1906 / 263 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Nov 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Der heimkehrende Transport der vom Kreuzer- ges ch N E Offiziere und Mannschaften ist mit dem Reichspostdampfer „Gneisenau“ vorgestern in Neapel eingetroffen und hat gestern die Reise nah Genua fortgeseßt. _

S. M. Q ga ist gestern von JFtschang 6 ankau abgegangen.

GAD S altes geht übermorgen von Talkahuano (Chile) nah Corral (Chile) in See.

Württemberg. Die Wahlen zum Landtage sind „W. T. B.“ zufolge auf den 5. Dezember anberaumt worden.

Waldeck.

Dem am 24. Oktober d. J. eröffneten und am 2. No- vember d. J. wieder geschlossenen Landtage der Fürsten- tümer Waldeck und Pyrmont waren unter anderen Vor- lagen der Regierung folgende Gesegentwürfe zugegangen:

Ein Gesetzentwurf, betreffend die Heranziehung der Privatfeuer- versiherungsanstalten zu einer Abgabe im íFnteresse der Feuersicherheit ; ein Geseßentwurf über eine Abänderung der Kreiêordnung vom 16. August 1855 dur eine Bestimmung, wonach bei Veranstaltungen eines Kreises, welche einzelnen Kreisteilen in besonders hervorragendem oder besonders geringem Maße zustatten kommen, eine Mehr- oder Minderbelastung dieser Kreisteile statlfinden kann, ferner ein Gesehz- entwurf, betreffend die Einführung des Preußishen Geseßzes vom 26. Juli 1897 über Zol ri A bei Zuwider-

andlungen gegen die Zollge|eße. : E Alle brei Geseuenttkrie wurden unverändert angenommen.

Deutsche Kolonien. i ]

Aus Windhuk in Deutsh-Südwestafrika wird, „W T. B.“ zufolge, gemeldet:

S geboren am 15. 8. 1883 zu Wolfterode, früher im Infanterieregiment Nr. 24, ist am 26. Oktober im Lazarett an der Lüderißbuht an Herzshwäche nach Typhus, Sergeant Heinrich Ulri, geboren am 9. 2, 1868 zu Nohde, früher im Landwehrbezirk T Braunschweig, am 29. Oktober im Lazarett zu Windhuk an Typhus gestor ben.

Oesterreich-Ungarn.

Der König von Sachsen und der Prinz Leopold von Bayern sind zur Teilnahme an der Leichenfeier für den verstorbenen Ado Dito bete „W. D G: ufolge, in Wien eingetro]fen. s L Wi a In der gestrigen Sißung des österreichischen Ab- geordnetenhauses wurde der Präsident ermächtigt, dem Kaiser und dem Kaiserhause die tiefe Teilnahme der Kammer an dem Ableben des Erzherzogs Otto auszusprehen. Sodann begann das Haus mit der Be- ratung des Dringlichkeitsantrages Geß mann auf sofortige Vornahme der zweiten Lesung der Wahlreform.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ wurden sowohl die Be- gründungsrede des Antragstellers, wie auch die Ausführungen des ersten Nedners zur Debatte Sqhustersit\ch von lärmenden Zurufen der Alldeutshen unterbrochen, die besonders gegen Schustersits per- \önlich ausfällig wurden. Außer den beiden genannten Rednern traten auh die Abgg. Loser, Hruby und Scraftl für dringlihe Verhandlung ein. Der Abg. Graf Sternberg bekämpfte die Dringlichkeit als Bruh der Geschäftsordnung und protestierte gegen die dringliche Behandlung, die nur infolge nit verfa} ung8mäßiger Einwirkung der Krone auf die Parlamentsmehrheit stattfinden müsse. Der Abg. Swönerer warf den Deutschen in den heftigsten Ausdrücken \hamlosen Volksverrat vor, weil sie für eine Vorlage einträten, die das Deutschtum schädige, den Slawen Vorteile zuwende und ihren Ursprung einer Koalition des Judentums mit dem Pfaffentum verdanke.

Großbritannien und Frland.

Im Unterhause erklärte gestern der Unterstaatssekretär ar, baß zwischen der Admiralität und dem Aus- wärtigen Amt bezüglich der Seeräuberei in den hinesishen Gewässern ein Meinungsaustausch stattgefunden habe und daß dieser Frage die Ausmerksamkeit des Oberbefehlshabers des Geschwaders in den chinesischen Gewässern gewidmet sei. Die chinesishe Regierung habe sehr scharfe Anweisungen an den Vizekönig in Kanton, M die Notwendigkeit, die Seeräuberei zu unterdrücken, gesandt. Ueber den Verlauf der Sißung berichtet das „W. T. B.“ wie folgt: E ; L voti der Anfrage, ob die Admiralität glaube, daß die Schiffe, die aus der in Dienst gestellten Flotte zurückgezogen und in Reserve gestellt oder der heimishen Flotte eingereiht werden, im Kriegsfalle sofort als \chlagführende Streitmacht wirksam seien, erklärte der Premierminister Campbell - Bannerman,, die Admiralität sei der Ansicht, daß die im Zuge befindliche Neueinteilung der Flotten die Schlagfertigkeit der Marine erhöhe. E Hart Davies (liberal) lenkte die Aufmerksamkeit auf das Steigen des Bankdiskonts in leßter Zeit und fragte den Schaßkanzler Asquith, ob er, um den dur den hohen Bankdiskont entstehenden Mißständen entgegenzutreten, die Rätlichkeit der Errichtung einer nationalen Goldreserve in Erwägung ztehen wolle. Der Schaßÿ- fanzler erwiderte, er wende der Frage seine Aufmerksamkeit zu, könne aber augenblicklih keine bestimmte Auskunft geben. Man dürfe aber niht annehmen, daß er der Anregung ¿ustimme, daß die Unter- haltung einer angemessenen Goldreserve Aufgabe des Staats und nicht der Bankwelt sei. Heaton (konf.) richtete an den Generalpoîtmeister Burton eine längere Anfrage über die Mitteilungen, die über eine Veberstimmung der englischen Delegierten auf der Konferenz für Funkentelegraphie in bezug auf die cbligatorische Inter- kommunikationspfliht und andere Punkte sowie über Ablehnung wichtiger Anträge der englishen Delegierten veröffentliht woiden seien. Burxton erklärte, es werde dem Hause Gelegenheit zur Er- örterung der internationalen Uebereinkunft, betreffend die Funkeis telegraphie, vor der Natifizierung derselben gegeben werden, und verlas darauf eine \chriftliGe Erwiderung auf die An- frage, in der er sagte: wenn Heaton warten wolle, bis „der Wortlaut der Konvention und ihrer Bestimmungen veröffentlicht würde, so werde er finden, daß die betreffenden Mitteilungen entweder das Gegentieil der Wahrheit oder irresührend seien. Die englischen Delegierten zur Konferenz seien angeroiesen worden, das auszuführen, was die Politik der vorigen wie der gegenwärtigen Regierung gewesen sei. Sie seien angewtesen worden, dem Grundsaße der Inter- fommunikationsyfliht nur dann zuzustimmen und die Konvention nur in dem Falle zu unterzeihnen, wenn entsprehende spez:fishe Sicher- heiten für die Marineinteressen und die Handelsinteressen Englands

