1886 / 276 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 Nov 1886 18:00:01 GMT) scan diff

n e ZIUN

Nichtamtlihés. Deutsches Reich.

en. Berlin, 23. November. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen gestern Nahmittag den Vortrag des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Grafen von Bismarck, entgegen. S Heute nahmen Se. Majestät einige militärishe Meldungen an, empfingen den Polizei-Präsidenten, Freiherrn von Richt- hofen, und hörten die Vorträge der Chefs des Militärkabinets und der Admiralität.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Vormittag um 10 Uhr nah Potsdam zur Abhaltung einer Fasanenjagd am Entenfang.

Nach Beendigung der Jagd besichtigte Höchstderselbe die neuerbaute Kirche zu Geltow und kehrte mit dem um 2 Uhr 59 Minuten von der Wildparkstation abgehenden Zuge nah Berlin zurü. i

Abends wohnte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz mit Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Heinrih, der Erb- prinzessin von Sachsen-Meiningen und der Prinzessin Victoria der Vorstellung im Wallner-Theater bei.

Se. Durhlaucht der Prinz Ferdinand von Sawsen- Coburg:Gotha war Morgens 8 Uhr abgereist.

Abends um 11 Uhr erfolgte die Abreise Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrih nach Kiel.

Fn der am gestrigen Tage unter dem Vorsiß des Staats-Ministers, Staatssekretärs des Jnnern, von Boetticher, abgehaltenen Plenarsißung beshloß der Bundesrath, dem Entwurf eines Geseßes, betreffend die Friedens-Präsenz- stärke des deutshen Heeres, die Zustimmung zu ertheilen. Die Denkschrift über die Errichtung einer ständigen Pharmakopoe- Kommission wurde dem Auss{huß für Handel und Verkehr zur Vorberathung überwiesen.

Gestern Vormittag traten die Mitglieder der Enquete - Kommission zur Berathung der Revision des Patent- geseß es im Abgeordnetenhause zur ersten Sißung zusammen. Der Staats-Minister von Boetticher eröffnete die Verhandlungen mit einer kurzen Ansprache, in welcher er auf die Bedeutung, welche die der Enquete gestellten Aufgaben für die weitesten Kreise haben, hinwies.

Eine erhebliche dauernde Entstellung einer Per- son dur Körperverlezung ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, Il. Strafsenats, vom 1. Oktober d. J. selbst dann als s{chwere Körperverlezung aus §8. 224 des era jgesetuds zu bestrafen, wenn die Entstellung dur künstlihe Mittel niht erkennbar gemacht werden kann und gemacht wird. Eine Bestrafung wégen \{chwerer Körper- verleßung würde in einem solchen Falle nur dann aus- geshlossen sein, wenn der entstellte Körpertheil nach den natürlichen und sozialen Lebensverhältnissen des Verleßten Dritten gegenüber derart bedeckt zu werden pflegt, daß der Mangel als wesentlihe Entstellung nur unter besonderen Um- Inden nach außen erkennbar sein und als solche empfunden würde.

Die in öffentlicher Gerichtssißung ausgesprochenen Beleidigungen T nah einem Urtheil des R ei chs- gerichts, IlI. Strafsenats, vom 7. Oktober d. J., als öffent- lih verübt zu bestrafen, auch wenn nit festgestellt werden kann, daß sih Jemand im Zuhörerraum befand.

__— Der hiesige chinesische Gesandte Hsü-Ching-Cheng ist von Paris nah Berlin zurückgekéhrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wiéder übernommen.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Barthel, Dr. Lissauer, Dr. Lewinson, Wachsen und Dr. Alfr. Friedländer, sämmtlich in Breslau; Dr. v. d. Loo in Kevelaer; Dr. Ebben, Dr. Overhamm und Dr. van Rey, sämmtlih in Aachén.

_ Sachsen. Dresden, 22. November. (Dr. J.) Der König hat- gestern Mittag. aus Anlaß seines Namen3festes im hiesigen Königlichen Residenzschlosse zur Beglückwünschung empfangen: den stellvertretenden Vorsißendèn im Gesammt- Ministerium und Minister des Königlihen Hauses, von Nostiß - Wallwiß, die Herren der Königlihen Hof- aaten und den Ministerial - Rath im Ministerium es Königlichen Hauses , die Königlichen Leibärzte und den Bischof mit. der Hosgeistlihkeit. Der König und die Königin begeben \sich heute Abend nach dem Jagdschloß Wermsdorf, wohin der Prinz Georg morgen früh. nahfolgen wird. Während die Königin bereits morgen Abend nah der Villa Strehlen zurücßzukehren edenkt, werden der König und der Prinz Georg bis nächsten

reitag in Wermsdorf Aufenthalt nehmen.

Mecklenburg. Malchin, 23. November. (W. T. B.) Der emeinshaftlihe Landtag der Großherzogthümer Medlenburg-Schwerin und Mecklenburg-Streliß ist heute hier eröffnet worden.

Anhalt. Dessau, 21. November. (Anh. St.-A.) Der Erbprinz ist heute aus! München hier eingetroffen.

Sehwarzburg-Rudolstadt. Rudolstadt, 20. November. (Lpz: Ztg.) Der Aa at sih vor einigen Tagen an den Großherzoglichen Hof nah Darmstadt begeben. Der Land- tag des Fürstenthums f am Montäg zu eiñner außerordent- lihen Session hier zusämmengetréten und wird u. A. zu berathen'haben über die Rechnungslegung der Landeskredit-

ne und. der Haupt:Landeskässe pro 1882/84 und pro

1885, sowie über die Heranziehung der servisberechtigten Militär- personen zu den Gemeinde-Abgaben aus außerdienstlichem Einkommen. Außerdem is von besonderem Jnteresse eine E, die Beilegung des Rechtsstreits zwishen S{hwärz- burg - Rudolstadt und Schwarzburg -Sondershausen betreffend.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 20. November. Die amtliche „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Enthebung des Landmarschalls von Galizien, Dr. Zyblikie- wicz, vom Amte und die Ernénnung des Grafen Tar- nows ki zu seinem Nachfolger.

