1886 / 87 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Apr 1886 18:00:01 GMT) scan diff

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Í S E LDS li T Üt: SupiraI E E N Er: E I-L up v 2daEck0 M Mappe L B VATN M E N B In S E I N pre

ur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet die Stadtgemeinde Liegniß mit ihrem ganzen beweglichen und un- beweglichen Vermögen, sowie mit ihrer Steuerkraft. Liegniß, den . . ten 188 . (Stadtsiegel.) i (Eigenhändige Unterschrift des Magistrats-Dirigenten und eines anderen Magistrats-Mitgliedes unter Beifügung der Amtstitel.) Eingetragen Ausgefertigt Fol. .. Nr. . der Kontrole. N, N. : Regierungsbezirk Liegnißt. Zinsschein Reihe zu dem Anleiheschein der Stadt E . . . Ausgabe, Buchstabe . M. Wæ.. Mark t. pf rozent Zinsen über . . . Mark ennig.

Provinz Schlesien.

Der Inhaber dieses Zins\cheins empfängt gegen dessen Rückgabe am die vierprozentigen Zinsen des vorbenannten Anleihe- \cheines für das Halbjahr vom . bis... mit... . Mark bei

der Stadtkasse zu Liegniß.

Der Magistrat. (Trockenstempel.) N, N. M: Eingetragen sub Nr. der Kontrole.

Liegniß, den

N. Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht inner- halb vier Jahren nah Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit er-

hoben wird. L. Provinz Schlesien. Regierungsbezirk Liegnißt. Anweisuug. :

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem Anleiheschein der Stadt Liegnitz, . . te Ausgabe, Butstabe . . Nr. . . über . . Mark die . . . te Reihe von Zinsscheinen für die zehn Jahre vom 1. Oktober . . . bis 1. Oftober . . . bei der Stadtkasse zu Liegnitz, sofern niht rechtzeitig von dem als solchen sich aus- weisenden Jnhaber des Anleihescheins dagegen Widerspru erhoben worden ist.

Liegniy, den j

Der Magistrat. (Trokenstempel.} N, N, Anmerkung zu den Zinsscheinen und Anweisungen. i

Die Unterschriften der Magistrats - Mitglieder können mit Facsimilestempeln gedruckt werden, jedoch muß jede: Zinsschein bezw. jede Anweisung mit der eigenhändigen Unterschrift eines Kontrol- beamten versehen sein. h ;

Die Anweisung if zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter den beiden lezten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nahstehender Art abzudrucken :

. . ter Zinsschein.

._._, ter Zinsschein.

Anweisung.

Ministerium der goistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Dem Ersten ordentlichen Lehrer am Real-Progymnasium zu Vai Dr. Rhode, ist der Titel Oberlehrer beigelegt worden.

Ministerium des JFnnern.

Dem Landrath Dr. jur. Neuhaus ist das Landrathsamt im Kreise Hattingen, und

dem Landrath Dr. jur. Baly das Landrathsamt im Kreise Gelsenkirchen übertragen worden.

Justiz-Ministerium.

Dem Landgerichts-Rath Stratmann in Arnsberg ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Verseßt sind: der Amtsrichter Shwemann in Arns3- berg als Landrichter an das Landgericht daselbst, der Amts- rihter Dr. Gluck in Brüssow U.-M. an das Amtsgericht in Perleberg, der Amtsrichter Skonießki in Osterode O.-Pr. an das Amtsgericht in Breslau und der Amtsrichter Si m- E th in Marklissa als Landrichter an das Landgericht in Glay.

Die vakante Richterstelle bei dem Amtsgeriht in Gum- binnen wird auf das Amtsgericht in Bischofsburg O.-Pr. Übertragen.

Der Staatsanwalt Richard Müller in Jnsterburg ist nah Posen verseßt. : :

Jn der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: der Rechts- anwalt, Justiz - Rath Müller bei dem Landgericht T in Berlin, der Rechtsanwalt, Justiz-Rath Müller in Wohlau bei dem Landgericht in Breslau und der Rechtsanwalt Ma u- bach bei dem Landgericht in Köln.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Dr, Scheffler, bisher bei dem Landgericht II in Berlin, bei dem Landgericht T in Berlin, der Gerichts- Assessor Dr. Paul Alexan der-Kaßt bei dem Kammergericht, der bisherige Amtsrichter Allendorff bei dem Amtsgericht in Witten, der Gerichts-Assessor Drathen bei dem Amts- gericht in Krefeld und bei der Kammer für Handelssachen daselbst, der Gerichts-Assessor Fr a nzke bei dem Amtsgericht in Grünberg, der Gerichts-Assessor Bergmann bei dem Amtsgericht in Myslowiß, der Gerichts-Assessor Dr. Lewin bei dem Land- gericht in Stettin und der Gerichts-Assessor Schw eichl er bei dem Amtsgericht in Sensburg.

Der Ober-Landesgerichts-Rath Hildebrandt in Königs- berg, der Amtsgerichts-Rath Triebel in Wettin, der Notar Werth in Rheinbah, der Rechtsanwalt Hachmeister in Hannover und der Rechtsanwalt Kleiner in Myslowiß {ind gestorben.

13. Plenarsizung des Herrenhauses, Montag, den 12. April 1886, Mittags 12 Uhr. i Tagesordnung: Bericht der XRI. Kommission über den Entwurf eines Ge- seves, betreffend Abänderungen der kirchenpolitishen Gesetze.

