1886 / 90 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Apr 1886 18:00:01 GMT) scan diff

towsfi abgelehnt, dagegen der Antrag des Herrn Dr. Kopp mit 123 gegen 46 Sümmen und in diejer Form der Artikel I a angenommen.

Graf Rothkirh beantragte, den Nest der Vorlage mit den Koppschen Amendements en bloc anzunehmen. Dagegen erhob sih jedoch Widerspruch.

Die Artikel 11, Illi und Ila, betreffend die Konvikte und Seminare, wurden ohne Debatte angenommen.

Artikel IV lautet: ä

Der §. 1 des Gesctes vom 12 Mai 1873 wird aufgehoben,

Kirchendiener im Siune des Gesctzes vom 12. Mai 1873 sind nur folche Personen, weihe die mit cinem geistlichen oder juris- dittionellen Amt verbundenen Nechte und Verrichtungen ausüben.

_ Herr Vödcher beantragte, den Absatz 1 folgendermaßen zu fassen: :

„Artikel 1 des Gefcßes vom 12. Mai 1873 wird dahin dckla- rirt: daß er sich rur auf die Ausübung der den verfassungsmäßigen Organen der katholischen Kirche zustehenden Disziplinargewalt be- zieht.“

Herr Dr. Kopp erklärte sich gegen diesen Antrag und meinte: das katholishe Volk werde denselben niht ver- stehen und darin nur einen Angriff auf die Autorität des Papstes sehen. er Papst sei das Oberhaupt der gesammten katholischen Kirh2, er sei sür die Katholiken kein Ausländer. Was der Antrag aber wolle, das geschehe bereits: die kirch- lihe Gerichtsbarkeit liege in der Hand kirchlicher deutscher Be- hörden. Nun werde gesagt: das könne anders werden, wenn der Nuntius komme. Dieses Mißtrauen sei unbegründet; man möge die Furht vor dem Nuntius aufgeben: er komme nit.

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Der Antrag Bödcher wurde hierauf abgelehnt und der |

Ar itel [V angenomnien, ebenso die Artikel Y (betreffend die Beschwerde an den Staat), V a (betreffend die Demeriten- e er 4 (delresfend die Nufhebung des firhlichen Berichtshofes).

Die Bestimmungen der Artikel VII1 bis ATV, Die fd auf die Instanzen bezichen, welche statt de hofes in Thätigkeit treten sollen, hat die Kommission in eineni Artikel zusammengefaßt.

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_ Herr Vr. Kopp beantragte, von diesem Artikel nur tolgende

Bestimmung stehen zu lassen: „M Fall des §. 37*) im Gesc8 vom 20 S 18756 findet

d e I Berde an den Minister der geistlißenu Angelegen- jeiten jtatt.*

i ferner an Stelle der gesirihenen Absäte die Bestimmung reten zu lässen :

: Die Bestimmungen des Abschnitts 11 des Geseßes vom 12. Mai 1873 über die Berufung an den Staat werden auf- gehoben 4

Dieser Antrag wurde mit 116 gogen 49 Stimmen an- genomniei, ebenso die beiden ersten 2usaßartikel, welche die

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Kommission beschlossen hat.

Jm Artikel 3 werden den bestehenden Kongregationen be- züglich der Leitung von Armen-, Waisenanstalten u. L W: Konzessionen gemacht.

R Herr Dr, Dove bat, diefe Befugniß nit etwa auch auf vnstitute der Jesuiten auszudehnen. Graf Brühl wics diese Auslegung als ganz unmöglich zurü. : n wurde auc diefer Artikel angenommen. t. 4, welcher den Vorsiy im Kirchenrath dem nt, hatten die polnishen Mitglieder wieder die

Beschränkung für die polnischen Landestheile aufzuheben be-

s firGlichen Gerichts- |

, Nun hat der Herr Minister für Landwirthschaft diese Antwort, die ertheilt worden ist, ja nicht als eine persönliche ertheilt, sondern viamens der Staatsregierung, und ih glaube um fo mehr, da es dem

| Herrn Minifter für die Landwirthschaft niht vergönnt war, dem Anfang der Verhandlungen heute beizuwohnen, auch meinerscits auf diesen Punkt gerade eingehen zu müssen. Ih würde es lebhaft bedauern, wenn von Seiten des geehrten Herrn Vorredners und seiner Freunde die Haltung der Staatsregie- rung au nah dieser Antwort wirklich so aufgefaßt würde, als ob ste diefer kurzen Charakteristik entspräche: wir erkennen den Nothstand an, wir thun aber nihts, im Gegentheil, wir bebalten uns noch vor, vielleiht das Eine oder Andere zu thun, was diesen Nothstand steigert. Nein, meine Herren, das hieße Zhrerseits der Staatsregierung bitteres Unrebt anthun. _ Es ift bei der Staatsregierung auch niht so wie Hr. von Below sagte, daß die älteren Provinzen niht mit der Wärme behandelt wurden, wte manche andere. Ih habe bei früberen Gelegenheiten au {on Veranlassung gehabt, tarauf hinzuweisen, daß naturgemäß bezüglich der cinzelnen neuerworbenen Landestheile ein größerer Theil der Sorge, der Aufgaben dahin gerichtet sein müsse, das Zufammen- Jc)melzen zu fördern, und daß da die leidenden, die vorzugsweise zu berücksihtigenden Theile die jüngeren find, die in das alte Gefüge hineinpassend gemaht werden müssen. Da mag es nun vielleicht mal den Bewohnern der älteren Provinzen fo vorkommen, als würden sie vernachlässigt. Aber in der That licgt eine derartige Tendenz, wie Sie do wohl vertrauen sollten und aus den ferneren Worten des geehrten Herrn Vorredners glaube ich auch das Vertrauen entnehmen zu dürfen der Negierung absolut fern. ,__Bedenklicher ift die Meinung gewesen, daß die Regierung {ih taufche, wenn sie annehme, die älteren Landestheile würden noch lange un Stande fein, ihren Patriotismus in der Weise wie bisher be- tvâtigen zu können. Ic habe in dieser Nichtung ja nur zu konsta- tiren, daz wir die Nothlage der Landwirthschaft und ganz vorzugêweise in den êstlilen Provinzen der Monarchie anerkannt baben. Ich erinnere an die Verhandlungen, welche wir hier bei der ersten Etats- berathung batten, wo ich feinen Augentlick Anstand genommen habe, auf die Ausführungen des Hrn. Abg. von Minnigerode unumwunden auszusprechen, daß ih die gescilderten Nethstände der Landwirthschaft voll anerkenne, und das kann i ja heute nur wiederholen. Es ift innerhalb der Negicrung, glaube ich, wohl keine einzige Stimme, die cineu Zweifel hiergegen geltend macht. Wenn nun der Herr Abgeorduete in ähnlicher Weise wie gestern d / v « É E: E j & s L L v t Ler Dr. rar Rauiß dite Frage: wie foil geholfen werden? mit einen zivar nicht eingeheuden, aber doch ftreifenden Bli auf den Bi- metaliiémus beantwortet hat, fo wollen Sie mir erlauben, daß tch auch mcht tiefer auf diese Materie als er selbst in diesem Augenblicke ingete. Ich hätte über diese Seite der Sache au viel Neues dem, ih früher s{hon gesagt habe, hier niht hinzuzufügen, Ich aube, er hat in dieser Beziehung dohch eine etwas chr