Pes, 22. November. ‘(W. T. B.) Der Bericht des Budget-Aus\chusses derösterreichishen Delegation über den Voranschlag des Budgets des Ministeriums des

“sammen eingetroffen, um hier Arbeit zu nehmen; me

Auswärtigen hebt die im Ausshuß von allen Seiten aus- gedrüdckte Mikbilligung über die bulgarischen Ereignisse angesichts des Gegensaßzes zwischen dem Eingreifen des russischen Agenten und dem gemäßigten, klugen Vorgehen der Bulgaren hervor. Anknüpfend an die Thronrede und die Erklärungen des Grafen Kálnoky erklärt der Bericht: wo es gelte, die Ehre der Monarchie zu vertheidigen, würden vop Zeit alle Völker zu jedem Opfer bereit sein, aber sie würden auch dankbar sein, die Segnungen des Friedens genießen zu können. Mit Besfrie- digung begrüßt der Ausshuß die Mittheilungen des Ministers über das Verhältniß Desterreih-Ungarns zu den auswärtigen Mächten. Der hohe Grad des Vertrauens, welches die Monarchie genieße, werde niht wenig erhöht durch die * klare und uneigennüßige Politik der Re- gierung. Mit der größten Befriedigung habe der Aus\{huß vernommen, daß die Grundlagen des Bündnisses mit Deutschland keinerlei Aenderungen erfahren hätten, daß vielmehr das Verhältniß zu Deutschland in der Hand des Ministers sich wesentlich entwickelt und gekräftiant habe sowie daß das freundschaftlihe Verhältniß zu Ruß- land, auf welches der Minister großen Werth lege, die Be- iehungen zu Deutschland in keiner Weise alterire. Der

eriht erwähnt ferner die Uebereinstimmung mit England über wichtige europäishe Fragen und die Jdentität mancher großer nteressen und nimmt mit Gewißheit an, daß das gute Einvernehmen mit Jtalien sih fernerhin und in beiderseitigem Friedens-+Fnteresse bewähren werde. Der Bericht spricht endlih die Hoffnung einer freundschaftlichen Austragung der Frage mit Rußland aus, erkennt die Bestre- bungen des Ministers als die rihtigen an und giebt mit vollstem Vertrauen der Hoffnung Ausdruck: es werde dem Minister auch fernerhin gelingen, im Einklange mit den von ihm dargelegten, als rae anerkannten tri die Jnteressen der Monarchie in vollem Umfange zu wahren.

Der Vierer-Auss\{chuß der ungarischen Dele- gation genehmigte in seiner heutigen Sißung den Kredit für die okkupirten Provinzen, Bosnien und Herzegowina. Jn Beantwortung der Anfragen mehrerer Delegirten erklärte der Reichs - Finanz - Minister von Kalla y: der serbisch-bulgarische Krieg, welcher den Philip- popeler Ereignissen folgte, sowie die jüngsten Vorkommnisse auf der Balkan-Halbinsel hätten keinerlei Rückwirkung auf die okkupirten Provinzen ausgeübt. Jn diesem Jahre sei die Ruhe daselbst so ungestört adet wie in keinem anderen Jahre seit der Okkupation. Für die Zukunft könne natürlich Niemand eine Bürgschaft übernehmen, doch berechtigten die Thatsachen und Er- fahrungen zu der Hoffnung, daß diese günstigen Zustände auch künftig würden aufrecht erhalten werden können. Die Bevölkerung Vosniens und der Herzegowina, wekthe derjahrelangen, jede fried- liche Arbeit hindernden Wirrnisse überdrüssig sei, besize leb- hastes Verständniß für den materiellen und kulturellen Fort- shritt und begrüße freudig Zustände, welche die Möglichkeit garantiren, künftig die Früchte der Arbeit genießen zu können. Dies sei die beste Gewähr dafür, daß, wenn nicht außerordent- liche äußere Ereignisse eintreten, Ruhe und Frie den daselbst nicht gestört werden würden.

Schweiz. Bern, 18. November. (Allg. Ztg.) Die Alkohol-Kommission des Nationalraths, die \ih bekanntlich D die Lösung dkèr Alkohol-Frage auf dem Boden des Monopols’ entschieden hat, sagt in ihrem foeben erschienenen Beris) t:

„Das Monopol ist die einzige Steuerform, welhe dem Gesetzgeber gestattet, zwischen den widerstreitenden Interéssen des Fiskus, der Konsumenten und der Landwirthschaft eine billige Vermittelung herzu- stellen, in der Weise nämlich, daß die Antheile des Imports, des inländischen Großbetriebes und des_ inländishen Kleinbetriebes an der Versorgung des Landes mit Sprit in einer jene verschie- denen Interessen billig berücksichtigenden Weise regulirt werden.“ Indem die Kommission sih von der Nothwendigkeit einer solchen Ver- mittelung überzeugte, konnte sie keines der beiden bereits vorgeschlage- nen Monopolsysteme in feiner typishen Reinheit acceptiren ; sie einigte sih vielmehr auf ein kombinirtes System, welches zwar auf dem Boden des Fabrikation8monopols aufgebaut ist, aber durch bestimmte Konzessionen au jenen Interessen Rechnung trägt, deren spezielle Wahrnehmung der Verkaufsmonopol-Entwurf sih zur Aufgabe gestellt hatte. Die Grundlage dieses neuen Systems bildet das volle Monopol des Bundes für die Fabrikation und die Rektifikätion von gewöhnlihem Branntwein und für die Einfuhr von gebranntem Wasser jeder Art. Die Ausübung dieses Mono- pols sol zum Theil in Regie, zum Theil Wu dem Wege der Delegation erfolgen. Der Regiebetrieb is vorgesehen für einen Theil (etwa die Hôlfte) der Fabrikation, für jegliche Rekti- fiklation, sowie für den gesammten Import, mit Ausnahme desjenigen von Qualitätsspirituosen. Als Delegation dagegen qualifizirt si die Besorgung eines Theiles der Fabrikation durh Pächter und die gegen Entrichtung einer Monopolgebühr den Privaten zu ertheilende Be- willigung zum Import ‘von Qualitätsfpirituosen. Dem möglichen Ginwande, als seien derartige Delegationen mit den Handels- verträgen nicht vereinbar, begegnet die Kommission mit dem Hinweise auf Frankreih, welhes ebenfalls sein HZündholz- monopol an eine Gesellshaft in Pacht gegeben hat und der- selben gestattet, gegen Entgelt gewisse Sorten von Streich- bölzhen aus dem Auslande einzuführen. Was endlih die Ver- fassung8mäßigkeit des Monopols betrifft, so steht dieselbe der Kom- mission vollständig außer Frage. „Das durch die Bundesverfassung dem Bunde ertheilte Reht der Gese gebung über die Fabrikation des Branntweins,“ sagt ihr Bericht in Bezug hierauf, „begreift offenbar das Recht in si, jene Fabrikation an irgend wélhe Bedingungen zu knüpfen, somit auch sie ganz zu verbieten. - Und so gut der Bund jegliche Industrie betreiben kann, deren Be- trieb im Hinblick auf militärishe, postälishe Zwede u, }\. w. ihm ersprießlich erscheint (z. B, eine Waffenfabrik, eine Telegraphenwerkitätte), so darf er mit gleihem Rechte au in diesem Gebiete zum Industriellen werden, sofern er in der Regie- produktion ein geeignetes Mittel erblickt, um die thm mit Bezug auf den Branntwein überwiesene Aufgabe zu erfüllen. Der Bund darf das um so mehr thun, als ihm avch die Besteuerung der Brannt- weinfabrikation überwiesen wurde und das Monopol bekanntlich, wissenschaftlich betrahtct, nihts Anderes" ist, als eine bestimmte Form der Besteuerung.“

