso verbleibt es bei der durch die Verfügung vom 24. Dezember 1874 getroffenen Anordnung, daß in ein- zelnen Fällen die Erstattung der auf die Beseitigung materieller Jrrthümer verwendeten baaren Auslagen oder eines Theiles derselben bei dem Minister in Antrag gebracht werden kann, wenn die gedachten Auslagen so erheblich sind, daß deren Bestreitung ohne große Härte von den betreffenden Beamten nicht verlangt werden kann. Hinsichtlih der durch die Kreis-Landmesser im Regierungsbezirk Wiesbaden aus- L Arbeiten der bezeichneten Art, bildet die Erstattung der baaren Auslagen die Regel. Falls es mit Rücksicht auf die in jenem Regierungsbezirk obwaltenden besonderen Verhältnisse erforderlich sein sollte, an Stelle der in jedem einzelnen Falle nachzu- weisenden baaren Auslagen einen Ersay in der Form einer Gebührenbewilligung treten zu lassen, bleibt der Regierung zu Wiesbaden überlassen, dieserhalb Vorschläge zu machen. Zugleich ist zu erörtern, ob und inwieweit etwa die von den allgemeinen Vorschriften abweichenden besonderen Bestimmungen im 8. 8 des für den Regierunasbezirk Wiesbaden bisher gültig gewesenen Gebük,rentarifs vom 17. Juni 1882, die Aufmessung der Hoflagen betreffend, noch ferner aufrecht zu erhalten sein werden. Dagegen, daß es bei der Verfügung des Finanz- Ministers vom 15. April 1878, bezw. bei §8. 41 Nr. 2 der Geschäftsanweisung für die Kreis-Landmesser vom 16. No- vember 1881 verbleibe, waltet ein Bedenken nicht ob.

_— Der Minister des Jnnern und der Minister für Land- wirthschaft, Domänen und Worsten haben an die Negierungs- Präsidenten zu Königsberg, Gumbinnen, Danzig und Marien- werder auf einen Beriht vom 14. Juli v. k unter dem 28. Februar d. J. verfügt, daß die Bestimmungen des 8. 32

kontravention verwirkten Gd strafen von den Lan räthen festgeseßt werden und zu Ortsarmenkassen fließen als nohch gegenwärtig zu Recht bestehend nicht erachtet Werden können, fondern daß die Strafen für Fischereifontraventioney durch die ordentlichen Ortspolizeibehörden, bezw. die etwa

Verwaltung der Fischereipolizei bestellten Staatsbeamten fest: zuseßen und die polizei- bezw. Staatskassen abzuführen sind.

Der Disziplinarhof für Beamte trat heute zu einer Sißung zusammen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Landes-Direktq;

ist hier angekommen.

höchsten Hofe, Graf Shuwalow, hat einen ibm von seine Regierung bewilligten Urlaub angetreten. Für die Dauer de

Graf Mu rawiew als interimistisher Geschäftsträger.

Bayern. München, 23. März. (W. T. B) Jy der heutigen Sißung der Kammer der Abgeordneten wurde angekündigt, daß die Lantagssession bis zun 30. April verlängert worden isi. Für den Neubqy eines Bahnhofs in Regensburg hatte die Kammer der Reih: räthe 2050 000 e bewilligt. Position abzulehnen, dagegen die Regierung zu ersuchen, dey

Die Abgg. Bonn, Rittler und Freiherr von Stauffenberg s; wie die Minister empfahlen die sofortige Bewilligung. Dalle erklärte sih gegen die Forderung, welche \{chließlich mit 8 gegen 66 Stimmen abgelehnt wurde.

Kammer erledigte heute die Petitionen um Erbauung von Eisenbahnen und" Errichtung von Haltestellen zumeist in Üeber einstimmung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer. Ah; weichend von den leßteren waren nur die Entschließungen hinsichtlih der Projekte Limbah—Wüstenbrand und Haltestelle Altmitweida, welche der Staatsregierung, ersteres uach längerer Debatte anstatt zur Erwägung nur zur Kenntnißnahme, Oschag —Strehla, anstatt zur Kenntnißnahme zur Erwägung

Meerane, Haltestelle Neundorf, Freiberg—Großhartmannsdorf— Rauenstein, Freiberg—Hainihen—Mittweida und Flöha—

