20 Grad Hitze, im wahren Sinne des Wortes „im Schweiße des * geredet werden mußten.
eine , es kommt dann in der Rede des Hrn. Abg. Riter ein ganzer Theil, den ich möchte als „allgemeine Einwürfe“ bezeihnen. Zunächst fuchte er „graulih zu machen“ dur die Höhe der Zahlen, die der-Geldeffekt des Gesehes werden würden. Er sagte, man mae \ich das nur klar, mehr wie von Bier, Salz, Kaffee, ucker, Petroleum E 4/5 der sämmtlichen Zölle ollen mit diesem Gesetze erreiht wcrden. Nun, meine Herren, ih laube, an Klarheit haben wir es in dieser Beziehung nit mangeln
en; denn klarer als mit der Summe von 300 Millionen, 200
[lionen kann, glaube ih, Niemand sagen, was mit dem Gesene ge- wollt wird ; und daß wir diesen Geldeffekt wollen, haben wir von Anfang an erklärt, haben wir Niemand verheimlicht, so daß es etwa jeßt erst brauchte ans Licht gezogen werden. L: j 1A
Der Herr Abgeordnete hat dann gesagt: ja, das ist uatürlich nah der Methode gewisser Händler vor geschlagen, der Finanz-Minister wird ganz zufrieden sein, ih kenne ihn besser, — wenn er auch nur sehr viel weniger bekommt; es is das nur in der Berücksichtigung jener Neigung zu Lagen empfehlenswerth gefunden worden ; denn dann glauben die, die sehr viel weniger bewilligt haben, die aber damit doc das bewilligt haben, was von der Regierung wirkl ich gewollt ist, in einem Kompromiß siegreich gewesen zu sein. Nun meinc Herren, ih habe mich gefreut, daß der Herr Abgeordnete si nicht genirt hat, vor dem Lande si zu näherer Bekanntschaft mit mir zu bekennen ; aber ih glaube, richtig ist diese nähere Bekannt- schaft niht. Ich habe nohch niemals der Theorie jener Handelsleute gehuldigt, daß man erst vorshlagen müsse, um das, was man wirklich wolle, zu bekommen. Jch erwarte von dem Hrn. Abg. Richter den Beweis, wo ich jemals in dieser Weise mein Amt wahrgenommen und cinen Anlaß gegeben hätte zu einer solhen Unterstellung.
Meine Herren, wir haben auch zu einer solchen Unterstellung praktisch niht den allergeringsten Anlaß gegeben. Wir find davon ausgegangen, darzulegen, was dringend nöthig ift, was gebraucht wird; und nahdem wir das dargelegt haben, haben wir die Forderung an das Steuergeseß gerichtet, das, was gebraucht wird, was zur Befriedigung der Bedürfnisse nöthig is, aufzubringen. Wo joll da der Vorschlag liegen? Es ift ja dann nur die Wahl übrig : halten Sie es für vorgeschlagen, bewilligen Sie weniger, so wird eben weniger gewährt werden, als gebraucht wird, so wird weniger befric- digt werden von demjenigen, was jeßt nah N, ringt; es wird wieder Stückwerk geliefert werden in demselben Maße. Aber für die Unterstellung der Thätigkeit des „Vorschlagens“ fehlt nach jeder Richtung hin der Anlaß. Im Gegentheil, meine Herren, von anderer Seite ift uns der Vorwourf gemacht worden, das, was wir als nöthig bezeihneu, was wir als nöthig anerkennen, erfordere mehr, als in diesem Sfeuergeles begriffen sei; es würde zu wenig sein, um die Zwecke, die wir ins Auge gefaßt haben, damit zu erfüllen.
Der Herr Abgeordnete hat dann in einem merkwürdigen Gegensaß zu seiner Taktik bei der Monopolvorlage den verbün- deten gierungen vorgeworfen, daß sie in der Ertragsberehnung dieses Steuergesetzes viel zu niedrig gegriffen haben. Bci der Monopol- berechnung waren wir seiner Meinung nah viel zu hoh; da sollte nichts erreiht werden von dem, was wir uns. einbildeten, zu erreichen ; alles sollte in der Luft {weben ; „finanziell nahtheilig“ sollte das Verdikt über das Monopol lauten. Heute sollen wir nun die Taktik befolgen, viel zu niedrig den Ertrag zu hätten. Jch meine, meine Herren, der Herr Abgeordnete follte von der Üeberzeugung ausgehen, die Regierung verfahre niht Heute so und morgen so, sondern sie verfahre das eine Mal wie das andere Mal nach ihrem p tigen Urtheil, nach ihrem pflihtmäßigen Bemühen, das Wahre zu suchen und zu vertreten, Für etwas Anderes, für Kunststücke, bald hoch bald niedrig zu shäßen, fehlt es bei der Ver- antwortlichkeit der Regierung zu jeder Veranlassung. Worauf basirt der La Abgeordnete seine Meinung? weil in der Ertragsberechnung die Ausbeute an Spiritus vom Maishraum auf nur 8©/ angenommen sei, Er nahm die Allüren eines -in der Branntweinbrennerei vorzüg- li bewanderten Mannes an, der ganz genau wisse, daß man mit 9 und 10 %/ Ausbeute mindestens operire und 4 die Brauntweininter- essenien untereinander wie Haruspices \fih_anlächelten, wenn von einer geringeren Ausbeute gesprochen werde. Meine Herren, dem gegenüber E ih das positive Zeugniß der preußischen landwirtb{hastlichen Verwaltung, die in ausgedehntestem Maße die eingehendsten Er- hebungen na dieser Richtung hin ge hat; und nah deren mir auf das Detaillirteste dargelegten Anschauungen beträgt der Dur- {chnitts-Aúsbeutesaß vom Branntwein in Preußen 7,66 9%. (Hört, hört! rechts. Lachen links.) Ja, Herr Abgeordneter, Sie glauben das nicht (Zuruf: Nein!), wenn Sie irgend eine roße wohlentwickelte auêgezeilhnete Branntweinbrennerei besucht
aben, wie deren ja viele heute sind, und da eine Durch- \chnitt8ausbeute von 10 9/0 gefunden haben, dann generalisiren Sie das und nehmen an, im ganzen Lande sei es ebenso, das ist aber nicht der Fall; die Thatsace widerlegt es; insofern also, glaube ic, ist auch der materielle Einwand vollständig unzutreffend.