Velgien. Gent, 22. November, Abends 6 Uhr 20 Min. (W. T. B.) Anläßlih der beabsichtigten Arbeiterkund- stoung at der Munizipalrath jeden öffentlichen

ufzug, das Entfalten von avi oder sonstigen Emblemen

sowie das Anstimmen von Gesängen auf den Straßen unt er-

jagt. Jede Ansammlung soll sofort zerstreut werden. Die

Sn ist konsignirt und die ganze Bürgergarde zu-

erufen worden. Aus Lille sind M Lte SIHTiE,

rere Fabrik-

be Ben haben sich an dén Bürgermeister gewandt mit dem Ersuchen, Maßregeln zum Schußt der Arbeit d ergreifén.

_ 22. November, Abends 11 Uhr. (W. T. B.) Es

ist überall Ruhe; die Bürgergarde is wieder ent-

lassen worden. |

Grofebritännién und Jrland. Lond (W. T. B.) Einem über Bombay ein egangenen Zen aus Lahore zufolge, meldeten daselbji von Ghu égramy getroffene Kaufleute, daß die Ghilzais die Tru ini ein: Ens E, hätten und der Auf itand ras al greife. Ein Theil der Truppen des Emirs sei mi A zu den Ghilzais übergegangen. sei mit der Artilleri

Frankreich. Paris, 22. November. Der Präfekt des Rhone-Departements, Mass an Stelle Bihourd's zum Residenten in TUnis ern; worden. L LA : i G Die Deputirtenkammer hat ein A betreffend Aufhebung des Unter-Staatsset ntt, Postens, mit nur vier Stimmen Majorität verwo M Wie es heißt, hätte der Unter-Staatssekretär des rfen Ministeriums, Peytral, in Folge dessen demift Via Ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ ausg Ad meldet: Der Kapitän und 7 Personen der Manns f des französishen Kriegs\hiffs „Pengouin“ al in Ambadu, wo dieselben gelandet waren, um Wasser ind zunehmen, von dem Stamm der Essah Somanli mordet worben, ; s eh 21. November. (Köln. Ztg.) Die franzzi; Gesandtschaft, die den Kaiser von Marokko phil soll, ist in der Hafenstadt Mogador eingetroffen. Dieselhy besteht aus dem sfranzösishen Residenten in Tanger, dey Gesandtschafts-Sekretär Grimaud, drei Offizieren und mehre; andern Personen. q

Italien. Rom, 22. November. (W. T. B.) Wi „Gazzetta ufficiale“ schreibt im amtlichen Theil: d gestrige Rückehr der Majestäten nah Rom bot der Bevölkerung neuen Anlaß, dur eine überaus imposante Kundgebung die Gefühle der Ehrerbietung, Ergebenheit und Anhänglichkeit für den König, die Königin und die ruhm: reihe Dynastie an den Tag zu legen.

Türkei. Konstantinopel, 22. November. (W.T.Y) General Kaulbars isst mit dem russischen Konsul Jgelström aus Philippopel hier eingetroffen.

Numänien. Bukarest, 22. November. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agence Havas“ meldet: Die bisherigen russishen Konsuln in Rustshuk und Widdin \ind hier eingetroffen. Jn dem Augenblick der Abreise des Ersteren hatten der Präfekt von Rustschuk und der Führer de Oppositionspartei, Zacharias Stojanoff, eine Ansprate an denselben gehalten, in welcher sie erklärten, daß die Ab: reise der russishen Konsuln für Bulgarien he klagenswerth, der Abbruch der Beziehungen zwischen Rußland und Bulgarien unmöglich sei, und daß alle Slaven, sowohl diejenigen Bulgariens, als auch diejenigen Macedouniens, eine derartigen Zustand nicht dulden würden. Der Präfekt un Stojanoff hoben alle Verantwortlichkeit für die gegen wärtigen Verhältnisse in Bulgarien dem General von Kaulbars zu und erklärten \{ließlich: die Bulgaren sein bereit, die von Rußland vorzuschlagenden Existenz-Bedingungen anzunehmen, wenn nur die Verfassun g gewahrt bleibe.

Bulgarien. Philippopel, 23. November. (W.T.Y) Der „Polit. Corr.“ wird gemeldet: General von Kaul: bars, welcher gestern früh hier eintraf, ließ dur sein Sekretär auf dem Bahnhof Blätter vertheilen, in welden « die Motive für seine Abreise darlegt. Kaulbars hatt mit dem Polizeikommissär, welcher die Vertheilung z verhindern suchte, einen Wortwechsel, wobei er si über-di Regentschaft und das Ministerium sehr abfällig äußerte. D russishe Konsul in Philippopel hat mit seinem Pér: \ i [l gleichzeitig mit dem General von Kaulbars die Stadt verlassen.

Rußland und Polen. Odessa, 22. November (W. T. B.) Der Dampfer „Gedächtniß Merkur? ist Vormittags von Varna hier eingetroffen. Der Dampfe „Zadiaka“ folgt demselben alsbald. Beide Schiffe, a welchen sich der russische Konsul aus Varna und zh| reihe bulgarishe Emigranten befinden, gehen auf fünf Tage in Quarantäne.

Amerika. New-York, 22. November. (W. T. Y) Das heutige Leihenbegängniß des früheren Präsi denten Arthur trug einen durchaus einfachen Charalte: F Nach der feierlihen Einsegnung der Leiche in der Kir, welcher der Präsident, die Minister und andere hervor ragende Persönlichkeiten beiwohnten, und während welt die früheren Minister des Verstorbenen das Leichentuch hielten wurde der Sarg unter dem Geleit von Marine-Artilleristt nach dem Bahnhof gebraht, von wo die Ueberführung n Albany zur Beisegung auf dem dortigen Friedhofe erfolgtt

me

Zéitungsstimmen.

