1863 / 155 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Anschlusse an die von den Garnisonen auf Allerhöchsten Befehl ver- ajïstaltêëten Mittagstafeln für die an den Garnison-Orten wohnhaften Veteranen , unter Darreihung von Geldgeschenken , stattgefunden sondern s haben sich auch vielfach loyale Unterthanen , namentlich städtishe Gewerbtreibende, so wie größere und kleinere ländliche Grundbeslher, neben-Beamten, den geladenen Tafelgästen zahlreich bei- gesellt. An allen Festtafeln sind die Theilnehmer von echt patrio- tischer Stimmung beseelt gewesen und haben dieselbe in Reden und Trinksprüchen unter dem Wahlspruche »mit Gott für König und Vaterland« dargelegt.

Auch den hinterbliebenen hülfsbedürftigen Wittwen verstorbener alter Krieger sind zum Theil reiche Geldgeschenke gespendet worden.

Wegen Aufbringung der erforderlichen , schr bedeutenden Kosten ist nirgends eine Verlegenheit hervorgetreten, da, den gehegten Erwwar- tungen entsprechend, zwischen den verschiedenen Behörden, den städtischen und ländlichen Gemeinden, den Kreiscorporationen, den Gutsbesizern, den Pächtern und wohlhabenden Eingesessenen überhaupt, für diese vater- ländische Festfeier, ein höchst erfreulicher Wetteifer entstanden ist.

Auch an Beweisen der Privatwohlthätigkeit gegen die Veteranen hat es nicht gefehlt; so hat unter Anderem ein Einwohner von Magde- burg, der seinen Namen nicht genannt zu schen wünscht, an 20 Ve- teranen der genannten Stadt, Gaben von je 10 Thlr. vertheilt und sich verpflichtet, diese Vertheilung bis auf Weiteres alljährlich am 17. März zu wiederholen. Aehnliche Züge ganz im Stillen ge- übten Wohblthuns, die nicht zur amtlichen Kenntniß der Behörden gebracht worden sind, könnten noch viele angeführt“ werden.

Kann hiernach die Festfeier überall eine volllommen gelungene genannt werden, so dürfte auch als ein wichtiges Resultat derselben ihre Rückwirkung auf die Anhänger regierungsfeindlicher Tendenzen zu betrachten sein. Unverkennbar hatten diese in verschiedenen Pro- vinzen sich mit der Absicht getragen, die edlen Intentionen Seiner Majestät des" Königs, wenn nicht ganz zu vereiteln, doch in ihrer Ausführung zu verkümmern und zu beeinträchtigen, dem Feste einen anderen Charafter und Stempel aufzudrücen, als es haben follte, und wo möglih auch hier eine Gegendemonstration hervorzurufen. Aber der Eindruck des allgemeinen Enthusiasmus, der sih_ schon unmittelbar vor dem 17ten März c. in den verschiedensten Schich- ten des Volkes kund gab, war ein so überwältigender, daß die An-

hänger oppositioneller Parteibestrebungen außer Stande waren, den _

getroffenen Veranstaltungen mit Erfolg entgegenzuwirken.

Was nun insbesondere die Festfeier in hiesiger Stadt selbst be- trifft, so fand für die Besiger der Kriegs8denkmünze in den Sáâlen des Kroll'schen Lokals am 17. März Mittags 1 Uhr ein Festmahl von 1906 Couverts statt. Obgleich mit dem Besißer des Etablisse- ments vorher kontraktlih die Leistungen genau festgestellt waren, er- gab sich doch bei der Ausführung, daß derselbe der übernommenen

Aufgabe nicht gewachsen war, es fehlte namentlich an der Or-

ganisation der Speisenvertheilung und Bedienung, wodurch es kam, daß. ein Theil der 1906 Gäste nur ungenügend oder mit falten Speisen versehen wurde, während an anderen Tischen Uebermaß vor- handen war. Eine sorgfältig hierüber geführte Untersuchung hat zu diesem Ergebniß geführt, das Comité hat jedoch nur eine strenge Rüge gegen den Unternehmer ohne Verkürzung seiner Rechnung ein- treten lassen. r

Für den ganzen übrigen Theil der Festfeier hat fich in Berlin ebenfalls ein von Patriotismus beseelter Sinn der Einwohner an den Tag gelegt. Man hat sich Überall bemüht, den alten Kriegern durch Wort und That warme Verehrung und innige Dankbarkeit zu beweisen.