61. Paenar iung dés Hauses der Abgeordneten en

am Montag, . April 1886, Vormittags 11 Uhr.

i Tagesordnung: Dritte Berathung des Gesezentwurfs zur Abänderung des Geseßes, betreffend die Landes-Kreditkasse in Kassel, vom 25. De-

zember 1869. Dritte Berathung des Geseßentwurfs über die Errichtung leßztwilliger Verfügungen in dem Bezirk des Ober-Landesgerihts zu Frankfurt a. M. Verlesung der Jnterpellation des Abg. Dr. Wehr (Dt.-Krone), betreffend die Uebershwemmungen im Weichselgebiet. Verlesung der E der Abgg. Freiherr von Minnigerode und

raf von Kaniß, betreffend Maßregeln gegen den Preis- niedergang der landwirthschaftlihen Erzeugnisse und zur Her- beiführung einer weiteren Steuererleihterung der Kommunen und kommunalen Verbände.

Nichtamlliches. Deutsches Neicdech.

Preußen. Berlin, 10. April. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen im Laufe des heutigen Vor- mittags militärishe Meldungen entgegen und arbeiteten längere Zeit mit dem Kriegs-Minister, General-Lieutenant Bronsart von Schellendorff und dem Chef des Militärkabinets, General-Lieutenant von Albedyll.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern der Vorstellung im Deutschen Theater bei.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten befinden sih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (87.)Sibung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnrern, Staats-Minister von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs-Justizamts, Pr. von Schelling, sowie mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, gab zunächst vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. von Schalscha die Erklärung ab, daß seine Mittheilung vom 10. Februar, es sei ein offenes Geheimniß, daß zwei Berliner Firmen in der Schweiz alte Thalerstücke ausprägen ließen, inzwischen Gegen- stand einer gerichtlichen Vernehmung geworden sei, bei der festgestellt worden sei, daß sowohl er wie sein Gewährsmann im Frrthum gewesen sei.

Das Haus trat hierauf in die Taçesordnung ein, deren erster Gegenstand die zwceiteBerathung der Uebersicht der Reichsausgaben und Einnahmen für das Etats jahr 1884/85, war. Namens der Kommission beantragte der Abg. Dr. Meyer (Halle):

Der Reichstag wolle beschließen :

1) die in der Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen des

Rechnungsjahres 1884/85 (Nr. 7 der DruckEachen) nachgewiesenen Etatsüberschreitungen A 25170 597,57 M und außeretatsmäßigen Ausgaben mit . 1335 156,01 , zusammen 26 505 753,98 M

15 653 672,12 M 2 421 072,51 ,

8430278,77

und zwar

bei den fortdauernden Ausgaben

bei den einmaligen Ausgaben A

bei den Ausgaben der Einnahmeverwal-

E E S bei den Ausgaben des vereinsländischen Hauptzollamts zu Hamburg . ¿ 730,17 „_ zusammen wie oben 26 505 753,58 M4 vorbehaltlich der bei Prüfung der Rechnung etwa noch sich er- gebenden Erinnerungen vorläufig zu genehmigen ;

2) die in der Anlage X zu der bezeichneten Uebersiht nach- gewiesenen, die Einnahme-Etats Üüberschreitenden bezw. außeretats- mäßigen Einnahmen aus der Veräußerung von Grundstücken, Ma- terialien, Utcnsilien und sonstigen Gegenständen nachträglich zu ge- nehmigen

Das Haus nahm diesen Antrag nah unerheblicher De- batte an.

Es folgte die dritte Berathung derx allgemeinen Rechnung über den Neihshaushalt für das Etat2- jahx 1881/82 auf Grund der unverändert angenonunenen Kommissionsanträge.

Das Haus ertheilte ohne Debatte dem Reichskanzler in Bezug auf diese Rechnung die Entlastung.

Das Haus bericth sodann in dritter Lesung die Rechnung der Kasse der Ober-Rechnungskammer für das Etat3jahr 1883/84 bezüglih desjenigen Theiles, welcher sih auf die Reihsverwaltung bezieht.

Auch in Bezug auf diese Rehaung wurde dem Neichs- kanzler die Entlastung ertheilt.

Der vierte Gegenstand der Tagesordnung war die dritte Berathung ves Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Rechtspflege in den deutschen Schußgebieten.

Der Staatssekretär Dr. von Schelling erkläcte, daß nah den Anschauungen der verbündeten Regierungen dem Bundes- rath nicht blos die Mitwirkung bei der Geseßgebung, sondern auch das Necht zustehe, die sonstigen Hoheitsrehte des Reichs wahrzunehmen. Das hindere natürlih nicht, daß die Aus- übung ver Rechte dem Kaiser als erblichem Vertreter der Ge- sammttheil der Regierungen übertragen werde.

Der Abg. Dr. Windthorst meinte, daß in Konsequenz diesec Anschauung im §8. 1 abgelehnt werden müsse; denn derselbe enthalte niht cine Uebertragung von Rechten auf den Kaiser, was die Möglichkeit der Zurücknahme in sich schließe.

Der Abg. Dr. Hänel erkannte diese Konsequenz nicht an. Die Gesetzgebung könne dem Kaiser neu2 Rechte übertragen. Der Erklärung des Staatssekr:tärs könne er in gewisser Be- ziehung zustimmen.

Die Abgg. Mever (Jena) und Frhr. von Malgzahn traten der Auêësührung des Abg. Dr. Windthorst entgegen.

Der Abg. Dr. Windthorst beantragte, die Geseßesvorlage nochmals an die Kommission zurückzuverweisen. :

Der Antrag wurde abgelehnt, und die Vorlage unverändert angenommen.

