1906 / 287 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Dec 1906 18:00:01 GMT) scan diff

mit seinen Scheußlichkeiten is dem Kolonialamt schon seit einer Reihe von Jahren bekannt und es ist niht das geringste gesehen, um Dominik zur Verantwortung zu ztehen. Poeplau hat am 27. März 1904 den Reichskanzler auf den Fall Dominik hingewtesen und ihm mitgeteilt, daß dieser Shwarze in Kamerun dadurch bestrafe, daß er ihnen bei Tebendigem Leibe die Geschlechtsteile abschneiden ließ. Bis heute hat der Reichskanzler nit das geringste getan, um diesen Fall aufzuklären. Ich hatte also ganz recht, daß ih den Reichskanzler in erster Linie für die Dinge, die vertuscht worden find und die man unterdrückt hat, für verantwortlih erklärte. Der Fall Dominik war mir zu der Zeit, als Poeplau seine Anklageschrift eingereiht hatte, noh ar niht bekannt. ch erfuhr davon viel später wie der Reichs- anzler und das Kolonialamt selbst. Ein Gewährsmann von mir be- hauptet, daß alle diese Fälle auch dem Gouverneur v. Puttkamer ganz genau bekannt waren und daß er in keinem einzigen Falle die nötigen Schritte getan hat, um Remedur zu \chafffen. Dominik war 1904 noch in seiner Stellung im Kolonialdienst. Man hat verschiedene Fälle, wo schwere Amtsvergehen vorlagen, gar nicht untersuht, sondern die Beamten einfach aus dem Kolonialdienst entlassen, sie sind nah Hause zurückgekehrt und find die Treppe nicht herab-, sondern hinauf- efallen, statt mindestens mit einer langjährigen Zuchthaus- Male exemplarisch bestraft zu werden. Das muß demoralisierend auf die ganzen Beamten in den Kolonien einwirken, muß fe in ihrem Nießscheshen Uebermenshentum bestärken, wenn sie ehen und hören, daß ihnen sogar die \{chwersten Verbrechen ungestraft hingehen. Es muß aber auch Entrüstung unter den Ein- geborenen hervorrufen. Welches Aufsehen erregte nicht die Ver- urteilung der Akwaleute wegen Mas Beleidigung zu sech8 bis neun Jahren Gefängnis! Jett ist ein neuer Richter hinübergeschickt worden und die Akwaleute sind bis zu 15 Jahren verurteilt worden. Bei uns wird wegen Beleidigung im höchsten Falle bis zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Kolonialdirektor sprach gestern von Kin- dern, Narren, Raubttieren. Kinder haben jedenfalls ein feines Gefühl für Recht und Gerechtigkeit und dasselbe Rechtsgefühl ist auch bei diesen Wilden vorhanden. Narren kann man fie el keinen Fall nennen. Es befinden sich unter diesen Wilden und Halbwilden nicht mehr Verrückte als wie in Deutschland. Es ist vielleicht einer der Milderungs8gründe für unsere Kolonialhelden, daß sie vielleicht zu einem erheblichen Teil verrückt find. Db die erwähnte Untersuhungskommission geeignet ist, die Schuldigen in nahdrücklicher und unparteiisher Weise zur Strafe zu ziehen, mag dahingestellt bleiben. Der Fall mit den Akroaleuten hat mir aller- dings den Glauben an die rihterlihe Unparteilihkeit in unseren Kolonien von Grund aus verleidet. Ich habe das allergrößte Miß- trauen gegen alles, was offiziell heißt. Wir haben alle Ursache, jeder Vertushung, jeder Cliquenwirtshaft und Kamarilla entgegen- zutreten. Der Reichskanzler hat neulich gemeint, Kamarilla sei ein Fremdwort, eine bôse Pest. Ih meine, Kamarilla ist überall, wo das persönliche Regiment herrscht. Es ist sogar der noiwendige Aus- fluß des persönliGen Regiments. Wenn es von hochgestellten Personen, von der Allerhöchsten Stelle abhängt, ob jemand zu Ehren, Würden, Belohnungen, Stellungen, Vermögen komme, dann ist es ganz selbstverständlih, daß alles um die Gunst dieses Mächtigen buhlt. Jeder sucht möglih\st viel von der Beute zu erhashen und in dem Kampf um die Beute kommen die niedrigsten und gemeinsten Leidenschaften der mensch- lihen Natur zum Durchbruch. Das ist auch durch die Memoiren des Fürsten Hohenlohe bekannt geworden. Der Redner zitiert verschiedene Stellen daraus, z. B. diejenigen, die sfich auf das Verhältnis der Militärpartei zu Caprivi, auf das Verhältnis des Fürsten Bismark zum Kronprinzen, auf das Verhältnis des jeßigen Kaisers zum Fürsten pen Bismark beziehen. Er bemerkt dazu in einer Zwischen- Ras man bilde ih an entscheidender Stelle ein, daß man alles könne, alles schieben könne, daß man gar niht merke, wie man ge- schoben werde. Als der Redner fich in diese Memoiren weiter vertieft, unterbricht ihn der Vizepräsident Stolberg mit dem Ersuchen, mit dieser Verlesung aufzuhören, nahdem er dem Redner einen weiten Spiel- raum gelassen habe. Ich habe aus den Memoiren Hohenlohes bes weisen wollen, ah eine Kamarilla immer bestanden hat. Die Mit- teilungen des Fürsten Hohenlohe zeigen, wie bei uns regiert wird, und daß es seit dem Weggange Hohenlohes nicht anders geworden ift, darüber kann kein Zweifel sein. Der Abg. Dr. Arendt leitete seine Rede gestern mit den {chönen Worten ein: „Abscheu und die Ab- wehr von Unmens(hlichkeiten sei nicht die Sathe einer Partei.“ Aber er hat gestern die größten Unmenschlihkeiten vertetidigt. Sie, Herr Arendt, sind in die Kolonien gegangen, um Studien zu machen, und sind zurückgekommen und haben von all den Scheußlichkeiten nichts gesehen und gehört. Man hat Ste nur hingeführt, wo man Sie haben wollte. Man hat alles fein säuberlich gemaht und da sind die Herren aus dem Staunen gar nicht herausgekommen, wie {öôn unsere Kolonien nd, Ob in der Peters-Angelegenheit ein Ort oder ein nebensächlicher

