1906 / 271 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Nov 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Nichkamlkliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. November.

Der Bundesrat versaramelte sih heute zu einer Plenar- sißung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rech- nungswesen und für Zoll- und Steuerwesen, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rehnungswesen sowie der Ausshuß für Rehnungswesen und der Ausshuß für Justizwesen Sißungen.

Der Regierungsassessor Freiherr zu Jnn- und Knyp- hausen aus Hildesheim ist dem Königlichen Polizeipräsidium in Königsberg i. O.-Pr. zur dienstlihen Verwendung über- wiesen, der Reslerunagaßeffor von Meibom aus Hildesheim dem Landrat des Kreises Gnesen und der Regierungsassessor Reymann aus Oppeln dem Landrat des Kreises Burgdorf zur E eoA in den landrätlihen Geschäften zugeteilt worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der ausreisende Ablösungstransport für S. M. S. „Planet“ mit dem Reichspostdampfer „Prinz Eitel-Friedrih“ vorgestern in Suez 16 und hat an demselben Tage die Reise nah Aden ortgejeßt. 5

Det ausreisende Fähnrichstransport für das Kreuzergeshwader ist mit dem Reichspostdampfer „Prinz- Regent Luitpold“ gestern in Penang a Malacca) ein- a und hat an demselben Tage die Reise nah Singapur ortge}eßt.

S. M. S. „Leipzig“ ist auf der Ausreise nach der ostasiatishen Station vorgestern in Deli Belawan auf Sumatra eingetroffen und geht am 18. November von dort nach Singapur in See. ; /

S. M. S. „Luchs“ ift gestern in Niutshwang ein- getroffen.

S. M.S. „Jltis“ ist gestern von Wusung nah Hankau abgegangen.

S. M. Flußkanonenboot „Vorwärts“ ist gestern von Schanghai nah Nanking abgegangen.

Vaden.

Jhre Majestät die Kaiserin ist, von Achern kommend, „W. T. B.“ zufolge, gestern abend in Baden- Baden ein- getroffen und auf dem Bahnhofe von Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin sowie Jhren Großherzog- lihen Hoheiten der Prinzessin Wilhelm und dem Prinzen Max von Baden begrüßt worden.

Hamburg.

Nach einer Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft

weist der Entwurf des Staatsbudgets für 1907

121650342 # Gesamtausgaben und 117782720 # Ge- samteinnahmen, mithin einen Fehlbetrag von 3867622 M auf. Da Ueberschüsse aus früheren Jahren niht zur Ver- sprede stehen, werde, wie ,

W. T. B.“ meldet, eine ent- prechende Erhöhung der Einkommensteuer für 1907 in Aus- iht zu nehmen sein.

Oesterreich-Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern in der Spezialdebatte nah Ablehnung sämtliher Minoritäts- anträge die erste Gruppe der Wahlreform, welche die Festseßung der Mandatszahl und die Aufteilun der Mandate in den einzelnen Kronländern Geias den Ausschußanträgen enthält, angenommen. Sodann begann die Ag der zweiten Gruppe, welche die Wah[- berechtigung und Wählbarkeit festseßt.

In der Debatte traten, nah dem Bericht des ,W. T. B.*, die Sozialdemokraten und die Tshehish-Nadikalen für das Wahlrecht der Frauen ein, sprachen ih jedoch entschieden gegen die Verlängerung der Seßhaftigkeit auf ein Jahr aus. Nach der Rede des ersten Generalredners wurde die Verhandlung abgebrochen.

Die nächste Sihung findet Freitag statt.

Der Verfassungsaus\schuß des Abgeordneten- hauses hat gestern eine Geseßesvorlage, betreffend Ab- änderung des die Jmmunität betreffenden 8 16 des Staatsgrundgeseßes, gemäß der Fassung des Subkomitees angenommen. ]

Wie das „W. T. B." meldet, soll, wenn von einem Mitglied des Neichsrats innerhalb des Neits8rats8gebäudes eine der öffentlichen Anklage unterliegende strafbare Handlung begangen wird, fortan ein beshleunigtes Verfahren wegen Auslieferung auf Anregung des Präsis denten Plat greifen.

Großbritannien und JFrland.

Jm Unterhause teilte der Parlamentssekretär der Admi- ralität Robertson gestern mit, daß eine Darlegung der Matrosenrevolte in Portsmouth veröffentliht werden würde, wenn die Admiralität die Urteile des Kriegsgerichts und des Untersuhungsausschusses erhalten haben werde. Darauf seßte das Jou die Einzelberatung der Landpachtvorlage“ fort.

Nach dem Bericht des „W. T. B.* erklärte die Regierung, daß sie einen von der Opposition eingebrahten Abänderung8antrag an- nehme. Ein Teil der Radikalen und der Mitglieder der Arbeiter- partei stimmten, hiermit unzufrieden, gegen die Negterung, sodaß der Antrag nur mit 74 Stimmen Mehrheit anstatt der gewöhnlichen großen Regierungsmehrheit durhging.

Im Oberhause richtete der Lord Jersey die An- frage an die Regierung, welche Antwort die deutsche Regie- rung auf die Ersagan|sprüche der Firma Burns Philp and Company wegen der von ihr in der Angelegenheit des Handelsbetriebs auf den Marjchallinseln erlittenen Verluste erteilt habe.

Der Unterstaatssekretär Lord Fißmaurice erklärte, obiger Quelle zufolge, die Angelegenheit habe den Gegenstand eines Schrifts wehsels gebildet; eine endgültige Antwort der deutschen Regierung sei noch nicht eingegangen.

Rußland.