Nun hatte ih geglaubt, meine Herren, die früheren Verhand- lungen insoweit berüdsichtigen zu dürfen, daß ih auf die Erörterung der Bedürfnißfrage verzichten könnte, niht noch einmal hier alle Darlegungen machen dürfte, welche die verbündeten Regie- rungen zu der Ueberzeugung geführt Hätten, es sei eine Nothwendigkeit vorhanden, einen großen erheblihen Schritt in der Reichsfteuerreform weiter zu thun. Ich hatte dabei vorsichtigerweise nicht von einem consensus omnium gesprochen, sondern für Hrn. Richter und die um ihn die Reserve gemacht, daß ein Theil des Hauses auch in dieser Bezichung eine andere Stellung cingenommen habe. Hr. Richter hat indeß seinerseits nit darauf verzichtet, die Bedürfniß- frage von seinem Standpunkte aus nochmals eingehend zu beleuchten und ih muß deshalb, da ihm das mehr mißglüdckt ist wie irgend je etwas, zur Vermeidung von falschen Sclußfolgerungen aus seinen Ausführungen auf diesen Punkt auch noch eingehen. Der Hr. Ab- geordnete hat gesagt, man suche ein solches Steuergeseß zu begründen durch die Bedürfnisse der Kommunen, der Einzelstaaten und des Reichs; aber bezüglich der Kommunen sei das nur das alte Lied, was seit 1879 immer gesungen sei, ae hätten no nichts bekommen, dur die lex Huene seien wieder Bewilligungen erfolgt, abec auch davon nihts an die Kommunen oder die Steuerzahler ge- langt; das Beispiel des Kreises Hagen follte wohl das zur Anschauung O Indessen, meine Herren, hierbei is ihm wohl ein kleines Unglück passirt; aus der lex Huene ift au noh' nit ein Vrlaen überhaupt zur Ueberweisung gekommen, es wird erst im nächsten Monat frühestens der Fall sein können. Wenn also jene Kommunen, jene Kreise aus der lex Huene noch nichts nüylich verwendet haben, o ist das nur natürli. Dagegen enthalte ih mich, seine Bedenken ezüglih des Kreises Hagen näher zu erörtern, da mir die Verhältnisse dort unbekannt sind; aber ih glaube nicht, s die Unterstellung, der er andeutungsweise Auédruck gab, als ob dort cs ledigli an dem Landrathe liegen würde, wenn das Geld aus der lex Huene zweckmäßig oder r mas verwendet werde, irgendwie begründet fin kann. Im Uebrigen is es ja zweifellos, meine Herren, daß, wenn die Bewilligun- gen, die seit 1879 eingetreten sind, faum hingereiht haben, um im Reiche selbst das Nöthige zu thun, nicht hingereicht haben, um im Staate Preußen das Nöthige zu thun, daß es dann noh nicht mögli gevesen ist, auch die Bedürfnisse innerhalb der Kommunen son zu befriedigen. Aber was folgt daraus? Folgt. daraus, daß wir die Hände in den Schoof legen sollen, daß wir die Lasten der Kommunen unbe- rüsichtigt lassen sollen, ist das die Meinung des Hrn. Abg. Richter ?
nimmt sich so aus, als hâtte er in der That die Meinung, diese
der Kommunen bestünde eigentlich mehr in der Einbildung der Regierung. Meine Herren, ih habe früher s mir einmal er- _4 laubt, darzulegen, wie ein tieferes Eingehen in die Details dex éinzelnen Kommunalverhältnisse an der Centralstelle nicht äufir L i ih meinerseits lasse indessen keine Gelegenheit un- enupßt, wo folge von Beschwerden die Verhältnisse der einzelnen Gemeinden im Finanz-Ministerium zur Erörterung fommea, mir die _Haushalte auch vorlegen zu lassen und sie genauer anzusehen. Da Habe ih nun vor ganz Kurzem ein solches lehrreiches Veispiel wieder
bekommen. Es handelte s E einen prinzipiell wichtigen Punkt, - c g
der zu entscheiden war, ob e zur Gewerbesteuer in einer Kommune in gleiher Höhe wie zur Grund- und Gebäudefteuer er- hoben werden sollten. Es war eine kleine Gemeinde des Kreises Adelnau, in welcher ein: Schänker und zwei Müller zur Gewerbe- steuer herangezogen waren. — Diese 3 Gewerbetreibenden, die alle ihr Gewerbe nur in einem kümmerlichen Üinfange betrieben, beschwerten sih darüber, daß sie 400 9% Kommunalzushlag zu der Gewerbesteuer zahlen sollten, und Ober - Präsident hatte entschieden, daß sie zu 400% hérangezogen werden sollten, weil die Grund- und Gebäudésteuer bereits zu diesem Satze im Interesse der Gemeinde herangezogen sei. Das n eine Gemeinde, deren Seelenzahl 188 be- trägt, deren Familienzahl 39 beträgt, \{chulpflihtige Kinder 26. Jn dieser Gemeinde besteht die prinzipale Grundsteuer zu dem Betrage von 188 H, die Gebäudesteuer zu 40 #, die Einkommensteuer vacat natürli, Klassensteuer nur Stufe T und 11 12 Censiten und in den höheren Stufen 1, Gewerbesteuer exklusive Hausirgewerbesteuer 48. Meine Herren, die ganze Aermlichkeit einer solhen Gemeinde kann doh nicht drastisher als aus diesen Zahlen hervorgehez, und nun bedenken Sie, daß- diese Personen 400 9% Grundsteuer, 400 %/o der Gebäudesteuer aufbringen müssen. Meine Herren, das ift nit eine Gemeinde, wo etwa für Asphalt und Gas- oder elcktrishe Beleuch- tung odéèr irgend was sonst große Ausgaben zu leisten sind. Das ift eine Gemeinde, die aber nod einen Waldbesiß hat, sogar einen Wald- hüter ihrerseits zu besolden hat. Das sind Verhältnisse, wie sie im Lande leider häufig vorkommen, und dieser Noth der Gemeinden gegenüber ist das Ihre Meinung, Hr. Abg. Richter, daß die Regie- rung sih nit bestreben soll, zur Erleichterung der Kommunallasten nah allen möglichen Richtungen hinzu schreiten? (Zuruf links : Es kommt doch nichts an sie!)
__ Das ist nicht damit abgemacht, daß man sagt: sie haben noch nichts bekommen und nach der lex Huene haben sie auch nichts be- kommen, das entbindet weder die Regierung noch entbindet es die verantwortlihe Volksvertretung davon, mitzuwirken, um solchen Nothständen im Lande ein Ende zu machen.
Der Hr. Abg. Richter sagt: warum wird denn nicht direkt die Erhebung einer Konsumsteuer der Gemeinde übertragen ? Meine Pee ei Beispiel dürfte ibn T gleihzeitig vollständig schlagen.
as nüßt es denn, wenn wir dieser Gemeinde die Erlaubniß erthei- len, eine direkte Konsumsteuer zu erheben? Der Wirth hat in seiner Beschwerde ausgeführt, daß die 400 9% Gewerbesteuer hon mehr be- tragen, als der Gewinn, der ihm vom Geschäft bleibt. Was würde diese Konsumsteuer der Gemeinde helfen? Wenn man nicht so kleine und über die wirklihen Verhältnisse hinwegsehende Gedanken immer festhielte, so könnte man gar nicht si dem entziehen wollen, durch die se éBelten Mayregtt dazu beizutragen, daß es in unserem Lande esser wird.
