1863 / 285 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Tages-Ordnung.

13te Sihung des Hauses der Abgeordneten am Mittwoch, den 9. Dezember, Vormittags 10 Uhr.

1) Vereidigung derjenigen Abgeordneten , die den verfassungs- mäßigen Eid noch nicht geleistet haben. :

2) Wahl dreier Mitglieder zur Staatss\chulden-Kommission.

Z) Bericht der Kommission zur Prüfung des Staatshaushalts- Etats über den Etat der Justizverwaltung. e

4) Bericht derselben Kommission über die Etats:

. des Herrenhauses,

des Hauses der Abgeordneten,

für das Büreau des Staats-Ministeriums,

für die Archive, |

für die General-Ordenskommission,

für das Geheime Civil-Kabinet,

dex Ober-Rechnungskammer,

der Ober-Examinations-Kommission,

), des Disziplinarhofes,

10. des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte, 11. des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten.

5) Bericht derselben Kommission über die Etats der Domainen- und Forst - Verwaltung und der Central-Verwaltung der Do- mainen und Forsten.

6) Fortsezung der Wahlprüfungen.

juni

O T S fe O O

Preußische Bank.

Monats-Uebersicht der Preußischen Bank, gemäß §. 99 der Bank - Ordnung vom 5. Oktober 1846. A ct:iv a; 1) Geprägtes Geld und Barren 63,300,000 Thlr, 2) Kassen-Anweisungen und Privat-Banknoten 2,505,000 » 3) Wechsel-Bestände 73,979,000 » 4) Lombard-Bestände 8,982,000 » 5) Staatspapiere, verschiedene Forderungen und 20,764,000 » 111,980,000 Thlr.

Aktiva Pa i va; 6) Banknoten im tes _ 7) Depositen-Kapitalien 26,066,000 » 8) Guthaben der Staats-Kassen, Institute und Privat-Personen, mit Einschluß des Giro- Verkehrs | 8,442,000 » Berlin, den 30. November 1863. Königliches Preußisches Haupt-Bank-Direktorium. von Lamprecht. Schmidt. Dechend. Kühnemann. Boese.

Nichtamtliches.

; Preußen. Berlin, 4. Dezember. Se.kMajestät der König nahmen heute die Vorträge des Hausministers Freiherrn von Schleiniy und des Polizei-Präsidenten von Bernuth entgegen und empfingen den General-Arzt Dr. Löffler. :

Einer telegraphischen Benachrichtigung an das General-Post-

Amt zufolge is die englische Post, aus London früh den 3. d. M. am 4. d. M. früh in Cöln noch rückständig gewesen.

__ Holstein. Rendsburg, 1, Dezember. Es scheint (meint die »Dannevirke«), daß man im Kriegsfalle beabsichtigt, in Rends- burg Widerstand zu leisten, um dadurch eine Zusammenziehung der Hauptstärke in der Dannerwerkstellung zu ermöglichen. Die Gar- nison dieser befestigten Stadt wird vermehrt und die Familien der Offiziere sammt Unteroffizieren sollen Ordre bekommen haben, sich bereit zu halten, nach Norden aufzubrehen. Nach dem reten Flügel der Dannewerkstellung werden in diesen Tagen ge- zogene Kanonen gebraht und bei Süderstapel werden (wie schon angedeutet) drei Werke angelegt. Was den ersten Theil dieser Nachricht der » Dannevirke« betrifft (und es haben wiederholt auch andere dänische Blätter von einer tapferen Ver- theidigung Rendsburgs geredet), so scheint bisher auch nicht das Allergeringste dafür zu sprehen und man wird versucht , viel eher auf das Gegentheil zu \{ließen. Es ist nichts geschehen, was einen Widerstand hierorts andeuten könnte; die Wälle sind weder verpalli- sadirt , noch armirt und fast alles Material , was hier früher auf- gehäuft war, ist im Laufe der Zeit nah und nach fortgeschafst wor- den. Jn Verbindung mit der den Offiziers - Familien 2c. angeblich ugegangenen Ordre, sich zum Aufbruch nah dem Norden bereit zu alten, steht wohl die Hinausschiebung der vom Kanal - JInspektorat auf den 1. Dezember anberaumten Sperre des Kanals zum 15. d. Mts. Auf geschehenes Ansuchen militairischerseits ist diese Maßregel vom Ministerium getroffen worden, um die be- zügliche Wasserstraße für den Transport von Effekten offen zu hal- ten. Nun scheint es aber in diesen Tagen, daß in Folge des Frostes

|

| daselbsi das Weitere zu gewärtigen.

