1906 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Nov 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Nichkamlkliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 26. November.

Seine Majestät der Kaiser und Könfkg nahmen vorgestern in Kiel an Bord des Linienschiffes „Deutschland“ die Vorträge des Staatsministers, Staatssekretärs des Reichs- marineamts, Admirals von Tirpiß und des Geheimen Regierungsrats im Zivilkabinett von Berg entgegen.

Die vereinigten Ausshüsse des Bundesrats für Rech- nungswesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Rechnungswesen und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen sowie der Ausshuß für Rechnungswesen hielten heute Sißungen.

Der Kaiserlihe Gesandte in Mexiko Freiherr von ZZaegpue im ist vom Urlaub auf seinen Posten zurück- gekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über- nommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der heimkehrende Transport der von S. M. S. „Sperber“ abgelösten Besaßung mit dem Dampfer „Lucie Woermann“ am 23. No- vember in Teneriffa eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise nah Southampton fortgeseßt.

Der ausreisende Ablösungstransport für S. M. S. „Planet“ ist mit dem Reichspostdampfer „Prinz Eitel - Friedrih“ vorgestern in Colombo (Ceylon) eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise nah Penang (Halbinsel Malacca) see. i

S. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ ist am 23. No- vember in Schanghai eingetroffen.

S. M. Torpedoboot „S 90“ ist am 23. November von Tsingtau nah Schanghai in See gegangen.

Posen, 25. November. . Der Erzbishof Dr. Florian von Stablewsfi ist gestern abend, „W. T. B.“ zufolge, an einem Herzschlag verstorben.

Florian Alexander von Stablewski wurde am 16. Oktober 1841 zu Fraustadt als Sohn eines Rittergutsbesißzers und französischen Offiziers geboren. Nah Beendigung seiner theologishen Studien wurde er zunächst Seelsorger in einer Gemeinde seiner Heimat, darauf Religionslehrer am Gymnasium ¿zu Schrimm und 1873 Propft zu Wreschen Im Jahre 1876 wurde er in das preußishe Abgeordneten- haus gewählt, wo er als Redner der polnischen Fraktion hervortrat. 1889 wurde er apostolisher Protonotar und 1891 zum Erzbischof von Polen und Gnesen ernannt, welches Amt er bis zu seinem j-ÿt er- olgten Tode bekleidete.

Hefen.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog Ernst f

Ludwig hat am gestrigen Tage sein 38. Lebensjahr vollendet. In Stadt und Land iff der Geburtstag des Fürsten in der üblihen Weise gefeiert worden.

Deutsche Kolonien.

Aus Deutsch-Südwestafrika wird, „W. T. B.“ zu- folge, amtlih berichtet :

Wie {on am 17. November mitgeteilt wurde, hatte eine Ab- teilung unter Oberleutnant Molière die Bande des Hoiten- tottenführers Fielding aus den Fishflußbergen vertrieben und in die Huibberge gejagt. Von dort zog Fielding südwärts über Tierkluft durch das Nuobrevier an den Vranje. Oberleutnant Raufch folgte mit 35 Reitern der Abteilung Moliòre der Spur des Feindes und ftieß am 16. November auf dessen Werft in s{wer zu- gänglihem Gelände. Der überrashte Gegner floh unter Preisgabe seiner gesamten Habe und seines Viehs und wich vor der scharfen Verfolgung südwärts bei Loreley über den Oranjefluß auf englisches Gebiet aus.

M Telegramm aus Buea im Schußgebiet Kamerun meldet :

Unteroffizier Julius Czibulla, geboren am 9. Juli 1879 zu Klein-Rhein, früber im 4. Garderegiment zu Fuß, ist am 30. August in Miltu an Herzshlag gestorben.

Oefterreih-Ungarn.

Gestern hat die Tagung der Delegationen be- gonnen. Die Mitglieder der ungarishen und österreihishen Delegation wurden im Thronsaal der Ofener Burg vom Kaiser Franz Joseph empfangen, der, „W. T. B.“ zufolge, in a Antwort auf die Begrüßung der LeUUEEn erklärte, daß auch künftighin das intime Verhältnis zu den Verbündeten und das stete Einvernehmen mit Rußland bezüglich des Balkan- gebiets sowie die Pflege durhaus freundschaftlichher Beziehungen zu allen anderen Mächten die Nichtshnur für die österreichish- ungarische Politik seien. Das laufende Erfordernis der Heeres- verwaltung zeige infolge der Erhöhung der Preise eine Igr dagegen hätten die außerordentlichen Kredite gegen das Vorjahr eine Ermäßigung erfahren.

Die ungarische Delegation wählte in ihrer ersten

Sizung den Grafen Theodor Zihy zum Präsidenten und |

den Grafen Theodor Batthyanyi zum Vizepcäsidenten. Der Delegierte Hollo erklärte, obiger Quelle zufolge, namens der Kofsuthpartei : die Delegation sei eigentlich nur ein Aus\{huß des Reichstages. Der Empfang dieses Ausschusses durch den König unter Abhaltung ciner Thronrede sei geeignet, den staatèrechtlichen Charakter dieses Aus\hufses in falschem Lichte erscheinen zu lafsen und die Delegation als eine At Zentralparlament hinzustellen. Der Redner beanstandete ferner, daß der gemeinsame Minister des Aeußern mit dem ständigen Vorsiß im

dem ungarischen Minister verleihe. Zableaverhältnis der Parteien des Abgeordnetenhauses in der Dele- gation ungenügend zur Verlretung komme, weil das Magnatenhaus eine zu große Zahl von Vertretern in die Delegation entsende. Der Redner stellte jedo keinen bestimmten Antrag.

Das Haus ging darauf zur Tagesordnung über.

