1863 / 172 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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neue Nahrung zutrugen , so genügte doch die äinfachste Voraussicht , um darauf hinzuweisen , daß diefe beklagenswerthen Vorgänge keine Lösung finden konnten, an welcher nicht die Nachbarstaaten in gleichem Maße intere|-

firt wären. : : : Wir haben uns somit beeilt , das Wiener Kabinet zu einem Jdeen-

austausch einzuladen. Wir ersehen mit lebhafter Befriedigung, daß dasselbe den Wunsch nicht verkannt hat, zu einem freundschaftlihen Einvernehmen auf Grundlage der gemeinsamen Jnteressen Angesichts jener Eventualitäten zu gelangen, welche von den Beförderern des Aufstandes vorhergesehen sind und , troß des durchsichtigen Schleiers, womit dieselben ihre Umtriebe ver- hüllen, auf Konsequenzen abzielen, welche s{hließlich selbst die Jntegrität der Staaten Sr. K. K. Apostolischen Majestät erschüttern könnten.

Der Herr Graf von Rechberg empfiehlt der Erwägung des Kaiserlichen Kabinets einige Maßregeln, welche nach seiner Ansicht die Pacification des Königreiches Polen herbeizuffihren geeignet wären. Se. Excellenz ist von dem wahren Stande der Dinge in diesem Lande zu wohl unterrichtet, als daß ich nöthig hätte, seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß einige dieser Maßregeln bereits bestehen, und daß die übrigen allgemeine Grundsayße cnt- halten, die in ihren wesentlichen Zügen in feinem Widerspruche mit den Entrbikelungen stehen, welche unser erhabener Gebieter den gegenwärtigen Me en des Königreiches zu geben Sich vorbehalten hat, sobald Se.

ajestät den Moment für geeignet erachten wird.

Der österreichische Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten be- zeugt übrigens selbst, daß die meisten jener Jdeen mit dem Plane zusam- mentreffen, welchen Se. Majestät der Kaiser Sich vorgezeichnet hat. Allein Se. Excellenz wird ohne Zweifel auch anerkennen, daß dieselben nicht, mit einiger Aussicht auf Erfolg, Anwendung finden könnten, bevor die materielle Ordnung hergestellt ist. Es wird der Einsicht des Herrn Grafen von Rech- berg sicherlih nicht entgehen, daß, so lange diese, zu jeder ersprießlichen Wirksamkeit der Regierung unerläßliche Bedingung nicht erfüllt ist, jeder Versuch einer Organisation des Königreiches einerseits an den gleichen Hin- dernissen, welche die gegenwärtigen Unruhen derselben bisher entgegengestellt haben, andererseits an der moralischen Ermuthigung scheitern würde, welche die Hoffnung einer thätigen auswärtigen Intervention den widersinnigsten Bestrebungen des Aufstandes gewähren muß.

Es hängt in hohem Grade von den Großmächten ab, solche Jllusionen „zu zerstreuen, solche Berechnurigen zu vereiteln und das Ende dieser Situation zu beschleunigen, indem sie diese wesentliche Seite der Frage, in welcher, unseres Erachtens, deren Gefahr für Europa liegt, in ernstliche Erwägung

ichen. : cis Wir werden jederzeit zu einem Jdeenaustausche über diesen Gegenstand mit jéder von ihnen, auf dem Wege unseres diplomatischen Verkehres und mit dem aufrichtigen Wunsche, zu einem Einverständnisse zu gelangen, bereit sein. :

Jn Bezug auf Berathungen in Konferenz, an welchen alle Mächte, welche die Wiener Generalakte vom 27. Mai (9. Juni) 1815 unterzeichnet haben, Theil nehmen würden, verkennen wir nicht das Jnteresse, welches jene Mächte an der gegenwärtigen Lage dieses Landes nehmen müssen, in- soweit dieselbe die allgemeine Ruhe und das durch den Vertrag, an welchem sie Theil genommen haben, gegründete Gleichgewicht stören könnte; wir be- streiten ihnen nicht das Recht, den Sinn jener Akte nach ihren eigenen An- \hauungen auszulegen. Wir ‘vermöchten jedoch weder Opportunität noch praktischen Nugzen darin zu erkennen, daß ihrer Berathung. Fragen unter- zogen würden, welche sich an das innerste Detail der Verwaltung des König- reihs knüpfen würden.