Rede hat folgenden Wortlaut :

die Kanalsperre voch früher eintreten könnte. Es sind in di Tagen mit Extrazügen mehrere Truppenabtheilungen VerA E nah dem Süden hier durchgegangen zum Theil wohl Ergän- zungsmannschaften zu den in Holstein stationirten Bataillonen, um diese auf die volle Kriegsstärke zu bringen. (A. M.) Altona, 2. Dezember. Heute Nachmittag sind wieder 500 Mann Jnfanterie hier angekommen, und nach Elmshorn und Glüc- sgt fouen auch noch Verstärkungen kommen. Das diesseitige Ufer der Elbe ist von Jnfanterieposten beseßt und aus Glückstadt hört man, daß auf den dortigen Außendeichen während der leßten Nacht größere Trupps kampirt haben. Auf der Chaussee längs der Elbe bis Blankenese wird dem, Vernehmen nah Tag und Nacht von Dragonerpikets patrouillirt. (A. M.) | Schleswig, 29. November. Am Morgen des 27. d. wur- den sämmtliche Lehrer der Bürgerschulen in Schleswig, unter An- egung des Resfkripts _in Betreff der Leistung des Homagial- Eides, zu 1 Uhr selbigen Tages auf das Konsulat citirt, um Hier angekommen ; wur denselben von dem Justiz - Rathe und Hürgermeistet ener de öffnet, daß er in höherem Auftrage ihnen den bezeichneten Eid abzufordern habe. Er brauche sie wohl nicht auf die Bedeutung des Eides, noch auf die Foigen der Verweigerung desselben auf- merksam zu machen, wie er auch vorausseze, daß keiner in der unglücklichen Lage sih befinde, den Eid zu verweigern. - Auf die Grage y ob den Lehrern denn nicht, wie den andern Beamten, eine R Vou drei Tagen gewährt werden könne, ward ihnen erwiedert, daß diese Frist nur für die mit der Ausführung dieser Anordnung beauftragten Beamten gestellt sci, daß die Lehrer sofort zu unter- zeichnen hätten, welches denn von allen geschah. Am 28. d. M. ggen sämmtliche Bauernvögte, Rechensmänner und Sandmänner auf die Hardesvogteien zu gleichem Zwecke geladen. Ein großer Theil derselben hat aber den Eid verweigert, was bei mehreren die sofortige Entlassung von ihrer Function zur Folge gehabt haben soll. Husum, 30. November. Wie man hört, hat eine nicht unbe- trächtliche Anzahl derjenigen in der Stadt und im Amte Husum Eingesessenen, von denen in den leßtverflossenen Tagen die Leistung des Homagialeides verlangt worden is, denselben verweigert; am meisten soll dies jedoch in der Landschaft Eiderstedt vorgekomuten sein, wogegen im Amte Bredstedt nicht so viele Weigerungen statt- gefunden haben. Mehrere bei der Kommunalverwaltung hiesiger Stadt angestellte Bürger sollen mit dem Bemerken gegen die Eides-

| leistung protestirt haben, daß sie sich nicht als unter das Ministerium

für das Herzogthum Schleswig sortirend ansehen könnten. Sowohl das 10te, als auch das -12. Infanterie - Bataillon, welche aus den Aemtern Husum, Bredstedt und Eiderstedt ihre

