1906 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Nov 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde- rungen, Verseßungen. Im aktiven Heere. Berlin, 10. No- vember. v. Brandenstein, Hauptm. und persönlicher Adjutant Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Joahim Albrecht von P zur Begleitung des in die Schußtruppe für Südwestafrika über- etretenen Majors Prinzen Joachim Albrecht von Preußen Königliche Hoheit fommandiert. v. Unruh, Fäbnr. im Kaiser Franz Garde- gren. Regt. Nr. 2, v. Ditfurth, ähnr. im 3. Garderegt. j. F., v. Kleist, Fähnr. im Ulan. Regt. Prinz August von Württem- berg (Posen.) Nr. 10, zu Lts. mit Patent vom 14. Juni 1905

ördert.

Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenstande. Berlin, 10. November. v. Heemskerck, Oberlt. der Nes. des 1. Naffau. Feldart. Regts. Nr. 27 Oranien (1 Darmstadt) der Ab- {ied bewilligt.

Nichkamlliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. November.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern auf der Fahrt nach München den Vortrag des stell- vertretenden Chefs des Zivilkabinetts, Geheimen Regierungs- ratesZvon Eisenharti-Rothe.

=:Z7Der Direktor beim Nechnungöboe des Deutschen Reichs, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat aaß hat einen Urlaub angetreten.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der ausreisende Fähnrichstransport für das Kreuzergeshwader mit dem Reichspostdampfer „Prinz-Regent Luitpold“ am10. November in Colombo (Ceylon) eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise nah Penang (Halbinsel Malacca) fortgeseßt.

Der heimfehrende Transport der von S. M. S. „Sperber“ abgelösten Besaßung ist mit dem Dampfer „Lucie Woermann“ vorgestern in Lagos eingetroffen und hat gestern die Reise nah Lome (Togo) fortgeseßt.

Der heimfkehrende Transport der vom I geshwader abgelösten Offiziere und Mannschaften ist mit dem Rei ationen „Gneisenau“ vorgestern in Gibraltar eingetro Fa A at an demselben Tage die Reise nah Southampton fortge}eßt. j

Tis u Sreisende Ablösungstransport für S. M. S. „Planet“ ift mit dem Reichspostdampfer „Prinz Eitel-Friedrih“ estern in Port Said eingetroffen und hat an demselben Tage ie Reise über Suez nah Aden fortgeseßt. ;

S. M. S. „Falke“ ist am 9. November in Corral Go eingetroffen und geht morgen von dort nach Puerto ¿tontt ape in See. : ; i

S. M. S. „Panther“ is am 10. November in Antigua

[aer Antillen) eingetroffen Und geht morgen von dort nah 4

oseau ute! Dominica) in See. e

S. M. S. „Charlotte“ is vorgestern in Piräus ein- gölroffen und geht am 19. November von dort nach Volos in See.

S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist am 10. November in Wutschau eingetroffen und gestern von dort nah dem Westfluß abgegangen. :

S. M. S. „Luchs“ is} vorgestern von Wusung nah Niutschwang abgegangen.

Württemberg.

Seine Durchlaucht der Fürst und Jhre Durch- laucht die Fürstin zur Lippe sind gestern in Stuttgart eingetroffen und auf dem Bahnhofe von Jhren Majestäten dem König und der Königin sowie den Mitgliedern des Königlichen Hauses empfangen worden.

Schaumburg - Lippe.

Der Landtag hat gestern nah mehrstündiger Debatte den Staatsvertrag zwisBen Schaumburg-Lippe und Preußen, betreffend den Rhein- eser-Hannover-Kanal, in der vorgelegten Fassung angenommen. i

In einer Resolution wurde, ,W. T. B.“ zufolge, eine Anzahl von Wünschen niedergelegt, welche die Linienführung in Schaumburg-Lippe betreffen. Ferner wurde in einer Resolution die preußilcve Regierung ersucht, dafür zu sorgen, daß in Zukunft der preußishe Eisenbahnfiskus innerhalb des Fürstentums zu den Kommunalsteuern herangezogen werden fann.

Lübe.

Die Bürgerschaft hat, „W. T. B.“ zufolge, in der gestrigen Sizung einen von freisinniger Seite gestellten Antrag angenommen, den Senat zu ersuchen, durch den Lübecker Ver- treter im Bundesrat nachdrücklich für Deffnung der Grenzen für ausländishes Vieh einzutreten. Der Senat hat verheißen, die Weitergabe des Antrags zu er- wägen.

Deutsche Kolonien.

Aus Windhuk in Deutsh-Südwestafrika „W. T. B.“ zufolge gemeldet:

Gefreiter Otto Münch, geboren am 8. 2. 1882 zu Reichelsheim, früher im Feldartillerieregiment Nr. 51, ist am 27. August im Lazarett zu Kalkfontein, Gefreiter Georg Sh mahl, geboren am 21. 8. 1880 zu Speyer, früher im Grenadierregiment Nr. 110, am 3. November in der Krankensammelstele zu Ramansdrift und Reiter Albert Thorwarth, geboren am 21. 7. 1883 zu Wüczburg, früher im Königlich bayerischen 9. Infanterieregiment, am 6. November in der Krankensammelstelle zu Uhabis an Typhus gestorben.

wird

Oesterreich-Ungarn.

Unter dem Vorsiße des Eisenbahnministers Derschatta hat gestern in Wien eine mehrstündige Konferenz mit Ver- tretern der Südbahngesellshaft stattgefunden, zum bum der Festlegung des Jnvestitionsprogramms für die Er- öhung der Betriebssicherheit, die Ausgestaltung der Bahn-

höfe usw. Nach eingehender Diskussion wurde, „W. T. B. zufolge, den Vertretern der Südbahn übertragen, innerhalb er kürzesten Zeit konkrete Anträge zu stellen.