Außer der Vorstellung im Victoria - Theater am 15. März cer. welche das private Fest - Comite für die Feier des 17. März cr., unter Vorsig des General - Lieutenants z. D. von Derenthal, veranstaltet hatte, und wozu den bereits hier anwesenden Rittern des eisernen Kreuzes die Pläße des ersten Ranges zur Disposition gestellt waren, und außer der, von der patriotischen Vereinigung am 16. März cr. im Krollshen Saale veranstalteten Festfeier, waren am Tage des Festes selbst in sämmtlichen Privat- Theatern , im Circus und in anderen öffentlichen Lokalen außeror- dentliche Arrangements getroffen und von den Besißern eine Anzahl der Billets , respektive das ganze Lokal für die Ritter des cisernen Kreuzes und die Jnhaber der Kriegs8denkmünze unentgeltlich zur Disposition gestellt worden. Viele Liebesgaben an Bekleidungs- gegenständen , Wein, Cigarren 2c. waren für die alten Krieger ein- gegangen.

So hatte unter Anderem der Militair-Effekten-Fabrikant Speyer hierselbst allein 33 Anzüge für bedürftige Ritter des cisernen Kreuzes verabreicht.

An Festgedihten und Compositionen zur Feier des Tages hat es ebenfalls nit gefehlt.

Auch Geldspenden sind reihlich zugeflossen; es sind im Ganzen

3139 Thlr. 2 Sgr. eingegangen.

Quartier - Anerbietungen waren von 513 Personen für 1512.

Ritter gemacht worden. Diese konnten nicht sämmtlih benußt wer- den, weil jedem Truppenthcile der hiesigen Garnison eine Anzahl Ritter der ärmeren Stände überwiesen wurde, weil die Herren Chefs

die Ritter ihrer Regimenter als Gäste aufnahmen und weil vielfa

Leute aller Stände auf dén Bahnhöfen und auf den Straßen an.

fommende Ritter direkt einlüden und mitnahmen, so däß ‘das vor: bereitete Quartier häufig unbenußt blieb.

Nach der gedruckten Liste betrug die Zabl “der angemeldeten Ritter im Ganzen 2130. Diese Zahl änderte sh zwar in deñ leh. ten Tagen durch An- und Abmeldungen stündlich , blieb aber doch

ziemlich dieselbe.

Allen Rittern , die angemeldet waren und ihr Nihterscheinen nachher entschuldigten, ist mit Allerhöchster Genehmigung die Photo- graphie Sr. Majestät des Königs überschickt worden.

Von der vorgedachten eingegangenen Summe von

9199 Thlr. 2 Sgr. sind für Verpflegung der in den Kasernen ein- quartierten Ritter, für Unterstüßungen und Reisegelder, Geschäftsführung 2c. im Ganzen. . 3005 » 14 » V T0 DOE OUO O c cdr aa oer ou 133 Tblr. 18 Sgr. übrig blieben, aus welher Summe noch fortwährend Unterstüßun- gen auf besonders dringend eingehende Gesuche gezahlt werden; der etwa verbleibende Uebershuß wird demyächst dem Kriegs - Minister zur Verwendung für hülfsbedürftige Veteranen und deren Wittwen überwiesen werden.

Ueberhaupt hat die Abwickelung des gesammten Rechnungs- wesens, insoweit das Fest - Comite dabei unmittelbar betheiligt er- schien, nunmehr stattgefunden.

