1907 / 7 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Jan 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Versammlung zur Bildung eines kolonialen Aktionskomitees.

Im großen Konzertsaal der Königlichen Hochschule für Musik fand gestern abend die E von den namhaftesten Ver- tretern der Wissenschaft, Kunst und Utezatur einberufene Versamm- lung zur Beshluß\afsung über die Bildung eines k olonialen Aktions- komitees statt. Um 8 Uhr erschien au der stellvertretende Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts, Wirkliche Geheime Rat

ernburg, von allen Seiten lebhaft begrüßt. Gegen 84 Uhr er-

lag des Profe}}ors D. Dr. Kahl zum Vorsißenden gewählt wurde. 8 e folgender Antrag vor: „In Erwägung, daß ein großes Kulturvolk, wîe das deutsche, sich nicht dauernd auf Binnenpolitik be- \{ränken kann, sondern neben den anderen Nationen an der Kolontal- und Weltpolitik teilnehmen muß, in Erwägung, daß die späte Bildung des Deutschen Reichs als Nationalstaat unser Volk erst in allerjüngster Zeit an diese Aufgabe hat herantreten lassen und infolgedefsen weiten Kreisen die uns auferlegte weltges(hicht- lihe Pflicht noch nicht zum Bewußtsein gekommen is, in Erwägung, daß die ehrheit des Reichstags, wele die Forderungen für Südwestafrika ablehnte, nicht bloß unfere weltpolitische Stellung, sondern auch das Gebot der nationalen Ehre verkannt hat, in Erwäguny, daß bei den bevorstehenden Neu- wahlen diese Frage von der höchsten Bedeutung sein wird und Deutschland eines Reichstags bedarf, der nit klein- mütig und zögernd, nicht nach Bedürfnissen der Fraktionstaktik, sondern mit der Entschlossenheit, die das Bewußtsein eines frohen Zieles gibt und verlangt, an diese Fragen heran- tritt, beschließt die Versammlung, ein Komitee einzuseßen mit dem Auftrage, ohne unmittelbares Eingreifen in das Parte getriebe das Verständnis für die Kolonial- und eltpolitik in den Kreisen der Wählerschaft zu erweitern und zu verttefen.“

unan ergriff der stellvertretende Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts, Wirklihe Geheime Nat Dernburg das Wort zu folgenden Ausführungen: N * O

„Meine Herren! Wenn Sie gütigst zugestimmt haben, mich s vor Ihnen zu hören, so is es wohl jedem von Ihnen klar gewesen, daß ih mich über die allgemeine Situation, wie fie sih durch die jüngsten und auch die früheren parlamentarischen Vorgänge gestaltet hat, nicht wohl äußern kann, und daß ich in meiner Stellung für die von der einen oder der anderen Partei vertretene These nit eintreten kann. Es is aber auh nach meiner Auffassung von dem Amte, welches ih bekleide, durhaus unnötig. Die éFrage der deutschen Kolonien, ihre Behandlung und ihre Zukunft ift meines Erachtens ganz unabhängig von der Stellung, welche man im deutschen politischen Leben als Parteipolitiker einnimmt, sie ist unabhängig von der Konfession, sie ist unabhängig von der sozialen Stufe, auf welcher sih der Beurteilende befindet. Das Erfreulihe an den Kolonien ist gerade, daß sie ein verhältnismäßig freies Feld geben für die unein- geschränkte Betätigung eines zivilisierten Volks, wie des deutschen, nah der Richtung der Uebertragung der ethischen Ideale, der A Fortschritte, seiner vorgeschrittenen wirtshaftlihen - Ent- widcklung.

Wie es alle kolonisierenden Nationen erfahren haben, it ¡war die kolonisatorishe Aufgabe eine s{höne, aber auch eine ungemein {hwierige und mit erheblihen Ausgaben verbundene. Die Nation, welche hier- für die Erkenntnis oder die Voraussezungen niht hat, wird nit erfolgreich kolonisieren können, und es if ein Prüfstein auf das Selbsts bewußtsein einer Nation, auf ihr ideales Streben und ihre materiellen Mittel, wie sie \ich einer solhen Aufgabe gegenüberstellt. Für uns Deutsche ist die Periode, in der wir leben, dieser Prüfstein, wo die materiellen Erfolge noch kleiner sind, als man sie nah den auf-

ewandten Mitteln, und zwar unverständigerweise, verlangte, da nglüdsfälle, wie drei Aufstände in drei Jahren, große Anforderungen an die Opferfreudigkeit der deutschen Nation ge tellt haben, und es steht jeßt zur Frage: Fühlt sich die Nation innerlich kräftig und stolz enug, eine einmal begonnene Kulturaufgabe nicht aufzugeben, fühlt e sich rei genug, weitere Ausgaben zu machen, die nit unmittel- bar rentieren, oder will sie sich in Kleinmut, unter allerhand Aengstlich- keiten und gedeckt durch den Dampf, den die Kanoniere der Kolonial- skandale erzeugen, zurüdtziehen ? oro es Politiker gibt, wele die Kolonien aufgeben wollen, unterliegt heute keinem Zweifel. Daß andere sehr s{heu geworden sind, steht leider fest; daß eine gewisse Müdigkeit ggntcelen ist, ist niht zu bezweifeln. Demgegenüber gilt es jeßt R, ob die deut|che Nation noch glaubt, eine größere Mission erfüllen zu können, die gewisse Anforderungen an sie in allen ihren Teilen stellt, oder ob sie materialistis{ bequem und gedanken- träge ausgetretene und unrühmlihe Pfade wandeln will. Daß diese Pfade, gegenüber einer ganzen Anzahl zielbewußter Nationen, die ihre Sue Hilfequellen immer mehr und mehr zu einer geshlossenen irtshaft ausbilden, auch materiell unser Volk in etnen Sumpf führen werden, ist klar.

Nicht mit Unrecht hat man dem deutshen Volk die Bezeichnun des Volks der Denker und der Dichter beigelegt, und fo hart au der geistige leine Posi der Nationen gewesen ist, so hat do

o ult

D llee der Professor Dr. Sh moll er die Versammlung, der auf Vor-

Deutschland seine tion, in Hinsicht auf die Geisteswissenschaften an der Spitze der urnationen zu marshieren, stets zu verteidigen gewußt. Neben diefen älteren Eichenkranz hat das leßte Jahrhundert einen zweiten gehängt, das Jahrhnndert, in dem Deutschland an die E der Nationen in bezug auf die angewandte Wissenschaft, auf die Technik getreten ist. Diese Mittel aber sind die modernen ittel der Erschließung fremder Weltteile,“ der Hebung niedriger Kulturen, der Verbesserung der Lebenslage für Schwarze und Weiße, und es ergeht an das deutshe Volk die Frage, will es hinsichtlih seines Kolonialbesißzes verzichten auf die Stellung, die es sich im heißen, ernsten und edlen Wettstreit erworben hat, die erste zu sein in bezug auf die Geisteswissenschaften, die erste in bezug auf die angewandte Technik. Das i die große Frage der Stunde, und ih bin sicher, wenn sie klar und deutlih der Nation vor Augen geführt wird, wird die Antwort ein energishes Nein sein.