Es folgte die dritte Berathung des Entwurfs eines Geseyzes, betr. die Unzulässigkeit dex une von Eisenbahn-Fahrbetriebsmitteln, auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenom- menen Kommissionsbeschllisse.

Der Staats-Minisier von Boetticher wies darauf hin, daß der Abg. Schrader gestern sich dahin ausgelassen habe, daß über diese Vorlage ein Bericht des Reichs-Eisenbahnamts nicht eingefordert sei, und daß der Vorsitzende dieses Amts nicht an den Berathungen des Hauses und der Kommission über diesen Gegenstand theilgenommen habe, daraus habe der Abgeordnete dann den Schluß gezogen, daß man keinen Werth mehr auf den Fortbestand dieses Amts lege. Diese Behauptung sei unzutreffend. Der Vorsißende des Reichs-

Eisenbahnamts habe an den Verhandlungen des Bundesraths theilgenommen, und die Bemerkung, daß man auf den Fort- bestand des Reichs-Eisenbahnamts keinen Werth mehr lege, sei durchaus unberechtigt.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Schrader wurde der Geseßentwurf unverändert angenommen.

Der Gesetzentwurf, betreffend den Anspruch des Statthalters inElsaß-Lothringen aufGewährung von Pension und Wartegeld, wurde ohne Debatte in dritter Lesung unverändert genehmigt.

Es folgte die dritte Berathung des von dem Abg. Dr. Grafen Moltke eingebrahten Gesebßentwurfs, betreffend die Abänderung des Militär Pensionsgs segen vom 27. Juni 1871.

Der Geseßentwurf wurde nach unwesentlicher Debatte unverändert angenommen.

Der letzte Gegenstand der Tagesordnung war die dritte Berathung des von den Abgg. Ausfeld und Gen. eingebrachten Geseßentwurfs, betreffend die Ab- änderung des Zolltarifgesetzes.

Der Abg. Dr. Meyer (Halle) suhte nachzuweisen, daß auch die Handelskammer von Mannheim, auf die si in zweiter Lesung der Staatssekretär von Burchard bezogen, sih gegen die vom Bundesrath erlassene Verordnung ausgesprochen habe.

Der Geheime Regierungs-Rath Dr. Kraut sprach \sih gegen den Antrag aus, für den ein Bedürfniß nicht vorliege.

Nach kurzer Debatte wurde der Antrag unvekändert an- genommen.

Die Tagesordnung war damit erledigt. Jnzwischen war aber noch ein Antrag der Abgg. Singer und Genossen ein- gegangen, betr. die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Viereck.

Der Präsident erklärte, diesen Antrag noch auf die Tages- ordnung seßen zu wollen, falls niht Widerspruch aus dem Hause erhoben würde.

Da das nicht der Fall war, trat das Haus noch in eine Berathung des Antrages ein, der nah einer kurzen Be- gründung Seitens des Abg. Singer angenommen wurde.

e q 13/4 Uhr vertagte sich das Haus auf Montag, den . Mai.

Fn der bekannten Landesverrathssahe wider den Dänen S., der von Kopenhagen aus seine gegen das Deutsche Reich gerichtete verbrecherische Thätigkeit in der Weise betrieben hatte, daß er durch seine in Deutschland befindlichen Unter- correspondenten landesverrätherishe Mittheilungen bezog und sie an eine fremde Regierung gelangen ließ, hat das Reichsgericht in der Begründung seines den Angeklagten verurtheilenden Urtheils (des vereinigten II. und IIL. Straf- senats) vom 11. Februar d. F. in Bezug auf die aufge- worsene Frage, ob niht der vom Angeklagten begangene Landesverrath, weil von einem Ausländer im Aus- lande begangen, straflos bleiben müsse, folgende Rechtssäße ausgesprochen: „Besteht eine srrafbare Handlung aus einer kfomplexen, ausgedehnte Zeit- und Naumverhältnisse umspannen- den Thätigkeit, so füllt die Begangenschaft der That auh diese zeitlichen und räumlichen Grenzen aus, und sie muß als auf deutshem Territorium deutshe Strafnormen ver- leßgend erachtet werden, sobald auch nux ein Theil des einheitliwen Begehungsaktes innerhalb der Grenzen des ‘Deutschen Reiches in die äußere Erscheinung getreten ist. Von diesen Grundsäßen ausgehend wird das Delikt des 8. 92 Z. 1 des Str.-G.-B. als auf deutschem Gebiet überall dann beganzen gelten müssen, wenn diejenige strafbare Mittheilungs- thätigeit, in welcher das Delikt sich verkörpert, sich, sei es ganz, sei es theilweise auf deutshem Boden vollzogen, in- Be Bewegungskräfste zu ihrer Verwirklichung be- nutt hat.“

—- Bei Tabacksteuer-Defraudationen tritt nah L 36 des Tabacfsteuergeseßzes vom 16. Juli 1879, wenn der etrag der vorenthaltenen Steuer überhaupt nicht festgestellt werden kann, siatt des vierfahen Betrages der Steuer eine Gelostrafe von 30 bis zu 3000 M ein. Jn Bezug auf dieje Bestimmung hat das Reichsg ericht, 11. Strafs., durch Urtheil vom 16./19. Februar d. F. ausgesprochen, daß in dem Falle, in welchem die Hinterziehung eines be- stimmten Steuerbetrages nachgewiesen is, und außer- dem die Gewißheit besteht, daß noch mehr hinterzogen worden, eine aus §. 36 zu verhängende Strafe niemals hinter dem vierfachen Betrage der erwiesenermaßen vorenthaltenen Steuer zurübleiben darf. „Zweck und Bestimmung des S 36 it es nicht, dem Defraudanten eine Erleichterung zu gewähren. Derjenige, welhem die Hinterziehung eines be- s.immten Steuerbetrages nachgewiesen ist, kann niht nun deshalb milder bestraft werden, weil der Verdacht oder die Gewißheit besteht, day er in Wirklichkeit einen noch höheren Steuerbetrag hinterzogen hat.“