Jn der österreihishen Delegation, die gestern ebenfalls ihre Eröffnungsfißung abhielt, begrüßte der Präsident Prinz Ferdinand Lobkowißz die Delegierten, gedachte dann

In keinem Falle

| und habe einen rein provisorishen Charakter. S: | Frankreih und Spanien ein vollständiges Einverständnis er-

emeinsataen | werde sich darauf beschränken, den Sicherheitsdienst des Po Ministerrat betraut sei, was ihm einen unberechtigten Vorrarg vor | V0 Tanger zu unterstüßen und seine dur Raisuli ershütterte

ließlih beklagte er, daß das ' y z ; - Dei A in bex Dele, | spanische Flagge werde auf irgend einem öffent

des Wechsels in der Leitung des Ministeriums des Aeußern und des Kriegsministeriums und betonte, daß Graf Goluhowsfi niht nur die friedlihe Politik seines Vorgängers fortgeseßt, sondern sie auch in mancher Beziehung noch vertieft habe.

Hierauf widmete der Präsident dem Minifter des Aeußern Frei- herrn von Aehrenthal herzlihe Begrüßungêworte und sprach die Hoffnung aus, daß es dem staatsmännishen Geshick des neuen

inisters gelingen werde, die Großmachtstellung der öfterreihis- ungarishen Monarchie nit nur zu erhalten, sondern auch zu kräftigen. Der Präsident begrüßte weiterhin auf das Herzlihste den neuen Kriegsminister und sagte, die Delegierten hofften in ihm einen Hort fu besißen für die große gemeinsame, ungeteilte Armee Oesterreich- ngarns, :

Der Delegierte Stein (Alldeutsh) brachte einen Dring- lihkeitsantrag ein, nah dem die österreichischen Refsortminister eingeladen werden sollen, an den Verhandlungen der Delegation teilzunehmen. Der Antrag wurde nah längerer Debatte dem Budgetausshuß überwiesen. Nah der Vornahme von Er- gänzungswahlen wurde die Sißung geschlossen. ;

Den Delegationen wurde gestern das gemeinsame As F für 1907 vorgelegt, das, nah dem Bericht des „W. T. B.“, ein Reinerfordernis von 367 677 273 Kronen (um 20956 911 Kronen mehr als im Vorjahre) aufweist.

Das Heere8ordinarium fordert 29,1 Millionen (mehr 5,4 Millionen), das Heeresextraordinarium 13,7 Millionen (mehr 487 000 Kronen). Die Forderung im Ordinarium der Kriegsmarine beträgt 42,8 Millionen (mehr 13,2 Millionen), im Extraordinarium 2,5 Millionen (mehr 1,2 Millionen). Die Zollübershüsse für 1907 werden mit rund 129,5 Millionen Kronen (mehr 13 Millionen) veranschlagt. Der Okkupationskredit für 1907 beträgt 7,5 Millionen Kronen. Die Forderungen für das Ministerium des Aeußern enthalten u. a. Mehrauslagen für die Erhebung der Gesandtschaft in Tokio zur Botschaft, ferner für Umwandlung der Ministerresitentur in Tanger in eine Gesandtschaft. Das Kriegsministerium verlangt 30 Millionen Kronen als Fortsezungtkredit für die bereits geforderten 165 Millionen ¿zur Beschaffung neuen Feldartilleriematerials, von denen bereits 85 Millionen bewilligt sind; es werden sodann nah Bewilligung der jeßt verlangten 30 Millionen noch 50 Millionen für die nächsten Jahre zu fordern bleiben. Ferner fordert- das Krieasministerium 19,4 Millionen als Restbetrag auf das Gesamterfordernis von 121 Millionen für Schiffsbauten usw.

Der Minister des Aeußern Freiherr von Aehrenthal unterbreitete den Delegationen ein umfangreihes Rotbuchch über die Konferenz in Algeciras, das diplomatische Noten und die Protokolle über die in Algeciras stattgehabten Besprechungen enthält, und ein zweites Rotbuch mit Akten- stücken über die Reformaktion in Mazedonien. Außer- dem wurde den Delegationen ein Braunbuch vorgelegt, das Noten und andere Aktenstücke über die Handelsvertrags- verhandlungen Defterreih-Ungarns mit Serbien enthält.

Mie das „W. T. B.“ meldet, hat der Triester Stadtrat mit 22 gegen 21 Stimmen bei zwei Stimm- enthaltungén die vollständige Trennung der Gemeinde und der Kirche beschlossen. Sämtliche Posten des Kultus- budgets find gestrichen oder herabgeseßt worden.

Großbritannien und Jrland.

Amtlich wird bekannt gegeben, daß eine Königliche Kommission ernannt worden ist, welhe die Tätigkeit iffahrtsringe oder der zur Bildung derselben ab- Konferenzen und besonders, das System der j gewährung untersuchèn und darüber Bericht erstatten soll, ob solhe Unternehmungen den britishen Handel oder den der Kolonien geschädigt haben oder voraussihtlih shädigen werden und, wenn dieses der Fall sein sollte, welche Abwehr- mittel auf geseßlihem oder anderem Wege dagegen ergriffen werden können.

Frankreich.

In dem vorgestrigen Ministerrat teilte der Minister des Auswärtigen N iGon. W T. B.“ zufolge, mit, daß die Verhandlungen mit Spanien Einvernehmens bezüglih der ufrechterhaltung der Ordnung in Tanger von ihm fortgesezt würden. Der Ministerpräsident gab sodann bekannt, daß die Jnventar- aufnahmen, die zu wenig Zwishenfällen Anlaß gegeben hätten, voraussihtlich in zwei oder drei Tagen beendet sein würden und daß der Hauptmann Magnier vom 8. Linien- regiment in St. Omer, der sih geweigert hatte, einer Requi- rierung von Truppen für eine Fnventaraufnahme stattzugeben, in Haft genommen sei und sih vor dem Kriegsgeriht zu ver- antworten haben werde.