Keine Großmacht könnte auf eine solche direkte Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten eingehen. Dieselbe liegt übrigens weder im Geiste noch im Buchstaben der bestehenden Verträge und würde das Ziel der Pa- cification, auf welches alle Wünsche und Bemühungen der Mächte gerichtet sind, nur weiter hinausrücken , indem sie die Anmaßungen der polnischen Agitatoren- um ebèn fo viel erhöhen , als das Ansehen der souverainen Autorität verringern. würde.

Herr Graf v. Rechberg hat , indem er seinen eventuellen Beitritt zu einer derartigen Combination von der vorläufigen Zustimmung des Kaiser- lichen Kabinets abhängig machte, mit einem von unserem, erhabenen Ge- bieter vollkommen gewürdigten Billigkeitsgefühl selbs die Unmöglichkeit ge- ahnt, in welcher wir uns. befänden, darauf einzugehen. , Wir erkennen mit Vergnügen in dieser Zurückhaltung cinen Beweis der freundschaftlichen Ge- sinnungen des Wiener. Kabinets und ein Zeugniß der richtigen Würdigung der Situation von Seite des Herrn Grafen von Rechberg.

Der Gang, welcher im Jahre 1815 eingehalten wurde , scheint uns hinlänglich klar die Beschaffenheit der Berathungen anzudeuten, welche Über Fragen gepflogen werden können , die einerseits ein allgemeines Jnteresse, anderfeits aus s{lteßlich in das Gebièt der souverainen Grenzstaaten gehörige Details dér Verwaltung berühren. Qu jener Zeit ist praktisch eine Unter- scheidung zwischen diesen beiden Kategorieen - von Interessen aufgestellt worden. -Die ‘ersteren haben den Gegenstand: besonderer Verhand- lungen zwischen den Höfen von Nußland , Oesterreih und Preußen gebildet, unter welchen historishe Ueberlieferungen , fortwährende Ve- rührung und ‘unmittelbare - Nachbarschäft eine enge Solidarität ge- schaffen hatten. Alle Vereinbarungen, welche die Regelung der innern Verwaltung und der - wechselseitigen Beziehungen. der-zur- Zeit: des Wiener Kongresses unter ihre respektive Landeshoheit gestellten polnischen Gebiets- theile zum Zwecke hatten, sind. in besonderen, zwischen diesen drei Höfen am 21. April (3. Mai) 1815 abgeschlossenen Verträgen niedergélegt worden. Dieselben sind in der Folge durch eine. Reihe von Spezialconventionen, #0 oft die Umstände es erforderten, vexvollständigt worden. Nur die in diesen Verträgen erwähnten allgemeinen L RURee welche von europäischem Jn- teresse sein fonnten, sind in die Akte des Wiener Kongresses aufgenommen worden, welche am 27. Mai (9. Juni) von allen zur selben berufenen Mächten unterzeichnet worden ist,

Gegenwärtig kommen diese allgemeinen Grundsätze nicht in Frage, allein die Details der Verwaltung und die inneren Vorkehrungen würden, nüg- lichen Stoff zu Besprechungen zwischen den drei Höfen liefern, um die re- spektive Stellung ihrer polnischen Besißungen, auf welche sih die Bestim-

heilnahme an dem-

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mungen der Vérträge von. 1815 erstrecken, mit den Förderungen dex genwart und den Fortschritten der Zeit in Einklang zu 1 cs Kaiserliche Kabinet erklärt sich von heute an bereit, in ein derartiges Ein ernen p O O eds Wien und Berlin zu treten. i nier erhabener Gebieter set in die versöhnlichen Gefühle ünd As.

sichten Sr. Majestät des Raisecs von T et zu festes Vetter um nicht Überzeugt zu sein, daß ein Einverständniß auf diesen Grundlagen zu Resultaten führen würde, welche für die gegenseitigen Jnteressen der drei Höfe, die Wohlfahrt ihrer polnischen Unterthanen und die allgemeinèn Rüd- sichten, welche diese Fragen an die Ruhe uünd das Gleichgewicht Europa's knüpfen, in gleichem Maße befriedigend wären. ; i

Wollen Sie vorliegende Depesche dem österreichischen Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu lesen geben und eine Abschrift derselben in den Händen Sr. Excellenz lassen.

