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Neichs- und Staatsanzeiger Nr. 96 vom 25, April 1929, S, 4,
fomme die Denkschrift des Fnnenministeriums über den Finanz- ausgleih eiwas spät. Wir verlangen, so betont der Redner, daß die Oberrehnungskammer nicht noch weiter ausgeschaltet werde. Zie müsse neben den Revisionsgesellschaften ein Prüfungsr2cht haben unter möglichster Vermeidung von Doppelarbeit. Schon die Taisache, daß die Oberrehnungskammer die Einsichtsbefugnis habe, sei hoh einzushäben. (Sehr wahr! rechts.) — Jm Haus- halt sei ein Loh von 25 Millionen, weil das Reich diesen Be trag zwar in Aussicht gestellt, aber niht gegeben habe. Es habe sich in die inneren Verhältnisse Preußens eingemischt, indem es ih das Recht angemaßt habe, über die Verwendung diejer 25 Millionen zu bestimmen. — Die Ueberweisungssteuern jollten sich in diesem Jahr erheblich höher stellen; es sei aber zweifel- haft, ob diese Ueberweisungen auch: so hoh ausfallen werden, vie man annehme. Vor allem sei dringendste Sparsamkeit noi wendig, wenn man auch auf an sich vielleicht notwendige staäat- liche Neubauten verzichten müsse. Besonders gelte es, die dringenden Nöte Ostpreußens zu berücksichtigen. Mit Geld sei 8 allein nicht getan. Notwendig seien steuern- und zollpolitische Maßnahmen! (Sehr richtig! rechts.) Fn einem Leitartikei der Daily Mail“ werde von ungeheuren Ersparnissen gesprochen, die in Deulschland gemacht worden seien, Die marfkschreierische Art über das Anwachsen der Bestände der deutschen Sparkassen babe da zu ganz falschen Schlüssen geführt; das gelte niht nur für das Ausland, sondern auch für unser .cigenes Land Man olle an den völlig unrichligen Einheitsbewertungen nicht vou itbergehen, wenn man über das deutsche Volksvermögen spreche. Der Redner beschäftigt sih sodann mit den Pariser Verhand- (ungen und bedauert, daß der Kampf der deulschen Sach- verständigen so sehx erschwert worden se. Jedenfalls, wenn die Berhandlungen scheitern sollten, sei das nicht ein allzu großes Unglück. Eine Katastrophe wäre es jedo, wenn Deutschland sich zu Leistungen verpflichten würde, die wirtshaftlih untrag Var elen.
Das Haus unterxbricht hierauf die Aussprache, um die weite Beratung der Gewerbesteuer fortzuseßen.
Es wird zunächst die namentliche Abstimmung zum § 3 dex Vorlage wiederholt, bei dem sich am Vortage die Beschlußunfähigkeit des Hauses herausgestellt hatte, da
die Opposition keine Karten abgegeben hatte, Die Be- stimmung, über die abgestimmt wird, Pri E Der
längerung des geltenden Geseßes um ein Fahr aus, (Es iverden insgesamt 306 Karten abgegeben. Mit Fa stimmen 210, mit Nein 96 Abgeordnete. Es beteiligten sich diesmal zie Wirtschaftspartei, die Deutsche Volkspartei und die Christ- lichen Bauern, Sie gaben Nein-Karten ab, ebenso die Kom- munisten, die schon am Vortage sih an der Abstimmung beteiligt hatten. Der Versuch, wiederum die Beschluß- infähigkeit des Hauses herbeizuführen, war damit gescheitert. Die Bestimmung, die die Verlängerung des bestehendes Ge sebes ausspricht, war angenommen.
Auch § 4 des Geseßpes, der bestimmt, daß das Geseh mit dem 1. April 1929 in Kraft tritt, wird angenommen, womit die zweite Lesung der Gewerbesteuer erledigt ist. °
Es folgt die namentliche Abstimmung über den fom- munistishen Mißtrauensantrag gegen den Finanzminister, dec mit der Verbindung der Preußenkasse mit dex Raiffeisenbauk begründet worden ist. Die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei be- teiligten sih nicht an der Kartenabgabe. Das Mißtrauens- votum wird mit 207 Stimmen dex Regierungspauteien gegen 70 Stimmen dexr Kommunisten und kleiner Gruppen bei 15 Enthaltungen der Wirtschaftspartei a bgelehnt,
Es folgen die Abstimmungen zux zweiten Lesung des Fultusetats, Bei den dauernden Ausgaben des Ministeriums liegt ein deutschnationaler Antrag vor, statt 34 Ministerialräte nur 32 zu bewilligen, Nach der einfachen Abstimmung, bei der Kommunisten, Rechtsparteien und die tfleinen Gruppen für den deutschnationalen Antrag aufstehen, exklärt Vizepräsident Dr. Wiemer den deutschnationalen Autrag für angenommen, worauf bei den Regierungs- parteien stürmische Entrüstungskundgebungen Und Rufe „Schiebung“ ertönen, die für die nächsten Minuten den weiteren Abstiznmungsverlauf unverständlich machen. Die Regierungsparteien wollten offenbar zum Ausdruckck bringen, daß der deutschnationale Antrag in dex Tat keine Mehrheit gesunden habe.