Eine offizióse Mitteilung des „Temps“ besagt, daß die Panzerschiffe „Suffren“, „Saint Louis“ und „Charlemagne“ die vor Tanger liegenden Kreuzer „Jeanne d’Arc“, „Galilée“ und „Forbin“ ersegen sollen, da die Regierung Wert darauf lege, in den marokkanishen Gewässern keine abgenußten Schiffe zu haben; der Zeitpunkt der Abfahrt der genannten Schiffe sei jedoch noch nicht bestimmt. Der Transport- dampfer „Nive“ wird, der offiziósen Mitteilung zufolge, die drei Panzerschiffe begleiten, um im Bedarfsfalle französische Landungstruppen aus Algier und Oran zu holen. Frank- reich und Spanien prüfen gegenwärtig im Einvernehmen miteinander die in Marokko zu ergreifenden Maßregeln, und sobald dieses Einvernehmen sriftilich abgefaßt sein wird, soll es den übrigen zehn Signatarmächten der Shlußakte von Algeciras mitgeteilt werden. Man sehe keinerlei Einwendungen vor sih, heißt es weiter; mehrere Mächte hätten übrigens hon im voraus ihre Zustimmung bekannt gegeben. Die von Spanien und Frankreih geplante Aktion werde sich nach den Umständen rihten. Zunächst sei nur die Anwesenheit von Kriegsschiffen in Aussicht genommen, deren Landungs- truppen insgesamt etwa 800 Mann betragen. Sollte es die Lage erheishen, dann würde ein Landungskorps von 1000 bis 1200 Mann mit Einschluß der Marincfüsiliere wären es dann etwa 3000 Mann abgesandt werden. Die spanishe Abteilung werde der Garnison von Cadix, die französtshe dem XIX. Armeekorps (Algier) und wahr- scheinlich der Division von Oran entnommen werden. werde irgend eine Besezung vor- werden; die Aufgabe des Landungskorps Paschas

ur E ees eines völligen

genommen

Autorität wieder herstellen. Weder eine l noch eine ichen Gebäude gehißt werden. Die Tätigkeit des gemischten Landungs- orps werde sih auf Tanger und desjen Bannmeile di, ats Soba

zielt haben würden, würden sie von ihren beiderseitigen Par- lamenten die Ratifizierung der Schlußakte verlangen, die bis- her nur seitens Marokkos, Belgiens, Rußlands und Englands

erfolgt sei. Schließlich betont die offizióse Mitteilung, daß es sich nur um Eventualmaßnahmen handle und daß es möglich sei, daß sich die Vorkehrungen als überflüssig erweisen. Die beiden Regierungen wollten eben vermeiden, daß man ihnen irgend welhe Sorglosigkeit zum Vorwurf mache.

Rußland.

Zur Beseitigung der Schwierigkeiten, die nach der am 1. Januar 1 bevorstehenden gänzlihen Aufhebung der Ablösungszahlungen dem freien Austritt von Bauern aus einer Dorfgemeinde und dem Erwerb ihres Landanteils als Privat- besi entgegenstehen, ergänzt ein Kaiserliher Erlaß die M uernas Ee durch einige neue Bestimmungen. Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ ist nunmehr jeder Bauernwirt, der auf der Grundlage des Gemeindebesiges Landanteile besißt, jederzeit berehtigt, seinen Landanteil als Privatbesiy zu erwerben. Die Bauernwirte, die Landanteile als Privatbesiß erwerben, behalten das Nußnießungsreht auf die Gemeindeheushläge, Wald, Wiesen usw. Der Austritt von Bauern aus einer Gemeinde wird von dieser dur ein- fache Stimmenmehrheit gestattet.

Eine halbamtliche Erklärung in der Judenfrage besagt, „W. T. B.“ zufolge: der Versuch einiger Gesellschafts- aruppen, die Regierung zu Ungunsten der Juden zu beein- flufien, werde die Regierung nicht abhalten, die dur die Ver- hältnisse geforderten Erleichterungen für die Juden zu schaffen. Die endgültige Lösung der Judenfragc müsse der Reihsduma vorbehalten bleiben, im besonderen die Erledigung der Fragen bezüglih der Verleihung des Rechts an die Juden, überall Land erwerben zu dürfen, und bezüglih der Aufhebung der jüdischen Ansiedlungsgrenze, weil derartige Maßregeln jeßt, zur Zeit der Mobilisation des gesamten Grundbesißes vor- eilig wären. Die Regierung erachte es jedoch für not- wendig, ohne Rüsiht auf die Stellungnahme dieser oder jener Gruppe zur Judenfrage und vor Einberufung der Duma die die Juden beengenden Polizeimaßnahmen und Beschränkungen in Handel und Gewerbe zu be- seitigen. Sie erwarte, daß der zur Armut verurteilte Teil der Juden, sobald er größeren Spielraum zur Betätigung größerer Ernergie und zur Arbeit erhalte, nicht mehr nur Bombenwerfer und Räuber aus seiner Mitte liefern werde; zweifellos werde das dem ganzen russishen Volke Vorteil bringen.

Wie das „W. T. B.“ meldet, haben die Vorstände der Synagogen und jüdishen Bethäuser in Odessa beschlossen, ih der Vartei der friedlihen Erneuerung anzuschließen und das Programm dieser Partei unter den Suden zu verbreiten. Sie erklären, die Juden wollten eine friedlihe Arbeit der Duma und seien größten Teiles niht revolutionär gesinnt; sie hielten der Konstitution feindlihe Kundgebungen wie das Wiborger Manifest für \{chädlich, da sie den Bestand der Duma ge- fährdeten; die Juden hätten das Wiborger Manifest nicht beachtet und schenkten der Kadettenpartei kein Vertrauen.

Türkei.

Wie der „Agencia Stefani“ gemeldet wird, hat das kretishe Abgeordnetenhaus ein Resolution angenommen, in welcher der italienishen Regierung und den Offizieren sowie Unteroffizieren der italienishen Karcbinieri der Dank für die Organisation der kretishen Gendarmerie ausge- sprochen wird.

Serbien.