Durch kriegsministerielle Versügung ist vom 1. d. M. ab die Zweitheilung der hiesigen Garnison-Verwaltung angeordnet worden. Die Amtsräume der Garnison-Verwaltung Nr. T verbleiben in dem Dienstgebäude Michaelkirchplaß Nr. 17; die Bureaux der Garnison-Verwaltung Nr. I1 sind vorläufig in dem ehemaligen Wachtgebäude am neuen Thor etablirt worden.

Der General-Lieutenant von Legat, Commandeur der 30. Division, ist zu einem 14tägigen Aufenthalt aus Mey hier angekommen.

Der Regierungs-Rath S achs ist von der General- Kommission in Kassel als etatsmäßiges Mitglied an die General-Kommission in Münster verseßt worden.

Vayern. München, 9. April. (W. T. B.) Der Kaiser von Oesterreich stattete den Mitgliedern des Königlichen Hauses Besuche ab und empfing deren Gegen- besuche. Gestern Abend besuchte der Kaiser die Vorstellung im Königlichen Residenztheater, wohnte heute der Jnspizirung des Leib-ZJnfanterie-Regiments durch den Prinzen Leopold bei und nahm an dem Galadiner bei Letterem Theil.

Die Kammer der Abgeord neten nahm sämmtliche einzelne Artikel und s{hließlich den ganzen Antrag des Frei- herrn von Soden, betreffend die Mobiliarversiche- rung, mit 83 gegen 59 Stimmen an. Der Minister des JFnnern hatte sih wiederholt dagegen erklärt. Darauf folgte die Berathung über den Bau der Staatsbahn Reichenhall Berchtesgaden, zu welher der Abg. Nittler ein detaillirtes Bahnbaüprojekt einbrachhte. Jm Laufe der Sitzung traf ein Telegramm des Königs aus Hohen- shwangau ein, wodurch der Minister des Jnnern beauftragt

| wird, der Bitte des gesammten Landtages entsprehend, w0-

möglih noch dem gegenwärtig tagenden Landtage ein Geseß über den Bau von Staatsbahn‘en vorzulegen. Das Haus ging daher über den Rittlershen Antrag zur Tagesordnung über.

Vaden. Karlsruhe, 10. April. (W. T. B.) Der feierlihe Schluß des Landtages findet am nähsten Don- nerstag ftatt.

Die Centrums-Partei des Landtages brachte heute eine Fnterpellation ein: ob die Regierung die kirchen- politishe Geseßgebung des Landes nah dem Vorgange Preußens zu revidiren gedenke.

Schaumburg-Lippe. Bückeburg, 8. April. (Hann. Cour.) Als heute Nachmittag festliches Glockengeläut von den Kirchthürmen erscholl, begaben sich die hier anwesenden hohen Gäste zur Schloßkapelle, um daselbst der kirchlichen Trauung des Prinzen Wilhelm von Württemberg mit der Prinzessin Charlotte von Schaum- burg-Lippe beizuwohnen. Der gesammte Hof be- theilige sich an der erhebenden Feier. General- Superintendent Dr. Reiche mit der Geistlichkeit empfing das Brautpaar am Eingange der Kirche und geleitete dasselbe vor den Altar, wo Hofprediger Merzyn unter er- greifender Weihrede den jungen Ehebund einsegnete. Nachder1 der feierliche Akt vorüber war, begaben sich die Theilnehmer an demselben in das Schloß zurück, wo die Neuvermählten die Gratulationscour entgegennahmen. Dann folgte das Galadiner.

Oesterreih-Ungarn. Pest, 8. April. (Wien. Ztg.) Die kroatishe Regnikolar-Deputation hat heute ihr Elaborat dem Präsidenten der ungarishen Regnikolar-Depu- tation, Tavernicus Ladislaus von Szögyény-Marich, über- reiht. Die ungarische Deputation wird daher demnächst eine kurze Sißung halten, in welcher die Uebernahme des Elaborats angezeigt und dessen meritorische Behandlung nah den Oster- ferien anberaumt werden wird.

Die Schlußrehnungs - Kommission des Abgeordneten- hauses hat heute den Bericht, betreffend die Sclu ßrech- nungen pro 1884, festgestellt. Für die Schlußrechnungen und die Kreditüberschreitungen pro 1884 wird das Absolutorium ertheilt. Das Endergebuiß der Shlußrehnungen zeigt folgende Ziffern: präliminirte Ausgaben 334 145 192 Fl., Einnahmen 500 460695 Fl., präliminirtes Defizit 33684496 F[., vorgeschriebene Ausgaben 279846912 Fl, Einnahmen 281 745320 Fl. Es ergiebt sich somit ein Ueberschuß der Einnahmen von 1 898 408 Fl.

Niederlande. Haag, 9. April. (W. T. B.) Die Zweite Kammer beendete heute die Berathung der Vorlage über die Abänderung des Unterrichtswesens. Die Amendements der Rechten wurden mit 43 gegen 42 Stimmen und das Amendement der Linken mit 64 gegen 22 Stimmen verworfen. Schließlih zog der Minister des Fnnern, Dr, Heemsfkerfk, den Geseyßentwurf zurü.