e Gle J] genommen, wenn er selbst nur ovperirt hat mit

em wiederholt gebrauchten: „ich glaube, der Nebergang zum Bimetaltiömus würde der Noth ein Ende schaffen“; und wenn er dann gemeint hat, durch die Aurufung von einigen englifshen Namen, die ler Un Haufe doch am Ende, glaube ic, übermäßiger Bekannt- schaft sich nicht crfreuen, für diesen Glauben eine 2 utorität hinzu- stellen, mik der wir nit rechnen können, so erwidere ih ihm: was sür die Verhältnisse von England gilt, gilt noH nicht für die unserigen, und die Herren, die dort die Sache führen, mögen aus den dortigen Berhältuissen objcktive Gründe genug haben; aber ih glaube daz cs keinem Menschen in England cinfallen wird zu sagen: weil tr Verita der und der so und so denkt, glaube ih, daß das auch in England gut ist. Ich möchte Sie bitten, diese Art der Beweis- führung nit als gültig anzufeben.

„Ver Herr Abgeordnete hat dann gesagt: wenn alles das aber die Kegierung mcht überzeugt, also sein Glaube die Negterung nicht über- zeugt er sei mir nicht böse, aber Sie können doch nicht verlangen, daß Jhr Glaube „Uns Uverzeug? er fagt: wenn das alles die Megierung nit überzeugt, so hoffe ih, daß die Noth der Zeit die egierung überzeugen wird.

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antragt.

Herr De. Kopp beantragte, dem Artikel folgende Fassung zu geben: : i

_ «Den Vorsitz im Kirchenvorstande führt regelmäßig der ordnungs-

mäßig besiellie Pfarrer oder Pfarrverweser, in Filialgeneinden der für diefelben ordnungsmäßig bestellte Pfarrgeistliche.

Fürst Ferdinand Nadziwill bat um Streichung des auf die polnischen Diözesen bezüglichen Passus, der in ungerechter Weise Me beiden Diözesen Posen und Kulut ausschließen wolle. Was die Stellung dcr Polen zu der ganzen Vorlage betreffe, so habe er im Namen feiner Landsleute zu erklären, daß fie die Nüclsicht auf die Universalität der fatholishen Kirche be- smt habe, im Ganzen für das Geseß zu stimmen. e E SODPO ertatie: bie linkfsrheinishen Pfarrer fühlten fih dur diese Bestimmungen des Gesehes zurückgesett und wünichien, daß das Gesey vom 20. Juni 1875 aufaechoben werde; cer bitte deshalb, die von ihm vorgeschlagene Fassung zu acceptiren. ¿ Vei der Abstimmung wurde der Antrag Kopp und der Antrag Der Polen abgelehnt, die Kommissionsfassung dagegen Unverändert angenomnien.

Sodann wurde der Zusagartikel 5 genehmigt und darauf das Geseßz im Ganzen mit großer Majorität angenommen.

Herr von Bernuth erklärte nunmehr, daß, nachdem das Haus diesen Beschluß gefaßt habe, die von ihm und seinen Freunden eingebrachte Refolution hinfällig geworden sei und er dieselbe deshalb zurücziehe.

Schluß nah 5 Uhr.

Nächste Sizung: Mittwoch 1 Uhr.

Jm weiteren Verlauf der gestrigen (62) Sigzung | des Hauses der Abgeordueten erklärte bei Fortsezung der Beiprechung De Le eUa Hon Der Abgg. Fretherr von Véinnmgoerode und Graf Kanit, betreffend Maßregeln gegen den Preisniedergang landwirthschaftlicher Erzeugnisse und zur Herbeiführung weiterer Steuererleihterungen der Kommunen und kom- munalen Verbände, der Finanz-Minister, Dr. von Swholz: ___ Auch wenn diese leßte Aufforderung nicht so dirckt an mich ge- rihtet worden wäre, würde ih das Wort ergriffen haben, denn ic sympathisire in so fehr Vielem mit dem Herrn Borredner, daß i mir die Mühe doch genommen haben würde, auch in den Punkten, wo ic anderer Ansicht bin als er, ihn eine Entgegnung zu machen. |

Ic) glaube nun zunächst in Bezug auf die positive Frage: wie es in Ansehung der Spritflausel und deren Handhabung in Hamburg steht, ihm zur Zeit eine Antwort nicht geben zu können. Die Frage unterliegt der Erwägung; ih bin aber namentlich bei den Rücksichten, die in diefer Beziehung zu nebmen sind, nicht in der Lage, vor Ab- [Gluß dieser Erwägungen mich darüber zu äußern.

__Im Uebrigen hat der geehrte Herr Vorredner damit begonnen, daß cr die Antwort, die ber Herr Minister für Landwirthschaft gestern dem hohen Hase gegeben hat, ebenso wie das der Or. Abg. Graf Kaniß auch {en gethan hat, doch als eine schr wenig befriedigende bezeichnete. Er sagte: der Herr Minister habe zwar den Nothstand anerkannt, zu gleicher Zeit aber hinzugefügt: wir thun aber nihts im Gegentheil, ec babe noch Geseße in Aussicht ge- stellt, welche diesen Nothstand etwa zu fleigern im Stande wären.

E, Der 8. 37 des Gesetzes vom 20. Juni 1875 bestimmt, daß die Gutlasjung eines Kirchenvorstehers oder (Semeinderertreters erfolgt wegen Verlustes einer der zur Wäblbarkcit erforderlichen Gigenscaften

Jh hoffe, daß die Noth der Zeit uit so groß werden wird Or. von Below, daß wir diesen Kummer erleben werden. Ich boffe, daß die Noth „der Zeit gemildert werden wird und daß wir auf den FBeg Uule gedrangt werden, Experimente zu unternehmen, von deren «vuêgang mit dem „glaube ih“, das Sie ausgesvyrochen haben, doch das Dunkel nit genommen wird. Vebrigens möchte doch auc mances, sollte ih meinen, den Herrn Abgeordneten selbst stukig machen in dem Glauben. Denken Sie daran, daß fürzlih ciner der Derren, der nit hier im Haufe, aber im Neichstage die Sache des Bimctallismus auf das lebhafteste vertritt, am 27. März, als er aub auf diefes ceteram censeo zurüdfam, daf: alles ganz gleichgültig wäre, was in der Welt geschähe, nur die Abschaffung der Goldwährung éönne helfen, ba rief er einem der anderen Herren Abgeordneten zu :