Jn der Skupschtina beantwortete der Minister- räsident vorgestern eine Jnterpellation über die allgemeine olitik der Regierung und führte, nah dem Bericht des

v W. D, :B.“, aus:

Die Beziebungen Serbiens zum Auslande seien normal, zu Bul- garien, Rumänien und der Türkei korrekt und freundshaftlih. Zwischen Serbicn und Oesterreich - Ungarn bestehe gegenwärtig ein bandels- politisher Konflikt, in politischer Hinsicht aber seien die Beziehungen Serbiens zu Oesterreih-Ungarn ebenso korrekt und freundschaft- lich wie zu den übrigen Staaten. Der Finanzkredit Serbiens sei bedeutend gestiegen, was am besten der Abs{luß der leßten Anleihe bewzise. Bezüglich der Frage der Beziehungen des ferbishen Hofes zu den autländishen Höfen hob der ‘Ministerpräsident hervor, daß die Regierung wie der König von der Ansicht ausgehen, daß vor einem Besuche fremder Hôfe dem König Selegenheit geboten werde, sein eigenes Land kennen zu lern-n. Für die Besuche des Königs bei fremden Höfen bestehen keine internationalen Hindernisse, doch sei die Regierung der Ansicht, daß für diese gegenwärtig keine Notwendigkeit vorliege. Behufs Regelung der Handelsbeziehungen zum Auslande stehe die Regie- rung mit den fremden Staaten in Verhandlungen, die \fich nur infolge des Wunsches Serbiens, vorher die Handelsbeziehungen zu Desterreich- Ungarn zu ordnen, verzögerten. Die Regierung hoffe indessen, daß cs auch mit Oesterreiß-Ungarn zum Abschlusse des Handelsvertrags kommen werde. ut den Ausbau des Eisenbahnnetzes gedenke die Regierung 35 Millionen zu verwenden und hoffe, daß die neuen Bahn- linien in 3 bis 4 Jahren ausgebaut sein werden. Der Minrnister- präsident erklärte s{ließlich, daß die Vershwörerfrage nicht mehr eristiere, auch Europa finde, daß sie niht mehr existiere.

Das Haus ging darauf mit allen gegen 2 Stimmen zur Tagesordnung über.

Amerika.

Das Kabinett des neuen Präsidenten der Republik Paraguay, Generals Ferreya, der gestern sein Amt an- getreten hat, ift, laut Meldung des „W. T. B.“, wie folgt, ilammengeiedt: Manuel Benitez Jnneres, Cecilio Baez

eußeres , de los Rios Krieg, Adolfo Soler Finanzen und Carlos Jsasi Justiz. Afrika.

Nach einer Meldung der „Agence Havas“/ aus Tanger hat Rai suli zahlreiche Landleute und auch zweifelhaftes Volk um sih gesammelt, in der Absicht, seinem diktatorishen Auf- treten mehr Nachdruck zu geben. Dem Korrespondenten des „Fmparcial“’ in Ceuta erklärte ein Vertreter Raisulis, daß die in Europa umlaufenden pessimistishen Ansichten un- begründet seien. Raisuli rücke niht gegen Tanger vor; er habe nur 2000 Mann, die er zu Feldarbeiten verwende und die sich mit den Europäern vollkommen vertrügen. Naisuli werde in Uebereinstimmung mit Mohammed el Torres und dem Sultan die Bildung der Polizeitruppe geshehen lassen, jedoch nicht ohne Protest zu er- heben. Raisuli behaupte, die Europäer wollten die ahlung der Abgaben, wie sie im Protokoll vorgesehen eien, umgehen in gleiher Weise wie das spanische Elektri- des von ihm

zitätswerk, das kürzlih wegen Nichtbezahlun assers den be-

aus einem öffentlihen Brunnen bezogenen fannten Zwischenfall hervorgerufen habe. Die Marokkaner hâtten nunmehr den Brunnen der Bevölkerung zur Ver- ne gestellt und so hätte der Zwischenfall seine Erledigung gefunden.

Wie aus Melilla gemeldet wird, finden zwischen n Regierungstruppen und den Truppen des Roghi lih Scharmügel statt. Ein entscheidender Kampf wird artet und es sind Maßnahmen getroffen, um die noutralität des spanischen Gebiets zu wahren.

Parlamentarische Itachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sißung des R ei ch8- ¿29s befindet ih in der Zweiten Beilage.

Der P Ines ermann Dreesbach- zannheim (Sozialdemokrat), der jeit dem Jahre 1898 den 11. badischen Wahlkreis (Mannheim-Schwegingen-Weinheim) rtrat, is, „W. T. B.“ zufolge, heute gestorben.

Kunft und Wissenschaft.

Die deutshe Wissenschaft hat im legten Jahrzehnt an der ge- 44ilihen Grforshung des alten Orients hervorragenden Anteil ge- amen. Während sie früher nur den ältesten Zeiten sich zuwandte, 7 sie neuerdings der mittelalterlichßen Kunst näher getreten. Die brishe und seldshukkishe Kunst des 13. Jahrhunderts und der Folge- L namentli ihre Keramifk, ihre Webereien, Teppiche und darüber aus, die bis in die rômishen Zeiten zurückreihende Saffanidishe enst werden jeßt mit Eifer studiert. Mehr und mehr {ließt sich die 2:42 der Erkenntnis, die die westasiatishe Kunft bisher von _ jener e fernen Südens oder Ostens, von Indien, China und Japan rente. Es ift dabei überrashend, daß ein Zweig der Kunst bisher is gut wie ganz übersehen wurde, nämlih die türkische. Man batte bisher von den künstlerischen Leistungen, die unter ihrer Herr- izaft entstanden, wenig Erfreulihes zu berichten gehabt. Dank dem irtgegenkommen des Sultans wurde es dem Dresdner Kunsthistoriker, Profesor Dr. Cornelius Gurlitt, gestattet, in den großen, sonst sehr éer zugänglihen Moscheen und Palästen der türkischen Reih8- gaptstadt zu zeihnen und photographische Aufnahmen zu maten. Von dieser Erlaubnis hat Gurlitt auf einer längeren Studienreise 12d Konstantinopel und Vorderasien den umfassendsten Gebrau ges 24t. Nach seinen Anordnungen hat die Verlagshandlung Ern Was- uth A.-G. in Berlin W. dur einen Photographen im Laufe mehrerer Monate etwa 200 Folioaufnahmen nach der Natur berstellen Fen. Unter Gurlitts Leitung find ferner zeihnerische Rekonstruktionen 2c. 21h altbyzantinisher Bauten hergestellt worden, sodaß demnächst ire Publikation über die Architektur der Königin am Bosporus er- séeinen wird, wie bisher über diese ähnlihes niht geboten worden ê Im Januar nächsten Jahres wird die Verlagshandlung dur ine Ausftellung in ihrem Geshäftshause Markgrafenstraße 35 eiteren Kreisen Gelegenheit gebea, die Sammlung zu besichtigen, die Berlagshandluna ist aber son jeßt bereit, Fahleuten, die ein be- nderes Interesse haben, die Einsihztnahme zu gestatten.