Großbritannien und Jrland. London, 9. April, Abends. (W. T. B.) Die heutigen Aben dblätter äußern {ih über die irishen Vorschläge des Premiers Glad- sttone in ungünstigem Sinne. Die „Saint James Gazette“ hält dieselben für noch verderblicher, als man befürchtet hätte, und für gleihbedeutend mit der Errichtung eines unabhängigen amerikainisch-irischen Staats an den Ufern Großbritanniens. Die „Pall Mall Gazette“ sagt: Gladstone's Projekt sei in seiner gegenwärtigen Form unmöglich, aber ciner Verbesserung nicht ur.fähig; gegenwärtig ziele daselbe nicht auf eine Union ab, sondern auf eine Trennung.

Der Kanzler des Herzogthums Lancaster, Heneage, hat in Folge der irischen Vorschläge Gladstone's seine Entlassung eingereicht.

10. April. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses erwiderte zunächst der Unter-Staats- sekretär Bryce auf eine bezügliche Anfrage: die Regierung habe noch keine Nachricht darüber, ob der Fürst Alexander von Bulgarien den Rath der Mächte hinsihtlih des in Konstantinopel unterzeihneten Protokolls acceptirt habe. Was Griechenland anbelange, so habe erc seiner auf eine diesbezüglihe Anfrage am 5. d. M. ertheilten Antwort nichts hinzuzufügen. Hierauf wurde die Debatte über die Vorshläge des Premiers Gladstone betreffs Jrlands fortgeseßt. Chamberlain sprach sich auf das Entschiedenste gegen ein irishes Son derdeparte- ment aus, wenn nicht Garantien geboten würden für die Aufrechterhaltung der Jntegrität des Reichs uud für die Suprematie des englishen Parlaments. Ebenso bekämpfte Chamberlain die Jdee, England zu einem Kredit von 120 Millionen Consols zum Ankauf von Pachtgütern zu ver- pflihten. Chamberlain schlug vor, den Eigenthümern Vor- schüsse zu machen und mit Frland eine Föderation einzugehen. Hartington erklärte fsih ebenfalls entschieden gegen die

irishen Vorschläge Mr. Gladstone's und hob hervor : das

Land habe bei den Wahlen keine Kenntniß davon gehabt ; er glaube, es billige diese Vorschläge nicht, sondern erwarte von seinen Vertretern aller Parteien, daß sie wie ein Mann zu- sammenstehen, um die volle FFntegrität des Reiches und die Suprematie des Gesetzes überall im Lande aufrecht zu erhalten. Morley meinte: weder Chamberlain noch Hartington hätten die Schwierigkeit der Lage erkannt. Der Mißerfolg der Re- gierung würde die Unterdrückung der Nationalliga durch strenge Zwangsmaßregeln nothwendig machen. Diejenigen, welche die Gefahr erkennen, würden der Vorlage der Regierung zu- stimmen, sowie eine billige Prüfung zugestehen, um die Politik der Versöhnung durchzuführen. Die Berathung der Vorlage wird am Montag fortgeseßt werden.

Wie die „Times“ erfährt, hat auch der Arbeits- Minister, Lord Morley, seine Entlassung eingereicht; ebenso sollen, wie die „Times“ hinzufügt, Entlasiungs- gesuche aus den Kreisen der obersten Hofswürden- träger zu erwarten sein.

Frankreih. Paris, 9, April. (W. T. B.) Die Osterferien der Kammern werden, wie aus Deputirten- kreisen verlautet, wahrscheinlich am 17. d. M. ihren Anfang nehmen und bis zum 15. Mai dauern.

Die Emission der neuen Anleihe soll, wie es neuer- dings heißt, niht vor Anfang Mai d. J. erfolgen. 2

Die Zollkommission beschloß heute, ausländischen Mais mit 1 Fr. zu besteuern, zur Stä rkebereitung verwendeten Mais aber zollfrei zu lassen.

An der belgishen Grenze sind mehrere Ballen mit revolutionären Proklamationen, die in Belgien für die Strikenden in Decazeville aufgegeben worden waren, mit B e- schlag belegt worden.

_ Aus Lacombe wird gemeldet: Der Präfekt des Jsère-Departements, Latourdupin, hatte die Shließung einer hier ohne Erlaubniß der Behörden eröffneten Kapelle anbefohlen. Der Direktor der Fabrik widerseßte sich aber, weil die Kapelle sich in einem Privathause befinde, das un- verleßlih sei. Die Bevölkerung, und namentlih ein Haufen von Arbeiterinnen suchten die Polizei an der Schließung der Kapelle zu hindern; es fielen mehrere Revolvershüsse und wurden dadurh eine Frau getödtet und 6 andere Personen, darunter der Fabrikdirektor, verwundet.

Jtalien. Rom, 9. April. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer erwiderte der Kriegs-Minister auf eine bezüglihe Anfrage des Depu- tirten Cavalli, daß bei der Garnison von Padua 2 Cholera-Todesfälle vorgekommen seien, und daß man Maßregeln ergriffen habe, um jede Militärxerson, die der Krankheit nur im Geringsten verdächtig erscheine, sofort zu isoliren.

Jn Deputirtenkreisen heißt es, daß das Ministe- rium im Amte verbleibe, daß der König in die Vornahme von allgemeinen Wahlen willige, und daß morgen oder am Montag im Parlament ein Vertagungsdekret verlesen werden würde, welchem die Auflösung der Kammer nachfolgen werde. Die meisten Zeitungen behaupten indeß, daß eine Ministerkrisis existire.

