1906 / 294 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Dec 1906 18:00:01 GMT) scan diff

Qualität

Verichte von deutschen Fruchtmärkten. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistishen Amt.

mittel

Sezahlter Preis für 1 Dopp

elzentner

böhfter

d.

niedrigster

fk

bödster

L

niedrigster

t

höhster

Tes

Doppelzentner

Verkaufs- wert

f.

Dur(hschnitts- pre

für

1 Doppel- zentner

Ca

Am vorigen Markttage

Außerdem wurden am Markttage

S 4 rei aalier

e Schäßung verkauft

Doppelzentner (Preis unbekannt)

i e

Q T E G T. T0: G G D V

u“ . M # o " ° " v o u "“ o - .

hee E T H T Q 6-4 T6 e

Insterburg . . B A rankfurt a. O. . Stettin . Greifenhagen

yriß . : M Os KrotosGin («v0 T: L is VITeSIO L A Aen i. Shl.. beni U. SPONQUt a. M, ae MALDEtIIAOE n ae Eilenburg S Mae Goslar .

Paderborn

M 4 Dinkelsbühl . Ueberlingen .

Villingen

RNostod

Waren .

Altenburg

Meißenhorn. . Biberach . Stolkach . Ueberlingen . Villingen.

Insterburg . Prenzlau .

Luckenwalde - Frankfurt a. O. . Stettin . ; Greifenhagen D S Li Stargard i. Pomm. . . Schivelbein , i i On e, Lauenburg i. Pomm. Posen. . cas Krotoschin

Bromberg . MUUG.. «i C nes i. Schl. iben t S, « Schönau a. K... Ee i

ilenburg

Marne

Goslar

aderborn

U, Dinkelsbühl .

Nostock

Waren .

Altenburg

Insterburg . Prenzlau . ; ranffuri a. O. eti 6 o Greifenhagen Pyriß. Posen. . Krotoschin Milit . Breslau .

Frankenstein i. Schl. Lüben i. Schl... . Schönau a. K. : Halberstadt . Eilenburg

Marne

Goëélar .

Biberach .

Altenburg

; Braugerste

Insterburg .

Elbing

Prenzlau i.

Luckenwalde .

S ;

rankfurt a. O.

a dannt E Greifenhagen .

D e 6 Stargard i. Pomm. . Schivelbein

Es 5%

Stolp i. Pomm. . Lauenburg i. Pomm. Posen. O Krotoschin

Bromberg

Militsch .

Sa (4 granenpan i. Schl.

üben 1 SMl. «« Schönau a. K.

alberstadt .

ilenburg

Marne

Goslar .

Paderborn z

Limburg a. L. .

Neuß . E MIntelobbl S s 1 S It ae dep TIEDELLINQBIE «6 ide on 8 E e tis a0 E 4s Mid 20 airtd: O6 ac i6 Ita (+4. s

emerkungen. Die verkaufte Menge wird auf voll in liegender Stri (—) in den Spalten für Preise kat die Bedeutung, daß der

E14 S4

fe O

pre purmd purak D P P O SS

14,00 14,80

14,60 14,60

15,00 14,70

14,70 14,90 15,70 15,30 15,10 15,50

17,50 16,00

15,50

14,00 14.00 1250

15,30 15,80 15,70 16 80 15,29 12,40 16,00

16,00

15,00

16 20 15,20

13,20 14,40 15,00 14,30 15,00 14,00

14,40 14,60

14,40 13,50 16,63 15,00 14,80 15,00

_—--

15 90 16.40 17,00

16,50

e Doppelzeutnex und dex Verkaufswert betreffende Preis

16,80

16,60 16,80 17,40 17,30 17,20 17,60 16,95 17,30 16,00 17,00 16,50 16,50 16,80 17,09 19,00 19,18

17,00

16,60 16,80 17,40 17,30 17,50 17,60 17,20 17,40 16,50 17,10 16,50 17,00 16,80 17,00 19,40 19,18

_——

(enthülftee S 19,20

19,00

19 38 19,76

N

15,20

15,00 15,00 14,25

14,60 15,00 15,00

15,30 15,00 15,30 15,20 15,10 16,00 16,29 15,20 16,00 16,00 15,00 17,60 15,00

Þ 1

auf v

eigen.

17,00 17,10 16,80 17,30 17.20 16,80

17,60 17,70 17,60 18,10 17,45 17,50 16,50 17.25 16,60

17,00

17,00 18.00 19,60 19,40 18,60 17,10 17,10 17,10

9,40 19,20 19,60 19,50 20,00

genu.