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«Stellen Sie fich doch in diesem Augenbli ein folhes testimonium (4 4

panpertatis ntt aus, wo diese Thatsache anerkannt ist von dem Wiinister von Indien, ron dem eaglishen Minister, der ofen sagt : die große N die Zerrüttung der indischen Finanzen rührt nur von der Entwerthung des Silbers her.“ j Meine Herren, wir haben gehört, daß die Noth der deutschen Landwirtbschaft _von den tndischen Weizenbauern herrührt : die Indier haben nichi mal Doppelwährung, sondern die reine Silberwährung ; c müßte nah der Theorie, die in diesem Glauben liegt, Niemandem beser gehen als den Indiern. Nun ist die indische Finanznoth eine so furdtbar große! Daraus müssen Sie die Zwischenglieder, die bet der Deduktion hinzuzudeuken sind, mögen ja nicht zu {wer zu finden fein doch Vorficht entnehmen, müssen Sie sh doch wobl sagen, daß damit allein, daß Sie die Währung ändern, daß Sie die Währung vershlechtern, noch nicht das Wohl des Staates in irgend ciner Weife verbürgt werden kann. : Weiter hat der Hr. Abg. Graf Kaniß, der, wenn ih recht gehört habe, si ganz verjagt hat, die bimetallistishe Sache sür seine Ausführung heranzuziehen, Sie bei der Begründung der Säâte, die er sür den Gelreidezoll verlangte, erinnert, daß seit dem Jalbre 1828 der Werth des Geldes um die Hälfte gesunken sei, Ist das auch wieder ein Argument, was in Ihre Deduktionen paßt, daß das Gesd fortwäbrend vertheuert werde, und daß das theure Geld die ÎÜrsache der Noth sei, insbefondere die Ursache der landwirthschaftlichen Noth? Dieses Argument des Hrn. Grafen Kaniß ist gerade die ent- gegengefeßte Behauptung. Er rechtfertigte seine Wünsche für die Er- v9qung der Getreidezölle damit, daß ec sagte: jeßt na 50 Jahren, „wo der Geldwerth um die Hälfte gesunken ift gegen 1523". Alles das, meine Derren, führe ich nit an als ers{chöpfende Deduktion, sondern nur als ein Moment, das Sie ftußig machen nüßte in der Betonung dieses Glaubens, den ih Ihnen ja nicht rauben ann. Zch glaube meinerseits, daß der Herr Abg. Graf Kanißtz gestern die Urfachen, welche für die landwirthschaftliche Noth bei uns bestehen sehr richtig und fehr treffend dargelegt hat, und daß denen noch lange Da „nachzugchen fein wird, wenn auch die bimetalliftische Zdee vielleiht niht mehr wieder uns beschäftigt. Jch glaube der Hr. Abg. Graf Kanitz hat sehr richtig darc elegt, daß die außer- ordentlich weitgehende Urbarmachung von Streen, die bisher nit für den Ackerbau und mit den Produkten des Akerbaues für die übrige Mens h- heit in Betracht gekommen ift, in Verbindunz mit der kolossalen Gnt- wickelung unseres Verkehrswesens der Hauptgrund ist, der die alte Welt in ihrer Landwirthschaft bedroht, und ih fann allerdings von tnetnem perfönlihen Standpunkt aus auch nur sagen, daß mir bei der Unterfuchung cer Abhülfsmittel keineswegs ein solches Grauen gelomimnen ift über die Ausführungen, die der Hr. Abg, Graf Kanitz im Anschluß an diese Ermittelung der Ursachen gemacht hat. Er hat allerdings eine starke Srhößung der Getreidezölle als nothwendig be- zeichnet, wenn uns geholfen werden soll; und ih glaube, über diese &rage wird nicht jeßt, aber später wohl noch sehr ein- achend im Volke “und im Parlament verhandelt werden Ich verschließe mich auch dem allgemeinen Sayte, den ter Hr.