_ Serbien. Belgrad, 9. April. (W. T. B.) Der Finanz- Minister Mijatovic erklärte im heutigen Ministerrath, daß er bei der Aufstellung des Budgets nah dem Grund- jaß der größten Sparsamkeit vorgehen und daher auf allen Gebieten der Staatsverwaltung Re duktionen eintreten lassen werde. Der Minisierrath acceptirte diesen Standpunkt des Finanz-Ministers.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. April. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, von Giers, ist am Donnerstag Abend in Livadia eingetroffen.

Zeitung®stimmen.

In den „Berliner Politishen Nachrichten“ lesen wir:

Die Macht der Thatsachen räumt auch in England unter den mandchesterlichen Doktrinen gar unbarmherzig auf. Eines der Haupt- bollwerke des Manhesterthums, das Privatbahnsystem, welches jense*ts des Kanals sih bis zu dem Range einer wirthschaftlichen und sozialen Großmaht emporges{chwungen hat, sicht feine Existenz auf das bedenklichste durch den Bund gefährdet, den die gemeinsame Ziele anstrebenden Interessenten von Handel, Verkehr und Landwirthschaft geschlossen haben und mit Nachdruck geltend zu machen wissen. Alle Bevöslkerungskreise, die unter dem Dru der Srwerbsverhältnisse leiden und deren Ursachen zu einem wesentlichen Theile auf die wirthschaftlih ganz falsche Stellung der englischen Privatbahnen im öffentlihen Leben dec Nation zurückführen, sofern die Cisenbahngefellschaften nur die möglihst gewinnbringende finan- zielle Ausbeutung ihrcs Verkehrsmonopols durch übermäßig bohe Tarife im Auge haben, ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl des Landes, stehen in dieser Frage auf Seiten der Feinde des Privatbahn- systems und verlangen mit ihnen das Einschreiten des Staates gegen das launcnhafte, ungerechte, willfürlißhe und gemecinschädliche Wirken des Privateisenbahnfystems und für Beschränkung der Aus- beutergewinnste zu Gunsten einer von Handel, Industrie und Land- wirthschaft dringend benöthigten TarifermÄäßigung. Diese Thatsachen find auch für unsere Verbältn'isse nicht ohne nachträgliche Lehre, indem fle erkennen lassen, wie sehr wirthscbaftliä rihtig und dem Wobl der Gesammtheit förderlich die von unseren Freisinnlera \. Z. so fanatisch bekämpfte Verstaatlichung der preußischer Eisenbahnen gewesen ist, indem erst in Folge dieser Maßregel ein einheitlihes und den Interessen unserer nationalen Wicthschafts- gebahrung dienendes Tarifsystem Platz zu greifen vermochte. Das nur für möglihst fette Privatunteruchmergewinne kämpfende Manche\ter- thum aber thäte wirflid besser, si seiner nackten Selbstsuht zu schämen, als, wie dies wieder in der gestrigen Reichstagsdebatte ge- {chah, die Anhänger des Schvtes der nationalen Arbeit zu beschuldigen, sie trieben einseitige Interessenvertretung.

Die „Hülfsgenossenshaft“ untersucht die Erfolge der Sozialreform und sagt:

._. . Die Kranken- und die Unfallversicherung im Deutschen Reich find nur das Produkt der Zeit und ciner Reihe vorbereitender Gesetze, wenn au die Jnengriffnahme der sozialpolitishen Gesetzgebung ein Verdienst einzelner Personen ist. Wie wenig möglich es ist, sprungweise auf dieser Bahn vorzugehen, das zeigen am besten die anderen Staaten, die jeßt ebenfalls an eine Arbeiterversiherung herantreten. Mehr oder weniger dient ihnen der Lauf der deutshen Gesetzgebung als Vorbild. Nicht allein von Oesterreich, dessen Gefetzgebung wir bisher ja ein- gehend berücksicztigt haben, gilt dies, sondern auch von dex Schweiz, ¿Frankreih und in neuester Zeit, soweit das Verlangen nah einer Reforin von icgend ciner Partei erhoben wird, von Belgien, ja sogar von Nußland. Und troßdem damit doch der Weg Deutschlands als der richtige erkannt zu sein eint, ist bei uns felbst eive Opposition dauernd bescbäftigt, diese neuen Gesetze in abfälliger Weise zu fritisiren. Daß an allen Gescßen viel zu ändern und besser zu machen ist, ist ja. natürlih und längst anerkannt; die Frage ist nur nah dem Zeitpunkte der Aenderung und den Faktoren, nach welchen dieser Zeitpunkt ¿u bestimmen ist. Der frühere preußische Justiz-Minister Leonhard meinte, daß die Gescße von sünf zu fünf Jahren einer Revision bedürften, weil fich dann \{chon die Zeit \o weit geändert habe, daß sich einige Aenderungen nothwendig machen dürften. Mängel lassen sih jeden Tag an den Geseßen entdecken, ob aber die Mängel gerade so groß sind um die Ausmerzung der Geseße zu verlangen, ist schr zweifel- haft. Gerade von Seiten ciner Partei, welche sich immer brüstet, daß sie allein das Rezext zur Glükseligkeit in der Tasche hat, wird mit verähtlichem Lächeln auf die beiden Geseße herabgesehen und ihre Tendenz sowohl als ihr Inhalt bekcittelt. Mit welchem Recht sie das thut, ist uns unerfindlich.