15,90 15,40 15,50 15,99 15,50 15,70 15,10 15,20 14,50 15,20 15,00

15,20 15,10 15.70 15,10 15,80 15,45 15,20 16,00 16 50 15,30 16,00 16 50 16,00 17,70 15,10 15,30

elz, D

17,00 17,20 16,80 17,30 17,40 16,80

17 60 17,70 18 00 18,10 17,70 17,70 17,00 17,60 16,60 17,90 17,20 18,00 20,00 19,40 18,60 17,40 17,10 17,10

inkel, Feseu). 19,40

19,20 19,60 19,50 20,00

15,50 15,40 15,50 15,50 15,60 15,80 15,10 15,30 14,50 15,20 15,00

15,20 15,10 15,70 15,70 15 80 15,70 15,40 16,30 16,60 15,30 16,60 16,50 16,00 17,80 15,43 15,30 16,60

15,50 16,50 16,60 16,60 15,90 16,20 15,90 16,50 15,50 13,50 17,00 18,00 16,80 16,60 19,10 18,00 12,60 18,00 18,00 17,60

15,50 15,60 15,60 16,80 17,00 16,00 16,00 15,60 15,30 14,00 15,20 15,40 15,00 15,00 15,40 15,20 15,40 14,00 15,40 14,00 17,07 17,00 15,20 17,00 17,20 16,60 16,80 16,40 17,00 17,80 16,20 15,50 17,50

olle Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durschnitt nit vorgekommen ist, ein Punkt (,) in den leßten sech8s Spalten,

85

526

135 697 228 192 798

1084

454

1015

3 000 6 930

116

1821

198

3210 2 394 8 752 7750

17,00

17,30

18,71 16,80 17,40

16,50

17,04 17,50 19,19 19,18 18,60 17,27 17/10

19,10 18,92 19,60 19,39 19,76

15,50 15,50 15,56

15,05 15,15 14,25 15,00 14/87 14/82 14,94

15,20

16,39 15,50 17,58 15,11 15,30

15,50

16,54

16,09 15,56 15,50

12,50 17,79

15,50 15,10

16,63 16,53

15,93

15,00 15,15 13,60 14,77 15,20 14,45 15,13 14,50

15,00

16,90 16,60 16/55 15,87 16,63 17,37 15,91 15/50

spreis wird aus den unab

pu mr L

p Nr L L I

300

erundeten Zahlen berechnet. daß entsprehender Bericht fehlt,

Deutscher Reichstag.

139. Sißung vom 12. Dezember 1906, Nohmittags 1 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Tagesordnung: Fortsepung der Besprehung der Jnter- pellationen der Abag, Dr. Ablaß und Genossen, betreffend Maßnahmen zur Abhilfe der herrschenden Fleisch- teuerung, und der Abgg. Albreht und Genossen, betreffend die Teuerung der notwendigsten Lebensmittel, ins- besondere des Fleisches.

Der erste Teil der Rede des Abg. Dr. Paasche ist im Auszuge in der gestrigen Nummer d. Bl. veröffentlicht worden.