Frankenberg—Mittweida, beruhen ließ.

die von derselben beantragte Ermächtigung für die Erbauung

und gleichzeitig die Expropriations: C ertheilen, sowie mit der Regierung dez Fürstenthums Reuß j. L. wegen Erbauung von Eisen: bahnen im reußishen Oberlande einen Bau- und Betriebs-Ueberlassungsvertrag abzuschließen. Eine Differen zwischen den Beschlüssen beider Kammern über Ein: stellung einer Dispositionssumme zur Förderung dei Raa wurde durh den Beit1itt zu den

und Adors—Roßba befugniß zu (l

der leßteren angenommenen Antrag auf Einstellung eint höheren Betrages für Wegebau-Unterstüßzungen in den nächsten Etat einstimmig beigetreten.

Württemberg. Stuttgart, 23. März. (St.-A. f. W) Zur Feier des Kaiserlichen Geburtsfestes fand bei dem kommandirenden General des X1III. bergischen) Armee-Corps, General der Jnfanterie von Schacht meyer, ein Festmahl statt, an welchem der Prinz Wilhel mit jeinem Hofmarschall und Adjutanten und zahlreihe hohe Offiziere theilnahmen. Die Toaste auf Se. Majestät den Kaiser brachten aus: bei dem Festmahl im preußischen

von Wesdehlen erwiderte mit einem Toast auf Se. Majestät den König und die befreundeten Fürsten. Jm Ulanen: Kasino wohnten dem Mahle die beiden Herzöge Albre von Württemberg und Wilhelm von Urach, sowi die LOReN Bernhard und Ernst zu Sachsen Weimar bei.

Vaden. Karlsruhe, 23. März. das Befinden des Erbgroßherzogs wird gemeldet: Die gestern Nachmittag aufgetretenen Athembeschwerden steigerten sh bis Abends unter Wiederauftreten des pleuritischen Schmerzes, doch war die Nacht gut. Die Athembeschwerden sind bis Morgens niht mehr aufgetreten, doch sind die ört lichen Veränderungen noch in gestriger Höhe. etwas gestiegen; die Gelenk-Affektion ist gering. 24. Värz. (W. T. B.) Jn der ersten Hälfte der vergangenen Nacht hatte der Erbgroßherzog Schlaf mit bedeutender Temperatur-Herabseßzung; bei Tagesanbruch stieg die Temperatur. Die Pleuritis is unverändert, der Gelenk: schmerz A8 8A.

(Allg. tg.) Die Zweite Kammer berieth am Mittwod

A ai wurde, daß die Finanzlage des Landes zur Vorsicht mahne. Der Finanz-Minister Le ebenfalls, daß künftig mehr gespart werde: man werde nur noch Lokalbahnen bauen, welche in sih eine S aft des Bestandes ane Für den Ankauf der Elzthal ha (Denzlingen Wald-

kirh) waren 700000 F verlangt, wovon 200000

abend genehmigte die Kammer u. A. die Erweiterung dés eines Frauen-Bades. Zur Tilgung der Eisenbahnschuld wurden die geforderten 1750000 # aus Staatsmitteln für

hielt am Sonnabend zwei Sißungen und nahm zunächst den Geset- entwurf, die Zwangserziehung jugendlicher Personen betref L unwesentlichen Abänderungen an. Nach diesem Ge ey können Kinder, deren Erziehung von den Eltern vernat-

A tag werden. Fn Uebereinstimmung mit den Be- schlüssen der Zweiten Kammer genehmigte das Haus sodann

nahme von 35411272 # und einer Ausgabe 22 457 441 M jährlih im eigentlihen Betriebe,

von

der Fischerei-Ordnung für die Binnengewässer der Provin Preußen vom 7. März 1845, nah welchen die G A if S:

trafgelderbeträge an die betreffenden Ort:

nihtrihterlig,

des Fürstenthums Waldeck und Pyrmont, von Saldern |

Der Kaiserlich russishe Botschafter am hiesigen Ale; |

Abwesenheit desselben von Berlin fungirt der Botschafts-Nath |

Der Ausschuß beantragte, dies

nächsten Landtage einen bezüglichen Geseßentwurf vorzulegen, E

Sachsen. Dresden, 23. März. (Dr. F.) Die Erf,

empfohlen wurden, weiter bezüglich der Projekte Curve Mosel—

welche die Erste Kammer auf ih | Die Zweite Kammer beschloß, der Staatsregierung

von Eisenbahnen Zittau—Dybin—Fonsdorf, Chemnißthalbah1

eschluß der Ersten Kammer erledigt und ebenso einem von F

(Königlih Württem: |

Gesandtschafts-Hotel der Staats-Minister der Justiz Dr. von Faber, im Kommandanturgebäude der Gastgeber selbst. Graf [i