Jm übrigen werden die Haushaltstitel festgestellt, Den tfommunistishen Antrag auf Strei hung dev Mittel füx die Kirche wird in namentlicher Aba
stimmung mit 233 gegen 46 Stimmen der Antragsteller a h - gelehnt,
Annahme finden Ausschußanträge, die u. a. einen neuen Titel mit 25000 RM für die Einrichtung - eines ZFustituts für geschichtswissenschaftliche Fortbildung vorsehen. Weiter angenommene Ausschußanträge erhöhen die Mittel für Musikpflege um 25000 RM auf 95 000 RM und die Bedürfniszuschüsse für die staatlichen öffentlichen höheren Schulen um 130 000 auf 30 709 860 RM. Dev Auss{uß antrag, der die Zuschüsse für private höhere Schulen für die weibliche Jugend um 500 000 auf 1,8 Millionen Mark kürzen
wollte, wird abgelehut, Weiter findet ein Entshließungs- antrag des Hauptausschusses Annahme , der das Staats=-
ministerium ersucht, den Neubau der Universitäts-Frauen- klinik in Königsberg, für den die Mittel für Grund Und Boden bereits vorgesehen sind, möglichst bald in Angriff zu nehmen und die erste Baurate in den nächsten Haushalt ein- zustellen. Neu eingestellt wird ein erster Teilbetrag von 100 000 Mark für den Neubau eines Absonderungshauses an der Universität Göttingen. Dex volksparteiliche Antrag auf Erhöhung der Mittel für die Landesbühnen-Organi- sation um 800 000 auf zwei Millionen Mark wird gegen die Antragsteller abgelehnt.
Abgelehnt wird der deutshnationale Streichung der 1,1 Million für die pädagogische
Antrag auf Akademie in
Bonn, ebenso der wirtschaftsparteiliche auf Kürzung dieser Mittel. Das gleiche gilt für entsprechende Anträge füv die
pädagogischen Akademien in Frankfurt a. M., Elbing und Kiel, so daß cs überall bei den Etatsansäßeun bleibt, An- genommen wird cin kommunistischer Antrag, dem Landtag eine statistishe Erhebung über die soziale Herkunft und Lage der Akademieschüler in Preußen vorzulegen. Der sozial- demokratische Antrag, möglichst noch 1929 in Berlin eine pädagogische Akademie zu errichten, auf der jeder ohne Rük- sicht auf seine religiöse oder weltanschauliche Stellung aus- gebildet werden könne, geht an den Unterrichtsauss{huß.
Die Abstimmungen über die übrigen Ausshußanträge sollen später erfolgen. Die angefochtenen Titel des Kultus- etats sind damit erledigt.
Das Haus seyt die Aussprache zux zweiten Berätung dex Allgemeinen Finanzverwaltung fort,
Abg. Dr. Leidig (D. Vp.) betont, die 25 Millionen, die als Abschlagszahl ing des Reiches für die preußischen Forderungen béreits in den Etat eingesezt waren, müßten nah den neuerlichen
Dispositionen des Reichs wieder entferut werden, so daß mai von einem Ausgleich im preußischen Haushalt noch nicht sprechen fónne. JFmmerhin sei zu beachien, daß der preußische Etat ab- hängig sei vom Reichshaushalt, es sei heute das Verhâltuis das umgekehrte wie vor dem Kriege. Die Volkspartei habe gegen den vorliegenden Haushaltsplan im allgemeinen nichts ein- zuwenden. Allerdings fordere die Beamtenpolitik auch beim Finanzetat die Kritik heraus. Hier lasse der Finanzminister die wünschenswerte Objektivität vermissen. Er hoffe, daß der Minister, gegen dessen Persönlichkeit sonst in keiner Weise Ein- wendungen erhoben werden könnten, auch hier einer Besserung zugänglich sei. (Heiterkeit.) Was die Verhandlungen in Paris anginge, so sel das, was man unterschreibe, ein Wechsel, den man einlösen müsse. Deshalb dürfe man nux das unterschreiben, was man leisten könne. Zwischen der Auffassung des preußischen Ministerpräsidenten, der man in jeder Weije zustimmen konnte, und der des Reichskanzlers Müller scheine hier eine gewi|je Jnkongruenz zu bestehen. {Fedenfalls hänge die Gestaltung auch des preußischen Etats von der Entwicklung der wirischastlichen Verhältnisse ab. Durch weite Kreise gehe ivieder eine _Furcht vorx einer neuen Juflation. Schuld daran seien die falschen wirtschaftlichen Maßnahmen. Die Transferklausel sei jedenfalls von ausschlaggebender Bedeutung. Parker Gilbert sei hier auch der Vertrauensmann für Deutschland und müsse die T rans|er- bestimmungen im Interesse dex Sicherung der deut}chen Währung in Anwendung bringen, sobald die Notwendigkeit es erheische. Bei Verwendung der Auleihe dürfe der Finanzminister nicht allein die Frage entscheiden, welche Aufgaben dringlich seten, hier müsse der Landtag mitentscheiden. Hier könne die Auffa}ung doch auseinandergehen. Was die Stellung der staatlichen Gesell- haften, wie der Preußag usw., angehe, so sei es richtig, daß man sie beweglicher gemacht und von fameralistischen Hemmungen befreit habe. Jhre Geschäftstätigkeit müsse aber etner stärkeren Kontrolle durch das Parlament unterliegen. Wenn man später lediglich über Geschäftsberichte sich unterhalte, so habe das nicht allzuviel Zweck. Es müßten zux rechten Zeit wichtige Dinge, vielleicht in einem besonderen Auss{chuß des Landtags, zur Be- sprechung gelangen, solange man noch Einfluß auf die Gestaltung nehmen könne. Allerdings dürften diese Dinge nicht parteipolitish angefaßt werden. Wir müssen guch vevsuchen, lte 9% Millionen Fehlbetrag cinzusparen, Das set bejonders bei Bauten möglich, z. B. bei den pädagogischen Akademien. Bei Kliniken, die hygienisch nicht einwandsrei seien, dürfe man aller- dings nicht sparen. Jm Übrigen zurück zur altpreußichen Sparsamkeit!
