1863 / 158 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Majestät der Königin Victoria gabrn Lord Camoys und Oberst

Harding Jhrer Majestät bis an Bord des Königlichen Dampfschiffes »Vivid« das Geleite, welches nah einer sehr glücklichen Ueberfahrt von Ramsgate nach Rotterdam daselbst am 7ten früh eintraf.

Magdeburg, 6. Juli. Gestern fand hier die Feier des funfzig- jährigen Gedenktages der Errichtung des 1. Magdeburgischen Jn- fanterie-Regiments Nr. 26, statt. Am Abend “des Festes waren, nach der » Nordd. A. Z.«, die Offiziere des Regiments zu einem Fest- diner unter Vorsiß Sr. Königl. Hoheit des Fürsten von Hohenzollern- Sigmaringen, dem Chef des Regiments, vereinigt.

S cchcimm, 5. Juli. Gestern beging das Füsilier - Bataillon des 2. brandenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 12 das 50jährige Jubelfest seiner Errichtung. Jn der Nachbarstadt Xions wurden zu dieser Feier 30 Thlr., freinoillige Beiträge der dortigen Bürgerschaft, der daselbst dislocirten Compagnie des Regiments übergeben, und zu demselben Zwecke waren in Jaraczewo 14 Thlr. gesammelt und beigesteuert.

Sachsen. Dresden, 8. Juli. Der König hat, wie das »Dresd. Journ.« meldet, dem wegen seiner Betheiligung an den Maiereignissen des Jahres 1849 in Untersuchung gewesenen, jedoch flüchtig gewordenen und dermalen in Milwaukie im Staate Wis- consin in Amerika befindlichen vormaligen Advokaten Grahl aus Leipzig, auf dessen Gesuch, die straffreie Rückkehr nah Sachsen be- willigt.

Hessen. Kassel, 7. Juli. Die »Kass. Ztg.« berichtet : Der Ständeversammlung wurden gestern von der Landtags - Kommission zwei Geseßentwürfe, die künstige Rechtsverfassung des durch den mit Bayern behufs Auseinanderseßzung der Kondominatsverhältnisse ab- geschlossenen Vertrag in den auss{ließlichen Besiß Kurhessens über- gegangenen Orts Züntersbach, und die Schuldverhältnisse der Leih- und Kommerzbank betreffend , vorgelegt Zur Berathung stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung der gestrigen Sißung der Bericht des Rechtspflege - Ausschusses über den Gesezentwurf , das Verfahren in Rechtsstreitigkeiten betreffend , und wurde dieselbe vom Berichterstatter mit besonderer Rücksicht auf eine diesen Gegen- stand betreffende Denkschrift der Regierung eingeleitet. Bevor die Versammlung darüber abstimmte, ob auf die Berathung des Geseß- Entwurfs einzugehen sei, gab der Präsident zu erwägen, ob diese Berathung noch vor der wahrscheinlih morgen Abend eintretenden Vertagung der Ständeversammlung aufgenommen werden solle, Es wurde jedoch beschlossen, alsbald in die Berathung einzutreten, und dieselbe, nachdem die Sißung gegen 2% Uhr geschlossen worden war, in einer Nachmittags-Sihung von 5 bis 87 Uhr fortgeseßt.

Bayern. München, 5. Juli. Jn der gestrigen Sizung der Abgeordnetenkammer wurden die Adreßdebatten geschlossen und nahm die Kammer mit 108 gegen 36 Stimmen den Adreßentwurf in der Fassung der Kommission an.

Großbritannien und Jrland. London, 6. Juli. Die Königin Victoria hat sich mit ihren Töchtern Helene, Luise und Beatrix am Sonnabend nach Oshorne begeben. Da auf den Wunsch Ihrer Majestät die Reise durchaus einen Privatcharakter haben sollte, so unterblieben jegliche Begrüßungs - oder Empfangsfeierlichkeiten, mit der einzigen Ausnahme, daß die Kriegsschiffe ihre Flaggen senk- ten, als die Königliche Jacht aus dem Hafen von Gosport zur Ueber- fahrt nach der Jnsel Wight auslief.