Nun hat der Herr Abgeordnete weiter gesagt, welches sind denn die Bedürfnisse in Preußen? Man spricht von den Kanalvorlagen, von dem Nachtragskredit für das Unterrichtswesen, von den Güter- ankäufen in den polnischen Provinzen. Vorher hatte er noch in Be- rufung auf mein im Abgeordnetenhaus entwickeltes Steuerprogramm
esagt, ih hätte eine Verminderung der Einkommen- und Klassen- teuer erstrebt. Meine Herren, in dieser ganzen Ausführung ist es mir völlig unbegreiflich gewe|en, wie ein Mitglied dieses hohen Hauses, welches zuglei Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses ist, welches dort als eine Finanzautorität lange Zeit gegolten hat, und welhes unbestreitbar die Fähigkeit besißt, bis in die leßten Theile des preußischen Staats- haushalts-Etats verständnißvoll einzudringez, wie ein solches Mitglied si auf eine derartige, — i kann nit einmal sagen oberflähliche, — denn alle Bedürfnisse, die vergessen sind, liegen auch auf der Oberfläche, S Darstellung der preußischen Bedürfnisse hat einlassen können. Es ist mir nicht eingefallen, im preußischen Abgeordnetenhause bloß das regeamin aufzustellen: Verminderung der Einkommen- und Klassen- steuer; das ist nur ein winziger Theil des Programms gewesen, was ih bet der legten Etatbecathung dort zu-éntwickeln:die Ehre gehabt habe. Wohin geht in Wahrheit die Steuerreform, die die preußische
Regierung für Preußen für nothwendig hält? Sie geht dabin, die ganze Grund- und Gebäudesteuer als Staatsösteuer zu beseitigen, den Kommunen zu überweisen, um dabei die ungerehten Zuschläge zu ew Realfteuern aus der Welt zu schaffen. (Abg. Richter: Das habe ih ja gesagt.) Das haben Sie nicht gesagt, wenigstens nah dem mir vorliegenden Berichte (Abg. Richter: -Einc Viertelstunde habe ih darüber gesprochen.) In dem Zusammenhang nicht, Herr Abgeordneter, ih tomme glei darguf zurü.
Es war der zweite Theil dieses Steuerprogramms: die Ermäßigung der Einkommensteuer, die Unifizirung derselben, derart, daß der bis- herige Sat nur noch von dem fundirten Einkommen erhoben “werden soll und das unfundirte Einkommen ermäßigt werden soll, und es war drittens ein außerordentlich wihtiger Theil, die Hälfte der Schullasten zu übernehmen auf den Staat. Wer solche Posten vergessen kann, ist in der That nicht befähigt, über unser Steuerprogramm abzuurtheilen.
Der Herr Abgeordnete hat also auf die von ihm felbst gestellte Frage: Welches sind die Bedürfnisse des preußischen Staates ? — diese drei hervorgehoben : die Kanalvorlagen, den Unterrihts-Nachtrags-Etat und die Gutsfäufe in Sale. Darin gebe ich ihm unbedingt Recht, wenn wir weiter keine merzen hätten, dann hätten wir in Preußen niht zu klagen über einen großen Mangel an Mitteln. Aber es ist ja ganz zweifellos, wer unsere Etatsverhält- nisse in Preußen auch bei solher Gelegenheit der Wahr- heit gemäß erörtern will, der wird sagen, daß das noch die keinsten Posten sind; der wird sich erinnern, daß wir bei jeder Etats- berathung, bei einer zahlreihen Menge von Kapiteln die beredtesten Klagen aus dem Lande hören über eine mangelhafte unzulängliche Be- friedigung der Bedürfnisse des Landes; der wird sih erinnern, daß wir überall, bei dem ganzen Kultus-Etat fast, Anträgen auf erhöhte Einstellung von Mitteln für kirchlihe und Schulzwecke gegenüber- stehen, die wir aus Mangel an Mitteln nicht befriedigen können ; der wird sich erinnern, daß wir für das téhnishe Unterrichtêwesen z. B,, das so fruchtbringend und fördernd wirkt auf die Fähigkeit der Nation, in dem Wettbewerbe mit andern Völkern siegreih zu sein, aus Mangel an Mitteln nicht das Wünschenswerthe zu thun vermögen; der wird \sich erinnern, daß ein ungelöstes Versprechen in
reußen besteht, welches mehr als 30 Millionen Matk jährlich in
Anspruch nimmt, wenn es eingelöst werden soll, das ist die Beamten- besoldungsverbesserung, — oder will der #5 Abg. Richter qus hier öffentlich dazu bekennen, daß von einer Beamtenbesoldungsvetbesserung niht mehr
esprochen werden foll im Staate Preußen? (Abg. Richter: Alles zu
einer Zeit!) Dann würden die Sympathien, die mit Mühe und
Noth zu unserem Bedauern in manchen Kreisen der Betheiligten ge- sammelt worden sind, wieder {chwäcer für ihn werden.
Weiter, ist dem Herrn Abg. Richter nicht bekannt, wel lebhaftes Streben, welches zum Theil gewiß nicht als unberechtigt zu be- zeihnende Streben auf Ermäßigung noch mancher Eisenbahntarife hinausgeht, und soll uns das nihts kosten? Ganz abgesehen davon aber, ist denn nit innerhalb der preußischen Landesvertretung darüber gar kein s daß angesihts der enorm hohen Staats\chuld ein viel erheblicheres Quantum zur Amortisation derselben E werden sollte im Etat, wie es jeßt vorgesehen wird? Das sind alles Bedürfnisse, über die wir uns in Preußen hundert Mal unterhalten haben, wo Niemand cingefallen i\t, sie zu bestreiten, und die läßt der Hr. Abg. Richter hinter diesen verhältnißmäßig wenigen Millionen für die Kanalvorlagen und für die Polenvorlagen wie in _der Versenkung verschwinden ! Nün, meine Herren, darüber kann man sich nicht hinwegtäushen, in Preußen bestehen so große und so be- deutende dauernde Bedürfnisse, die Jeder, der die preußishen Ver- hältnisse kennt, gten muß, daß es ganz zweifellos ist, wir sind zur Befriedigung derselben auf die Le ‘des Reichs angewiesen. Jn Bezug auf das Reich sagt Hr. Nichter geräde im Gegensay, daß ihm mißfällt an dieser Vorlage, daß die Einzelstaaten Kostgänger beim Reich sein sollen. Es kommt nicht darauf an, ob dem Pen, Abg. Richter nah feiner staatsrehtlihen, nach seiner reichsrechtlihen Theorie das mißfällt, es kommt auf das Praktische an, ob dem Uebelstande anders abzuhelfen ist, und das bestreite ich. Wir haben nah der Verfassung des Reichs und nach der geschihtlihen Entwickelung die einzige, weit
Pete zu handhaben, so vorsihtig zur Seite zu
ergiebiger zu mad;ende Einnahmequelle, die indirekten Steuern
Reiche überantwortet, wir müssen aus dier Quelle die Mittel haben, -
und so müssen wir sie vom Reiche bekommen. Nennen Sie das: Kostgänger sein beim Reiche, so wollen wir das sein; wir wollen die Bedürfnisse niht unbefriedigt lassen, wir wollen sie auf gesezmäßige und angemessene Weise befriedigen ; daher werden wir in diesem Gange der Finanzpolitik keine Aenderung eintreten lassen können.