Abg. Beckerx-Wilmersdorf (Komnm.) wendei sich dagegen, daß die werktätigen Massen die Reparationslasten aufbringen sollen. (Das Haus hat sich inzwischen völlig geleert. Auch von Mitgliedern der Kommunistischen Partei ist außer dem Redner niemand im Saal.) Weiter kritisiert der Redner eingehend die staatliche Elektrizitätswirtschaft und erklärt, „staatliche ind fom- munale Betriebe ordneten sih heute {on völlig unter die (Ein- flüsse des privaten Großkapitals. Die ztommunistische Partei werde gegen die kapitalistische Staais- und Finanzpolitik Preußens, die einer Diktatur des Großkapitals auf allen Gebieten gleichkomme, mit allen Mitteln ankämpfen. (Fnzwischen hat sich wieder eine Reihe von Abgeordneten int Saal eingefunden.)
Abg. Haase - Liegniß (Wirtsh. P.) hebi hervor, daß die diesjährige Beratung des Haushalts der Finanzverwaltung in eine ernste und recht ungewöhnliche Zeit falle. 7Fn den Staats- und Reichskassen sei Ebbe. Die 1924 noch vorhandenen erheb-
É c e ee . ; » «Ci o Narilor lichen Ueberschüsse seien inzwischen zfgeseßt, und die „Pariser Reparationsverhandlungen hätten bisher zu keinem Ergebnis
geführt. Das Kapital trete in Deutschland eine Herrschaft an ivie niemals in dex Vergangenheit. Die Großbanken brachten heute der Staatsregierung gegenüber schon den Mut auf, für die Stüßung der Staatsfinanzen erheblihe Gegenforderungen Zu stellen. Parker Gilbert habe in seinem Reparationsberiht auch darauf hingewiesen, daß cine der Ursachen des Wohnungselends die geringe Beteiligung des Privatkapitals sei. Diesen Borwur} müsse das Privatkapital abweisen, weil es durch die Zwangs- wirtschaft nicht in die Lage verseßt sei, aktiver mitzuarbeiten. Man billige dem privaten Hausbesiß noch nicht einmal Ms für Reparaturarbeiten zu, obwohl selbst an den G DER O öoffentlihen Hand nah dem Kriege bereits für mehx als 10 Mi s lionen Reparaturen notwendig gewesen seien. Wenn „man jet erstrebe, den Bürobetrieb der Behörden gu modernuisieren, o müßte man da bedeutend schneller arbeiten. Wie auf diesent Gebiete noch alles im argen liege, habe u. a. der Langkopp- Prozeß ergeben, 100 festgesteUt wurde, daß Langkopp einmal dret
Tage lang vergeblich im Wartezimmer gese]sen habe. Eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der angeblich gun]tigen
Lage Deutschlands in Paris habe die Feststellung der neuen Einbeitswerte, die viel zu hoh eingeschäßt worden seten, gespiett. Dem Osten sei nicht zu helfen mit Zuwendungen oder N, lungen, sondern nur dadurch, daß man dem östlichen Handwerk und der östlihen Fudustrie Absaßgebiete schafse. Zum Schluß fordert dex Redner eine möglichst schnelle Neuregelung des ï î 1 1507 +544 + » 20 a Polizeilastenausgleichsgesebes, da die Polizeilasten in einzelnen Gemeinden zu einer ungeheuren Steigerung der Reallsteuern aeführt hätten. : E Finanzminister Dr. H0PÞ ex AschMho7!: Große Anfrage Nr. 53 der Abgeordneten von Winterfeld und Genossen. Die Behauptung, die Preußische Zentralgenossenschaftskasse habe ihre Zinssaße von f vH auf 734 vH erhöht, ist ungutreffend. Die von der Preußischen Zentralgenossenshaftstal[|e vorgenommene N n - regelung der Zinssäße hat, für das gesamte Kredit- Z L if ck So C oro mile r engagement berechuet, gegenüber dem Stande vom 31, Dezember 1927 cine Erhöhung von 0,08 vH, gegenivber dem vor Junkrafttreten der Neuregelung eine Erhöhung um Damit erledigt sih die Be-
Jh beantivorte Dr.
zunächst die
Stande Un-
mittelbar 0,2 bis 0,8 vH zur Folge gehabt, hauptung, die Preußische Zentralgenossenschaftsfasse habe durch die Neuregelung eine Mehreinnahme an Zinsen von 5 Millionen Mark, sowie das Bedenken, daß das Zinsniveau der gesamten deutshen Wirtschaft einen neuen gefährlichen Antrieb nach oben erhalten habe.