Das österreihishe Abgeordnetenhaus seßte gestern die zweite Lesung der Wahlreformvorlage fort.

Der Generalredner kontra Stein vertrat, wie „W. T. B.“ be- rihtet, den bekannten Standpunkt der Alldeutshen, die der Wahl- reform nur wegen. der Schädigung des Deutschtums entgegentreten, und griff in heftiger Weise, wiederbolt vom Präsidenten zur Ordnung gerufen, die Abgeordneten Schuster schit\ch und Sukle sowie den Obmann des Wabhlreformaus usses Ploj an. Den beiden ersteren warf er ehrenrührige, dem leßteren verbreherische Handlung vor. Der Generalredner Þro Klumpar betonte, die gegenwärtige Wablreform bilde nur die erste Etappe zur Erreihung des gleichen allgemeinen Irechts. Die Abgg. Schustershitsch, Sukle und Ero! protestierten energish gegen die Verleumdungen Steins, der seinerseits seine Behauptungen nahezu in vollem Umfange aufrecht erhielt und wegen neuer Beleidigungen der genannten Abgeordneten zur Ordnung gerufen wurde. :

Das Haus beschloß darauf mit überwiegender Majorität, in die Spezialdebatte über die Wahlreformvorlage einzutreten. Beim Schluß der Sißzung verlangte der Abg. Prochaska die Einberufung eines Mißbilligungsausshusses gegen Malik, be ihm in der leßten Sißung ehrenrührige Dinge vorgeworfen

ätte.

Vorgestern haben in Mähren die Landtags- wahlen der allgemeinen, 14 tshechische und 6 deutshe Wahl- kreise umfassenden Wählerklasse stattgefunden. Jn den tshechishen Bezirken wurden 2 Sozialdemokraten und 3 Katholischnationale walt: 9 Stichwahlen sind erforderlich, Jn den deutschen ezirken wurden 2 Liberale und 1 Sozialdemokrat gewählt ; es werden 3 Stichwahlen stattfinden.

Großbritannien und Jrland.

Der König und die Königin von Norwegen sind, „W. T. B.“ zufolge, gestern in Windsor eingetroffen und auf dem Bahnhof von em König Eduard, der Königin Alexandra und der Prinzessin Victoria empfangen worden.

Jm Unterhause wurde die Regierung gestern wegen der Ernennung eines chinesishen Beamten zum Zollinspektor an einem Play an der tibetanishen Grenze und wegen des reneinfalls in die Kapkolonie

interpelliert. i

Nach dem iaÑdes „,W. T. B.“ erwiderte der Unterftaats- sekretär Run cim; Zuf die erste Anfrage, daß die Ernennung des Chinesen in Uebereinstimmung mit dem zwischen England und China beschlossenen Abkommen über Tibet erfolgt sei. Es habe damals ein Notenwecsel stattgefunden, bei dem China verlangt babe, daß in Zu- funft in allen Aemtern lediglih Chinesen in Tibet angestellt werden sollten. In Beantwortung einer Anfrage über den Buren- einfall in die Kapkolonie verlas der Unterstaatssekretär Winston Churhill Telegramme des Gouverneurs der Kapkolonie, in denen dieser die bercits bekannten Meldungen bestätigt und außerdem mitteilt, daß er den Gouverneur von Deutsh-Südwestafrika von dem Vorgefallenen telegraphish verständigt und ihn ersucht habe, Maßnahmen zu treffen, um die Freibeuter ein- zufangen, wenn' fie sh nah Deutsh-Südwestafrika zurückzieben sollten, und Ke dann auf Grund der Beshuldigung des Diebstahls und Mordversuhs a n. Cine Anfrage des Liberalen Dalziel, ob das ialamf; Nachrichten e, nach denen sich die Annahme rehtfi daß der vorerwähtte Einfall von Johannesburg aus in Sjene gefeßt worden sei, um die Aufmerksamkeit von der Frage der chinesischen Arbeiter abzulenken, erfolgte keine Antwort der Re- gierung.

Das Haus beschäftigte g: sodann mit der Einzelberatung der Vorlage, betreffend die Landpacht: Die Debatte, die sehr erregt war, zog sich bis in die frühen Morgen- stunden hin.

Frankreich.

Der Kriegsminister Picquart hat an die Korps- fommandeure ein Rundschreiben gerichtet, in dem er ein Geseß, betreffend das Avancement der Offiziere, in Aus- sicht stellt, inzwishen jedoh die Altersbedingungen für dieses Avancement festsezt. Danach ist, wie „W. T. B.“ meldet, das Durchschnittsalter für den Leutnantsrang 33, für den Hauptmannsrang 43, für den Mazjorsrang 51, für den Öberstleutnantsrang 54, für den Oberstenrang 56 und für den Brigadegeneral 58 Jahre. Nur bei besonders befähigten Offizieren könne von dieser Regel eine Ausnahme

emacht werden. Offiziere, die von der Pike auf gedient

habet, würden entsprechend die gleihe Behandlung erfahren, damit der Grundsaß bestätigt werde, daß in einer demokratischen Armee alle Offiziere sämtlihe Rangstufen erreichen können.

Die Deputiertenkammer seßte gestern die Debatte über die Jnterpellationen, betreffend die Politik in kirch- lihen Fragen, fort.