erlangt würden. Frankreich.

Die Programmerklärung der Negierung, die Der Ministerpräsident Clemenceau gestern in der Deputierten- fammer verlas, weist zunächst darauf hin, daß das neue Kabinett niht aus einer parlamentarischen Krise hervor-

die Bildung des neuen Kabinetts veranlaßt habe. Die Erklärung erwähnt sodann, daß das fkürzlih befragte Land seinen Willen dahin kundgegeben habe, daß das Werk der Reformationen beschleunigt werde und fährt, W. V. V. ufolge, fort: 5

zuf De A auswärtige Politik dem von den Wählern er- teilten Auftrage entspricht, ist sie von vornherein bekannt, denn in dem Willen des Landes, den Frieden, uad zwar einen würdevollen Frieden aufrechtzuerhalten, ist ebensowenig eine Aenderung etngetreten wie darin, daß es andauernd die republikanischen Rechte fordert. Wir stellen mit Stolz fest, daß es in den 35 Jahren, die seit Gründung der Republik vergangen find, auch nit einen Augenblick in ihrer Geschichte gegeben hat, wo man sie mit Necht hätte beshuldigen können, daß fie den europäischen Frieden bedrohe. Wir werden \o zu handeln wissen, daß unsere Absichten in dieser Beziehung nit ver- fannt werden können. Wir müssen gleichzeitig die Bedingungen des internationalen Gleihgewihts, die die europäische Lage allen Völkern auferlegt, annehmen, denn der Frieden der zivilisierten Welt gründet ih aut die Stärke der Heere. Wie könnten wir also mit eigenen Händen die höchste Politik unserer Unabhängigkeit zerstören? Bis zu dem glücklichen, aber unbestimmten Tage, wo das Regime, das jeßt die Beziehungen der Völker regelt, wird geändert werden fönnen, muß es unsere erste Pflicht gegen das Vaterland sein, nicht zuzulassen, daß es in irgend cinem der Bestand- teile seiner Verteidigungskraft geschwächt werde. Unsere inter- nationalen Einverftändnisse (ententes) find ein wichtiger Teil dieser Verteidigungskraft. Während wir es uns angelegen sein lassen werden, unsere Beziehungen zu allen Regierungen aufrecht- zuerhalten und zu bessern, wird es unsere Sorge sein, eine Allianz, die von beiden Seiten im Interesse des Friedens ges{lofsen wurde, und ebenso die Freundschaften, die wir haben auf die Probe stellen können, aufrechtzuerhalten und weiter zu entwickeln. Uebrigens wird unsere Diplomatie, von der wir wollen, daß sie republikanish sei, fich der schwierigen Stunden erinnern. Die moralische Autorität einer offea befolgten Politik der Geradheit kann von entsheidendem Gewicht in der Wagschale der Meinung Europas sein, und keine Negterung wird sich künftig dem entziehen können, damit zu reren : Im Innern wird unser Handeln niht weniger kfíar sein. Die Demokratie in endgültiger Weise in die Regierung einzuseßen, sie zu organisieren, sie zu regeln dadur, daß sie zu ihrer Konsolidation dahin gebracht wird, si in der Ausübung der Gewalt selbst zu mäßigen, das ist nah unserer Ansicht das Ziel, das alle Republikaner sich seten müssen. Che man philosophiert, muß man überhaupt sein und deshalb wollen wir unsere militärishen Kräfte aufrechterhalten, um llen Eventualitäten begegnen zu können. Der Kriegsminister wird d-mnäthst eine Geseßesvorlage, betreffend die Cadres und die Effektivstärke, einbringen, die die volle Ausnußung der Rekrutierungs8mittel bezweckt. Ein anderer, seit langem erwarteter Gesetzentwurf wird für die Beförderung der Offiziere mehr Gerechtigkeit bringen. Die Disziplin werden wir dadurch zu sichern wissen, daß wir verlangen, daß sie von oben komme. Die Militär- dienstzeit muß eine Verlängerung des Schulunterrichts nahdem sie

ein; wir möchten, daß die Generationen,

l ihrer Dienstzeit ih hygienishe Gewohnheiten und Grund- säße staatsbürgerliher Erziehung zu eigen gemacht, befser und für den Frieden geeigneter aus ihr aussceiden. Wir werden unverzüglich die Aufhebung der Kriegsgerichte vorshlagen; die Entscheidung über Verbrehen und BVer-

gehen des gemeinen Rehts wird dem Gerichte des gemeinen Rechts zugewiesen werden. Das Disziplinarverfahren wird mit allen den Garantien umgeben werden, die unumgänglich sind, um, die Menschen- rechte mit den Anforderungen der nationalen Verteidigung in Ucber- einstimmung zu bringen. Die Republik hat die Freiheit in Frankceich gegründet; wir müsjèn ihr noch zu ihrer natürlichen Entwicklung in allen Teilen des reptblikanishen Negimes verhelfen.

Die Art derListenwahl wird eine Erweiterung erfahren. Zuvor wird die Freiheit gegen die Willkür der Berwaltungsbehörden geshüßt werden müssez. Die Verweltlihung der Schulen wird in fürzester Frist erfolgen. “Die Regierung wird die Abschaffung des Gesetzes Falloux beantragen und wird darauf hinarbeiten, dur Herbeiführung des Zustandes der vollzogenen Trennung von Kirche und Staat dem Lande die unbehinderte Ausübung der Gewissensfretihelt zu sihern. Etwaigen Wiedereroberungéangriffen des von einer fremden Autorität ausfließenden Geistes der Beherrshung werden wir den Weg versperren. Wir werden die Freiheit der Religions- ausübung sichern, indem wir ohne Shwäche alle Verfügungen des Gesetzes zur Anwendung bringen und, wenn es notwendig erscheinen sollte, uns zu neuen Maßnahmen ermächtigen lassen werden.