| Mannschaft rekrutiren, haben fämmtlihe Wehrpflichtige bis zum

Jahre 1857 incl. zurü, und theilweise sogar noch 5 890 zum 9. Dezember einberufen. C E U P E nach haben die Mitglieder des Deputirten- Kollegiums in Husum den Eid verweigert, indem sie i den Angestellten 2c. rechnen könnten. A na _ Tönning, 30. November. Die Mehrzahl der Magistratsmit- glieder, so wie sämmtliche deputirten Bürger der Stadt nbe haben, wie schon erwähnt, im Einverständniß mit der Überwiegen- den Mehrzahl der Bürgerschast den Homagialeid verweigert, und find in Folge dessen die Herren Senatoren Dau, Braasch und E E E sämmtliche deputirte Bürger von ihren resp. lemtern suspendirt. Wie verlautet, steht ein Aehnli : U Advokaten zu erwarten. E L Frankfurt a. M., 3. Dezember. Gutem Vernehmen nach As Oesterreich und Preußen auf Bundes-Exrecution A Holstein. i N n E holsteinschen Auss{huß vertretenen Regie- en die Occupation. Nächste Bunde! infti S chst destagssißzung künftigen Baden. Karlsruhe, 3. Dezember. Die ge i den, O , ern (bereits telegraphisch erwähnte) von Sr. Königlichen Hoheit in Set; herzog zur Eröffnung der Ständeversammlung gehaltene

Edle Herren und liebe Freunde! Empfangen Sie Meinen herzlichen Gruß zum Beginn der neuen,_in

diesem bedeutungsvollen Augenblick Mir b ; ck42 versammlung. \ genblick Mir besonders willkommenen Stände-

Nur wenige Monate trennen diese feierliche Stunde von dem Schluß

der umfassenden Arbeiten des vorigen Landtages, aber di j reih an hochwichtigen Ereignissen für Deutsch ed iese kurze Zeit war

Der Ruf eines erlauchten Bundesfürsten, die Reform der Bundesver-

fassung auf dem Wege persönlichen Meinungsaust i ordnen , weckte von Neuem die Hoffnung der Ñ ausches der Fürsten zu gung gerechter Wünsche.

ation auf endliche Befriedi-

Freudig demselben Folge leistend, wäre Jch gerne bereit gewesen, einer

allseitigen Uebereinstimmung gegenüber abweichende Ansichten zu opfe Aber schon der Mangel eines Einverständnisses unter den alben Pa Bundesstaaten trübte die Aussicht auf einen günstigen Erfolg. Um so weniger glaubte Ich nach dem Scheitern Meiner vermittelnden Anträge Beschlüssen beitreten zu sollen, für welche weder die Billigung, noch die Einigung des gesammten Deutschlands erwartet werden konnte.

Ward somit auch nur die Anerkennung der ‘dringenden Nothwendigkeit

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einer deutschen Verfassungsreform gewonnen, so gedenke Ich doch gerne der freundlichen Beziehungen / welche die in Frankfurt versammelten Fürsten in dem gleichen Streben nach einem hohen nationalen Ziele vereint hielten, und bewahre in dankbarer Erinnerung als ein Zeugniß der Liebe Meines Volkes die Zustimmung , welche Meinem Handeln aus allen Theilen des

Landes entgegenkam.

Inmitten dieses Ringens nach größerer Einheit ersteht der Nation durch | den Rathschluß der Vorsehung eine ernste Aufgabe. Ein edler Bruderstamm |

im Norden, lange geprüft und bewährt in vielen Leiden , ist durch das Récht eines zweisellosen Erbganges sich selbs und seinem großen Vaterlande zurük- gegeben. Eine einseitig festgeseßte Erbfolgeordnung, welche weder das Recht der Stände, noch die Ansprüche der Nationalität beachtet droht , ihn auf's Neue dem Verbande des gemeinsamen Vaterlandes zu entfremden.

Meine Regierung hat nicht gezögert, zu thun, was das gute Recht fordert , und sie wird auch fernerhin , getragen von der erhebenden Ein- müthigkeit aller Parteien, mit Muth und Entschlossenheit die heiligen, aber ernsten Pflichten erfüllen, welche dem deutschen Volke dort erwachsen sind.