Der Deputierte Piou legte, nah dem Bericht des „W. T. B.*“, dar, daß der Konflikt leiht hätte vermieden werden können, und schilderte die beklagenswerte Lage, in die man den Klerus verseßt babe, der mit Unrecht beshuldigt werde, Befehlen aus dem Auslande zu gehorhen. Der Redner erhob gegen das Trennung8ge|eß den Vorwurf, daß es eine neue Kirche ohne Hierarhie \chafffe, eine von Laien regierte katholische Kirche. Der Papst habe ‘das Gese, das zur Verweltlihung der Kirche führe, nicht annehmen können. Piou betonte, daß die Bischof- versammlung der Errichtung von Kultusvereinen nit zugestimmt und keineswegs Statuten für solhe Vereine in Uebereinstimmung mit dem Gese entworfen habe. Die deutschen Kultusvereinigungen könne man niht mit den französishen vergleihen. In Deutschland sei alles, was sich auf den Gottesdienst beziehe, der Zufländig- keit dieser Vereinigungen entzogen. Die Regierung habe das Recht, sich in die Betumöger e enn zu mischen, aber nit in die geistlichen Dinge. Das sei der wesentlihe Unterschied zwischen den Merotuan hier und dort. Wenn die Regierung, {loß der Redner, sich Abänderungen des Gesetzes widersete, sei sie es, die den Katholiken den Krieg erkläre. Der Veputierte Buisfon (fozialistischer Nadi- faler) erkannte an, daß eine Regierungêverfügung erlassen werden müßte, durch die den Wohltätigkeitsanstalten nah dem 11. Dezember 1906 die Kirchengüter überwiesen werden, und bezeichnete die Entscheidung des Staatsrats, durch die neue Berechtigte geschaffen würden, als unannehmbar. Der Kultusminister Bria nd erklärte, nah dem 11. Dezember d. I. könnten die Kirhengüter, nah dem Li. Dezember 1907 aber müßten sie den Wohltätigkeitsanstalten überw!esen werden. Die nah dem 11. Dezember 1906 gegründeten Kultusgemeinshaften könnten nur eventuel in den Besitz dieser Güter geseßt werden. Der Deputierte Guye se (\oz. Radikaler) brachte eine Tagesordnung ein, in der es heißt, die Kammer rene darauf, daß die Regierung dafür sorgen werde, daß alle Bürger Gewissensfreiheit genießen. Der Deputierte P uech (Nadikaler) ver- langte, daß die Ueberweisung der Kirchengüter an die Wohltätigkeits- anstalten nah dem 11. Dez-mber 1908 obligatorish gemaht werden solle. Hierüber entspann fi eine lärgere Debatte, in deren Verlaufe der Kultusminister Brian d wiederholt dafür eintrat, daß diese Ueber- weisung nah dem 11. Dz:ember 1906 erfolgen könne, nach dem 11. De- zember 1907 aber erfolgen müsse.

Die Weiterverhandlung wurde auf heute vertagt.

Rußland.

Das Komitee der Sozialrevolutionäre hai, nah einer Meldung des „W. T. B.“, den Beschluß M ra fih während der Wahlen zur Reichsduma aller terroristishen Akte zu enthalten.

Ueber das geftern in Moskau gegen den Stadthaupt- mann NReinbot verübte Bombenattentat berichtet die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ heute ausführlicher :

Als gegen L Stadthauptmann in Begleitung seines Adjutanten auf dem g? zur Wasfilikirche an dem Hospital für Augenkranke vorbeikfam, warf ein Mann eine Bombe, die vor den

üßen des Stadthauptmanns niederfiel und bann auf den

traßendamm rollte, wo sie explodierte. Der Mann, der die Bombe geworfen hatte, floh, wurde aber von Polizeibeamten festgenommen; es gelang ihm troßdem, einen Revolver zu ziehen und auf den Stadthauptmann zu \{ießen. Der Stadthauptmann, der unverleßt eblieben war, zog hierauf ebenfalls seinen Revolver und {oß den

erbreher in den Kopf. Der Verbrecher wurde in das nächste Polizei- bureau geshaffft, wo er auf Befragen nur angab, daß fein Vater in Moskau wohne. Dur Splitter der Bombe wurden zwei Polizei- beamte leiht verleßt. Der Stadthauptmann seßte seinen Weg zur Wassilikirhe fort, wo bald darauf der Generalgouverneur ersien und den Stadthauptmann zu dem für ihn glücklihen Ausgang des An- \chlags beglückwünschte.

Die Kiewer Universität is auf Beschluß des Pro- fessorenrats wegen einer troß des Verbots und troß einer Verwarnung des Gouverneurs im Universitätsgebäude abge- haltenen Versammlung bis auf weiteres gef Slosien worden.

Türkei.

Der Ministerrat hat in der Angelegenheit des tür ki\ch- persishen Grenzkonfliktes beschlossen, den türkischen Delegierten die Weisung zu erteilen, stich entgegenkommender zu zeigen. Nach einer Meldung des „Wiener Telegraphen- Korrespondenzbureaus“ läßt jedo die Stimmung auf türkischer Seite eine Verständigung ausgeschlossen erscheinen, und Persien wird daher eine \chiedsgerihtlihe Entsheidung an- rufen müssen.

Die diplomatishen Missionen der Shhiff- fahrt treibenden Mächte überreihten der Pforte in gleihlautenden Noten eine Beschwerde darüber, daß das während des griechishen Krieges 1897 für Postschiffe erlassene Verbot der nähtlihen Durchfahrt durch die Dardanellen noch aufreht erhalten werde, und verlangten wiederholt die baldige Aufhebung dieses Verbots.

Jn einer gestern in Konstantinopel A A Sizung der beiden Räte des ökumenishen Patriarchats ift obiger Quelle oge beschlossen worden, wegen der anti- geen ewegung in Bulgarien fsih an die

erliner Signatarmächte und gleichzeitig an den Sultan abermals mit einer Beschwerdenote zu wenden,

lassung des Metropoliten von Anchialos verlangt wird.