Die Gründe der Zinserhöhung liegen, wie der Herx Präsident derx Preußenkasse bereits neulich im Hauptauss{chuß ausgeführt hat, einmal in den veränderten Finanzierungsmöglichkeiten der Au stalt — Rückgang furzfristiger Personalkredite der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt zu Vorzugsbedingungen, für die bei der Anspannung des Geld- und Kapitalmarktes ein Ersaß in ander- weitigen billigen Kreditquellen nicht zu finden war, Rückgang der Ueberziehungen durch Rückzahlungen und Umwandlung in ge- nehmigte Kredite — sowie in der Notwendigkeit, für die Anforde- rungen, mit denen die Anstalt anläßlich der Rationalisierung des ländlichen Genossenschastsivesens, insbesondere in Verfolg der Liquidation der Deutschen Raiffeisenbank A.-G, und der genossen- \{haftlihen Unternehmungen des Reichslandbundes sowie in Ver- folg der Bereinigung des genossenschaftlichen Kreditengagements in den östlichen Landesteilen zu rechnen hat, die erforderlichen Rückstellungen zu s{chaffen.
Die Erhöhung von 7 vH auf 74 vH hat nux einige innerhalb Gesamtengagements nicht erhebliche Kreditteile betroffen. Die Auswirkung dieser Erhöhung wird für cine Reihe von Ver- bandskassen durch die gleichzeitige Umwandlung von Ueber
des
ziehungen in genehmigte Kredite nahezu ausgeglichen. Dies gilt
insbesondere für die ostpreußischen Verbandskassen.
Aus dem Bericht vex Preußenkasse für das Fahr 1928, der ja
demnächst nunmehr auch dem Landtage vorgelegt werden wird, ergibt sih, daß im Laufe des Rehnungsjahres 1928 die Kredit= einräumungen um 45 Millionen erhöht worden sind. Das be=- deutet natürlih eine Ermäßigung des Zins\saßes, da ja für Ueberziehungen bekanntlih ein viel höherer Zins gerehnet wird als für die Kreditinanspruchnahme innerhalb dex Kreditein- räumung. Jh habe - neulich schon in anderem Zusammenhange darauf hingewiesen, daß wir Kreditüberziechungen zurzeit nicht mehx haben, sondern daß dank weitherziger Krediteinräumung »urgeit alle geforderten Kredite innerhalb der Krediteinräumung liegen und daher den geringeren Zinssaß haben. Der Durchschnitt der von der Preußischen Zentralgenossen- schaftsfkasse im regelmäßigen Kreditverkehx berechneten Zinssäße lag bisher unter dem Diskontsay der Reichsbank, Diese im Ver=- gleih zu den Säßen des Geldmarkts günstigen Bedingungen haben zu ciner Zinsermäßigung bei den leßten Kreditnehmern nit geführt. — Dex diesên berechnete Zinssaß hat sich vielmehr durchiveg den Bedingungen des örtlichen Geldmarkts angepaßl. Die bisherige Zinspolitik dex Preußischen Zentvalgenossenschast§- lasse hat demnach nicht den Kredit für den Einzelschuldner billiger, sondern nur die Zuschläge der genossenshaftlichen Zwischenstellen höher werden lassen. Die Preußische Zentralgenossenschaftskasse hält einen Abbau dex genos{enschaftlichen Zinsspanne für ev- forderlich und möglich, Sie hat daher mit der Zinserhöhung die Bedingung verbunden, daß diese eine Erhöhung der Säße für den leßten Kreditnehmerx nicht zur Folge hat,
Im Januar dieses Fahres hat die Preußische Zemutral- genossenschaftskasse eine Reduzierung ihrer Zinssäße in Höhe des Reichsbankdiskonts vorgenommen, obgleih die von ihr auf= genommenen Kredite cine Verbilligung im gleichen Umfange nicht erfahren haben.
Eine Veranlassung, die Zinsregelung rückgängig zu machen, liegt daher nach Auffassung des Staatsministeriums nicht vor.
Meine Damen und Herren, ih darf dann noch einige Ausa führungen in Beantwortung der Fragen machen, die heute im Laufe dexr Aussprache an mi gestelit worden sind, Jh stimme mit dem Abg. Dr. von Kries vollkommen darin überein, daß es
feine erfreuliche Angelegenheit ist, beim Haushalt der allck gemeinen Finanzverwaltung hier im Plenum zu reden. Die Fragen, die hier zur Erörterung stehen, sind in der Regel mit
einer Fülle von Zahlen verbunden, und solche Zahlen vorzu» tragen, ist unzweifelhaft der Hauptausshuß der besve Ort. Fch habe daher auch bereits im Hauptauss{chuß eine ausführliche Dar- stellung der Finanzlage des preußisishen Staats nah dem Stand des Jahres 1928 und der künftigen Entwicklung, wie ih sie sehe, gegeben, Jch darf auf diese Ausführungen hier Bezug nehmen.