Professor Hans von Petersen legie wegen zeitweiliger langer Mbwesenbeit von München sein Amt als Vorsitzender des Haupt- tands der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossen|chaft rieder. Der Zweite Vorsißzende, Professor Wilhelm Löwith, über- m die Geschäfte des Hauptvorstands.

Technik.

A. F. In der 260. Sißzung des Berliner Vereins für Luftshiffahrt am 19. November ergab sih zunächst als angenehme Folge der Jubiläumsfestlichkeiten die erfreulihe Tatsache, daß sich ¡4 neue Mitglieder (72 Herren und 2 Damen) zur Aufnahme ge- meldet hatten. Die Mitgliederzahl ift dadurch auf 1036 gestiegen. um érsten Punkt der Tagesordnung „Bericht über die Feier des 5 jährigen Bestehens des Vereins“ spra als Berichterstatter über die Sahresversammlung des „Deutschen Luftschifferverbandes“ Dr. Stade. Das Wesentliche von dieser Tagung am Vormittage des 14. Oktober ift an ieser Stelle bereits mitgeteilt worden. Nahzutragen find noch verschiedene Eo: Anregunges wie die wünshenswerte Herstellung aëronautisher Landfarten, die auch Starkstromleitungen zeigen, ferner die Gewinnung der großen deuishen Dampferlinien für regelmäßige Gestattung von Aufstiegen von Ballons und Drachen zu meteorologischen Unter- ungen an Bord verschiedener darauf einzurihtender Schiffe, die Ztiftung und Herstellung einer Verbandsmedaille zur Prämiierung Zronautisher Leistungen und eines Abzeichens für die Mitgliedschaft n der Fédération Aëronautique Internationale. ebheimrat Busley schritt hierauf zur Ueberreihung der von Mitgliedern Vereins beim Ballonwettbewerb am 14. Oktober erworbenen,

fünstlerish ausgeführtem Silbcrgerät bestehenden Preise in die glüdlihen Eewinner. Er durfte hierbei mit Ge» fuztuung des Umstandes gedenken, daß von 7 dem Verein tébôrigen Ballons, die am Wettbewerb teilgenommen, drei \ih ckramien gebolt haben. 8 4 an der Konkurrenz beteiligt, empfing omit der Verein die Hälfte der Preise. Den Kaiserpreis erwarb : . Brôkelmann (Ballon „Ernst“). zwei andere Preise fielen Dr. Slias (Ballon „Helmholt“) und Hauptmann von Kehler (Ballon Bezold*) zu. Geheimrat Busley hat am Sonntag, den 21. Ok- der, Sr. Majestät dem Kaiser über den Au3gang des Wettbewerbs erihten dürfen und sehr anerkennende Worte des Monarchen gehört, amentliß im Hinweis darauf, daß der Kaiserpreis von einem Vetliner gewonnen worden ist. Hauptmann Hildebrandt berichtete o im besonderen über den s\portlihen Ausfall des Ballonwett- werds. Er \{childerte die Vorbereitungen, um in kürzester Frist und néglihst gleihzeitig so viele Ballons zu füllen. Das trefflih einge- Atete Tegeler Gaswerk leistete ausgezeichnete Hilfe. In wiederholt orgenommenen Proben wurde festgeftellt, daß es mözlih sein würde, V tels 12 Füllrohren und unter Benußung der drei großen Grhaustoren, E für gewöhnlih das in Tegel erzeugte Sas nach dem Gafometer am Sedding drüen, in einer Stunde 18 000 cbm zu füllen. Ueber die “Quierigkeit, daß 5 Ballons mehr zu füllen waren, als Füllrohre vor- ‘Men, balf die verschiedene Größe der Ballons hinweg. Es war möglich,

9 Rohren je 2 kleinere Ballons etwa in Seen Zeit zu füllen, E 7 Rohren je einen großen ; und der Erfolg war dieser Ein- ) Me „2 günstig, daß, während darauf gerechnet war, von 5 zu i iauten einen Ballon steigen zu lassen, sodaß 85 Minuten er- rderlich gewesen wären, bis zur Entlaffung des leßten Ballons nur ck inuten vergingen. Einige Schwierigkeiten bereitete auch die ‘Tebung eines allen Beteiligten ohne Ausnahme genehmen Handicaps. _nach dem Ballast zu regeln, entspra% nicht den Wünschen bex Teilnehmer. Das schließ;lich festgeitelltle und von allen

| anerkannte Handicp gründete sich auf die beiden Momente: ‘reite Entfernung vom Ort des Aufftiegs ia der Luftlinie und Divi des Ballons. Entscheidend sollte also der Quotient einer

aas der ersteren Größe in Kilometern durch die zweite Größe in i “metern sein. Ob bei diesem Handicap die großen Ballons vor G Nen tevorzugt sein würden, oder umgekehrt, das hing aus- nd Ph von der Wetterlage ab. Tatsächlih hat der schwache Wind

die sih am 15. Oktober cinstellende Flaute die kleinen Ballons Falle t, großen begünftigt. In dem einen wie in dem andern mf blieb der Beobachtung und dem Kalkül des Ballonführers aw Möglichkeit, seine Auésichten zu verbessern. Der mit dem L M EeR 334/580 gewinnende Ballcn „Ernst“ tat wohl daran, fi fab eren Regionen zu h-lten, weil er bei der Wetterlage in der irs unde in bôheren Regionen {wächtheren Wind zu finden be- it zie, und ¿hnlich hot Dr. Emden als

d.m Quotienten 423/1340 den 2. Preis

erringenden

Führer des ;