Abg. Dr. Paasche (nl.) fortfahrend: Ich bin überzeugt, daß, wenn die Preise jeßt auch sinken, fie doch niht dauernd auf dem Standpunkt bleiben können, den sie in früheren Zeiten gehabt haben. Das wäre kein Glü, weil die Produktionskosten so enorm gestiegen find, daß gar niht daran zu denken ist, daß die Preise auf der früheren Höhe bleiben, weil dann die Landwirt- haft niht mehr bestehen kann. Steigen die Preise für Jndustrie- erzeugnisse, so heißt es in sämtlichen Marktberihten : Wiedcr einmal ein besonders günstiger Markt ; die Preise konnten wieder erhöht werden ; die Preise sind günstig ; foridauernder Aufs{wung, günstige Konjunktur. Steigen aber die Preise für landwirtschaftlide Produkte so, daß bei ihnen auch mal gute Gewinne gemaht werden von den kleinen Bauern, so {reit man sofort auf der Linken über die übermäßige Verteuerung, die Agrarier hätten die Preise in die Höhe geseßt vermöge des Willkür- reaiments, das sie in Hênden baben. ie Preise werden wahrschein- lih dauernd höher bleiben, weil alle Löhne steigen niht bloß in der Landwirtschaft, sondern auch in der Industrie und weil wir uns in einer Pericde der Geldentwertung befinden. Das ist erklärlich bei der ungewöhnlichen Goldproduktion, die jährlich über eine Milliarde Gold produztert. Langsame Steigerung der Preise, um die Pro- duktionsfosten zu decken und die Produktion weiterführen zu können, wie es die wirtshaftlihe Möglichkeit gestattet, darauf kommt es an. Wenn wir heute überzeugt sind, daß eine Aenderung unserer Wirtschaftépolitik nicht am Plaße ist, 0 hat | Der Staa1ssekretär gestern mit N-cht gesagt, daß die Abhilfe in erster Linie im Inlande liegen muß, weil vom Inlande am besten die Ernährung des Volkes besorgt werden kann. Es is deshalb unsere erste Pflicht, dafür zu sorgen, daß die deutshe Landwirtschaft und Vieh- zuht nicht wieder von allen möglihen Gefahren bedroht wird, die ihr durch den Import von lebendem Vieh gebracht werden könnten. Unsere Viehzucht hat heute nur noch wenige Prozent unseres Fleisch- bedarfs nihi decken können, der Winister sprach von 3 bis 5 9/0. Nachdem durch unsere strenge Seuchengesetzgebung, über deren Härte ih selbst sogar einmal Klage führen mußte, die deutshe Megierung im stande gewesen ist, die Seuchengefahr zu beseitigen unter großen Opfern der Landwirtschaft, wäre es unverantwortlih, wenn man diese Gefahr dur die Einfuhr von neuem heraufbeshwören wollte. Damit würde man nur zum Schaden derer handeln, die heute über Fleishnot flagen. Wenn wir noch mehr als 5 9/9 unseres Bedarfs vom Aus- lande beziehen müßten ob wir das bekommen könnten, ist über- haupt noch fraglich —, so würde nicht eine Verbilligung, sondern eine weitere Verteuerung der Preise eintreten. Wir wollen die Landwirt- {aft chüßen, um den Konsumenten zu nüßen. Der Minister hat gestern vorgerechnet, daß noch 133 Städte in Deutschland die Mahl- und Schlachtsteuer aufrecht erhalten und daß in aroßen Städten, die ih lebhaft über die Fleishteuerung beklagen, 84 Pfennig für das Kilogramm an städtishen Steuern erhoben werden. Warum sind die Vertreter dieser Städte nicht längst dazu Übergegangen, diese Steuern zu beseitigen ? Warum haben Sie (links) dort nichti Anträge gestellt ? (Zurufe von links : Wir haben cs ja getan!) Wenn Sie es getan haben, so würden Zhre Anträge dort au Billigung gefunden haben. Ich verstehe nit, wie der Abg. Gothein ein Wort dazu sagen kann, daß die Städte diese Steuer immer noch aufrecht erhalten. (Lachen links.) Mit Ihrem Lachen helfen Sie den Konsumenten niht. Wie die Statistik erweist, sind wir ja doh nahe daran, den Fleishbedarf selbst zu deckden. Es fehlen nur noch 3 bis 5 9%. Schüßen Sie unser einheimishes Vieh gegen die Einshleppung von Seuchen und wir werden Ihnen das brauchbarste Fleis in genügender Menge vorseßen können und brauchen uns nicht, wie es der Abg. Scheidemann will, mit amerikanischem Fleis zu ernähren. Warum sorgen, wenn wirklich einmal eine Not vor- handen ist, die slädtishen und Gemeindevertretungen, die doch in erster Linie dazu berufen sind, für die Bevölkerung einzutreten, nicht dafür, wenn das Schlathaus auch einmal mit Unterbilanz arbeitet? Die Viehzüchter haben au Jahre lang mit Unterbilanz arbeiten müssen. Schon dadurch würde ein gut Teil der Fleischteuerung beseitigt werden. Ich bedauere nochmals, daß die Regierung niht {on vor Monaten thre beruhigenden Erklärungen abgegeben hat, und ih hoffe, daß die von ihr in Vorschlag gebrahten Maßregeln wesentlih dazu beitragen werten, daß die preissteigernden Wirkungen des Zwischenhandels und der Schlachthäuser beshränkt werden. Das kann gesehen, ohne daß der Landwirt gezwungen wird, auf den üblichen und berechtigten Lohn zu verzihten. Für jeden Denkenden und Verständigen ist es doch flar, daß heute bei der allgemeinen Landfluht die Arbeit der Schweinezüchter und Schweinemäster nur ungern verrihtet wind und daß cs kaum möglich ist, Arbeitskräfte in genügender Zahl dafür zu finden. Wenn die Hausfrauen, die kleinen Tagelöhner usw. noch nebenbei Schweine aufziehen und züchten, so ist es ebenso berechtigt wie bei jedem anderen Arbeiter, wenn sie auch einen entsprehenden Lohn für diese ihre Tätigkeit verlangen. Es sind zum größten Teil einfahe Handarkeiter, kleinbäuerlihe Besißer usw., die das tun. (Lachen links.) Die Statistik bewcist dies doch, aber in dem Moment, wo Ihnen die Statistik vorgeführt wird, nah der sich_9% 9% der Schweine in der Hand von kleinen Besitzern befinden, lahen Sie. (Zurufe des Abg. Dr. dek um. Glocke des Präsidenten. Präsident Graf von Ballestrem: Ich bitte den Abg. Südekum, sich zu beruhigen.) Wir verlangen, daß die Regierung alle Mittel ergreift, die eine Besses rung ermöglihen. Es wird mit Necht darüber geklagt, daß die Diffe- renz zwishen Fleisch- und Viehpreisen ganz ungewöhnlih hoch ist. Denjenigen, die die wirtschaftlihen Verhältnisse so genau \tudieren, wie Sie auf der linken Seite, wird es doh nicht entgangen sein, daß auch die Abfälle ganz außerordentlich hoh im Preise gestiegen sind. Von einem Sadcverständigen habe ih gebört, daß jeßt die Abfälle bei jedem Stück Rindvieh etwa 70 4 mehr wert sind, als vor wenigen Jahren. Es wäre durchaus kein Anlaß vorhanden, daß diefe Differenz noch etwa 10 - höher getrieben wird, sie könnte im Gegenteil soviel niedriger sein. Sprechen Sie also nit immer von dem unersättlichen Grofgrundbesitzer, ich spreche niht für diese, sondern für die fleinen und mittleren Viehzüchter, die ein legitimes Interesse an L Preisen und der Möglichkeit der Fortseßung ihrer Viehzucht aben.