Wie das „Wiener Telegraphen-Korrespondenzbureau“ meldet, haben in Miljoti und Skurei oder Skuretschi in der Nähe von Kurbino infolge von Steuerverweigerung mehr - stündige Kämpfe katholisher und mohamedaniscer Bauern mit den Truppen stattgefunden, wobei einige Häuser niedergebrannt worden find

Amerika.

Der Premierminister Bond von Neufundland iw wie der „Frankfurter Zeitung“ gemeldet wird, unter Mißachtung des zwishen der Union und England bestehenden modus vivendi die Verhaftung aller Amerikaner angeordnet, die sih gegen die Neufundländer Fischereigeseße ver:

gehen. Afrika.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“ hat Raisuli vom Sultan direkt ein offizielles Schreiben erhalten, in dem er zum Pascha von Arzilla und den benachbarten Provinzen ernannt wird. Raisuli ist damit mit amtlicher Autorität über die Landstrecken ausgerüstet worden, die zwischen Tanger und Larasch liegen.

Zu dem Bureneinfall in die Kapkolonie meldet das „W. T. B.“, daß die Truppe des Jnspektors White vorgestern abend bis auf eine Entfernung von 5 Meilen an die Schar Ferreiras herangekommen war und die Verfolgung, die sich infolge Wassermangels in dem sandigen Gebiet shwierig gestaltet, energish fortsegt. Ferreira, der die Richtung nah Osten eingeschlagen hat, ist es gelungen, si der Heliographenstation der Kappolizei zu bemächtigen und mehrere Rekruten zu gewinnen. Der Oberst Lu kin wird heute in Prieska eintreffen und den Oberbefehl über die Truppen übernehmen.

%

Parlamentarische Nachrichten.

Der Reichstag ist heute zu seiner ersten Sißung na der vor sechs Monaten erfolgten Vertagung zusammen-

getreten. . E : Der Präsident Graf von Ballestrem eröffnete die Sigung um 2 Uhr 20 Minuten mit folgender Ansprache: Indem ih die verehrten Kollegen na längerer Sommerpau!e auf das herzlihste begrüße, eröffne ich die Sigung. Ih habe im Namen des Reichstags Seiner Majestät dem Kaiser und Seiner Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kron- prinzen zur Geburt des ersten Sohnes die GSlückwünsche de Reichstags dargebraht. Seit der leßten Sihung hat das Hauê mebrere Mitglieder dur den Tod verloren. Am 13. Juli verstarb unser langjähriger Kollege Dr. Sattler, am 14. Juli der Abg- Grünberg und am 28. Juli der Abg. Jessen. , das Andenken der Verstorbenen durch Erheben von den Pläßen.)

Darauf trat das Haus in die Tagesordnung ein, deren Gegensiand 43 Berichte der Petitionskommission ilden.

Nr. 67 des „Eisenbahn-Verordnungs-Blatts“, heraué-

gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 2. d: M.

hat folgenden Inhalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten

vom 31. Oktober 1906, betr. Sehvermögen der Eisenbahnbediensteten. Nr. 68 vom 7, d. M. enthält Nachrichten.

in der die Wiederherstellung des Status quo und die Frei-.

(Das Haus ehr!

Kunst und Wissenschaft.

Das Deutsche Museum in München.

In München findet heute in Gegenwart Ihrer Kaiserlichen und Königlihen Majestäten und der Seiner Königlichen Hobeit des P N Luitpold die feierlihe Grundsteinlegung des Deutschen

useums statt, in dessen weiten Hallen und Sälen die Meisterwerke der Naturwissenshaft und Technik Aufnahme finden sollen, fo- weit sie bisher auf deutshem Boden in Privatbesiß ih befanden und dort überall zerstreut, der Allgemeinheit nit A ja oftmals einem schnellen Verfall preisgegeben waren. Das useum soll die geihichtlihe Entwidcklung der naturwifsenshaftlihen Forschung, der Technik und der Industrie in ihrer Wechselwirkung darstellen und ihre wihtigslen Stufen insbesondere durch hervorragende und bezeihnende Meifterwerke veranshaulihen. Es ist wie das Germanishe Museum in Nürnberg eine deutsche Nationalanstalt. Dem Zwecke des Museums dienen vor allem: Sammlungen von wissenschaftlihen Geräten und Hilfsmitteln sowie von Originalen und Modellen hervorragender Werke ter Technik, die, anschaulich geordnet und erläutert, im Museum zur öffentlihen Besichtigung ausgestellt werden sollen; ferner ein Archiv, in dem wihtige Urkunden wissenschaftlihen und technischen Inhalts aufbewahrt werden, sowie eine aus Handschriften, Zeihnungen und Drucksachen gebildete tehnisch- wissenshaftlihe Bücherei. Endli sollen in ihm wissenschaftliche Arbeiten angefertigt, wissenschaftlihe Veröffentlihungen vorbereitet uad E gehalten werden. Das neu entstehende Museum, eine der größten Museumsanlagen ter Welt, foll in Deutschland denselben Zwecken dienen, denen in Frankreih seit etwa hundert Jahren das Conservatoire des arts et métiers in Paris und in England feit sechzig Jahren das Londoner Kensington-Museum dient. Wie groß in Deutschland das Bedürfnis für ein folchW:s Museum war, dafür liefert die beispiellose Schnelligkeit den Beweis, mit der in der kurzen Zeit, seit der Museumsbau bes{lofsen wurde, ein sehr beahtenswerter Grundstock für seine Sammlungen beschafft werden konnte: reie Sammlungen, die einstweilen im alten Nationalmuseum in München untergebracht find. :