Das Zentralkomitee der Partei der friedlihen Er? neuerung

Parteien angehören dürfen. Nah Mitteilungen aus dem Reiche besißt die arts an 25 verschiedenen Orten, darunter in Riga und Odessa, Zweigorganisationen. :

Der Kriegsminister hat gestern, wie die „St. Peters- burger Telegraphenagentur“ meldet, die Schließung der militärmedizinishen Akademie angeordnet, nachdem die Speiseanstalt der Studierenden seitens des Direktors bereits vorgestern ge\s{lossen worden war.

Jn Kiew ist, „W. T. B.“ zufolge, das Bestehen einer revolutionären Kampforganisfation unter dem Militär aufgedeckt woeden. Zehn Personen sind verhaftet.

Serbien. Die serbishe Anleihe is, wie das „W. T. B.“ meldet, von einer Gruppe franzöfisher Banken und einer französish-schweizerishen Bank fest übernommen worden.

Afrika.

Ein Telegramm der „Kölnischen Zeitung“ aus Tanger bezeihnet die Meldung des „Agence Havas“, Raisuli sei als Pasha von Arzila vom WMachzen bestätigt worden, als unzutreffend. Er habe bislang nur einen Brief des Sultans erhalten, in dem ihm der Dank für die schnelle Wiederherstellung der Ruhe ausgedrückt wird. Im Gegensaß zu den zahl- reihen Alarmnachrichten der leßten Zeit, nach denen der Haß gegen die Christen immer weiter um sich greife, hebt der Korrespondent der „Kölnischen Zeitung“ hervor, daß der soeben aus Fez zurückgekehrte Kaiserlihe Gesandte Dr. Rosen auf seiner Reise von einer fremdenfeindlichen Be- wegung nichts gemerkt habe. Das von der Gesandtschaft durhzogene Land Fei als durhaus ruhig anzusehen.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ ist der Befehlshaber der ersten O entsandten Truppen, Inspektor White, wegen der Art und Weise, wie er die Operationen leítete, seines Postens entseßt worden. Ferreira hat gestern Grootdrink am Oranjefluß erreicht und von dort in öôstliher Richtung seinen Marsch fortgeseßt, noch immer von den Polizeitruppen verfolgt.

Der frühere Burengeneral Botha hat, „W. T. B.“ zu- folge, der Regierung seine Dienste gegen Ferreira angeboten. Die Regierung hat Botha ihren Dank ausgesprohen und ihm mitgeteilt,“ daß sie sein Schreiben der Regierung in London übermittelt habe.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Rei chs8- tags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Die heutige (118.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reihsshaßamts Freiherr von Ste ngel, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Tschirschky und Bögendorff und der stellvertretende Direftor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts Dernburg bei- wohnten, wurde um 1 Uhr eröffnet.

Ein Antrag der Polenfraktion auf Einstellung eines gegen den Abg. von gane Loe wegen Uebertretung und Ver-

ehens gegen die E über das Vereins- und Ver- ammlungswesen beim Landgericht Gnesen shwebenden Straf- verfahrens wurde angenommen.

Darauf seßte das Haus die Besprechung der Jnter- pellation Bassermann Uber die auswärtige Politik fort. :

Als erster Redner ergriff der Staatssekretär des Aus- wärtigen Amts von Tschirshky und Bögendorff das Wort, über dessen Ausführungen morgen berichtet werden wird.

Statistik und Volkswirtschaft.

Ein- und Ausfuhr einiger wihtiger Waren in der Zeit vom 1. bis 10. November 1906.

Einfuhr | Ausfuhr im Spezialhandel dz = 100 kg

124 183 18 342

19 458 44 223

3 638

6 016 450 207 2 9954 194 2 428 668 360 436 105 868 168 479 37 514

Warengattung

8 466 939

2 858 207 191 344 961 510 3 332761 9 150 606

2 353 187 828 1 842.

U,

Flachs, gebrochen, ges{wungen usw. .

Hanf, " .

Se UUD Sea

Merinowolle im Schweiß

Kreuzzuhtwolle im Schweiß .

Ge A a

Steinkohlen .

Braunkohlen .

Erdôl, gereinigt .

Chilesalpeter .

Roheisen

E A Berlin, den 15. November 1906,

Kaiserliches Statistishes Amt. van der Borght.

Statistik des auswärtigen Handels des deutschen Zoll- gebiets mit den deutschen Freihäfen undZollaus\chlüssen 1900 bis 1905.

Das XXI1II. Heft vom 172. Bande der vom Kaiserlichen Statistishen Amt herausgegebenen „Statistik des Deutschen Reichs“ stellt den auswärtigen Handel des deutschen Zollgebiets mit den deutschen Freihäfen sowie Zollausshlüssen in den Jahren 1900 bis 1905 dar und enthält außerdem einen Abschnitt über den auswärtigen ciedis von seewärts ein- und ausgegangenen nah Herkunft und Be- timmung nicht ermittelten Waren.

A, Freihäfen Hamburg und Cuxhaven. Das Freihafen- gebict Hamburg kommt für den auswärtigen deutschen Handel als Speditions- und Lagerplaß fowie als Industriegebiet in Betracht, während das Freihafengebiet Cuxhaven nur Lagerplag ist. Die In- dustrie des Freihafengebietes ist erheblich. Die Einfuhr aus ihm in das Zollgebiet läßt fh genau nahweisen. Dagegen weist die Aus- fuhr nah den Freihafengebieten auch Waren nah, die niht für den Verbrauch im Freihafen bestimmt, sondern nur zur vorläufigen Lagerung dahin verbraht worden sind, um nach anderen Ländern über- eführt zu werden; die Ausfuhr nah letzteren wird aber vielfa erst f \pât obekannt, daß die betreffenden Waren in den Jahresnach- weisungen über die Ausfuhr nah den betreffenden Ländern niht mehr

hat in seiner ge}trigen Sizung den Beschluß ge? | Mr CL E Een Luer,

faßt, daß die Mitglieder der Partei nicht anderen politischen '