Abg. Graf von Schwerin -Löwiß (dkons.): Auf meine Ver- anlassung ist zu der Frage der Fleishteuerung von der „Zentrale für Viehverwertung“ Material zusammengestellt und den Mitgliedern des Hauses zur Verfügung gestellt worden, um ihnen eine Nachprüfung zu ermöglihen. Ich freue mich, daß dieses Material cine so reichhaltige Benutzung gefunden hat, selbst durch den Abg. Scheidemann; es muß also do nicht so ganz schlecht sein. Die Interpellationen haben zwar ihre beste Beantwortung {hon durch die Marktberichte der leßten Wochen erfahren, die durhweg sinkende Preise, zögernde, unvollkommene Abnahme, Ueberstände usw. nahweisen; und ich begreife ja, daß die JInterpellanten über die Regierung etwas entrüstet sind, weil sie die Beantwortung der Interpellationen so lange verzögert hat, bis fie eigentlih gegenstandslos geworden sind. Aber ih muß leider be- fürhten, daß sfih ähnliche bedauerliche Beunruhigungen unserer städtishen und industriellen Bevölkerung, Erregungen , die stark auch von politischen Absichten beeinflußt werden, noch häufiger wieder- holen werden. (Zurufe links.) Wenn Ste solche politischen Absichten in Abrede stellen wollen, muß ich Ihnen doch ein Flugblatt entgegen-