ITch weiß, daß die Sache Schleswig-Holsteins in Jhren Herzen mächti- gen Wiederhall findet, und daß für deutsches Recht und deutsche Ehre selbst die Uebernahme der s{wersten Opfer Ihre freudige Zustimmung erhält.

Der ernste Bli in die Qukunft soll uns nicht abhalten , mit aller Kraft die im Jnnern begonnenen Reformen fortzuseßen.

Die bevorstehende Einführung der neuen Organisation in der Rechts-

flege und der Verwaltung erheischt noch gesehgeberische Arbeiten, die, neben

der Prüfung des Bedarfs an Mitteln, Jhre Thätigkeit vor Allem in An- spruch nehmen werden. Die Vermehrung der Ausgaben, welche unvermeid- lich daraus erwächst, fann bei dem befriedigenden Zustande unjerer ¿zinan- zen unter Beachtung weiser Sparsamkeit ohne Steuererhöhung bewirkt werden.

Damit dieser finanzielle Qustand erhalten, und damit Industrie und Handel vor \{hwerem Schaden bewahrt werde, hat Meine Regierung sich ernstlih bemüht , für Erneuerung des deutschen Zollvereins zu wirken. Die Verhandlungen, welche zu diesem Quvecke gegenwärtig 1m Gange sind, geben der Hoffnung Raum, es werde gelingen, den Verein auf der Grundlage eines verbesserten Tarifs und mit erleichterten Verkehrsbeziehungen zu er- halten. ; dle E Das berechtigte Verlangen eines stetigen Fortschritts in der Volksbil- dung und die Folgen der den Kirchen gewährten Selbstiständigkeit “machen eine Veränderung der Gesehgebung über die Volksschulen nothwendig. F

Die beabsichtigte Vorlage der Regierung wird dem Bedürfniß religiöser Erziehung und erhöhter Bildung gleichmäßig Rechnung tragen. Ich hege die Quversicht, daß, Jhre unbefangene und vorurtheilslose Prüfung mitwir- fen wird, die Mißverständnisse und Irrthümer zu zerstreuen, welche auf die- sem Gebiete hervorgetreten sind. M ;

So vielumfassend und {wer auch die Aufgaben Meiner Regierung dermalen sind, jo wird sie dennoch bemüht sein, in dieser Landtagsperiode Entwürfe in anderen wichtigen Qweigen der Gesehgebung / bestimmt zur Ergänzung von Lücken in unserem Verfassungsrechte und zur freieren Rege- lung der wichtigsten dev Via des öîffentlichen und Gemeindelebens8, Ihrer Berathung zu Übergeben. a t Ebenso ich Meine Regierung Anlaß haben, Jhre Thätigkeit für die Erledigung wichtiger Angelegenheiten des Verkehrs in Anspruch zu nehmen, und dadurch. Fragen zum Abschluß zu bringen welche schon lange den Gegenstand Jhrer sorgfältigen Erwägung gebildet haben. ;

Möge es uns vergönnt sein, den begonnenen Ausbau unserer Gesey- gebung dem gewünschten Ziele zuzuführen. Sollte aber die bedrohte Lage Deutschlands uns die Pflicht auferlegen; dieser Aufgabe für jeyt zu ent- sagen, so zeigen wir uns von dem Geist erfüllt, der in muthiger Aufopfe- rung und entschlossener Ausdauer für die Ehre des Vaterlandes einzu-

stehen weip.