Die Anregung zur Gründung eines deutschen Museums für Naturwissenshaften und Technik ging von dem Baurat Oskar von Millner aus, der am 1. Mai 1903 ein Rundschreiben erließ, das unter Hinblick auf die genannten Institute in Paris und London auf die Notwendigkeit einer derartigen Anstalt auch für Deutschland hin- wies. Bald bildete sich ein vorläufiges Komitee, das in feinem am 98. Juni 1903 erstatteten Bericht über die Vorarbeiten ausführte :

„Alle waren der Ansicht, daß in einem solchWen Museum der große Einfluß der wissenshaftliden Forschurg auf die Technik gezzigt, und daß in ihm die hiftorishe Entwick-lung der verschiedenen In- dustriezweige in möalichst anshauliher Weise durch typische Werke, deren hervorragende Bedeutung erprobt und anerkannt ist, dargestellt werden solle. Allgemein war auch der Wunsch, daß dieses Museum eine Nuhmeshalle für die Männer werde, deren Forschungen und Arbeiten wir in erster Linie den hohen Stand der heutigen Kultur verdanken. Es stand außer Zweifel, daß ein folhes Museum ein all- emein deutshes Unternehmen werden müsse, aber ebenso selbstver- ftändlic war der Wunsch, gerade solch ein Werk, an dem alle Deutschen in gemeinsamem Streben mitwirken, in München zu besißen. Zu diesem Vorschlage glaubten wir uns au berechtigt, da MünSen niht nur eine Stadt der Kunst, sondern seit den Zeiten eines Fraunhbofer, Reichenbach, Steinheil usw. auch eine hervorragende Pflegestätte der technishen Wissenschaft ist, da die Begeisterung für den Gedanken gerade in München von Anfang an eine äußerst große war und fich nicht nur durch rege Mitarbeit an dem sofort gebildeten proviforischen Komitee, sondern auch durch Zusicherung reicher Stiftungen kundgab.“ __ Der Plan fand bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten und der bayerishen Regieruna Zustimmung und Förderung und auch Seine Majestät der Kaiser und König brate ihm Sein besonderes Interefse entgegen. Schon am 28. Juni 1904 konnte eine erste Aus\hußsißung abgehalten werden, auf einer zweiten im Oktober desfelben Jahres Fonnte festgestellt werden, daß die Ausführung des aroßen Planes volles Gelingen verspreche und finanziell so gut wie siergestellt fei. Hier wurde auch beschlossen, dem Museum, das eine Nuhmeshalle deutsher Arbeit und einmütig \{affenden deutshen Geistes werden sollte, den Namen „Deutsches Museum“ zu geben.

Zur Erlangung der Baupläne wurde ein Wettbewerb unter deutschen, deutsch-öfterreihishen und deuts. \chweizerischen Architekten ausgeschrieben. Unter den 34 eingelaufenen Entwürfen wurde der- jenige des Müncheners Gabriel von Seidl mit dem ersten Preis

dat; er wird mit einigen unwesentlihen Abänderunzen zur Aus- führung gelangen.

Bei den Plänen für das Bauwerk war einmal mit den Eigentümlihkeiten des Baugrundes, einer fast 36000 qm grofien JIsarinsel, die von der Stadt München dem Unter- nehmen geshenkt wurde, vor allem aber mit den ganz be- sonderen Bedürfnissen dieses eigenartigen Museums zu renen, das Gegenstände von überaus verschiedenen Größenverhältnifsen aufzunehmen bestimmt ist. Zum ersten Male is bei diesen Bau- werken der Grundsatz streng durchgefühtt, daß nit die Sammlungen ih dem Baurrerk, sondern dieses ch6 den Sammlungen anzupafsen habe. Von einem einheitlihen Stil ist bei dem gewaltigen Gebäude- komplex nit die Rede. Die eigentlihen Repräsentationsbauten zeigen Anlehnung an Renaissarceformen, während andere augenscheinlich unter Rücksicht auf ihre Zweckmäßigkeit realiftisch au®geführt wurden. Der eigentlihe Museumsbau bildet ein 13 00I Quadrat- meter bedeckendes, von drei Türmen überragtes Quadrat; ihm find mit der Front flußabwärts die Gebäude für die Bibliothek, die Plansammlung, die Vortrags- und Experimentiersäle vorgelagert. Gärtnerishe Anlagen werden die Gebäude umgeben; Plaß für spätere Erweiterungsbauten ist auf der Insel, die von jeder Jsarseite her auf drei Brücken zugänglich ist, vorhanden. Bei dem Ausftellungsbau if das Innere der grosen Halle ziemlich niedrig (12 m bis zum Fuß der Bogenbinder) gehalten, was für die Kosten der Heizung wesentli ist; die Ausf: ellungssäle sind 6 be¡w. 5 m bo. Die Kosten des eigentliden Baues sind den „Münchener N. N.“ zufolge auf 4 850 000 „M veranshlagt; von den verfügbaren Geldern blieben, wenn diese Summe eingehalten wird, noch 150 000 Æ für Straßenherstelung und Planierungsarbeiten übrig.

Land- und Forftwirtschaft.

Fnternationaler Weinbaukongreß in Angers im Juli 1907.

Für die Zeit eines nationalen fandwirtschaftlißen Wettbewerbs, der in Angers auf dem Play La Rcchefoucauld vom 30. Juni bis zum 8. Juli n. I. stattfinden soll, ift auch ein „Internationaler Rau nas, in Ausficht genommen. Derselbe soll am Sonn- abend, den 6. Juli 1907, eröffnet werden und bis zum 9. Juli 1907 einshließlich dauern. Wer daran teilzunehmen wünscht, muß einen Beitrag von 10 Franken zahlen und entweder dem Generalfekretär Morsieur Prosper Gervais, 20 Rue Cambon in Paris, vor Eröffnung der Sißung seinen Beitritt melden oder nach der Erêéffnung sich an Ort und Stelle in die Teilnehmerliste eintragen laffen.