(W. T. B.) Ueber

Das Fieber ift

und am Donnerstag das Eisenbahnbau-Budget, wobei

als erste Nate genehmigt wurden. Die übrigen Anforderungen [f wurden meist gut geheißen, darunter auch 115000 4 für Einrichtung der Gasbeleuhtung in den Wagen. Am Sonn Friedrihsbades in Baden durch Neubau eines Armen- und|

jedes Jahr der Budgetperiode bewilligt. Die Erste Kammer |

lä}sigt wird, denselben entzogen und in öffentlichen Anstalten

das Budget der Eisenbahn-Betriebsverwaltung mit einer Ein- |

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. März. (W. T. B.)

Das Abgeordnetenhaus beendete heute die Generaldebatte

“ber das Budget. Der Finanzminister hatte in sehr beifällig D annte Rede die Wünsche und die Einwendungen der Oppositionspartei gegen den Voranschlag erörtert und s{ließ- lich im Namen der gesammten Regierung die Erklärung ab- egeben, daß dieselbe, nah gründlicher R der Grund- lagen für die Stellung des Ministeriums, ohne Nücksicht auf die Shwicrigkeiten, die man demselben bereite, mit gleicher Ausdauer wie bisher die Geschäfte fortführen werde. Selbst wenn die Regierung zurücktreten wollte, könnte do nicht die Minorität ans Ruder gelangen.

24. März. (W. T. B.) Der Erzherzog Karl Ludwig ist an den Masern erkrankt; die Krankheitserschei- nungen zeigen sih in mäßigem Grade.

Meran, 23. März. (W. T. B.) Die Königin Carola von Sachsen ist heute Abend hier eingetroffen.

Pest, 22. März. (Presse.) Der Justiz-Ausschuß des Abgeordnetenhauses acceptirte im Allgemeinen und Speziellen den Gesebß entwurf, betreffend die Modifizirung einiger Bestimmungen des Geseßes betreffs des Finanz- Verwaltungsgerichtshofs. Bei der Detailberathung wurde ausgesprochen, daß die Mitglieder des Finanzgerichts- hofs den Gehalt eines Richters der Königlichen Tafel genießen, doh den Nang eines Kurialrichters haben. i Jn der heutigen Sißung der kroatischen Regnikolar- Deputation wurde die Spezialdebatte fortgeseßt. Die De- batte dürfte im Laufe dieser Woche beendet werden; hierauf erfolgt die endgültige Redaktion und die Uebergabe des Nuntiums an die ungarische Regnikolar-Deputation.

Niederlande. Haag, 23. März. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat die Wiederherstellung des Diffe- rentialtarifs im Verkehr mit Niederländish-Jndien mit 53 gegen 22 Stimmen abgelehnt.

Grofßbritaunien und JFrland. London, 22. März. Allg. Corr.) Dem heutigen Geburtstage des Deutschen Kaisers widmen fast sämmtlihe Morgenblätter sympathishe Artikel. Die „Morning Post“ feiert den greijen Monarchen als einen ehten Friedensfürsten, der seine Siege für die Wohlfahrt der Menschheit und den Weltfrieden ausnüßzte. Der „Daily Telegraph“ schließt einen herzlichen Glückwunschartikel, wie folgt: „Ganz Deutsch- land ruft heute: „Der Kaiser lebe hoh!“ Wir glauben, daß die große Mehrheit von Engländern mit uns einjtimmen wird in dem Ausrufe: „Gesundheit und langes Leben dem großen und guten alten Deut)chen Kaiser“ E

