1863 / 283 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

S R Ee E E A E G A R E E S P RIRNN R B M

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1) sich mit der von der Staatsregierung in dem Budget auf die Finanz- periode 1864 /66 beabsichtigten Maßregel einer wesentlichen Verbesse- rung der Gehalte der im Staatsdienste angestellten Beamten und Diener, so wie mit dem hierbei eingeschlagenen Verfahren im All- gemeinen zwar einverstehen, sich in Beziehung auf jedes einzelne Postu- lat aber die Freiheit der Abstimmung bei der betreffenden Position wahren ; hiernächst der Staatsregierung gegenüber nicht allein den in der stán- dischen Schrift vom 6. August 1858 gestellten und noch unerledigten Antrag. »Sr. Königlichen Majestät Regierung zu ersuchen, die Geseh- gebung über die Staatsverwaltung in ihren einzelnen Qweigen mit der Absicht der Vereinfachung des Geschäftsbetriebes zu revidiren «, erneuert ehrerbietig in Erinnerung bringen, sondern auch die Bitte hinzuzufügen: durch Erweiterung der Befugniß zur Selbstverwaltung, namentlich für Gemeinden und durch Instruction für die Verwal- tungsbeamten auf NVerminderung der Aufgaben für die Staatsverwal- | tung und der Zahl der Staatsangestellten hinwirken, hierüber aber | nocch der gegenwärtigen Ständeversammlung Mittheilung machen, und

3) diesen Antrag in einer besonderen ständischen Schrift alsbald an die hohe Staatsregierung gelangen zu lassen. Dr. 1)

Fraukfurt a. M. , 1. Dezember. Die offizielle Mittheilung über die Bundestagssißung vom 98 November lautet: Jn der 38. diesjährigen Sizung gab Präsidium der Bundesversammlung Kenntniß von einer ihm durch den bisherigen Königlich dänischen Gesandten überreichten Vollmacht des Königs Christian 1X. von Dänemark zur Vertretung der holstein-lauénburgischen Stimme und beantragte deren Verweisung an den Ausschuß für die holstein- lauenburgische Verfassungsangelegenheit, was sofort genehmigt wurde. Als der bisherige Königlich dänische Gesandte das Wort nahm, um gegen diesen Vorgang zu protestiren, veranlaßte der Königlich sächsi- \he Gesandte Präsidium, die Frage zu stellen, ob ein Gesandter, welcher bereits das Ableben seines Vollmachtgebers offiziell notifizirt habe und dessen neue Vollmacht noch nicht anerkannt \ci, ÉErfklä- rungen zu Protokoll geben dürfe.

Nachdem die Versammlung diese Frage verneinend entschieden hatte, erklärte Präsidium, daß es hiernach dem Freiherrn v. Dirckinck- Holmfeld das Wort nicht mehr ertheilen könne, und hob die | Sihung auf.

Bald darauf fand ohne Theilnahme des Freiherrn v. Dirkink- Holmfeld eine zweite Sihung statt, in welcher zunächst Präsidium eine von dem Herzoge von Anhalt auf den Großherzoglich oldenbur- gischen Bundestagsgesandten ausgestellte Vollmacht zur Vertretung des Herzogthums Lauenburg vorlegte, welche unter Protest von Königreich Sachsen, der sächsischen Häuser und Mecklenburgs an den Ausschuß für die holstein - lauenburgische Angelegenheit verwiesen wurde. Dasselbe wurde unter demselben Protest in Beziehung auf die später von dem Gesandten der 15. Curie für Anhalt erstattete Anzeige beschlossen , daß der Herzog die Regierung des Herzogthums Lauenburg antrete und den Schuy des Bundes in Anspruch nehme.