ame fals genannt ist, ist an und für sich vollständig gleichgültig. Es kommt darauf an, was der Geriht8hof als erwiesen angesehen hat. Wenn hohe Herren vor den Gerichtshof kommen, können fie immer auf glimpflihe Behandlung rehnen. Ich bin sogar der Meinung, daß das famose Institut des öffentlihen Anklägers nur eingeführt ist, damit der Staatsanwalt jeden Prozeß, der seiner vorgeseßten Behörde unbequem ist, unterdrücken kann. Wenn aber ganz im Gegensaß zu diefem sonstigen Verfahren einmal ein Gerichtshof sich findet, der gewisser- maßen ein weißer Sperling ist, dann sage ih höchstens: so sollten es alle mahen, dann wäre das Vertrauen zu unserer Justiz größer. Vor Gericht ist festgestellt, daß Peters die {chwarzen Mädchen in der fürchterlihsten Weise hat mißhandeln lassen, wozu er, wie der Gerichtshof erklärt hat, kein Recht besaß, und zwar mit der Nilpferd- peitshe, einem Instrument, das noch viel schlimmer is als der Prügel, den Herr Noeren gestern hier vorgezeigt hat. Er hat sie {lagen lassen, bis sie nur noch wimmern konnten. Herr Arendt, das ist eine Scheußlichkeit, das is eine Gemeinheit! Ein Mann, der die Stirn hat, eine solhe Scheußlichkeit und Ge- meinheit auch nur irgendwie verteidigen zu wollen, für den hege ih Gefühle, die mir der parlamentarische Anstand auszusprechen verbietet, Gs ist ferner vom Gerichtshof festgestellt, daß das eine der Mädchen, mit dem Peters nah seinem eigenen Geständnis in Verkehr stand, von ihm mit ganz besonderer Rache verfolgt ist. Er hat die Prozedur des Schlagens von neuem vornehmen lassen, als die alten Wunden noch nicht geheilt waren; es war fo arg, daß der schwarze Unter- offizier, der mehr Erbarmen hatte, wie der Christ Dr. Peters, erklärte, er fönne diese Prügelei nicht mehr vollziehen. Der Gerichtshof er- klärte, daß auch nicht die allergeringste Ursache zu solhen Miß- handlungen vorgelegen hat, aber Ste, Herr Dr. Arendt, haben gestern versucht, das mindestens zu rechtfertigen. Gegen die in so unmensch- licher Weise mißhandelten Gezüchtigten hat Peters die Farce etnes Krieg8gerichts inszeniert ; dies hat den Beschluß gefaßt, das Mädchen zu hängen, ein Beschluß, der au ausgeführt wurde. Das ist eine weitere Scheußlichkeit. Auch den Mabruk, den Peters im Verdacht hatte, daß er ebenfalls mit dem Mädchen in Verkehr stand, hat er hängen lassen. Wer diese Dinge verteidigt, steht auf einem moralischen Standpunkt, der viel tiefer ist als derjenige des Dr. Peters. Peters war der Herrscher, der große Herr, er glaubte, in Afrika mit den Etingeborer.en verfahren zu können, wie er wollte. Wer aber zu wiederholten Malen, wie Herr Arendt, aufgetreten is und Peters zu rechtfertigen suchte, für den gibt es keine Entshuldigung, keine Verzeihung mehr, und wenn Sie, Herr Dr. Arendt, an eine Hölle glauben, \o müssen Sie zehntausend Jahre darin \{chmachten. Und die für diesen Menschen eintreten, das find die. Vertreter, die Siüten der Monarchie und Ordnung. Saubere Stützen der Monarchie und Ordnung! Und die Sorte regiert heute in Deutschland.

Vizepräsident Graf zu Meg, Sie haben mit Bezug auf den Abg. Dr. Arendt den Ausdruck gebrauht „die Sorte“. Das ift niht zulässig. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Jch bitte um etwas Ruhe.

Nbg. Bebel (fortfahrend): Weiter ist vom Gerichtshof festgestellt, daß Peters sich des allerschwersten Disziplinarvergehens \{chuldig gemaht hat, indem er über diese skandalösen Vorgänge unwahre Berichte an den Gouverneur von Ostafrika gerichtet hat, daß er

sogar die Tatsache der Hinrichtung vershwiegen hat, und da hat Dr. Arendt wieder die große Kühnheit gehabt, hier zu behaupten, die Tatsache, daß Peters strafrechtlich niht verfolgt sei, beweise ja, daß ‘diese Schandtaten nicht so s{chwer beurteilt werden könnten; das deutsche Strafgeseßbbuch habe ja in Ostafrika Anwendung finden können. 1 ersten Male vertreten hat, habe ih 1896 in der großen dreitägigen Peters- Debatte wiederholt vertreten. Ich habe damals mit großer Energie von dem Kolonialdirektor Dr. Kayser kategorisch gefordert, daß der Mann vor den Strafrichter, daß er mindestens mit der höchsten Zucht- hausftrafe belegt werden müsse. Da hat man vom S auf ein Gutachten des damaligen g Justizministers Bezug ge- nommen, wonach das niht möglih sei. Man hat sich dabei auf den § 4 St.-G..B. bezogen, worin es heißt, wegen der im Auslande be- angenen Verbrehen und Vergehen findet in der Regel keine Ver- olgung statt. In demselben § 4 heißt es aber später: „Nach den Stragelens des Deutschen Reiches kann verfolgt werden ein Deutscher, der im Auslande eine Handlung begangen hat, die nah den Gesezen des Deutschen Reiches als erbrehen oder Ver- gehen anzusehen oder durch die Geseze des Orts, an welhem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist.“ Nun erklärten die Vertreter des Justizministertums, daß Ostafrika damals noch niht zum Deutshen Neih gehört und das Strafgesehz- bu dort keine Gültigkt¿it gehabt habe. So ist die Rechtslage. Sonst wäre man damals gegen Peters vorgegangen. So stehen in Wahrheit die Dinge nicht, wie Sie sie darzulegen für gut befanden. Mag die ganze Welt erzeugt sein, daß der Mann bestraft werden muß wenn der Justizminister die Ueberzeugung hat, daß das Gejeß nicht angewendet werden kann, dann können wir nihts dagegen tun! Das sind unsere Kulturzustände! Unter den Fällen, die gestern Herr Roeren hier vortrug, war einer, der - ganz besonderen Abscheu erregte ; es war nämlih ein armer Schwarzer überritten und dann im Sonnenbrand liegen gelassen worden. Ach, da hat Herr Peters ganz anders gehandelt. Herr Peters war, wie ih {hon an- deutete, auch der Führer der deutschen Emin Pascha-Expedition. Ein armer Träger, der erschöpft war, wurde von ihm liegen gelassen und den hungrigen Bestien, die der Karawane folgten, zum Fraße übergeben. Hätte er wenigstens den Leiden dieses Glenden durch eine Kugel ein Ende machen lassen! Aehnlihe Scheußlichkeiten hat er noch zahlreih auf dem Gewissen. Da ist es denn doch ein ganz besonders starkes Stück, daß sich im Deutschen Neichstage 34 Abgeordnete ge- funden haben, die ein Gesuch um Begnadigung unterschrieben, und daß nes der höchste Beamte des Neichs bewogen gefunden hat, diese Petition zu unterstüßen. Auch diese 34 sind Stüßen des Staates, der gesell- \chaftlihen Ordnung, der Ehe, des Eigentums, der Religion , der Atlas, auf dem der Staat ruht. Ste, Herr Arendt, als Atlas, na Nett a eiterkeit links). Lediglih durch die ewigen Gewaltmaßregeln hat Peters das Land am Kilimandscharo zum Schauplatze eines Krieges gemacht, wie der Leutnant Wels, der dort vor Peters war, ihm öffentlich nachsagte, und zwar niht, weil die Notwendigkeit Herrn Peters dazu zwang, fondern weil Herr Dr. Peters Taten brauchte, damit sein Name in Europa niht vergessen würde. Der Versuh, das Zeugnis des Herrn Generalkonsuls Baumann zu entkräften, ist heute nicht aus}/ihts- voller als früher ; Ser Baumann hat noch lange Jahre nachher gelebt und eine Geisteskrankheit is erst kurz vor seinem Ende aufgetreten. Damit dürfte der Fall Peters wohl end- gültig abgetan sein. Wenn nicht, dann dürfte Herr Dr. Arendt jener Krankheit verfallen sein, die die Engländer moral insanit nennen. Ih wiederhole meine Frage, wie es mit der Parole „Pardon wird nicht gegeben“ gegenüber den südwestafrikanishen Ein- geborenen steht. Die Wuqherpreise für alle Lebensbedürfnisse konnte man von Verwaltungs wegen verhindern; man hat es nicht getan. Die Bahn von Swakopmund nah Windhuk is mit {weren Kosten vom Deutschen Reich gebaut worden; jeßt müssen wir hören, daß die Linie im Ernstfalle vollständig versagt hat. Der Gouverneur y. Bennigsen hat ja seinerzeit direkt erklärt, der Aufstand sei für die Kolonie ein wahres Glüdck gewesen, weil die Kolonie vorher dicht vor dem Bankrott stand. Hört die jeßige Geldplethora auf, so droht ihr abermals der Bankrott. Einem fsolhen System können wir keine Mittel bewilligen. Das Zentrum hat es bisher getan; nachdem diese beispiellosen Skandale aufgedéckt sind, dürfen Sie es auh niht mehr. Fhre Wähler haben jeßt gehört, wie die Dinge stehen, handeln Sie, wie Sie glauben, handeln zu müssen.