Der Herzog und die Herzogin von Aumale gaben vorgestern Abend ein Diner mit folgendem Ball in ihrer Wohnung Orleans- House in Twickenbam. Unter andern hohen Personen waren dort anwesend der Prinz von Wales dessen Gemahlin wegen des Ab- lebens ihres Großonkels der {hon angenommenen Einladung Folge zu leisten verhindert war , der Herzog, die Herzogin und Prin- zessin Marie von Cambridge, die Mitglieder der Familie Orleans, der österreichishe Botschafter Graf Apponyi.

Lord Palmerston darf nun als von seinem Gichtanfalle erlöst betrachtet werden ; er war bereits im Stande, einer Kabinetsberathung in seiner Amtswohnung beizuwohnen und wird heute Abend wohl wieder im" Unterhause zu erblicken sein.

In Liverpool hat vorgestern eine Feucrsbrunst für 160,000 Pfd. St. Schaden angerichtet. Für 110,000 Pfd. St. Baumwolle st| verbrannt.

Frankreich. Paris, 6. Juli. Jn dem {on erwähnten Bericht des Kriegsministers Marschall Randon Über die vorgeschlage- nen Reformen im JInvalidenwesen heißt es: »Schon in den ersten Zeiten der französischen Monarchie giebt sich der Gedanke kund, den im Kampfe verstümmelten oder im Lager ergrauten Kriegsleuten zu Hülfe zu kommen. Der Organisationsgeist Karl's des Großen machte es den Abteien und Klöstern Königlicher Stiftung zur Pflicht, die zu Krüppeln gewordenen Soldaten als Laienbrüder bei sich aufzu- nehmen. Später richtete der heilige Ludwig die Quinze Vingts ein, wo die erblindeten Kreuzfahrer aufgenommen wurden j Heinrich IV. stiftete in dem Hause der Charité Chretienne ein Asyl für verkrüppelte und hinfällige Offiziere, aber diese Anstalt hatte keinen langen Bestand. Ludwig RlI[. gründete, auf Vorschlag des Kardinals Richelieu, im Schloß Bicêtre

eine Komthurei des heiligen Ludwig, wo alle, die nahweislih im königlichen Kriégsdienste verstümmelt worden, bis an ihr Lebensende

beföstigt und unterhalten werden sollten. Endlich gründete und do. | tirte aufs reichlihste Ludwig XIV. die großartige Anstalt, um welche |

Frankreich so lange vom Auslande beneidet worden is und deren

Glanz Napoleon 1. durch eine Dotation von 6 Millionen Einkünf. *

ten so sehr steigerte. Die der Jnvaliden - Stiftung gehörigen Kapi-

talien und die verschiedenen Einkünfte, aus denen dieselbe ihre Nab- |

rung zog, fielen 1832 an den Staat zurück, und die fortan auf die Kredite der Gesehgebung angewiesenen Ausgaben bildeten alljährlich ein besonderes Kapitel des Krieg8budgets. Jn den ersten Zeiten hatte die Juvaliden - Stiftung, troy ihrer großen Verhältnisse, der Zahl der Bewerber nicht hinreichend entsprechen können. Man sah sich damals schon genöthigt, vielen derselben eine Pension oder den unbestimmten Genuß ihres Soldes zu gewähren. Diese neue Art von Remuneration dehnte sich immer weiter aus; neben die Natural-Ver- pflegung trat die Geldunterstügung, und diese nahm allmälig den Cha- rakter eines Rechtes an. Dieses Recht wurde zuerst anerkannt durch das

Geseg vom 14. Dezember 1790, sodann durch das Geseh vom 11. April 1831, dessen Tarif unter der gegenwärtigen Regierung namhafte Erwei- | terungen erfahren hat. Diese Erweiterungen , in denen das Land |