no eine Kub fei, die sehr viel mehr noch gemolken werden fz Ich bin darin volllommen mit ihm einverstanden. Ich weiche n in der Beziehung von seinen Ausführungen ab, daß ih nicht gtAt daß in Zrekunft der Wollzoll als ein wesentliches Hauk miitel für die Landwirthschaft werde in Betracht kommen b Das ift aber eine schwierige Frage, der man nicht förderlich ist A man fie obiter in einer Generaldiéfussion abmachen will; die i technisch und so an ganz bestimmte Momente der Erkenntniß bunden, daß ih darauf verzichte, sie etwa hier in diesem Ra G irgend I zu wollen. 2 Ich kann nur gegen Hrn. von Below das sagen, dieses s Rezept der Prüfung der Wollzölle beim Export liegt ja erst, ib glaube drei Tagen uns vor und wird jeßt geprüft und mit aller Sorgfalt gey E werden. Ich habe auch, soweit ih beim Eingang desselben dazu u Stande war, es vorläufig geprüft, bin aber vollitänds zu derselben Ueberzeugung gekommen wie der Herr landwirtb\caftlie! Minister, daß das, was bis jet in dem Gutachten geliefert it uA die Prâdikate rechtfertigt, die Hr. von Below ihm giebt, daß id eine [ebr Tetle und sebr billige, von jedem Stet beamten auszuführende Probe der Wosllstoffe zu made, sei, die dann zu einer angemessenen Erportbonifikation die Unter] A gewähren kann. Jch fürchte, Hr. von Below würde ih selbst zue leiht überzèugen, daß das, was bisher gefunden ist von Hrn. Maerde, vielleiht nur eine Hoffnung gewähren kann, daß auf dem Wege elius Besseres, ctwas Zureichenderes gefunden wird ; was bis jetzt ‘ace ist ; das wird sich gewiß au bei näherer technischer Untersuchung nis als zulänglich herausstellen. Ich sche aber davon ab, den Gedanke weiter zu verfolgen. Ih möchte nochmals auf die vom Hrn. Grafe von Kaniß doch im Allgemeinen und als das Wirksamere empfohlen Erhöhung der Getreidezölle zurückfommen und ibn nur einlaba daß er seinerseits auch der Regierung gegenüber die Gerectigf;; niht aus den Augen läßt; wenn Sie si erinnern, daß wir erf im vorigen Jahre cine Erhöhung der Getreidezölle auf das Dreifate vorgenommen haben, fo ist es doh uit als ein Vorwurf gegenüber der Negierung zu bezeichnen, wenn sie nit jeßt, zu dieser Stunde bereits, auch nur cine zusagende Antwort ihrerseits zu geben vermag auf eine weitere Erhöhung einzugehen. Fch verdenke es den Herren gar nicht, wenn sie von ihrem Standpunkte aus das Bedürfniß, dat fte erkannt haben, jeßt zur Sprache bringen und daran arbeiten ibi Anerkennung zu verschaffen; aber der Regierung einen Vorwurf N machen, zu sagen: die Regierung antwortet, wir erfennen einen Noth, stand an, aber wir thun nihts, das ift Unrecht, das geht darüber hinaus, was Sie von der Negicrung verlangen können. h __ Ste müssen doch erwägen, daß wenn fo wenig die national: öfonomishe Wissenschaft Jhnen darin Genügendes geleistet hat Wle die bisher die Frage erörtert hat, so wenig werden dem Volke in Ganzen die Ausführungen, die Hr. Graf von Kanitz gestern gemackt hat, genügen. Sie selbst sind durch Ihre Studien {n Ihren Ansichten und Entschlüssen klar geworden; aber ehe im Bolke selbit cin folcher Gedanke zu der Klarheit kommt, zu der Anerkennung, deren E O e t M Der Gefeßgebung auch nur versuchsweis in Angriff genommen twerden kann, dazu gehört do eine länacre Zeit. Was mit der Erhöhung der Zölle, die wir erst im vorigen Jahre beschlossen, erreiht worden, ist die Praxis noch nit inm Stande gewesen zu zeigen, und die Praxis ist vorwiegend oder allein in dieser Beziehung das, was bekchren kann, was im Volke überzeugen fann: ich theile die Meinung, sie wird es wohl beweisen, daß die jeßigen Saße noch nit genügen; aber wir müssen abwarten die Erfolge, wir muhjen erf wien, was die Lehrmeisterin für die ganze öffentlide Meinung sagt, und die wirken laffen, ehe man mit einem Borwurf gegen die Regierung, gegen eine folche Regierung dieserhalb kommt, Ich glaube, das ist zu viel. Dagegen, meine Herren, ist es ja nun auch nicht die Meinung der Regierung, inzwiscen die Hände in den Schoß zu legen, es ist au nit inzwishen einen Moment nur der Borwurf gerechtfertigl, die Regierung thue nichts. Aber es ift ibr mit dem, was sie inzwischen gethan, gegangen, wie es mit fo vielen anderen Dingen geht. Wenn man das ganze Herz voll Bimetallismus hat, oder das ganze Herz voll von Zollerhöbungen, da kümmert man nh um die anderen Mittel, die uns gegeben und entgegengebra(t werden, nicht und übersieht die und unteritütt die nicht mit der Leb haftigkleit, die ihnen gebührte. Mich trifft in diefer Beziehung keine Schuld. Ich habe bei der ersten Etatsberathung aim 22. Januar Sa meiner Betrübniß die Etatsdebatte den Lauf nabin, daß zwar von einigen Seiken eine wohlwollende, aber immerhin nur eine Kritik an unseren positiven Vorschlägen geübt wurde, die ih in die Worte zusammenfafsen ließ von der einen Seite: eiveniger wäre mebr gewelen“ und von der anderen Seite etwas \chüchtern: „das ift ganj hübs, aber ih liebe feine Programme, ih ziehe Erfolge vor“, wäh- rend von jener (linken) Seite nihts wie Vorwürfe über unsere post- tiven Vorschläge geäußert wurden, da habe ih zweimal Gelegenheit genommen, das Haus zu bitten: meine Herren, wenden Sie sich doch dem dargelegten positiven Programm mehr zu, erörtern Sie doch das, folgen Sie doch der Regierung: erkennen Sie die Bedürfnisse an, für die wir sorgen wollen, stärken Sie uns D OOE E Mt mehr Effekt als es nur sein kann, wenn Sie theilnahmlos oder auch nur mit lauer Stimmung uns unterstützen, für unsere Pro- jefte eintreten können. Leider ift dieser Appell verhallt ; die anderen Sorgen, die Sie erfüllt haben, haben Sie nit dazu l'ommen lassen, uns nahdrücklich zu unterstüßen, und ich freue mich, daß, nachdem das Herrenhaus an der Hand von Petitionen in solcher erdrücenden Ma- jorität gegen 5 Stimmen unseren wichtigsten Theil des Programmes anerkannt hat, daß jeßt diefe Interpellation au noch dem Haufe hier Gelegenheit giebt, das nachzuholen, was es bei der Etatsdebatte ver- säumt hat: der Regierung die Unterstütung zu geben für ihr Steuer- programm, welches sie in der ersten Ctatêélefung Ihnen vorgeführt hat, und welches den Vorzug hat, vor allen anderen Mitteln, daß es jeßt zu verwirkliben ift; daß es etwas ist, was praktische Politik des Augenblicks ist, roas dem Notbstand vor allen Dingen der Land- wirthschaft in großem Maße abzuhelfen im Stande ift. Ver Dr. Abg. Freiherr von Minnigerode hat gestern bei Be- gründung ciner Interpellation wiederholentlih einen Blick geworfen auf die Produktionskosten und damit den \{lechten Stand der Preise der Produkte verglichen; dabei ift es ihm aber begegnet, glaube i,

daß er immer von den Produktionskosten als etwas Festem, Unver- anderlichem gesprochen hat, bezüglich dessen die Negierung keine Hülfe in Aussicht geitelit hätte, zu einer Berminderung zu gelangen. „Nun, meine. Herren, wenn Sie uns helfen, die Sullasten zur Hälfte auf den Staat zu übernehmen, wenn Sie uns helfen, die ganze Grund- und Gebäudesteuer den Gemeinden zu überweisen und die Zuschläge wegfallen zu lassen, ist das nit eine Verminderung auch der Produktionsfosten der Landwirthschaft, nicht eine beträchtliche Verminderung, die gleichzeitig mit dem Heruntergehen des Zinsfußes um 1% in der That cine Erleichterung für die Landwirthschaft ist? G8 freut mi, daß Hr. von Below am Schlusse seiner Nede auch anerkannte, es giebt noch eine Menge kleiner Dinge, die uns helfen können ; übersehen Sie doch diese „kleinen“ Dinge nicht, die in dem YNegierungsprogramm enthalten sind. Sie werden nit in einer Zeit von 6 oter 8 Monaten im Stande fein, ¡u anderen Pilsen zu gelangen, Sie werden niht im Stande fein, zu einem Wollzo zu gelangen. Noch viel weniger wenn Sie auh eine Beränderung voraussezen, die vielleiht dazu führen könnte —- würden Ste in der Zeit von Jahren zu einem „rettenden“ praktischen Bimetalliómus gelangen lönnen Das sind alles Dinge, womit Sie der Landwirthschaft à. 3. praftish nicht helfen können, aber die Unter- stüßung des Negierungsprograums auf dem \teuerlihen Gebiet, das ist etwas praktischer, und dazu, hoffe ih, werden die Herren jeßt nodch) in leßter Stunde geneigt sein, uns ihre Kraft und die Autorität ihres Votums zu leihen.