Ballons „Solmke“ operiert. Den Rekord der in der Zeit längsten Fahrt erreichte der Ballon „Cognac“ (V. de Beauclair-Schweiz) mit 26 Stunden 20 Minuten. Für die längste Dauer der Fahrt hat der Herau!geber der „Jllustr. Aëronautischen Mitteilungen“ eine Medaille gestiftet. Im großen und ganzen, so {loß Hauptmann Hildebrandt seinen Vortrag, darf der Verein mit dem Ergebnis dieses ersten von ihm veranstalteten Wettbewerbs zufrieden sein. Es ift nur natürlih, daß nit gleich alles klappen konnte, aber es ift doch auch nichts vorgekommen, was Anlaß zu Disgualifikationen gegeben hätte. Nur wird in Zukunft mit größerer Strenge auf den Punkt der internationalea Saßungen geahtet werden müfsen, der strikt vor- reibt, des über den Ort der Landung irgend eine behördlihe Be- scheinigung beizubringen ift.

Die Kinematographische Gesellshaft hat den guten Gedanken gehabt, die Ballonfüllung und den Aufstieg der 17 Ballons in Tegel dur zahlreihe Aufnahmen zu begleiten, wobei die besonders carak- teriftishezn Momente mit feinem Verständnis Berücksichtigung gefunden hatten. Die Vorführung dieser kinematographischen Bilder begegnete deshalb dem lebhaften Intereffe der Versammlung.

Ueber 6 vom 20. Oktober bis 17. November erfolgte Vereins- fahrten berihtete der ftellveriretende Leiter des Fahrtenaus\{ufses Leutnant Geerdt.

Ueber eine am 27. Oktober ausgeführte, nicht normal verlaufene Des die am Zoten -See in Mecklenburg endigte, berichtete

err Schubert, daß fie von vornherein durch tief herab- bängende Wolken beeinträhtigt worden und der Ballon fast während der ganzen Zeit niht aus den Wolken berau2gekommen fei. Die Luftbewegung war gering, man hatte bei dem \chroffen Temperaturwechsel von 16° C. am Boden auf 0 und —2? C. in Höhen von 800 und 1200 m aber den Eindruck, wechselnden, ungewifsen Windrichtungen ausgeseßt zu sein, und ging des- balb nah 3 Stunden zur Erde. Leider hatten sich inzwischen die Wolken noch tiefer herabgesenkt, sodaß man die Erde oder rihtiger den Spiegel eines großen Sees erst gewahrte, als man nicht mehr imstande war, troß Auêwerfen vou 5 Sack Ballaft innerhalb 5 Minuten, sich aus dem Wasser, in das der Korb bereits eingetautt war, wieder zu erheben. Im Waffer neigte sich der Korb auf die Seite, eine Bordkante \{chôöpfte Wasser und die 4 Insafsen sahen \ih auf die gegenüberliegende angewiesen, gerieten dabei aber, wie der Berichterstatter sh ausdrüdckte, bis zum Portemonnaie auch ins Waffer. Zum Glück bewährte sid der noch freischwebende Ballon als Vehikel, um den s{wimmenden Korb nah dem Ufer hin zu ziehen. Hier an- elangt, begannen aber erst die Schwierigkeiten der Landung; denn der

allon brate den Korb niht mehr hoch, und es erfolute eine un- angenehme Sleiffahrt am Lande auf etwa 100 m. _ Dann lag der Ballon ill, eine Landung ohne Benußung des Scblepp- seils und ohne Ventilzug, die aber Anspru auf einiges Interesse er- heben darf, weil fie den Ballon als Retter aus Wafsersnot zeigt. Als ein, zweites Glück batten die durhnäßten Luftshiffer es zu be- grüßen, daß sich unter ihnen ein Arzt befand, defsen prompten bygie- nis&en Maßnahmen tüchtiger Dauerlauf alle Teilnehmer vor üblen, gefundheitlihen Folgen, sogar vor einem für unvermeidlich ge- haltenen Schnupfen, bewahrt haben. Nah Bergung des Ballons war man um 23 Uhr bereits wieder in Berlin. i

Es folgten noch geschäftlihe Mitteilungen. Viel Interefse er- regte die Mitteilung, daß für eine etwaige Wiederholung eines Ballonwettbewerbes bereits 12000 A zu Preisen zur Verfügung ges stellt seien. In welhem Grade das Interesse an der Aëronautik erwacht ist, davon legt u. a. auch die Ankündigung eines Preises von 200 000 Æ Zeugnis ab, den die Zeitung „Daily Mail“, wie aus- führliher mitgeteilt wurde, auf eine genau vorgezeihnete flugtehnishe Leistung ausgeseßt hat.

Preisausschreiben.

Der „St. Petersburger Herold“ vom 6. November / 24. Oktober d. I. Nr. 263 enthält folgende Bekanntmachung :

Vom allgemeinen Kongresse der Repräsentanten der russishen Eisenbahnen.

Bekanntmachung.

Auf die im September 1901 vom allgemeinen Kongrefse der Repräs sentanten der russishen Eisenbahnen erfolgten Bekanntmachungen sich berufend, behufs Preisausschreibung für Ausarbeitung der besten Projekte einer automatischen Kuppelungs- vorrichtung, und im Dezember 1903 über Einseßung mit Ge- nehmigung des Herrn Ministers der Wegekommunikationen einer besondern Kommission zur vorbereitenden Durchsicht dieser Projekte wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebraht, daß über die Er- gebnifse der Arbeiten benannter Kömmisfioïi dèr mît den Rechten einer beratenden Versammlung versehenen Spezialkommission der Ingenieure des Rollmaterials- und Traktionsdienstes Vortrag gehalten wurde, worauf dieselbe folgenden Beschluß faßte : :

1) Angesichts dessen, daß nit ein einziges der vorgestellten Pro- jekte über automatishe Waggonkuppelung allen Bedingungen der im September 1901 vom allgemeinen Kongresse der Repräsentanten der russishen Eisenbahnen bekannt gegebenen Preisausshreibungen ent- spricht, gelangen die Prämien die erste in Höhe von 5000 Rbl. und die zweite in Höhe von 3000 Rbl. niht zur Ausfolgung.