Der „Hamburgische Correspondent“ “wüns daß bei der Militärvorlage auf möglichste Sparsamkeit Bedadt genommen werden möchte, sagt aber: |

. . . Allerdings kann nit die Rede davon scia, daß eine N deren Aufwand für geistige Getränke den Gesammtbetrag aller Res und Staatssteuern um mehr als das Doppelte übersteigt, und wed in der Auênugung diefer Steuerquelle so weit hinter allen Kultur völkern unserer Zeit zurückbleibt, an der Grenze ihrer Leistungtfil keit für öffentliche Zwecke angekömmen sei. . . . Wenn deingen0 die Forderungen für Heereszwecke auf das dur die Sitte heit des Reichs gebotene Maß zu beschränken sein werden, | wäre es andererseits der Gipfel der Verkehrtheit, das für das Nothwendige verweigern zu wollen, Denn die Sicherung vot 4 äußeren Feind, eine Rüstung, welche in gleicher Weise die ann friegerischen Gelüste anderer Staaten wirksam dämpft und T6 Fall eines Krieges die Gewähr eines günstigen Erfolges bietet, e die nothwendige Vorausseßung für das gedeihlice Fortschritt die M Nation in den Künsten und Werken des Friedens. Was wir fül th Sicherung vor Kriegsgefahr unter Beschränkung auf das aen wendige aufwenden, ist nihts weniger als unprodu i verwendet, es bildet das Fundament niht nuc_ für nüßlihen Auswendungen von Reihs- und Staatêwt sondern auch für die ge)jammte Produktion, für das ganze Ei leben der Nation. Dieses Fundament | dur“ unzeitige Sparsa zu s{wächsn_ und der: Fähigkeit zu berauben, seine Aufgabe in v0 M Maße zu ersällen, wäre die ärgste Mißwirthschaft. Beschränkung das. Nothwendige, in dieser Beschränkung aber. Bewilligung de det was das deutshe Heer zur Erhaltung seiner Stellung unter Armeen Europas bedarf, wird alsó der Gesichtspunkt sein, von dic im nationalen, wie finanziellen Interesse an die Beurtheilung Militärvorlage heranzugehen ist.

Ueber das Septennat und den Reichstag schreibt der Schwäbishe Merkur“: "” Die unerwartete Ankündigung, daß nun doch \{chon vor Weih- nten die Vorlage über die Festseßung der Friedensstärke unseres eeres auf weitere sieben Jahre an den Reichstag gebracht werden olle, lehrt wieder einmal, wie wenig man sich auf die Ver-

[0 bungen verlassen kann, welche jeweilig über die voraus-

ihe Reihenfolge der Reichstagsarbeiten angestellt werden. stet eben an leitender Stelle in Berlin keine \{reiber- mäßige Gewohnheit, sondern eine lebendige politishe Kraft, welche frisch die Gelegenheiten ergreift, die Umstände sich zu nüße macht, die Perfonen aufrüttelt, nah Allem fragt, was ihr dienen kann, nur n: cht nah irgend einer alten Schablone Daher die „Ueber- rashungen“, die immer wieder von dort ausgehen und über die si zu beklagen ein stchendes Kapitel der Schlafsüchtigen ist. Also das Septennat kommt __gleich, und die Parteiea werden Farbe be- fennen müssen. Die Weltlage mag es wünschenswerth machen, daß die Grundlage unserer Mili'ärverhältnisse möglich#| bald wieder in Sicherheit gebracht werde, und die Nüctsiht auf diese Lage wird am Ende auch wid-rwillige Parteien zur Einsicht bringen. Wenn nicht, so giebt es Mittel, sie gründlih zu belehren. Ein Reichêtag, der es weigern würde, Deutschland einer waffenstarren- den Welt gegenüber in den Stand zu schen, seinen Schild fest und sein Shwert blank zu erhalten, ohne alle Jahre oder alle paar Jahre bei seiner, zum Theil aus sehr s{wierigen Bestandtheilen zusammen- geseßten Volksvertretung darum betteln zu müssen, wäre nit länger ¡u rauhen. Das Volk müßte in neuen Wahlen neue Vertreter berufen, und . . . würde doch wohl eine Anzahl eigensinniger Partei- leute niht wieder aus der Urne hervorgehen lassen. .

Armee - Verordnungs - Blatt. Nr. 25. Inhalt: Ünterrichtsbuh für Lazarethgehülfen. Termine für die Portepee- fähnrihs- und Offiziers-Prüfungen im Jahre 1887. Zeichnungen

yom Train-Material. Beschaffung von Kassenbüchern 2c. Ab- änderungen von Preis-Tarifen. Verpflegungs;ushuß für die Gar- nison Oberlahnstein für das 4. Vierteljahr 1886. Ausgabe einer neuen Ausrüstungs: Nahweisung. Herausgabe eines neuen Kriegs- spielplanes. Mantelkragen. Na@trag zu dem Verzeichniß der höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung von Zeugnissen über die E Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst rehtigt sind. :

n Medio für Post und Telegraphie. Nr. 21. Jnkbalt: I. Aktenstücke und Aufsäße: Urkunden über Betendienst und Postwesen im Clsaß. Englische Postsparkassen im Jahre 1884. Der Nord- Ostseekanal. 11. Kleine Mittheilungen: Neue Verwendung des Fernsprehers. Neuer Telegraphentarif in Rußland. Das alte ostgebäude in Breslau. UnterirdisGe Führung der elektrischen Mgen in den Vereinigten Staaten von Amerika. III. Literatur des Verkehrswesens: Die deutsche Post- und Telegraphengesetgebung. Nebst dem Weitpostvertrag und dem Internationalen Telegraphen- vertrag. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister von Dr. P. D. Fischer. Dritte vermehrte Auflage. 1IV. Zeitschriften Ueberschau. Fustiz-Ministerial-Blatt. Nr. 43. Inhalt: Allgemeine

| Verfügung vom 12. November 1886, betreffend die Quittungen über

die aus der Justizoffizianten-Wittwenkasse bewilligten Pensionen, foëit- laufenden Unterstüßungen und Erziehungsgelder. AlUgemeine Ver- fügung vom 9. November 1886, betreffend die Gesammtzahlen der in den Gefängnissen der Justizverwaltung während der Etatsjabre 1881/82, 1882/83, 1883/84, 1884/85, 1885/86 detinirt gewesenen Ge-