Jch will, ehe ih mich zu dem Hrn. Abg. Rickert wende, dem ich etwas auf seine gestrige Rede antworten möchte, nur aus den heutigen Reden noch hervorheben: unter den kleinen Mitteln ift eins, welches der Ôr. Abg. Freiherr von Zedliß auch besonders der Regicrung empfohlen hat und das ih von ganzem Verzen anerkenne als ein sehr wichtiges,

oder wegen grober Pflichtwidrigkeit.

Ubg. Graf Kanig ausgesprochen hat, garniht, im dgn ade

er ist mir vollkommen aus der Seele gesprochen, daß der olltarif

das ist die Beförderung eines N redits für n O g eines guten angemessenen Kredits für den leinen Rustikalen. Die Schwierigkeiten, die da zu überwinden

find, sind ja niht klein; aber, meine Herren, sie sind am aller- leichtesten zu überwinden, wenn die provinziellen Organe der Ver- waltung, wenn die eigentlihe Provinzialverwaltung sie in die Hand nimmt, und ih kann zu meiner Freude die Mittheilung machen, daß in dieser Richtung in der Provínz, wo es in der Hinsicht am traurigsten in einzelnen Theilen ausfieht, in der Rheinprovinz, wo der Wucher mit der Kuhleihe und mit den Cessionen der Restkaufgelder es ganz besonders versteht, auf den kleinen Landmann in der entseßlichsten Weise zu drücken, die rheinische Provinzialverwaltung es jezt auf sih genommen hat, hierin möglichst förderlich und zweckmäßig ein- zugreifen, und ih hoffe, daß dem hohen Hause, wenn auch vielleicht niht mehr in dieser Session, ein kleiner Gesetzentwurf zugehen wird, der die Hülfe des Staates zu diesem Zwecke in Form einer finan- ziellen Unterstüßung des Unternehmens Ihrer Genehmigung unter- breiten wird. Ich würde mich freuen, wenn ih Gelegenheit bätte, nicht nur für diese Provinz, sondern auch für andere Provinzen in ähnlicher Weise die Aktion der Selbstverwaltung fördern zu können.

Meine Herren, gegen unsere Mittel nun hat wie immer der Hr. Abg. Rickert gestern den Hauptstoß geführt und Sie nach Kräften abgemaÿnt, uns zu unterstüßen. Es ist ihm heute von verschiedenen Seiten {on darauf erwidert worden. Ich möhte hier nur gleih an den Eingang seiner Rede erinnern; da hat er gesagt, es würde hoffent- lih diefe landwirthschaftliche Agitation zur Ruhe kommen, und als ein Zwischenruf von diefer Seite (rechts) darauf aufmerksain machte, daß das nicht der Fall sein würde, fuhr er fort:

__ Gerade diese fortgeseßzte Unruhe, in die Sie große Erwerbs- kreise verscten, ist es, was schadet. Es ist doch wunderbar, daß die, welche so viel Herz für die Nothleidenden zur Schau tragen, fortwährend die Unruhe s{üren.

Ja, meine Herren, ih würde das niht fo ausgedrüdckt baben : „zur Schau tragen*. Ich glaube, das warme Herz für Nothleidende ist wirkli innerlich vorhanden, ih glaube, bei jeder Gelegenheit, bei allen Parteien des Hauses vorhanden. Ich darf Sie nur daran erinnern, wenn die Weichsel eine Ueberschwemmung verursacht, wenn die Oder eine Ueberschwemmung verursaht, wenn der Rhein aus feinen Ufern tritt, da jagen sich die Interpellationen, die Anträge, jede Partei will die erfte sein und doch wohl nicht die Theilnahme „zur Schau tragen“, fondern wahrscheinlich doch für die echte Theil- nahme Zeugniß ablegen. Und um was handelt es sich dabei? Da handelt es sich um Hunderte von betroffenen Familien, um Tausende, und der ift cigentlih geächtet, der nicht noch immer ein Amendement sür die Erhöhung der Wohlthat, die aus der Staatskasse gegeben werden foll, in der Tasche hat. Und hier, wo es sich um die Noth- lage der Landwirthschaft fast des ganzen Landes handelt, da sprechen die Herren von Theilnahme „zur Schau tragen“.

Es erinnert mih das an die Geschichte von dem Galizishen Gemceindevorsteher, der einem ganz verarmten und bemitleidenswerthen Mann eiu ctwas phantastishes Attest ausstellte, daß er durch Wasserönoth, Feuersnoth, Krankheit und Tod in der Familie u. \. w. in die größte Noth gekommen sei. Und als seine Frau ihm Vorwürfe machte, daß er „die \{chönsten Unglücke“ so weggebe, was würde cr thun, wenn noch wieder ein Anderer käme, der ebenso bedürftig sci? da wußte er keinen Rath, denn er gab zu: ja, das bloße Zeugniß der Hülfs8bedürftigkeit, der Noth, des Elends genügt nicht, es muß immer „ein [{chbövnes Unglück“ dabei sein. Als ob es einer Uebershwemmung, cines Hagelshlags und dergl. besonderer Dinge bedürfte, um Theilnahme für die Noth zu haben.

Daf: die Noth uns kommt durch den Niedergang der Preise der Landwirthschaft, daß die Noth unendlich viel größer, dem Raum nach außerordentli groß ist, das ist doch fein Grund, um tweniger, als wenn ein „\chöónes Unglück“" vorläge, für diese Noth Theilnahme zu haben. In dieser Beziehung scheint mir doch bei dem Hrn. Abg. Nickert die rechte Theilnahme für die Noth, die konstatirt und an- erkannt ift, zu fehlen.

Er sagt:

Statt folcher Reden follten wir vor übertriebenen Hoffnungen warnen und diejenigen zur Selbsthülfe und Thatkraft auf- rufen, denen der Staat beim besten Willen nicht helfen kann. Diese Selbsthülfe und eigene Thatkraft,

Ich zweifle nicht, daß in unseren landwirthschaftlihen Kreisen diese Selbsthülfe und Thatkraft aufs Aeußerste angestrengt ist und noch jeßt in immer erhöhtem Maße angestrengt wird, um heraus- zukommen aus der Noth. Es ist eben niht möglich, unsere Land- wirthe können eben derartige Dinge, wie sie sih in der Welt heraus- gebildet baben, aus eigener Kraft nicht überwinden. Sie haben den Zoll nicht in der Hand, die Kommunallasten nicht in der Hand, die Staatslaftien nicht in der Hand, auf allen diesen Gebieten kann nur durh die Gesetzgebung Erleichterung geschaffen werden. Das Rezept: Sparen und Einschränken hat ja wohl Hr. von Zedliß s{chon ausführlich Hrn. Rickert gegenüber erörtert. Fch will nur sagen, er hat im Zusammenhange damit seiner, ih kann nicht sagen alten, sondern seiner neuen Politik Freunde zu erwerben gesucht, daß er jeßt auf einmal die Reichsverfassung vorgeführt hat als Grund des Bedenkens, daß man vom Reiche Einnahmen auf die Einzel- staaten übergehen lasse. Nun, das ift sein alter, d. h. seit etwa zwei Sessionen bier erörterter Gesichtspunkt gewesen: das Reich soll nur mit scinen Einnahmen für seine Ausgaben forgen, und Preußen foll mit seinen Einnahmen für seine Ausgaben aufkommen. Er bat das jeßt ctwas s{chmadckhafter zu machen gesucht, indem er sagt: machen Sie ganze Arbeit, werfen Sie die Verwaltungszweige dem Reiche zu, dann werden wir mitarbeiten. Nun, das ift doch klar, daß eine solche [chwierige Organisation, wie die des Reiches, unter Erhaltung der Ein- zelstaaten niht gemaht werden wird nah einem folhen kleinlichen ökonomischen Gesichtspunkt, daß es am Ende bequemer sein würde, die Ausgaben und Einnahmen an einem und demselben Orte zu bestimmen.