Sodann stellte Königreich Sachsen , dem sich Württemberg #0- gleich anschloß, den Antrag:

In Erwägung :

daß die zu Lebzeiten weiland Sr. Majestät König Friedrichs VII. von Däne- mark, Herzogs von Holstein - Lauenburg eventuell beschlossene Bundes- Execution für das Bundesland Holstein sämmtliche Stadien der vorberei- tenden bundesmäßigen Behandlung dergestalt durchlaufen hat, daß es nur noch eines Beschlusses bedarf, um die zu deren Vollstreckung nöthigen An- ordnungen in Vollzug zu sekzen ;

daß inmittelst , in Folge des Ablebens Sr. Majestät König Friedrichs von Dänemark , bezüglich der Erbfolge in den Herzogthümern Holstein und Lauenburg eine streitige Frage dem Bunde zur Erledigung vorliegt, indem gemäß der durch den Londoner Vertrag vom 8. Mai 1852 für die Ge- jammtheit der y damals die dänische Monarchie bildenden Länder fest- geseßten Erbfolge Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Glücksburg den dänischen Thron bestiegen hat, dagegen jedoch von Seiten eines Agnaten Erbansprüche auf die Herzogthümer Schleswig-Holstein erhoben worden j

daß der Bund dem obigen Vertrage d- de London , 8. Mai 1852 zur Zeit nicht beigetreten und berufen is, über die rechtlichen Ansprüche gedachter Agnaten Entschließung zu fassen ;

daß es, unter solchen Umständen die Würde und das Ansehen des Bundes erheischen, den zu fassenden Beschlüssen die volle Geltung zu sichern und jede derselben vorgreifende Handlung fernzuhalten,

wolle die hobe Bundesversammlung beschließen :

»Es sei bis zu dem möglichst zu fördernden Austrage der Sache die Zulassung eines Abgesandten Sr, Majestät des Königs von Dänemark zu den Verhandlungen der Bundesversammlung nicht für statthaft zu erachten, auch von dem Entgegennehmen- von Beglau- bigungsschreiben eines Königlich dänischen Abgesandten als Mitglied der Bundesversammlung abzusehen.

»Es seien unverzüglich die nöthigen Anordnungen zu treffen, damit das für Holstein bestimmte Executions-Corps mit der den Umständen entsprechenden - Verstärkung in Holstein und Lauenburg einrüce, um diese Bundesländer bis zu dem Zeitpunkte beseht zu halten , wo der Bund si in der Lage schen wird, dem von ihm als rechtmäßig an- erfannten Nachfolger in gedachten Herzogthümern , lehtgedachte Bundesländer zu eigener Verwaltung zu übergeben. «

Von Großherzogthum Hessen erfolgte der Antrag: Hohe Bundesversammlung wolle beschließen : 1) die zum Zwecke der Execution früherer Beschlüsse bereits in Aussicht

deren Wahrung dem Deutschen Bunde unter den gegenwärtigen Verhält- nissen obliegt, sofort in Vollzug zu sehen /

2) an die Königlich dänische Regierung in geeignetem Wege die Auf- forderung ergehen zu lassen, alle dänishen Truppen aus den Herzogthümern Holstein und Lauenburg zurückzuziehen und das holstein - lauenburgische Bundeskontingent dem Deutschen Bunde bis auf Weiteres innerhalb des Bundesgebiets zur Verfügung zu stellen.

Endlich beschloß die Bundesversammlung, nachdem sie vorstehende Auträge an den mehrgedachten Ausschuß verwiesen hatte, in Folge eines Vortrags dieses Ausschusses: die Führung der holstein-- lauen- burgischen Stimme in der Bundesversammlung sei zur Zeit zu sus- pendiren, und hiervon sowohl dem bisherigen k. dänischen herzogl. holstein - lauenburgischen Herrn Gesandten an dem Hrn. Geh. Rath v. Mohl Mittheilung zu machen. Oesterreich und Preußen gaben bei der diesem Beschlusse vorangegangenen Umsfrage nachstehende qe- méeinschaftliche Erklärung zu Protokoll : /