Wenn ein Mißmut über die großen Opfer entstanden ist, so liegt das zum großen Teil daran, daß es in die breiten Schichten unseres Volkes bisher noch nicht gedrungen is, was denn eigentli Kolonisation heißt, weil diese Probleme den Binnendeutschen doch sehr fern liegen. Ich halte es auch nit für unnüßlih, hier ganz kurz darüber zu sprechen. / Kolonisation, ganz gleichgültig, ob es si um Plantagen- kolonien oder um N bewa rig handelt, heißt die Nuzbar- machung des Bodens, seiner Schätze, der Flora, der Fauna und vor allem der Menschen zu Gunsten der Wirtschaft der kfolonisierenden Nation, und diese ist dafür zu der Gegengabe ihrer höheren Kultur, ihrer sittlihen Begriffe, ihrer besseren Methoden verpflichtet.

Angewandt meint dieser Saß aber, daß das ganze Bild eines folhen in Kolonisation genommenen Landes \sich von Grund aus ändert. Es ändert \sich zunächst und von dem Gesichtspunkte des Naturhistorikers au leider die ganze Fauna. Es vershwinden die wilden und gefährlichen Tiere: in den meisten Fällen seßt der Euro- päer Prämien auf deren Erlegung. Es verschwinden die nicht zähm- baren Nußtiere, die ihres Elfenbeins, ihres Felles usw. wegen erlegt werden, und es treten an ihre Stelle andere Nugtiere, die importiert werden. Mit dem Verschwinden dieser Tiere und der Anzucht anderer ändert fich aber natürlich au ein Teil der Beschäftigung des Ein- geborenen. Ebenso ändert sih die Flora, teils wird sie vom Ein- geborenen raubbqumäßig ausgebeutet, weil hohe Preise für die Produkte gezahlt werden, z. B. für Gummi, teils fällt sie der wirt- S Kultur mit besseren Methoden zum Opfer. Der Urwald wird teils ausgerodet, teils forstmäßig verwaltet, die Dschungel werden durch Bahnen und Straßen durchbrochen. Aus Gründen der Schiffahrt und der Hygiene werden Wasserläufe korrigiert. Alles dies ändert naturgemäß wieder an seinem Teil auch die gewohnte Lebensweise und die gewohnte Arbeit des Eingeborenen. Dann kommen neue und bis dahin unbekannte Pflanzen, wie der Kakao und der Kaffee, die Baumwolle, der Sisalhanf und der Gummibaum, wenn nicht ganz unbekannt als Spezies, so doch als Vartetät und mit ganz neuen Kulturmethoden, und au denen muß si nun wieder der Eingeborene anpyafsen,

Mit diesem allen aber kommt eine neue. Obrigkeit mit neuer Sprache und ein neues Recht, und niht zum wenigsten es kommt zu ihm ein neuer Glaube, neue moralische Begriffe, und es kommt zu ihm die Schule, Dinge, die, zusammen neu auftretend, selbst einen Guropäer in Verwirrung seßen würden. Nun is aber der Eingeborene der wichtigste Gegenstand e Kolonisation, ganz besonders in allen unseren Planta enkolonien. Denn da die Sklaverei Gott sei Dank abgeschafft ift, die geeigneten Arbeiter also nur entweder auf dem Wege des Kontrakts aus anderen Kolonien, oder aus der eignen bezogen werden können, und die manuelle Leistung des Ein- geborenen das wichtigste Aktivum bildet, so liegt hier ein eminent wichtiges Problem. „Jh glaube nicht“, sagte das englishe Parlaments- eceo Bs beim vorjährigen internationalen Baumwollkongreß in Manchester, „daf, ein europäischer ronen für irgend eine Frage notwendiger ‘it als für die einer Behandlung der \ warzen Rassen, die den zuropäishen Mächten untertan geworden sind.“ Tausende pon Jahren haben jene Eingeborenen gelebt vom Krieg und der Sklavenjagd, von Jagd und. vom Tierfang, von der E Gewinnung wilder Früchte, in den wenigsten Fällen von sehr mühelos wachsenden Pflanzenkulturen. Jahrtausende haben sie ihre eigenen Chefs und deren Gerichtsbarkeit gehabt, Jahrtausende war es ganz in der Ordnung, daß man die Rache am Feinde nahm unmittelbar, daß man Seen hielt, so viele man bezahlen konnte, daß man die Feinde nit nur töôtete, sondern auh fraß. Jahrtausende hat man an die Fetische und die Erdgeister geglaubt. Nun verlangen gewisse deutsche Kolonisatoren, daß innerhalb 30 Jahren oder einem ähnlichen Zeitraum nun diese Menschen alle umgewandelt werden, zivilisiert und produktiv werden nah europäischer Methode, Handel treiben und konsumkräftig werden sollen. Wenn hon die Geschichte aller anderen folonisatorishen Nationen das direkte Gegenteil lehrt, so führt eine einfahe Ueberlegung zu demselben Resultat. Saa] B

Meine Herren, das ist das Hauptproblem. Daß dieses eines der {chwersten Problene ist, die es überhaupt zu lösen gibt, zeigt Ihnen die Geschichte der Vereinigten Staaten. Dort haben Sie seit 100 Jahren und mehr eine meistens von der afrikanischen Westküste bezogene s{warze Bevölkerung, also aus den Gegenden, wo unsere Kolonien Togo und Kamerun liegen. Seit dem Jahre 1864 hat man diesen Negern die vollen Bürgerrechte eines republikanischen Gemeinwesens verliehen, mehr als 40 Jahre üben sie dieselben aus. Aber wenn man heute fragt, wo kann eine Gefahr für den Bestand der nordamerikanischen Republik und ihrer politishen Verhältnisse liegen, fo. wird ausnahmslos hingedeutet auf jene Masse von 9 WMillionen vtiertel- und halbgebildeter Neger, die ihre ererbten Cigenschaften niht verloren, von der Kultur nur diejenigen an-