Die bis 1905

esamteinfuhr im Spezialhandel hat in den Jahren 1930 betragen: 2071598, 2307 050, 2762083, 2848 256,

2 830 698 und 3 154427 dz, ihr Wert (in 1000 4) 20 165, 20 297,

22 269, 22 235, 25 066, 28 075. An der Gesamtmenge waren 1905 hauptsächlich beteiligt die Warengruppen : Steinkohlen, Braunkohlen usw. (887 879 dz), Del, anderweitig niht genannt, und Fette (570 238 dz), Erden, Erze, edle Metalle, Asbest usw. (392735 dz), Abfälle (381 170 dz), Drogerie-, Apotheker-, Farbewaren (337 921 dz).

Ausgeführt wurden in den 6 Jahren 1900 bis 1905 10 247 381, 10 960 051, 9930105, 11380376, 9909685 und 9 925 465 dz im Werte von 69227, 73304, 61344, 84387, 55254 und 59759 Tausend Mark. Hier sind im Fahre 1905 folgende Warens gruppen hervorzuheben: Steinkohlen, Braunkohlen usw. (7 283 248 äz), Erden, Erze usw. (663 027 dz), Eisen, Eisenwaren (508 448 az), Holz und andere Schnißstoffe sowie Waren daraus (277 852 dz), Drogerie-, Apotheker-, Farbewaren (273 296 dz): i

B. Frethäfen Bremerhaven und Geestemünde. Die Einfuhr war in den Jahren 1900 bis 1902 gering (2515, 2403, 2442 dz), stieg dann 1903 auf 29325 dz, um aber in den Jahren 1904 und 1905 auf 17 458 und 11 681 dz zurückzugehen. Die Gesamt-

wertzahlen sind in den genannten 6 Jahren in 1000 4: 56, 101, 79,

552, 259, 366. Im Jahre 1905 ragen hervor Brucheisen und Eisen- abfälle (8592 dz), Brennholz, Lohkuchen, Reisig usw. (1260 dz), Bruth- kupfer, Kupferabsfälle (369 dz), Messing und Tombak, auch Bruch (300 dz), Weizenmehl (239 dz), Bruchiink, auch Zinkabfälle (95 dz). Die Ausfuhr ist bedeutender; sie hat 1900 bis 1905 2715 §96,

2 239 792, 2573745, 3951058, 3381191 und 3517 562 dz, ibr

Wert (in 1000 46) 9467, 8935, 9309, 11907, 11087 und 11836 betragen. Die größten Ausfuhrziffern weisen 1905 auf: Eis (27 823 dz), ganz grobe rohe Eifengußwaren, niht besonders genannt (10269 dz), frishe Kartoffeln (18 329 dz), Bier in Fässern (14128 dz), Weizenmehl (16 573 dz), Steinkohlen (3 310 959 dz).

C. Zollausschluß Helgoland. Die Gesamteinf uhr be- trug in den Jahren 1900/1905 573, 531, 499, 949, 494 und 422 dz, ibr Wert in 1000 4: 157, 125, 116, 126, 113, 99. Den Hauptein- fuhrartikel bilden Hummern, von denen 1903 bis 1905 165, 180 und 177 dz im Werte von 60 000, 68 000 und 67 000 M eingingen, Die Ausfuhr überragt auch hier die Einfuhr; die Zahlen lauten für denselben Zeitraum (Menge): 128 771, 74321, 45 029, 83 850, 56 634 und 88006 dz. Die Werte betragen in 1000 #4: 1594, 1354, 1278, 1440, 1557 und 1645. Die wichtigsten Ausfuhrwaren waren 1905 (Werte in 1009 46): frishes Rindfleisch (123), Kleider, Puztwaren (95), Bier, Milchbutter (je 83), frishe Seefishe (65), Steinblöcke (64), Mehl aus Getreide außer Weizen und Roggen —, aus Mais, Reis und Hülsenfrüchten (59), Bücher, Karten, Musikalien usw. (49), Würste (49). : i

D. Der Handelsverkehr der badischen Zollaus\chlüsse mit dem deutschen Zollgebiet erstreckt sich in der Einfuhr hauptsächli auf Vieh und Getreide, in der Ausfuhr vornehmlich auf wollene Tuch- und Zeugwaren, persönliche Bedarfsgegenstände und Getreide. SInsgesamt sind 1900 bis 1905 10 277, 7875, 10 017, 11 206, 14 303 und 12 656 dz, deren Werte in 1000 M 272, 271, 349, 302, 346 und 440 betrugen, ein-, sowie 9600, 8148, 11147, 17016, 11167 und 15 973 dz, deren Werte in 1000 A 560, 270, 347, 381, 289 und 371 betcugen, ausgeführt worden. Für 1905 find der Menge nah in der Einfuhr Weizen mit 3929 dz, Roggen mit 2919 dz und Hafer mit 1020 dz, Kühe mit 155, Jungvieh bis zu 25 Jahren mit 175, Schweine mit 453 und Spanferkel mit 1455 Stück, in der Ausfuhr Kaolin, Feldspat, feuerfester Ton mit 2600 dz, Weizen und Roggen mit 1343 und 1313 dz, Bier in Fässern mit 1951 dz, Preß- und Torfkohlen, Feueranzünder mit 2000 dz hervorzuheben.