Die Stellung der Kaiserlich österreichischen und der Königlich preußi- schen Regierung it durch den Vertrag bedingt, welchen beide in Gemein- schaft mit den Regierungen von Frankreich , Großbritannien, Rußland und Schweden 1852 in London mit der Krone Dänemark abgeschlossen haben, nachdem die Vorbedingungen desselben durch Verhandlungen mit Dänemark im Laufe der Jahre 1851/52 festgestellt worden waren. Beide allerhöchste Regierungen fassen die Gesammtheit dieser Verab- redungen als ein untrennbares Ganzes auf, welches durch den Lon- doner Vertrag seinen Abschluß erhalten hak. Nachdein der Fall, welchen dieser Vertrag im Auge hatte, nunmehr eingetreten M, sind beide allerhöchste Regierungen zur Ausführung des Veitrages bereit , wenn die Krone Dänemark ihrerseits die vorgängigen Ber- abredungen ausführt, deren Verwirklichung eine Vorausseßung der Unter- zeichnung des Londoner Vertrags durch Preußen und Oesterreich bildete. Die Succession in Lauenburg steht dem König Christian nach Ansicht beider allerhöchster Regierungen auch dann zu, wenn der Londoner Vertrag hin- fällig wird, nachdem der nächstberechtigte Erbe weiland König Friedrichs, der Prinz Friedrich von Hessen, seine Rechte auf König Christian übertragen hat. Die Zulassung des vom Könige von Dänemark für Lauenburg er- nannten Gesandten in dem Maße, wie die Vertreter der einzelnen Bestand- theile stimmberechtigkter Kurien zur Theilnahme an den Sihungen berechtigt sind, erscheint daher nicht anfechtbar. Für Einräumung des auf der Ge- sammt-Kurie Holstein und Lauenburg ruhenden Stimmrechts aber vermögen beide allerhöchste Regierungen nur dann zu votiren, wenn der König Christian diejenigen Zusagen erfüllt, im Vertrauen auf welche beide Mächte den Lon- doner Vertrag, welcher ihnen gegenüber den Successionstikel des Königs in Holstein bildet, angenommen haben.

Die übrigen Gesandtken mit Ausnahme von zweien, welche sih Erklärung vorbehielten, stimmten unter theilweiser Bezugnahme auf frühere Erklärungen dem Ausschußantrage zu.

Die übrigen Verhandlungen bezogen sich meistens auf Verwal- tungsgegenstände. (Fr. Bl.)

Bayern. München, l. Dezember, Beide Gemeinde - Kol- legien haben heute den Beschluß gefaßt , eine Adresse an den König zu richten, in welcher die Bitte ausgesprochen wird, der König möge nach München zurückkehren. Die Adresse wurde heute Mittag mit- telst des Telegraphen nach Rom gesandt.

Hesterreich. Wien, 1, Dezember. Zyblikiewicz und 94 andere Mitglieder des Abgeordnetenhauses haben den Antrag eingebracht, die Gescheskraft der vom 19. Oktober 1860 datirten Rerordnung des Justizministers über die Bestrafung der gegen die Sicherheit des russischen Staates gerichteten Verbrechen zu prüfen und, falls die Verordnung rechtsverbindlih befunden werden sollte, sie durch nähere Bestimmungen über Wesen, Umfang und Locus der als Verbrechen gegen die Sicherheit Rußlands anzusehenden Hand- lungen zu erläutern.

Großbritannien und Frland. London, 30. November. Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprin- zessin von Preußen haben am Sonnabend eine Tour nach Ox- ford gemacht, woselbst sie bei ihrer Ankunft von dem Kanonikus

Stanley (dem neuen Dekan von Westminster) und Professor Max Müller empfangen wurden. Sie besuchten das neue Museum, die Radcliffe-Bibliothek, verschiedene Kollegien und die Kathedrale, be- gleitet von Dr. Stanley und Dr. Liddell, dem Dekan von Oxford. Gegen Abend traten sie ihre Rückreise nach Windsor an.

Schloß Windsor wird wahrscheinlich noch bis zum 160. Des» zember den Königlichen Hof beherbergen y welcher alsdann nah Os- borne Übersiedeln wird. Der Prinz von Wales und seine Ge- mahlin haben das Schloß jedoch schon verlassen und sich für die ersten Wintermonate nah Frogmore House begeben.

Der preußische Botschafter nebs Gemahlin isst von seinem Bes suche bei dem Herzoge von Marlborough im Blenheim-Palaste bei Woodstock wieder nach der Hauptstadt zurückgekehrt.

Der Nachfolger des Baron Gros, der Fürst de la Tour d'Auvergne, ist gestern Abend im hiesigen französischen Gesandtschaftsgebäude einge- troffen. Bis er der Königin seine Beglaubigungsschreiben eingereicht haben wird welche Förmlichkeit in den ersten Tagen bevorsteht wird der Posten des Geschäftsträgers noch dem Marquis von Cadore an- vertraut bleiben.