In gewisser Beziehung cins{neidend haben beide Geseße gewirkt, insofern sie thatsähhli für die Allgemeinheit das brachten, was bié- her nur wenigen Cinsichtigen beschieden war. Daß alle Erwartungen, welche an sie geknüpft wurden, nicht eingetroffen sind, dafür ist wohl Niemand verantwortlih zu machen.

. ._. Kommt nicht bei aller dieser Kritik wenig oder mehr ver- leßtes Cigengefühl hinzu. ein Eintreten für Institutionen, die man selbst geschaffen hat, für freiwillige Institutionen, die man elbt, wenn sie auf gegnerisher Seite zu finden sind, lächerlich und ver- ächtlih zu machen sucht 2?

Wir sind fest überzeugt, daß das Krankenversicherungsgeset, troß vielfacher kleiner Mängel, ein fehr gutes Gesetz ist, und wissen ganz genau, daß seine soziale Tragweite in allen Schichten erkannt wird, wenn man es auch nicht gern eingestehen will das ist ein Erfolg.

Ueber das Unfallversicherungégeseß läßt sich ein abschließendes Urtheil nicht fällen. Dazu bedarf es noch der Erfahrung, der fozial- politishe Erfolg steht noch aus, aber der Erfolg in sfozialer Bezie- hung, in Beziehung auf den Einzelnen steht fest...

Das „Leipziger Tageblatt“ bespriht die Stellung seiner (der nationalliberalen) Partei zu der konser- vativen. Es heißt in dem Artikel:

Wir freuen uns dessen von ganzem Herzen, daß wir uns heute mit unseren konsccvativen Mitbürgern in dem Rufe „Hoch Kaiser und Reich, König und Vaterland“ völlig einig wissen. Und wahr- lih. die Dinge liegen in unserem engeren wie im weiteren Vater- lande doch so, daß die gemäßigt konservativen und die gemäßigt liberalen Männer sich vereint fühlen müssen in ihrem patriotischen Thun und Denken, in ihrem Bestreben, das Ge- meinsame zu süßen gegen die Feinde des Staates und der Gesell- haft. Wir glauben, diefer Standpunkt war auch recht deutlih aus- gedrückt vor Kurzem in dem anerkennenden und freundlichen Artikel, weichen das amtlihe Organ der sächsishen Staatsregierung, das „Dreédner Journal“, in Bezug auf die nationalliberale Partei ver- öffentlichte.

Haben die Konservativen und die Nationalliberalen ir. neuerer Zeit begriffen, daß sie auf gegenseitige Unterstüßung angewiesen find, wenn nicht der gemeinschaftlihe Gegner triumphiren soll, fo wird natürlich eine völlige Uebereinstimmung der beiden Parteien wohl niemals herbeizuführen sein; im Gegentheil, es wird die Verschiedenartigkeit der Anschauung noch in jehr vielen Punkten sich geltend machen. Wir erinnern rur daran, daß in Bezug auf die gewerbepolitischen Fragen, auf die Frage der Sonntagsruhe 2c. ziemli scharfe Gegensäße zwischen der konservativen und der nationalliberalen Partei bestehen und daß diese Differenzpunkte ih wohl sobald noch niht ausgleihen werden. Aber bei beiden Parteien steht doh über dem eigenen Partei-Interesse das Wohl des Staates, und es ist darum dringend zu wünschen, daß bei den Kämpfen, welche auch gegenwärtig noch zwcishen den Konservativen und den National- liberalen stattfinden, niemals die obige gemeinsame Parole außer Augen gesetzt, niemals über dem Trennenden das Einigende vergessen wird. .

Wir \chließen unsere Darlegungen mit dem dringenden Wunsche, daß Konservative und Nationalliberale weiter fortfahren mögen, auf der Basis gegenseitiger Achtung und gegenseitiger Mäßigung das günstige Verhältniß, welches ih zwischen ihnen allmählich beraus- gebildet hat, zum Nuß und Frommen des Vaterlandes zu stärken und auszubauen. Die dringendste Veranlassung ift dazu von anderer Seite gegeben.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Karlsruhe, 10. April. (W. T. B) Der Dichter Victor von Scheffel ist gestern Abend scinen Leiden erlegen.

„Der Chorgesang “, Zeitschrift für die gesammten Inter- essen der Sangeskunst mit besonderer Berücksichtigung der Gemischten Chöre, Männer- und Frauen-Gesangvereine, herausgegeben unter Mit- wirkung hervorragender Komponisten für Chorgefang, Musik-Direktoren, Chor-Dirigenten und berühmter Musifschriftsteller von A. W. Gott- \halg, Großherzogliher Hof-Organist und Lehrer an der Musik- schule zu Weimar. Von dieser im Verlage von Licht und Meyer in Leipzig am 1. und 15. jeden Monats in einem Umfange von acht Seiten Text und mindestens acht Seiten Originalkompositionen (Partitur) für Gemischte Chöre, Männer- und L NE