An s\chriftlichen Gesuchen endlich waren theils von auswärts eingegangen, theils von Veteranen hier abgegeben... ¿1 A

Davon sind an des Königs Majestät gerichtet gewesen und unter dem 11. April c. Allerhöchst Denenselben bereits überreicht 47,

Die andern Vorstellungen verschiedenen Jnhalts sind an den Kriegs - Minister zur weiteren ressortmäßigen Verfügung abgegeben worden.

Der befriedigende Abschluß der Thätigkeit des Allerhöchst ver- ordneten Comité's, konnte nur dadurh erreicht werden, daß alle Comité-+ Mitaglieder-- sich . mit. all der. Liebe und. dem ne teresse ihren mannigfachen Arbeiten widmeten , welche der patrio- tische -und edle Zweck des Festes gebot; insbesondere ist hierbei der Unterstüßung zu gedenken, welche der General-Post-Direktor Phi- lips8born als Comité - Mitglied dadur geleistet hat, daß er die

sehr umfänglichen Arbeiten übernommen, welche zur Einladung von

über 4000 Veteranen und zu ihrer freien Beförderung mit Eisen-

bahnen und Posten nöthig waren; nur durch die stete, ganz

uncigennüßige Mitwirkung des zahlreichen Beamten - Personals der Königlichen Post ließen sih prompt und pünktlih, wie überall ge- schehen, diese sehr umfangreichen Geschäfte erledigen.

Danzig,..2. Juli, Dié -Fregalté »Gesion«,.. der Dauzpfer »Adler« und die beiden Kanonenboote »Balsilisk« und »Bliz« 1wer- den, nah dem »Danz. Dampfb.« vor weiterer Bestimmung noch eine Schießübung im Laufe der künstigen Woche bei Oxhöft ab- halten außerdem wird eine Schießübung zu Lande, mit neuen Ge- hüten, Behufs Feststellung der Schußtafeln, na Rückkehr der Sec- Artillerie bei Neufähr stattfinden. Die zur Uebung auf die Fregatte »Niobe« kommandirten 28 Kadetten sind bercits an Bord.

Holstein. Die neueste Nummer des Geseß- und Ministerial- blatts für die Herzogthümer Holstein und Lauenburg enthält ein Patent für das Herzogthum Lauenburg , betrefsend die Regulirung der Elbzölle und einizer anderen die Fahrt auf der Elbe betreffenden Verhältnisse.

Hessen. Darmstadt, 1. Juli. Die von der Zweiten Kammer in ihrer heutigen sehr langen Sitzung bei Berathung des Antrages der Abgeordneten Finger 2c., den Beitritt des Großherzogthums zu

dem preußisch - französischen Handelsvertrage und die Erhaltung des | Zollvereins betreffend, nach dem einstimmigen Antrage ihres Aus- | \chusses und einem zu dem 3. Antrage gestellten Amendement des F Abg. Landrichter Hofmann angenommenen Beschlüsse lauten, nah | der »Darmst. Ztg.«, vollständig wie folgt: An die Großherzogl. È Staatsregierung das Ersuchen zu richten: 1) den Beitritt des Groß- * herzogthums zum preußisch-französischen Handelsvertrage vom 2. August * 1862 zu erklären und den Ständen alsbald geeignete Vorlage zu F machen , indem die Kammer jede Verzögerung als die Jnteressen des F ganzen Zollvereins wie des Großherzogthums gefährdend erkennet; F 2) daß sie alle ihr zu Gebot stehenden Mittel aufwenden möge, um auch die übrigen Regierungen, welche bis jeht den Beitritt noch ver-

sagten, dahin zu bestimmen und vor Allém die Erhaltung des Zoll- vereins, dessen Auflösung cine nationale Kalamität wäre, zu sichern,

vorbehaltlich alsdann einzul. itender Verhandlungen über wünschens #7 werthe Modificationen des Vertrages, insbesondere auch dessen Ar- F tikel 31 in Betreff der neu zu regelnden Verkehrsverhältnisse zu |

Oesterreich; 3) daß sie bei Erneuerung des Zollvereins-Vertrages

dahin wirken möge, daß dessen innere Verjossung den obigen Gesichts* F punkten entsprechend erstrebt, jedenfalls die innere Verfassung ded F Zollvereins eine die seitherigen Mängel dieser Verfassung beseitigende F

Aenderung erhalten werde.