Der Hr. Abg. Richter hat in diesem Pusammexhang eine Be- mängelung des Verhältnisses angedeutet, daß, wenn das Geseß auf Süddeutschland ausgedehnt werden möchte, in der Folge eine ganz unannehmbare Bevorzugung der süddeutshen Staaten eintreten werde. Meiner Meinung nah muß bei diesem Geseß und bei jedem anderen solhen deutshen Steuergeseß ein scheeler Blick auf die süddeutschen Staaten durchaus ausgeschlossen bleiben. Jch bestreite au, daß dazu die geringste Bera, vorliegt ; denn, meine Herren, Sie besitzen gar keine Statistik über die Betheiligung der einzelnen nateuti Ee Staaten an den Ergebnissen der Brennere\steuer, an den Er-
ebnissen der Biersteuer u. #. w.; es würde sich, wie ih
fest überzeugt bin, au da herausstellen, wenn wir eine genügende Statistik in dieser Art v: rlegen könnten, daß einzelne Staaten weit über das Maß ihres Verbrauches hinaus an den Erträgnissen be- theiligt werden, andere sehr weit hinter denselben mit ihrem Antheile zutückbleiben. Das ist eine bei jeder größern Vemanlres vorkommende Thatsache, und ih würde mich freuen über jede Ausdehnung unsrer Gemeinschaft über die jeßigen Linien hinaus auf die süddeutschen Staaten, wenn sie auch vorübergehend oder dauernd verbunden wäre mit einer etwas besseren Gestaltung der an diese Staaten dann herauszuzahlenden Einnahmen.
Der Herr Abgeordnete nennt es cinen großen Mißstand, daß die matrikularmäßige Bevölkerungszahl bei den Herauszahlungen des Reiches an die Einzelstaaten als Maßstab dient. und erinnerte daran, welche Klagen über diesen {lechten Vertheilungsmaßstab geführt wurden, so lange cs sich bloß um die Matrikularumlagen handelte; aber das ist doch eben cin ungemein großer Unterschied, ob es sich bei einem solhen Maßstabe handelt um Umlagen oder Herauszahlungen. Gewisse Jniquitäten kann man wohl in Kauf nehmen, wenn es sih darum handelt, betheiligt zu werden an dem gemeinschaftlihen Ge- winn, die man nicht gut in Kauf nehmen kann, wenn es \ich handelt um Aufbringung des R Debets; und es ist \{wer zu sagen, welcher ideale Vertheilungsmaßstab von den gemeinschaftlichen Einnahmen des Reichs auf die Einzelstaaten zu finden sein möchte, der besser entsprähe. Wenn wir aber keinen besseren finden und so lange wir keinen besseren finden, werden wir darum doch nicht die Forderung stellen, die Gemeinschaft etwa aufzulösen oder verdorren zu lassen, weil uns der Maßstab nicht in allen Punkten genügt. Das würde weit über das Ziel hinaus geschossen heißen.
Der Herr Abgeordnete meint dann, bei den Kommunen, den Staaten und dem Reich handele es sich höchstens um spätere Be- dürfnisse; für die werden wir doch nicht jeßt goraen, indem wir etappenweise {hon 40, 80 und 120 -Z mehrere Jahre im Voraus be- willigen ; warten wir doch ab, bis die Bedürfnisse da sind. — Meine Herren, in solher Meinung ist die etappenweise Einführung der neuen Konsumsteuer Ihnen nicht vorgeschlagen worden. Unserer Meinung nah sind die Bedürfnisse alle da, leider nur {hon zu lange da, die befriedigt werden sollen. Wenn es ih bloß darum handelte, würde ih sofort den Antrag befürworten, die Steuer in der ganzen Höhe auf einmal einzuführen, um sobald als möglich zu dem gewünschten, gewollten, nothwendigen Zweck zu kommen; die etappenweise Einführung hat ja weiter keinen anderen Zweck als die E in. die neue Belastung den Be- lasteten und den Interessenten möglichst shonend sein zu lassen, einen andern Zweck verfolgt sie gar nicht.
In dieser Beziehung sagt aber der Hr. Abg. Richter weiter: ja, nun denken Sie sich die Spekulationen, welche sich an diese Etappen anknüpfen, welhes Rennen wird sein, um die Lager zu füllen, ehe der Betrag der Steuer in die Höhe geht. — Nun, meine Herren, das gebe ih zu, eine gewisse Einwirkung nah dieser Rihtung wird die etappen- weise Erhöhung der Steuer sicherlich haben, aber ich glaube, eine wohlthätige, eine von uns zu begrüßende. Denn gerade gegenüber den Klagen, die sich in dem Antrag auf Erlaß eines Nothgeseßes bier zum Ausdruck gebracht haben, können wir cs ja doch nur freudig be- grüßen, wenn die Lagerfüllung bald eintritt, wenn bald eine erhöhte Inanspruchnahme der vorhandenen Spiritusquantitäten stattfindet und cine mäßige Preishebung sih daran anknüpfen sollte; deshalb und weil der Preisaufshlag für die Konsumenten dadurch auch gemildert wird, ist das keine Benachtheiligung, sondern es ist ein Vortheil, der an dem Gesetz in dieser Weise hängt. :
Der Herr Abgeordnete hat dann aber nun in dem lezten Theile seiner Rede sich mit den Geseßentwürfen selbst näher befaßt, von denen allerdings nur der eine dein Hause vorliegt und auch nur der eine meinerseits jeßt hier vertreten werden kann; der zweite ist ja be- kanntlich dem Hause noch nicht zugegangen und wird vielleicht in einem späteren Stadium erst das hohe Haus beschäftigen. — Auf die Frage, die an ihn gerihtet worden sei, welhen Entwurf er für den
esseren halte, habe er geantwortet: s{chlechter wie der eine oder der
andere kann überhaupt kein Geseß sein; der prinzipale Entwurf sei vom- Standpunkte des Kleinhändlers der \{chlechteste und der eventuelle vom Standpunkt des Publikums aus der \{chlechteste. Ich glaube, Derjenige, der an den Herrn Abgeordneten die Frage gerichtet hat, welchen er für den besseren halte, wird von dieser Antwort an si wenig befriedigt gewesen sein. Er sagt nun aber: beide Steuergeseße sind überhaupt, auch bei M aciseren Stecuersäten, technisch unausführ- bar. In ausführlicherer Weise hat sein geehrter Fraktionsgenofse Hr. Barth die Widersprüche nach- zuweisen, in welhe die Regierung komme, indem sie mit folchen Kontrolmaßregeln glaube einen solchen Steuer- gesetßentwurf Uen zu können. Ich habe vorhin gegenüber Hrn. von Wedell mir bercits erlaubt, auf das Unzutreffende dieser Unter- \tellun1 aufmerksam zu machen,“ bin aber den Herren durchaus danfbar für das seltene Bestreben, uns in der schweren Aufgabe, die Steuer- ] {elta und uns zu