2) Bestätigend, daß das Projekt unter der Devise „L. B.* den Bedingungen der Preisausshreibung vor den anderen am meisten näher kommt, kann dem Schöpfer desselben, dem Ingenieur Bouareau, die dritte Prämie in Höhe von 1000 Rbl. zuerkannt werden.

Genannter Beschluß der Kommission ist im Mai 1906 vom Cl. allgemeinen Kongresse der Repräsentanten der rusfishen Eisenbahnen mit Festsezung der dritten Prämie in Höhe von 1000 Rbl. dem Ingenieur Bouareau begutahtet worden und hat jeßt die Be- stätigung des Herrn Ministers der Wegekommunikationen erbalten.

_ Nah der Beschlußfaffung desselben CI. allgemeinen Kongresses nimmt der Kongreß keinerlei Verpflichtung betreffs Uebersendung dur die Poft oder auf andere Weise von zur Preisaus\reibung vorgestellten Projekten oder Modellen auf sich, und sind die vorgestellten Projekte wie auch die zugehözigen Modelle durh die Schöpfer derselben persönlich oder von anderen mit s{riftli&er Vollmacht versehenen Berens vom allgemeinen Kongreß abzuholen in folgenden Terminen:

Lenne und Zeichnungen im Laufe eines Jahres und Modelle im Laufe von 6 Monaten vom Tage gegenwärtiger Bekanntmachung an

erechnet. Nach besagtem Termine werden dic benannten Projekte und

odelle vernihtet.

Ausftellungs8wesen.

__Der Deutsche Künstlerbund wird zu Anfang des nächsten Jahres in Verbindung mit dem Deutshen Buchgewerbeverein im Buchgewerbemuseum zu Leipzig seine ersie graphishe Aus- tellung veranstalten. Die Deteigung an ihr steht, wie es ja bei allen bisherigen Aen des Deutschen Künstlerbundes der Fall war, auch Künstlern frei, die noh nicht Mitglieder des Bundes sind. In den ersten Tagen des Januar wird eine Jury über die Aufnahme der Ein- sendungen entsheiden. Die Eröffnung der Ausftellung i auf den 19. Januar 1907, der Schluß auf den 15. April 1907 fest eseßt. Die beiden Ausstellungs\äle im Erdgeshoß des Deutschen MaSlowebe- hauses werden neu hergerihtet und mit neuem Gerät versehen. Eine Tis R der Ausítellung wird es sein, daß kein Eintrittsgeld er-

oben wird.

Land- und Forftwirtschaft.

Getreidehan del in Syrien und Palästina.

Der Kaiserlihe Generalkonsul in Beirut berichtet unterm 6. d. M.: Im Monat Oktober wurden aus dem Hafen »on Beirut 1267 t Weizen ausgeführt, davon 955 t nach Aegypten und 312 t nach Europa. Als Erzeugungsgebiet steht an erster Stelle die Um- gegend von Hama und der Hauran. In leßterem Distrikt war die diesjährige Ernte so günstig, daß noch große Mengen Weizen dort

aufgespeichert Tiegen und der Auéfuhr harren. Der größere Teil des Hauranweizens wurde auch im Berichtêsmonat über Haifa geleitet und von dort vorzuaëtweise nach Italien, Marseille und den Inseln des Archipels verschifft. Die Preise betrugen 17 Fr. für den Doppel- zentner frei an Bord.

An Gerste führte Beirut 300 t nach Aegypten und 822 t nah England aus. Gaza, der Hauptausfuhrhafen für Gerste, verlud 2600 t nach England. Die Zufubr aus dem Innern dauert an. Der Preis stellte sich auf 12 Fr. für den Doppelzentner frei an Bord.

Wirkung der Ernte in Ungarn im Jahre 1906 auf die Kaufkraft des Landes.

Die Ernte in Ungarn ergab: im Jahre 1905 im Jahre 1906 Doppelzentner 42 850 000 51 700 009 12 830 000 13 770 000 13 600 000 14 520 000 11 320 000 12 600 000 Mas. 23 880 000 40 700 000 Kartoffeln . . 45780 000 52 260 000.

Der erhebliche iets des Bodens im Jahre 1906 hat eine Steigerung der Kauffkraft des Landes zur Folge, deren Wirkungen nach einem im „Pester Lloyd“ veröffentlihten Aufsaß, wie folgt, zusammen- gefaßt werden können:

Die größere Menge, die an Feldfrühten im Vergleich mit dem Vorjahr im Jahre 1906 geerntet wurde, hat einen Wert von 355 Millionen Kronen. Mit Rücksicht auf den Rückgang der Preise stellt ih dagegen der Erlös aus Feldfrühten um 240 000 000 Kr. niedriger als im Vorjabre. Die Differenz von 115 000 C00 Kr. gibt den Mehbr- wert der diesjährigen Ernte an. Von der Preisverminderung nicht betroffen sind die von den Produzenten selbst verbrauhten Mengen und der Bedarf für Anbauzwecke. Scheidet man diese Posten aus, so kommt man zu dem Ergebnis, daß der Mehrwert der diesjährigen shäge mit der des Vorjahres verglihen auf 1909 000 000 Kr. zu schätzen ift.

Von der gesammten Anbauflähe entfallen 26 9/o auf den Grofßs grundbesiß, 199% auf den Mittelgrundbesiß zwishen 100 und 1000 Kataftraljoch und 55 9/9 auf den Kleingrundbesizg. Der Mehrerl58 verteilt sich demnach mit 49 Millionen Kronen auf den Großgrund- besiß, 36 Millionen Kronen auf den Mittelbesiß und 105 Millionen Kronen auf den Kleinbesig.