E. „Nicht ermittelt (scewärts)." Hier kommen haupt- sächlih die zubereiteten (gesalzenen, geräucherten) zollfreien Erträg- nifse der deutshen Hochseefisherei, ferner Waren, die als Schiffs- vorräte, Schiffsausrüstungsgegenstände, Sirandgut ein- oder aus- geführt, und Kabel, die in die See verlegt worden sind, in Betracht. In den Jahren 1900 bis 1905 wurden insgesamt eingeführt : 203 084, 257 941, 265 047, 319 490, 333 736 und 306 014 dz im Weite von 4946, 5752, 5699, 5648, 5547 und 6361 Tausend Mark. Im Jahre 1905 entfielen auf rohes usw., weiches Bau- und Nußholz 4034 dz, auf dgl. gesägtes, weiches 6318 dz, auf gesalzene Heringe in Fäfsern 190 236 Faß, auf Fish- und Robbenspeck, Tran usw. 2783 dz. Die Ausfuhr stellte fich in den genannten Jahren auf: 13 661, 25 454, 19 132, 122 671, 131 673 und 175954 dz, ibr Wert in 1000 # auf 473, 1908, 746, 9917, 8500, 12751. Hieran waren 1905 beteiligt elektrishe Kabel mit 90917 az, Flascenbier mit 5619 dz, Weizenmehl mit 4809 dz, Zuder mit 3316 dz, Mineralshmieröl, in inländischen Betrieben gewonnen, mit 8240 dz, Steinkohlen mit 54170 dz.

Zur Arbeiterbewegung.

Eine allgemeine Lohnbewegung im Baugewerbe in Berlin, die auf den Achtstundentag und 85 & Z Stundenlohn abzielt, ist, wie die „Post“ mitteilt, in zwei böffentlihen Versammlungen der Maurer Berlins verkündigt worden. Die zentralisierten und [ofalorganisierten Maurer wollen mit den christlichen und Hirsch- Dunckerschen Organisationen gemeinsam vorgehen. Sie haben an den Verband der Baugeschäfte das Verlangen gestellt, in Verhandlungen wegen dieser Forderungen einzutreten. Bezugnehmend auf den §9 des Tarifvertrages, wonach im November die 18er Kommission zu- sammentritt, um die Lohn- und Arbeitsverhältnisse für das näthste Jahr festzusetzen, foll jeßt eine Aenderung dahin eintreten, daß die 18er Kommission projentual der Mitgliederstärke der Arbeitnehmer- organisation zusammengeseßt wird. i

Ein Ausstand in der Teppichfabrik von M. Progzen 1. Sohn in Stralau wurde, der „Voss. Ztg." zufolge, nah einer Dauer von 14 Wochen durch die Arbeitershaft mit bedingungsloser Wiederaufnahme der Arbeit als beendigt erklärt. j

Aus Essen meldet die „Köln. Ztg.“, daß der Gewerkveretin der christlichen Bergarbeiter für den nächsten Sonntag zur Erörterung der Lohnfrage abermals 40 Versammlungen ein- berufen hat. N -

In Emden boykottieren, wie die „Voss. Ztg." ersährt, die Ge- werkschaften die NRingbrauereien, um die in Norden streikenden Brauarbeiter zu Een. Der dortige Gastwirt- verein beshloß demgegenüber die Abschaffung aller ringen Biere.

In Mannheim haben, wie die „Volksstimme“ mitteilt, am Dienstag sämtlihe am Bau der zweiten Neckarbrücke be- \chäftigten Arbeiter wegen Nichtbewilligung ihrer Lohnforderung die Arbeit niedergelegt.

úIn der gestrigen stark besuchten Verfammlung der ver- einigten Schauerleute von Hamburg und Altona (vgl. Nr. 270 d. Bl.), teilte der Vorstand des Hafenarbeiterverbande® mit, daß er mit dem Vorstande des Hafenbetrieb8vereins überein- eingekommen sei, heute mittag in einer gemeinsamen Sigzung zu verhandeln. Die Schauerleute wollten heute früh die Arbeit auf allen Schiffen, mit deren Entlös{hung {hon vor dem Ausstande begonnen war, aufnehmen. Die Schiffe, auf denen mit dem Löschen noch nicht angefangen war, bleiben fo lange mit der Ladung liegen, bis eine Einigung zwischen den beiderseitigen Kommissionen erzielt ist, Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt, da die Arbeitgeber erklärten, daß sie auf der Basis der Lohnforderung verhandeln und auch den von den Schauerleuten verdienten Akfkordlohn nit einbehalten wollten.

500 Angestellte der Allgemeinen Londoner Omnibud- gesell\chaft sind, wie die „Post“ erfährt, in den Streik getreten. Bon 150 Motoromnibussen dieser Gesellshaft blieben am Sonntag nur 20 in Betrieb. Ein Versuch der Gesellschaft, die Löhne nah einer Skala zu regeln, brachte diesen Ausftand hervor. Die Streikenden wollen alle denselben festen Preis haben. Sie befürchten wahrs{einlid, daß die Zahlung nach der Skala geringer sein würde als bisher. Die Leute erhielten bis jet durchschnittlich 45 Schilling die Woche. Zu den Forderungen der Streikenden gehört, daß sie für den Tag, an dem ihr Wagen nicht in Betrieb ist, 5 Schilling erhalten, statt bisher 3 Schilling 3 Pence. Sie forderten ferner Anerkennung ihrer Trad&- union durch die Gesellschaft.

Land- und Forftwirtschaft. Uebersicht

über die G und Ausfuhr von Getreide und Kartoffeln

n Antwerpen im Oktober 1906.

(Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls in Antwerpen.)

Eingeführt wurden:

: aus Numänien. Roggen Rußland

den Vereinigten

Amerika .

Rumänien . . den Vereinigten Amerika . . Argentinien . . MUNland British-Indien . Ga den Niederlanden Schweden .