Bayern. München, 2. Juli. Jn der heutigen Sißung der Kammer der Abgeordneten wurde, dem »Nürnb, Korr. « zufölge, vom Kriegsminister ein Gesehentwurf, die außerordentlichen Heeres- bedürfnisse für den Rest der Finanzperiode betreffend, vorgelegt. Das jährliche Postulat beträgt um 990,000 Fl. weniger, als in dem außerordentlichen Militairetat für jedes der beiden ersten Jahre dieser Finanzperiode bewilligt worden is. Der Handelsminister machte Norlage von Geschentwürfen über Erbauung von Eisenbahnen: von Ingolstadt nah München, von Ingolstadt nah Ansbach, von Jngol- stadt nach Nürnberg, von München an die Ostgrenze und von Reichenhall nach Freilassing. Die Adrecßdebatte ist bis zu dem die deutsche Frage betreffenden Absaß, diesen mit eingeschlossen, vorgerückt. Letterer Absaß wurde in der Fassung des Ausschusses angenommen, cin Modificationsgantrag des Dr, Völk abgelehnt.

Hesterreich, Wien, 3. Juli. Die » Wiener Ztg.« theilt folgenden vom Großfürsten Konstantin unterm 24. Mai d. J. an die im Königreiche Polen stehenden Truppen erlassenen Tagesbefchl mit, indem sie bemerkt, daß derselbe ergebe, welche Berücksichtigung und Folge die gegen verschiedene Grenzverlezungen 2c. russischer Truppen erhobenen Reklamationen gefunden haben:

»Gleich im Beginne der im Königreich Polen ausgebrochenen Unruhen wurde den einzelnen Armee - Kommandanten durch wiederholte Warnungen und Befehle eingeschärft, daß sie bei Gefechten mit den Rebellen und bei deren Verfolgung in der Nähe einer Grenzlinie die äußerste Vorsicht an=- wenden, damit die Grenzen der uns benachbarten Reiche nicht berührt wür- den, und es wurde den Truppen - Detachements, Kommando's oder Abthei- lungen niederen Ranges strenge verboten, unter was immer für einem Vor- wande die Grenze zu überschreiten.

Ungeachtet dieser meiner so klaren und bestimmten Willensäußerung wurden wegen nicht ganz strenger Befolgung dieses Befehles gerechte Klagen über mehrfache Verlezungen der das Königreich Polen von Galizien tren- nenden Grenzlinie von Seite der Kaiserlich österreichischen Regierung erhoben.

Diese Fälle sind folgende :

1) Am 1. (13.) Februar is der Capitain der Grenzwache Kriwoko- nenko in Begleitung von 10 bis 12 Pferden und vollständig bewassneten Grenzwächtern in der Stadt Ulanow (Rzeszower Kreis) angelangt und for- derte, ungeachtet der Weigerung der österreichischen Ortsbehörden und der zunehmenden Aufregung der bei Gelegenheit des Markttages in größerer Anzahl versammelt gewesenen Einwohner mit Nachdruck und sogar unter Drohungen die Auslieferung der politischen Flüchtlinge, die sih in Galizien verborgen hatten. Zugleich nahmen zwei Wächter und Kosaken eine Durch- suchung des nahegelegenen Waldes vor, um die durch sie aufgefundenen Jn- surgenten zu arretiren, und nachdem sie in der That Einen derselben aufge- griffen, führten sie ihn als Gefangenen in das Königreich ab. Wegen Bes- freiung dieses widerrechtlich arretirten Menschen und wegen dessen Ausliefe- rung an die österreichischen Ortsbehörden wurde die Einleitung getroffen.