Bundeskommissar Oberstleutnant Quade: Der Abg. Bebel hat ausgeführt, daß das Material gegen den damaligen Oberleutnant, jeßigen Hauptmann Dominik bereits 1904 dem Reichskanzler von Herrn Arg egeben wäre, ohne daß irgend etwas in der An- gelegenheit veranlaßt worden wäre. Die Darstellung dieses Sahh- verhalts trifft nicht zu. Gegen Oberleutnant Dominik kamen im August 1902 dur die“ Kaiserlißhe Botschaft in London von englisher Seite erhobene Beschuldigungen über Grausam- keiten in der Kriegführung, derselbe habe Verstümmelungen an Leichen der Feinde vornehmen lassen, um die Zahl der Toten festzustellen. Es ift damals unmittelbar darauf, am 8. September 1902, seitens des Herrn Reichskanzlers folgender Erlaß ‘an den Gouverneur von Kamerun ergangen: „Euer Hohwohlgeboren übersende ih anliegend abschriftli*ß einen Bericht der Kaiserlich deutshen Botschaft in London vom 10. August nebst Anlagen mit dem Ersuchen, dem Oberleutnant Dominik durch Weisungen, die ohne Verzug und wenn möglih auf kürzestem Wege an ihn abzusenden sind, die An- ordnung zukommen zu lassen, sich im Verkehr mit Eingeborenen keine geseßwidrigen Handlungen und Grausamkeiten zu Schulden kommen zu lassen, sich auch bei erforderlichen kriegerishen Expeditionen aller mit der Kriegführung zivilisierter Völker unvereinbaren Sitten und Gewohnheiten, wie der Verstümmelung von Leichen, zu enthalten. Dominik ist über die Anschuldigungen zu hören und ihm aufzutragen, baldtunlih darüber zu berihten. Sollte 1s die Notwendigkeit eines strafrechtlihen Einschreitens ergeben, fo ist die Angelegenheit dem zuständigen Gerichtsherrn siehe die Allerhöchste Ver- ordnung, betreffend die Strafverfolgung gegen Militärpersonen der Schußtruppen zu übermitteln. Gleichzeitig weise ih auf meinen Erlaß vom 28. Mai 1902 hin, worin ich tunlich#t die Schonung von Menschenleben in den Kämpfen gegen Eingeborene zur Pflicht mache. Eine Abschrift dieses Erlasses ift, soweit es noch niht geschehen ist, an den Oberleutnant Dominik zu überscnden. Sollten sih entsprechend den Mitteilungen aus englischer Quelle in der dortigen Kriegführung gegen Eingeborene Sitten und Gewohn- heiten eingeshlihen haben, die mit der Kriegführung eines zivilisierten Staates unvereinbar find, so erwarte ih von dem Kom- mando der Schußtruppen, daß es alles daran seßen wird, einem folhen unerträglihen Zustand der Dinge in gründlicher und nachhaltiger Weise entgegenzutreten. Ih sehe einem Bericht über den Spezialfall baldmöglichst entgegen. gez. Der Reichskanzler Die Ermittelungen haben dann ergeben, daß der Befehl zum Abshneiden von Gliedmaßen weder von dem Oberleutnant Dominik noch von font jemand gegeben war, daß diese Bar- barei au „in offenen Gefehten niemals vorgekommen ist. Aber bei den Kämpfen, die damals mit al A artnäckigkeit und Er- bitterung ausgefohten wurden, und da der Feind ein Gegner war, der die Bedingungen des Völkerrehtes niht anerkannte, sondern nah Art der Kannibalen kämpfte, welhe die Feinde niht nur verzehrten, sondern vorher Tage lang martern, so kann es sein, daß eingeborene Soldaten, wo sie niht vollkommen überwacht werden konnten, au ihrerseits Grausamkeiten begangen haben. Der Oberleutnant Dominik hat am 18. Juli 1903 ausführlich sih zur Sache geäußert und es ift feine Veranlassung gewesen zu einem strafrechtlihen Einschreiten. Es ist aber erneut von dem Reichskanzler Gelegenheit genommen worden, in unzweideutiger Weise auf die einer zivilisierten Nation allein würdige Sitte der Kriegführung hinzuweisen, und er hat einen Erlaß an die Gouverneure O worin er die Verstümmelung der Feinde noch einmal aufs strengste verbietet, Dem Ober- leutnant Dominik is troßdem unter dem 8. Juli 1903 eröffnet worden, daß ihm nicht der Vorwurf zu ersparen sei, daß er nicht durch geeignete Maßnahmen und Befehle bar-

Diese Anschauung, die er gestern hier zum

Ae Gebräuchen in der Kriegführung vorgebeugt hätte. Dieser ganze Fall Dominik is 1905 auf Anfrage des A0. ANG ey ers Pen, Ms M as Ausf ai gegen- wärtig vorgebrachten ns{huldigungen e usfezung von 62 Kindern in den M Bezüglich dieses Punktes wird die Untersuhung das Weitere ergeben. Der Abg. Bebel hat