Deutschland . Rumänien .

der Türkei Rußland .

den Vereinigten Staaten von

Amerika . Oesterreich Aegypten . Derfien. .+ « den Niederlanden Algier . . Spanien . England

Hafer: aus Rußland .

Bulgarien .

aus Argentinien . . den Vereinigten Amerika . Rumänien Nitland den Niederlanden

Kartoffeln: aus den Niederlanden Frankreich

Ausgeführt wurden:

Roggen: nah Deutschland . den Niederlanden

Weizen: nach Deutschland . den Niederlanden

Sch{weden .

Gerste: nach Deutschland .

Rußland .

Hafer: ni chts.

Mais: nach Deutschland .

den Niederlanden Spanien . Rußland . Portugal . orwegen .

Kartoffeln: nah England . rankrei . Ie Brasilien . Gibraltar . dem Kap . dem Congo Spanien . . . den Niederlanden Jtalien

den Niederlanden :

den Niederlanden

122740 dz 29260 ,

11520 , 163 520 dz.

1 169 020 dz

546 380 166 530 107 880 995 140 5 000

4 890 10

2054850 dz. 2030 dz 226520 ,

146620 ; 52840 ;

21 530 15 350 11 720 10 000 6 830 1930 970 10

496 350 2 030

280 200

2910 413 820

57 930 52 300 4 580 1 500

930 130

5 920 170

6 090

Staaten von

Staaten von

f A N N

ms

Staaten von

4 750 3 100

7 890

105 120 37 770 1 700

144 590

10 720 22 050

1 460 34 230

132 280 23 160 2 520 970 830 500

160 260

5 030 2150 1210 510 510 170 100 100 80 50

9910

[29 N

Ernteergebnisse, Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien.

Das Kaiserliche Konsulat in Varna berihtet unterm 6. d. M.:

Der Anbau der Wintersaaten ist überall im vollen Zuge.

An

vielen Orten, besonders längs des Kamtschija-Flusses, erlitt er dur

Regenwetter cine geringe Verzögerung.

In Gegenden mit s{werem

Boden war eine genügende Vorkereitung der Aecker zum Anbau infolge der Bodennässe niht selten unmögli, es werden daher vorauésihtlich dort manhe Saaten {hwach in den Winter kommen.

Andererseits hat der

Monat. Oktober für die

rechtzeitig bes

steliten Felder vorwiegend günstiges Wetter gebraht, das vielfah ein

sehr gutes Aufgehen der Saaten bewirkte.

Eine bemerkenswerte Zu-

nabme hat in dieser Saison die Anbauflähe für Raps im südlichen Teil Ostbulgariens aufzuweisen. Klagen über Auftreten der Feldmäuse find nicht selten. Die Getreidezufuhren aus dem Innern des Landes

dauern fort.

Besserer Weizen wurde in kleinen Mengen nah den

türkishen und griehishen Häfen verladen, während minderwertige

are von den Vertäufern in Erwartung günstiger Angebote noch zurückgehalten wird. Für Hafer und Gerste wurden annehmbare Preise erzielt; das Platzgeschäft hat sih demnach in diesen Getreide-

sorten lebhafter als son on gerebelt.

gestaltet. Mais ist eingeheimst und teilweise Das Gewicht stellt sich durch\s{hnittlich auf 80 kg für

den Hektoliter. Es „wird angenommen, daß die Beschaffenheit des ais durch das während der Einheimsung eingetretene Regenwetter

nahteilig beeinflußt

l worden ist, ehr gering.

Der Umsaß in Mais

war

Die Körnererträg e bewegen sh pro Deckar für die einzelnen

Getreidearten, wie folgt: Weichroeizen . kae

Pan. Wintergerste . Sommergerste Bohnen. Mais

Starke Mittelerträge von 250 bis 300 kg find Beschaffenheit beste Ergebnis stellte in diesem Jahr,

Das nah

150 bis 180 kg 100 200 1 10 160 *. 100, Bb, O O 100, 20.

145 614 „j ziemlih häufig.

begünstigt durch die reihliGen Niedershläge, der {wae Boden, während im fetten Boden das Getreide entweder sich lagerte oder in Fäulnis überging und minderwertigen Ertrag lieferte.

¡

Die Getreidezufuhren beliefen sich im Monat Oktober d. J. : Mit Wagen Mit Waggons Zusammen Kilogramm 4 390 424 5 637 500 176 381 2 000 000 421 800 175 C00 Hafer . 191 900 7 125 000 Man 71 936 4 712 000 ine C ep 14 068 200 000 214 068 ohnen 277 200 4 125 000 4 402 200.

Der Ausfuhrhandel nah westeuropäischGen Marktpläßen be- wegte sich in engem Rahmen. Antwerpen, der aufnahmefähigste U für bulgarishes Getreide, zog billigere Donauangebote vor und ieß das hiesige Getreide fast unberücksihtigt. Es haben sih deshalb gan P lenne Vorräte in den drei Hafenstädten Ostbulgariens an- gesammelt.

Die Getreidepreise stellten sich im Oktober 1906 für den Doppelzentner fob:

bei Weizen auf 11,25—15,00 Fr., : Harliveizen 1429 , oggen 11,60—12,00 , Gerste 11,25—11,50 Hafer 12 25—12,50 Hirse 9,30 Bohnen S 202000 »

Die Weinlese hat ein recht ungenügendes Ergebnis gebracht, 100 bis 150 kg Trauben pro Deckar. Der Most aus gepflegten Neben zeigt einen Zuergehalt von 18 9/0, aus ungepflegten einen folhen von 12 bis 14 9/. Der Gesamtverlust an Trauben beträgt 60 9/0 infolge des Schadens durch die Peronoëpora und 15 % infolge des Schadens durch den Wurm agrotis segetium.