enommen haben, die ihre Rechte vermehren, und deren Selbst- ewußtsein in den meisten Fällen in einem umgekehrten Verhältnis zu ihrer Inteligens und - threr Leistung steht, und das sind auz- nahmslos christlihe Neger in der dritten und vierten Generation, freie Amerikaner in der zweiten. Hier liegt das kulturelle Problem, das ethishe Problem, welches wobl wert ist, daß man [Bu besten Kräfte einsege. Wenn man mit gewalttätiger Hand eingreift in uralte Lebensgewohnheiten, Familienrehte, wenn man in aller Ehrlich- keit und mit allem Wohlwollen zu Felde zieht gegen den Aberglauben, wenn man Rechtsbegriffe auspfropft, wo - das entsprechende Rechts- empfinden fehlt, wenn man deutsh verwaltet mit er An ttiGteit des hohen Rehnungshofs in Potsdam, wenn man die eger, deren Leistungsfähigkeit in den Tropen teils durch die Ungewohnheit zur Arbeit, teils dur das furhtbare Klima eine beschränkte ift, zu stark anspannt, und wenn man ich sage das mit aller Ueberlegung über manche üblen und grausamen Gewohnheiten niht unter Um- ständen wegsehen kann, so kommt man natürlih in den Zustand des beständigen Konfliktes, und wo man auf selbstbewußte, gut bewaffnete und ihrer numerishen Ueberzahl nah sihere Eingeborene trifft, kommt man selbstverständlih in den Aufstand, den man mit großen Opfern zu beruhigen hat. Hier hilft nur langsame, verständige, überlegte Tätigkeit besonders befähigter und vorgebildeter Leute, deren Bewegungs- fähigkeit niht zu stark eingeshränkt werden darf. Nicht zu viel Vorschriften, keine Bureaukratie, sondern Männer mit gesundem Menschenverstand, freier Anschauung, die nicht zu viele Ziele zuglei im Auge haben und den Druck der neuen Regierung nur da ausüben, wo e gen zur Erfüllung jener beschränkten Aufgaben absolut not- wendig til.

Meine Herren, wie hat man früher kolonisiert? Es kam der ändler, es kam die Adventurers Company, und sie verkauften dem ingeborenen, was er am liebsten haben wollte, den Schnaps, das

„Feuerwasser“, die Feuerwaffen. Man hat damit den Grund zur Zerstörung großer Massen gelegt. Es is ja zweifellos, daß manche Eingeborenenstämme geradeso wie manche Tiere in der Zivilisation untergehen müssen, wenn sie niht degenerieren und Staatspensionäre werden. In unseren deutschen Kolonien find wir erfreuliherweise mit diesen Elementen nit zu stark belastet. Aber die Geschichte der Kolonisation der Vereinigten Staaten, do des größten Kolonisations- unternehmens, das die Welt jemals gesehen hat, hatte als ersten Akt die nahezu vollständige Vernichtung der Ureinwohner. Demgegenüber ist es eine Freude, zu konstatieren, daß mit dem kulturellen Fortschritt in der Welt auch die Kolonisationsmethoden eine große Wandlung haben durchmachen können. Hat man früher mit Zerstörungsmitteln folonisiert, so kann man heute mit Erhaltungsmitteln kolonisieren, und dazu gehören ebenso der Missionar, wie der Arzt, die Eisenbahn, wie die Maschine, also die fortgeshrittene theoretishe und angewandte Wissenschaft auf allen Gebieten.

Wir haben erfreulihe Zeugnisse des Wirkens der Missionen in unseren Schußgebieten, und ih brauthe als Bürger eines Staats mit christliher Kultur mi über die eit dieser Seite niht weiter auszulassen. Wir haben glänzende esultate des Arztes. Dem deutschen Arzt ist es gelungen, den gefährlihsten Feind der Weißen, die Malaria, zu bändigen. Nach den neuesten Nachrichten ist es ihm gelungen, einem der gefährlihsten Feinde der Schwarzen, der im leßten Jahre über 300 000 Opfer gekostet hat, der Shlafkrankheit, energish entgegenzutreten. Er hat ein Mittel entdeckt, um die Rinder: pest durch Impfung zu bekämpfen, eine Krankheit, die noch in unserem üdwestafrikanishen Schußgebiete innerhalb 20 Jahren Hunderte von

illionen gekostet hat. Dazu kommt die Bekämpfung der flanzen- krankheiten und -Schädlinge, lauter Feinden unserer wirtschaftlichen Kultur. Wir haben als wihtigstes Kolonisationsmittel die Eisenbahn. Sie nimmt von den Schultern und dem „Rücken von Hunderts- tausenden von Trägern die Last, matt sie für andere Lätigkeit frei, verstattet ihre Bewegung nah den Orten, wo die Arbeit gefragt ist, sichert die Geseßmäßigkeit und die Rechtspflege. Die Eisenbahn macht den Eingeborenen konsumfähig. Denn wenn von unseren deutschen

okffupatorisch zu gewinnenden Güter, seinen Weg nah der Küste findet, der Nest aber verdirbt, so ändert dies die Eisenbahn mit etnem Schlage, und Hunderttausende ja Millionen von Eingeborenen werden verdienstfähig und beginnen ihren Verdienst anzulegen in Kultur- gütern, die, wenn auch zunächst noch keinen sehr hohen Wert haben,

In den „Mitteilungen der Ost-{

weizerishen geographi\M- kommerziellen Gesellschaft“ O

war vor 10 Jahren vor dem Bau der Eisenbahn ee und konnte nun Vergleiche anstellen. Er s{reibt, da s erstaunt war über die gewaltigen Veränderungen welche die

isenbahn besonders unter den Bergvölkern im Innern hervorgerufen hat. In friedlichen Kraalen wohnend, seien die wilden Stämme jeßt vollständig für die Arbeit gewonnen, und viele beginnen bereits englisch zu sprehen. Die vor 10 Jahren zu jeder Arbeit notwendigen indischen Kulis, welhe 28 Francs pro Monat kosteten, find dur einheimishe Neger erseßt, welche für 7 bis 10 Francs monatlich arbeiten. Das zeigte sich übrigens hon bet dem Bau des Endstückes der Eisenbahn, denn von 5115 Arbeitern, welche die Bahnverwaltung im Jahre 1904 beschäftigte, waren {on 2342 Afrikaner und von

er

4286 Arbeitern im leßten Baujahre 1905 sogar {on 3175 afrikaniscke

Kolonien nur gegenwärtig ein mintimaler Prozentsaß, selbst der |

Eingeborene. Raubzüge, die früher in dem Gebiete der Eisenbahyz an der Tagesordnung waren, sind jeßt infolge des neuen Verkehrs, mittels geradezu unmöglih geworden. Dage en hat der Aerbau der Eingeborenen und der Export von Körnerfrüchten, Kartoffeln und rens ui 2 dem Innern von Uganda seit 1903 sich verdoppelt und verdreifacht.