2) Als am 20. März (1. April) d. J. in dem Galizien nahegelegenen fleinen Orte Tschulize 2c. der unter dem Befeble des Majors Zagraschski vom neurussischen Dragoner - Regimente Sr. Kaiserlichen Hoheit des Groß- fürsten Wladimir Alexandrowitsch stehende Vortrab, bestehend aus Dragonern und zwei Sotnien Kosaken des dritten donischen Regiments, die geschlagenen Banden des Langiewicz auf dem Fuße verfolgte, welche sih nach Galizien retteten und sih so ihren Verfolgern entzogen, verlehte er den Befehl, die Grenze nicht zu berühren.

Ungeachtet dessen, daß in der Nähe dieses Ortes der Grenzstein die Grenze des Königreichs Polen genau bezeichnet, haben die Kosaken unter Kommando des Esaul (Kosakensergeant) Emeljanow bei ihrer Verfolgung die Dragoner überholt, die Grenze überschritten und, ohne sich um die ihnen unter Anführung des Lieutenants Garber entgegengekommene Patrouille des k. ôsterreichischen Heeres (20. Linienregiment) zu kümmern, ihre beharr- liche Verfolgung auf galizischem Boden fortgeseßt, und als sich der Haufe Rebellen, um sich vor ihnen zu schüßen, in der Flucht zu einer gemeinschaftlichen Masse mit der öster.Patrouille vermischte, haben dieKosaken in ihrer Wuth, oder aus wirklicher Unwissenheit, auch die Oesterreicher für Jnsurgenten haltend, mit den Waffen zu agiren fortgefahren, bei welcher Gelegenheit der bei der Pa- trouille befindliche Gemeine des 20. Linien - Regimentes Pich durch eine Musketenkugel getödtet wurde. Durch diese Kosaken des dritten Regimentes wurde auch die österreichische Patrouille entwaffnet, die Sachen weggenom- men und die Leute mit dem Offizier an die. Grenzlinie abgeführt, die das Königreich Polen von Galizien trennt.

Damals beschränkte sich Major Jagraschski , der etwas später als die Kosaken- Avantgarde an den Ort der Handlung eilte, darauf, daß er die Dragoner auf der Grenze aufstellte, anstatt, sobald er die Wuth der Ver- folgung und eine so offenbare Verlegung der Grenze wahrnahm, alsogleich die nach - Galizien übergeseßten Kosakensotnien mittelst Signalen zurücfzuru- fen; das hat er aber erst dann gethan, als ihm von einem der Offiziere bemerkt wurde, daß die Kosaken die Grenze überschritten hätten und auf österreichischem Gebiete agiren.

3) Als der Kommandant der 3. Sotnie des 27. donischen Kosaken- Regiments, Esaul Eschow, eine nicht große Bande bewaffneter Rebellen auf der Ferse verfolgte, welche aus 10 Mann bestand und die sich einige Tage in den angrenzenden Wäldern und Dörfern des Tomaschews®skischen Kreises verborgen hielten, kam er mit einem Theile seiner Sotnie in dem Dorfe Par (Königreich Polen) an. Als bald darauf die Jnsurgenten die Annä- herung der Kosaken gewahrten, warfen sie sich Über Hals und Kopf nach Galizien, dessen Grenze sih an jener Stelle durch eben dieses Dorf Par hin- zieht. Sobald der Vortrab der Kosaken, bestehend aus 11 Mann nebst einem Unteroffizier, von der durch die Jnsurgenten genommenen Richtung Kenntniß erhal- ten hatte, machte er sich zu deren Verfolgung auf den Weg nach dem Schlosse Stary-Nord (in Galizien), holte die Flichenden in einer Entfernung von 200 oder 300 Schritten von der Grenze ein (einstimmiges Zeugniß der Ge- fangenen selbst, der Kosaken und der Augenzeugen der Ortsbewohner), schloß sie ein und forderte sie auf, sich zu ergeben und die Waffen zu strecken, Als