8 D Kadus (etwa 500 bis 600 kg Trauben) erzielte 120 bis

‘Fr.

10 027 924 2176 331 596 800

7 316 900 4 784 436

Wetzen Gerfte . Mais .

Verkehrsanstaltenu.

Hamburgs Flagge im hamburgishen Schiffsverkehr.

Dank der fortschreitenden Entwickelung seiner Seeschiffsflotte ist Hamburg heute in der Lage, nahezu die Hälfte seines gewaltigen See- verkehrs mit eigenen Schiffen zu bewältigen. Der Anteil der ham- burgischen Flagge an der im Hamburger Hafen aus- und eingehenden Seeschifftonnage, der im Durchschnitt der vier Fahrzehnte 1860—1900 auf 33 9/6 stellte, ist im Durchschnitt der leßten vier Jahre bereits auf 424 0/0 gewachsen und wird bei dem rüstigen Tempo, das in der Vergrößerung des eigenen Schiffsbestandes herrscht, vor- ausfichtlich noch weiter wachsen. j

Wenn nun auch der Besiß einer mehr oder weniger großen Reedereiflotte für die wirtshaftlihe Bedeutung des einzelnen See- hafens und seine Stellung im Weltverkehr nicht mehr in so aus- \hlaggebender Weise wie früher ins Gewicht fällt es gibt heute namhafte Stapelpläße des Seehandels, die keine oder do nur eine sehr geringe, zu dem Umfange ihres Schiffsverkehrs in keinem Ver- hältnis stehende Eigenflotte zu entwickeln vermocht haben —, so darf doch nicht verkannt werden, daß ein blühendes Reedereigewerbe, das Vorhandensein eigner Schiffe für den Seehandel des Heimathafens wegen der Sicherheit und Zuverlässigkeit, die es ihm verleiht, wie wegen der Fülle von Anregurgen und direkten Vorteilen, die aus den engen Wechselbeziehungen zwischen Ueberseehandel und Reederei einund- desselben Platzes für beide Teile herauszuspringen pflegen, von un- {häßbarem Werte ist. Kann ein Welthandelsplaß seine überseeische Ein- und Ausfuhr zum beträchtlichen Teil in eigenen Schiffen bes werkstelligen, fo fließt der Tribut, den der Seehandel dem See- transportgewerbe zu zahlen hat, nicht gänzlih nach außenhin ab, fondern kann fich zu eben jenem Teil als Ertrag der heimischen Reederei abermals fördernd und fruhtbringend in den Dienst der heimishen Seewirtschaft stellen. 5

Die Gesamtheit der Hamburger Reedereien verfügte am Schlusse des vergangenen Jahres 1905 über 1087 Seeschiffe mit 1,4 Million Netto-Neg.-Tons, das find über 5009/9 der deutschen Handelsflotte. Infolge dieses Umfanges der Eigentonnage konnten während des Sahres 1905 von dem gewaltigen, sich auf 20,8 Millionen Netto- Reg.-Tons beziffernden Seeschiffverkehr Hamburgs 8,6 Millionen als solhe hamburgishen Ursprungs angeschrieben werden. Dieser Anteil ist der heimishen Flagge naturgemäß keineswegs gleihmäßig auf allen Routen des hamburgishen Seeverkehrs zugefallen. Je nachdem es sich um den Ve:kehr nah und von den übrigen deutschen Häfen, den außerdeutshen Häfen Europas oder den transatlantishen Häfen handelt, ift die relative Beteiligung der eigenen Tonnage sehr verschieden gewesen. Sie war am geringsten im Seeverkehr zwischen Hamburg und den außerdeutshen Häfen Europas, in dem von 10,9 Millionen Nettotons nur 2,6 Millionen Tons (oder 24 9/0) unter hamburgischer Flagge segelten. Etwas beträchtliher war sie hon im Schiffsverkehr mit den deutshen Seepläßen. Die hier bewegte Tonnage belief ih insgesamt auf 1,8 Million Nettotons, auf Hamburger Schiffe kamen davon 0,6 Million Netto-Reg.-Tons oder 33 9/4. Weitaus am größten war die Beteiligung der ham- burgishen Flagge am trans8atlantishen Schiffsverkehr. Hier wurden insgesamt 8,1 Millionen Nettotons gezählt; weit über die Hälfte, nämlich 5,2 Millionen Tons, also 649% waren in Hamburg beheimatet. Dieses Ergebnis kann nicht überra\hen. Ein Blick auf die Zusammenseßung der hamburgishen Needereiflotte, auf das beträhtlihe Ueberwiegen der groß:n Schiffe nahezu zwei Drittel der Tonnage entfielen auf Fahrzeuge, deren Nettoraumgehalt

rößer als 2000 Tons war zeigt die besondere Geeignetheit des Knbuccils Schiffsparkes für die große Fahrt. Der trans- atlantishe Verkehr ist außerdem die Domäne der von Hamburg aus- gehenden zahlreihen festen Dampferlinien. Von den erwähnten, im gesamten transatlantishen Verkehr des Elbehafens Nen 5,2 Millionen Tons hamburgischen Schiffsraumes standen 4,6 Millionen Tons in regelmäßiger und nur 0,6 Million Tons in wilder Fahrt.

Auf den einzelnen Gebieten des über!eeishen Verkehrs Hamburgs zeigt die heimische Flagge eine sehr ungleihartige Frequenz. Der be- trähtlithe Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika vollzog sich zu ungefähr 70 9/9 vermittels Hamburger Schiffe. In der Hauptsache handelte es sich um die regelmäßigen Expeditionen auf den Routen der Hamburg-Amerika-Linie sowie der Unionlinie, für hamburgishe Trampdampfer bot sih hier nur ein sehr beshränktes Feld (rund 200 000 Reg.-Tons netto).