Die Technik it vielleihi die wichtigste Hilfswissensc(aft des Kolonisators. Wir haben den Bohrtehniker und den Windmotor, von dem wir mit Sicherheit erwarten Tônnen, daß sie das große, jeßt als wasserlos geltenve südwestafrikanishe Schupgebiet in denselben blühenden Zustand verseßen werden, in dem \ih zur Zeit die englishe Kapkolonie befindet, die unter gan gleichen Verhältnissen empor, gewachsen ist, aber mangels dieser Hilfsmittel auch hundert Jahre dafür gebraucht hat. Wir haben den Elektrotechniker, der große ausbeutungsfähige Wasserkräfte in den Dienst der Kultur spannen wird. Ja fogar die direkte Sonnenwärme_ zu motorischen Zwecken nußbar zu machen, ist gelungen, und die Versuche haben si besonders in Kalifornien unter klimatischen Verhältnissen, die denen von Süd- westafrila ähnlih sind, angeblih nußbar gezeigt. Wir haben den Geologen, der heute noch unbekannte, aber jedenfalls sehr große mineralische Schätze finden und dadur etner großen Anzahl von Menschen eine lohnende Beschäftigung geben wird.

Unsere Juristen helfen uns, einheimisches Recht und fremden Gebrauch nüßlich zusammenzuschmieden ; „die vergleihende Rechts- wissenschaft findet auch in Afrika ein ähnlich reihes Feld ihrer Betätigung, wie die vergleihende Völkerkunde und Anthropolo ie, der wir ja auh bezüglich der Erforschung unserer Schutzgebiete {hon manches zu danken haben. Dazu kommen Chemie, Geographie. Botanik, Zoologie usw., die wieder der Landwirtschaftslehre vor- arbeiten, in welcher si ein spezieller Zweig, die tropishe Landwirt= schaftslehre, ausgebildet hat.

Unsere Theologen und die vergleichende Religionswissenschaft werden unsere Missionen unterstüßen in der Erkenntnis der Wege, wie alte Anschauungen durch christlihe Begriffe erseßt werden. Unsere Philologen bringen uns durch Feststellung der orte und Wort- Tombinationen das Geistesleben der Eingeborenen näher. Unsere Volkswirtschaftler und Historiker ziehen die Vergleihe mit der Tätigkeit anderer Kolonisationsnationen und werden uns helfen, aus deren Erfahrungen unsererseits ohne teures Lehrgeld zu lernen, wo es nicht etwa durch die absolute Neuheit der Situation notwendi wird. Die Statistik ist, wie auf allen Gebieten der e so Ls auf dem der Kolonialpolitik, n‘cht zu entbehren. Neue Methoden in der Landvermessung stellen die Sicherheit des Besißzes \cMneller her als wie zuvor.

Diese Beispiele lassen sih willkürlich vermehren, und sie zeigen, wie man moderner Weise kolonisieren soll, wie et dieser Kolonifation die angewandte und die theoretis%e Wissenschaft die Hand zu reichen haben und wie die Fehler vermieden werden können, die unnüße Opfer, viel Blut und mancherlei Schwierigkeiten zu Hause und draußen verursachen. Dieses Fortschritts wird sih dann schnell der Handel und das Kapital bemächtigen. Eine verständige Regierung wird diese Bahn zielbewußt verfolgen, unddie Periode des Ueber- gangs, in der die Opfer noch den Nutzen überwiegen, wird wesentlich, abgekürzt werden. i : E

Es sind aber nicht nur die Wissenschaften, die hundertfältige Be-- ziehungen zur Kolonialpolitik haben. Auch die Kunst findet ein reiches Feld von Aufgaben und Motiven und vermag mit Mitteln, wie sie keine Wissenschaft besißt, uns diese weit entfernten und wunderbaren Länder und Leute menschlich näher zu bringen. Dichter, die wie Kippling in England, Pierre Loti in Frankrei, ihre Motive aus- {ließlich aus den Kolonien nehmen, haben wir freilih noch nit in Deutschland, und unsere Maler haben es sich bisher noch entgehen lassen, thre Motive unter tem dankbaren blauen Himmel von Südweft- afrika und in den Urwäldern von Togo und Kamerun oder am Kilimandjaro zu holen. Aber da es die Aufgabe der Kunst ist, durch ihre Werke in jedem Menschen das Beste und Edelste, das in ihm ver- borgen ist, auszulösen und die Empfindung in das Bewußtsein zu übertragen, so hat fie auch in unseren Kolonien eine große Aufgabe. Denn uns find in denselben geschenkt Länder von wilder Schönheit, von einer großartigen Natur, Tier- und Pflanzenwekt. Es liegt in dem Wesen der Kolonisation, daß sie diesen Dingen nicht freundlich ist, daß sie zu einer gewissen Zerstörung und Zurücdrängung hinneigt und aus materiellem Interesse in das Antliß von Gottes freier Natur hineinzukorrizieren suht. Da hat die Kunst die Sendung, den Sinn: für das Edle und Schöne in einer freien und unberührten Welt ju: heben, da wird der Dichter und der Musiker wie der bildende Künstler der deutshen Nation einen großen Dienst, ihrer ethischen und ästhetishen Empfindung einen großen Vorschub leisten.

Es soll bei allen diesen Gesichtspunkten niht vergessen werden, daß die Kolonialfrage zum guten Teile eine Geldfrage ift, und es ift die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Nation zu prüfen. Man be- rechnet, daß das Deutsche Reih in 22 Jahren 700 Millionen Mark für seine Kolonten ausgegeben habe. Das macht im Dur(hschnitt etwa 30 Millionen Mark jährli, wobei ganz außer aht bleiben kann, daß unter den Ausgaben sih auch viele Millionen für werbende Zwecke befinden, ih also noch bezahlt machen werden. In diesen 22 Jahren hat sich das deutsche Nationalvermögen um mindestens 30 000 Millionen vermehrt. Die Ausgaben für die Kolonien betragen

also etwa 2 9/9 von dem Zuwachs des deutschen Nationalreihtums-

während der Zeit der Ausgabenbestreitung. Die Sparanlagen des deutschen Volkes in den öffentlihen Sparkassen betragen zur Zeit jährlich etwa 700 Millionen Mark, und die zeitigen Einlagen in diejen Sparkassen etwa 13 000 Millionen. Es betragen also die ge‘amten Ausgaben für unsere Kolonien in 22 Jahren niht mehr als der weniger bemittelte Teil unseres Volkes in einem Jahre zurückgelegt hat und durchsnittlichß aufs Jahr gerehnet weniger als ein Viertel bom Hundert des Sparkassenvermögens. Wenn die Kolontalpolitik bis jet einem besonderen Kreise des deutschen Volkes Vorteil gebracht hat, so ist es der Kreis der Jndustriearbeiter. Die kapitalistishen Unter- nehmungen in den Kolonien sind noch zu jung, um son beträchtliche Gewinne zu bringen. Aber der Handel Deutschlands in seinen Schutze gebieten hat sich günstig entwidelt. Von einem Gesamthandel der L a Schutzgebiete außer Kiauts{ou von 100 Millionen Mark gehen etwa für