Grfahrung8gemäß verwendet der Großgrundbesißer je ein Viertel des Mehrerlôses aus der Ernte zu Invefltitionen und zum Erwerb von Immobilien, die Hälfte zur Tilgung von Schulden und zum Ankauf von Wertpapieren. Bei dem Mittelbesfißer if darauf zu rehnen, daß er 40%/% zur Schuldentilgung, 30°%/ zur Verbefserung der Wirtschaft, 209% zur befferen Lebenshaltung und 1009/9 zu Neuerwerbungen ausgibt. Bei dem Kleinbesizer entfallen auf Schuldentilgung und beffere Lebenshaltung je 409% und 20/9 auf Neuerwerbungen. l

Nach diesen Schäßungen kommen aus dem Uebershuß von 190 Millionen Kronen 81 Millionen Kronen der heimischen Geldwirts \chaft ¡ugute. Da 37 Millionen Kronen durch Verkäufe frei werden und etwa die s biervon wieder zu Kapitalanlagen verwandt wird, ftellt sich der Zuwachs zu geldmäßigen Anlegungen auf 100 Millionen Kronen. 72 Millionen beziehungêweise nah Abzug von 7 Millionen für bessere Ernährung 65 Millionen Kronen bleiben zu industrieller Betätigung zur Verfügung. Ein Mehr von 24 Millionen Kronen ist außerdem aus Tranéporteinnahmen zu erwarten. Aus diesen leßteren Summen dürften 80 Millionen entfallen auf Mehrbeftellungen in der Tertil-, Eisen-, Maschinen-, Bau- und Lederbranhe, 10 Millionen auf kleinere Industriezweige. (Nah einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Budapest.)

Handel und Gewerbe.

In der heutigen Sißung des Zentralausschusses der Reichsbank wurde zunächst die neue Wochenübersicht vorgetragen. Jm Anschluß daran bemerkte der Vorsißende, a des Reichsbankdirektoriuums, Wirklihe Geheime Rat

r. Koh, daß die Anspannung der Reichsbank noch immer eine ungewöhnlich große sei. Die Anlage mit 1261 Millionen übersteige diejenige aller vorangegangenen Jahre zu dieser Zeit; sie sei gegen 1905 noch um 154 Mill., gegen die knappen Jahre 1899 und 1898 bei gleihem Diskont sogar um 233 und 326 Mill. größer. Die besonders Parakteristishe Wechselanlage übersteige ebenfalls die jener Jahre um 194 bezw. um 194 und 294 Mill.; sie betrage jeßt 1143 Mill. Mark, während die Schaßanweisungen mit 60 Mill. Mark niedriger seien als in den leßten fünf Vorjahren. Der Goldvorrat sei um 50, der ganze Metallvorrat um 66 Mill. Fleiner als 1905, obschon stärker als 1899 und 1898. Der Metall- vorrat mit 809 Mill. decke die Noten im Betrage von 1349 Mill. Mark mit 60 Proz. Die niht in bar gedeckten Noten erreihten die Summe von 460 Mill. mehr als in allen Vorjahren am 23. November. Jndessen sei eine steuer- freie Notenreserve von 12 Mill. angesammelt, die freilih fleiner sei als in den leßten 6 Vorjahren. Die fremden Gelder mit 585 Mill. seien etwas reichlicher als in der Mehr- zahl der Vorjahre. Die auswärtigen Wechselkurse überschritten niht den Goldpunkt; es sei kein Gold ins Ausland geflossen; im Gegenteil zeige sich eine kleine Mehreinfuhr. Der Privat- diskont an der hiesigen Börse sei von 53/z auf 51/4 Proz. ge- fallen. Die Verhältnisse im Auslande erforderten weiter sorg- fältige Beobachtung. Eine Diskontveränderung sei für jeßt niht erforderlich. Der Zentralaus\chuß war hiermit ohne Widerspruch einverstanden, genehmigte auch die Zahlung der Abschlagsdividende von 13/4 Proz. für das zweite Halbjahr 1906 auf die Reichsbankanteile vom 15. Dezember d. J. ab.

an Weizen . Noggen . Gerste Hafer

(Weitere Nachrichten über „Handel und Gewerbe“ f. i. d. Dritten Beilage.)

Theater und Musik.

Kleines Theater.

Die erste Aufführung von Marim Gorkis Bühnenwerk eDie Feinde“ im Kleinen Theater fand am Sonnabend nur eine laue Aufnahme. Es gab eine kleine Gemeinde, die lebhaft Beifall flatshte; es gab aber auch lauten Widerspruch, und die Mehrzahl der Besucher verhielt sch gleichgültig. Wer im Theater ein wirkliches Drama erwartete, kam sicher niht auf seine Kosten; Gorki nennt seine Dichtung auch nur „Szenen“, der Ausdruck „Akte" steht in Klammern beigefügt. Der bis zum Ausbruch tödlicher Seite gesteigerte Gegensay zwishen Fabrikherren und

abrikarbeitern gibt dem Stück seinen Titel „Feinde“. Dies Thema hat Gerhart Hauptmann {on längst mit viel größerer Bühnen- ewandtheit und auch stärkerer dihterisher Kraft verwertet, als jeßt Gorki. Der russishe Verfasser begnügt sich mit breiten Gegen- ständlichkeitsshilderungen, denen jede dramatishe Wirkung ver- sagt bleibt; eine eigentlihe Handlung beschränkt fich auf die blutige Rachetat in der ersten Sjzene; daran \{ließ!n sié im zweiten Aufzuge halblaut geführte Gespräche, nappe Schilderungen von Seelenerlebnissen und Lebenserfahrungen; die legte Szezne bringt dann eine geschickt angelegte, wenn auch in ihren Gegensäßen kraß durhgefühcte Gerihtsfißzung. Zur Entwicklung dieser kargen Handlung bedurfte Gorki einer beträchtlichen Anzahl von Bühnengestalten; und in der scharf umrifsenen Zeichnung dieser zahl-