belehren, wie wir es machen müssen, wenn wir zu dem Gelde, was wir nach dem Salehe erheben wollen, kommen wollen. Ich kann Sie aber nah dieser Richtung hin beruhigen, meine Herren; wir haben nichts aus den Augen gelassen; ich kin der Ueberzeugung, bis auf etwaige entgegengescßte Erfahrungen, daß wir mit den Kontrolmaß- regeln, die wir vorge)ehen haben, in der That im Großen und Ganzen den Zweck des. Gesetzes erreichen werden. do protestire deshalb au
in scinem Blatt versucht,
ganz ausdrücktlih gegen die Annahme des Hrn. Abg. Richter, daß es eine kluge Methode von mir gewesen sei, erst die Steuersäße feststellen zu lassen und dann später die nöthigen Strasparagraphen und Kontrol- maßregeln in einem besonderen Gesete nachbringen zu wollen. Er hat angedeutet, als wäre eine Tendenz dabei, daß wir das Gesetz in dem jeßigen Stadium so recht \{chmackhaft machten mit leichter Kontrole, und daß, wenn wir das Geseß haben würden, wir beab- sichtigten, erst nachzukommen und zu sagen: ja, nun geht es nicht, jeßt wollen wir erst zeigen, was bei der Sache eigentlich nothwendig ijt. Nichts, meine Herren, als ein solcher Dolus hat selb|stverständlih den verbündeten Regierungen ferner gelegen, Wir würden uns, wenn wir glaubten, strengere Strafvorschristen und Bedingungen zu gebrauchen, nit genirt haben, sie in dem Zusammenhang dieses Geseßes Jhnen mit zu unterbreiten. j __ Der Herr Abgeordnete hat dann gesagt: „Jh tadle diese Ent- würfe zunächst wegen ihrcr Verbindung mit der Aufrechterhaltung der Maischraumsteuer; wenn man einmal diese Konsumsteuer einführen will, dann muß man auch dafür sorgen, daß die Herstellung diefer Produktion so wohlfeil und einträglich wie möglich sei,“ Ja, das würde richtig sein, wenn der Herr A [ree es gebilligt und nicht vielmehr als einen {weren Vorwurf gegen die Regierung erhoben hâtte, daß es sh hier um reine Fiskalität haudle. ste eben, Herr Abgeordneter, daß bei uns nicht reine Fiskalität das ift; nah dem der Geseßentwurf ausgearbeitet ist, Wir haben noch andere Rücsihten dabei ins Auge zu faffen gehabt. Wir haben die Rücksicht
auf die möglichste Schonung, auf die Sicherun gegen verheerende
Darin sehen Sie
Wirkungen des Geseßes gegenüber der Brennereiindustrie nichk aus
jp pacen könnte, bis man
« sein
dem Auge verlorcn, und deshalb ist das, was Sie hier tateln, die Beibehaltung der Maischraumsteuer, ein Vorzug tes Gesehes, cin be- wußter und gewollter Vorzug. ;
Der Herr Abgeordnete hat dann als das Ungcheuerlichste an diesem Gesehe den Gedanken einer Kontingentirung bezeichnet. In dieser Beziehung ist er ja durch die nachfolgenden Redner, wie 1ich glaube, hon berichtigt worden, namentlih auch in dem Punkt, als ob die Kontingentirung sich erstrecken sollte auf das Maß der Pro- duktion im Augenblick, im Jahre 1886. Er hat dabei das Wort regelmäßig“ übersehen, welches bei der Kontingentirung beachtet werden soll. Nur dasjenige, was die Brennereien in der Lage gewesen sind, regelmäßig zu produziren, das soll ihnen bei der Kontingentirung
net werden.
n Herr Abgeordnete hat dann im weiteren Verlauf der Rede uns vorgeworfen, daß wir dur unsere Wirtl;shaftspolitik die anderen Staaten angestahelt hätten, ihren Spiritus selbst zu produziren; wo sollte nun das Uebrige von uns hinkommen? In demselben Athem aber. bat er dann bei der Schilderung* der Exportprämie, der volistän- digen Verzehrung der Maischraumsteuer dur die Exportprämie uns den Vorwurf gemacht, daß wir dazu beitragen, dem Auslande die Gelegenheit zu bieten, den Spiritus von uns um so wohlfeiler zu beziehen. Beide Behauptungen, meine Herren, schließen sich aus; ih brauche also weder die eine, noch die andere zu widerlegen. Le Jch beschränke mich darauf, nur noch zu erwähnen, daß seine Vermuthung, der Entwurf sei so lange wie möglich geheim gehalten worden aus Furt vor der Kritik, man hätte der eigenen Arbeit nicht etraut, daß auch diese Unterstellung eine völlig verfehlte ist. Meine erren, warum wir in dem Augenblick, wo wir uns anschickten, unter
rziht auf das, was wir selbst vorher für das Beste gehalten haben, den Wünschen, die hier im Reichttage unserer Meinung nach laut geworden waren und die Verheißung zu enthalten schienen, daß man auf dem Wege, den wir nun vorbereiteten, zum Ziele gelangen werde, Rechnung zu tragen, warum wir uns gerade in dem Augenblick vor der Kritik fürcbten sollten, warum wir gerade dabei nit hätten mit der größten Offenheit von Anfang an operiren können, das ist mir völlig unbegreiflich Der Herr Abgeordnete kanu die Ueberzeugung mitnehmen, daß sein Motiv uns völlig fern gelegen hat. Es ist nur unterlassen worden, frühzeitizer zu publiziren was fommen würde, einmal, weil man im Großen und Ganzen annehmen fonnte, daß die neucn Linien aus deu früheren Verhandlungen denen, die sich dafür interessirten, ungefähr bekannt sein würden; und
dann, weil man nicht wieder die Möglichkeit geben wollte, an der | Hand eines positiven, vorzeitig bekannt gewordenen Entwurfs einen |
„herzerquickenden nationalen Zug“ zu arrangiren, wozu es sonft wahr- \{heinlih wieder gekommen sein würde, wenu auch wahrscheinlich in \{chwächerer zweiter Auflage. i : :
Am Schlusse seiner Rede hat er dann wie gewöhnlich die Be- merkung gemaht: Einnahmen bewilligen wir niht, wenn die Aus- gaben nicht da sind; wie sonst gewöhnli: Ansgaben bewilligen wir nit, wenn die Einnahmen nicht da sind. : Zwickmühle der Negation wieder ins Leben getreten, jener öden Fterilen Negation, die dem Vaterlande {hon \o viele Ge- müther abgewendet hat, die immer dafür sorgt , daß die Freude am öffentlichen Leben im Vaterlande bei Vielen geringer wird, und die es nicht dazu kommen läßt, der Zustände, die bei uns doch thatsählich besser sind, als in irgend einem anderen Lande, als bei irgend cinem anderen Volke, dankbar und mit Zufriedenheit sich: zu erfreuen.
| Ich beklage das ticf, aber das ist nun nicht zu ändern, und ih tröste mih mit den Worten, mit denen der Hr. Abg. Dechelhäuser seine Rede \{loß: ih hoffe, daß gerade cine Auffassung in diesem Sinne existirt, wird die Majorität dieses Hauses in dem entgegengesetzten Sinne nur stärken. — Das war mir aus der Seele gesprochen.