‘ferner gegen den De Scheunemann Anschuldigungen vor-

gebracht. Dieser Fall is bisher niemals zur Anzeige gekommen und wird Gegenstand der Untersuchung bilden. Der augenblicklich in Berlin anwesende Hauptmann Scheunemann bestreitet iv allen Punkten diese Vorkommnisse. Der Fall des Oberleutnants von Campy, der drei gefangene Straßenräuber, nahdem er sie völlig zu Recht zum Tode verurteilt hatte, durch das 3,7-Zentimeter-Geschüß hat er- \chießen lassen, liegt nah dem gehörten Zeugen so, daß er damals den {hon im Felde stehenden Truppen als Kommandeur nahrückte und nur ganz wenig Begleitung. hatte, die aus\hließlich aus Rekruten bestand, denen er nicht zutrauen konnte, daß sie die Todesstrafe durch Erscießen in gewandter Weise vollziehen würden. Infolgedessen hat er rihtig zu handeln geglaubt, wenn er auf 10 Meter Entfernung dem Geshüß gegenüber die Leute an einen Baum binden ließ und das Geshüß gegen den Baum richtete. Auf diese Weise is die Strafe vollstreckt worden. Auch dieser Fall bildet den Gegenstand

neuer Untersuchung. i

Abg. Erzberger (Zentr.): Die sogenannte liberale Prefse hat mich des Diebstahls bezichtigt. Um mich zu reinigen, habe ih mein Material dem Untersuhungsrichter zugänglich gemacht. Darüber wird noch weiter zu \prehen sein. Weder das Lob des Abg. Bebel, noch des Reichskanzlers werden mih von meinen Wegen abbringen. Ueberrasht haben die gestrigen Ausführungen des Kolonialdirektors, Der Abg. Bebel hat estern gesagt, ih hâtte dem Reichskanzler Rosen und Myrrhen gestreut. Herr Bebel kennt die biblishe Geschichte \{lecht. Myrrhen bekommt doch nur ein toter Leichnam. Ich habe nichts zurückzunehmen: ich halte den Kolontaldirektor auch nah feinen gestrigen Ausführungen für einen intelligenten Mann. Er hat aker über vershiedenes geschwiegen, namentlich über die Art der Verhängung der Prügelstrafe. Wie denkt er sich in Zukunft den Strafvollzug? Alle die Scheußlichkeiten werden immer wiederkehren, wenn die Verordnung über die Verhängung der Dis- ziplinarstrafen fortbesteht, wonach die Prügelstrafe auch wegen Dis- ziplinarvergehen durch untergeordnete Organe vollzogen werden kann. Im Interesse der Kultur und des Christentums müßte der ganze Reichstag die Aufhebung jener Verordnung verlangen. Früher erklärte Regierungskommissar Rose, man könne ohne Prügelstrafe in den Kolonien gegenüber den Schwarzen niht auskommen. Der Kolonial- direktor hat den Streitpunkt geshickt vershoben und sich als guter Diplomat gezeigt und auf Vorgänge in Deutschland hingewiesen. Man hat den Abg. Roeren doch nur angegriffen, weil er die Ver- \{uldung in den Kolonien zur Sprache gebracht hat. Jch kann be- stätigen, daß die Fraktion von den von Herrn Roeren erwähnten Verhandlungen mit dem Reichskanzler und dem Kolonialamt keine Kenntnis gehabt hat. Wir haben darüber niht mit Herrn Roeren esprohen. Neu war für uns, daß man über solhe Verhandlungen ein Protokoll aufnahm, sondern daß \sich Beamte darüber Auf- zeihnungen maten. Man muß fich bestimmt dagegen aus- \prehen ih tue das im Namen meiner Fraktion! —, daß solche Aufzeihnungen als Aktenmaterial hier im Reichstage verwertet werden, wenn solche Aufzeihnungen dem Betreffenden niht einmal vorgelegt worden sind. Wir werden uns in Zukunft wohl hüten, die Kolonialabteilung wieder zu betreten, sondern werden diese Dinge nur hier im Reichstage vorbringen, wenn es so in Zukunft weiter geht. Der Kolontaldirektor hat gesagt, die erwähnte Aussage des Abg. Roeren sei während einer eidlihen Vernehmung gefallen. Es herrscht überall der Eindruck, daß jener Pafsus in jener etdlihen Vernehmung selbst gebraucht sei. Das ist aber tatsählih unrihtig. In dem, was der Abg. Roeren beschworen und unterzeichnet hat, findet fih davon niht das geringste. Die Aeußerung ist von zwei Kolontialbeamten in einem Nachberichte den Kolonialakten beigelegt worden. Ich bin fest überzeugt, daß der Kolonialdirektor bei rubiger Ueberlegung ih überzeugt, daß es nicht statthaft war, diese Waffe hier im Reichs- tage gegen NRoeren zu verwenden Hat Herr Noeren eine s{chlechte Sache wegen Togo vertreten ? Der frühere Direktor Stuebel hat ihm mitgeteilt, das er bestrebt sei, der {wer gekränkten Mission Ge- nugtuung zu verschaffen. Der Jurist Noeren brauchte keine Belehrung von dem Kolonial direktor Dernburg anzunehmen. Stuebel schrieb Roeren, er möge auf Wistuba einwirken, damit er sih beruhige. Alles, was der Kolonialdirektor von einer Nebenregterung logte, ist entstanden aus dem Briefe des Kolonialdirektors Stuebel. Roeren verdient ja keine Vorwürfe, wenn er sich bestrebt hat, einen friedlihen Ausgleich herbeizuführen. Roeren hat die Sache zur Sprache gebracht, weil seitens der Kolonialverwaltung die von thr gemachten Zusicherungen nicht gehalten wurden. Jch habe niht die Empfindung gehabt, daß Noeren uns {wer bloßgestellt habe, wie der jeßige Direktor meinte, sondern der jeßige Gesandte in Christiania, der frühere Kolonialdirektor Stuebel, ist dur die Rede des Kolonialdirektors Dernburg weit mehr bloßgestelt worden als dadurch, daß er die Geburt eines Kaiser- enkels vershlafen hat. Das Abkommen in Togo is ein Be- weis, daß manches faul in Togo war. Wenn Herr Roeren die Bestrafung der schuldigen Beamten verlangt, so trifft ihn doch kein Vorwurf. Das Abkommen ist der beste Beweis, daß man diese“ Dinge der Oeffentlichkeit entzogen hat. Der Kolonialdirektor machte dem Abg. Roeren den Vorwurf, er habe vertusht. Das ist ganz unverständlich ; der Abg. Noeren hat doch geredet im Kolonialamt! Und dieses Syftem des neuen Kolonital- direktors würde ja auch gestatten, daß er mir, der ih ihm jeßt meine Beschwerden übergeben habe, nah 2 Jahren den Vorwurf machen wird, ih hätte {hon 1906 von den Dingen gewußt, aber nihts geredet. Ih hoffe demnach, der neue Kolonialdirektor wird seine Anschauungen noch revidieren und dem Abg. Noeren ret geben. Der neue Kolonialdirektor meint, er habe keine Vergangenheit, womit er jede Verantwortung ablehnen will. So leiht darf er fih die Sathe doch niht machen; er darf niht handeln nah dem Schema : Nicht sollst du mi befragen, noch Wissens Sorge tragen, woher ih kam der Fahrt, wie mein Name und Art! Gründlih muß aufgeräumt werden, das allein bietet Gewähr für eine bessere Zukunft. Ewig können wir uns do nicht mit diesen Dingen herum- shlagen. Wäre hon im Sommer eine Untersuhungskommission etn- geseßt worden, so hätten wir diese Aergernisse nicht. Schon im Winter 1905 ging der Kollege Gröber zu dem Kolonialdirektor Prinzen zu Hohenlohe und érsudte ihn um Einseßung einer Kommission, der ih all mein Material unterbreiten würde. Der Direktor erwiderte, seine Geheimräte versiherten ihm, es set alles in bester Ordnung. Und dabei wußte er noh gar niht einmal, was ih für Material hatte. Dem Wunsche des neuen Herrn, mein Be- \chwerdematertal ihm zu bezeichnen, bin ih gern nahgekommen; nur |o werden wir vorwärts kommen. Auch der Fall Peters kann nur durch Einsicht in das gesamte Aktenmaterial zur Ruhe gebraht werden. Im Falle Poeplau follte dasselbe geschehen, zumal nachdem der Kanzler demselben so große Bedeutung beigelegt hat. Nach meiner Ansicht ist Poeplau zu Unrecht verurteilt worden, troß des Urteils zweier Disziplinarhöfe. Es ist das {önste Vorrecht, aber auch die ae Pflicht des Abgeordneten, auf die Sühne eines Unrechts hinzu- wirken. In diesem Falle muß das Unrecht tunlihst bald gesühnt werden. Wie sind nun die teilweise vertraulichen Schriftstücke der Missionen in die Akten gekommen? Sie sind durch Beschlagnahme in Togo in die Hände der Gerichte gekommen; und heute befinden sie sh in den Händen der Verwaltung! Da sieht man, wie abhängig die Kolonialgerihte von der Verwaltung sind! Ist mir doch übrigens sogar mit meinem beschlagnahmten Material hier in Berlin passiert, daß es sich 2 Tage in den Händen der Kolonialabteilung befand, wo man sogar auf meinem Material Notizen gemacht hat.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