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auf diefen Zuruf _des Unteroffiziers der Anführer der Bande, der; verab- schiedete Unteroffizier Teneszki und ein anderer Jnsurgent mit Schüssen ant. worteten (welches ebenfalls die Gefangenen selbst bezeugen) und dabei das Pferd des Unteroffiziers am Vorderfußè verwundeten, erwiderten die Kosaken die Salve, tödteten zwei Rebellen, verwundeten zwei schwer und bemäch- tigten sich Der von denselben zurückgelassenen Waffen und Pferde. Sämmtliche Jnsurgenten, mit Ausnahme eines einzigen Vinzenz Po- lansfi der in der olge durch dieselben befreit und nah Hause geschickt wurde, erwiesen sich als Eingeborne des Königreiches, welche zum Theil von dem verabschiedeten in russischen Diensten gestandenen Unteroffizier Teneszki zusammengebracht worden waren,

_Alle angeführten Fälle wurden auf meinen Befehl von vertrauten Personen am Orte selbst untersucht. Die Erklärung der Schuldigen, daß die Grenzlinie von ihnen nicht bemerkt wurde, auch nicht in einem dieser &âlle , kann nit in Anbetracht kommen; im Gegentheil erhellt aus der data pag s N: daß die Wachen und Truppen, weiche die Grenze überschritten , wissen mußten ß fi Gebiete befanden. A N a

Am meisten schuldig finde ih die Anführer, welche eine solche Grenz- verleßung „durch ihre Untergebenen zuließen. Dafür bekräftige ich auf das Nachdrücklichste für die Zukunft, daß keine Verleßung durch Grenzberührung vorfalle und alle früheren auf diesen Gegenstand bezüglichen Anordnungen beobachtet werden, und füge hinzu, daß, wenn ähnliche Fälle dennoch wieder-

| kehren sollten, die Schuldigen ohne alle Nachsicht der ganzen Strenge der

Gesetze verfallen sollen.

Indem ich dem Kapitän der Grenzwache Kriwokonenko und dem Major Zagraschsfi des neurussischen Dragoner - Regiments Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch, einen strengen Verweis, dem Esaul Emeljanow des dritten donischen Kosaken-Regiments einen Verweis ertheile, verordne ich, daß der Major Zagraschski und Kapitän Kriwokonenko durch fünf Tage und der Esaul Emeljanow durch drei Tage in Haft genommen werden; in Bezug aber auf den Kommandanten der dritten Sotnie des 27. donischen Kösaken-Regimentes Eschow , der sih als weniger schuldig heraus- stellte, deshalb, weil er mit dem übrigen Theile der Sotnie erst dann in dem Dorfe Par anfam, als der Vortrab jener Kosaken den Rebellen {on nachgeseßt, und nach bewiesener Unwissenheit, daß durch diese Stelle sich die Grenze hinzicht, dieselbe überschritten, die Bande entwaffnet und gefangen genom- men hatte beschränke ih mi für diesmal auf die Ertheilung eines Ver- weises. (Gez.) Der Oberbefehlshaber Konstantin.«