Eine noch mehr bevorzugte Stellung vent die hamburgische Flagge im Verkehr mit Westindien, exiko und Zentral- amerika. Sie bringt es hier sogar auf nahezu 90 9%/% des gesamten Schiff8raumes. Auf diesem Gebiete kamen durchweg nur Schiffe der Hamburg-Amerika. Linie tin Frage. : L :

In der Südamerikafahrt, Ost- und Westküste, ließ fich eine Beteiligung der heimishen Flagge in der Höhe von 7209/6 nachweisen. Soweit es sich um den Verkehr mit Pläyen der Ostküste handelt, stellten die Hamburg-südamerikanishe Dampfschiffahrts-Ge|ellschaft und die Hamburg- Amerika- Linie nahezu den gesamten hamburgischen Schiffsraum. Nach der Westküste sandte die Kosmos-Linie in Ver- bindung mit der Hamburg-Amerika-Linie ihre Dampfer, die Reederei Laeisz ihre großen Segelschiffe. Die regelmäßige Schiffahrt hat hier nur ungefähr die Hälfte der hamburgishen Tonnage gestellt ; e hat ein lebhafter Verkehr hamburgisher Trampdampfer s\tatt- gefunden.

__ Weit weniger als der amerikanische Kontinent ist Afrika das Ziel hamburgisher Schiffe. Sie sind am Schiffsverkehr zwischen ihrem Heimatshafen und afrikanishen Pläßen nur mit etwa 45 °/ beteiligt. ür den Norden Afrikas kommt die Deutsche Levante- Linie, für die Ost- und Südküste die Ostafrika-Linie, für die West- küste die Woermann-Linie in Betraht. Den Verkehr mit Südafrika vermitteln sehr rege die Schiffe englisher Gesellshaften, der Union Castle Mail Steam Ship Co. und der Bucknall Steam Ship Lines; am Verkehr nach der Westküste nehmen die British and African St, N. Co., die African St. S. Co. und Elder, Dempster

Shipping, Ltd., teil. Auch die Oldenburgisch-portugiesis@e Dampf- \hiffsreederei läßt hier thre Stiffe laufen.

Noch geringer is die Beteiligung der hamburgishen Flagge an der Fahrt nah asiatishen Häfen. Sie erreiht hier kaum 40 9/0, die în der Hauptsache dur den ostasiatishen Dienst der Hamburg- Amerika-Linie und dur die regelmäßigen Fahrten der Deutschen Levante-Linie bewirkt werden. Sonst domintert auf diesem Gebiete die bremishe Flagge. Der hamburgishe Verkehr mit Ostindien wird durch die Schiffe der Bremer Hansalinie besorgt, und am Ver- kehr zwishen Hamburg und Ostasien ist der Bremer „Norddeutsche Lloyd* beteiligt.

Auf den australischen Routen dagegen werden wieder 83 9/6 des Verkehrs durch Hamburger Schiffe bewältigt. Hier stellt die Deutsch. australishe Dampfs\chiffsgesellshaft fast den gesamten Schiffs-

raum. Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Freitag, eine Wiederholung der „Meistersinger von Nürnberg* statt. (Anfang 7 Uhr). Den Hans Sachs singt Herr Johannes Bischoff vom Königlichen Theater in Hannover als Gast. Von den ein- heimischen Kräften sind die Damen Herzog, von Scheele Müller, die Herren Berger, Knüpfer, Krasa, Kraus und Lieban als Vertreter der Hauptrollen zu nennen. Die öffentliche Hauptprobe für das Konzert des Königlihen Opernhors („Parsifal“) findet am Bußtage, Mittags 12 Uhr, im Opernbause statt. Billette hierzu sind von morgen, Freitag, ab bis Dienstag, den 20. November, bei Bote u. Bock, etwa noch übrigbleibende am Buß- tage n 11} Uhr ab an der Tagesfasse des Königlichen Opernhauses zu haben.

Im Königlihen Schauspielhause wird Oskar Blumen- thals neuestes Lustspiel „Das Glashaus* Dienstag, den 20. November, zum ersten Male aufgeführt. Morgen, Freitag, geht Shakespeares „Hamlet“ in Szene.

Im Neuen Königlichen Operntheater findet morgen, Freitag, das leßte Gastspiel der Madame Eleonora Duse statt. Aufgeführt wird Gabriele d’Annunzios vieraktiges Drama „La Gioconda“, in dem Eleonora Duse die Silvia Settala spielt.

In den „Kammerspielen des Deutschen Theaters“ geht am kommenden Sonnabend Hugo von Hofmannsthals „Elektra“ in einer öôffentlihen Aufführung in Szene. Die Hauptrollen liegen in den Händen der Damen Eysoldt, Durieux und Höflih und der Herren Steinrück und Moissi. Die Regie führt Max Reinhardt.

Im Neuen Theater wird Nudolf Herzogs Renaifsancetragödie „Dié Condottieri* am nähsten Sonntag ihr erstes Jubiläum, das der 25. Aufführung, begehen.

Im Lorßtingtheater findet morgen die Erstaufführung der „Fledermaus“ statt. Frau Emmy Naabe-Burg, die für diese Opern- bühne verpflichtet wurde, singt die Rosalinde. Der Kapellmeister Bodanzky, der seiner Zeit die Pariser Aufführungen der „Fledermaus“ leitete, dirigiert auch hier das Werk.