Die Regierung hat einige wihtige Vorschläge zur Neform dex Geschäftsordnung des Hauses der Gemeinen gemaht und dieselben dem jüngst nieder- eseßten Geshäftsordnungs-Ausshuß zur Begutachtung unter- reitet. Darnach sollen alle öffentlihen Vorlagen, mit Aus- nahme der Finanzbills, nah der zweiten Lesung an ständige Kommissionen des Hauses verwiesen werden, welche zum Be- ginn der Session von dem Wahlausshuß gebildet werden. Das Haus soll am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag um 2 Uhr Nachmittags zusammentreten und mit einer Unterbrehung von 7—9 Uhr bis 1211/4 Uhr Nachts tagen. Am Donnerstag und Freitag sollen die Nach- mittagssißzungen den Geschäften der ständigen Kommissionen gewidmet sein, während das Haus zur Erledigung der ordent- lihen Geschäfte um 9 Uhr Abends zusammentreten soll. Jm Juli oder August soll sich das Parlament vertagen und im Oktober oder November zu einer kurzen Herbstsession zu- sammentreten. Jnterpellationen sind schriftli anzumelden. Ausgenommen von dieser Regel sind nur Anfragen, die sich auf die Geschästsordnung beziehen oder zur Ausf- klärung einer bereits ertheilten Antwort gestellt werden. Sehr dringliche Jnterpellationen sind mit Genehmigung des Sprechers ebenfalls ohne vorherige Anmeldung statthaft. Der Sprecher wird ermächtigt sein, eine Abstimmung unter Um- ständen durch bloßes Erheben der Abgeordneten von ihren Sizen vorzunehmen. Da eine förmliche Abstimmung nach dem gegenwärtigen System oft 20 Minuten in Anspruch nimmt, is die erwähnte Regel eine sehr nüßliche. Ein An- trag auf Vertagung des Hauses vor der Erledigung fämmt- licher auf der Tagesordnung stehenden Fnterpellationen darf nur mit der allgemeinen Zustimmung des Hauses gestellt werden, während gegenwärtig ein solher Antrag nur von 40 Mitgliedern unterstüßt zu werden braucht. Dem Ausschuß ist anheimgestellt, Vorschläge darüber zu machen, welhe Form die Adresse zur Beantwortung der Thronrede haben soll. Die frühere Regierung beabsichtigte die Beantragung von Amende- ments zu der Adresse zu unter)agen. :

Lord Riddlesdale hat sein Amt als dienstthuender Kammerherr der Königin und Mitarbeiter im Ministerium des Innern niedergelegt, weil er die irische Politik der Regierung nicht billigt. j L

Von der afghanishen Grenze wird aus Teheran, unter dem 18. März gemeldet: Sir E Ridgeway und Oberst Kuhlberg, der Chef der russischen Grenz- regulirungs-Kommission, trafen am 10. ds. in Marutschak zusammen. Die Errichtung der Grenzpfähle ist bis zu jenem Punkt vollständig. Die Kapitäne Gore und Talbot haben in der Vorbereitung von Karten für die ganze Strecke östlich von Marutschak bis zum Endpunkte am Oxus gleichfalls ihre Ar- beiten beendigt. Der Gouverneur von Herat befindet si in Bala Murghab. M. Lassar is noch immer un-

äßlich. du E 24. März. (W. T. B.) Am 30. d. M. findet unter dem Borsit ‘des Lord-Mayors ein Meeting der City- wähler in der Guildhall statt, um gegen die Errichtung eines besonderen Parlaments in Dublin Protest

einzulegen.

Frankreich. Paris, 23. März. (W. T. B.) Die Rechte der Deputirtenkammer hat beschlossen, für die Budget-Kommission keine Kandidaten aufzustellen, sie wird vielmehr am Donnerstag eine öffentliche Erklärung an die Steuerzahler erlassen. L j as

(Fr. C.) Die „Corr. Havas theilt aus einem Privatbriefe aus Saigun Folgendes mit: ;

Wenn auch die aus Annam eingelaufenen Nachrichten eine ruhigere Zukunft hoffen lassen, fo gehen im Gegentheil die Dinge în Kambodsa einen s{le{chten Gang. Nach dem Vertrage von 1863, welcher den König Norodom nicht wie einen Beschüßzten, sondern wie einen Verbündeten betrachtete, waren die Be iehungen zwischen Franfk- reih und Kambodscha stets die freundschaftli sten gewesen. Eine Leib- garde von 20 Mann genügte dem Residenten in Pnum-Penh. Die Bevölkerung von Kambods a konnte dazu dienen, der annamitischen Rafse, die von Tag zu Tag gefährlicher wurde, ein Gegengewicht ent- gegenzustellen. Seit 1879 aber hat die franzöfische Politik in jenem