Großbritannien und Jriand. London, 2. Juli. Im Unterhause kam gestern das oft angeregte Thema in Betreff der Einführung des Dezimalsystems zur Sprache. Hr. Ewart beantragte näm- lich die zweite Lesung der diesen Zweck verfolgenden Bill über Maaß und Gewicht. Er hob hervor, daß, nachdem das Dezimalsystem in Frankreich und anderen Handelsstaaten angenommen sei, seine Einführung in England dem Verkehre große Erleichterung verschaffen würde. Doch könne er nicht leugnen , daß die Maßregel eine halbe sein werde, so lange das Dezimal- system nicht auch im englischen Münzwesen Eingang gefunden haben werde. Herr Adderley befürwortete den Antrag sehr warm und hält die Einfüh- rung des Dezimalsystems in sozialer und kommerzieller Beziehung für tfaum weniger wichtig als die Einführung der Eisenbahnen. Alle Nationen des Westens und sämmtliche Kolonieen würden dem Beispiele Englands rasch folgen. Die einzige Schwierigkeit liege darin, das Publi- fum mit der neuen Nomenklatur zu befreunden, und er fürchte, daß die Vill nicht durgehen werde, weil sie was auch nicht gut möglich wäre die Annahme des neuen Systems nicht der freien Wahl des Publikums anheimstelle, sondern sie nach Ablauf von drei Jahren kompulsorish mache. Hr. Baines hob hervor, daß sämmtliche Handelskammern des Landes sich zu Gunsten des Decimalsystems ausgesprochen haben. Auch Hr. Cobden befürwortet die Bill aufs Lebhafteste. Das englische Münz-, Maaß- und Gewichtssystem sei im Vergleiche mit dem französischen eine Absurdität. Allerdings würde die Uebergangsperiode mit mancherlei Schwierigkeiten ver- knüpft sein; doch das sei eine Kleinigkeit im Vergleiche mit den späteren Vor- theilen, und selbst diese vorübergehenden Schwierigkeiten ließen sih mit Hülfe des Handelsamtes bald überwinden. Herr Milner Gibson, als Präsident des Handel8amtes, bezweifelt, daß leßteres in dieser Sphäre viel werde leisten können, da sih eine gewaltige Opposition von verschiedenen Händlern und Ladenbesißern gegen sie erheben würde. Er seinerseits könne die Bill nicht unterstüßen , weil sie obligatorisch sein solle, hoffe jedoch, daß sich mit der Zeit Mittel finden lassen würden, das Dezimalsystem in England ein- zubürgern. Auch der Kanzler der Schaßkammer hält es für undenk- bar, das Haus zu bewegen, einer derartigen zwangweise einzuführenden Neuerung seine Zustimmung zu geben. Herr Hodgson gab Herrn Ewart den Rath, er möge sich verpflichten demjenigen Punkt der Bill, wo von einer Erzwingung des Systems die Rede ist, abzuändern , in welchem Falle das Haus sich zur zweiten Lesung der Bill wahrscheinlich herbeilassen würde. Nachdem Herr Ewart sih mit diesem Rathe einverstanden erklärt hatte, gelangte die Bill mit 110 gegen 75 Stimmen zur zweiten Lesung.

Folgendes is der Wortaut des Protokolls der am 26. v. Mts. im auswärtigen Amte in Betreff Griechenlands und der Jonischen Inseln abgehaltenen Konferenz :

» Anwesend die Bevollmächtigten Frankreihs, Großbritanniens und Rußlands. Nachdem die Bevollmächtigten Frankreichs, Großbritanniens und Rußlands am 5. d. M. ein Vrotokoll gezeichnet haben , welches sich auf die Behufs Erleichterung der Thronbesteigung Griechenlands durch den“ Prin- zen Wilhelm betreffenden Arrangements bezieht, haben sie es für nothwendig erachtet, das zwischen ihren Höfen getroffene Ueberein- fommen über die beiden hier folgenden Punkte zu Protokoll zu bringen. 1) In Betreff “der Garantie der politischen Existenz und der Grenzen des Königreichs Griechenland halten die drei Schußmächte ein- fah die Ausdrücke aufrecht, in welchen dieselbe dur Artikel 1V. der Con- vention vom 7. Mai 1832 ausgedrückt ist. Es is das Uebereinkommen ge- troffen worden, daß die Jonischen Jnseln, wenn deren Bereinigung ' mit dem hellenischen Königreiche die Genehmigung der betreffenden Par- teien erhalten haben wird, in dieser Garantie eingeschlossen fein