halten, das noch an demselben Tage, an dem die Fletishnot- Interpellationen eingebraht waren, hier in Berlin verteilt worden it: „Gegen den [eischwucher!“ Dieses Flugblatt \{chwelgt geradezu in ungehörigen Verhezungsversuhen. Es heißt darin in Spverrdruck: „Die Teuerung ist nicht eine Folge von Mißwachs oder Viehseuchen, sondern künstlich geschaffen, um den Großgrund- besigern die Taschen zu füllen.“ -_- edie Teuerung s{ädigt den Arbeiter an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Leben und Gesundheit sollen die Massen opfern, um die Eg De be- reihern zu helfen.“ Das wagen Sie zu schreiben und zu billigen gegenüber der längst festgestelten Tatsache, daß 93 9% der Viehproduktion von mittleren und kleinen Bauern, von landwirtschaftlihen Arbeiten, ja auch von industriellen Arbeitern erzeugt wird und nur 7 9/9 von größeren Grund- besitern erzeugt werden? Das nennen Sie sahliche Aufklärung ? Da muß ih doch wirklich dem Abg. Gerstenberger recht geben, der gestern meinte, Sie schienen sich mehr an den Magen, als an den Verstand der Leute zu wenden. Das Flugblatt sagt weiter: „Für die Massen handelt es sich um Leben und Gesundheit . Darum auf! Es gilt den Kampf gegen die Politik der Agrarier! Erkennt eure Macht! Sghließt euch der Partei an, die euch von der Unterdrückung befreien will ! Tretet ein in den Wahlperein und lest die Arbeiterzeitung „Vorwärts!“ Ihren „Hungerpopanz“ hat zu meiner großen Freude gestern der Abg. Gerstenberger wohl {hon ge- nügend abgefertigt, aber daß Sie Ihre eigene Interpellation nicht zu politishen Zwecken eingebraht hätten, das werden Sie nah diesem Flugblatt doch wohl nicht mehr behaupten. Es ist {hon von dem Landwirtschaftsminister auf die enorme Entwicklung des Fleishkonsums während der leßten 30 Jahre hingewiesen worden, eine Entwicklung, wie wir sie nicht nur nie in Deutschland, sondern wohl kaum überhaupt in irgend einem Lande der Erde in solher NRapidität erlebt haben. (Der Redner führt für diese Be- bauptung weiteres Zahlenmaterial an.) Der Abg. Gothein hat den Abg. Paasche unterbrochen, als diefer auf den steigenven Konsum hinwies. Der Fleishkonsum in Deutschland betrug aber vom 1, Fuli 1904 bis zum 1. Jult 1905 nah der Berechnung des Kaiser- lien Statistishen Amts 52,57 kg für den Kopf der Bevölkerung. m tarauffolgenden Jahre is der Konfum allerdings etwas zurü- gegangen, aber selbst wenn man dies zugibt, so wäre dieser Rückgang wirkli kein Ereignis, das zu so schweren Besorgnissen, wie sie hier autgesprohen worden sind, berechtigte. Vor 30 Jahren war der Fleischkonsum erheblich geringer und ih frage Sie, war der Deutsche von 1870/71 etwa weniger kräftig und gesund ernährt? Es i also eine furchtbare Uebertreibung, unter solhen Um- ständen von der Gefahr der Unterernährung des Volkes zu sprechen. Die Produktion hat sich seit den leßten 30 Jahren sehr erheblich vermehrt, es werden heute 9 9%/o Fleisch im Inlande produzierk. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Produktionskosten und auch die Whne unverhältnismäßig gestiegen sind. Dabei fällt auch ins Eewicht, daß viele kleine Leute, die früher Schweine züchteten, dies heute nit mehr tun können. Es hat doch eine Steigerung aller Marktpreise in unserer Wirtschaftsökonomie Plaß gegriffen. Der Osten hat darunter zu leiden, daß die ländlichen Arbeiter dorthin gehen, wo sie höhere Arbeitslöhne bekommen. Jeden- falls könnte man von einem Notstand in bezug auf die Fleisch- preise erst dann sprechen, wenn nahgewiesen wäre, daß zwischen den Lebensmittelpreisen und den Arbeitslöhnen ein Mißverhältnis bestünde. Das wird aber niemand behaupten können. Der Arbeits- verdient is im allgemeinen gestiegen. Zur Beurteilung der Höhe der Fleishpreise tritt noch ein anderer natürlicher Faktor hinzu, das ist der höhere Anspruch, den man heute an die Qualität des Fleishes macht, namentli auf Grund des Fleishbeshaugescßes. Auf Grund dieses Gesetzes sind im steigenden Maße sehr große Quanti- täten Fleisch verworfen worden, man rechnet den Verlust für dieses Jahr auf 60 Millionen. Das muß do jemand bezahlen. Verlangen Sie, daß die Cn allein diesen Verlust trägt der ungefähr so hoh is wie der Zoll, oder wollen Sie etwa, daß das MeilpesWaugeles wieder aufgehoben wird ? Die Detailpreise für Fleis find ungebührlih hoh bemessen und niht maßgebend für die Beurteilung der Frage. Die Städte wollen aber ihre Mahl- und Sélachtsteuer nicht aufheben. Die Spannung zwischen den Viehpreisen und den Fleishpreisen ist immer größer geworden, fie betrug 1881 nur 7,4 9, 1906 dagegen 40 für das Pfund. Die Preisunterschiede sind innerhalb Deutschlands größer, als die zwishen dem Ausland und dem Inland. In England besteht keine Fleishbeschau. Wenn dort die Fleishbeshau eingeführt würde, so würden die Preise noch viel höher sein als bei uns. Uebrigens sind die Preise in London keineswegs fehr viel niedriger als in Berlin. Was die vorgeschlagenen Abhilfemittel betrifft, so hat die Regierung gestern {on festgestellt, daß die Einfuhr von frishem oder zubereitetem oder doch wenigstens von zubereitetem Fleis bereits aus allen Ländern der Erde gestattet ist. Eigentümlich ist, daß die Fleischer selbst von einer Erleichterung der Fleischeinfuhr nichts wissen wollen. Eine Erleichterung der Vieheinfuhr muß, ganz abgeschen von dem [landwirtschaftlichen Interesse, auch im Interesse der Konsumenten zurückgeroiesen werden, denn diesen liegt daran, möglist gutes Fleisch zu bekommen. Vor 30 Jahren baben wir 21 Millionen Fleisch produziert, jet produzieren wir 60 Millionen. Wenn wir heute noch auf dem damaligen Standpunkt ständen, daß wir zu auf das Ausland angewiesen wären, so würde es mit unserer Fleishversorgung noch viel {limmer stehen. Nicht nur die Landwirte, sondern auch die Städte können dem Reichskanzler dafür dänkbar sein, daß er eine Erleichterung der Vieheinfuhr abge- lehnt hat. Ih hoffe auch, daß si kein deutscher Landwirtschaftsminister finden wird, der bei dem heutigen Wert unseres Viehbestandes und angesichts des Umstandes, daß ißm der Schuß desselben aufgetragen ist, die Verantwortung dafür übernähme, diesen Viehbestand der Einschleppung von Seuchen auszuseßen. Cine folhe Verantwortung wäre von einem Landwirtschaftsminister heute nicht mehr zu tragen. Wenn ein Landwirtschastsminister dur eine unverständlihe Nachgiebig- keit in dieser Beziehung das arößte Unheil für das Vaterland hervor- rufen wilde, so möchte ih in dessen Haut nicht stecken. Nach der überein- stimmenden Ansicht aller Veterinärkongresse ist eine systematische Seuchen- bekämpfung nur durch vollständige Sperrung der Grenzen möglich. Allerdings gibt es eine Reihe von Mitteln, mit welhen eine Besse- rung der Verhältnisse herbeigeführt werden kann. Vorausfezung ist allerdings, daß die slädtishen Verwaltungen dazu die Hand bieten durch die Abschaffung aller Schlachtsteuern und durch eine erhebliche Ermäßigung der Schlahthofgebühren. Ih möchte deshalb folgende Wege vorschlagen. Erstens die Einführung der Marktnotierungen nit nur nah Schlachtgewicht, sondern au einerseits nah Lebend- ewidt und anderseits nach den Detailpreisen, damit die Konsumenten felbst prüfen können, ob die Preise angemessen sind; zweitens eine wirksame Herabsetzung der Eisenbahntarife sowohl für Waggon“ ladungen wie für Stückgut, wie es der Landeseisenbahnrat bereits beschlossen hat, sodaß nicht nur der einzelne vom Lande Fleishsendungen beziehen kann, sondern auch die Fleisher in den Städten aeschlahtetes Fleish vom Lande direkt beziehen können unter Umgehung der ungeheuren Verteuerung dur) die Slachthofgebühren und den Zwischenhandel; drittens eine allgemeine staatlich organisierte oder s\taatlich unterstüßte S@lachtviehversiherung; viertens Herabseßung der Gebühren für die Fleishbeschau, die jeßt ungebührlih hoh sind, und als leßtes durchs{lagendes Mittel zur Verbilligung der Preise empfehle ih dem Neichskanzler, wesentlich höhere Mittel für die systematishe Seuchen- erforshung und Seuchentilgung in den Etat einzustellen. Wir haben in Pommern ein bakteriologishes Institut, das uns zur Be- fämpfung der Seuchengefahr gute Dienste leistet, und die Landwirt- \chaftskammer hat zur Unterstüßung dieses Instituts ihre Beiträge erhöht. Fn Berlin exlstiert ein großes bakteriologishes Reichsinftitut, dieses müßte aber in Verbindung stehen mit einem ganzen Neß von bakteriologishen Instituten, um die gewonnenen Erfahrungen allseitig nußbar zu machen. Dies ist ein Beispiel, welche ren Aufgaben das Reich auf diesem Gebiete zu erfüllen hat. Ich behalte mir vor, namens meiner politishen Freunde beim Etat entsprehende Anträge