Lande si gänzli umgestaltet. Nicht blos damit hat man sih begnügt, Kambodscha die französische Herrschaft aufzudringen; man hat diese Petiai noch strenger gemacht, und die Kambodschaner, welche gegen eine bloße Schutzhoheit niemals etwas eingewandt hatten, haben sich gegen die Unterdrückung empört. Man würde irren, wenn man sich mit der Hoff- nung \chmeichelte, die Schwierigkeiten zu überwinden mit der Fort- seßung der Politik, welche dieselben hervorgerufen hat. Einige wenige Maßregeln würden besser wirken als die Absendung einer gewissen Anzahl von Bataillonen, um die Ruhe wieder herzustellen. Diese Maßregeln sollten darin bestehen, den König Norodom etwas würdiger zu behandeln, den französishen Einfluß auf eine freundschastliche und niht angreifend vorgehende Schußhoheit zu beschränken und endlich das Voll von Kambodscha zu begünstigen, statt es durch die Annamiten vernichten zu lassen.

Jtalien. Rom, 23. März. (W. T. B.) Die De- putirtenkammer hat ae mit 196 gegen 49 Stimmen die von der Regierung beantragten finanziellen Maß- nahmen genehmigt.

Ruvßland und Polen. St. Petersburg, 23. März (W. T. B.) Es ist ein Gesetz veröffentlicht worden, wonah die durch Loos in den Militärdien st eintretenden Per- sonen, welche den Kursus einer Lehranstalt erster oder zweiter Kategorie absolvirt haben, zwei Fahre aktiv und drei- zehn Jahre in der Reserve dienen sollen. Die Frei- willigen werden demgemäß fortan nah threr Bildungsstufe in zwei Klassen eingetheilt, von denen die ersie Klasse ein Jahx, die zweite Klasse zwei Jahre akiüiv zu dienen hat.

Da in dem Reglement für die Organisation des bäuerlichen Wesens in den Kron-Domänen der baltishen Gubernien, vom Jahre 1869, die Nothwendig- keit vorgesehen war, das Reglement auch auf die besonders gestellten Kron-Domänen anzuwenden, ist der Domänen- Minister mittelst Kaiserlihen Ukases vom 3. März beauftragt worden, beim Reich3rath einen ent- sprechenden Entwurf einzubringen in Betreff von 923 Kron-Gütern, welhe von dem Kaiser Paul und dem Kaiser Alexander I. der baltischen Ritterschaft zur frist losen Verwaltung behufs Unterhalts der ritterschastlichen Beamten und überhaupt für kommunale Erfordernisse ver- liehen waren. Da der Adel in einigen dieser Güter bereits um Verkauf des bäuerlichen Landes geschritten ist, verordnet ber Kaiserliche Ukas, den Verkauf bis zur Erledigung des erwähnten Entwurfs einzustellen.

924. März. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbour g“ schreibt zur Richtigstellung der irrigen Mittheilungen, welche in der Presse des Auslandes über die Haltung Rußlands bezüglich des türkisc- bulgarishen Abkommens enthalten seien: Man habe den Boden für eine friedlihe Verständigung in der von dem bulgarishen Minister des Aeußeren, Zanoff, vor- geschlagenen Redaktion zu finden geglaubt, wonach der Fürst, der in Bulgarien regiere, gleichzeitig auch General- Gouverneur von Rumelien 1n Gemäßheit des Art. 17 des Berliner Vertrages sein solle. Der Fürst aber habe Zanoff desavouirt, und gegenwärtig liege den Mächten außer der Frage, ob es sich um cine Ernennung ohne Frist oder um eine solhe in Gemäßheit des Berliner Vertrages handeln solle, auch noch die Frage zur Prüfung vor, inwieweit es zulässig lst, daß der Fürst Alexander sich auf Grund eigener Autorität den einstimmigen Beschlüssen Europas entgegenstellen darf; die Prätension des Fürsten Alexander, auf gleichem Fuß mit Europa zu verhandeln, sich selbst als Schiedsrichter nah feinem Belieben auf- zustellen diese Ansprüche sind keineswegs geeignet, das Vertrauen zu rechtfertigen, welhes man dem Fürsten beweisen “würde, indem man ihn ohne Frist und Kontrole zum General-Gouverneur wählte. Wenn man dies gestatte, jo könnte er daraus leiht die Ueberzeugung schöpfen, daß man nur Europa zu troßzen brauhe, um es zum Zurü@weichen zu bringen und Gott weiß, zu welchen Ansprüchen ihn solche Ueberzeugung noch führen könne. Diese Seite der Frage ist um jo ernster, als eine Mißachtung der Beschlüsse Europas auch auf die Griechen zurückwirken muß; so lange diese sehen werden, daß der Fürst Alexander sih an die Beschlüsse Europas nicht kehrt, so lange sie hoffen fönnen, daß aus dem Verhalten d-es Fürsten Alexander neue Verwicelungen hervorgehen, so lange werden sie sich in keiner Weise beeilen, diplomatischen Vorstellungen Gehör zu geben.