50 Millionen deutshe Industrieprodukte zur Zeit nah den Schuß-- gebieten, außer Kiautshou, wobei niht in Rehnung gesetzt ist, was

an deutschen Waren noch über England, Zanzibar usw. nah unseren

Kolonien | ms, Nimmt man an, daß unsere industrielle Ausfuhr:

an den Kolonien im Werte von 50 Millionen Mark dur Zahlung von 40 Millionen Mark Löhne fabriziert wird, und daß die Arbeiter etwa !/; des jährlichen Neich8aufwandes für tie Kolonien, nämli 10 Millionen Mark, zu tragen hâtten, so würde immer noch auf jede Mark Aufwand 4 #4 Einkommen an Verdienst treffen, das dur die Kolonien bedingt ist. Auf die Gesamtheit der in Deutschland ge- zahlten Arbeitslöhne von jährlich über 12!/, Milliarden Mark und

do cinen gewissen besißen, und die ‘wieder andere Eingeborene dazu | anreizen, sich auf dieselbe friedlihe Weise in deren Besiß zu seten. |

i t berihtete ein Forshungsreisender vor | kurzem über den Einfluß der Uganda-Bahn in dem Deutsch-Ostafrika | benachbarten Gebiete auf die Eingeborenen dortselbst. Der Reisende | {hon in A |

bei einem Beitrag von 331/; 9/6 seitens aller Lohnarbeiter in Deutsch- land zu den kolonialen Unkosten würden auf jeden Mann mit 1000 4 Einkommen 80 S pro Jahr an Beisteuer zu den kolonialen Kosten kommen, das ist der Lohn für eine bis zwei Stunden Arbeit im Jahr. Wir zahlen gern im Interesse unserer Wehrkraft und unserer Macht- stellung und für an fa ganz unproduktive Leistung unser Armee- und Marinebudget. Dasselbe und zwar nur die ordentlihen Ausgaben ohne Neubauten is 728 Millionen in 1906, also in einem Jahre mehr: als uns die Kolonien, die dech werbenden Zwecken dienen, uns in 22 Jahren bei vier größeren Kriegen gekostet haben.

Aber noch deutlicher wird die Frage illustriert, wenn Sie die-

Gesamtauslagen für die Kolonien mit dem Nationalvermögen in Ver- gleih bringen. Dieses Nationalvermigen hat man {on vor 10 Jahren auf etwa 150 Milliarden Mark angeseßt, die Ausgaben für die Kolonien in 22 Jahren sind davon 1/, °/0. Von jeder Mark deutschen Naltionalvermögens ist in der ganzen Zeit unseres Besißstandes !/, in unsere Kolonien gegangen. Wer sich diefe Ziffern vor Augen hält, kann nit sagen, daß die Anforderungen, die unser kolonialer Besi an uns stellt, solhe find, die die deutshe Nation nicht gern und freudig leisten könnte.

Wie die angewandten und die theoretishen Wissenschaften zu

M \afe und Angoraziegen exiftieren.

M um diesen anscheinend so unertragsfähigen Boden mit bo S Produkte liefernden Pflanzen zu beseßen. Manches ist noch im Anfang, 7 E vielleicht gussichtslos, aber“ viele \{chöône Resultate sind bereits F erzielt,

P Ziffern klar mahen. Man hat gerechnet, man würde in Deut

einer kolontalen Entwicklung beitragen können, soll an einem prak- tischen Beispiel auseinandergeseßt werden, und ih wähle dafür gerade unser südwestaftikanisches Schupgebiet, welhes in der leßten Zeit ja im Vordergr1:nd des Interesses gestanden hat.

Weit und breit war und is auch wohl zum Teil noch die Ansitht vorhanden, daß wir eine Sand- und Steinwüste dort mit Opfern offupieren, die uns das Land niemals wiedergeben kann. Wäre dies nit, so argumentiert man, so würde nie dieser lange Küstenstrich der Beseßung dur unsere englishe Nacbarn- entgangen sein. Es ist in der Tat geologish ein merkwürdiges Land; von der Küste cinwärts ist zunächst ein 69 bis 100 km breiter Sanddünenstreifen wasserlos, pfadlos, und er ist es, der andere Nationen abgeshreckt hat. Sind doch noh in den lezten Jahren in diesen Dünen eine Anzahl von CGuropäern verdurstet und verhungert, weil ihre Pfade verweht waren. Zwei Eisenbahnen überwinden diesen font tagelang aufhaltenden und große Ausrüstung notwendig machenden Streifen jeßt in ein paar Stunden in täglichen Zügen. Das Land felbst, nur gering mit Baum- wuchs bestanden, ist nur etwa zu Dreivierteln gründlich bekannt ; denn jenes lehte Viertel, das Land der Ovambos, ist zur Zeit esperrt, weil man sih klar ist, daß man mit der bisherigen Methode des Eindringens nur Schwierigkeiten haben wird. Denn die Waffen, die jene Leute besißen, sind dieselben, wie sie unsere Soldaten be- sigen, und wir müssen andere Mittel anwenden, um die Superiorität des Deutschen zu zeigen, diese Mittel habe ih obe angeführt. Der Nest ift größtenteils ein Weideland. Es ift jeßt ziemli verödet, aber nit, wie man annimmt, im wesentlihen als eine Folge der deutschen Okkupation und der daran si knüpfenden Kriege, gondern cine Folge der jahrzehntelangen Fehden zwischen den dort wohnenden Hottentotten und Bantustämmen, in denen der räuberishe und kraft- volle Hottentotte den {wächeren und dur seinen großen Viehbesitz unbewegliheren Herero bedrängt hatte, und eine Folge jener aus dem Innern von Afrika eingeschleppten Rinderpest, der ungeheuere Vieh- aale ¿zum Opfer gefallen sind. In manchen Orten, wo man eine d lung veraustaltet hat, sind bis 98 0% der Tiere gefallen. Unsere istorishe Kenntnis lehrt uns aber, daß unser Schußzgebiet vor nicht langer Zeit bis zu 2 Millionen Stück Rindvieh in einem Werte von eiwa 200 Millionen Mark beherbergt hat, einem Wert, den jedes vierte oder fünfte Jahr in voller Höhe wieder reproduziert, Dabei sind während dieser Jahre selbst für den weißen Ansiedler die Produktionskosten eines Stück Rindviehs 25 bis 27 b, während der Verkaufspreis heute 300 4 ist, der in normalen Zeiten wohl auf 120 bis 109 M zurüdgehen dürfte.