Der Abg. Bock äußerte, er habe noch kein Wort des Be- dauerns gehört, daß man dem Volke wiederum viele Millionen aufzuhalsen denke. Die direkten Steuern würden gleihsam nur noch als Anstandssteuern betrachtet. Nicht immer habe die Regierung die indirekten Steuern für so günstig ge- halten ; im Jahre 1849 habe sie die Abschaffung der Mahl- und Schlachtsteuer im Jnteresse des armen Mannes, allerdings ohne Erfolg, gefordert. Und jetzt halte der Neichskanzler keine Steuer für besser, als die indirekte. Möge man Luxusartikel, wie Champagner oder Chokolade, noch so hcch besteuern, diese Belastung des armen Maunes halte er (Redner) für eine Unmenschlichkeit. Wenn man gerecht sein wollte, so müßte man sagen, man wolle einen Prozentsay vom Vermögen an den Staat zahlen. Früher habe der Reichskanzler den Brannt- wein in gewissem Maßê als nothwendiges Bedürfniß für den Arbeiter erklärt, jeßt wolle er ihn höher besteuern, es sei also unzweifelhaft eine höhere Belastung der Bedürfnisse des armen Mannes. Wozu sollten nun diese Steuern verwendet werden ? Die Einzelstaaten sollten Zuwendungen bekommen, die Beamten- pensionen sollten daraus bezahlt werden. Der Abg. Ocechel- häuser habe sogar die sozialen Zwecke der Kaiserlichen Bot- schaft hierbei genannt. Das sei Alles pure Heuchelei!
Der Präsident von Wedell-Piesdorf erklärte, er könne den Ausdruck „pure Heuchelei“ nur auf die Auslassungen der Bundesrathsvertreter oder der Mitglieder dieses Hauses be- ziehen. Jn beiden Fällen halte er sie für unzulässig und rufe den Abg. Bock zur Ordnung.
_ Der Abg. Bo fuhr fort: Die Aufwendungen aus dem Reich sollten lediglih für Preußen gemacht werden, die an- deren Staaten erhielten nihts. Deutschland solle das auf- bringen, was Preußen durch Üeberbürdung seines Militär-Etats mehr gebrauhe. Jnsbesondere wolle man den preußischen Brennern Zuwendungen machen. Diese Brenner säßen meist in Ostpreußen, welhes dafür allerdings wieder die \hneidigsten Lieutenants zur Ausbildung der Soldaten sende. — Die Branntweinpest solle beseitigt werden! Sonst werde do der Deutsche immer für sittliher ausgegeben, als andere Völker. Bringe denn der Wein nicht ähnlihe Wirkungen hervor, wie der Schnaps? Er bringe nit nur das Zipperlein und rothe Nasen hervor, | sondern es entständen ebenso viele Krankheiten durch den Weingenuß. Jeßt wolle man gerade dem Arbeiter, der den geringsten Lohn habe, der kein Bier bezahlen könne, noch 25 bis 30 neue Steuern auflegen. Das Haus kenne gar nicht die wirk- lihe Lage der Arbeiter, es habe keine Ahnung von der Noth und dem Elend der Arbeiter. n Thüringen bekämen die ländlichen Arbeiter bei einer Arbeitszeit von 4 Uhr früh bis 9 Uhr Abends neben der Kost im Ganzen 40 „Z Tagelohn.
reilich wäre es dem Hause bequem, wenn es sich die rbeiter, sobald es dieselben nicht brauhe, vom Halse schaffen könnte. Ein Nationalökonom habe ja auch einmal den Gedanken aufgeworfen: es wäre {höôn, wenn man den Arbeitern fr die Zeit , wo inan sie niht brauche, mit einem Schwamm den Mund stopfen und sie so lange in den Scheunen zusammen- | le wieder brauche. Die arme be- drängte Landwirthschaft solle gehoben werden. Die landwirth- schaftlihe Presse äußere sih aber sehr enttäusht über den Entwurf. Nur den adligen Herren auf der Rechten werde damit ein Dienst erwiesen. Das werde aber auch nur beab- E Wenn dem Arbeiter wenigstens gestattet wäre, für ohl nach Möglichkeit zu agitiren, dann wollten auch
fs Opfer auf den Altar
ie Sozialdemokraten die Die Beamtengehälter wolle
des Vaterlandes bringén.
Und dann ist die schöne |
man erhöden und dazu wolle man dem ärmsten Teufel im Deutschen Reih 10 Prozent seincs Arbeitslohnes nehmen? Eine soziale Reform wünschten auch die Sozial- demokraten, aber die von dem Hause beabsichtigte enthalte nur leere Versiherungen. Die Sozialdemokraten heßten niht aus Lust und Liebe, sondern sie hätten die Ueberzeugung, daß sie die Leute aufklären müßten. Man brauche dem Volke nur zu sagen: solche Geseze werden ihm gegeben, dann hätten fie genug. gesagt. Eine gerehtere Steuerreform sei allein, was sie wollten. Das sei ihre Sozialreform.
Der Abg. Baron Zora von Bulach ging auf die früheren Verhältnisse der Branntweinbesteuerung unter der französischen Regierung ein. Jett sei das Elsaß gegen seinen Wunsch in die Branntweinbesteuerung hineingezogen. Man hoffe im Elsaß ein reiches Absatgebiet für den Branntwein zu finden. Durch die Billigkeit des Produktes habe der Branatweingenuß ganz enorm zugenommen. Seitdem werde weniger Weii ge- trunkenundallgemein habeman denWunsch, den Brauntzoein höher u besteuern. Für Ueberweisungen von dem Reiche werdedas Elsaß sebr dankbar sein. Jn diesem Jahre habe es 600 000 f mehr bekommen, als es ‘dem Reich zu zahlen gehabt habe. Das Elsaß trete für ven Provinzialentwurf ein. Durch den zu bil- ligen Branntwein, der nah dem Elsaß gekommen, habe die Weinverfälshung in ganz unerträglichem Maße zugenommen. Gerade dur die Einführung der Branutweinsteuer im Elsaß im Jahre 1873 habe die Unzufriedenheit sehr zugenommen. Die Elsässer hofften, daß in der Kommission den berechtigten Wünschen der kleineren elsässishen Brenner Rechnung getragen werden würde. N