Im Neuen Schauspielhause findet Sonntag, Mittags 12 Uhr, eine Matinée der Tanzschule von Jsadora Duncan statt. Aufgeführt werden unter anderem Tänze nah Kompositionen von Engelbert Humperdinck, mit denen die Schule in Leipzig und Dresden bereits große Erfolge erzielt hat.

Am kommenden Bußtaze (21. November) gedenkt der Oratorium- verein (Leiter: Königlicher Musikdirektor C. Mengewein) in der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirhe das Requiem von Mozart aufzuführen. Der Reinertrag dieses Konzerts ist aus {ließli für cinen wohltätigen Zweck bestimmt. Jhre Mitwirkung haben zugesagt: Frau Emilie Herzog, Königliße Kammer- sängerin, Fräulein A. Bremer und die Königlihen Domsänger

unck und Weissenborn. Dem Requiem voraus geht eine neue

uvertüre: „Zur Bußtagfeier“ für Orchester, Orgel und Chor von C. Mengewein. Die Orgel spielt Herr R. Rößler. (Die Orgel ift neu umgebaut und bedeutend Verardfert:) Billette find in den Musikalienhandlungen von Bote u. Bock, B. Siegel und bei dem Küster (Ahenbachstraße 18/19) zu haben.

Mannigfaltiges. Berlin, den 15. November 1906.

_ Musteranstalt zur Bekämpfung der Säuglings- sterblihkeit. Die Säuglingsfterblichkeit ift im Deutschen Neiche außerordentlih ho. Eine wichtige nationale Aufgabe würde daher erfüllt werden, wenn es gelingt, durch geeignete, auf wifsenschaftlichen Forschungen berubende praktishe Maßnahmen eine wesentlihe Herab- minderung der Säuglingsfsterblihkeit herbeizuführen. Die geradezu er- \hreckende Höhe der Sterblichkeitsziffern erklärt sih sowohl aus falschen Ernährungsarten wie aus den Mängeln der künstlihen Ernährung. Die Musteranstalt, die durch eine unter dem Protektorate Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin stehende Stiftung inCharlottenburg er- rihtet und unterhalten werden soll, wird daher die rihtigen Grundlagen der natürlihen Ernährung der Säuglinge festzustellen sowie die Ver- besserung der fkünstlihen Ernährung zu erreihen suchen. Die städtishen Behörden von Charlottenburg haben bekanntlich an- [äßlich der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares der Stiftung ein 12500 qm umfassendes Grundstück unentgeltlichß überlassen. Die Anstalt, die auch mit einem Mütter - und Säuglings- heim verbunden sein wird, soll ein nationales Institut sein, dessen Segnungen mittelbar auch den übrigen Ländern, der ganzen Welt zugute kommen werden; sie wird aber daneben für die Bürgerschaft der Stadt Charlottenburg noch infofern von be- sonderer Bedeutung sein, als Charlottenburger Wöchnerinnen und Säuglinge in erster Linie Aufnahme finden werden. Wie in anderen Städten, so hat sich auch in Charlottenburg ein Lokalausshuß gebildet, der Mittel für die Stiftung zu sammeln bemüht ist. Im Namen dieses Aus\husses wenden sich die beiden Bürgermeister und die beiden Stadtverordnetenvorsteher jeßt in einem Aufruf an die Bürgerschaft Charlottenburgs. Da an einer wirksamen Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, die auch in den Kreisen der Wohlhabenden und Reichen viel größer ist, als man zumeisi annimmt, alle Schichten der Bevölkerung in gleiher Weise interessiert sind, darf man die Er- wartung aus\prechen, daß das gemeinnüßige Unternehmen, das auf einem hohbedeutsamen Gebiete der fozialen Fürsorge bahnbrechend wirken soll, recht tatkräftige Unterstüßung findet.

Das Zentralkomitee vom Roten Kreuz erstattete in seiner am 7. d. M. unter dem Vorsiß des Vize-Oberzeremonienmeisters und Königlichen Kammerherrn B. von dem Knesebeck abgehaltenen Sitzung nah Vornahme einiger Neuwahlen weiteren Bericht über seine Hilfss tätigkeit zu Gunsten unserer Truppen in Südwestafrika, nahdem seit Juli d. J. sowohl von den einzelnen Landes- und Provinzial- vereinen vom Roten Kreuz wie auch von dem Zentralkomitee selbst eine reihliße Menge von Maäterialgaben dorthin abgesandt worden ist. Namentlich wurden zum Weihnachtsfeste umfang- reihe Sendungen zweckdienliher Gegerstände hinausbefördert. Unter diesen sind Notizbücher zu erwähnen, die teils das Porträt, teils das Medaillonbildnis Ihrer Majestät der Kaiserin tragen und mit dem Facsimile einer Widmung Ihrer Majestät: „Den tapferen Truppen in Deutsch - Südwestafrika, Weihnachten 1906. A. Viktoria, 1. R.“, versehen find. Im ganzen hat das Zentral- komitee, abgesehen von den aus der Deutschen Verein8organisation vom Roten Kreuz unmittelbar übermittelten Gaben, nahezu an 700 000 6 teils zur Beschaffung von Krankenpflegeartikeln, Zelten, Baralcken, Eßwaren, Getränken, Obst, Wäsche- und Bekleidungs- stüden u. dergl., teils zur Gewährung von Beihilfen, freien Brunnens und Badekuren, Zivilkleidern und ähnlihem verausgabt; 498 Angebörigen des Expeditionsko1ps wurden bisher freie Brunnen- und Badekuren bewilligt bzw. vermittelt, Durch Errichtung eines Fnyalidenheims in Wiesbaden ist neuerdings Vorsorge getroffen, daß auch im Winter dort diese Wohltaten geboten werden lönnen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen beschloß die Versammlung u. a, die bisherigen Normativbestimmungen für die Ueberlassung von