Die vergleichende Geologie und Botanik aber lehrt uns, daß

5 Boden und Futterkräuter die gleichen sind fowohl im Norden wie im

Süden, wie sie in dem Betshuana-Land bzw. der Karoo der benach- barten Kapkolonie existieren, und die Statistik zeigt uns, daß auf ähnlich großen Territorien ähnlicher Gestaltung in diesen Ländern etwa 2 800 000 Stück Rindvieh und zwischen 10 und 11 Millionen Woll- “und Der Ackerbautechniker hat die Qualität dieser Flora festgestellt, er hat aber mehr getan. Fort-

. während werden neue Gewächse entdeckt in der ganzen Welt und

erfolgreihe Versuche für ihre Anpflanzung in Südwestafrika Femast, wertige

Eine vor mehreren Jahren verloren gegangene Kiste getrockneter

. Datteln, die auf den Weg gefallen war, zeigt dem erstaunten Wanderer F jeßt 3 m hohe Dattelbäume, die {hon auf F Es werden Versuche gemaht mit einem mexikanishen Gummistrauch,

angen, Früchte zu tragen.

der Guayoule, deren Erfolg noch dahinsteht, die aber dort in einem Klima, was durchaus ähnlich ist, und auf einem Boden, der nicht

Y besser ist und in gleiher Höhe lagert, als wildes Unkraut gedeiht.

Versuche werden vas mit dem von dem ele uvsiarogen

Ÿ Luther Burbank auf dem Wege der Selektion hergestellten stachellosen

Kaktus, der nahezu überall in den Kolonien gedethen würde. Die Tabakanpflanzungen, die denen des Transvaal nachgebildet sind, ge- deihen ganz ausgezeihnet in den Slußtälern. Mais und Bohnen, Weizen, Gerbstoffe, Baumwolle und Wein können fn großen Mengen angeseßt werden, und es is noch gar nit zu übersehen, wie weit das führen fann, sobald die t qlerer|Wliekung entsprechend fortgeschritten ist, Die aber wird jeßt von dem L ohrtechniker \systematish in die Vand genommen, und es zeit sih, daß an unzähligen Stellen Süd- westafrikas Wasser gut und reihlich zu haben ist, wenn man ent- sprehend danach gräbt, und zwar gar nit einmal zu tief gräbt, aber um es zu heben, braucht man dann den Windmotor, und dieser wieder braucht, um in das Land zu gelangen, die Eisenbahn. In der Kapkolonie, die reihlich Eilenbähnen besißt, hat man Wasser durch Bohrungen

3 ershlossen im Jahre 1903 11 Milltonen, 1904 10,7 Millionen Liter j pro Tag an Quellwasser, an Grundwasser 1903 16 Millionen, 1904 j 31,8 Millionen Liter pro Tag. Y der Arbeit. Kupfer wird erfolgreih gewonnen, viele andere Stellen j sind bekannt und werden jeßt prospektiert. Marmor und Diamanten

Daneben ist der Geoloze eifrig an

Goldspuren usw. weisen darauf hin, daß auch da die Geologie noch

} mancherlei aufzuklären, die Chemie mancherlei festzustellen hat; es j wird demnächst ein Laboratorium für diese Zwecke im Schutzgebiet jerrihtet werden,

Nachdem aber jet friedlihe Verhältnisse einkehren, ist die Haupt-

j aufgade: wie werden wir dafür sorgen, daß sih der Stamm der ¡Verero wieder erholt, wie werden wir ihm eine gemäße und der Kultur entsprehende Beschäftigung und eine Lebenssituation, in der er sh wie früher reihlich fortpflanzen kann, \{hafen, wie werden wir

den Hottentotten ihre Unstetigkeit abgewöhnen und fie von gefähr- lihen zu nüßlihen Bürgern mahen? Da kommen dann die Auf- gaben des Soziologen und Juristen, des Missionars und des Arztes ¡usaitimen, und da können {ne Erfolge erzielt werbe J Vor der Budgetkommission des Reichstags bat der Professor

[ Habn, ein im Schußgebiet geborener Deutscher, der seit 40 Fahren in

Kapstadt lebt, als hemisher Geologe großes Ansehen genießt und als

der beste Kenner des Kaplandes gilt, der aber auch unsere Kolonie

bereist hat, erklärt: „große Teile dieser Kolonie find nach allen Richtungen so gut und aus chtsreich wie die Kapkolonie“. i

Meine Herren, was das heißt, möhte ih Ihnen an ea Südwestafrika niemals eine große Anzahl von Europäern cus fônnen, Deutsh-Südwestafrika hat 842 000 qkm, die Kapkolonie hat 495 000 qkm, und es leben darauf 350 000 Weiße. Nach dem neuesten Jahrbuch der Weltwirtschaft betrug die Einfuhr in der Kapkolonie im Jahre 1903 700 Milltonen Mark. Nun is} ja nit zu vergessen, daß in der Kapkolonïe die roße Diamantmine von Kimberkey liegt und es noch sehr zweifelhaft ist, ob wir ein ähnlihes Diamant- borkommen bei uns finden, soviel Blaugrundstellen wir auch \{@oón intdeckt haben. Jh nehme deshalb von der Ausfuhr die Diamantén aus und stelle fest, daß für 20 000 000 Straußenfedeen, für 13 000 000 Angoraziegenhaar, für 37 000 000 Schafwolle und für 23 000 000 Edel- vetalle, ‘d. h, im wesentlihen Kupfer, ausgeührt worden find. Der Staat hatte am 31. Dezember 1903 4000 iem Staatsbahn în Betrieb, die ih mit durchscnittlih 31 0%, rentièrten, das Gesamtbudget war 290 000000 A und zeigte einen ÜebersGuß von 10 000 000 nah ahlung sämtlicher Zinsen, Annuftäten usw. für die Eisenbahn.

Meine Herren, wenn wir auch dies alles für Südwestafrika balb niht erreichen könnén, so kônnen wir do einen sehr großen til davon erreichen, und wir brauchen fein Budget von 230000000 4 und keine Ausfuhr von 450/600 000 und Einfuhr von 700 000 000 (6, in den Nachweis zu führen, daß Südwestafrika eine gute Kolonie tin kann. Jh persönlkh halte fie, und i sprehe das mit voller “eberzeugung nah langer Ueberlegung aus, für die sicherste sämtlicher Volonien in materieller und ilimatischer Beziehung, die wir Deutsche sigen, ungeahtet der wirkli hohen Meinung, die ich auch von dem est unseres koloñialen Besizes habe.