Ich zähle dafür auf den bewährten deutschen Sinn und die treue Hin-

gebung Meines Volkes. Gott segne das Vaterland

Frankreich. aris, 2. Dezember. Der » Moniteur « aa edle B eceléten aus Mexiko vom 26. Oktober und aus Vera-Cruz vom 1. November. Seit dem 15. Oktober hatten die Truppenbewegungen gegen Juarez begonnen, doch wollte Bazaine die eigentliche Offensive erst in den ersten Tagen des November er- greifen. Das Kommando von Mexiko sollte dann General Neigre mit 3500 Mann führen j die Hauptstadt war übrigens ringsum so gut befestigt, daß ihre Vertheidigung nicht viel Mannschaft erfordert. Die Straße zwischen Mexiko und Vera-Cruz ist gut beseßt. In Camerone hat sich der Contre - Guerillaführer Oberst Dupin fest postirt. Die einzelnen kleineren Posten auf der Heerstraße sind ein- gezogen worden. Auf der Hochebene war der Gesundheitszustand vortrefflich j in Vera-Cruz wie in den heißen Landschaften hatte das gelbe Fieber fast ganz aufgehört. Am 22. Oktober: hatte General Bazaine an das mexikanische Volk eine Proclamation erlassen, des Inhalts, daß die Politik seines Vorgängers auch die seinige sei und daß er das Manifest vom 13. Juni d. J. wahr zu machen beflissen \ein werde. i M

Portugal. Einer telegraphischen Depesche aus Lissabon vom 29. November zufolge hätte Portugal die Einladung zum Kon- gresse hauptsächlich deshalb angenommen, weil es die Stadt Olivenca in Estremadura, die ihm, wie die portugiesische Regierung behauptet, kraft der Verträge von 1815 gebührt, die aber nichts desto weniger im Besige Spaniens is wieder zu erlangen hofft.

úItalien. chreibt aus Turin vom 29. November: «Diesen Meorgck wur | Generals Pepe mit großem Gepränge von Campo Santo vo rin nach der Eisen- bahn von Genua gebraht , um nach Neapel befördert zu werden.

Mehrere hervorragende Persönlichkeiten wohnten dieser Feierlich- keit Bei. «

Das »Movimento« von Genua vom 29. November bringt Nachrichten über den Schiffbruch des genuesischen Schiffs »Sicilia« von 1000 Tonnen, welches am 15. d. nah Amerika mit 100 Pas- sagieren an Bord abgegangen war. Der Schiffbruch hat bei einer der Cap - Verdischen Jnseln stattgehabt. Es find unglülicherweise 74 Personen, meist Frauen und Kinder, dabei ertrunken. Der Ca- pitain , die Mannschaft und ein Theil der Passagiere sind gerettet worden.