seine Schuld gegen die Armee abtrug, haben die Lasten des Staats- \chabes gesteigert , was ein Grund mehr für das Kriegsministerium wurde, die Jnvaliden-Verwaltung den Grundsätzen weiser Sparsam- keit zu unterziehen und den Regeln , auf denen die Einrichtung die- ser Anstalt beruht, eine neue Bestätigung geben zu lassen. « Bis auf diesen Tag hat , dem weiteren Jnhalt des Berichts zufolge, für die Jnvaliden - Stiftung kein General - Reglement bestanden ; es giebt nur eine lange Reihe von Verfügungen verschiedenster Art die zum Theil einander aufheben oder außer Gebrauch a6 fommen sind. Die Spezial - Kommission hat dieselben alle geprüft und neue General-Regeln für das Kommando, die Verwal- tung und die Verwendung der Fonds aufgestellt. Diese sind es nun, die mit dem nächsten Jahre in Kraft treten sollen. Die wesentlichsten Bestimmungen darin sind folgende: Aufnahme im JInvaliden-Hotel finden solche Militairs, denen Alter, Blessuren oder “Schwäche nicht mehr zu arbeiten gestatten. Der Ungehörigkeit, daß Aufgenommene aus Laune oder Unüberlegtheit wieder auszuscheiden und bald darauf wieder aufgenommen zu werden begehren, wird das neue Reglement steuern. Der Verwaltungsrath wird zum Oberrath erhoben und hat fünftig nur mit den wichtigeren Fragen, namentli mit der Entwerfung des Budgets zu thun. Ein Militair - Jutendant wird künftig die Leitung und Kontro.e der Verwaltung führen. Der Archivar wird künftig niht mehr zugleich Zablmeister sein; diese Stelle wird einem Beamten übertragen, der Caution zu stellen hat und unter der Kon- trole des Rechnungshofes steht. Kein Jnvalide darf außerhalb des Hotels ein Geschäft betreiben, z. B. Lebensmittel verkaufen ; doch bleibt ihnen unbenommen, in ihren Mußestunden bezahlte Arbeit zu thun. Kein Jnvalide darf Lebensmittel aus dem Hotel heraustragen, weil damit höchst bedauerlicher Mißbrauch getrieben worden is. Ausge- nommen sind die verheiratheten Invaliden, deren Frauen in der Stadt wohnen. Uniformrock und Hut werden abgeschafft, jeder Jnvalide er- hält einen zweiten Mantel und eine zweite Mühe. Für die kleinen Bedürfnisse wird der Sold, der seit 50 Jahren derselbe geblieben war, namhaft erhöht. Die Offizier-Jnvaliden erhalten fortan Diener. Barbieren, Haarschneiden und Wäsche wird künftig auf Kosten des Hotels besorgt. Ein neuer Tarif der Beköstigung wird eingeführt; alle Morgen soll Kaffee verabreicht werden. Das bei offiziellen Be- suchen zu beobachtende Ceremoniell is bis ins Einzelne klar be- stimmt und in Erinnerung gebracht, daß bei der Aufnahme von Kriegstrophäen oder bei den lehten Ehren hoher Würdenträger des Staates keine Truppen-Abtheilung in Waffen durch das Gitter des Hotels kommen darf, das i} ein altes Vorrecht der Jnvaliden.

Der »Moniteur« meldet, daß das auf der Fasanen - Insel vor der Mündung der Bidassoa ins biscayische Meer errichtete Denkmal jeßt fertig ist. Auf der nah Spanien gerichteten Seite ist eine spa- nische, auf der französischen Seite eine französische Jnschrift angebracht. Auf den anderen Seiten, welche nach der Bidassoa und nach dem Meere schauen, stehen die Jahreszahlen 1659 (Pyrenäen-Friede) und 1861 (Wiederherstellung der Fasanen - oder Konferenz - Jnsel ). Die Insel ist mit Gras besäet und mit Bäumen bepflanzt. Hiermit ist der §. 3 des Art. 27 des Bayonner Grenzberichtigungs - Vertrages vom 2. Dezember 1856 vollständig zur Ausführung gekommen.

Ein Telegramm aus Marseille meldet die Ankunft des Prinzen und der Prinzessin Napoleon.

. Heute hat die Preisvertheilung an die Künstlér der nunmehr geschlossenen Kunstausstellung stattgefunden. Der Haus- und Kunst- Minister Marschall Vaillant eröffnete die Sißzung durch eine Rede, der sich eine Ansprache des Intendanten Grafen Nieuweckerke anschloß. Das Ritterkreuz der Ehrenlegion wurde 5 fremden Malern: Achen- hach, Alfred Stevens, Schwertschkow, Vela und Wilmann, 5 fran- zösischen Malern: Gustav Brion, Cibot, de Rudder, Benouville und Desjobert, -3 französischen Bildhauern: Brion, Jselin und Leveel, und dem Lithographen Desmaisons verlichen.