Empfangen Sie 2c. __ Nach Empfang der vorstehenden Mittheilung hat si die Kaiser- liche Regierung darüber mit den Kabinetten von London und Paris in Verbindung gesezt und sie hat sih außerdem sogleich über einige sie direkt angehende Punkte in einem besonderen Akten- stücke ausgesprochen, welches wir nachstehend wiedergeben :

Depesche des Grafen Rechberg an den Fürsten Metternich in Paris

und an den Grafen Apponyi in London, ddo. Wien, 19. Juli 1863:

Die Depesche des Fürsten Gortschakoff an Herrn von Belabine berührt drei Punfte, welche ganz besonders Oesterreich betreffen und über welche die Kaiserliche Regierung sich mit Entschiedenheit aussprechen muß, bevor sie si mit den Regierungen von England und Frankreich über die Haltung ins Einvernehmen seßt, welche die drei Mächte in Folge der rüssischen Ant- worten auzunehmen für gut finden werden. : j

Jch will nicht untersuchen, ob ein geheimer Gedanke den Fürsten Gort- \schakof beim Schreiben der drei Passagen, um welche es sich handelt, leiten konnte. ¿DO beschränke mich darauf, zu erklären, daß dieselben geeignet sind, ein zweideutiges Licht auf die Absichten Oesterreichs zu werfen und es in eine Stellung zu bringen, welche es nicht annehmen könnte.

Die drei Stellen der russischen Depeschen , welche sofort eine Bemer- fung erheischen, sind folaende :

1) Jene, wo Fürst Gortschakoff andeutet, daß unsere Depesche vom 18ten

Juni die Weigerung Rußlands , einer Konferenz beizutreten , vorahne

__ und so zu sagen zum voraus billige.

2) Wo eine Art von Gleichstellung zwischen den polnischen Provinzen

des österreichischen Käiserstaates und dem im Allgemeinen mit dem

__ Namen des Königreichs Polen bezeichneten Lande aufgestellt wird.

3) Endlich jene, wo die russische Regierung vorschlägt, sich mit Oester-

reich und Preußen ins Einvernehmen zu seyen, um das Loos ihrer

betreffenden polnischen Unterthanen festzustellen.

Ich ersuche Ew. Durchlaucht (Ew. Excellenz, sich gegen Herrn Drouvyn de Lhuys (Lord Russell) sehr bestimmt auf solche Weise auszusprechen, daß kein Zweifel über die Gesinnungen der Käiserlichen Regierung übrig bleibe.

Was die Konferenz betrifft, so konstatirt unsere Depesche vom 18, Juni an den Grafen Thun éinfah / eine klare Thatsache, indem sie zu verstehen giebt, daß der Zusammentritt derselben von der Theilnahme Rußlands ab- hängt. Es if in der That klar, daß man nicht in Konferenz mit Rußland verhandeln könnte, wenn diese Macht es ablehnt. Daraus folgt jedoch nicht; daß ein solches Ablehnen von uns gebilligt werde. Der Vorschlag einer Konferenz ist im Gegentheil nah unserer Ansicht für die russische Regierung volllommen annehmbar. Wir haben übrigens den Grafen Thun bereits telégraphisch beauftragt, ‘sih in diesem Sinne auszusprechen und diese irrige Auslegung unserer Depesche zu berichtigen. j

Was die Gleichstellung zwischen Galizien und dem Königreich Polen

anbelangt , so müssen wir jede Jnsinuation dieser Art mit Entschiedenheit zurücfweisen. Was endlich die von Rußland vorgeschlagene Form der Vereinbarung betrifft, so haben wir bereits in St. Petersburg erklärt, daß das zwischen den drei Kabinetten von Wien, London und Paris hergestellte Einverständniß ein Band zwischen denselben bildet , von welchem Oesterreich sich jeßt nicht loslôsen kann, um abgesondert mit Rußland zu unterhandeln. !