} erweisen,

daß kein Anhaltspunkt vorhanden sei, dem Dr. Kersting, Ï tühtiger Beamter sei, Dinge vorzuwerfen, die niht in dem Material, Î das über ihn vorliegt, enthalten sind. Es ist mir eine Genugtuung Ÿ mitzuteilen, daß nach einer aus Lome eingegangenen Depesche drei shwarze Ÿ Zeugen vernommen sind, deren Ausfagen absolut negativ ausgefallen find. N Von den zehn Augenzeugen sind bis jeßt aht vernommen und keiner E hat etwas bestätigen können.

Î anderen Falle hat sich das kritishe Alter des

| als erwiesen nicht gelten können.

Ï werden

} verwaltung

zum | M 287.

(S{&luß aus der Ersten Beilage.)

i arten, daß der Gerechtigkeit freier Lauf gelassen werde und O eiwa La irgendwelher Art von irgendwelher Seite stattfinde. In den Akten, auf die der Kolonialdirektor so großen Mert legt, stehen do sehr viele Dinge nicht; andere stehen darin, die deshalb noch lange nicht wahr zu sein brauchen. So einseitige Niederschristen, wie die von Beamten der Kolonialabteilung, sollten nie und nimmer wieder im Reichstag als Material gegen Abgeordnete jebraucht werden. Auch ich wünsche niht, daß die Missionen vom Reiche direkt unterstüßt werden, das fällt uns nicht ein. Es findet ih im Etat auch nichts Derartiges. Wenn sie aber Beiträge belommen aus den Fonds zur Verbreitung der deutshen Sprache und ähnlichen, so wird do wohl avch der Abg. Dr. Müller - Meiningen nichts dagegen haben. Schon 1886 haben wir für die Neligionsfreiheit in den Schußgebieten plädiert, und 1903 ist fie in das Gesey auf- genommen worden ; mehr verlangen wir nit. Ueber die Vorgänge bei der Pensionierung des Geheimrats Hellwig hat sich Herr Bebel hier ausgelassen und dabei auf mich berufen. Im Mai kam, nach- dem ih in der Budgetkommission über den Abgang des Geheimrats mich geäußert, Herr Hellwig zu mir und wollte mih über die Gründe seiner Pensionierung aufkfläcen. Der MNeichskanzler wolle den Freunden von Peters Dr. Arendt und von Kardorff einen Gefallen deshalb sollte er um. seine Penfionierung einkommen. Er sagte mir, er kônne arbeiten, müsse auch arbeiten, und den Nebenverdienst bei der Firma Lenz habe ihm der ver- storbene Staatssekretär von Richthofen verschafft. Der Abg. Bebel hat nun wiederholt das Zentrum heftig angegriffen. Meiß denn Herr Bebel, ob und wie weit die Missionen ihre Beschwerden bei der Kolonialabteilung selbst angebracht haben ? Mir halten uns erst verpflichtet, einzutreten, wenn der sogenannte politische Instanzenzug erschöpft ist, Herr Bebel müßte aber doch auch die stärkste Schußgarde für die Missionen fein. Non wem werden denn die Missionen am \ckchärfsten angegriffen ? Bon denen, die gestern im Hause und auf den Tribünen dem Kolonial- direktor den stärksten Beifall gespendet haben. Der Abg. Roeren hat dem Kolonialdirektor nit sein Mißtrauen ausge|prochen ; es sind nur sharfe Worte gefallen. Ich habe immer gefunden, daß, wenn man den Menschen Vertrauen entgegenbringt, diese au Vertrauen

haben. Hat Herr Bebel zu dem Rabbinersohn Morres mehr Ver-

trauen, als zu dem neuen Kolonialdirektor? Warum follen wir nicht unsere Genugtuung darüber aus\prechen, daß unseren Wünschen bezüglich der Löfung des Tippelskirh-Vertrages entsprochen ist ? Warum freuen Sie sich nicht darüber, wenn endlih der Anfang gemacht wird, daß auf diesem Gebiet uns entgegengekommen ist? Sie (zu den Soztal-