Die Dampf-Fregatte »Mogador« hat Ordre nach Alexandrien

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hekommen, um die nächstens in Suez eintreffende anamitische Ge- sandtschaft des Kaisers Tuduc nah Frankreich zu führen. Aus Brest meldet die »France« , daß die Liniendampfer »Jean Bart«, „Ville de Lyon« und »Wagram« sich verproviantiren und nächster Zeit nach Mexiko abgehen werden. Statt des mit dem Marschalls- sabe für Forey nah Vera - Cruz abgesandten »Forfait« wird der Transport-Dampfer »Rhin« von Toulon nach dem Stillen Ocean, und zwar nach Acapulco, abgefertigt. i (ut ' Heute haben sih, wie dic »France« meldet, die Minister in Fontainebleau beim Kaiser zur Berathung versammelt. Herr Villault fehrt heute Abend nach Paris zurü. Während des Kaisers Ab- wesenheit wird er im Ministerrathe den Vorsih führen. R Die »France« sagt, es sei nicht wahr , was viele italienische Blätter melden, »daß die italienische Flotte unter Contre - Admiral Provano nach Cherbourg gehen werde, um dort vor dem Kaiser der

Franzosen Revue zu passiren. «

Granzas C. AUl, p at (H »Moniteur« publizirt einen Bericht des französischen Konsuls zu Tananariva vom 15. Mai. Es wird darin über die auf Madagaskar stattgehabte Revolution ge- sagt, daß diese aus einer Rivalität zwischen den Großen und jungen Leuten entstanden sei, die bei Radama's Thronbesteigung ans Ruder gelangten, jede Art von Gunst an sich rissen und den König zu Maß- regeln bewogen, welche die Bevölkerung mißbilligte; sie wurden der Ungerechtigkeit, der Erpressungen und überhaupt großer Unsittlichkeit angeklagt. Der König hatte, indem er ein Gesey verkünden ließ, welches den Zweikampf und selbst den Kamp] der Stämme und der Dörfer gegeneinander, ohne andere Förmlichkeit als beiderseitige Zu- stimmung, für zulässig erklärte und auf diese Weise den Bürgerkrieg pro- flamirte, biermit einen Vorwand zu den Feindseligkeiten dar- geboten. Die Offiziere und die Großen unter dem Volke flehten den König an, dieses Geseh zurücézunehmen , er weigerte sih aber entschieden; darauf trafen die Großen Vorbereitungen, ihn anzu- greifen. Der Konsul versammelte die auf Madagaskar befindlichen Franzosen , der englische Konsul die Engländer , nd es wurden Maßregeln hinsichilih der Methodisten-Missionaire ergrissen, die seiner Aufforderung nicht gefolgt waren. Nachdem der König sih noch- mals geweigert hatte, jenes Gesey zu widerrufen , versammelten sich das Volk, Sklaven und Soldaten auf den öffentlichen Plägzen und suchten nach 33 Personen von der Umgebung des Königs die von den Vershworenen proskribirt waren; 11 fielen unter ihren Streichen. Unterdessen entspannen sich Unterhandlungen mit dem Könige, der für die noch nicht umgebrachten Unglücklichen um Gnade bat und versprach, daß er sie für immer verbannen wolle: Die Ver- hwornen blieben unerbittlih und verlangten ewige Einkerkerung der Schuldigen. Dies verweigerte der König anfangs, genehmigte es aber doch nach vielen Unterhandlungen. Am nächsten Tage wurde der König ermordet. Das Conseil proklamirte die Königin Rabodo und verkündete, der König habe, außer sich über den Verlust seiner Freunde, \ich selbst den Tod gegeben. Die Königin genehmigte die Verfassung, welche unter Anderem die Zulassung von Spirituosen verbietet, das Recht über Leben und Tod in die Hände des Conseils giebt und die Religionsfreiheit aufrecht erhält. Der Premierminister zeigte Herrn Laborde an, daß er den Befehl an die Gouverneure ge-

sandt habe, die Weißen in Schuy zu nehmen.