Angen und die Tagesbelegung in den Gesängnissen während derselben ahre.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 47. Inhalt: Amtliches: Cirkular-Erlaß vom 15. November 1886. Personal- Nachrichten. Nichtamtliches: Selbstthätiger Schneezaun. Die Kinzigthalbahn. Kensington-Halle in London. (Schluß.) Wz \h- und Bade-Anstalten in Mey. Eiffel's Riesenthurm. Ver- mischtes: Zweite Hafeneinfahrt und die neuen Kriegshafenanlagen in Wilhelmshaven. Einfluß der Wärme auf die Bewegung des fließenden Wassers. Berechnung der Stärke der Monier' schen Cementplatten Hirth's „Formenschaz“. Einheitlicher Fahrpreis auf den Hohbahnen von New-York, Unterirdische elektrische Lei- tungen in New-York.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- heitsamts sind in der e vom 7. bis 13. November cr. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurchscnitt berehnet, als gestorben emeldet: in Berlin 22,1, in Breslau 29,7, in Königsberg 28,9, in Köln 6,1, in Frankfurt a. M. 14,1, in Wiesbaden 22,9, in Hannover 27,2, in Kastel 17,9, in Magdeburg 22,5, in Stettin 26,6, in Altona 24,3, in Straßburg 21,4, in Metz 19,2, in München 30,6, in Nürnberg 24,0, in Augsburg 22,9, in Dresden 22,6, in Leipzig 15,6, in Stuttgart 16,1, in Karlsruhe 17,9, in Braunschweig 26,9, in Hamburg 30,3, in Wien 24,0, in Pest 39,5, in Prag 25,8, in Triest 26,0, in Krakau 31,8, in Basel 21,3, in Amsterdam 19,0, in Brüssel 21,4, in Paris 22,3, in London 17,8, in Glasgow 23,4, in Liverpool 23,8, in Dublin 23,6, in Edinburg 21,1, in Kopenhagen 21,4, in Stocholm 17,1, in

Sea 19,5, in St. Petersburg 22,1, in Warschau 23,9, in

a 36,4, in Rom 21,1, in Turin —, in Venedig 22,9, in Alexandria 356. Ferner in der Zeit vom 17. Oktober bis 23. Oktober cr.: in New-York 24,7, in Philadelphia 18,7, in Balti- more 20,6, in Kalkutta —, in Bombay 21,8, in Madras 35,2.

„In der Berichtswoche waren die Sterblichkeitsverhältnisse in den meisten curopäischen Großstädten günstige, obgleich auch aus einem Theile deutsher Städte etwas größere Sterblichkeitsziffern als in der vorhergegangenen Woche gemeldet wurden. Gering war die Sterblich- keit namentlich in Frankfurt a. M, Mannhäim, Mainz, Mey, Kassel, Leipzig, Stuttgart, Barmen, Basel, Amsterdam, London, Stockholm,

hristiania. Unter den Todéesursahen waren wie alljähtlich um die jeßige Jahreszeit, akute entzündlihe Prozesse der Athmungsorgane gesteigert, während Darmkatarrhe und Brech- durfälle der Kinder in den meisten Orten seltener, nur in Paris etwas häufiger als Todesuxsachen auftraten. Die Theil- ne, des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war in Folge asen im Allgemeinen eine kleinere als in der Vorwoche. Von 10000 ebenden starben (aufs Jahr berechnet) in Berlin 65, in München 99 di auglinge. Etwas größere Verbreitung gewannen dagegen vielfach le Infektionskrankheiten, und führten von ihnen Majera, typhöse Fieber, Kindbettfieber, Keuchhusten und Pocken häufiger, Scharlach gnd Diphtherie etwas weniger zum Tode. Masern fotderten in

ern, Hamburg, Mülhausen i. E., Magdeburg, Barmen, Elberfeld, O, Paris, London, Liverpool zahlreiche Opfer, au in den Ne- erungsbezirken Düsseldorf, Marienwerder, Königsberg, Stettin,

Yleswig sowie in Wien u. a. O. waren Masernerkrankungen Wblreich. Todesfälle an Scharlach waren in Berlin, München, L verpool, London, Dublin, Odessa gesteigert, Ma in Hannover,

o die Zabl der Sterbefälle von 39 auf 19 sank, ferner in Pest,

t. Petersburg, Warschau vermindert. Auch neue Erkrankungen wur- n au? den meisten der genannten Städte weniger, aus Hamburg th St. Petersburg mehr gemeldet. Die Sterblichkeit an Divh-

erie und Croup war in Berlin, Hamburg, Frankfurt a M., Leipzig,

anzig, Nürnberg, Altona, Prag, Kopenhagen, St. Petersburg,

q au, etwas vermindert, in Breslau, Dresden, Halle, Pest, Städt Christiania gesteigert ; Erkrankungen waren in den genannten Dis a wie auch in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Schles- woh sehr zahlrei, wenn-'auh in einigen seltener als in der Vor- fab €. Dagegen war die SterblichkeitanUnterleibstyphus viel-

eine gesteigerte, wie in Berlin, Hamburg, Paris, Rom, London, Fleck cteróburg, auch Erkrankungen wurden mehr gemeldet. An und y phus kam aus London 1 Todesfall, aus St. Petersburg