Dur die Schaffung eines Ministeriums der Arbeit erstrebt die Regierung Gerechtigkeit ohne Vorurteil ; sie ist bereit, alle Theorien, die in Uebereinstimmung mit dem allgemeinen Stimmrecht und dem republikanischen Gesetz nd, zu prüfen. Die Regierung ist fest entschlossen, schnel die Altersversiherung Tur DIE A rbeiter durchzuführen ; die betreffenden Entwürfe werden die Mi- nister Viviani und Caillaux dem Senat unxerbreiten. Die Regierung wird das Geseß über die Berufzvereinigungen ver- bessern, dessen Gelturgsbereih erweitert werden soll, und wird ferner für die Beamten die Vereinsfreiheit vorschlagen, sie aber zur Erfüllung threr Diznstobliegenheiten anhalten. Als erste Maßnahme einer Verbesserung im Eisenbahnwesen wird die Verstaat- lichung bes Westeisenbahnneßes vorgeschlagen urd das Staats- eisenbahnney vergrößert - und verbessert werden. Die Berg- geseßgebung wird einer Revision unterzogen werden. Es wird die Staatékontrolle durhgeführt werden, sei“ es in- dem die Konzessionen der Betriebe, die sich den notwendigen Sicterheitsmaßnahmen widerseßen, für verfallen erklärt werden, sei es indem die unter bestimmten geseßlihen Garantien erfolgende Ver- \taatlihung einzelner Betriebe vorgenommen wird. Der Landwirts» \cha ft und der großen bäuerlihen Demoëtratie follen zahlreihe Ver- besserungen ihres Loses gebraht werden. Die Geseygebung gegen Steueruntershleife soll streng durchgeführt werden. Obgleich die Regierung von dem Wunsche beseelt ift bei ihren Finani- maßnahmen die äußerste Vorsicht einzuhalten, „Ertlurt le do, daß vorübergehende Schwierigkeiten die demokratischen Reformen nicht hemmen dürfen. Eine Vorlage, betr: ffend eine pro- gressive Steuer auf das Einkommen und, wenn nötig, auf das Kapital, wird eingebracht werden, um die vier direkten Steuern zu ersegen. Die Steuerhöhe wird die verschiedenen Einkommen je na ihrer Natur verschieden belasten und die Gesamtheit der Cinkommens- quellen des Steuerzahlers treffen. Weiterhin soll das Finanz-

wesen der Departements und Gemeinden neugestaltet werden. Vor allem wird die Kammer unverzügliÞ das Budget für

1907 durchberaten müssen. |

Die Erklärung schließt mit dem Versprechen, daß die Regierung gewalttätigen Unternehmungen die Schranken des Gesehes entgegenstellen werde, von dem Wunsche beseelt, eine Politik der Beruhigung zugleich mit einer Politik der Tat durchzuführen. . :

Nach Verlesung der Erklärung Ange eine Tages- ordnung, die das Programm der Regierung billigt, mit 376 gegen 94 Stimmen zur Annahme. Die Mehrheit umfaßt die Unabhängigen Sozialisten, die Sozialistisch- Radikalen, die Radikalen, die Mitglieder der Demokratischen Linken und der Republikanishen Vereinigung sowie 25 Ge- mäßigte Republikaner, 3 Nationalisten und cinen Unabhängigen Radikalen. Die Minderheit besteht aus Konservativen, Na- tionalisten und Gemäßigten Republikanern. 100 Deputierte, darunter 51 Geeinigte Sozialisten und 34 Gemäßigte Re- publikaner, enthielten sih der Abstimmung.

Rußland.

Der Rektor der St. Petersburger Universität ist dahin verständigt worden, daß die Hochschule unverzüglich ge: schlossen werden würde, wenn noch fernerhin bei Studenten: versammlungen Nichtstudenten anwesend sein würden und ge heime Beratungen einer politishen Fraktion von Studenten- vereinigungen über die Organisation bewaffneter Ueberfälle abgehalten werden würden.

Türkei.

Jn einem gestern abgehaltenen Ministerrat ist, dem „Wiener Telegraphen-Korrespondenzbureau“ zufolge, ein Be \{chluß gefaßt worden, der sich für Annahme der Note der Botschafter über die dreiprozentige Zollerhöhung aus: spriht. Der Beschluß. der vom Minister des Jnnern nit unterzeichnet worden ist, liegt dem Sultan zur Genehmigung vor,

Bulgarien.

Der Ministerpräsident Petrow hat vorgestern dem Fürsten Ferdinand die Demission des gesamten Kabinetts überreicht. Der A hat die Demission ange nommen und gleichzeitig den Minister des Jnnern Petkow mit der Neubildung des Kabinetts betraut. Nach einer Depesche des „W. T. B.“ ist die Krise dur Rekonstruktion des bisherigen Kabinetts in der Weise gelöst worden, daß Petkow das Präsidium und der bulgarishe Agent in St. Petersburg S ianciow das Portefeuille des Aeußern übernimmt. Das Ministerium der öffentlihen Arbeiten ist noch zu beseßen. Norwegen.

Jm Storthing stellte gestern der Sozialist Erichsen den Antrag, der Storthing möge sein Bedauern aussprechen über das Vorgehen der Negierung bei Beschlagnahme russischer Schriften in Vardöo. 5

Der Minister des Aeußern Lövland erklärte, „W. T. B.“ zu folge, darauf, daß in dieser Frage keine allgemeine völkerrechtlihe Regel bestehe; die Entscheidung beruhe auf gegenseitigem Entgegen-

erson, welche das Asylrecht eines Landes genieße, müsse sih auch den Bieuas des betreffenden Landes unterwerfen, wie cs dîe eigenen

Bürger tun. ;

Nach längerer Debatte wurde der Antrag mit allen gegen zehn sozialistishe Stimmen abgelehnt.

Afrika.