zu stellen, Es gibt bei uns zu Lande eine gewisse Klasse von Wirt- \caftspolitikern, die bei jeder angeblihen oder wirkliß vorhandenen Kalamität jede Hilfe immer nur vom Auslande erwarten, au in dem vorliegenden Falle, wo vom Auslande absolut nihts zu holen ift. Es wäre besser, zur Ueberwindung dieser Kalamität die eigene Kraft anzuwenden, die si bei der Viehzuht in den leßten 30 Jahren so glänzend bewährt hat. Ih möchte davor warnen, daß wir immer unseren Blick auf England rihten und nah englischem Muster ver- fahren. Wie falsch wäre es, wenn wir nah englishem Muster unsere Rae as einrihten wollten, wenn wir über die Hälfte unseres Fleishbedarfs vom Auslande beziehen müßten! In welche Lage würden wir dann geraten, wenn wir in einen Krieg eintreten müßten! Es würden dann geradezu verderbliche Folgen eintreten. Es ist ja in der leßten Zeit hier au viel von der Isolierung Deutschlands gesprochen worden. Mag sein, aber solange wir stark genug find, brauchen wir uns durch diese Isolierung nit beirren zu lassen. Wir müssen aber dann dafür forgen, daß unserer deutschen Kraft kein Abbruch geschieht. Wir müssen dafür eintreten, daß uns die Wurzeln deutscher Kraft erhalten bleiben. __ Abg. Korfanty (Pole): Meine politischen Freunde vertreten zu einem großen Teil eine landwirtschaftliche Bevölkerung, und zwar meist kleine und mittlere Bauern. Die Landwirtschaft hat für uns Polen eine weit größere Bedeutung,“ wie vielleiht für die Deutschen. Ist do der Grund und Boden das Streitobjekt, um das wir Polen den Kampf gegen die preußische Politik führen müssen. Bei uns ist an der Schweinezuht niht nur der kleine und mittlere Bauer, sondern auch der Arbeiter, sogar der Industriearbeiter, interessiert. Angesichts der Notlage, in der diese Volksshichten fich befinden, hätten uns die Regierungen energishere Maßregeln versprechen sollen. Der Minister {äßt nach dem von ihm verlesenen Budget die Belastung eines Aibeiters durch Kleider und Werkzeuge au 49 6. Für die obershlesishen Bergarbeiter aber steht fest, pu fich der Aufroand allein für Kleidung auf 70 bis 80 4 beläuft, und dazu kommen noch andere Ausgaben, für Pulver, Werkzeuge usw. Der Minister stellte seine Behauptung so allgemein hin, daß man annehmen mußte, fie bezöge sih auf alle Arbeiter. Der ober- s{lesische Grubenbezirk mit seiner Arbeiterbevölkerung ist auf den Bezug russish-polnisher Schweine angewiesen; er hat gar kein Begehr, das inländische Schweinefleisch zu kaufen, denn es ift magerer. Die Arbeiter haben aber bei ihrer {weren körperlihen Arbeit einen starken Bedarf an fettem Fleisch. Es ift geradezu hygienishe Vorschrift für sie, recht viel Fett und recht viel Fleisch zu konsumieren; dabei werden gerade die oberschlesischen Ar- beiter im allgemeinen bedeutend niedriger abgelohnt wie diejenigen im Westen. Daß die Löhne so erheblich in die Höhe gegangen wären, wie dies der Minister behauptete, kfann ich für Oberschlesien nicht gelten lassen, selbsstt wenn der Minister ih auf einen Sozialdemokraten beruft. Von einer preußishen Behörde ift fest- gestellt, daß der oberschlesishe Koblenbergmann für den Tag ungefähr 2,79 A. Einkommen hat; davon find noch die Beiträge für die Ver- sicherung, die Knappschaftskassen und verschiedene andere Auslagen abzuziehen, so daß ihm etwa 1,95 6 verbleiben ; davon soll er fi und seine Familie ernähren und bekleiden. Angesichts dieser geringen Verdtenste sind die Erträge für die Grubenmagnaten desto höher. Die Aktionäre verteilen nach der Statistik jährli ungefähr 245 Millionen unter si. Bei den Arbeitern in den Hochofenbetrieben und den Koksarbeitern, die selb Sonntags Schichten verfahren müssen, beträgt der Lohn 2,41 M, in den Eisengießereien 2,40, in den Verfeinerungsbetrieben 2,42 A und so fort. Wenn man mit diesen Löhnen die t vergleiht, die unsere Bevölkerung für das Fleisch bezahlen muß, wird man zugestehen müssen, daß man dieser Bevölkerung und diesen außergewöhnl ichen Verhältnissen entgegenkommen muß. Für Fleis) gibt der Arbeiter bei uns 31,5 9%, für Speck 2,7 9% seiner Einnahme aus und er kauft Fleisch und Speck lediglich des- halb, damit er diejenigen Kräfte har, die er zur Verrichtung seiner Arbeit brauht. Seit inführung des Kontingents ist der Konsum an Schweinefleisch bedeutend zurückgegangen, es hat fich gezeigt, daß die Schlahtungen von s{chlechten Kälbern, von Ziegen und fogar von anderen Tieren bedeutend zugenommen haben, und diese Schlachtungen, die man früher bei uns gar nit kannte, gewinnen immer mehr an Zahl. Die Viehzentrale erklärte zwar, es sei gar nicht nötig, das Kontingent zu Me Een sie verpflichte sich, die nötigen Schweine in hinreichender Beschaffenheit zu liefern. Alles in allem hat sie troß ihres Prahlens in zehn Tagen 684 Stü nah Oberschlesien geliefert. Es hat sich herausgestellt, daß die Vieh- zentrale gar nicht im stande ift, dorthin Fleisch zu liefern, weil die Frachten viel zu hoh find. Die Schlachtungen an JFnlandsshweinen sind ganz erheblich in den leßten Jahren zurückgegangen. In einer Petition der obershlesishen Magistrate ist nahgewie]en, daß fih im Laufe der Zeit diese Schlahtungen in den verschiedenen Städten Oberschlesiens, selbs in denen mit überwiegender Arbeiterbevölkerung, um 332 9/9 verringert haben. Rindfleish ißt der Arbeiter bei uns niht, weil es unwirtschaftlich ist. Ich will anerkennen , daß die Regierung alles getan hat, um eine Anzuhßt von Schweinen nah Oberschlesien zu befördern. Es sind Wochenmärkte eingerichtet worden und noch andere Maßnahmen getroffen; troßdem aber ist das Inland nicht im stande gewesen, den Bedarf zu decken. Die Oberschlesier verlangen ganz einfa, daß eine unbegrenzte Zahl von russishen Schweinen unter Innehaltung aller veterinärpolizei- lihen Maßnahmen eingeführt werden darf. Die Gefahr der D