4 Der diesseitige Botschafter in Wien, Fürst Lobanoff, ist gestern hier angekommen.

General Nikitin, Kommandant der Truppen des Wilnaer Militärbezirks, is zum Mitglied des Krieg3- raths ernannt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 23. März. (W. T. B.) Eine Meldung des „Reuterschen Bureaus“ besagt: Die gestrige Nachricht des „Standard“ bezüglich der sofortigen Ab- berufung Sir Drummond Wolffs entbehrt jeglicher Begründung. Nachdem der frühere Khedive, Jsmail Pascha, und mehrere Mitglieder der Familie des Khedive einen Bi ozeß bei den einheimishen Berichten wegen Za h [lung eines Betrages von über 5 Millionen Pfd. Sterl. ange- strengt, haben die General-Konsuln die Forderungen aus eigener gnitiative geprüft und erklärt, daß hier eine Verleßung des Liquidationsgeseßes in Frage komme, indem die einheimischen Gerichte nicht genügende Garantie böten für eine unparteiische Rechtsprechung. Die Konsuln beschlossen, persönlih bei Nubar Pascha identishe Schritte zu thun und die Vertagung des Prozesses zu verlangen, bis sie von ihren Regierungen Fn- struktionen erhalten hätten bezüglih Verweisung der E rungen an den internationalen Gerichtshof. Man glaubt, die Mächte werden dem Khedive rathen, die Verweisung durch ein Dekret anzuordnen.

ZeitungsSstimmen.

Die „Weser-Zeitung“ schHreibt zum Geburtstage des Kaisers: :

E Geschichts\chreiber der Zukunft, welcher einem Publikum kommender Jahrhunderte die Geschichte unferer Tage darzulegen hat, wird eines der charakteristischen Merkmale in der Entwickelung der deutschen Geschichte seit dem großen Umschwung, der mit dem Jahre 1866 zum Ausdruck kam, nicht entgehen. Es is dies die Beständigkeit in der Persönlichkeit der leitenden Männer, in- mitten des beständigen Wechsels von Menschc:: und Dingen. Der Kaiser und neben ihm Bismarck und Moltke, die Männer, welche vor zwanzig Jahren die Riesenlast der großen historischen Ereignisse vor Allem trugen, sie stehen auch heute h) auf ihren Posten; sie, die vor zwei Decennien im Vordergrunde der Weltbühne standen, sind au heute noch die Persönlichkeiten, auf welche Europa