Ein Farmer, Herr Schlettwein aus Südwest, hat uns eine Anzahl i Rechnungen aufgemaht, wie nah feiner Erfahrung sich die Virtschaft dort gestaltet, und das ist durchaus befriedigend, einfa nd sehr vielversprehend. Er selbst ist in wenigen Jahren zu einem hen Manne dort geworden. Und {hon vor zwei Jahren wurden

die Aufstandsverluste der verhältnismäßig wenigen Ansiedler au an Millionen Mark beziffert. Dies beruht auf Ver eststellungen. :

Wie {h oben davon gesprochen, welche Beteiliqung die deutsche Wissenschaft und der deuts: e Geist an der Entwicklung der Sara nehmen können und sollen, so will ich au noch kurz darauf hinweisen, wie wichtig dieser Besiß für alle Klassen unserer Bevölkerung ift. Einen wirklichen Nuten an den Kolonien haben bisher nur die Industriearbeiter gehabt, welche ja jept die ganze Kolonialpolitik in Baush und Bogen verdammen wollen. Von jenen errehneten 700 000 000 A, die Deutschland für seine Kolonien ausgegeben hat, ist sicher mehr als die Hf wenn nit drei Viertel, als Arbeits, lohn in die Hände der Industrien ge angen und hat direkt die Arbeits- nachfrage „vermehrt und auf die Löhne eingewirkt. Aber unsere În- dustrie wird auch von der Entwicklung der Kolonien weiterhin eine starke Unabhängigkeit gewinnen in bezug auf ihre Nohprodukte und ihren Absaß, und wie s das ist, hoffe ih dieser Tage noch an e Ÿ bie gauoflbren ju hee i

Lu e Landarbeiterbevölkerung, die zum erheblichen Teil die Oelfrüchte und andere Produkte, die den ie riger sind, kon- sumiert, wird in ihrer Lebenshaltung erleichtert. Der Zersplitterung unseres Grundbesißzes in Deutschland wird in gewisser Weise entgegen- gearbeitet. Denn hon jeyt ist eine Anzahl von zweiten Söhnen besser gestellter Landwirte teils unterwegs, teils bereit, nah Südwest- afrika und in andere unserer Kolonien auszuwandern und dort neu zu beginnen, um eine weitere Zersplitterung des heimischen Familienbesitzes zu vermeiden. Die Bewegung ist sehr aus\ichtsvoll, wenn man bedenkt, daß Länderstrecken in Westafri!a von 13 mal der Größe des Deutschen Reichs für Weiße besiedelungsfähig sind, in Ostafrika nach Rechnung des Herrn Leue ein Gebiet mindestens in der Größe von Preußen, was dort um so wichtiger ist, als der Boden fruchtbar ist, d. h. eine

roße Anzahl von Siedlern vertragen kann. Der Nugen für Kauf- ins und für die Schiffahrt ist zu offenliegend, um darauf zurückzu- ommen.

Der Nußzen für die Entwicklung unserer Wissenschaft, der ange- wandten und theoretischen, ist ganz außerordentli. Deshalb handelt es sich, abgesehen von der materiellen Seite der Kolonten in, dem gegenwärtigen Zustand um große nationale Güter, und es ist not- wendig, daß im gegenwärtigen Moment verständige, in der Nation angesehene Leute, wie es im Hamlet heißt : i en Hins und ihr Seel’ im Kampf treten“, aufklärend und erleuDtend wirken, die Tat- sachen richtig, mit ihren Liht- und Schattenseiten darstellen und nicht nur selbst die Ueberzeugung von dem sittlihen und wirtschaftlichen Wert unserer kolontalen Arbeit gewinnen, fondern sie au der neuen Generation mitteilen, auf daß Deutschland der Ehre und des Nußtens, welchen ein blühender Kolonialbe ß mit sihch bringen wird, nicht verlustig gehe und hinter seinen Rivalen niht zurückbleibe aus Klein- mut, aus Mißverständnis und aus Uebelwollen. Meine Herren, in unserer Nation \{lummern wir haben das bei mancher ernsten Gelegenheit gesehen viele und starke Kräfte, die bereit sind, sih in den Dienst einer großen nationalen Aufgabe zu stellen. U Sie uns, diese Kräfte zu lösen. An Sie, die Hüter der Kulturgüter unserer Nation, an die Führer und Lehrer unserer heranwahsenden Geschlechter geht im nationalen Jnteresse unsere Bitte, helfen Sie uns, den Impuls ju erwecken, ohne den nach einem Bismarckschen Worte keine Kolonialpolitik Erfolg haben kann.“

Nach dkiesem Vortrage des stellvertretenden Direktors der Kolonial - abteilung des Auswärtigen Amts, dem lebhafte und anhaltende Beifalls- kundgebungen folgten, begründete Professor Dr. Delbrück den eingangs mitgeteilten Antrag. er badishe Geheime Rat, Professor Dr. Schäfer beleuchtete die koloniale Frage vom geshichtliGßen Stand- punkte aus. Er kennzeihnete die Weltlage, in der die koloniale Be- wegung der Gegenwart widerspiegelt, und wies na, daß es sich bei unserer kolonialen Bewegung niht etwa um etwas Willkürliches handele, sondern daß wir in diese Bewegung einfah hineingestellt seter, daß wir sie entweder mitmahen müßten oder von thr würden überflutet werden. Jene Anschauung, die heute am liebsten unsere Kolonien weggeben möchte, gehöre in die Vergangenheit. Der uta gehöre die Anschauung, die hinausblickt und dem deutschen