Î demokraten) dürfen doh nicht so. tun, als ob gar fein Erfolg erzielt

worden sei. Herr Bebel verwechselt uns mit der sozialdemokratishen Partei in Hessen und Baden, wenn er uns vorwarf, daß wir zur Hälfte Oppositionspartei, zur Hälfte par seien. Wir sind nihts weiter als eine unabhängige christliche Volkspartei. Meine politishen Freunde haben unsere Mit- wirkung für die Kolonien abhängig gemahcht von der Förderung der Kultur und des Christentums und von der Beaufsichtigung der Neichsfinanzen. Wir haben bereits die vierte Milliarde Schulden. Wir müssen auf eine Verminderung der Schußtruppen mit aller Energie hinwirken. Das Deuts@he Reich kann es niht auf die Dauer ertragen, 10 000 oder 8000 Man in den Kolonien zu lassen wegen 3C0 Hottentotten. Der Verwaltung muß aber Zeit gelassen werden, ihr Material zu sichten, und wir hoffen, daß es der Unter- suhungskommission und der Mitarbeit des Reichstags möglich sein wird, eine Besserung in den Kolonien herbeizuführen. Stellvertretender Direktor der Kolonialabteilung des Aus- wärtigen Amts, Wirklicher Gehelmer Rat Dernburg: Bei der sehr vorgerückten Zeit möchte ih mich auf einige Richtigstellungen be- {hränken. Ih möchte zunächst dem Abg. Müller-Meiningen versichern, daß die eingeseßte Kommission in bezug auf das Aktenmaterial nah feiner Richtung hin beschränkt ist, im Gegenteil, sie hat von mir weiter feine Instruktion bekommen, als die Sachen funditus zu untersuhen und alle Akten, die in der Kolonialabteilung und im Auswärtigen Amt vorhanden sind, zu prüfen. Danach wird verfahren werden. Ueber den Fall Raffel bin ich nicht genügend informiert, ih hoffe aber, darauf zurückommen zu können. er Abg. Erzberger hat bemerkt, daß ih auf die von seinem Fraktionsgenofsen Noeren er- wähnten Mißhandlungsfälle niht eingegangen fei, und daß daraus vielleiht der Schluß gezogen werden könnte, daß ih diese Dinge als wahr unterstelle. Jh bin allerdings eingegangen, und zwar sehr ausführlich auf den Fall des Dr. Kersting, indem ih gesagt E er ein

Negierungspartei

Vorbehaltlih der noch ausstehenden Aussagen eines Schwarzen und eines weißen Zeugen ist im großen

S und ganzen bekundet, S die Anschuldigungen gegen Kersting nicht } aufrecht zu Ï meiner Beamten rehabilitiert wird. E Warnung sein für diejenigen, die solhe Anklagen vorbringen und Y verbreiten, in ) Bezirksleiter Schmidt ist N die Prügelaffäre, die Herr Ÿ Herr Schmidt ist niht etwa aus seinem Amt entfernt, sondern auf Y seinen Wuns ausgeschieden. N es sih mit den Verfehlungen | stü über Schmidt heißt es: Kolonialdienst als tüchtiger und energischer Beamter J seinen Bezirk gut bewirtshaftet und verwaltet hat. } Assessor, sondern Landwirt. | 4 Kolonialverwaltung nicht entsprochen werden konnte, aus seinem Amte } ausgeschieden.

erhalten sind. Ich freue mich immer, wenn einer Es sollte das aber au eine Zukunft doch etwas vorsichtiger zu sein. Dem allerhand vorgeworfen worden, auch Noeren so drastisch geschildert hat.

Ih kann aktenmäßig feststellen, wie bisher verhält. In einem Schrift- Schmidt hat sich in sechsjährigem

erwiesen, der

Er i} nicht

Er ist, da seinem Wunsch seitens der

i Seitens tes Bureauvorstehers Wistuba ist eine große Reihe von Beschuldigungen gegen ihn erhoben, dieje sind noch Gegenstand der Untersuhung, die noch niht abgeschlossen ist.

| Nach dem bisherigen Stande derselben ist folgendes festzustellen : In y drei Fällen ist er rein krimineller Vergehen (Vornahme von un- | zühtigen Handlungen mit Mädchen unter 14 Jahren) beschuldigt. Jn

einem dieser Fälle ist er rechtskräftig freigesprochen worden, in einem s | f Mädchens und erst recht die Kenntnis des Schmidt von diesem Alter nicht feststellen lassen. Seine Disziplinarvergehen sind durch die Entlassung aus dem Kolonialdienst erledigt, die \trafrechtlich zu verfolgenden Fälle sind teils noch der Aufklärung bedürftig; das Erforderliche ist veranlaßt und das Ergebnis wird Ihrer Kenntnis unterbreitet werden. Ich laube aber vorläufig feststellen zu können, daß die Grausamkeiten, welhe die Herren Roeren und Bebel hier vorgebracht haben, bisher Herr Erzberger hat gemeint, was ih wohl darunter verstanden habe, daß die Giterbeule aufgestohen müsse. Das is jedermann im Hause so klar ge- worden, daß ich es nicht noch einmal zu wiederholen rauhe. Das Material, welhes gegen Beamte der Kolonial- durch die Missionen gesammelt worden ist, ist ge- ammelt worden während einer langen Reihe von Fahren. Der Fall

Zweite Beilage

Kersting liegt mindestens 7 Jahre zurück. Es erhellt dies daraus, daß ein Offizier als Zeuge genannt ist, der 1899 gestorben ift. In der „Kölnischen Volkszeitung“ vom 16. November 1906 heißt es: „Von dem reihlich zur Verfügung stehenden Material haben fie (die Missionare) keinen Gebrauch gemacht, da sie dem Prinzip huldigen, erst zu sprechen, wenn die dringendste Not es fordert.“ Was wir brauchen, ist nicht, daß jemand Material sammelt, wenn es die Not fordert, sondern daß er alsbald auftritt, damit die Uebelstände \ of ort abgestellt werden und nicht erst nah sieben Fahren. Ich habe mich weiter dagegen gewendet, daß ein Druck auf die Verwaltung ausgeübt worden ist, und ich habe bedauert, daß dieser Druck sehr effektiv geworden ist. Ich habe verschiedene Aufzeihnungen vorgelesen, und wenn ein falscher Eindruck erweckt ist, so ist das jedenfalls nicht durch mich geschehen. Ferner habe ih eine Registratur vorgelesen, gegen deren Verlesung der Abg. Er!berger fih gewendet hat. NRegistraturen werden in der Kolonial abteilung gewöhnlih nicht gemacht. Nur wenn außer- ordentlihe Dinge vorkommen, die den Beamten wirkli auffallen, wenn sie denken, hier geschieht ein Unrecht, das dürfen wir niht aus dem Auçe verlieren, dann werden Registraturen gemaht. Wenn also Gesuche an die Kolonialabteilung kommen, die keine Aeußerungen bervorrufen, wie die vom „kaudinishen Joh“ oder „das Zentrum bewilligt feinen Groshen mehr“, was ih nie geglaubt habe, dann werden keine Registraturen gemacht und dann kann ih auch keine vorlesen. Weiter hat der Abg. Erzberger erwähnt, in den Akten der Verwaltung sei der beschlagnahmte Brief enthalten. Dieser liegt in den Akten der Bezirksregierung zu Lome. Daß wir diese Akten hier haben, liegt in unserer ganzen Verfassung. Ich freue mich darüber, daß hier erklärt wurde, man wolle mit der Verwaltung zusammenarkbeiten. Die Verwaltung wird mit Ihnen sehr gern zu- sammenarbeiten. In der Presse ist behauptet worden, ih hbâtte gestern eine politishe Rede geschwungen. Ich habe die Politik aus der Verwaltung hinausgeworjen. Die Aufgabe der Kolonial- verwaltung ist die administrative, die kulturelle Hebung der Kolonien. Das i ein wirtschaftlies und auch fkaufmännisches und [Tegis- latorishes Geschäft, das soll mit Eifer betrieben, mit Reinlichkeit behandelt werden. Alle vorgebrahten Beschwerdin sollen, wie ih ncchmals feierli zusage, auf . das eingehendste untersucht werden, und ih hoffe, Sie werden mit dem Resultat zufrieden sein. Ich hoffe, daß die meisten Vorwürfe gegen die Beamten nicht wahr {ind, und das ganze Haus wird ih, wenn \ih dies herausgestellt hat, mit mir darüber freuen. ; : :