Rußliaud und Polen. Aus Warschau; 30. November, enthält die »Oft\. Ztg.« folgenden Bericht: Bereits vor mehreren Wochen befand ih der Senator, Wirkl. Geh. Rath Arcimowicz, in Warschau und besuchte längere Zeit die verschiedenen obersten Ver- waltungs - Büreaus. Schon damals \sprach man davon, daß er an die Stelle des alten Grafen Wielopolski treten solle. Heute wurden die Kaiserlichen Ukase vom 11./23. d. Mts. publizirt, denen zufolge Geheimrath Arcimowicz zum. Mitgliede und zum Vice - Präsidenten des Staatsraths ernannt wird. Wahr- \heinlich soll es sein, daß er im Falle der Wiederbeseßung der Stelle des Chefs der Civil - Verwaltung auch zu dieser er- nannt werden wird. Audere Ukase von demselben Tage brin- gen die Ernennung des Direktors der Abtheilung für die Domainen und Forsten bei der Regierungs-Kommission des Schaßes, Wirklichen Staatsrath Borzeneli, zum beständigen Mitgliede des Staatsraths, und die des Vice - Direktors der Domainen und Forsten, Dom- browsfi, zum Direktor dieser Abtheilung; alle drei Genannte sind Polen. Wie wir hören , sollen zum neuen Jahre die Stellen aller Civil-Gouverneure, so wie die übrigen höheren Posten durch andere, in Rußland bewährt gefundene Beamte polnischer Abstammung be- seßt werden, da, wenn es auch unter den höheren hiesigen polnischen Beamten noch manche der russischen Regierung treue Männer giebt, die Zahl derselben doch nicht für alle diese Posten genügt. Vor einigen Tagen wurden unter - einer großen Zahl anderer Beamten allein zwei Abtheilungs - Direktoren in den Regierungs - Kommissio- nen des Schaßes und des Junern (Ministerien) die Staatsräthe v. Muscynski und v. Luszezewski nach Rußland verschickt. Leßterer ist der Vater der polnischen Dichterin Deotima. Auch der hiesige Weinhändler Kyas is nah Rußland deportirt. Die Hinrichtung des zweiten Sohnes des hiesigen Banguiers Alex Rawicz , dessen ältester Sohn vor 2 Wochen nach Rußland deportirt wurde, bestäti- gen die amtlichen Blätter. Der Jüngere war Gutsbesitzer und wurde am 21. d. Mts. in Siedlec nicht erschossen, sondern gehängt. Der deportirte ältere Sohn Joseph war Banquier. Ferner wurden am 24. d. in Wloclawek der Gutsbesißer Andr. Bogusz auf Niwki nei Gosti- nin wegen Hochverrath gehängt, und am 21. in der Festung Nowo- georgiewsk (Modlin) der Kanonier Makarewicz wegen Staatsverrath und Desertion erschossen. Das Europäische Hotel hierselbst \soll an seine früheren Besiger nicht wieder zurückgegeben , sondern für den Fiskus verwaltet werden. Man hört von einem dieser Tage seitwärts Lowicz vorgefallenen Gefechte, wobei eine sehr st{öne; roth mit Silber gestickte Fahne der Jnsurgenten erbeutet und vorgestern mit anderen Effekten eingebracht wurde. Inzwischen fahren die Jn- surgenten fort, in kleinen Banden das Land zu durchziehen und namentlich im Lublinschen die kleinen Städte und Dörfer heimzu- suchen. Der von vielen Juden bewohnten kleinen Stadt Bychawa legten die Jnsurgenten 375 S.-R. Contribution auf; sie empfingen 75 S.-R. Und wollten das Übrige in einigen Tagen abholen. Der Pächter von Szezakarkow bei Lubartow mußte die Staatssteuer für das Branntweinbrennen an die Jnsurgenten zahlen. Wie ic aus guter Quelle höre, sollen noch mehr Truppen ins Lublinsche gehen, und in alle Städte und größeren Dörfer Garnisonen gelegt werden.

Von der polnishen Grenze, 2. Dezember, meldet die »Osts.-Ztg.« : Daß es der russischen Regierung mit der Russifizirung der litthauischen Gouvernements völliger Ernst is zeigt eine die Gründung von Volksschulen betreffende Verfügung , welche der Ge- neral - Gouverneur Murawiew an die ihm untergebenen Gouver- nements-Chefs unterm 28. November erlassen hat. Diese Verfügung

lautet:

»Da ih im Interesse des Landes , in welchem die Verbreitung von Bildung unter den Bauern im eht russischen Geiste von der Regierung möglichst unterstüht werden muß, die unentgeltliche Hergabe von Holz aus den Staatsforsten zum Bau von Schulen in den Dörfern der Dienstbauern für nothwendig erachtet habe, so_ habe „ih mich zu “diesem Qweck mit dem Herrn - Minister der Staatsgüter in Verbindung geseht. So eben hat der General - Adjutant Kielenyj mich benachrichtigt, daß er meine Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der Verbreitung rein russischer Bildung unter den Landleuten theile und den Kammern der Staatsgüter in allen westlichen Gouvernements die Befugniß ertheilt habe, auf Verlangen der Gouvernements-Chefs das zum Bau von Schullokalen n den gedachten Dörfern nöthige Holz bis zu 3060 Stämmen und 92 Stangen für die Schule aus - den nächsten Staatsforsten unentgeltlich her- zugeben, sei es auf Rechnung des Budgets oder außer demselben; wenn der

ustand der Forsten dies möglih macht. Von dieser Dg bena richtige ih Ew. Excellen mit dem Bemerken, daß ih meiner eits den Ku- rator des Wilnaer Lehrbezirks, unter dessen Aufsicht die Volks\{ulen stehen