Der Abg. Nickert wollte zunächst sein Einverständniß mit der Verweisung des Entwurfs an eine Komniission erklären. Er habe ferner noch einen Wunsch, nämlich: wenn der Neichs- tag jebt auf längere Zeit auseinandergehe, so werde sich bei den Mitgliedern der Kommission, die ja zusammenbleibe, vielfah das Bedürfniß kundgeben, Vertreter zu haben, um zeitweise ihre Privatgeschäfte zu erledigen. Er glaube, daß man das nun ohne Aenderung der Geschäftsordnung so machen könne, daß der Präsident ohne Weiteres die Abtheilungen zusammenberufe, wenn ein Mit- glied aus der Kommission austrete, und ein Vertreter ge- wählt werde. Er (Reduer) stelle hiermit diesen Antrag, man verstoße damit nicht gegen die Geschäftsordnung, sondern ändere nur die bisherige Praxis. — Er komme zum Gese. Der Finanz-Minister habe in der leßten Zeit viel Unglück mit seinen Arbeiten. Er halte sich jeßt nur noch krampfhaft an einen Mann, den Abg. Dechelhäuser. Sogar der Abg. Del- brück erkläre den Entwurf für unanuehmbar. Wenn das von einer Partei geschehe, die für gewöhnlich die Re- ‘gierung in ihren N unterstüße, so sei ihm die Muth- losigkeit des Ministers erklärlih, und er habe ein gewisses Mitgefühl für ihn. Die Erklärung des Abg. Windthorst sei für den Finanz - Minister schon eine Genugthuung gewesen, obwohl sie doch ein Engagement nah keiner Richtung hin enthalte. Der Finanz-Minister habe es dem Abg. Richter gegenüber so dargestellt, als ob alle Diejenigen, die ihr Geld zu der Agitation gegen das Branntwein-Monopol hergegeben, das jeßt bedauern würden. Solle das eine Verdächtigung gegen die „Freisinnige Zeitung“ sein, daß sie bestohen werde? Er wisse nit, was darin liegen solle. Ein Mitglied der preußi- {en Regierung sollte doch mit Vorwürfen vorsichtiger sein. Er erinnere den Finanz-Minister an den geehrten Hrn. Shweinburg und an die Reptilienpresse, die aus öffentlihen Mitteln be- soldet werde. Wo liege die Dringlichkeit, das Haus hier bis in den Sommer hinein Rae? Der Finanz-Minister habe die Abgeordneten ja bedauert, aber die Vorarbeiten dürsten nicht vergeblih bleiben. Wenn die Vorarbeiten bis zum Herbst liegen blieben, was würde das schaden? Die Deutschfreisinnigen ständen einer Branntweinbesteuerung keineswegs negativ gegenüber, aber diesec Vorlage könnten sie niht zustimmen. Was die Vorlage eigentlih bedeuten solle, das habe heute der Abg. Delbrück — in einem starken oder s{wahen Moment — verrathen. Dem Abg. von Wedell gegenüber, der dem Abg. Richter gestern den Vorwurf gemacht, er wolle die Landwirthe ruiniren, müsse er (Redner) bemerken, daß derselbe für diesen s{hweren Vorwurf keinen Beweis erbraht habe. Er (Redner) müsse diesen Vorwurf einfach zurückweisen. Wie man ih für Zwangsgenossenschaften entscheiden könne, wenn man gegen das Koalitionsrecht sei, verstehe er niht. Arbeiter wolle man bestrafen, Breunereibesißérn. wolle man das Zwangsrecht zu Koalitionen geben. Besser wäre es doch, man setze eine Summe für direkte Unterstüßungen der Guts- besizger aus, wie man es eben bei Ueberschivemmungen mache. Sei es denn etwas Anderes, was in dem Geseh dekretirt werde? Wenn man den ersteren Weg einschlage, so vermeide man wenigstens die Unterstüßung des reichen Bren- ners, und er empfehle dem Finanz-Minister einen derartigen Entwurf. Der Branntwein sei für die ländliche Bevölkerung nicht zu entbehren, schaffe man dem Arbeiter keinen Ersay da- für, so M alle ethishen Momente n Trunk- sucht dürfe man nicht mit Branntweingenuß verwechseln, man dürfe niht jeden \{hnapstrinkenden Arbeiter für einen Trunkenbold erklären. Er habe lange Zeit gebraucht, si von der Rede des Abg. Occhelhäuser zu erholen, dagegen sei ja das Patvimonium der Enterbten des Abg. Delbrück in Stralsund ein Kinderspiel. Früher habe der Abg. Oechel- häuser einmal gesagt: „Die Besteuerung der nothwendigen Lebensmittel sei unvereinbar mit einem liberalen Programm“. Wie verhalte er sich nun jeyt zu diesem Ausspruch? Neben allen anderen Steuern auf nothwendige Lebensmittel wolle er jeßt noch die Branntweinsteuer! Unter diesen Umständen sei allerdings kein Zusammengehen mit der Fe des Abg. Oechelhäuser möglih. Das Verlangen nah neuen Reichs- steuern werde immer ungemessener. Man brauche die Kom- munen nur a!s Vorspanne. Kein Mensch wisse, an welche Kommunen die Steuererträgnisse gegeben werden sollten. Die Agitation auf dem Gebiete der Holy _und Getreidezölle l uod lange nicht zu Ende. Die Bedürfnißfrage sei bis et noch nicht gelöst, die Regierung habe “bis jeßt noch kein Programm geben können. Die Verwendungsgeseße würden immer ad acta gelegt. Sollten die Gelder den Provinzial- oder Kreisverbänden zugewiesen werden? oder den Gemeinden? Auf eine Landgemeinde-Ordnung in Preußen lasse man das Haus immer noch warten. Man werde in der Kom- mission eine Enquete verlangen, damit man doch endlih erfahre, wozu die Gelder verwandt werden sollten. Der tveußische Staat solle angeblich bankerott sein. Er wünschte jedem Staat, daß er einen solchen Etat hätte. Der preußishe Eisenbahn-Minister habe neulih eine ganz andere Schilderung davon im Abgeordnetenhause gegeben.
Weshalb gehe die Regierung nicht allmählich in der Beamten- besoldung vor? Wenn auch Preußen Bedürfnisse habe, warum wolle man denn den anderen Staaten Zuwendungen machen ? Diese hätten keine Bedürfnisse. Der preußische Finanz Minister fordere ihn (den Redner) immer auf, ihm Vor- schläge zu machen. Er werde sich hüten, ihm Projekte auszuarbeiten. Die Regierung sei dazu verpflichtet. Er erkläre dem Finanz-Minister auf derartige Aufforderungen ein für alle Male, daß er ihn trocken sigen lassen werde. Die Deutschfreisinnigen würden auch in Zukunft die altbewährte preußishe Praxis der Sparsamkeit hoh halten, die Preußen groß gemacht habe. Sie würden an diesem, wie der Abg. Oechelhäuser meine, kleinen Gesichtspunkt festhalten. Sle überließen dem Abg. Oechelhäuser die großen Gesichtspunkte und die großen nie erfüllten Versprehungen. |
Der Abg. Dr. Buhl erklärte, die Nationalliberalen hätten sich immer, auch durch den Mund des Hrn. von Ben- nigsen, mit einer L Ves der Branntweinsteuer einver- standen erklärt. Durh die kürzlih bewilligte Zuckersteuer könnten die großen Bedürfnisse des Reichs und der Einzel- staaten nicht gedeckt werden. Die Entrüstung des Abg. Richter darüber, daß die Nationalliberalen für die Branutweinsteuer seien, sei um so merkwürdiger, als manche von dessen Freunden stets für dieselbe gesprochen hätten. Die Ausgaben würden dadurch nicht wachsen, auch die Nationalliberalen hielten das Sparsamkeitsprinzip hoh. Jn der Kommission würden sie auf die Einzelheiten näher eingehen. :
Die Diskussion wurde geschlossen. Nach einer Reihe von persönlihen Bemerkungen wurde der Entwurf an eine Kom- mission von 28 Mitgliedern verwiesen. Die Wahl soll durch die Abtheilungen unmittelbar nah der Sizung stattfinden.