Mr. Egerton is bei der britishen Gesandtschaft in Berlin angestellt worden; den von ihm verlassenen Posten in Paris wird

genommenen Ma regeln nunmehr zum Schuye aller Rechte und Interessen

Viscount Sudley übernehmen,

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Es ift begründete Besorgniß vorhanden, daß die nächsten Berichte aus JTndien die Trauerkunde bringen werden, Lord Elgin sei seiner gFranfheit erlegen. ]

Fraufreicch. Paris, 30, November. Jn der Legislative wurde vorgestern über die Wahl des Herrn Bravay (im Gard-Depar- tement) zum zweiten Male verhandelt und dieselbe annullirt.

darauf, daß die meisten dieser Mitglieder namentlich die genannten hohen Beamten , als Anhänger der Wielopolskishen Partei bisher treu zur russischen Regierung gehalten hatten. Die Verhafteten wur-

den hon am 27. mit zahlreichen anderen politischen Gefangenen nach dem Jnnern Rußlands in die Verbannung abgeführt; doch soll, wie

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| es heißt, die Verbannung derselben ,- so wie aller Deportirten , die

Bon des Kaisers »Leben Cásar’s« find erst zwei Bände fertig, | die aber , wie das »Mémorial Diplomatique« versichert , noch nicht | erscheinen werden, da Se. Majestät sie »zum sechsten oder siebenten | Male nah neuea , von einem gelehrten Genie - Capitain gelieferten |

Daszewsfa, wurde bei der Revision eine baare Geldjumme von

Dokumenten umarbeiten will«. Spauten, Minister hat seine Entlassung eingereicht , dieselbe is angenommen

Madrid, 30. November Der überseeische | | werb dies

und der Marquis de la Habana vorläufig mit den Functionen dieses | | Nationalregierung hält, einstweilen in Beschlag genommen.

Departements betraut worden,

Griechenland. Athen, 21, November. Zimbrakakis stellte | am Mittwoch den Antrag, drei oder vier europäische Offiziere zu | | schau auf den Fanatismus der Revolutionspartei bereits einen deprimi-

berufen, um die Reorganisation des Heeres von Grund aus vorzu-

nehmen; die National-Versammlung hat bis jeht darüber noch nicht | hon seit 14 Tagen kein politischer Meucbelmord vorgekommen ist;

entschieden. Zu Adjutanten des Königs wurden der Marine-

Offizier Stamatello und der Oberst und frühere Kriegs - Minister | | offizielle »Dziennik powczechny« jeßt {hon feit mehreren Wochen

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©. N. Bozzáris ernannt. Jn Lamia haben si mehr als dreißig

Räuber, die der Gnade des neuen Königs vertrauen, der Ortsbehörde |

gestellt und sih ergeben. In kurzer Zeit wird dic Telegraphen- Linie zwischen Lama und Larissa (Türkei) eröffnet werden j die

untersecishe Verbindung zwischen Piráeus und Syra, welche viele |

Monate unterbrochen war, ist ebenfalls wieder hergestellt, und bald werden sämmtliche Provinzen des Reiches mit der Hauptstadt in di- reftem telegraphischem Verkehr stehen. (Köln. Z.)

nur wenig fompromittirt sind, nur fo lange dauern ; bis der Auf- stand völlig unterdrückt ist. In der Nacht zum 25. d. fanden abermals zahlreiche Haussuchungen und Verhaftungen in Warschau statt. Bei einer Hausbesizerin in der Kreuzstraße , Frau Oberst

200,000 poln. Gulden vorgefunden. Da dieselbe sich über den Er- er bedeutenden Summe nicht genügend ausweisen konnte, so wurde sie verhaftet und das Geld, daß man für Eigenthum der

_ Vonderpo [n ishenGrenze, 30. November meldet dieselbe Ztg. Die strengen Maßnahmen des Statthalters Grafen Berg scheinen in War-

renden Einfluß geübt zu haben. Als Symptome davon führc ih an, 1) daß 2) daß der von der National - Regierung so streng verpönte russisch-

täglih in allen öffentlihen Lokalen ausgelegt wird , ohne - daß die Organe der National - Regierung es wagen ; dies gewaltsam zu hindern ; 3) daß seit mebreren Tagen von der russischen Polizei unter der jüdischen Bevölkerung in Warschau eine Loyali- täts - Adresse an den Kaiser kolportirt wird, die bereits zahlreiche Unterschriften gefunden hat. Dies Alles sind Vorkommnisse, die

| noch vor wenigen Wochen in Warschau unmöglich erschienen.