eins{leppung von Rußland her ist die geringste, denn die über- zuführenden Tiere werden dort tierärztlich untersucht, müssen eine Quarantäne durchmachen und werden in plombierten Waggons über die Grenze direkt in die Schlachthäuser transportiert. Die gute Absicht der Zulassung des Kontingents wird freilich durch gewisse Manipulationen der inländishen Fleisher und Händler vereitelt, indem nicht das ganze Kontingent abgenommen oder anderfeits der Preis so in die Hre getrieben wird, daß die Fleisher mit Verluft arbeiten müssen. Da kann man \ich gar nicht wundern, daß \{ließlich die Schweinefleishpreise 70 bis. 100 „5 betragen, Preise, die der ober- \{lesiche Arbeiter niht anlegen kann. Kleine Fleischer bekommen manchmal überhaupt keine Schweine aus den Shlachthäusern, während große Firmen unerhört begünstigt werden. Die Ursache davon liegt in den Polizeibestimmungen, betreffend das Kontingent ; diese Bestimmungen haben ih als direkt widersinnig erwiesen. Beseitigt werden müssen auch die \cikanösen Abgaben, die den Leuten auferlegt werden, die si direkt über die Grenze das Fleisch in Säcken bis zu 2 kg aus Polen holen; gehen doch täglich Tausende und aber Tausende zu diesem Zwecke über die Grenze! Auch die Fleishbeschau- gebühr müßte fallen oder auf Staatskosten übernommen werden; es handelt si doch um kleine Leute, vielfah um solche, die keine Steuer bezahlen, Die Seuchengefahr ist bei 2500 Schweinen L ebensowenig aufgetreten, wie früher bei 1260; also kann man au