Ew. Durchlaucht (Ew, Excellenz) können Herrn Drouyn de Lhuys (Lord Russell) die vorliegende Depesche zu lesen geben. i

Empfangen 2c. C

Belgien. Brüssel, 22. Juli. Der Spezial - Vertrag zwi- schen Belgien und den Vereinigten Staaten in Betreff der Ablösung des Scheldezolles ist von den Herren Rogier und Sandford vor- gestern im auswärtigen Amte unterzeichnet worden. Ein König- licher Erlaß schreibt einen Preis von 3500 Fres. für die Herstellung der besten Denkmünze aus, um die Befreiung des Scheldeflusses von seiner leßten und lästigsten Fessel zu verewigen. Der Avers der Medaille soll das Brustbild des Königs darstellen , während der auf der Rückseite anzubringende Gegenstand der Phantasie des Künstlers überlassen bleibt. Der Konkurs soll am 28. September geschlossen werden. (Köln. Ztg.)

Großbritaunien und Jrland. London, 22. Juli. In der gestcigen Oberhaus - Sißung wurde durch die Kommission ein langes Verzeichniß von Bills verlesen, welche die Königliche Sanction erhalten haben.

_JIm Unterhause fragte gestern Lord J. Manners, ob es wahr sti daß die englischen Diplomaten und Schiffsoffiziere vor der Küste von Grie- chenland die Weisung erhalten haben, den Jonischen Unterthanen Jhrer Majestät keinen Schuß mehr zu gewähren, und ob Jhrer Majestät Ae al die Pforte einladen wird, dér über die Abtretung der Jönischen Inseln abzuhaltenden Konferenz beizuwohnen. “Lord Palinerston erwiedert auf erstere ‘Frage, ‘daß kein Agent Jhrer Majestät eine Weisung der érwähn- ten Art erhalten habe, da in den Beziehungen der Jonischen Jnseln zur Krone von Großbritannien bis diesen Augenblick noch nichts verändert sei. Jn: Er- wiederung auf die zweite Frage sagt der edle Lord, es sei in der That der

Polen in Aufregung haltenden Unruhen an uns gelangen zu lassen.

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all, dos in dem zwischen England, Frankreich und Oesterreich im November 1815 gelchlossenen Vertragé eine Stipulation dahin- lautete, daß die Türkei und das Königreich beider Sizilien zum Beitritt eingeladen werden sollten. Der Sultan jedoch lehnte ab, weil er sih ‘grundsäßlih einer nähern Be-

‘rührung mit der europäischen Politik enthalten zu müssen glaubte. "Zwei

ahre später fand der Abschluß einer Convention statt , aber zu einem an- deren Qweck. Jn dieser Convention erkannte die Türkei, ohne dem Ver- trage, der diese Jnseln unter britische Schirmherrschaft gestellt hatte , beizu- treten, die sieben Jnseln als britischen Besiß an, und machte sich verbindlich, den Joniern dieselben Rechte wie britischen Unterthanen einzuräumen. “ÿ[llein da die bewußte Convention nicht thatsächlich das britische Protektorat über die Jnseln bestätigte , ist die Türkei , wie der edle Lord bemerkt , nicht berechtigt, einen Kongreß über die vorgeschlagene Uebertragung der Jonischen Tnseln zu beschicken. Lord F. Manners fragt , ob der edle Lord sich er- innere, daß die erwähnte Convention ein Vertrag behufs Beitritts zum Ver- trage von 1815 ‘betitelt sei? Lord Palmerston sagt, er habe die Convention genau angesehen und sei gewiß, daß der edle Lord seine (Palmerston's) Lesart rich- tig finden werde. Mr. B. Cochrane fragt, ob die neuesten atheniensischen Ereignisse die Ankunft des Königs Georg 1. uicht verzögern würden? Lord