Nuß;land und Polen, Von der polnishen Grenze, | 27. November, berichtet die »Pos. Zkg.« : Vor einigen Tagen wurde | ganz in der Nähe von Lomza der Körper eines russischen Soldaten |

gefunden , dessen Tod man der Rache der »Nationalregierung« zU- rieb, Jn Folge dessen mußte der Bürgermeister dieser Stadt

100 Rubel und jeder Hauseigenthümer 10 Rubel Geldbuße bezahlen. | In dem Distrikte von Gostyn haben die Russen mehrere Tage | eine Abtheilung berittener Jusurgenten verfolgt, die von Syrewicz |

geführt waren j chließlich gelang es den Russen, diese Abtheilung theils aufzureiben, theils zu zersprengen.

An Warschau erschien am 24. d. 10 Uhr Vormittags, folgende amtliche Anzeige:

»Die Kaserne in Glora-Calvaria ist von einigen herumziehenden Insurgenten eingeäschert worden, und zwar zu einer Zeit, wo die Truppen augenblicklich von diesem Dorfe abwesend waren.

Der Sieg, den Nowicki über die russischen Truppen bei Ostro- lenka erfochten haben will, und der von Radowski, bestehen nur in der Einbildung. Nowicki , der eine fleine Bande befehligte, is am Z. November in einem Zusammenstoß mit den russischen Truppen unter dem Befehl des Majors Esmond bei Marti im Kalischer

Distrikt gefallen.

Man hat keine Nachricht über die Vortheile, die, ausländischen |

Blättern zufolge, Kruk bei Chelm errungen haben will j demnach ist es mehr als wahrscheinlich, daß diese Nachricht auf einer bloßen Er- findung beruht.«

Von der polnishen Grenze, 29, November ¡ ent- hält die »Ostsee - Zeitung- Folgendes : Die Nachricht , daß Graf Ludwig Mycielski am ten d. M. in dem Gefecht bei Bojanowfka, im Gouvernement Lublin, mit 20 zersprengten polni- {hen Reitern von den Russen in einen Sumpf getrieben sei und dort mit seinen Gefährten den Tod gefunden habe, wird aus den zuverlässigsten Quellen bestätigt, so daß sie niht mehr bezweifelt werden fann. Graf Mycielski stammte aus der Provinz Posen und war der Schwager des Fürsten Sulkowski auf Schloß Reisen bei Lissa. Er {loß sich {hon Ende Fe- bruar dem Aufstande an und fämpfte zuerst unter Mi- lenckti im Kreise Konin, wurde im März in dem Gefecht bei Grochowiska verwundet, begab sich nah seiner Heilung nach der Woywodschaft Krakau und übernahm dort die Führung einer kleinen berittenen Jnsurgenten-Abtheilung. Nachdem diese Abtheilung von den Russen vernichtet war, ging M. nach dem Lublinschen und {loß sich dem Wierczbickischen Corps an, in welchem er eine Schwadron Reiterei befehligte. Jn dieser Stellung fand er seinen Tod in dem Gefecht bei Bojanowka. Ueber die Verhaftung der Regierungs - Abtheilungs - Dirigenten Pentkowsfi, Muszynski und Luszczewski erfahre ih aus zuverlässiger Quelle, daß dieselbe dadurch veranlaßt sei; daß die Genannten, die zugleich Mitglieder des Ver- waltungsraths des Krankenhospitals zum Kindlein Jesu sind, sich der Ab- sicht des Statthalters Grafen Berg dies Hospital für den Staat zu erwerben, um das Postamt in dasselbe zu verlegen, entschieden widersetzt hatten. Da die russische Regierung unter den gegenwärtigen Verhältnissen jede Opposition als eine von der National - Regierung aufgestachelte revolutionaire Auflehnung betrachtet so wurde vom Statthalter Grafen Berg die Verhaftung sämmtlicher Mitglieder des Verwaltungsrathes jenes Hospitals, welche gegen die Verwendung desselben zum Postgebäude gestimmt hatten, verfügt, ohne Rücksicht