als die bervorragendsten Männer der Zeit blickt. Und do streifte der Kaiser hon damals die Grenze, welche die Schrift als das dem Menschen gewährte Maß hoher Lebensdauer bezeihnet. Graf Moltke näherte sich ihr, während Fürst Biêmar allerdings erst in das gereiftere Mannesalter eintrat. Die Zukunft wird die Wirkung dieser seltenen Fügung, daß der Kaiser und seine ersten Paladine im Rath und im Felde nunmehr {on ein halbes Menschenalter die Großthat ihres Lebens über- dauert haben, und zwar nicht als müßige Beschauer gethaner Arbeit, sondera noch thâtig mitwirkend am Webstuhl der Zeit, noh deutlicher erkennen, als die Gegenwart; sie wird die Eigenartigkeit, welche Deutschlands Entwikelung dadur erhalten, deutlicher ermessen, sie wird \chärfer fassen, welche Eindrücke dieselbe auf der ersten Gestal- tung des neuen deutschen Kaiserreichs zurügelassen und welche Rich- tung sie ihm für eine längere Folgezeit gegeben hat. Bei der durh- aus monarchistishen Veranlagung des Deutschen Reichs ist die erhabene Person des Kaisers von ungewöhnlicher Bedeutung, und der Umstand, daß ein Mann, der mit dem unvergleihlihen Siegesglanze umstrahlt ist, der in treuester Pflichterfüllung ein glänzendes Beispiel giebt, mit diesen Eigenschaften die Würde und Milde des Alters verbindet und dur seine Jahre allein A ehrfurchtsvolle Ergebenheit im Kreife der Fürsten und des ganzen Volkes gebietet, so lange dem Werke, das mit seinem Namen unauflöslih verbunden ift, erhalten bleibt, wird immer eine der merkwürdigsten Erscheinungen in dieser Gpoche sein. Mit jedem Jahre, welches der Regierungêszeit Kaiser Wilhelms I. ih anreiht, wird die Verbindung der Person des Kaisers mit der Schöpfung der Jahre 1866 und 1870 inniger in der Vor- stellung des Volkes, und aus dieser Quelle volksthümlicher Ver- ehrung erwächst dem Kaiser in ungewöhnlicher Stärke die freiwillig gegebene Anerkennung der Suprematie über die mit ihm verbündeten Fursten und Freien Städte. Der Kaiser Wilhelm ist zum Symbol der errungenen politischen Einigkeit Deutschlands geworden; und wenn heute des Kaisers Geburtstag als ein volksthümlicher Festtag dur ganz Deutschland gefeiert wird, so geht die festlihe Stimmung nicht nur aus der hohen Achtung vor den versönlihen Eigenschaften des Kaisers hervor, fondern mit dem Geburtstage giebt das deutsche Volk zugleich der dankbaren Erinnerung an seine eigene Erhebung unter der Führung des Kaisers einen feierlichen Ausdru.

Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ sagt

Die neunundachtzigste Wiederkehr des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers weckt auch im s{hwäbishen Land in allen Herzen die innigsten und aufrichtigsten Gefühle der Freude und des Dankes, daß es dem ehrwürdigen Oberhaupt des Deutschen Reichs vergönnt is, in seltener Frishe des Geistes des Körvers in sein neunzigstes Lebensjahr einzutreten, getragen von der unverbrüchlihen Liebe des geeinten deutshen Volkes. In seiner Person erblickt Europa den sicheren Hort des Völkerfriedens und das deutsche Vaterland sieht in ihm nicht nur mit nie welkender Dankbarkeit den Begründer sciner Macht und Größe, fondern auch das edelste Vorbild aller menschlichen Tugenden. Möge Deutschland das Glück, einen solchen Kaiser zu haben, noch lange erhalten bleiben!

Jn der „Danziger Allgemeinen Zeitung“ lesen wir: a

Es fann faum cine eindringlihere Warnung für Auswanderungs- lustige geben, als die von den deutshen Gesellschaften in den Ver- einigten Staaten Nord-Amerikas regelmäßig am Jahres\hluß veröffentlihten Berichte über ihre im abgelaufenen Jahre Wirksamkeit, welche gleichzeitig ein getreues Bild der