Abg. von Kardorff (Rp.): Ih habe mi beim Zuhören gefragt: was wird wohl das Ausland zu dieser Kolonialdebatte sagen ? Ja, das ist eine Frage, die wir uns jedenfalls öfter vorlegen follten. Das Ausland gibt sehr \harf auf das aht, was hier im Reichstage vor- geht. In anderen Parlamenten, wie dem französischen und englischen, wären derartige Verhandlungen überhaupt kaum möglih. Wenn es mehr und mehr üblich würde, daß ein niederer Beamter sih an Abgeordnete wendet und sie zu seinem Sprahrohr macht für setne Beschwerden, fo läge darin die Gefahr, daß der Reichstag, wozu er wahrlich nicht befugt ist, einen Teil der Verwaltungsbefugnisse der verbündeten Regierungen und des Reichskanzlers erhielte. Dann bildete er eine Art Wohlfahrtsaus- \{huß. Das mag ja den Herren sehr gefallen, die für die französische Revo- lution chwärmen, aber das können wir in E n nicht brauchen. Noch ein Wort über den Fall Peters und die grausamen Angriffe, die der Abg. Bebel gegen meinen Freund Peters gerichtet hat. (Zuruf bei den Sozialdemokraten : Freund ?) Ja, er is mein Freund. Ich verleugne nie einen Freund; das habe ih mein Leben ans nicht getan. Der Abg. Dr. Müller-Meiningen sagte, wir sollten doc den Peters endli fallen lassen; der wäre eine abgetane Persönlichkeit; wenn wir ihn weiter aufrecht erhielten, so käme das nur den Sozialdemo- kraten zugute. Ih habe Unpopularität niemals gefürhtet. Der Abg. Bebel hat Peters für einen Mörder CHTLONI «SA, DeL Begriff Mörder is in den Vorstellungen der Sozial- demokratie unter Umständen etwas sehr Verschiedenes, z. B. die Mordtaten in Rußland sind nah der Auffassung der Sozialdemokratie Heldentaten und Gerichtêvollziehungen. Um- gekehrt aber sind diejenigen, welche Komplicen von Attentätern nah Nerübung des Attentats niederschießen, nah den sozialdemokratishen Zeitungen Mörder. Was würde der Abg. Bebel für einen Lärm maten, wenn einem ihm politis jenige begegnet wäre, was meinem Freunde Peters begegnet ist ! Also: Herr Dr. Peters wird angeklagt, ungeseßz- lihe Tötungen dort am Kilimandsharo begangen zu haben ; die Sache wird untersuht, kommt vors Gericht, und Peters wird freigesprochen. Wenn nun der Fall fo gewesen wäre, daß ein Parteigenosse des Abg. Bebel. wegen irgend eines Vergehens bezihtigt und von dem Gericht nach der Untersuchung freigesprochen wird, es fäme aber darauf ein anderer und brächte einen gefälschten, auf die niederträchtigste W-ise erfundenen Brief, auf Grund diescs Briefes würde ein neues Verfahren eröffnet und in diesem der Betreffende verurteilt, dann möchte ih sehen, welhen Lärm der Abg. Bebel hier auf der Tribüne machen würde. Gegen das zweite Verfahren gegen Peters ist leider heute keine Revision mehr mögli, sonst wäre fie längst beantragt worden. Warum nimmt Herr Bebel an, daß dieses zweite Verfahren absolut QE Me Wir dürfen doch nicht ver- gessen: die größte und wertvollste unserer Kolonien ist Ostafrika, und die haben wir der Energie, dem Wagemut des Herrn Dr. Peters allein zu verdanken, der es gegen den Wunsch der deutshen Ne- gierung damals und troy versuhter Absperrung durch eng- lishe Schiffe doch möglich machte, in Ostafrika zu landen und uns diese wertvolle Kolonie zu erwerben. Die Verwaltung stellte dann auch Peters im Kolonialdienst an, um ihm später auf diese Affäre hin, die der Abg. Bebel mit dem gefälschten Tuder- Brief vorbrachte, einen Fußtritt zu geben. Das hat allgemeine Empörung in weiten Kreisen hervorgerusen. Peters hat in vielen großen Städten in Versammlungen gesprochen und diese find glänzend besuht worden. Würde er in Berlin sprechen, so würde auch diese Versammlung großartig besucht werden. (Zuruf bei den Sozialdemo- fraten: Von uns nicht!) Ja, von Ihnen kann man das auch gar nicht ver- langen. Der Abg. Bebel tut immer so, als ob Peters am Kili- mandscharo in ganz friedlichen Zeiten gewesen sei und als ob er diese Hinrihtuagen bloß aus Paschalaune angeordnet habe. Das ist keines- wegs der Fall. Peters

nabestehenden Manne dass

atte nur eine kleine Garnison für die er zu sorgen hatte unter einer Bevölkerung von zahlreichen aufständischen Stämmen. Kurz vorher war eine Uhehe - Ansiedlung vernichtet worden; er war also in einer ganz g N Position und hatte die Verantwortung, für die Sicherheit der Truppen zu sorgen. Alle die erwähnten Mißstände sind nur aus diesem Gesichts- punkt erklärlich und denkbar. (Widerspruch bei den Sozialdemo- kraten; Präsident Graf von Ballestrem: Ich bitte, nicht fort- während ein Mitglied zu unterbrechen, das eins der ältesten Mitglieder des Hauses ist.) Sie gehen immer davon aus, als handle es fih um einen der grausamsten Menschen, dem es Vergnügen mache, Menschen zu opfern. Vergleichen Sie do den Zug von Stanley durch Afrika mit dem von Peters und sehen Sie, mit welher Sorgfalt Peters darüber gewacht hat, seine Träger usw. ungeschädigt aus diesem gefährlihen Zuge herauszubringen, und wie wenig Prozent er davon im Vergleich mit Stanley verloren hat. Dieser hat ungefähr das Zehn- fahe verloren. Nur weil Peters für die Sicherheit feiner Garnison fürchtete, mußte er die strengste, cifernste Disziplin aufrecht erhalten und durfte niht dulden, day die Weiber zwischen den

Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußishen Staalsanzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 5. Dezember

1906.