Die Bevölkerung Warschau”s is durch die zahlreichen Deportationen, durch die Betheiligung der arbeitenden Klassen am Aufstande; durch die Reisen der reicheren Familien ins Ausland, und überhaupt in Folge des Aufstandes bereits bedeutend gelichtet worden. Nach amt- lichen Ermittelungen hat dieselbe seit dem Beginn des Aufstandes um mehr als 15,000 Seelen abgenommen. Ganze Familien sind spurlos vershwunden, so daß die nächsten Verwandten nicht wissen; wo sie geblieben sind; andere, die vor dem Aufstande si ciner ge- wissen Wohlhabenheit erfreuten, sind an den Bettelstab gelangt. Am meisten hat durch den Aufstand der besißlose Gewerbestand _ge- litten, der in Folge des gänzlichen Daniederliegens alles Handels und Wandels durhiveg verarmt isst. Bei jedem Schritte begegnet man auf den Straßen zerlumpten und abgebungerten Gestalten, die ihr elendes Dasein durch die in Anspruch genommene Mildtbätigkeit

| der Vorübergehenden fristen. Dem Woblstande Warschaus sind durch

den Aufstand Wunden geschlagen, die kaum Decennien wieder heilen werden. Das Augenübel, an welchem der General-Gouverneur Murawiew schon seit Langem leidet, hat sich in leßter Zeit in dem Grade verschlimmert, daß gänzliche Erblindung zu befürchten ift. Der Kaiser hat das wiederholt eingereichte Entlassungsgesuch des General-Gouverneurs endli angenommen und die Abreise desselben nach Petersburg steht hon in nächster Zeit bevor. Wie es heißt; hat der Kaiser ihm den Titel eines Grafen von Wilna zugedacht. In den littauischen Gouvernements sind in [etter Jeit wegen Betheiligung am Aufstande kricgsrehtlich gehängt worden : Franz Alexandrowicz, Eduard v. Staniewicz, Franz Apanowicz, Vincent Losinski, Peter Mackiewicz.

Warschau, 28. November. Gestern in der Morgenstunde wurden wieder einige hundert Personen aus der Citadelle auf der St. Petersburger Eisenbahn nah Rußland abgeführt. Schon Abends vorher hatten si viele Freunde nah Praga begeben, um sie zu er- warten und Abschied zu nehmen. Eine Menge Equipagen bedeckten den Bahnhof. Unter den Deportirten hören wir den langjährigen Redacteur des »Kurjer Warszawski«, Kucz; sowie den Sohn des Civil- Gouverneurs von Warschau, wirklihen Geh. Rath v. Laszczynski, eimeS unter allen Verhältnissen als treu bewährten Beamten, nennen. Keine sei= ner Bitten hatte den Grafen Berg anders zu bestimmen vern ot weil der Kaiser befohlen, ohne Rücksicht der Person zu verfahren. Das amiliche Blatt enthält folgende , gegen eine Mitideilung der »Patrie« gerichtete Berichtigung: »Es ls falsd, daß in Warschau zwei Frauen zum Köpfen verurtbeilt worden , von denem die eine als Gräfin Leduchowska und Schwägerin de® apostolisckca Nuntiu® in Brüssel bezeihnet wurde. Diese Dame ader niemals in War» {hau noch im Königreich verhaftet worden. - Die ARdeTT » deren Namen die »Patrie« nicht nennt, ist die Schwester Felizianeria Thea Trochanowska, und diese ist allerdings aufs shuerste kompromittirt, aber ihr Prozeß noch nicht beendigt. Sie war eines der thätigstea Miüt» glieder der revolutionairen Organisation ; welche fich die »National» Regierung« nennt. Bei ibr wurde die geheime Orueterei der Na- tionalregierung und eine Masse revolutionairer Papiere JOUndeR; welche sie selbst im ganzen Lande versandte. Aber was& uno mebr

sie spionirte die der russischen legitimen Regierung zugethanea Per»

sonen aus und lieferte sie ufer das Slilet des Nevolution®-Tribu» nals.« Von den in voriger Woche na Rußland deportirten 12 Frauen find die meisten, nacbdem alle 8 Tage in Pskow gerastet in den näher gelegenen Gouvernements üinternirt worden 7 dagegen