Landwirtschaftliche Vereinigungen jeder Art können sich dur Ver- arteE, teiligen, Der Beitrag ist dann von einem jeden Vertreter zu

ritten.

Veber die Einzelheiten, insbesondere über die Rehte und Pflichten der Teilnehmer, über die Einrichtung und den in Aussicht genommenen Verlauf des Kongresses geben Drucksachen Aufschluß, die während der nähsten 4 Wochen im Reichsamt des Innern, Berlin, Vilbelmstraße 74, Zimmer 174, zur Ansicht ausliegen. Alle weiteren Auskünfte werden den Teilnehmern durch den genannten General- sekretär gegeben werden, von dem auch die erwähnten Drucksachen D worden find. (Bericht des Kaiserlihen Konsulats in

aris.

Landwirtschaftlihe und zuhtgewerblihe Geflügel- ausftellung in Moskau.

In Moskau soll in der Zeit vom 29. November bis 4, De- zember d. J. n. St. eine von der rufsishen Gesellschaft für lands wirtshaftliße Geflügelzuht veranstaltete allrussishe landwirtschaftliche und zuhtgewerblihe Geflügelausftellung ftattfinden, an der fi au ausländische_ Aussteller beteiligen können. Gleichzeitig soll ein Kongreß russisher und ausländischer Geflügelzühter stattfinden. Die Gesellshaft steht unter dem Protektorat des Großfürsten Peter Nikolajewitsch. Obwohl es zweifelhaft ist, ob die Ausstellung auch nur von russisher Seite stark beshickt werden wird, und anzunehmen ist, daß das Ausland der Zeitumstände halber kaum fi beteiligen n sei doch hier auf die Ausftellung und den Kongreß hin- gewiesen.

Eine Anzahl Programme und Anmeldungstalons der Ausftellung in deutsher Sprahe sowie ein Programm des Kongresses in französisher Sprache liegen in den nächsten drei Wochen im Reichsamt des Innern, Berlin W., Wilhelm- straße 74, im Zimmer 174 für Interessenten zur Einsichtnahme aus.

(Bericht des Kaiserlihen Konsulats in Moskau.)

Anbauflächen und Ernteergebnisse Kumäniens.

Der Kaiserlihe Generalkonsul in Bukarest berichtet unterm 6. d. M.: Das rumänische Ackerbauministerium hat die im „Staats- anzeiger“ vom 6. Oktober d. J. veröffentlichte Uebersicht über die Anbauflähen Rumäniens (vergl. „Reichsanzeiger“ Nr. 242 vom 12. v. M.) dur die nahstehenden Daten teilweise vervoll#ändigt :

Anbaufläche Ertrag

0 s |

| Ge, n Durch- im ganzen anbau- P e S bl fläche en na j

2 022 843! 832,78 9,8 140 126 507

183 929) 2,98 7,1 | 3136434 558 700| 9,05 1,2 11 819 133 7

Fruchtarten i in ha

Weizen . Roggen . Gerste

Hafer . 381914 6,19 L 4 O0 AAE Naps . 30 587! 0,50 ? 219 578

Leinsaat . 23 540| 0,38 8,5 | 201110

ne Ertrag verteilt sich auf Groß- und Kleinbetrieb folgender- maßen:

Großbetrieb | Kleinbetrieb

(von 100 ha aufw.)| (von 100 ha abw.) Insgesamt

FruŸtarten

@ bs t _ 7 a

ha

Ertrag | | in

im Durch- schnitt pro ha jeder Art schnitt für den

“im Durd-

hl

[17 617 065) | 2737 576)

8 543 594 | 5 221 214|

hl

40 126 507| 1 3136484| 1 11819133] 21, 9220485! 24,1 Raps .…..| 155676 6,9 | 63992 219 578| 72 Leinsaat... | 182013| 10,4 | 69097| 6,4 | 201110| 8,5.

Ein Verglei der diesjährigen Ernte mit dem Ergebnisse des Vorjahres und dem Dur(hschnitt der leßten fünf Jahre ergibt

folgendes Bild : 1906 O it 1 ata /1905

hl . 40 126 507 36 412 747 26 738 047 . 3136484 2 587 854 2 351 393 . 11819 133 9 297 222 8215 066 Hafer 9 220 485 6 686 298 7 148 864 2 803 287 1373 469

Naps . 219 578 Leinsaat 201 110 118 130 290 869.

Demnach haben die ersten vier Fruhtarten eine erheblih größere Ernte als im Vorjahr gehabt und überschreiten auch in noch größerem Maße den Durchschnitt der lehten fünf Jahre. Raps und Leinsaat weisen allein einen Rückschritt auf, der allerdings bei Raps ein sehr bedeutender ift das vorjährige Ergebnis der Napsernte betrug fast das dreizehnfahe des diesjährigen.

Weijen . . . 122 509 442 p Roggen ... | 398908| 18,7 Gerste. 23,0 DUE 14: 8

bank pmk co E S 5 Eo M p j O O0 05

-

O b s 00°

-

Weizen . Noggen Gerste .

Theater und Musik.

Schillertheater O. (Wallnertbeater.)