Die Unruhen in Mauretanien werden Me Mel: dungen des „W. T. B.“ als sehr ernst angesehen. Jn dem Kampf, der am 2. Oktober zwischen Tidsch-Kidscha_ und Mondjeria stattfand, sind 2 Leutnants und 2 Unteroffiziere gefallen. Die Mauren waren über 500 Mann stark“ und zum größeren Teile mit Nepetiergewehren ausgerüstet, Sie hatten starke Verluste an Toten und Verwundeten, Während die von de a! g n dem Posten von Tidsch-Kidscha, der Fort Coppolani heißt, zurückmarschierte, sind 18 Eingeborene verschwunden. Die Regierung läßt Maßnahmen treffen, um der Wiederholung von Ueberfällen durh die Mauren vorzubeugen. i

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Melilla hat der Prätendent die benachbarten Kabylenstämme angegriffen und sih von ihnen Tribut zahlen lassen. Gegen die Benisibels hat er einen Raubzug unternommen. Viele Eingeborene e na E geflohen, wo die Preise für Lebensmittel sehr gestiegen 1nd. M Der Stellvertreter Naisulis, Ben Mansur, hält in Tanger, wie die „Agence Havas“ meldet, den Brunnen beseßt, der das Elektrizitätswerk speist. Der spanishe Gesandte hat entschieden, daß die Kosten für die Wasserkraft, die inzwischen von anderswoher beschafft wird, dem scherifishen Staatsschaße zur Last fallen werden. Der spanische Kreuzer „Prinzeß von Asturien“ hat Befehl erhalten, nah Tanger abzugehen. Gestern Abend schleuderten Eingeborene gegen ein Bodo! des französishen Kreuzers „Galilée“, das sih in der Nähe der Mole befand, Steine. Der Zwischenfall wird sehr bemerkt. : :

Jn nächster Nähe von Uezzan befinden sich Ein- geborenenstämme im Aufstand.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der am 1. November im 18. hannoverschen Wahl kreise (Stade—Blumenthal) abgehaltenen Reich stagssstti- wahl wurden nah amtlicher E eal 20 646 Stimmen abgegeben. Davon entfielen auf den nationalliberalen Kan didaten Adolf Reese, Senator in Stade, 13497 und auf den sozialdemokratishen Kandidaten Friß Ebert, Arbeiter sekretär in Berlin, 7149 Stimmen.

I}

Statistik und Volkswirtschaft.

Ein- und Ausfuhr einiger wihtiger Waren in der Zei! vom 21. bis 31. Oktober und im Monat Oktober 1906.

t, Außerdem Durchfuhr im Monat Oktober 18 223 dz.

Berlin, den 6, November 1906. Kaiserliches Statistishes Amt.

Im Senat wurde die vom Justizminister Guyot

egangen sei, sondern daß der Gesundheitszustand des bis- berigen Ministerpr äsidenten Sarrien, der längerer Ruhe bedürfe,

Dessaigne verlesene Ertlärung der Regierung mit Beifall aufgenommen und die Sißung fodann geschlossen.

o

van der Borght.

kommen der einzelnen Staaten und auf Schiedsgerihts|prühen. Cine E

den Mauren angegriffene Abteilung nah |

iter: F 08 (50) Wohnungen. Brände kamen 1099 (887) zur Meldung, Ersterer ist somit gewählt. f

V:

6 838. H

Einfuhr Ausfuhr im Spezialhanbel Warengattung 91.—31. | Monat | 21.—31. | Monat Oktober | Oktober | Oktober Oktober dz = 100 kg Saum i 107 389/ 248 240 5 055 19 672 las, gebrochen, ge- ; G \{wungen usw. 11353| 24579 690 1 906 Hanf, gebrochen, ge- F \{chwungen usr. j 15 395 38 653 1738 7 922 M *) Fute und Jutewerg . 71 793) 125 724 230 198 Héerigowone ul Schweiß 10916 21/907 615 1 Kreuzzuhtwolle im Schweiß. : 10564/ 21000 E L Eisenerze 4 393 495/11 857 479] 1024 451| 3 33117 Steinkohlen 3 186 986| 9 091 928] 4 471 435/15 627 830 Braunkohlen . . 3 068 070! 8 554 247 5738| 158310 Erdöl, gereinigt . 960 480| 828 200| 216 41 Chilesalpeter . 197 786| 6277684 1671| 680 Noheisen 158 940| 482 160] 186 295| 530 95 Kupfer . 43 722| 109 393 2719

i mehr Schweine als im September 1905.

Ein- und Ausfuhr vonZudcker vom21. bis 31. Oktober 1906.

Einfubr | Ausfuhr S N l- S r I Spezial- | Spezial- Gattung des Zuckers Pen del Ft bel dz rein rauchszucker (raffinierter und dem raffi-

L ‘leigestellter Zucker) (176 a/i) 1933 160 773 Rohriucker (6 eas ns 1865 1 Davon Veredelungsverkehr. .... ... 33 Núübenzucker: Kristallzucker (granulierter) (176 þ) 20 127 390

Rübenzuker : Platten», Stangen- und Würfel-

U E 7 15 289 NRübenzuder: gemahlener Melis (1764) . ., 7 304 Rübenzucker: Stücken- und Krümelzucker a

A S s E: gemahlene Raffinade (176 f) .. V 2 941 Nübenzucker: Brotzucker (1768) ...... 9 473 Rübenzucker : Farin (176 h) E 1818 Nübenzucer! Kandis (17G) 50 __ 244 Anderer Zucker (176K) ..... 150 328 641 Rohrzucker, roher, fester und flüssiger (176 k) 133 Rübenzucker, roher, fester und flüssiger (1761) —— 327 988 Anderer fester und flüssiger Zucker (flüssige

Raffinade einshließlich des Invertzucker-

Aue U 66 Füllmassen und Zuckerabläufe (Sirup, Ve-

lasse), Melassekraftfutter; Rübensaft, Ahorn-

O M 587 Zuckerhaltige Waren unter steueramtlicher

Aufsicht :

G 1 884 Menge des darin enthaltenen Zuckers . 683

Berlin, den 6. November 1906.

Kaiserlihes Statistishes Amt. van der Borght.

Statistishe Mitteilungen aus Berlin.