Lage der Einwanderer und verläßlichen Aufschluß

über die Aussichten der verschiedenen Berufsarten jenseits des Ozeans beibringen. Ein sehr instruktives Dokument diefer Art ist der jüngste Beriht der deutschen Gesellschaft in Baltimore, worin wir cinige beherzigenswerthe Winke über leichtfertige Auswanderung finden, auf die wir hier glauben hinweisen zu müssen. Zu den am meisten enttäuschten Einwanderern gehören diejenigen, welche man in Deutschland zu den sogenannten besseren Klassen rech- nete und die nie zuvor harte Arbeit verrichtet hatten. Ein beträcht- licher Theil derselben ist aus früheren Handlungsgehülfen, Beamten und frisch von der Schule weg kommenden Polytechnikern zusammen- gesezt und diese fallen auch meist der bittersten Noth an- heim. Einigen dieser gebildeten Männer und Jünglinge mag es gelingen, als Farm- oder Handarbeiter ein zeitweiliges Unter- kommen zu finden, und von diesen mögen wiederum einzelne, wenn sie gesund und kräftig sind, mit der Zeit cine ihren Fähigkeiten ent- sprechende Stellung auszufüllen im Stande sein; die meisten aber sehen sih gezwungen, sich ins Land zu begeben, wo sie das ohnehin starke Element der „Tramps" vermehren helfen, bis sie der Tod irgendwo von ihrem Elende erlöft, „Es ist wirkli erstaunlih“, heißt es in dem Berichte weiter, „wie wenig man in der alten Heimath die hiesigen Verhältnisse kennt, obshon unsere deutfc- amerikanische Presse niht müde wird, gerade mit Bezug auf Erwervs- fähigkeit wahrheitsgetreuen Aufschluß zu geben.“

Dem „Schwäbishen Merkur“ wird aus Berlin geschrieben : S E /

Die deutschfreisinnige Presse ist mit ihrem Urtheile über die neue Branntweinsteuer-Vorlage \chon fertig, obwohl sie noch keine Ahnung hat, wie dieselbe beschaffen sein wird. Das kann bei dieser Partei nicht Wunder nehmen. Die Thatsache, daß sie felbst un- zählige Mal eine höhere Branntweinbesteuerung gefordert hat, ver- mag sie nun freilih nicht in Abrede zu stellen. Sie suht aber den Widerspruch zwischen ihrer jeßigen ablehnenden Haltung und allen ihren früheren Ertlärungen dadur auszugleichen, daß sie die Losung ausgiebt, fie sci auch jeßt noch für höhere Erträge aus dem Branntwein, jedoch unter der Vorausfeßung. daß gleichzeitig cin voll- ständig gleihwerthiger Betrag an den Zöllen und Steuern auf un- entbehrlihe Lebensmittel nachgelassen würde. Das is eine ganz leicht- fertige Forderung. Das Reich wirthschaftet bekanntlich mit einem großen Defizit, welches darin zum Ausdruck kommt, daß die Einzelstaaten wach- sende Matrikularbeiträge aufzubringen haben und in ihren Staatshaus- halten große Fehlbeträge aufweisen, wie es namentlich in Preußen hervortritt. Au die deutschfreisinnige Partei vermag an den Reichs- oder Staatsausgaben nichts Nennenswerthes zu sparen. Ihre Finanz- politik geht also, wenn sie jede Vermehrung der Neichseinnahmen ab- lehnt, dahin, in voller Gemüthsruhe mit den wachsenden Defizits weiter zu wirthschaften. Das ist doch in der That eine Politik, die zu augenblicklihen Agitationszwecken mit den wichtigsten Staatsinteresfen ein leihtfertiges Spiel treibt.

und

geübte sozialen

Marineverordnungsblatt. Nr. 6. Inhalt* Ver- waltungsdepartement. Inspektion des Torpedowefens. L. Ma- trosen-Artillerie-Abtheilung. Feuerwerker. Feuermeifter (Dek- offiziere). Fünfte Compagnien bci den WWerftdivisionen. Beamten-Unterstützungsfonds. Personalveränderungen.

Eisenbahn - Verordnungs-Blatt. Nr. 9 Inhalt : Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 13. März_ 1886, betr. Statut der Pensionskasse für dice Betriebsarbeiter der Staats- eisenbahnverwaltung.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die im Verlage von Franz Lipperheide (Berlin W., Potsdaumerstraße 38) erscheinende „Illustrirte F rauen-Zei- tung“ bringt in ihrer Nummer 6, X11I. Jahrgangs 1866 (1. Blatt) ein grofics Porträt der Prinzessin Charlotte zu chaumburg-Lippe, der Braut des württembergischen Thronfolgers, Prinzen Wilhelm; ferner eine in Holzschnitt vorzügli® reproduzirie Anficht des malerischen „Alten Markts*" in Stralsund mit dem alterthümlihen Rathhause und der Nicolaikirche, sowie einen ebenfalls den Charakter der Tusch-

zeihnung treffend wiedergebenden Hol;schnitt na einem Genrebilde von Heinrich S{litt: „Nah der Tanzmusik“. Im Text finden wir