Die Stammbühne des Schillertheaters beging am Sonnabend den Geburtstag ibres Schußpatrons mit einer Aufführung des „Fiesco“ und hat damit die großen Dramen Schillers nunmehr sämtlich in seinen Spielplan aufgenommen. Daß die Direktion mit diesem Jugendwerk Schillers, dessen Darstellung niht unerheblihe Schwierig- keiten bietet, wartete, bis sie es befriedigend beseßen konnte, wird ihr niemand ¿um Vorwurf machen. Dem Fiesco verlieh Herr Richard Wirth neben heldischer Männlichkeit die Gewandtheit des Weltmannes, während Max Pategg die Geradheit der Natur des Verrina carakteristisch und fefselnd gestaltete, und als Bourgognino bewährte sh der temperamentvolle Georg Paeshke. Vortrefflich wußte ferner Herr Legal dem Spißbubenhumor des Mohren gerecht zu werden. Unter den Vertreterinnen der weiblihen Nollen ragte die Gräfin Imperiali Frieda Feldhammers hervor. Die anderen Auf- aben wurden zumeijt befriedigend gelöft.

gie geleistet, die besonders den Volksszenen ein lebendig -bewegtes Gevräge gab. An Beifall fehlte es denn auch nit.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Mittwoch, „Mignon“ von A. Thomas wiederholt. Fräulein Nothauser fingt die Titelrolle, Fräulein Dietrih die Philine. Die Perren Naval (Wilb. Meister), Hoffmann (Lothario), Nebe (Laërtes), Vallentin (Friedrich), Mödlinger (Jarno) find Träger der männlihen Hauptrollen. Der Kapellmeister Blech dirigiert. |

Im Königlihen Schauspielhause wird morgen, Mitt- woh, Shakespeares „Hamlet“ in folgender Beseßung aufgeführt: E: Herr Matkowsky; König: Herr Pohl; Polonius: Herr

ollmer; Ophelia: Fräulein Wachner; Laertes: Herr Staege- mann. Als Königin tritt nach langjähriger UnterbreGung das Ehrenmitglied der Königlichen Schauspiele, Frau Clara Meyer, auf. Als nâthste Neuheit geht Oskar Blumenthals Lustspiel „Das Glashaus* in Szene. Die Proben unter der Leitung des Herrn Patry sind bereits in vollem Gange.

Um vielfahen Wünschen der Theaterbesucher entgegen zu kommen, hat die Direktion der Komishen Oper auch für Donnerstag, den 15,, ein Auftreten der Tänzerin Ruth St. Denis angeseßt. Die Vor- stellung beginnt mit dem indishen Tempeltanz und der Dpferzeremonie bereits um 74 Uhr. Hierauf folgt um §8 Uhr die Oper „Carmen“.

Im Lortzingtheater findet die Erstaufführung der „Fleder- maus* nit am Donnerstag, sondern erst am Freitag dieser Woche statt. Am Donnerstag wird „Zar und Zimmermann“ gegeben. Demnächst wird auch Smetanas Oper „Zwei Witwen“ hier zum ersten Mal in Szene gehen.

Morgen, Mittwoch, Abends 7{—8§ Uhr, veranstaltet der König- lie Musikdirektor Bernhard Irrgang in der St. -Marien- kirhe das näâhste Orgelkonzert, unter Mitwirkung des Kirchen- chors der Kaiser Friedrih-Gedächtniskirhe (Dirigent : Arihur Barth) und des Königlichen Kammermusikers Walter Cavallery (Violine).

Sehr gute Arbeit batte die

Auf dem Programm stehen u a. Orgelvariationen über das Bathsche por Klagen“ und „Crucifixus“ von Liszt usw. Der Eintritt T frel.

(Der Konzertberiht befindet sih in der Ersten Beilage.)

Mannigfaltiges.

Berlin, den 13. November 1906.

Der unter dem Protektorat Seiner Majestät des Kaisers und Königs stehende Verein zur Besserung der Strafgefangenen hat den ohnehin {on weiten Kreis seiner Tätigkeit um einen weiteren Zweig vermehrt: Die Unterbringung jugendlicher Strafgefangener in den Seedienst, eine Tätigkeit, die andere Staaten, wie England, Frankreich und Italien bereits mit gute Erfolge aufgenommen haben. In der am gestrigen Montag abs grralTenes Sitzung des Vereins erstattete der Präsident Braun den

eriht über das Ergebnis der Beratung der ad hoc in der letzten Sigzung gewählten Kommission. Zu diesen Beratungen war auch der Pastor Saiffarth aus Hamburg, der sih diese Tätigkeit besonders an- gelegen sein läßt, hierher gekommen, und es wurden in der Kommission mehrere Vorschläge einstimmig beschlossen, die der gestrigen Versammlung unterbreitet worden find. Die Kommission war der Ansicht, daß es shon ethishe Momente wünschenswert ersheinen laffen, Fürsorgepfleglinge im Seedienst ausbilden zu lassen. Ein \{hwieriger Punkt ift allerdings der finanzielle; do stehen dem Verein mehrere hundert Mark jährlich für den genannten Zweck zur Verfügung. Zudem erhalten die Schiffs- jungen sofort ein monatlihes Taschengeld, sodaß fie imstande sind, die vom Verein gemachten Aufwendungen an Ausrüstung und event. Prämien anden Kapitän zurückzuerstatten. Außerdem soll versucht werden, einen Spezialfonds für diesen Zweck der Vereinstätigkeit zu \chaffen. Der Antragsteller Pastor Diestel, der die Idee angeregt und auch Er- fahrung in der Sache gesammelt hat, insofern, als er aus eigenen Mitteln bereits mehrere Fürsorgepfleglinge auf Seeschiffen unter- gebraht, ergänzte den Bericht in einzelnen Punkten und bemerkte, daß er sich auch bereits mit der städtiswen Waisenverwaltung ins Einvernehmen geseßt habe, E. ih ein fegensreihes Arbeitsfeld ershließen dürfte. Nach längerer Diskussion beshloß die Versammlung, die Unterbringung jugendlicher Strafentlafsenen für den Seedienst in sein Arbeitsfeld aufzunehmen, wählte den Pastor Dieftel zum Vertrauensmann, seinen Amtegenofsen Pfarrer Hirsch zum Stellvertreter und seßte eire jährlihe Summe für den gedahten Zweck aus. Hierauf erstattete Herr Neckes den Bericht über die Tätigkeit des Arbeitsnahweisebureaus, wonach in den leßten vier Wochen 600 Pfleglinge in Arbeit gebraht worden find; eit Anfang des Jahres stellt sich die Zahl auf 4606. Der Fürsorgeauffiht unterstehen zur Zeit 98 Polizeiobservaten. Für 97 Personen, für die auf Korrektionthaft erkannt war, ist Beschäftigung und Unterkommen vom Verein nahgewiesen worden. Eine längere Diskussion hatte eine Anregung, betreffend Aufstellung einer Statijiik, zur Folge, wobei \sich eine interessante Ausfprahe über das ver- \chiedenartige Gefangenenmaterial ergab. Im Ans{luß an die Vereinssizung tagte unter dem Vorfiß der Frau Landgerichtêrat Dr. Langerhans die Abteilung für Familienfürsorge und weib- lihe Strafentlass ene.