Den Monatsberichten des Statistishen Amts der Stadt Berlin ist in der soeben ershienenen September-Veröffentlihung zum ersten Male eine allgemeine Uebersicht verausgeschickt, die über die wichtigsten Bevölkerungs8vorgänge wie über die wissenswertesten Tatfachen auf dem Gebiete des fozialen Lebens, der kommunalen Fürsorge und der Gemeindewirtshaft in gedrängter Kürze unterrichtet. Damit i allen denjenigen, die in das reihe Tabellen- material nicht eindringen können, {nelle Orientierung ermöglicht, während zvgleich durch die Beifügung der Angaben für den entiprehenden Monat des Vorjahres Anhaltspunkte für die Be- urteilung der Entwickelung gewährt werden. Ein in zweckentsprehender Verkleinerung vorgedruckter Stadtplan dient zur Erläuterung der nah Standezamtsbezirken gegliederten Aufstellungen. Der allgemeinen Vebersiht für den Monat September 1806 entnehmen wir die nachstehenden Angaben. ,

Die fortgeschriebene B evölkerung belief sich anfangs Oktober 1906 auf 2 067 544 Einwohner (gegen 2 017 308 im gleihen Monat des Vorjahres). Die Zunahme im September betrug 604 (2 390).

Die Zahl der Lebendgeborenen beltef sfih auf 4243 (3 965); on diesen waren 745 (606) oder 17,56 (15/28) 0% unehelih. Auf das- Jahr und Tausend der mittleren Bevölkerung berehnet, stellte ih die Geburtenziffer auf 24,97 (23,82).

Es fanden 2124 (2087) Ehbeschließungen statt, 312 (332) Mischehen.

Die Zahl der Sterbefälle (ohne die Totgeburten) belief ih auf 2660 (2677). An Infektiontkrankheiten starben 488 (559) Per- sonen, insbesondere an Masern 13 (24), an Scharlah 23 (23), an Diphtherie und Croup 40 (23), an Keuchhusten 24 (43), an Influenza 10 (9), an Kindbettfieber 19 (13), an Typhus 15 (25), an Lungen- und Hals\{windsucht 260 (286), an Tuberkulose anderer Organe 31 (54). Ferner sind zu erwähnen: 187 (175) Sterbe- fälle an Krebs, 181 (171) an Herzkrankheiten, 172 (135) an Lungen- entzündung, 354 (364) an Darmkatarrh, darunter 323 (323) Kinder im 1. Lebensjahr, und 163 (192) an Brechdurhfall, darunter 153 (181) Kinder im 1. Lebensjahr. Im Alter bis zu 1 Jahr starben im ganzen 922 (960), das sind 34,66 (35,86) 9/9 aller Sterbefälle des Berichtsmonats. Auf das Jahr und Tausend der mittleren Eg una berechnet, beirug die allgemeine Sterblichkeitsziffer 15,66

Als zugezogen waren 16 272 (16 546) männlihe und 10 701 (11 024) weiblihe, zusammen 26 973 (27 570) Personen zu verzeichnen. &ür die Fortgezogenen ergaben sich einfchl. des Zuschlags für die unterbliebenen Abmeldungen die Zahlen: 150684 (14333) männli§ße und 12888 (12 264) weibliche, zusammen 27 952 (26 597) Personen. Somit verbleibt bei der Wanderung ein Mehrzuzug von 1208 (2213) männlihen und ein Mehrfortzug von 2187 (1240) weiblichen, zu- sammen ein Mehrfortzug von 979 Personen (im September 1905 ein Mehrzuzug von 973).

Baugesuche sind 813 (761) eingereiht worden. Genehmigt wurden 318 (246) Neubauten, 9 (6) Umbauten von Wohnhäusern, 21 (23) Schuppen, 484 (405) jonstige Bauausführungen. Ab ge- brochen wurden 8 (6) Gebäude, darunter 5 (4) Wohngebäude mit

darunter

E E LEE A, enge

: davon 182 (139) mit und 917 (748) ohne Alarmierung der Feuerwehr. 4 Bei 102 (156) Grundstücken fand im September ein Besißt- N wechsel statt. Kauf lag vor bei 44 (38) bebauten mit 18133 435 E (10298 583) „4 Kaufpreis und bei 52 (45) unbebauten Grundstücken S mit 3065 106 (4 699 084) K Kaufpreis, Zwangsversteigerung N bet 6 (9) bebauten mit 677 100 (2192 719) A Kaufpreis. Durch # Vererbun g gingen 15 (34) Grundstücke mit 3 499 680 (8 657 660) Wert und 5 (30) ohne Wertangabe in anderen Besiß über. A _ Die der Stadt Berlin (ein\{l. der Vororte Weißensee, Stralau, F Treptow und Nieder-Schöneweide) zugeführte Trinkwassermenge L betrug 5 818 450 (5 529 368) cbm, d. f. tägli 193 948 (184312) cbm. Die städtishe Straßenreinigung eiforderte bei Nacht N 34509 (33 644) und bei Tage 25 013 (23 688) Burschen und Arbeiter. : u Besprengung der Straßen wurden 133 398 (137 387) cbm E Wasser verwandt. Durch die Kanalisation wurden im Tages- durchschnitt 304 380 (288 581) cbm Abwässer fortgeleitet. h Die Berliner Elektrizitätswerke gaben 8958 858 [ G 108 190) Kilowattftunden (eins{ließlih des Selbstverbrauhs) nuß- H Far ab, davon an Straßenbahnen 4 095 054 (4 005 065), an Private / (2526 6g un 1612604 (1493887), für Kraft 3011610 Berzueber Verkehrsvyerhältnisse liegen folgende Angaben vor: tfôrdert wurden dur die Straßenbahnen 37 213 040 (35 421 607) Zetsonen, von denen 30 500 553 (29 671 018) auf die Große Berliner (2 gabenbahn kamen, durch die Hoch- und Untergrundbahnen 3 276 291 | 893 678), durch die Omnibuslinien 12 104 636 (9 632 368) Per- p 1e davon zu 5 S 9262 332 (7 820 464) und zu 10 2842 304 41811 904) Perfonen. ab Die Zaë!l der in den hiesigen Hotels, Gasthöfen 2c im September p gestiegenen Fremden beträgt 98 810 (191 178) Personen; darunter gelanden si 20215 (18 305) Ausländer, von denen 8052 (7052) aus (17guand, 2945 (2865) aus Oesterrei, 2328 (1940) aus Amerika, 1319 99) aus England, 1034 (915) aus Dänemark gekommen waren. N mp _Der Auftrieh auf den städtischen Viehhof betrug für den 5 IES September 19 999 (20 681) Rinder, 15 861 (15 129) Kälber, I 146 (65 747) Schafe und 113 022 (110 366) Shweine, d. #. 2656

E N L a E A E E E A R

In den öffentlihen Schlahthäusern wurden 13 894 (14 813)

1905, geschlachtet.

ges{lachtet, von denen 9 (13) zurückgewiesen wurden. der Nirdorfer Noßschlähterei 66 (64).

ih auf 557 (557).