aus den Regierungsbezirken Königsberg und Marienwerder je 1 Er-

kfrantung zur Berichterstattung; aus St. Petersburg wird auch 1 Todesfall und mehrere Erkrankungen an Rückfallsfieber ge- meldet. An epidemisher Genickftarre lamen aus Berlin und aus dem RegieeungtBeziuk Marienwerder je 1 Erkrankung zur Anzeige. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut waren in Berlin, Nürnberg, London, Wien, St. Peters- burg, Kopenhagen nicht selten. Der Keuchhusten zeigte in Ham- burg, Nürnberg, London, Kopenhagen cine kleine Abnahme, in Berlin cine Zunabme der Erkrankungen. Pocken haben in Wien, Prag, Venedig cinzelune, in Hamburg (2), Paris (3), St. Petersburg (4), in Warschau (8) mehrfache, in Pest 73 Sterbefälle veranlaßt. Erkran- kungen an Pocken gelangten aus Berlin ‘und Breslau je 3, aus dem Regierungsbezirk Königsberg 4, aus Wien ünd St. Petersburg je 7, aus Hamburg 11, aus Pest 203 zur Berichterstattung. Die Nach- rihten über dieCholera in Oesterreih-Ungarn lauten andauernd günstig. In Pest sind in der Zeit vom 4. bis 14. November nur noh 4 Er- kranfunaecn und 3 Todesfälle an Cholera vorgekommen; aus den ein- zelnen Ortschaften des Pester Komitates werden jedoch noh immer Erkrankungen gemeldet. In Kroatien sind seit dem 6. November Cholerafälle nicht mehr bekannt geworden. In Triest kamen vom 3. bis 12 November noch 2 Erkrankungen (1 mit tödlihem Aus- gange) zur Anzeige. Jn Istrien und Krain zeigten si besonders unter den Zwangêsarbeitern in mehreren Gemeinden noch Cholerafälle. In Jtalien hat die Epidemie in der Provinz Bergamo gleichfalls abgenommen und sind nur noch wenige Erkrankungen bekannt ge- worden. In Mailand und Cantanzoro sind unter den dortigen Regi- mentern mebrere Cholerafälle vorgekommen, auch in Genua und Spezia zeigte sich seit Anfang November die Seuche.

__— RKatholisches Elementarschulwesen der Stadt Breslau im Jahre 1885/86. Aus dem Bericht des katholischen Stadt-Schulinspektors Dr. Handloß über die katholishen Elementar- \chulen der Stadt Breclau ersehen wir, daß am Schluß des Schul- jahres 1885/86 einschließlich der drei nicht städtishen (Seminar- Uebungsschule, Schule dcs Knaben-Waisenhauses zur heiligen Hedwig und Domschule) 34 katholische: Elementarschulen bestanden (2 mehr als im Vorjahre), und zwar 16 Knaben-, 16 Mädchen- und 2 ge- mis@te Schulen. Diese 234 Schulen umfassen 214 Klassen (11 tnehr als im Vorjahre), wevon 103 Knaben-, 107 Mädchen- und 4 gemischte Klassen. Vier städtische Schulen hatten nur je 5 Klassen und von den nicht städtishen zwei je 3 und die Schule des Waisenhauses zur beiligen Hedwig nur 2 Klassen; dafür wiesen 2 Schulen je 7, 2 Só0ulen je 9 und 4 Schulen je 10 Klassen auf. 3 Schulen mit zu- fammen 21 Klassen waren wi: bisher in Miethsräumen untergebracht ; ebenio waren je 2 Klassen von 3 Schulen ausgemiethet. Für 24 Klassen bestand Halbtagsunterriht, weil 12 eigene Klassen- zimmer fehlten. Die Zahl aller katholischWen Elementarshüler belief ih auf 13 865, und zwar 6872 oder 49,6 9/0 Knaben und 6993 oder 51,4 9% Mädchen (im Ganzen 768 mehr als 1884/85). Der Reli- gion nah waren 13 693 Schüler römisch-katholish, 76 alt-katholisch, 93 jüdisch und 3 dissidentisch. Für längere Schulversäumnisse waren stets Krankheiten der Grund. Unentschuldigt blieben 14 bis 2 9% der Schüler der Schule fern. Es starben im Laufe des Schuljahrs 26 Knaben und 21 Mädchen. Der Disziplin muß im Allgemeinen volles Lob gespendet werden; doch mußten © Kinder in Zwangserziehung gegeben werden, und Seitens des Königlichen Polizei-Präsidiums licfen zahlreihe Anträge auf Bestrafung von Kindern im Wege der Schuldisziplin cin; es handelte sih dabei zumeist um Baden, Fischen an unerlaubten Stellen, um Feilbieten von Blumen und Betteln An 8 Schulen gab es Schulsparkassen. Die Zahl der Lehrkräfte ist von 195 im Vorjahre auf 206 (darunter 57 Lehrerinnen) gestiegen. Außerdem waren an den Mädchenschulen 56 Handarbeits-Lehrerinnen thätig. An den 3 nicht städtishen Schulen wirkten 7 Lehrkräfte.

Funst, Wissenschaft und Literatur.