Die nächste Sizgung wird der Präfident ermächtigt, nah seinem Ermessen anzuberaumen und die Tagesordnung dafür festzustellen. Schluß 51/, Uhr.
— Zur Ergänzung unseres Berichts über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten theilen wir nachstehend noch die Rede des Staats-Ministers von Boetticher im Wortlaut mit:
Meine Herren! Obwohl mein Herr Kollege in der vorigen Sißung bereits erschöpfend den Standpunkt der Königlichen Staats- regierung gegenüber der Vorlage dargelegt kat, so möchte ih mir doch erlauben, auch meinerscits noch einige Bemerkungen zu machen, zu denen ih ein Bedürfniß fühle gegenüber dem Eindruck, daß die Ausführungen meines Herrn Kollegen noch nicht den gewünsch{ten Ein- fluß auf die Anschauungen der Redner, die seitdem gesprochen haben, und au auf den leßten Herrn Neduer geäußert haben.
Meine Herren, der Standpunkt des leßten Herrn Vorredners ist mcines Erachtens — ih habe wenigstens aus scinen Ausführungen den Eindruck entnommen — lediglich ges{chöpft aus den Interessen des Landestheilcs, in welchem er scinen Siy hat. Der Herr Vorredner hat zwar sich als einen prinzipiellen Gegner der Kanäle bekannt, allein, meine Herren, wenn Sie seinen Autführungen aufmerksam gefolgt sein werden, so werden Sie bemerkt haben, daß bei den Ausführungen, die sich gegen die Kanäle im Prinzip richteten, immer doch nur durch- flang und als entscheidendes Moment ins Gefecht gefübrt wurde: wir dürfen nicht einen Kanal bauen, der zur Folge hat, daß die Inter- essen anderer Landestheile ges{ädigt werden. Das war des Pudels Kern, und das scheint mir mehr oder weniger bei all denjeaigen Aus- führungen der Fall zu sein, mit denen die Vorlage der Königlichen Staatsregierung bekämpft wird.
__In einem ph e ih dem Herrn Vorredner vollständig ret, daß eine zuverlässige Rentabilitätsberechnung über den Kanal nicht aufzustellen ist. Es handelt sich eben um einen neuen Verkehrsweg, von dem wir hoffen, daß er ausgiebig und voll benußt werden wird, von dem wir hoffen dürfen, daß, wenn er die Transporte in si auf- nimmt, die wir für diesen Verkehrëweg in Aussicht genommen haben, dann auch eine entsprehende Rente nicht ausbleiben wird. Aber, meine Herren — und hier komme ih auf eine Bemakanug, die in der vorigen-Sitzung der Hr. Abg. Graf Kaniß gemacht hat. — wenn man verlangt, daß ein neuer Verkehrsweg erst hergestellt wird, wenn man die Gewißheit dafür hat, daßer die Anlagekosten deckt, wenn dieser Saß richtig und alle Zeit von den Regierungen befolgt wäre: ja dann, meine Herren, befänden wir uns noch auf dem Standpunkte früherer Jahr- hunderte, dann könnten wir unmöglich jeßt bereits im Besitz so leistungsfähiger und gegen alles Erwarten prosperirender Verkehrswege sein. Ein jeder neuer Verkehrsweg enthält ein gewisses Risiko, wenn man nah der Rentabilität fragt ; aber es kann do unmöglich die Absicht sein, bei allen Verkehröwegen eine direkte Rente zu erzielen, sondern es ist die Absicht, durch den neuen Verkehrêweg dem Verkehr neue Bahnen zu eröffnen und damit indirekt den Volkswohlstand zu heben. Und, meine Herren, deshalb ist für mich, weil ih der Ueber- zeugung bin, daß durch diefen Kanal nicht nur die Prosperität der lokalen Industrie, auf deren Gebiete der Kanal feine Stelle finden wird, sondern auch die Prosperität aller Verkehrsbeziehungen von Westfalen zu den übrigen Provinzen, und von den übrigen Provinzen zu Westfalen gefördert werden wird — deshalb ist für mich diese Renta- bilitätsfrage eine außerordentlih untergeordnete.
__ Meine Herren, der Herr Vorredner hat gemeint, man dürfe den einen Landestbeil nicht benachtheiligen auf Kosten des anderen. Jch stehe auf demselben Standpunkt, und wenn mir der Nachweis gesührt würde, daß irgend ein Landestheil, irgend ein Industricezweig dur die Anlage diefes Kanals in seiner Eristenz ernstlih gefährdet würde, so würde ih mi ernstlih besinnen, ob ih meine Zustimmung zu dem Kanals geben fönnte. Allein, meine Herren, der Nachweis ist niht geführt. Es sind auch hier Konkurrenzrücsichten ins Feld ge- führt worden, und aus diesen Konkurrenzrüccksichten iît abgeleitet wor- den, es werde sih eine Verschiebung der Absayverhältnifse bemerk ar machen, und diese Verschiebung der Absaßverhältnisse werde dahin führen, daß die von dem Herrn Vorredner besonders genannten nothleidenden Distrikte ihrem Ruin entgegen gehen. Meine Hecren, ih halte das nicht für richtig. n dieser Beziehung hat meines Erachtens der Hr. Abg. Stögel das Treffeudste und Richtigste gesagt, er hat Ihnen nachgewiesen — und ih würde seine Ausführungen einfach wiederholen müssen, wenn ich diesen Nachweis noch einmal führen wollte —, daß alle diese Jndustriegebiete ihr besonderes Reich, ihr besonderes Absaßgebiet bäâtten, und daß der Vortheil, der aus diesem Kanal vielleicht dem einen Industriegebiet besonders erwächst, in keiner Weise die anderen Jndu'triegebiete 1QU as ;
Der Herr Vorredner ist in seinem Eifer sogar so weit gegangen, zu fordern, daß der Saardistrikt, der ihm besonders nahe am Herzen zu liegen eint, dann au einen Kanal haben müsse, — ja dieser Wunsch ist bereits befriedigt. Der Saardistrikt besißt einen Kanal, und dieser beatus possidens braucht si eigentlich nit zu enthalten, au anderen Leuten das zu gönnen, was ihm zu Theil geworden ist. __ Meine Herren, nun hat der Herr Vorredner in Minen prin» e Eifer gegen die. Kanäle behauptet, das L inge en der Kanäle ei vorüber, das Kanalsystem hätte man früheren Jahr- hunderten, allenfalls noch zur Zeit Friedrids des Großen ausbeuten können, jeßt, im Zeitalter r Eisenbähnen könne füglih niht mehr von Kanälen gesprochen werden, und die Erfahrungen in anderen Ländern zcigten ja a r j die Kanäle verfallen, daß sie aufgegeben werden, daß sie deré werden, daß sie niht mehr den Nutzen leisten, den man si bei ihrer Anlage versprah. Ein einziges Beispiel hat der Herr Vorredner
n meine Herren, daß die englischen K
lisirt; er hat nur im Allgemeinen auf England hi
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zum Beweis für diese Behauptung angeführt, aber auch E
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