olke sein Teil an der Erde gönnt. Professor Schäfer zeigte dann an den Beispielen von Alaska und dem Oregongebiet, die auch zuerst verlästert worden seien, wie töriht und leihtfertig es sel, so schnell über Gebiete von der Größe unserer Kolonien zu urteilen, und forderte begeistert eine deutshe Kolonialpolitik als eine Pflicht unseres Volkes, im Interesse der Wohlfahrt und Zukunft und der Ehre der Nation, im Interesse der Kultur und Menschlichkeit. Professor Dr. Sering beantwortete hierauf die drei Fragen, warum Deutschland zuleßt unter den Großmächten in die Kolonialpolitik eingetreten ist, was der Anlaß dazu war und welches der volks- und me Gaste Wert unserer Kolonien is. Besonders eingehend behandelte er die wirt- shaftlihen Aussichten unserer Kolonien, die durchaus ‘niht \{chlechter als diejenigen in englishen und Franzo, ses Kolonien seien. Im Hin- blick Rar bedauerte er um so mehr die {chlechte Ausstattung mit Ver- kehrsmitteln usw. Wir sollten unter großen Gesichtspunkten an die Grschließung gehen, die sh reihlih lohnen werde. In dem Beschlusse des Reichstags aber seien leider wieder jener engherzige Parteigeist und die philisterhafte Sparsamkeit zum Ausdruck gekommen, die uns {hon o oft und so \{chwer geshädigt hätten. eStehen wir nun end- ih fest zusammen nach außen und zeigen wir der Welt den Willen zur Macht!“ Der bekannte Afrikareisende Sch illings {lug begeisterte Töne für unsere Kolonialpolitik aa, die in der Ver- sammlung ein Le Echo fanden, und rief die verlette deutshe Ehre zum Kampf für die große Sache auf. Professor Dr. Brunner polemisierte gegen die Mehrheitsparteien vom 138. Dees, Es müßten - diese vor dem deutschen Volk gekennzeichnet und ein gemein haftlihes Zusammen- wirken dex übrigen Parteien nach besten räften gefördert werden unter der Parole: Erst das Vaterland, dann ‘die der Professor D. Dr. Kahl noch vom staatsrechtlihen Standpunkt aus gesprohen hatte, wurde in vorgerückter Stunde der eingangs mit- geteilte Antrag einmütig angenommen.

Nr. 1 des „Zentralblatts für das Deutshe Reih“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 4. Januar, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen : Exequaturerteilungen. 2) Zoll- und Steuerwesen: Zulaffung selbsttätiger Verwiegungs- vorrihtungen zur Verwtegung vòn steuerpflihtigem Malz in Brauereien ; Vérlängerung der Frist für den steuerfreien Verkauf von Nestbeständen an H arettenblätthen; Veränderungen in dem Stande und den Be- fugn fen der Zoll- und Steuerstellen. 3) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. vis A

Nr. 3 des „Zentralblatts der C alta nA herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 5. Ja- nuar 1907 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnahrihten. Nichtamtliches : Neubau der Hauptkirche in Schöneberg bei Berlin, NRathaus und Theater der Residenzstadt Bückeburg. Neuere Klapp- brüden in Königsberg i. Pr. Vermischtes: Louis-Boissonnet- Stiftung für Architekten und Bauingenieure. Preisaufgaben des Architektenvereins in Berlin zum Schinkelfest 1908. Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den Neubau eines Nathauses in Wiesdorf (Rheinland). -— Königlih Preußishe Meßbildanstalt. Vom Teltowkanal.

artei! Nachdem [.

Grofthandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Börsenplätzen

für die W o che vom 31. Dezember 1906 bis 5. Jauuar 1907 nebst entsprehenden Angaben für die Vorw ohe.

1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nit etwas anderes bemerkt.)

Woche | Da- 31./12. | gegen É a DoA, 8 5./1.| woe

Berlin. 1907 G oggen, guter, gesunder, mindestens 712 g das 1 ,} 161,70] 166,11 Weizen, , Z 7 755 g das 1 ,| 180,50| 184,99 Hafer, s Ï « #40gdas1 ,| 165,70] 167,37

Mannheim.

Roggen, Pfälzer, russischer, bulgarischer, e 6

Weizen, Pfälzer, ru / s Hafer, badischer ssischer, amerik, rumän., mittel

E R adische, Pfälzer, mittel „77° Gerste badische, e

Wi Roggen, Pester Boden é s 118,94 118,83 L R E r 9 E: ,0 134,96 erste, slovakishe. . 141,03] 140,90

118,09 117,98 Mais, ungarischer { 95,16| 94,22 Budapest.

Roggen, Mittelware . . eizen, è S

171,88| 171,88 196,91| 196/00 177,50| 173,75 180,63| 180/63 135,00| 135/00

108,83| 107,03 afer, 122 74 125 03 Gere, Futter- ; / 108,49| 107/37 Mais, : 4 e 84,88| 106,10

Odessa.

Roggen, 71 bis 72 kg D 98,86} 98,86 Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das 11 , 115,33] 115,10

Riga.

Roggen, 71 bis 72 kg das bl O O

Paris.

Ro vi | lieferbare Ware des laufenden Monats { 19016 R

124,26

122,95 134,72

134,29

Antwerpen.

Donau, mittel 119,28] 119,22 O L 131,41] 131,35 Da 130,44] 131,35 Kansas Nr. ITI 130,69] 132,08 La Plata 139,74| 140,48 Kurrachee 129,39| 129,33

P 120,66

137,26 144,29 amerikan. bunt : 104,74 La Plata á 99,25

London, Weizen | engl. rid (Mak 129,83

rot Weizen engriges Getreide, 122,22 afer Mittelpreis aus 196 Marktorten 124,76 erste Gazette averages) 135,85

Liverpool.

U e Ä 149,49 Donau 139,15 A A 136,80 S Bee R a Plata Ô as 44 Australier 145,26

Hafer, englischer, weißer { E N 129/53

O 117,52 Gerste, A ( is A effsa

Mais | amerikan., bunt 98,50 La Plata 96,61

135,43

Weizen

120,31 119,31

Weizen, Lieferungsware ( 71,83

Mais œ Neu York.

W roter Winter- E C ¡4s 0. 0:0 0.6 e ei at S: 0.960 e... 1

i i Lieferungsware ] Juli 128,72 at 83,61

F Mais Ö M Buenos Aires.

Feen | tee) 117,60

79,29.

1) Angaben liegen nit vor.

Bemerkungen.

1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner Pro- duktenbörse = 504 Pfund engl. gerehnet; für die aus den Ums e an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durschnittspreise einheimishes Getreide (Gazette averages) ift 1 Smperial Quarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. mos

1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch ; 1 a english = 453,6 g; 1 Laft Roggen = 2100, Weizen =

, Mais = 2000 k

ge Bei der Umrehnung der Preise in Reihswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im eMenponn zeiger ermittelten wöchentlihen Durchschnittswechselklurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar ay. ien und Budapest die Kurse auf Wien, ür London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und P E duate fe fac Cure SCNES I Il au etersburg, für , An en und Ämij\ter ae diese Plige eise ay Mw: Aires unter Berücksihtigung der Goldprämtie. Berlin, dèn 9. Januar 1907.

Kaiserliches Statistishes Amt. van der Borgl[ht.

E A C E R R E E P E Ti SEE N A a ai I C D I E R T E Q, ria C A M R T U It