1 362 992 (928 660)

bewilligt. Der Mitgliederbestand der der Aufsiht des Ma- gistratékommissars unterstellten Krankenkassen betrug am 1. Ok- tober 722 139 (673 369), unter denen \fich 35 751 (31 733) freiwillige Mitglieder befanden. Erwerbsunfähi M an diesem Tage bei den bezeichneten Kassen 23 187 (21 685) Mitglieder.

Im Arbeitshause zu Rummelsburg bezw. Reinickendorf befanden sich am 1. Oktober 1680 (1814) Männer, 118 (132) Frauen. Das Familienobdach beherbergte am gleichen Tage außer 39 (34) Familien mit 125 (114) Personen noch 169 (111) Einzelpersonen. Im städtishen Obdach nächtigten im September 26 203 (27 761) männlihe und 691 (712) weiblihe, zusammen 26 894 (28 473) Per- sonen, im Männerasyl des Asylvereins 20 573 (20 720), im Frauenasyl 4362 (4357) Personen einschließli von 67 (86) Kindern.

In den 9 städtischen Krankenhäusern befanden sich Ende September 2774 (2523) Patienten, als belegungefähig waren in diesen Anstalten 3304 (3162) Betten angegeben; in der Geshlechtskranken- station des Obdahs waren 174 (214) Kranke. Die Frrenanstalten zu Dalldorf, Herzberge, Wuhlgarten und Buch hatten am 1. Oktober 4818 (4161) Insassen, in Privatpflege waren 2737 (3143) Per- fonen untergebraht. In den 6 Heimstätten befanden sich am Ende des Monats 9553 (495) lungenkranke und erholungsbedürftige Pers sonen. Der Bestand in den Siechenhäusern (Fröbel- und Palli- sadenstraße) betrug am 30. September 2045 (2110) Personen. Jn den Hospitälern des Arbeitshauses waren am gleichen Tage 680 (760) Insassen vorhanden, in den Erziehungsanstalten zu Lichten- berg und Klein-Beeren 267 (209) Fürsorge- und Zwangs- erziehungszöglinge, in Privatverpflegung waren 1207 (949) Kinder. In der städtishen Waisenpflege befanden ih an demselben Tage (einschl. der Shmidt-Gallish-Süftung) 6261 (6034) Kinder.

Die städtische Armenpflege umfaßte im Monat September 33 622 (33 684) Almosengeldempfänger mit einem Gesamtbetrage an laufenden Unterstüßungen von 550 508 (541 969) 4, darunter 1743 (1973) Almosenempfänger mit außerdem gewährten 11881 (13 207) A4 Extraunterstüßungen Solche wurden ferner für 4179 (4781) nicht laufend unterstüßte Personen im Gesamtbetrage von 51731 (54 398) gewährt. Pflegekinder waren 11 582 (11 559) vorhanden, für die 96 721 (93 646) A ausgegeben wurden.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Steinarbeiter Berlins und der Umgegend haben vorgestern in etner zahlreih besuchten Versammlung beschlossen, den Anfang näthsten Jahres ablaufenden Tarif zu kündigen. Das Bureau wurde, der „Vossishen Zeitung" zufolge, beauftragt, diesen Beschluß der Berliner Steinmeßinnung zu unterbreiten, und bevollmächtigt, einen neuen Lohntarif auszuarbeiten, der der nähsten Versammlung zur Beratung vorgelegt werden soll.

Der jeßt {on länger als sieben Wochen währende Streik der Ballschuhmacher hat gestern sein Ende erreiht. Die in voriger Woche eingeleiteten Verhandlungen zwishen den Kommissionen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben, nah einer Mitteilung des oben genannten Blattes, zu einer Verständigung auf der Basis geführt, daß die Arbeitgeber in ihren neuen Tarifen Lohnerhö8hungen von 6—8 y. H. bewilligen, während die Arbeitnehmer die prinzipiellen Forde- rungen : Lieferung der Fournituren 2c. fallen lassen.

Eine Versammlung der Bergleute des Neviers Halle hat den Gedanken an einen Ausstand als in absehbarer Zeit unausführbar verworfen. Kommissionen der einzelnen Belegshaften sollen, wie die „Köln. Ztg.* meldet, wegen Besserung der Arbeitsbedingungen mit ihren Verwaltungen verhandeln.

In dem Plauenschen Bezirk sind die Bergleute gleichfalls in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie stellen dieselben Forderungen wie die Ruhrbergleute.

Seit Beendigung des Streiks der Steuerleute der Vereinigten Elbschiffahrtsgesellshaften ist die Expedition beladener Kähne nah der Oberelbe wieder lebhafter; vorgestern und gestern sind, ,W. T. B.“ zufolg-, 5 Dampfer mit 36 Kähnen expediert worden. Drei Dampfer mit 13 Kähnen trafen von der Oberelbe ein. Zur Expedition nach der Oberelbe liegen heute oberhalb der Elb- brüdcken fertig 135 Kähne.

Der vorgestern in Jemappes im Hennegau eröffnete Bundes - kongreß der belgishen Bergleute ist von 103 Gruppen der fünf Reviere Lüttih, Namur, Zentrum, Charleroi und Borinage mit 157 Abgesandten beshickt. Vormittags wurden, laut Meldung der „Kölnischen Zeitung“, aus\{lteßlich innere Verwaltungsfragen erledigt, Nachmittags wurde Bericht über die Lage der Kohlenindustrie und Lohnfragen in den einzelnen Nevieren erstattet. Gestern vormittag wurden in geheimer Sißung Maßregeln erörtert, um eine Kürzung der Arbeits\{hichten und eine Lohnerhöhung zu erzielen.