almerston entgegnet, er sehe kaum einen Grund, warum die erwähnten Pocfälle den König von der Abreise einen Augenblick zurückhalten sollten. Mr. P. Hennesty fragt, ob Jhrer Majestät Regierung eine Abschrift der vom Fürsten Gortschakoff an die französische Negierung über die sechs Punkte gerichteten Depesche besige und dieselbe vorlegen wolle? Lord Palmerston entgegnet, die Regierung sei nicht im Besiy einer autorisirten Abschrift, welche sie dem Parlamente vorlegen könnte. Mr. Be rkeley beantragt eine Resolution zu Gunsten eines Mr. Bewicke, der in olge einer falschen An- klage zu vier Jahren Gefängniß verurtheilt worden war. Nach einiger Zeit wurde klar erwiesen, daß die Schuldigsprechung das Werk ciner Verabredung falscher Zeugen gewesen, und Mr. Bewike erhielt eine sogenannte Königliche Begnadigung. Aber als er heunkehrte, fand er, daß die Behörden all seinen Hausrath als das Eigenthum eines Verbrechers konfiszirt und für weniger als ein Drittheil seines Werths verkauft hatten. Sir G. Grey sagt, diese Thatsachen seien richtig, aber die falschen Zeugen habe das Gericht wegen Meineids bestraft und den Erlös der verkauften Gegenstände dem Eigenthümer zurückgegeben. Mehr habe sih nicht thun lassen. Sir F. Kelly sagt, das Gesey behandle solche Fälle mit shmählicher Ungerech- tigkeit und sollte verbessert werden. Jedenfalls wäre es nur recht und billig, wenn Mr. Bewicke für scinen direkten pekuniären Verlust eine Entschädi- gungssumme crhielte. Der Solicitor- General bemerkt, daß Mr. Be- wie hart mitgespielt worden sei, aber die Behörden treffe keine Schuld, und was die vorgeschlagene Entschädigung betreffe, so könne man in diesem einen Falle keine Ausnahme von der Regel machen. Der Antrag wird mit 22 gegen 20 Stimmen abgelehnt. Mr. B, Cochrane bringt den kritischen Stand der Dinge in Japan zur Sprache, um die Regierung vor der Prorogation zu einer Erklärung über ihre Absichten zu veranlassen, und beantragt Vorlegung von Schrift- stücken. Mr. Ciddell sekundirt und behauptet, daß England keinen gerech- ten Kriegs8grund gegen ein Land habe, welches zum Abschluß von Hanèels- verträgen durh Gewaltdrohung und physische Demonstration gezwungen worden sei, und den Engländern am Ende nichts als Seide zu geben habe. Mr. Layard erwiedert, der getadelte Vertrag sei auf Lord Malmesbury's Weisung entworfen worden. Die Regierung bedauere den Zwist, sie habe den Taifun mit Nachsicht behandelt, und könne nicht anders als auf Sicher- heit für Leben und Eigenthum britischer Kaufleute bestehen. Der Anträg wird zurückgenommen. :

Der zur Revision des in England gebräuchlihen Systems der Freiheitsstrafen und der Gefängniß-Disziplin nieder- geseßte Sonderaus\huß hat dem Parlamente einen umfassenden Be- riht vorgelegt, dessen Hauptvorschläge in fünf Punkten zu resumiren sind: 1) Zuchthausstrafe soll in Zukunft nicht auf einen kürzeren Zeitraum als sieben Jahre erkannt werden. 2) Das bereits von dem Geseße anerkannte Prinzip , rückfällige Verbrecher s{werer zu bestrafen , is kräftiger durchzuführen. 3) Zu Zuchthausstrafe Ver- urtheilte sind zuvörderst neun Monate lang in Einzelhaft zu halten und dann für die übrige Dauer ihrer Strafzeit bei óôffentlihen Arbeiten zu beschäftigen, doch mit der AUs- sicht, durch Fleiß und gute Führung eine Abkürzung dieses Theiles ihrer Strafe erwirken zu können. 4) Alle männlichen Verbrecher, deren Körperbeschaffenheit erlaubt, sie nah einer Kolonie hinzubrin- gen, sind für die lehtere Periode ihrer Strafzeit nah Westaustralien zu schicken. 5) Diejenigen, welche zur Transportation nicht ge- eignet sind, die aber eine Kürzung ihrer Strafzeit erwirken und folg- lich im Inlande unter Licenz der Haft entlassen werden, sind bis zum Ablauf der Zeit , auf welche ihr Strafurtheil lautete, unter

firenger Aufsicht zu halten, und es sind auf dem Wege des Gesehes

die nothwendigen Vollmachten zu ertheilen, um diese Aufsicht wirk-

sam zu machen. : Frankreich. Paris, 22. Juli. Die (kürzlich mitgetheilte)

Madrider Depesche, welche aus. Malaga den Zusammenstoß und

Untergang zweier Fregatten englisher und französischer Flagge meldete, woird von der »France« als falsch bezeichnet. ;

Die russische Antwort auf die französische Note vom 17. Juni hat folgenden Wortlaut:

Fürst Gortschakoff an Baron Budberg. Petersburg, 1. /13. Juli.