Stämmen hin und her liefen und Spionage übten. Peters ist wahrhaftig nicht ein so verliederter Mensch, daß es ihm Vergnügen machte, solche unglücklihen Weiber umbringen zu lassen. Ein Freund sagte mir einmal, die einzige unangenehme Grinnerung an den Krieg von 1870 wäre es ihm gewesen, als er an Stelle eines erkrankten Kameraden dazu fommandiert wurde, gegenwärtig zu sein bei einer Erschießung franzôsisher Einwohner, die mit den Franktireurs ge- meinsame Sache gemacht hatten. Wehrlose zu erschießen, ist natürlih für jeden Menschen, der noch - einen“ Funken von Menschlichkeitsgefühl hat, eine der widerlichsten Empfindungen. Aber es gibt Zwangslagen, unter denen man nicht anders handeln kann. Wir dürfen au nicht vergessen, daß in Afrika ein einziger großer Häuptling in einem Jahre gegen 20 000 Menschen aus den ihm unterworfenen Stämmen umbringen ließ. Afrikareisende erzäblen, wie fie in einem Jahre blühende, bebaute Gegenden ge- funden und nah wenigen Jahren an derselben Stelle Einöden ; die männ- lihe Bevölkerung war niedergemaht, Weiber und Kinder von den benah- barten Stämmen in die Sklaverei fortgeführt worden. Demgegenüber find unsere Zustände in Ostafrika auch für die wilden Nöslkerschaften über- aus erfreulih. Die Neger haben die Sicherheit, niht mehr in die Sflaverei fortgeführt zu werden, Wege find angelegt usw. Diesen a können Ste nicht leugnen. Sie können nicht sagen, die Erde et dazu da, von Kannibalew bewohnt zu werden, oder von Nationen, die sih gegenseitig zu Sklaven machen, sih morden ; sondern die Erde ist dazu da, daß zivilisierte Menschen darauf arbeiten. Das tun alle Nationen, die Kolonien haben. Der Abg. Ledebour sagte einmal, die Kolonien bestialisieren die Nationen. Sind denn die Holländer und Engländer bestialisiert worden? (Zuruf bei den Sozialdemokraten : In den Kolonien!) Nein, die Kolonien sind eine Notwendigkeit für ein Reich wie das Deutshe. Noch ein Wort auf diejenigen Anschuldigungen, die der Abg. Bebel gegen uns erhoben hat wegen der Verabschiedung des Geheimen Legationsrats Hellwig. Was mich anbetrifft, so i die Sache außerordentlich einfah. Mir wurde eines Tages von einem Mitglied des Reichstags ein Blatt auf den Tisch gelegt, das damals von dein Anti- semiten Böckler herausgegeben wurde. In diesem Blatt wurden in einem Leitartikel, gezeihnet von Herrn von Loßberg, der ih mir an dem- selben Tage vorstellen ließ, sehr schwere Anklagen gegen Herrn Hellwig erboben. Ich hielt mih doch für verpflichtet, dieses Blatt dem Herrn Reichskanzler zu übergeben. Ich glaube, darin wird niemand etwas finden. Eine weitere Tätigkeit habe ih absolut in der ganzen Sache nicht entfaltet. Ih habe den Reichskanzler gebeten, die Sache untersuchen zu wollen, ob die Anschuldigungen gerechtfertigt wären oder nicht. Fch habe weiter nichts von der Sache gehört ; es ist auch nit meine Art und Weise, mich in persönliche Fragen einzumishen. Jh wußte von Herrn A fonst fehr wenig, ih war in den leßten Jahren auch nicht mehr Mitglied der Budgetkommission und hörte nur, daß dort Dr. Arendt in Eisenbahnfragen mit Herrn Hellwig stets verschiedener Meinung war. Herr Bebel sagte, man könne hier wieder “sehen, wie die herrschenden Klassen Kolonialpolitik trieben. Nun, ich bin pekuniär gar nit an den Kolonien interessiert, ih habe niemals jemanden als Beamten oder bei den Shußtruppen empfohlen. Mag nun später die deutshe Bevölkerung unter der Republik oder unter dem absoluten Regiment stehen, eine Hoffnung hege ih, daß es immer eine herr- chende Klasse in Deutschland geben wird, welhe die Unpopularität im Base Der niemals abshrecken wird, einen Fall zu vertreten, in dem der Betreffende zu Unrecht verurteilt ist, wo ein Justizmord an ihm begangen wourde.

Hierauf wird ein von den Abgg. E Hompeschch (Zentr.), Bassermann“ (nl.), von Normann (dkons.) und Diede- mann (Rp.) gestellter Antrag auf Schluß der Debatte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen, der Polen, der Wirtschaftlihen Vereinigung und der Antisemiten angenommen. :

Die beiden Nachtragsetats für Deutsh-Südwestafrika werden der Budgetkommission überwiesen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Schluß 61/4 Uhr. Nächste Sißzung Mittwoh 1 Uhr. (Jnterpellationen von Jazdzewski und Graf Hompesch, be treffend den Schulstreik in den polnischen Landesteilen.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Ein- und Ausfuhr einiger wichtiger Waren

in der Zeit vom 21. bis 30. November und im Monat November 1906.

Einfuhr Ausfuhr im Spezialhandel 21.—30. | Monat | 21.—30. | Monat November | November | November | November dz = 100 kg 346 867 2151 76 778 1 189

48 214 388 7 366 198 549 1 607 1 872 15 744 121 591

20 449 203 837 4182 825) 675 336| 2 555 798 8 647 139] 4 564 104/13 650 486 8 114 841 63044 283123 1070 257 21 838

230 852 1 901) 6 213 Roheifen 120 004| 447 594 75 588| 386 532 Kupfer . 28 613/ 96 993 1 127 4 656,

=) Außerdem Durchfuhr im Monat November 37 066 dg. Berlin, den 5. Dezember 1906,

Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

16 177 4 322

120 138 59 207

18 715 81 683 7 223

7 127

1 973 363 3 372 246 2 899 187 365 672 69 924

Baumwolle. s Flachs, gebrochen, ge- s{wungen usw. . . Hanf, gebrochen, ge- ie u usw. ¿ *) Jute und Jutewerg . erinowolleim Schweiß Kreuzzuchtwolle im Schweiß : Eisenerze . Steinkohlen . Braunkohlen . . Erdöl, gereinigt . Chilesalpeter L

Be völkerungsbewegung, Verkehrsverhältnisse, Scchlach- tungen, städtishe Sparkasse, Kranken- und Armenpflege in Berlin im Monat Oktober 1906,

Nach den „Veröffentlihungen des Statistishen Amts der Stadt Berlin“ belief ih die fortgeshriebene Bevölkerung anfangs November 1906- auf 2081 319 Einwohner (gegen 2030616 zu dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs). Die Zunahme im Oktober betrug 13775 (im Vorj. 13308). Die Zahl der Lebend- geborenen betrug 4154 (4009); darunter befanden sich 676 (652) oder 16,27 (16,26) 9/0 unehelihe. Auf das Jahr und Tausend