Die großherzoglichen Forstarbeiter in Mosbach und Edckards8hausen (Sachsen-Weimar-Eisenach) streiken. Sie verlangen eine Lohnechöhung im Akkord sowie in der Tagearbeit um 20 v. H. Die Forstbehörde ist nicht abgeneigt, die minimalen Löhne aufzubessern.

Kunft und Wissenschaft.

v. A. Was der neueröfneten Ausstellung im Schulteschen Kunstsalon an einheitlihem Charakter fehlt, erseßt sie dur die überreide Fülle des Gebotenen. Eine gewisse Disharmonte bleibt aber bestehen, es ist nit ganz leiht, den Uebergang von den tüchtigen, chrbaren Arkteiten des Märkischen Künstler- bundes zu ten phantastishen Träumereien eines Willumsen zu fiaden, oder neben der originellen, kernhaften Kraft von Anne Marie Carl-Nielsen die alltäglih und arm wirkende Kunst von Max Fabian und Philipp Franck zu goutieren. Man wird“ bei solhen Zusammenstellungen leiht ungerecht gegen die \{chwächere,Begabung, die, an sih betrachtet, doch besser gewertet werden würde, und es ist fast unmöglich, einen ruhigen, klaren Eindruck nah Hause zu tragen, wenn man \ich nicht ents{chlossen nur auf einen Teil der Ausftellung beschränkt. Bei diesem Tadel über das Allzuviel muß auf der andern Seite aber betont werden, daß diese Ausstellung wohl geeignet ist, uns zu bereichern, und daß sie uns mehr als eine wichtige und wertvolle Bekanntschaft vermittelt.

Es ist von besonderem Interesse, daß es diesmal fast aus\{ließlich plastishe Arbeiten sind, die über das allgemeine Niveau herausragen. In Anne Marie Carl-Nielsen tritt uns eine wirklih be- deutende fkünstlerishe. Persönlihkeit entgegen. Eine erstaunliche Leistung, sowohl in der dekorativen Behandlung wie in der Aus- führung des bildnerishen Schmuckes sind die beiden großen Portaltüren. Was sie auszeihnet, ist vor allem ihre große infachheit, und doch wirken sie durhau3 monumental. Die ver- wendeten Ornamente sind mit einer gewissen spröden Herbheit be- handelt, die sie außerordentlich reizvoll maht. Der bildnerische Schmuck ist sparsam angewandt, aber jede Einzelheit wirkt er)taunlich individuell und kraftvoll. Der Engelkopf is voll herben Neizes, die Darstellungen von Christus find reich und männlich, Man muß beroundern, wie in A. M. Carl. Nielsen das dekorative Element, ein hoher Stil sch mit dem stärksten Naturalismus paaren. Ihre

1 Ninder, 12 456 (11 599) Kälber, 40 489 (41 928) Sthafe und 78 466 |

(77 775) SHweine, d. s. 691 mehr Schweine als im September

Ina der Zentralroßschlächterei wurden 845 (1216) Pferde

4 Zum Konsum und zur Tierfütterung gelangten sonach 836 (1203) Pferde, ferner von

Die Gesamtzahl der ausgeführten Desinfektionen belief Bei der \tädtischen Sparkasse betrugen die Einzahlungen 4 625 837 (4356 155) 4, die Rückzahlungen 5 988 829 (5 784 815); es ergibt sch demnach ein Mehr an Rückzahlungen von

Von der Landesversiherungsanstalt Berlin wurden im Monat September 386 (424) Invaliden- und 12 (26) Altersrenten

naturwahr hingeworfen, erinnern, au in der tehnischen Behandlung an jene wundervollen französishen Bronzen, die uns das Hohenzollern- gewerbehaus vor mehreren Jahren zeigte. Die Kälber in ihren täppishen Bewegungen, Schafe, deren zottiges Fell mit dem ganzen Reiz des Materials wiedergegeben ist, Pferde, Schweine für alles findet sie neuen und frappanten Ausdruck. Man versteht es, daß die Kopenhagener Porzellanmanufaktur sih dies Talent niht entgehen ließ. Unter ihren Entwürfen für diese sei besonders das Eihhörnchen En. lâdtid

eniger glüli wirkt ein zweiter nordisGer Künstler, Willumsen, dessen Bekanntschaft wir {hon auf der diesjährigen Sezession machten. Schulte stellt eine Sammlung seiner Werke aus, durch die er uns freilih etwas verständliher wird. Er gehört augen- \{cheinlich zu jenen eigensinnigen Phantasten, die ihre inneren Gesichte zum Ausdruck bringen wollen und darüber alle Grenzen des Darstellbaren und alle objektive Wahrheit vergessen. In ein- zelnen, ganz einfach empfundenen Blättern zeigt er, ebenso wie etwa Munch, ein starkes und ehrlihes Können. Jn der großen Frauengestalt auf einsamer Berghöhe, die sinnend und befriedigt in das Tal sieht, liegt unleugbar etwas Zwingendes. Ebenso sind die Knaben am Wasser zu nennen, die Ee Frau, die den Kopf auf- gestüßt hält, und einige seiner Aquarele. In den anderen Arbeiten treibt ihn ein krankhaf\t gesteigerter Subjektivismus zu Verzerrungen. Frei davon ist er jedoch in seinen keramishen Entwürfen, die fich dur originelle, kräftige Phantasie und schöne Farben auszeichnen.

Eine kräftige Begabung tritt uns auch in Hermann Lang entgegen. Ihm liegt das Einfahe, Monumentale am besten. Er ist gleih weit entfernt von Naturalismus und von Phantastik. Neben einigen kraftvollen, breit und flähig behandelten Steinbüsten ist er besonders mit religiösen Darstellungen vertreten. Er ftellt den un- gläubigen Thomas dar, dem Christus erscheint. Die Bewegung beider Gestalten ift durhaus ruhig, das Zeigen der Wundenmale, die an- betende Verehrung des Jüngers sind mehr innerlih gefaßt, als bewegt gestaltet. Auch die Falten sind flach und breit bebandelt sodaß fie das Gefühl der Ruhe erhöhen. In ganz der gleihen Weise ist auh der heilige Sebastian behandelt. Schließlih hat Lang auch noch einen Faun ausgestellt; um diesen lebensvoll herauszubringen, ist seine Be-

abung jedoch nit urwüchsig genug, da übecragt ihn A. M. Carl- Nielsen mit ihrem prähtigen, ih reckenden Centauren weit.