Ich glaube wirklih, Hr. Rickert sollte vor der Einrichtung des Reiches, wie es thatsächlih und historish sich gestaltet hat, eine größere Achtung haben, als daß er denken könnte, die Grundlagen des Neiches ließen sich um einer solhen ökonomischen Idee willen total verrücken. Wir erhalten das Reich, wie wir es begründet haben, und haben die Aufgabe, unter diesen Verhältnissen dafür zu sorgen, daß Jeder zu dem Seinigen kommt, und daß namentlih in Preußen nicht Geldnoth ist. Wenn wir erst warten sollten, daß durch Hrn. Rickert und seine Freunde das Reich eine ganz andere Verfassung erhält und die Skaaten vielleicht ihre Beseitigung gefunden haben, dann könnten wir vielleicht niemals auf eine Bessergestaltung unserer Finanzverhältnisse uns Hoffnung machen.

Der Herr Abgeordnete hat dann gesagt, indem er diesen seinen Gedankengang für jeßt begründete, es würde sonst die Vershwendung mehr und mehr platzgreifen, wenn man nicht da auch die Ausgaben beschlöfe, wo man die Einnahmen beschließe, und daß man si in dieser üblen Richtung {hon bisher bewegt habe.

Das ist mir sehr interessant gewesen. Ich habe nicht gedacht, daß Hr. Rickert einem der Faktoren, dem Reichstage oder dem Ab- geordnetenhause, vorwerfen würde, daß er an Verschwendung litte. Ih habe denn doch gedacht, wir, die Regierung, hätten überall die Ausgaben nur im Einverständniß mit der Landesvertretung beschlossen, und diese habe bei allen diesen Ausgaben ihren redlichen Antheil ge- nommen. Ja, ih weiß mich noch aus der jüngst abgeschlossenen Etatsberathung zu erinnern, daß zahlreihe aus der Initiative der Landesvertretung hervorgegangene Resolutionen die Regierung zu wei- teren Ausgaben aufforderten. Wo ist da die Vershwendung ? Wo ist die Gefahr weiterer Vershwendung in Preußen? Und ift denn Hr. RNickert und seine Freunde nicht da, um uns vor Vershwendung zu warnen, wenn wir die Mittel nicht haben? Nein, meine Herren, diese kleinen Mäntel verhüllen das Bild nicht fo, baß es im Lande nicht verstanden werden kann. Es reduzirt sih darauf: Hr. Rickert will für Preußen nichts von einer Hülfe aus den Einnahmequellen wissen, die dem Reih zur Verfügung stehen, und er bemüht sich darum, derartige Ausflüchte zu finden. Auch nur als eine folche Ausfluht kann ih es bezeihnen, was er da auch von der Reform der direkten Steuern in den Einzelstaaten ae hat. Meine Herren, jedesmal ift es immer dieselbe Serie von Gedanken, die bei ihm stets wiederkehrt, wenn eine allgemeine Debatte die Ge-

legenheit giebt. Aber ih darf nicht müde werden, auf diese Irr- thümer jedesmal wjeder aufmerksam zu mahen. Jedesmal kommt diese Behauptung in dem Zusammenhang, als ob wir in Preußen unseren Bedürfnissen damit gerecht werden könnten, daß wir das direkte Steuersystem und den Stempel mehr ausbauen. Dies sind stehende, immer wiederkehrende Behauptungen des Hrn. Abg. Niert.

Gehen wir aber mal an die Sache heran. Wir haben die Probe gemacht, wir haben der Aufforderung des Hauses, das direkte Perfonalsteuersystem zu reformiren, ehrlih zu entsprechen gesucht, einen Geseßentwurf vorgelegt, der der Resolution gemäß dafür sorgen sollte, daß eine möglichst gleihmäßige und gerehte Besteuerung stattfinde. Jeder Paragraph, der für diesen Gedanken ausgearbeitet war, begegnet in der Presse der Parteifreunde des Hrn. Abg. Rickert dem tollsten Geschrei : es sei ein Weihnachtsgeschenk für die Arbeiter; der Finanz- Minister habe zwar gesagt, die unteren Klassen follten von der Steuer befreit werden, hintenherum aber solle ein fiskalisher Einbruch in das Volksvermögen stattfinden, die armen Leute follten zu den direkten Steuern ärger wie je herangezogen werden. Das war die verbind- liche Antwort, die die Regierung auf den wohlgemeinten Versuh erhielt, der Resolution nachzukommen. Wir wollen gar nit von den direkten Steuern eine große Einnahme für den Staat gewinnen, weil wir dies nicht für rihtig halten. Und ciner folchen Regierung, die so zur Sache steht, sheute man sich nit, in dem „Neichsfreund“ den ersten Tag die allershnödeste Unterstellung zu machen, daß sie wie mit ciner Art Bauernfängerei sh damit abgebe, mit cinem folhen Gesetzentwurf aus den direkten Steuern kolossale Mittel ziehen zu wollen, die Armuth zu bedrücken. Das war die Antwort.

Und wenn wir zu dem Stempel gehen, wo bekannternmaßen nichts zu holen, sondern nur zu lassen ist, da wollten wir Hrn. Ricterts Gesetz sehen, wie er Preußens Einnahmen aus dem Stempel - gese fördern will,

Gbenso ist ja fadenscheinig der Einwand, daß er sagt: Sie wollen den Kommunen deln, aber welden Kommunen ? Meine Herren, es ist cuch von anderer Seite heute \{on darauf geantwortet; ih habe es bei früherer Gelegen- heit auch gethan. Das hilft Alles nichts. Ih sage nur, wenn wir die Mittel haben, werden wir uns wirklich darüber den Kopf nicht umsonst zerbrehen, an welher Stelle wir zweckmäßig einseßen. Wir haken ja 3. B. die lex Huene gemacht, die allerdings noch sehr un- vollkommen is sie ist niht das Ideal, das jemals angestrebt ist, fondern hat nur in gegebener Zeit die Brücke zu gegebenem Ziele gebaut aber sie hat gezeigt, daß wir Kommunen zu finden wissen, wo das Geld nüßlih im Sinne der Regierung hinzulenken ist.