Die Sagen der Hohenzollern. Von Oskar Schwebel. Zweite stark vermehrte Auflage. Mit einer Abbildung der Burg ohen;ollern. XIV und 452 Seiten. Preis elegant geheftet 5 M In Prachtband mit Goldschnitt 6 #( Das reich ausgestattete, von 15 auf 29 Bogen vermehrte Werk des beliebten Verfassers, ein Familien- und Volksbuch im besten Sinne des Wortes, liegt in zweiter Auflage vor, und alle die Verdienste, welche die Kritik bereits der 1. Auflage zuerkannte, haben in dieser ihre wefentliche Steigerung insofern erfahren, als nicht allein in derselben der Kreis der in poetisher Sprae erzählten Sagen bedeutend erweitert ist, sondern auch viele der in der ersten Auflage nur \kizzirten Sagen in fesselnder Form ausgearbeitet worden sind. So erscheint das Buch gleichsam als ein neues und wird gewiß bei Jung und Alt die freund- lihste Aufnahme finten. Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz hat die Widmung des Werks angenommen. Der Inhalt des Buches gliedert sich in folgende Abschnitte: 1) Berg und Burg Hohenzollern. 2) Stammesfagen der Hohenzollern. 3) Graf Isenbard von Altorf. 4) Herzog Tassilo. 9) St. Meinrad. 6) Die heilige Magd JIrmentrud. 7) Die Hohenberger. 8) Hohenzollern, Hirshberg und Scalksburg. 9) Die Gründung von Kloster Stetten. 10) Die Heiligekreuz-Linde am Hohenzollern. 11) Graf Friedrich von Hohenzollern, der Oettinger genannt. 12) „Aus ’m Zollerländle a letschta Schtrauß.“ 13) Die Prophezeiungen der künftigen Größe des Hauses Hohenzollern. 14) Märkische Fürstensagen alter Zeit. 15) Burggräf Friedrich VI. von Nürnberg und der Bürgermeister von Rothenburg. 16) Das Kreuz am Kremmer Damm. 17) Der Hohenzollern Kurhut und Schwert. 18) Im alten Schlosse zu Kölln an der Spree. 19) Jagd- {loß Grunewald. 20) Markgraf Hans von Küstrin. 21) Die weiße Frau. 22) Allerlci Portenta und Mirakula. 23) Der große Kurfürst. 24) „Die Herrlichkeit der Erden muß Staub und Asche werden.“ 25) Der Neidkopf in der Heiligen Geiststraße zu Berlin. 26) Träume und Gesichte aus den Tagen Friedrich Wilhelm's I. 27) Die Air arn von Schwedt in der volksthümlichen Ucber- lieferung. 28) Friédrih der Große und die Volkspoesie. 29) Der Ring der Markgrafen von Ansbach-Bayreuth, 30) Slß. Im Verlage von Friedrih Wilhelm Grunow, Leipzig, ersien ein eigenartiges Buch, welches {hon durch den Titel: „Als der Großvater die Großmutter nahm, ein Liederbuch für altmodische Leute“, das Interesse der Leserwelt erregt. Diese Bezeichnung deutet \{chon darauf hin, daß das Werk einem ganz be- sonderen Zwet dienen soll. Der Herausgeber, Dr. Gustav Wusst- mann, läßt sih über den bei Zusammenstellung dieser Sammlung leitenden Gedanken ausführlich in seinem Vorwort zur ersten Auf- lage aus. Er erläutert den eigenartigen Titel, durch welchen angedeutet werden soll, daß man bier nicht mit altmodischen Leuten, fondern mit alt- modischen Liedern zu thun hat, d. h. solchen, welche aus der Mode gekommen sind und mehr und mehr in Vergessenheit gerathen. Er hat es mit dem vorliegenden Buch unternommen, der älteren noch lebenden Generation, den Großvätern und Großmüttern und sonstigen betagten Personen, deren Jugenderinnerungen bis in den Anfang dieses Jahrhunderts zurückreichen, hier cine Auswahl derjenigen Lieder und Gedichte zu bieten, welhe in jener Zeit beliebt und gelefen waren, ihnen also die Eriunerung an die längstvergangenen Tage ihrer Jugend und an den damaligen Geshmack, die in jener Zeit herrshende -- Mode zu erneuern. Diese en Produkte, wie sie utíserem Geschmack nicht mehr zusagen, die aber dem geistigen Leben der vergangenen Zeit Auédruck geben, finden ih hier in forg- fältiger Auswahl zusammengestellt. Die bekannten Liedchen, wie wir sie noch aus dem Munde der O und Eltern kennen, sie bilden hier cinen bunten Strauß, an deten Mannigfaltigkeit auch noch das heutige, eine minder einfache literarische Kost gewohnte Ges lecht seine Freude haben kann. Aus der Zeit von 1740 an bis 1840 finden wir hier die dicterishen Früchte eines ganzen Jahrhunderts, in charakteristischen Ta vereinigt, dene nach ihrer Eigenart den herr- \henden Geshmack der Zeit, in welcher sie entstanden, erkennen lassend. So finden wir denn jene s{chmachtenden, \üßlihen Liebesgedihte, in denen die Belinde, Dorinde und Phyllis eine Rolle spielt, jene Schäferpoesie, welhe in ihrer Harmlosigk.it und theilweisen Ab- geshmacktheit unserem Geshmack nicht mehr zusagt, und die do da-

mals das Entzücten der gebildeten Welt erregte. Wir finden hier die damals fo beliebten Fabeln, ein Genre, das jeßt niht mehr gepflegt wird, dann Proben aus der Stürmer- und Drängerzeit, die sanften Weisen der romantishen und nahromantishen Schule, welde au dem jüngeren Geshlecht noch wohlbekannt sind. Der Herausgeber hat seine Aufgabe absichtlich beschränkt und in die Sammlun

nur Produkte der Kunstpoesie aufgenommen, welche allmähli

volksthümlich geworden sind; hierbei hat er es sich besonders angelegen fein laffen, wenn irgend möglich, die ursprüngliche Gestalt der im Volksmund allmählih veränderten Lieder und Gedichte aus- findig zu machen und wiederzugeben, insbesondere aber die Namen der Dichter der einzelnen Nummern festzustellen. Man kañn dem Herausgeber nur beistimmen, wenn er erklärt, daß die chronologische Reihenfolge ihm als die einzig rihtige bei Anlage der Sammlung er- \chien, ebenso daß er von der in den modernen Anthologien üblichen Eintheilung der Gedichte von dem in ihnen behandelten Stoff absah und zusammenfassende Abschnitte gemaht hat, fo zuerst eine Serie von Fabeln und Erzählungen, sodann von Liedern, und einc dritte Abtheilung, welhe die beliebtesten, auch jeßt noch im Volke verbreiteten Gesangsnummern aus Opern, Operetten und Singspielen enthält. Hat der Verfasser mit seiner Sammlung fih zunächst den Dank der „altmodischen Leute“ erworben, so verdient dieser Aft literarisher Pietät auch, von literar-wissenschaftlihem Gesichtépunkte aus betrachtet, volle Anerkennung. Wie viele der in diesem Liederbuh abgedruckten poetischen Erzeugnisse wären im Laufe der Zeit nit vollständig vergessen worden und verloren gegangen, während sie jeßt in diesem Neudruck der Nachwelt erhalten bleiben! Obschon ja manche von ihnen von geringem oder gar keinem künstle- rishen Werthe find, so lassen sie uns doch in das Seelenleben unserer Vorfahren einen belehrenden Einblick thun und erleichtern uns das Verständniß ihres Dichtens und Trachtens. Von besonderem Werth aber sind die Anmerkungen und das Inhaltsver- zeichniß. Hier wird erst ersichtlih, welch einer. großen Mühe sich der Herausgeber bei Zusammenstellung des Liederbuchs unterzogen hat, und es ift recht erfreulich, daß seine Arbeit au von bestem Erfolge efrönt worden ist. Mit emsigem Fleiß hat er die Almanach- und alenderliteratur des von ihm bearbeiteten Zeitabschnittes durhforsht und giebt uns den ersten Druckort und die Zeit des erstcn Erscheinens der betreffenden literarishen Produkte an. Das interessante Werk ist bereits in zweiter Auflage erschienen; der rashe Verbrauch der ersten zeigt, welcher beifälligen Aufnahme sich das Liederbuch zu erfreuen ge- habt hat. Diese zweite Auflage is um 162 Stück bereichert worden; in der ersten Abtheilung (Fabeln und Erzählungen) sind 49, în der zweiten (Lieder) 92, in der dritten (aus dem Theater) 21 Nummern _neu hinzugekommen, so daß die ganze na nun nahezu 400 Stück umfaßt. Die Verlagshandlung hat das Werk auf das cleganteste ausgestattet. Titelblatt in Heliogravüre, Wahl der Schriftgattung und typographishes Arrangement, Stoff und Prägung der Einband- decke, Muster des Vorsatzpapieres, Alles macht einen vornehmen Ein- druck und läßt das Buch wie kein anderes zum Geschenk für den Weihnachts- und Geburtstagstisch der Eltern und Großeltern er- scheinen. Der Preis des Liederbuhs in Damasftband beträgt 64 X, in Atlas oder Kalbleder 11 4 e