Es bleiben noch die Arbeiten des Märkischen Künstler-

bundes zu besprehen. In der Hauptsache sind es Landschaften. Die Mehrzahl der Künstler sind von früheren Ausstellungen her gut bekannt, wie Kayser-Eichberg, Lejeune, Halke, Ahtenhagen und Krause. Ihr Zusammenshluß is niht zufällig, sondern ent- springt augenscheinlih wirklich ciner inneren Verwandtschaft. Kay ser- Eichberg wirkt in seinen {lichten Motiven, wie in dem Wald- inneren unendlich viel sympathischer als in seinen großen, dekorativen Landschaften. Lejeune hat eines der besten Bilder ausgestellt, eine Allee alter, blühender Kirs{bäume; die dunklen, rötlihen Stämme mit threr \{immernden Blütenlast gegen den blafsen Frühlings- himmel wirken prächtig, Achtenhagen gibt wieder Akte im Freien, ein kleines Bild von thm verrät eine glückliche, reife Durchbildung feiner Begabung. Bei Halke rundet si alles, was er sieht, leiht zum Genrebild ab; der alte Flötenbläser, die Leute bet der Ernte, der Trauerbesuh sind lieben8würdige, innige Arbeiten. Von Krause ist ein kleines Bildchen „Ein freudiger Tag“ zu erwähnen, das in seiner sonnigen Frische mit zu seinen besten Arbeiten gehört. Weniger bekannt als die Genannten sind Friß Geyer und Th. Schinkel, die beide noch ziemli unausgeglihen wirken. Von Schinkel sind aber einige bemerkens8werte Sachen da, wie das Bild „Herbstleuchten“. Zum Schluß seien noh die ziemlich uninteressanten, aber farbig warmen Porträts von Fabian genannt, die etwas harten, sonderbar nüchternen und klaren Studien von Philipp Franck, unter denen die Pferdebilder erwähnenswert sind, und die Arbeiten von Julie Wolf-Thorn, die in Blumenstück, Landschaft und Interieur hier eigentlih geschmadckvoller wirkt als im Bildnis.

In den „Vorträgen und Aufsäßen aus der Comentus-Gesellschaft“ (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung) hat Ludwig Keller soeben eine Arbeit über „Die heiligen Zahlen und die Symbolik der Katakomben“" veröffentlicht. ür die Erkenntnis der alt- christlihen Glaubens8welt, die seit Adolf Harnacks grundlegenden Forshungen für weite Kreise erneutes Interesse gewonnen hat, ist die Bilder- und Zeichenspraße der Katakomben von großer Wichtigkeit. Die Bedeutung der vorliegenden Arbeit, die in gekürzter Form auch in holländisher Sprache erschienen ist, liegt indessen darin, daß ihre Darlegungen auf die Zusammenhänge zwischen platonischer und altchristliher Weisheit neues Licht werfen. Obwohl die Lehre von den „Heiligen Zahlen" seit der Begründung der rômishen Staatskirhe im 4. Jahrhnndert aus der kirchlichen Symbolik fast völlig verschwindet, dauert sie doch in stillen, aber starken Strömungen durch alle J3hrhunderte fort; es mag genügen, daran zu erinnern, daß die altdeutshe Mystik, der ältere Humanismus, die sogenannte Naturpkilosophie des 17. Jahrhunderts und der deutsche Neuhumanismus im 18. Jahrhundert, die einen starken Ein- \chlag platonisher Gedanken zeigen, von der gleihen Vorliebe für die Lehre und die Symbolik der „Heiligen Zahlen“ erfüllt find. So kommt es, daß in diesec Lehre ein charakteristisches Merkmal der Weltanshauung der Humanität zu erkennen ist, deren Erforschung ei LER sich die Comenius-Gesellshaft zur Aufgabe ges ma at.

Aus München meldet „W. T. B.“ das gestern erfolgte Ableben des Malers, Professors Edmund Harburger, des hbe- kannten Zeichners der „Fliegenden Blätter“. Er war am 4. April 1846 in Eichstätt geboren und Schüler von Lindensmit in München. Von seinen origtnellen Oelgemälden kamen zwei in die dortige Pinakothek. In Bergen bei Traunstein ist, wie gleihfalls ,W. T. B." mitteilt, ein anderer Münchener Künstler, der Genremaler, Professor Joseph Flüggen am 3. d. M. gestorben. Er war am 3. April 1842 îin München geboren. Flüggen war von 1883 bis 1903 Vorstand des Kostüms wesens am Münchener Hoftheater.

__ Einer Mitteilung des „W. T. B." aus Christiania zufolge, ist der dänishe Landschaftsmaler Fri Thaulow (geboren den 20, Oktober 1847) gestern vormittag in Volendam in Holland aus dem Leben geschieden. Er hatte scine Ausbildung bei Professor Gude in Karlsruhe und später in Paris erbalten, wo er \sich der impressio- nistis&en Nichtung anschloß. Er war ein hervorragender Landschafts- maler, der das flüchtige Leben und Treiben, die Augenblicks- stimmungen an Flußufern und Seeküsten zu fassen und in vollendeter Freilihtmalerei wiederzugeben verstand. Er wohnte abwechselnd in seiner Heimat und in Frankreih. Landschaften von thm besißen außer der hiesigen Nationalgalerie die Galerie du Luxembourg in Paris, die ‘Münchener Pinakothek sowie die Museen zu Christiania und Stockholm.

Verkehr®8anftalten.

Nächste PofstverbindungnachSwakopmund und Lüderiß- but für Bri H E mit englishem Dampfer über Kapstadt, ab Southampton am 10. November, in Kapstadt am 27. November, von da weiter mit nächster Gelegenheit, spätestens ab Kapstadt am 5. Dezember, in Lüderißbuht am 9. Dezember, in Swakopmund am 12. Dezember. Letzte Beförderung am 9. November ab Cöln 6,1 Nahh- mittags, ab Oberhausen 7,24 Nachmittags, ab Berlin Stlesischer

entzückenden Lierbronzen, im Augenblick einer charakteristishen Be- wegung erfaßt, oft in flüchtigster Ausführung, aber immer verblüffend

S

Bahnhof 11,24 g Die nä{hste Post aus Swakop- mund, Abgang am 21. Oktober, ist zu erwarten am 11, November.

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