ruhig eine weitere Erhöhung des Kontingents eintreten laffen. Die freie Einfuhr wird das Fleis billiger und besser Doe In An- betrat der Not, in der si der obershlesishe Arbeiter befindet, sollte doch die Negierung diesen Klagen ein gencigtes Ohr schenken.

Abg. Gamp (Rp.): Der Vorredner hat speziell Beshwerden vorgetragen, die besser an anderer Stelle vorgetragen würden. Er gibt zu, daß die preußische erun ih Mühe en habe, die Schweinezucht zu heben und die Preise durch Auéschaltung des Zwischenhandels zu verbilligen, daß thr das aber nicht ge- nügend gelungen sei. Tatsächlich wird das jeßt festgeseßte Kon- tingent noch lange niht erschöpft, die preußishe Regierung hat also keine Ursache, ein unlimitiertes Quantum zuzulassen. Die erwäbnten Polizeibestimmungen können niht entbehrt werden. Die Einfuhr freigeben und das zulässsge Quantum erhöhen, das find zwei vershiedene Dinge; bei unbeschränkter Einfuhr könnte sehr leicht die ganze tierärztlicke Kontrolle auf dem Papier stehen bleiben. Der Abg. Korfanty vergißt, daß die Löhne der Arbeiter im Westen weit höher find als in Oberschlesien ; warum gehen die Arbeiter von da nicht dorthin? Ja, das i} ganz ernst gemeint; in Deutschland besteht doch die Freizügigkeit und die Arbeiter machen \ih die höheren Löhne zunußze; das können die Oberschlesier auch und sie können dort viel besser Deuts lernen. Am Rhein ist ein so erheb-