| vereine erscheinenden Zeitschrift (Preis 2 pro Quarta

liegt uns der erfte Semesterband (Oktober 1885 bis März 1886) voll- ständig vor. Die Uebersicht der Gesammätleistungen der Zeitschrift in dem verflossenen Halbjahr läßt den Werth desselben noch besser würdigen, als es die einzelnen Hefte ermöglichten. Wir finden in diesem Bande u. A. trefflibe Biographien mit Porträts von: H. Langer, Karl Reinecte, Fr. Liszt, A. Dregert, Karl Müller-Hartung, Ignaz Brüll, Benedikt Widmann, Dr. N. W. Gade, Marimilian Fleisch, Th. Scbneider und W. Tschirh. Ferner gediegene populäre Abhandlungen über : Reflexionen über reine Intonation von B, Wid- mann, Die Entstehung der Hauptchorwerke Beethovens von L. Nohl. Der Tonsaß für Männerhor von O. Tiersh. Ueber Stimmbildung und Stimmerhaltung von Prof. Mol”l- denhauer. Das Chrona in der liturgisGcen Kirchen- musik von Stehle, und Geschichte des Kölner Müänner- Gesangvereins von A. Hirß mit 4 Porträts 2c.; dann ein vorzüg- lihes interessantes Feuilleton, Vereinsnachrihten, Programine, Vakanzen, Buch- und Kunstmappe, Briefkasten und Sprechsaal. Im musikalishen Theil fanden Aufnahme 12 gemischte Chöre, 17 Männerchôre und 1 Frauenchor, darunter Kompositionen von Liszt, Tschirh, Gleitz, Dregert, Flügel, Böhme, Wermann, Reinecke, Rhein- berger, Nih Müller, Schaab, Niels Gade, Widmann, Fr. Schneider, Franz Oberreich und vielen Anderen. Die mit großer Sachkenntniß redigirte und von tüchtigen Mitarbeitern unterstüßte Zeitschrift füllt eine bis dahin in weiten Kreifen gefühlte Lücke in der Literatur; sie wird llen Freunden der Musik, ganz besonders aber den Gesang- vereinen willfommen fein, denen die Zeitschrift auf billige Weise stets neue Cdorgesänge liefert. Zahlreiche auf den Umschlägen abgedruckte Zuschriften aus allen Weltgegenden, selbs von jenseits des Ozeans, be- weifen, ian welchem Umfange oie Vereine den Nutzen des „Chorgesang“ bereits anerkennen. Die Zeitschrift ift sauber ausgestattet und auf Wiedergabe der Porträts ist besondere Sorgfalt verwendet.

Das Avrilheft (XY. Jahrgangs 18868) von „Kunst und Gewerbe, Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie“, herausgegeben vom Bayerischen Gewerbe-Museum zu Nürn- berg (redigirt von Dr. J. Stockbauer ; Verlagsanstalt des Bayerischen Gewerbe-Mujeums— C. Schrag Nürnberg) bringt an der Spie etnen sehr bemerkenswertben Aufsatz von dem Kustos der Anstalt, Dr. R. Kayser, über die „Pati1a der modernen Bronzedenkmäler“. Es werden darin die Versuche näher dargelegt, welhe von dem chemischen Labo- catorium des Bayerischen Gewerbe-Muscums mit zwei zu diesem Behuf in der Gießerei ter Anstalt aus verschiedenartigen Legierungen hergestellten und zusammengelötheten Bronzefiguren angestellt worden sind. Als Resultat ergab sih, daß erstens durch eine zweckentsprechende Reiniguag der Bronzedenkmäler von ihrer Errichtung an die der Patinabildung \{hädlihen Verunreinigungen aus der Atmosphäre (Ruß and Staub), wie ße den moderuen Städten eigen ist, in aus- reichender Weise beseitigt werden können, und daß auch) in diesem Falle die Zusammenseßung der Bronze nicht ohne Einfluß auf die Färbung der \ich bildenden Patina ist. Ein höherer Zinngehalt hatte, wenigstens bei den beschriebenen Versuchen, wesentlich günstigere Bedingungen zur Patinabildung gegeben. Die Reinigung der _„Öffffent- lihen WVronzedenkmäler (mit Secifenlöfung und Wasser) biete fkeineclei praktishe Schwicrigkeiten, auch seien die Kesten sehr geringe. Was die Beseitigung der s{chwaczen Krusten von den bereits längere Zeit stehenden Denkmälern betrifft, so werde bei den- jenigen, welche nicht son einmal eine gute Patina besaßen, die dann erst durch Ruß und Staub bedeckt wurde, in den meisten Fällen wohl faum cin anderes Mittel übrig bleiben als die sorgfältige mechanische Ueberarbeitung von Künstlerhand, da cs sih dabei nicht blos um ein?n Ueberzug, sondern eine Corrosion der Metalloberflähe handele. Nur wenn die Zukunft einmal wied-r jene von Ruß und sonstigen Verbrennungsprodukten freie Atmosphäre bieten könnte, welche die Städte vor Einführung der Steinkohlenfeuerung besaßen, nur dann würden die Bronzedenkmäler auch wieder wie in früherer Zeit ohne Störung ihre Patina bilden können und Reinigungsprozeduren überflüssig werden. Zur Zeit sei jedoch eine crationelle Reinigung derselben durchaus notwendig. Der zweite Aufjaß des Hefts, betitelt: „Zur Geschihte der Tapisserie“, enthält cinen Auszug aus dem Welke von Jules Guiffrey, „Histoire de la tapisserie depuis le moyen âge jusqu’s à nos jours“ (Tours, Alfred Mame et fils) mit vielen Probe-Illustrationen daraus darstellend kostbare und fkünstlerisch Pbemerkenswerthe Gobe!ins, meist französisher und vlämischer Herkunft. In einem weiteren Beitrage beginnt Dr. W. Walentin die Erörterung kunstgewerbliher Stilfragen. Er bespriht zunächst die Gestaltung der Lichttrögec und weist nach, wie \olhe den durch die moderne Techaik und neue Erfindungen geschaffenen