Der Abg. Dr. von Kries hat dann einige Aus führungen gemacht über den Finanzausgleih oder — besser ge= sagt — übêr das preußische Ausführungsgeseß zum Finanzausgleich, Auch hier kann ih mich beschränken, da wix uns heute abend im Hauptausschuß mit dieser Materie zu befassen haben. Jch möchte wux auf eins hinweisen, nämlich auf die großen Schwierigkeëven, die in dieser Frage liegen und für die ein Beweis ja auch die umfangreiche, eingehende Denk=- \chrifi des JFnnenministeriums darstellt. Wenn der Herr Ab- geordnete Dr. von Kries meinte, daß diese Denkschrift bereits vor aht Wochen fertiggestellt gewesen wäre und daher dem Land- tag hon früher hätte vorgelegt werden können, so darf ih darauf erwidern: es mag richtig sein, daß der erste Entwurf dieser Denkschrift schon vor einigen Wochen im Funenministerium fertig- gestellt war; aber es mußten doch auch Verhandlungen mit den beteiligten Ressorts über den Entwurf dieser Denkschrift statt» finden. Diese Verhandlungen waren nicht gang ecinfach. Die Denkschrift ist jedenfalls dem Landtag so zeitig zugeleitet wovden, wie es ebéên möglich war.
Meine Damen und Herren, in der Sache selber kann man über den Finanzausgleih das eine grundsäßlih sagen: Es iväre natürlih ein stärkerer Lastenausgleih innerhalb der preußischen Gemefnden und Gemeindeverbände durchaus möglich und vielleichr auch, nach maucher Seite hin erwünsht. Auch ih würde einen stärkeren Lastenausgleih auf dem Gebiete der Schulen und der Polizei für außerordentlich zweckmäßig halten. Aber man muß s¿ch darüber klar sein, daß ein solcher stärkerer Lastenausgleih auf dem Gebiete der Schulen und der Polizei niht auf Kosten des Staates erfolgen kann, wenn ihm nur seine heutigen Einnahmen bleiben. Meine Damen und Herren, wir kennen diesen stärkeren Ausgleich in anderen deutshen Ländern. Jch erinnere an Bayern, an Württemberg, an Baden und andere Länder. Da finden Sie in der Tat einen stärkeren Lastenausgleich auf dem Ge- biete der Schulen und derx Polizei. Aber ex kann doch nur des- halb durchgeführt werden, weil diese Länder im Verhältnis zu den Gemeinden größere Anteile aus den Ueberweisungen der Ein- fommen- und Körperschaftssteuern für sih zurückbehalten. Jn Bayern betcägt der Anteil des Staates an den Ueberweisungen der Einkommen- und Körperschaftssteuer 60 %, in Württemberg 6624 %, in Baden“ 65 %, in Hessen 65 % und in Preußen nur 55 % und nah Abzug der Dotationen, die für die Provinzen ab- gezweigt werden, nux 49,5 %@. Will man einen stärkecen Lasten- ausgleih auf dem Gebiet des Schulwesens und der Polizei auf Kosten der Allgemeinheit, also auf Kosten des Staates, so ist die Folge die, daß man den Anteil des Staates an den UNeber- weisungen erhöht. Ein anderer Weg ist niht denkbar.
Herr
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Funhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich,
Exequaturerteilungen. Verordnung über die Anmeldung von Schäden infolge Liquidation südafrikani)cher Wertpapiere in Frankreich.
der
Amtliches.
Deutsches Reich.
Dem ischechoslowakischen Generalkonsul in München, Dr. Artur Pac ák, und dem französischen Konjul in Mainz, James Fernand Roger Guéritte, ist namens des Reichs das Exequatur erteilt worden.
VELor d nung über die Anmeldung von Schäden infolge der Liquidation südafrikanischer Wertpapiere in Frankrei cch.
Vom 2%. April 1929,
Auf Grund des § 55 des Liquidationsschädengeseßes in der Fassung ‘vom 20. November 1923 (RGBl. 1 S. 1148) und des Z§ 26 des Kriegsschädenshlußgeseßzes vom 30, März 1928 (RGBVBl. 1 S. 120) wird hiermit vexordnet: :
Schäden, die dadurch entstanden sind, daß die französische Regierung auf den Jnhaber lautende Aktien (bearer sbares) von Gesellschasten mit dem Siß in der Südafrikanischen Union liquidiert hat, sind bis zum 31. Juli 1929 und, wenn der Ge- schädigte seinen Wohnsiß oder dauernden Ausenthalt im Aus- land hat, bis zum 30. Sentember 1929 beim Reichsentschädi- gungsamt für Kriegsschäden, Berlin-Friedenau, Rheinstraße 45/46, anzumelden. Soweit eine solche Anmeldung bereits erfolgt ist, bedorf es einer erneuten Anmeldung nicht. A 0 Nah den im Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkten ist die Geltendmachung von Entschädigun gsansprüchen ausgeschlo\en.
Berlin, den 25. April 1929, :
Der Reichsminister der Finanzen, CV
J. V: Popit,
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
__ Der Reichsrat beschäftigte sich in seiner öffentlichen Voll- sißung am Donnerstag mit dem Geseßeutwurf über die wirtschastlicht Hulfe Ur Distpreußen.