—— Von dem Werke: „Das Wissen der Gegenwart“ (Leipzig: Ri Greytag, Prag: F. Tempsky) liegen wieder 3 interessante neue

ände vor:

55. 56. Dr. Max Schasler: „Aesthetik.“ Grundzüge der Wissenschaft des Schönen und der Kunst. 248 u. 266 Seiten. 89, 2 Æ = Fl. 1,20 Kr, Der bekannte Verfasser hat das s{chwierige Problem, eine Aesthetik populär zu s{hreiben, meisterhaft gelöst, wie eine Durchfiht der oben genannten Leistung lehrt. Der erste Theil beschäftigt sich mit der Idee des Schöneù in ihrer Allgemeinheit und Besonderung (Naturshönheit, menschlihe Schönheit), der zweite Theil führt uns in das große Reich der Kunst; er weist uns die Ele- mente des Kunstschônea nah und bietet dann eine äußerst feinsinnig gehaltene ästhetishe Betrachtung der Architektur, Plastik, Malerei, Musik, Mimik und Poesie in all ihren Unterabtheilungen. Die Sprache ist gehoben, edel und dabei körnig einfah. Wer sihch mit Kunst und Philosophie beschäftigt oder irgend ein Interesse für die- felben hat, wird das Buch mit größtem Nutßen lesen; es wird den Sinn für das Schöne und Edle in die weitesten Kreise des deutschen Volkes tragen. i

57, Prof. Dr. R. Hartmann: „Madagaskar und die Inseln Seychellen, Aldabra, Komoren und Mas- karenen.“ 89, 152 Seiten. Preis gebunden 14 = 60 Kreuzer. Dieser Band ist der V. Theil des Werkes: „Der Welttheil Afrika in Einzeldarstellungen.“ Aber er bietet auch ein selbständiges und bei den Vorgängen auf Madagaskar gerade jeyt lebhaftes Interesse. Von kundiger Hand sind uns die obengenannten Inseln in __ihren Bodenverhältnissen und Produkten, ihren Einwohnern, deren Sitten, Gebräuchen und Lebensverhältnissen geschildert. Wer sich für fremdes Land und für fremde Leute interessirt, wird hier eine reihe Quelle der Belehrung und Unterhaltung finden. Die Fauna und Flora der einzelnen Inseln ist gründlich behandelt, aber auch die national- ökonomische und kulturhistorishe Seite wurde sorgfältig und in ihren charafteristischen Erscheinungen aufgefaßt. Ebenso erscheinen die sozialen und religiösen Einrichtungen mit Klarheit dargestellt. 23 Vollbilder und 28 in den Tert gedruckte Abbildungen erläutern denselben. Ein ausführliches Register erhöht den Werth des Buchs, an dem Jung uxd Alt, Gelehr*- und Laien Gefallen finden werden.

58. J. Löwenberg: „Die Entdeckungs- und For- \chungsreisen in den beiden Polarzonen.“ (89. 152 Seiten. Preis gebunden 1 & = 60 Kr.) Nach einer übersichtlichen geogra- phischen Rück- und Rundschau belehrt der Verfasser uns über die Wiederaufnahme der heldenhaften Polarreisen im Jahre 1818. Wir begleiten Franklin und später die Franklinsuher auf ihren Fahrten, reisen mit ‘den „deutshen arktischen Argonauten“ Koldewey, Dorst, Bessel, v. Heuglin, v. Zeil, Weyprecht, Payer, Roß, Challenger, Nordenskjöld u. a. m. nah dem äußersten Norden und Süden. Hoch- interessante Erörterungen über Ballonerpeditionen zum Pol und die Polarforschung der Zukunft {ließen das Werk ab, welches gut aus- gestattet, mit instruktiven Karten und ausführlichem Register versehen, cinen zeitgemäßen Stoff in anregender Weise behandelt.

Zürich, 21. November, Der bekannte Historiker Dr. Johannes Scherr, Professor am hiesigen Polytechnikum, ist heute nah langem Leiden gestorben. Johannes Scherr, Bruder des Schweizer Schul- mannes Ignaz Thomas Scherr, war geboren am 3. Oktober 1817 zu Hohenrecberg, besuchte das Gymnasium zu Gmünd und die Universitäten zu Zürich und Tübingen, wirkte dann eine Zeit lang als Lehrer und ließ sich 1843 in Stktuttgárt nieder, wo er 1844 mit der großes Aufsehen erregenden Schrift: „Württem- berg im Jahre 1844“ den politishen Kampfplay betrat. 1848 wurde er in die württembergische Abgeordnetenkammer und în den Landesaus\chuß gewählt und stand während der Revolutionszeit mit an der Spitze der demokratishen Partei, weshalb er nach Auflösung der: Kammer 1849 in die Schweiz flühten mußte. Er ließ sich zu- nächst in Winterthur nieder, wo er längere Zeit \riftstellerisch be- schäftigt lebte, bis er 1860 als Professor der Geschichte und Literatur an das eidgenössishe Polytehnikum in Zürich berufen wurde, wo er bis zu seinem Lebensende wirkte. Von Scherr's belletristishen Schriften find am bekanntesten die Romane: „Schiller“ (1856); „Michel, Ge- schichte eines Deutschen unserer Zeit“ (1858, 5. Aufl. 1878); von seinen historishen Werken: „Geschichte deutsher Kultur und Sitte“ (1853, 7. Aufl. 1879); „Geschichte der deutshen Frauenwelt“ (4. Aufl. 1879); „Blücher, seine Zeit und sein Leben* (1862). Jn das Ge- biet der Literaturgeshihte gehören: „Bildersaal der Weltliteratur“ (neue Bearbeitung 1869); „AUgemeine Geschichte der Literatur“ (6. Ausg. 1881); „Schiller und seine Zeit“ (1859); „Germania, zwei Jahrtausende deutshen Lebens" (3. Aufl. 1880).

Veterinärwesen. Belgien.

In neun Provinzen Belgiens herrscht die Lungenseuche unter dem Rindvieh in bedeutendem Umfange. p A