Herr Baron! Jh habe vom Herrn Herzog von Montebello die ab- shriftlih hier beigefügte Depesche des Ministers der auswärtigen ‘Angelegen- heiten Frankreih8 mitgetheilt erhälten. Wir haben die Gesinnung gewür- digt, welche die Regierung Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen bewogen

hatte, ihre Wünsche für eine {nelle Beschwichtigung der das Ingen ir

at zu au has 098. Tulerien-Zalines eben so dem Gedanken Ge- viderfahren [lâ ins in i : Sat leiteie pt er uns in der Antwort auf seinen ersten __ Dieser Gedanke , Herr Baron , entsprang nicht nur dem Verlangen, einem uns in freundschaftlichster Form vorgetragenen Wunsche zu entsprechen. Er wurde uns außerdem durch die moralische Solidarität diktirt , welche zwischen den Großmächtea besteht gegenüber dem mehr und méhr klar her- rufe aas L M HeE O YMIONAITED Elemente aller Länder, das sich

e im Königreich Polen konzentrirt u F Âi - Stier Ad g à nd der Frage den europäischen Cha

Wir sollten hierauf um so mehr die Regierung des Kaisers Napoleon aufmerksam machen, als einer der Hauptheerde dieser Agitation sich in Paris selbst befindet. Die polnische Emigration hat; ihre gesellschaftlichen Be- ziehungen benußend,/ dort eine ausgebreitete Verschwörung organisirt, die dazu bestimmt ist, einerseits die öffentliche Meinung in Frankreich durch ein Svstem von Verleumdung und Verdächtigung ohne Gleichen irre zu leiten, andererseits die Unordnungen im Königreich zu nähren, sei es durch mate- rielle Hülfe, sei es durch den Schrecken eines geheimen Comité's, sei es vor Allem durch die Verbreitung der Ueberzeugung von einer Aktiv-Jntervention von außen her zu Gunsten der wahnsinnigsten Anschläge des Aufstandes. Diese Einwirkung isst heute di: Hauptquelle einér Agitation, die ohne sie unter der Kraft der Gesehe, vor der Gleichgültigkeit oder dem Widerstande der Massen bereits erloschen wäre. Da also muß man die moralische Ur- jache suchen, welche die peinliche Lage der Dinge fortdauern zu lassen strebt, deren shleuniges Aufhören die französische Regierung, wie wir selber, im Namen des Friedens und der Menschlichkeit wünscht. Wir glauben gern, daß sie ihren Namen nicht zum Nußgen der Revolution in Polen und in Europa mißbrauchen lassen wird.

Diese Erwägungen, Herr Baron, bestimmen den Charakter der Auffor- derung, welche wir an das Tuilericen-Kabinet gerichtet haben; sie begrenzen eben fo den Gegenstand und die Tragweite des Gedanken - Austausches, zu dem wir dasselbe eingeladen haben. Wenn die Ordnung in einem Lande schwer gestört ist, können die Nachbarstaaten dabei nicht gleichgültig bleiben, und die anderen Mächte dürfen ohne Zweifel auch in Hinsicht der allge- meinen Sicherheit ein Jnteresse daran nehmen. Aber ein positives Recht dazu kann sich nur auf die Stipulation bestehender Verträge stüßen. Des- halb müssen wir selbst von einem freundschaftlichen Gedanken - Austausch,

. auf den wir einzugehen bereit sind, jede Anspielung ‘auf Theile des russi-

schen Reiches ausschließen, auf welche keine besondere Stipulation irgend einer internationalen Acte Anwendung findet.