_Der Berichterstatter, Ministerialdirektor Freiherr von Im - Ra ivies darauf hin, daß der Entwurf in erweiterter Fort- eßung der bisherigen Ostpreußenhilfe eine umfassende, syste- matische Aktion von a O incinandergreifenden Hilfsmaß- nahmen vorsieht. Bei dem Charakter der wirtschaftlichen Verhält- nisje ÖOstpreußens erstrecken sih die Maßnahmen vorwiegend auf eine Behebung der landwirtschaftlihen Not. Zunächst sollen durch eine „Lastensenkung für sämtlihe landwirtshaftlihen Betriebe günstigere Wirtschastsbedingungen geschaffen werden. Vorgesehen ind Erlaß der Rentenbankgrundschuldzinsen, die für drei Jahre auf Reichsmittel übernommen werden, was einen jährlichen Zuschuß des Neichs von 6,4 Millionen bedeutet, sowie Erleichterung der Landwirtschaft von kommunalen Lasten auf drei Jahre, wofür ein Betrag von je sieben Millionen Mark vorgesehen is. Fm Bu- sammenhang damit sollen die Frachtkosten verringert und ‘die Schiffahrtsabgaben auf dem Königsberger Seekanal ermüßigt werden. Hierfür sind ebenfalls auf drei Fahre je 10 Millionen Mark für die Frachtkosten und je 300 000 Mark für die Schiffahrts- abgaben eingeseßt. Auch sollen zux Sicherung dex Jubetrieb- haltung der Kleinbahnen einmalig rund 1,7 Millionen aus Reichs- mitteln verwendet werden. Mit diesen allgemeinen Maßnahmen e die Grundlage entstehen, um an die. Hauptaufgaben, die Ent- chuloung und Stühung der gefährdeten Grundstücke, heranzugehen. Dex Gejeßentwurf seßt sih zur Aufgabe, durxh planmäßigen An- kauf gefährdeter Grundstücke einem panikartigen Abgleiten der Güterpreise und einex fortschreitenden Devestierung Einhalt zu tun. Es sind deshalb vorgesehen 20 Millionen Darlehen zu Siedlungszweckten nah den Reifha-Richtlinien und 18 Millionen als Zuschuß an Preußen zur Verwendung für Neu- und Anlieger- stedlungen. Von der Schaffung einer besonderen Neuorganisation ist abgesehen. Daneben tritt die Fortseßung der bisherigen Um- [huldungsaktion. Im Rahmen öieser- Aktion soll zunächst die Ausfüllun( des ecrststelligen landwirtschaftlihen Realkredits dadurch ex cichtert iverden, daß der Kurs von etwa 40 Millionen Mark Goldmarkpfandbriefe durch Reichsmittel gestüßt wird. Fns- gesamt ist für die Zwecke des Kursausgleihs ein Zushuß von 9 Millionen eingeseßt. Vor allem aber trifft hier der Gesehentwurf Maßnahmen zur Gewährung von Umschuldungskrediten in Höhe von 62 Millionen Mark in der Weise, daß der Finanzminister ermächtigt wird, eine Gartäntie für eine Anleihe von 50 Millionen and für bereits gegebene Kredite von 12 Millionen zu übernehmen.
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Bis zur Aufbringung der Anleihen sollen vom Reih Vorschüsse gegeben werden können. Zur Erleichterung der Zins- und Til- gungsraten für Kredite aus der Fünfzigmillionen-Anleihe wird ein Jährlicher Zuschuß bis zu 1,5 Millionen ausgeseßt. Als leßte Gruppe der Hils8maßnahmen ist noch eine Kredit- und Grundstücs- regulierung für solche notleidenden Betriebe in Aussicht genommen, die von der Umschuldung wegen ihrer fortgeshrittenen Ver- shuldung nicht erfaßt werden können, und für die auch ein Ankauf micht in Betracht kommt. Der Geseßentwurf ermächtigt auch hiex den Reichsfinanzminister, zur Erleichterung der Beschaffung von Kreditmitteln eine Garantie in Höhe von 17,5 Millionen zu übernehmen. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Reichs zuschüsse von insgesamt 8 Millionen Mark. Sie sind u. a. bestimmt insbesondere zur Erleichterung der Kreditgewährung an landwirt schaftliche Pächter, Kleinbesißer, Binnenfisher sowie zur Erhöhung des hon aus der bisherigen Östpreußenhilfe gebildeten Betriebs- erhaltungsfonds. Zusammengefaßt wirkt sich die Hilfe des Reichs für 1929 aus in rund 59 Millionen Mark Zuschüssen, 20 Millionen Mark Darlehen und 79,5 Millionen Mark Garantien. Außerden kann das Reich auf garantierte Anleihen Vorschüsse bis zu 67,5 Mil- lionen Mark geben. Die Ausführung der Moßnahmen ist Sache der preußischen Landesregierung im Benehmen mit der Reichs- regierung. Die unmittelbare Leitung und Ueberwachung dex hauptsahlichsten Maßnahmen obliegt einen besonderen Kommissar, der von dex preußishen Landesregierung im Einvernehmen mit der Reichsregierung ernannt wird.
Namens der Ausschüsse beantragte der Berichterstatter die Annahme der Vorlage. Die Vollversammlung n a h m die Vorlage einstimmigan.