Ich möchte nun seine Rede mit einer Zurückweisung des Bei- spiels verlassen, was er uns gegen die indirekte Steuergesetzgebung vorgeführt hat, des Beispiels von Frankreih. J glaube nicht, daß, was heute in Frankreih auf finanziellem Gebiete geschieht, ein klaf- nishes Zeugniß gegen die Zweckmäßigkeit der Pflege des indirekten Steuecrsystems ist. /

Und nun schließe ich meine Ausführungen mit der Versicherung, die ih nicht blos für meine Person, sondern, wie ih glaube, für die Gesammtheit der Regierung abgeben kann : fo schr unserer Meinung nach die Industrie unseres Landes zu hegen und zu pflegen ist, so wohlwollend und förderlich jeder von uns im Ministerium der Industrie des Landes gegenübersteht, so sind wir doch andererseits aufs Tiefste davon durhdrungen, daß an dem Tage, wo Deutschland nicht mehr ein Apeevte s Ackerbau treibendes Land wäre, wo unser Bedarf an Brod und Fleisch nicht mehr zum überwiegenden Theil von unseren eigenen Landesgenofsen erzeugt würde, an dem Tage der Untergang Deutschlands feinen Anfang nähme.

Meine Herren, auf diesem Boden stehen wir den Leiden der Land- wirthschaft gegenüber und bitten Sie, die Veruhiguna aus diesen Verhandlungen mitzunehmen, daß Sie nicht vergebens an das Herz der Regierung appelliren werden, wenn Sie mit ausführbaren und nicht z. 2. unmöglichen Anforderungen an die Regierung herantreten. Aber davon seien Sie überzeugt und beruhigen Sie in diesem Sinne auch das Land das ist meine Bitte, die ich an Sie richte.

Der Abg. Freiherr von Erffa bemerkte, die Rede des Abg: Rickert beweise, daß auf der Linken von dem Umfang und der Be deutung des Nothstands noch recht wenig Erkenntniß vor handen sei. Eine Enquete sei wirklih nicht mehr nöthig. Die Krisis habe sih allerdings auch auf die Kohlen- und Eisen- industrie ausgedehnt; in diesen beiden Richtungen liege aber lediglih eine Reaktion auf die Eisenbahnbauperiode der lezten 25 Zahre vor. Nah dem Abg. Rickert müßten die Land- wirthe sih vor der Regierung nah Art der römischen Gla- diatoren verneigen und s{hweigend von der Bildfläche ver- schwinden. Das werde allerdings nicht geschehen, einmal weil auch in ihnen der Trieb der Selbsterhaltung lebe ; dann aber stehe hinter ihnen und ihren Klagen auch der gange mittlere und kleine Grundbesiß. Der deutsche Bauernstand, diese Säule des preußischen Staats, sei in Gefahr! Die Steuerkraft des platten Landes lasse merklich nah. Die kleinen vorgeshlagenen Abhülfemittel, Wollzoll, Kreditverbesse- rungen u. }. w., halte Redner für sehr werthvoll, sie könnten aber die Krisis nicht beseitigen. Die Ablehnung des Braunnt- wein-Monopols müsse er unter den obwaltenden Umständen nahezu für ein nationales Unglü erklären, und er mae seinen eigenen Parteigenossen im Reichstage den Vorwurf, daß sie nicht energisch genug, sondern mit einer gewissen Lauheit an das Monopol herangetreten seien; er befürchte, daß sich Viele vou ihnen durch die Fuselzeitung des Abg. Richter hätten einshüchtern lassen. Die Erklärung des Ministers bezüglich der Getreidezölle habe ihn sehr befriedigt; übrigens seien die gestern vom Grafen Kaniß vorgeschlagenen Zollsägße nur der Ausdruck seiner subjektiven Ansicht; die konservative Fraktion sei über die Frage noch keineswegs im Reinen. Was die Bemerkung bezügli der kurz vor der vorjährigen Gn erfolgten großen Jmporte betreffe, welche die neuen Zölle verhindert hätten, ihre ganze Wirkung zu äußern, so sei bekanntlich der Reichstag das einzige europäische Parlament, welches um- fassenden Sperrmaßregeln niemals zustimme. Ein Universal- rezept gegen den Nothstand, welcher das Produkt einer Summe einzeln zu behandelnder Faktoren sei, gebe es nicht. Wohl aber könnte die Krisis leihter ertragen und überwunden werden durch eine Aenderung der heutigen unglücklichen Kapitalverschuldungsform des Grundbesizes. Die heutige Verschuldbarkeit sei viel zu ausgedehnt, die Beleihungs- grenze viel zu sehr erweitert. Schon einmal, unter Friedrich dem Großen, habe in einer ähnlichen Noth- lage der Landwirthschaft die Umwandlung der künd- baren Kapitalshuld in eine unkfindbare Rentenschuld stattgefunden. So könnte auch us verfahren und etwa

nach dem Muster des Staatsschuldbuchs für jede Provinz ein Landshuldbuch eingerichtet werden. iese Umwandlung, die Nationalökonomen, wie Lorenz von Stein, Schäffle, Shmoller, von Miaskowski empfohlen hätten, würde den Grundbesiß, der noch nicht überverschuldet sei, halten können, und der Zeit- punkt für die Einführung wäre im gegenwärtigen Moment um so günstiger, als der Zinsfuß niedriger sei als je und E der Reichs - Civilgeseßgebung unmittelbar be- vorsiehe.

Der Abg. Arendt meinte, das Land verlange von der Regierung und der Volksvertretung Maßregeln, welche die

Ausartung des allgemeinen E bag zu einer allgemeinen Kalamität verhinderten. Die gestrige Antwort des Ministers