__ Der zweite der von der DeutschGen Kolonialgesellschaft eingeführten, dem zwanglosen Meinung8austaush der kolonialfreund- lihen Kreise gewidmeten „Kolonialen Herrenabende“ findet Donnerstag, Abends 8 Uhr, im Kolonialheim (Scelling- straße 3 T) ftatt.

„Ueber Alkohol und Ernährung“ spricht morgen, Mitiwoh, Abends, im Hôörsaale der ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg (Fraunhoferstr. 11/12) Dr. Stre cker- Berlin. Der Zutritt ist für Jedermann frei.

Eine junge Vortragskürstlerin, Fräulein Else Menzel, bot am Freitag im Oberlichtsaal der Philharmonie eine Blumen- lese kleiner Werke neuzeitliher Dichter, um dadurch, wie sie u. a. in einer, freilid etwas selbstbewußten, Einleitung bemerkte, Würdigung und Interesse für sie bei ihren Hörern zu fördern. Eine Reibe recht gutgewählter Stihproben aus Dichtungen dramatischen, lyrishen und heiteren Inhalts gab sie mit ihrem ausdrucksfähigen, ansprehenden Organ und unleugbar tieferem Eingeben auf deren ganze Eigenart wieder. Leider trug sie nicht alles frei vor, au reichte ihre Kraft für den intimen Wirkungen recht ungünstigen Raum nicht immer aus oder wurde vielleiht auch niht voll eingeseßt. Sie spra mitunter so leise, daß sie in der Mitte des Saales völlig unverftändlich war, und nahm auf bezüglihe Zurufe aus dem dicht- besetzten Zuhörerraum keine Rücksicht, sondern dämpfte daraufhin den Ton womöglih noch mehr und shädigte dadurch den Gesamteindruck ibrer sonst trefflich entwickelten Vortragskunft.

Ueber „Die Resultate der jüngsten Marsforshung“ sprickt der Direktor Arhenhold am morgigen 174. Beobachtungsabend des „Vereins von Freunden der Treptower Sternwarte“, Abends 8 Uhr, in dem genannten Institut. Der Vortraz ist mit zahlreihen Lichtbildern ausgestattet. Aus dem Pro- gramm seien folgende Abschnitte hervorgehoben: „Marszeihnungen und Photographien der leßten Jahre“; „Das Spektrum der Marsatmosphäre“ ; „Die Meteorologie auf dem Mars"; „Wie erklären sch die Marskanäle und ihre Verdoppelungen ?*; „Die Polarflecken“. Gäste baben Zutritt. Mit dem großen Fernrohr wird vor und nach dem Vortrag beobachtet.

Hannover, 12. November. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht wurden aus dem Familienmuseum des Welfenhausfes in Herrenhausen etwa 40 Orden und eine große Anzabl meist mit Brillanten beseßzter Degengriffe des Königs Ernft August von Hannover geä@ohlen. Von den Tätern fehlt jede Spur.

Altona, 13. November. (W. T. B.) Heute vormittag wude der Mörder des Zahnarztes Claussen, auf dessen Ergreifung auch der Regierungspräsident in Schleswig eine Belobnung von 1000 A ausgeseßt hatte, von dem Kriminalpolizeiinsp:ktor Engel festgenommen (vgl. Nr. 268 d. Bl.). Nah längerem Leugnen hat er die Tat eingestanden. Der Mörder ist der Gärtnergehilfe Thomas Rücker, geboren am 28. Dezember 1888 in Hartmanigtz, Bezirk Schüttenhofen (Oesterreih). Der Mörder wohnte in Altona, Rolandstraße 35.

Kreuznach, 12. November. (W. T. B.) Amtlich wird ge- meldet: Auf dem Bahnhof Türkismühle wurde der Rotten- arbeiter Leitmann aus Nohfelden beim Passieren der Gleise mit dem Postkarren von dem zu gleicher Zeit durch das Gleis 2 fahrenden Schnellzug 146 erfaßt und getötet.

München, 12. November. (W. T. B.) Heute vormittag 10 Uhr 50 Minuten sind Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit Gefolge in München eingetroffen. Mit dem Kaiserlichen Hofsonderzuge traf au der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Tschirshky und Bögendorff ein. Der preußische Gesandte Graf von Pourtalòs war den Majestäten zur Begrüßung entgegengefahren. Fn München war in dem feftlih geschmüdckten Hauptbahnhof die

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mit dem Kaiserprcis ausgezeichnete 12, Kompagnie des 6. Infanterie«