Jm Zusammenhang hiermit wurde der Erganzung sS- etat für 1929 abgenommen, der die finanzielle Deckung für die in dex Ostpreußenvorlage- geforderten Mittel enthalt. Damit ist der frühere. Beschluß des Reichsrats erledigt, wo rath 925 Millionen vom Reichsrat zur Hilfe für Ostpreußen und andexe Grenzgebiete eingeseßt worden waren, während die Regierungsvorlage hier cinen Leertitel eingeseßt hatte.
m weiteren Verlauf der Sißzung genehmigte der Reichs- rat die Sayungsänderungen der Süddeutschen Bodenkrxedit-Bank (München), der Braunschweig-Hannover-
hen Hypothekenbank (Braunschweig) und der Berxlinex HYyY- pothekenbank.
Angenommen wurden ferner die GBeseßentivürfe über ein Luftverkehrsabkommen mit Holland und Mit NOoL Wegen.
Ferner genehmigte derx Reichsrat die Verordnung über Einrichtung und Anlegung der Handwerksrolle jowie die Bekannimachung über die Wahlordnung für die Wahlen der Mitglieder der Handwerkskammern und ihrex Stellvertreter. Die Verordnung und die Bekanntmachung sind notwendig geworden durch die Haudwerksnovelle.
Weiter wurde angenommen eine Verordnung zur A b- wehr der EinsGleppungck dex KiL Gta e. Danach dürfen vom 1. Mai ab Kirschen aus dem Ausland nicht eingeführt werden, die mit Maden behaftet find.
Jn den preußishen Staats8verba nd wurde eine Anzahl von Ausländern aufgenommen.
Fernex wurde eine Verordnung über die hinteren Leuchtzeichen dex zweirädrigen Kraft- und Kleinkraft- räder sowie der Fahrräder und der Geseßzentwurf über weitere Hinausschiebung der Bindung der Länder und Gemeinden an die nah dem Reichsbewertungsgeseß festgestellten Einheits- werte genehmigt. Die Hinausshiebung ist notwendig ge- worden, weil das Steuerverxeinheitlichungsge- sey noch nicht zustande gekommen ist.
Angenommen wurde eine Verorduung über Feststellung dex Verteilungsschlüssel nah § 23a Absay 4 des Finanzausgleichsgeseßes. Als Stichtag für den neuen Verteilungs\hlüssel war der 30. März 1929 vorgesehen. Um di2sen neuen Schlüssel möglichst lückenlos zu gestalten, hat sih die Hinausschiebung dieses Termins als zweckmäßig herausgestellt. Dex Reichsrat beschloß, daß erst der 31. Mai 1930 Stichtag für den neuen Vertéeilungsschlüssel sein soll,
Angenommen wurde ferner ein Antrag des Reichsfinanz- ministers, betr. steuerlihe Begünstigung von fünf öffentlich- rechtlichen und zwei privaten ausländischen Anleihen. Fn Frage kommen Anleihen des Provinzialverbandes der Pro- vinz Hannover (4 Millioùen Dollar), des Magistrats Berlin (15 Millionen Dollar), der Stadt Köln (1,15 Millionen Pfund Sterling), der Stadt München (1,625 Millionen Pfund Ster- ling), des Ruhrverbandes Essen (3 Millionen Dollar), der Ruhr-Ferngasgesellschaft (12 Millionen Dollar) und der Flseder-Hütte (10 Millionen Dollar). Vor allem handelt es sich um die Befreiung von der Kapitalertragsteuer.
Als Beisißer und Stellvertreter ‘zum Staats- gevihts8hof für das Deutsche Reich für die shwebenden Eisenbahn- und Postabfindungsklagen gegen das Deutsche Reich wurden vom Reichsrat bestimmt für die Eisenbahn- flagen als Beisißer Professor Dr. Schneider-Baden und Staatssekretär z. D. Dr. Teber-Preußen, als Stellvertreter Staatsrat Dr. von Wolff-Bayern und Ministerialrat Ruhsträt- Oldenburg, für die Postabfindungsklagen als Beisißer Staats- vat von Wolff-Bayern und Ministerialdirektor Schiwvahn-Meck-
Postschectkonto: Berlin 41821, 1 929
lenburg-Schwerxin sowie als Stellvertreter Prof. Dr. Streit4 Sachsen und Ministerialdirektor Dr. Fischer-Württemberg.
Die vom Reichstag angenommenen Geseßentwürfe zuL Abänderung dex Verordnung über Errichtung von A r beits8s- fammexn im Bergbau, über die deutsch-litaus ishen Verträge und Abkommen, über die deutsch- rumänische Erklärung, betreffend die Wiederinkraft- seßung dex Bestimmungen des Haager Abkommens über den Zivilprxrozeß, über den Weltsunkvertrag und bes treffend das Jnternationale Uebereinkommen über die Ein- richtung von Verfahren zur Festseßung von Mindestlöhnen ivurden vom Reichsrat mit dex Formel „Kenntnisnahme ohne Einspruch“ endgültig erledigt.
Der griehishe Gesandie Canellopoulos hat Berlin L. 12 t N C S1 ‘ c “ verlassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationssekretär
F Pappas die Geschäfte der Gesandtschaft.