Lucius sei lediglih negativ gewesen, und au heute habe der Minister von Scholz lediglih zur Unterstüßung seines Steuer- programms aufgefordert. Durch eine Steuerreform werde aber doch die Nothlage der Landwirthshaft nicht gehoben, umal dieser Zweig der nationalen Thätigkeit nicht für sich allein leide, die Krisis vielmehr eine all- gemeine fei. Allerdings müsse die Nothlage der Land- wirthschaft die industrielle Krise wesentlih vershärfen; und das sei in einem Grade der Fall, daß die Entwickelung des Reichs fast ernstlich in Frage gestellt sei. Die guten Finanzen E der Vergangenheit an, es drohe ein Defizit, dessen Höhe noch gar nicht ermessen werden könne. Auch die Zufriedenheit, der zweite Pfeiler des Reichs nah dem bekannten Ausspruh des Reichskanzlers, sei zurückgegangen , das zeige die Zunahme der Sozialdemo- traten, die Niederdrückung der nationalen Parteien im Reichstage zu einer ohnmächhtigen Minorität. Die Er- werbsverhältnisse lägen überall darnieder, die Kaufkraft sei Lug gesunken. Alle bisher vorgeshlagenen Mittel, Wollzoll, Erleichterung des Kredits, könnten dic Krisis, den Preisrücckgang der landwirthschaftliGen Produkte niht zum Stehen bringen. Die Ursachen des leßteren lägen nicht in der Ueberproduktion, sondern in der amerikanischen, und namentlich seit den leßten Fahren in der steigenden indischen und egyptishen Konkurrenz, die ihrerseits nihts sei, als eine Folge der Silberentwerthung. Die Wiederher- stelung des Silberwerths würde diese Konkurrenz wieder beseitigen, das sei auch die Meinung der indischen Regierung selbst. Das Festhalten Deutschlands an der Gold- währung sei mit eine Quelle der eingetretenen Kalamitäten. Der Abg. von Schalsha habe seine neulih im Reichstage auf- gestellte Behauptung von der betrügerishen Nahprägung von preußischen Thalern nicht zu erweisen vermocht; aber glaube man wirklih, daß es mcht zu betrügerischer Nachäbrnuna reizen könne, wenn z. B. die deutschen silbernen Fünfmarkstücke 331/; Proz. unterwerthig seien? Solche Nachprägungen seien vorgekommen und würden zunehmen mit der zunehmenden Silber- entwerthung. Die 1879 erfolgte Suspension der Silber- verkäufe sei ein s{hwerer Fehler gewesen, wenn sie niht zum Zweck der Remonetisirung des Silbers geschehen sei. Sollten einmal s{chwere Tage kommen, Deutschland vielleicht zu einem Kriege gezwungen sein, dann werde diese a eine \hwere Gefahr für die Sicherheit der deutschen Valuta bilden. Das Festhalten an der Goldwährung werde s\cließ- lih nur die Ausbreitung der Papierwirthshaft fördern. Redner glaube niht, daß eine Geldverschlehterung die Folge der Doppelwährung sein werde. Es werde nur eine Veränderung in den Valuten eintreten. Die indische Valuta werde auf ihren früheren Stand zurückehren und man ein Mittel mehr erhalten, sih die indishe Konkurrenz vom Halse zu halten. Die Goldproduktion sei übrigens in der Ab- nahme begriffen. Das müsse nothwendig zu einer Geldver- theuerung führen. Man sage zwar, der Zinsfuß finke. Aber auch das sei nur ein Symptom der Geldvertheuecung. Das möge befremdlich klingen, aber es sei eine Thatsache. Man sage, ein internationaler Währungsvertrag sei unmöglich. Redner glaube das niht. Für einen folchen Vertrag seien nur nöthig drei Staaten, Deutschland, England und Frankreich; und hätten dieselben sih geeinigt, so werde sich jeder der Staaten wohl hüten, dur cinen Bruch des Vertrags zu einer Entwerthung des Silbers beizutragen. Fn England sei die bimetallistische Bewegung im Steigen begriffen. Er sehe schon die Zeit ab, wo England kommen werde, um Deutschland zur Einführung der Doppelwährung aufzufordern. Man sage, die Bimetallisten beunruhigten das Land mit ihrer Agitation. Aber wenn diese der Ueberzeugung seien, daß die wirthschaftlihe Krisis nur dur die Einführung der Doppelwährung beseitigt werden könne, so sei es ihre Pflicht, in ihrem Bestreben auszuharren, und darin würden sih dieselben nicht irre machen lassen.

Der Abg. von Eynern bedauerte, daß diese Fragen hier in einem Augenblicke angeregt seien, wo in dem anderen Hause eine weltbewegende Angelegenheit Nen werde. Es sei auch der Zweck der Jnterpellation nicht abzusehen. Zölle und Münzfragen gehörten in den Reichstag. Vielleicht sollte nur dem Abg. Arendt, dem großen Münzpolitiker, einmal Gelegenheit gegeben werden, auch im Parlament eine Währungs- rede M halten. Die Klagelieder Jeremiae, die jeßt von Seiten der Rechten angestimmt würden, seien gar nicht erklärlih in einem Lande, das so von Gesundheit stroße, wie Deutschland. Wenn gegen dieselben von nationalliberaler Seite Einspruh erhoben werde, so heiße es, die Nationalliberalen verträten nur die kapitalistishen Jnteressen. Das sei durhaus unbegründet. Die- selben wendeten P gegen die übertriebenen Klagen der Landwirthschaft. ährend der Zinsfuß des Kapitals sinke, solle die Bodenrente auf derselben Höhe wie früher erhalten werden. Das sei ein undbilliges Verlangen. Der Jmport sei nicht huld an der Nothlage der Landwirthschaft. Was solle n da der Weizenimport Waben, wenn ste selbst Spiritus,

utter und Kartoffeln exportire ? Man {lage weitere Zoll- E vor in der Höhe von 60 Millionen. Solle damit die Kalamität der Landwirthschaft beseitigt werden? Das sei nicht anzunehmen. Die Folge werde nur sein, daß auch das Ausland zu Retorsionsmaßregeln greife. Man werde mit den Getreidezöllen dieselbe Erfahrung machen, wie mit den Eisen- öllen. Heute befinde sich die Eisenindustrie trog der Zölle in der- fesben Lage wie vor Einführung derselben. Die Exemplifikation auf Amerika beweise nihts, da Amerika zu Schutzzöllen gegriffen habe, um sich eine Fndustrie zu schaffen, niht um eine bestehende zu shüßen. Die Landwirthschaft müße mit dem Faktor renen, daß die Bodenrente eine geringere werde; dieselbe werde voraussihtlich noch weiter sinken. Was man zur Hebung der Landwirthschaft thun könne, habe man gethan, und sei auh jeßt noch bereit, mitzuwirken an einer Ver- besserung des Realkredits. Für die Verstaatlihung der Bahnen seien die Nationalliberalen in erster Linie im landwirthschaftlihen FJnteresse eingetreten. Auch die Kanalvorlage förderten sie aus diesem Grunde. Merk- würdigerweise komme der Widerspruh gegen diese Er- weiterung der Verkehrswege gerade von der reten Seite. Man schneide mit einem solhen Verhalten in sein eigenes leisch. Man habe auch die Doppelwährung ins Gefecht ge- ührt und auf die Entwerthung des Silbers hingewiesen. Diese Entwerthung hänge zusammen mit der kolossalen Ver- mehrung der Silberpröduktion. Auch die Preise der übrigen Metalle seien gesunken, und troßdem verlange man eine Wiederherstellung des vollen fes Bail es zwischen Gold und Silber. Aber dieses Verhältniß sei stets ein schwankendes gewesen. An der itation zur Hebung des Silberpreises seien vielfah die Minen-

besiger selbst betheiligt. Hr. Leuschner habe das offen einge=

c.

E e M E E o D N E