Italien. Turin, 4 Ju: Bkr Ausschuß des turiner Ab- | sich Posen j S. ic. / | des Langiewiczschen Corps organisirte er eine Jnsurgenten-Abtheilung

geordnetenhauses, der die Aufgabe hatte, eine Repartirung der auf das unbewegliche Vermögen gelegten Steuer von 930,000,000 Fr. vorzuschlagen, hat; nach der »Köln. Ztg.«, die von den einzelnen Provinzen des Königreichs Jtalien zu entrichtenden Steuer-Beiträge folgendermaßen vertheilt: Neapel 8,059,029 Fr. alte piemontesische Provinzen mit Einschluß von Pavia 7,641,591 Fr. Lombardei 4,222,904 Fr., chemalige päpstliche Provinzen 3,044,997 Fr., Si- cilien 2,847,316 Fr., Toscana 2,457,402 Fr., Modena 887,244 Fr. Parma und Piacenza 669,517 Fr. :

Rom, 30. Juni. Wie dem »Moniteur« gemeldet wird, war auf die durch den Befehlshaber der * französischen Gendarmerie am 23. und 24. Juni vorgenommenen Verhaftungen Tristany's und Stramenga's die Verhaftung eines gewissen Durrholz , ehemaligen Offiziers im 2. Schweizer-Regimente zu Neapel, gefolgt. Man fand bei ihm wichtige Papiere, die gegenwärtig in Händen der französi- hen Militair-Behörden sind.

Griechenland. Athen. Dem pariser »Moniteur« zufolge wäre die in Athen ausgebrochene Militair- Revolte durch die Ver- haftung eines \sich gegen die Regierung iauflehnenden Offiziers ver- anlaßt worden. Die »France« will wissen, die Gesandten Frank- reichs, Englands und Rußlands hätten in einer an die National- Versammlung gerichteten identischen Note erklärt, sie würden , falls die National - Versammlung nicht sofort die Ruhe im Lande wieder herstelle, ihren Posten verlassen. Aus Turin vom 6. Juli, wird der »Indep. belge« telegraphirt : »Die Lage der Dinge in Athen hat sich noch nicht gebessert. Admiral Vacca hat Truppen zum Schutze des italienishen Gesandtschafts - Hotels und der in Athen lebenden Italiener landen lassen. Mehrere Jtaliener haben sih an Bord der Schiffe unseres (des italienischen) Geschwaders geflüchtet. «

Türkei. Konstantinopel, 5. Juli, Der »Jndép. belge«

wird telegraphirt: »Der im Daghestan gegen die Russen ausge- brochene Aufstand greift um sich. Die Tscherkessen haben das be- festigte Dorf Zakatal genommen; den Russen sind dabei 920 Sol- daten und zwei Generale, deren einer Citianew ist , getödtet worden. «