Deutscher Reichsíag. April 1929. (Bericht des Nahrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Präsident L ö b e eröffnet die Sibung um 3 Uhec.
i Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung der von den Regierungsparteien beantragien Erhöhung der Anleiheermächtigungs, die der Ausschuß vormittags genehmigt hat.
Abg. Graf von Westarp (D. Nat.) hätte es für rihtiger gehalten, wenn die Regierung von vornherein eine klare Vorlage gemacht hätte, bei der Jrrtümer vermieden worden wären, auf Grund deren sih der Deffentlichkeit eine gewisse Beunruhigung bemächtigt haï. Die Ausshußverhandlungen hätten den uns geheuren Ernst der Finanzlage des Reiches gezeigt. Man müsse anerkennen, daß der Reichsfinanzminister in voller Offenheit die Lage geschildert habe. Der Redner [priht die Erwartung aus, daß die angekündigte Revision der Arbeitslosenversitherung noh vor dem Sommer erfolge. Jm übrigen bicte das Programm des Finanzministers keineswegs ausreichende Sicherheiten, daß maa mit der notwendigen Schnelligkeit der Verhältnisse Herr werde. Eine Beruhigung der Wirtschaft könne nur durch volle Klarheit und Wahrheit erreiht werden. Diese diene auch dazu, dem Aus- lande endlich den rihtigen Begriff von der deutschen Leistungs§- fähigkeit beizubringen, Dem vorliegenden Gesehentwurf werde die deutshnationale Fraftion nit zustimmen. :
Hierauf nimmt der Reichsfinanzminister Dr. Hilsers ding das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Steno- gramms im Wortlaut mitgeteilt werden. N
__ Abg. Stoecker (Komm.): Hilferdings Maßnahmen zur Be« seitigung dexr gespannter. Kassenlage sind nux eine neue Belastung der Arbeitershaft. Man will die großen Summen der Erwerb8- E oaEe durch cine Reform, d. h. eine Vershlechterung der Arbeitslosenversiherung, auf die Arbeiter abwälzen. Jhre elenden Erwerbslosenbezüge sollen noch weiter herabgeseßt werden. Das haben Graf Westazp und Leicht im Ausschuß offen ausgesprochen und der Vertreter des demokratishen Börsen- und Bank« lapitals, Bernhard, hat sich sofort angeschlossen. Freilich, wenn man {vie Bernhard für drei einfahe Schiedsrichtersißungen in der Volksbühne 10 000 Mark aus den Taschen derx Arbeiter bekommt (stürmisches Hört, hört!), dann kann man leiht über Mißstände in den Erwerbslosenfürsorge reden.
i _Abg. Dr. Fri ck (Nat. Soz.): Außer Bernhard hat au sein Rassengenosse und Busenfreund des Herrn Barmat, das ehrens werte Mitglied dieses Hauses Heilmann, 11 000 Mark bekommen. Diese Republik ist nicht nux moralisch und politisch, sondern auch finanziell bankrott. Hilferding mußte zugeben, daß das chronische Defizit jeßt bereits 1635 Millionen beträgt. Neun Prozent Zinsen muß das Reich dafür den Banken zahlen. Wovon wollen Sie denn die von den sogenannten Sachverständigen in Paris angebotenen 1650 Millionen jährlich zahlen? “Augenblicklich machen Sie sich stark, aber der Umfall wird bald kommen. Wir verlangen einen Volksentscheid über diese Schicksalsfrage.
Abg. Döb r i ch (Christl. Nat. Bauernþp.): Dr. Frick hat recht. Aber die Reparationen sind nicht der einzige Grund des dauerns den Defizits, der zweite Grund ist die überspannte Sozialpolitik. Wir verlangen unverzüglih einen Geseßentwurf, der die uner» träglichen Mißstände der Ertwerbslosenversicherung beseitigt, Eine Senlung der Realsteuern ist immer noch nicht eingetreten. Wir beæntragen, um. sie zu ermöglichen, die shleunige Vorlegung eines Gesetzes, das die durch das leßte Besoldungsgeseß geschaffenen Beamtenbezüge unter Schonung der Wirtschaft kürzt, und eines Geseßes, das die Diäten der auswärtigen Reichstagsmitglieder üm 29, dex Berliner um 40 vH kürzt. ; i __ Abg. Ke il (Soz.): Die Ursache der Not liegt darin, daß man in ‘früheren Fahren außerordentliche Ausgaben dur laufende Einnahmen gedeckt hat. Man hätte {hon von 1926 an auf das jeßt beginnende Notjahr Rücksicht tenen sollen. Die Dar- stellung Stoeckers war tendenziös, einseitig und unvollständig. Nicht alle Parteien haben im Aus\chuß die Erwerbslosenfürsorge für die Finanznot verantwortlih gemaht. Jh selbst z. B habe davor gewarnt, die anormalen Verhältnisse des strengen Winters 1928/1929 bei einer vielleiht in einzelnen Punkten notwendigen Reform der Erwerbslosenversicherung zugrunde zu legen. Wenn der Versicherung niht so große Summen zur Verfügung gestellt worden wären, dann hätten übrigens dieselben Summen vom
(64. Sißung vom 25.
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