Was das Königreich Polen anbelangt , so ist der Herr Minister der

auswärtigen Angelegenheiten auf unsere Ansichten eingegangen , indem er uns seine Jdeen über die Mittel mittheilte, mit denen, nah seiner Meinung, die Pacification des Landes herbeigeführt werden könnte. Mit Genugthuung konstatiren wir, daß diese Jdeen ganz die Richtung nehmen, in welcher die Absichten Sr. Majestät des Kaisers liegen , wie ich sie in meiner Depesche vom 14. /26. April an Baron Brunnow auseinandergeseßt habe, wovon Ew. Excellenz beauftragt waren, eine Abschrift dem Herrn Drouyn de Lhuys zuzustellen. _ Der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten {Frankreichs erkennt selbst an, daß mehrere dieser Maßnahmen in dem Plane enthalten sind, den unser erhabener Herr sih entworfen hat. Ich möchte sagen, daß die meisten derselben bereits durch Ordres des Kaisers dekretirt oder durch die weiteren Entwicklungen , welche Se. Majestät sih vorbehalten und deren Gedanke klaren Ausdru gefunden hat, eingeleitet worden sind.

Nichtsdestoweniger muß ich daran erinnern, daß die Erfahrung bis zur Epidenz bewiesen hat, wie trügerisch es is, auf die Wirkung dieser Combi- nationen zur moralischen Beschwichtigung des Königreichs Polen zu rechnen, bevor die materielle Ordnung und die Achtung der Autorität nicht wieder hergestellt sind. So lange die gegenwärtigen Unruhen dauern, so lange vor Allem die Hoffnung auf eine Intervention von außen besteht, welche eben der mächtigste Hebel des Aufstandes ist, wird diese Situation unausbleiblich die Wirkung haben, daß einerseits die Anwendung aller von der Kaiserlichen Regierung getroffenen Maßnahmen ernstlich gehemmt is, andererseits die polnischen Jusurgenten sie verwerfen, selbst wenn sie die vollständige Aus- dehnung erhielten, welche der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs empfiehlt, Ganz gewiß werden die mehr oder minder hervor- tretenden Nuancen 5 - welche die sechs in der Depesche des Herrn Drouyn de Lhuys erwähnten Artikel in die dem Königreiche theilweise schon gewährte Amnestie, Verwaltungs - Autonomie und National - Repräsentation bringen, die Jnsurgenten nicht dazu bewegen, die Waffen nieder zu legen. Diese werden darin vielmehr einen Schritt weiter nach dem beständigen Ziele ihrer Hoffnungen und Anstrengungen erblicken; welches eben das ist, die Sympa- thicen, die man ihnen im Auslande schenkt, zu einer Aktiv-Jntervention für ihre übertriebenen Anschläge fortzuführen. Sie werden darin folglich eine Ermuthigung erblicken, in ihrer gegenwärtigen Haltung zu verharren. Jhre Schlußfolgerung würde diametral dem. Resultate, das man erreichen will, eng geng sein - denn sie würde dahin zielen, die peinliche Situation, der die französische Regierung, wie das Kaiserliche Kabinet schnell ein Ende machen möchte , nur zu verlängern und noch mehr zu vergiften.

Außerdem finden wir in der Depesche des Herrn Drouyn de Lhuys

noch zwei andere , Jdeen : . diè ciner provisorischen Pacification, ae auf die Aufrechthaltung des militairischen“ Status quo, und die einer Konferenz der

acht Mächte, welche die Wiener General-Akte vom 27. Mai 9. Juni

1815 unterzeichnet haben. Was die erstere anlangt, so können wir, wie heiß auch unser Wunsch ist, dem Blutvergießen Einhalt zu thun, uns kaum ein

‘richtiges Bild von dem praktischen Werthe dieses Vorschlages machen. Wir

glauben, daß die französische Regierung nicht minder als wir diè Schwierig- keit empfindet, den Charakter, die Tragweite und den Ausführungsmodus irgend einer Unterhändlung zu präzisiren, deren Zweck die Feststellung eines militairischen" Status quo ist, der doch offenbar zwischen einer geseßlich kon- stituirten/ auf einer regulairen Armee fußenden Regierung und einem auf dem Terrorismus stehenden, in Verbrechen zUErGA en und durch in Wäldern zerstreute Rebellenbanden bedientes Geheim-Comité nicht bestehen

kann, Zwischen solchen Elementen giebt es nur eine Transaction, welche-