_Nußland und Polen. Von der polnischen Grenze, 6. Juli, wird der » Ostsee - Zeitung « geschrieben: »Die von cinem flüchtig gewordenen Postbeamten in Warschau am 2. d. ent- wendete Summe von nahe an 60,000 SRo, war soeben von der russishen Jntendantur der Post zur Beförderung nah Plock an die dortige Garnison übergeben worden. Es ist noch zweifelhaft, ob die- ser Diebstahl auf Befehl und im Interesse der geheimen National- Regierung oder lediglih zum Vortheil des Diebes verübt worden ist. Ein gut unterrichtetes polnisches Blatt will wissen, daß die entwendete Summe bis zum Abend des 2. Juli nocch nicht an die Kasse der ge- heimen Regierung abgeliefert war. Sogleich nach Entdeckung des Dieb- stahls wurde auf der Post und in mehreren der Bank gegenüber gele- genen Wechsel-Comtoirs die strengste Nahsuchung vorgenommen, aber ohne Erfolg. Für den Ober-Prokurator Johann Wolowski ist aus St. Petersburg die Entlassung aus dem Staatsdienste einge- sendet worden, das Urtheil gegen denselben is aber noch nicht er- gangen. Als Kandidaten für die erledigte wichtige Stelle des Ober- Profurators hat der Marquis Wielopolski vorgeschlagen: den Staats-Referendar Szymanowskfi, den Advokaten Grabowski, das Senatsmitglied Porzelsfi und den Kanzlei - Direktor in der Justiz- Kommission, Cholewinski. Die Vorgeschlagenen haben aber sämmt- lih die Annahme der Stelle entschieden abgelehnt. Die ge- heime » National -Regierung« hat so eben zwei FJnstructionen für die Formirung von Parteigänger - Abtheilungen der Jn- fanterie und für die Organisation des Volksheers in den Krei- s]sen veröffentlicht. Nach diesen FJnstructionen sollen im Kös- nigreih neue Abtheilungen organisirt und in möglichst kurzer Zeit hlagfertig gemacht werden. Personen, welche die Verhältnisse und namentlich die Stimmung der ländlichen Bevölkerung im Königreich genau kennen, sind überzeugt, daß die erneueten Anstrengungen der Revolutions-Partei nur sehr geringen Erfolg haben werden. Das größte Hinderniß für dieselben ist nächst dem Widerstande der Bauern der bereits sehr fühlbar gewordene Mangel an Waffen und Muni- tion.« Ueber die Vergangenheit des am 19. v. M. gefallenen Insurgenten-Anführers Bordan Boncza theilt der Korrespondent der »Osts.-Ztg.« folgende Data als zuverlässig mit: » Derselbe hieß Konrad Blaszcezynski (war also kein Prinz Radziwill, wie eine Zeitlang ver- breitet wurde) und war 1834 in Warschau geboren. Nach dem Tode sciner Eltern trat er in die russische Armee ein und nahm Dienste bei der Artillerie. Mit besonderem Eifer widmete er sih der Mathematik und den Kriegswissenschaften. Jm Jahre 1859 wurde er zum Lehrer an der Artillerieshule in Warschau ernannt. Nachdem er Anfangs d. J. vom Central-Comité die Ernennung zum Chef der bewaffneten Macht der Woiwodschaft Plock erhalten hatte, reiste er am 13. Januar von Warschau ab und begab sich nah der genannten Woiwodschaft. Hier unternahm er Ende Januar einen Angriff auf die Stadt Ploc, der aber von den Russen zurückgeschlagen wurde, Voll Mißmuth über das Mißlingen seines Planes und über den geringen Anklang, den der Aufstand bei der Masse der Bevölkerung fand, verließ Blaszczynski bald darauf die Woiwodschaft Plock und begab sich Über Posen in das Lager des Langiewicz. Nach Zertrümmerung

im Gouvernement Radom und später nach Zersprengung derselben eine Reiterschaar in der Woiwodschaft Krakau, die durch ihre Raub- züge und Gewaltthätigkeiten gegen friedliche Einwohner mehrere Wochen hindurch der Schrecken der ganzen Woiwodschaft war.« Aus Warschau vom 6. Juli schreibt man demselben Blatt: »Jn der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurden viele Einwohner Warschau’s durch eine in der Mitte der Stadt aussteigende große Rakete erschreckt, denn man glaubte sie als ein Signal zum Aufstande ansehen zu müssen, da man schon lange von einem solchen spricht. Jndessen eilte sofort Mili- tair und Polizei zur Stelle, und sowohl auf der Straße als in den zunächst liegenden Häusern wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen j das Nähere werden wir wohl später erfahren. Gestern Morgen is hier auf der Gartenstraße wieder ein Mann als russisher Spion erdolht worden. Solche Morde sind {on so gewöhnlich bei uns, daß man es kaum werth hält, davon zu sprehen. Am 30. v. M. is beim Dorfe Gozdzikow in den Opoczner Wäldern (Gouvernement Radom) abermals eine der klei- nen Banden, 40 Mann stark, durch ein ODragoner-Detachement unter Lieutenant Schmidt vollständig bis auf 6 Mann, dar- unter der Anführer Wisniewski, niedergehauen worden. Diese Bande, der sogenannten polnischen Gendarmerie angehörig, hatte den Qweck, alle Bauern, welche sich dem Aufstande entziehen wollten und nicht die Mittel besaßen, durch möglichst viel Geld sih loszukaufen, aufzuhängen, ohne Unterschied des Geschlechts und Alters, ähnlich der unlängst aufgehobenen Bande des Boncza (Bleszczynski), der mit seinen den höheren Ständen angehörenden Leuten nur das voraus hatte, daß er sich vornehmlih mit dem Hängen der russischen Gendarmerie befaßte. Die Jnsurgenten machen sich jeßt