1886 / 281 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Nov 1886 18:00:01 GMT) scan diff

wurde bejaht; es solle eine feste Gerahr erhoben werden; außerdem wurde beschlossen, daß bei tieser Art von Klagen, sowohl vom Jnländer wie auch vom Ausländer, fakultativ ein entsprechender Kostenvorshuß erhoben werden könne.

Die bezüglich beider Säße einstimm:g mit Ja beantwortete Frage 16 lautet : -

Soll beim Erlöschen eines Patents in Folge unterlassener Ge- bühbrenzahlung eine Nachfrist gewährt werden, innerhalb deren gegen Zahlung einer Strafgebühr die Wirkung des Erlöschens wieder auf- gehoben werden kann? Ift es, namentlich im Falle der Bejahung vorstehender Frage, unbedenklich, die Frist zur Zahlung der Patent- gebühren abzukürzen ?

Frage 17: :

Empfiehlt es sich, die Vorausbezahlung der Jahresgebühren für mehrere Jahre zuzulassen, mit der Maßgabe, daß eine RNück- zablung nicht stattfindet, au} wenn das Patent früher sein Ende erreicht ? : E

wurde mii der Maßgabe bejaht, daß eine Rückzahlung dann stattfinden soll, wenn der Patent-ZFnhalter auf fein Patent verzichten will. i L

Frage 18 und 19 wurde mit Frage 22 vereinigt ; Frage 20, welche lautet : S

Sind auch die nicht wissentlib, aber 1us Fahrlässigkeit be- gangenen Patentverleßzungen unter Strafe zu stellen ? E

wurde verneint, zugleich aber beschlossen, die civilrechtliche Ver- folgung bezüglih der Fahrlässigkeit auszudehnen. N

Jn der leßten Sißung am Sonnabend wurde zunächst über Frage 21 verhandelt, welche lautet:

Jst die Ertheilung von Patenten an Ausländer von der Vor- aussetzung abhängig zu machen, daß in dem Staat, welchem sie an- gehören, auh dem Inländer Patentshuß gewährt wird ? Oder soll der Patentshuß für Ausländer wenigstens an die Voraussetzung ge- knüpft scin, daß die Angehörigen des Deutschen Reichs in dem be- treffenden Staat hinsichtlich des Patentschußes die Rechte der Meist- begünstigten genießen ? A :

Die Verjammlung entschied sih dafür, daß das Patent- Amt nicht mehr die Befugniß haben solle, Obergutachten ab- zugeben. L e :

Auf Anregung des Kommissionsmitgliedes Kommerzien- Raths Langen aus Köln hatte die große Majorität der Sachverständigen am 25. d. zu längerer Berathung sich in einer Abendsizung vercinigt. Fn dieser Sißung entwickeltee Hr. Langen seine Ansichten über die unter Frage 22: „Haben andere Bestimmungen des Gesetzes erhebliche Uebelstände zur Folge gehabt ?“ zu stellenden Wünsche, namentlih bezüglih der Reform des Patentamts. Nach langer und sehr eingehender Berathung hatte man si in dieser Sigzung bezüglich der aufgeworsenen Frage geeinigt, und so wurden denn in der heutigen Schlußsißzung der Enquete- Kommission folgende Vorschläge einstimmig angenommen :

I. Patentbehörden.

1) Für die Entscheidungen, welche wegen beantragter Richtigkeit oder Zurücknahme eines Patents, wegen beanspruhter Uebertragung eines Patents (Frage 4 der Enquete) und bei Streitigkeiten über die im Ertheilung8versahren ausgesprochene Abhängigkeit eines Patents zu treffen sind, is cin Patentgerichtshof zu bilden, welcher in zmci Instanzen, vorbehaltlich der Revision an das Reichsgericht, erkennt.

2) Der Patentgerihtshof soll mit .. . Mitgliedern, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen müssen, und mit . . . Mit-

gliedern, welhe in einem Zweige der Technik erfahren fein müsscn, Der Präsident des Patentgerihtshofs muß die Be- Die Mitglieder werden auf

beseßt werden. D fähigung zum Richterdienst besitzen. Lebenszeit ernannt.

3) In dem Civilverfahren und im Strafverfahren wegen Patent- verleßung ist die Sache zur Vorentscheidung darüber, ob in den relevanten Thatsachen objektiv eine Patentverletßzung liege, aus dem bei dem ordentlichen Richter anhängigen Verfahren an den Patent- gericht8hof zu verweisen, wenn dies beide Theile beantragea, oder wenn es das Geriht von Amtswegen oder auf Antrag eines Theils beschließt. i

4) Wegen gänzlicher oder theilweis-r Versagung eines Patents findet eine Oberbeshwerde an den Patentgerihtshof statt, über welche ohne Zulassung eines weiteren Rehtsmittels nah vorgängiger münd- liher Verhandlung zu entscheiden ist. E 09) Das Patentamt soll vorzugsweise mit ständigen Mitgliedern E werden, welhe ihr Amt als Hauptamt (auf Lebenszeit) ekleiden.

6) Beim Patentamt soll eine besondere Abtheilung für Be- handlung der Beschwerden gebildet werden. Derselben sollen Mit- glieder der Ertheilungsabtheilung nit angehören.

IT. Verfahren.

1) Für das Verfahren vor dem Patentamt soll in der Be- shwerdeinstanz die fakultative Mündlichkeit mit der Maßgabe gelten, daß das Patentamt von Amtêwegen die mündlihe Verhandlung an- ordnen, oder jede der betheiligten Parteien dieselbe beantragen kann. Für das Verfahren vor dem Patentgerihtshof gilt die Mündlichkeit.

2) Alle von dea Patentbehörden erlassenen Beschlüsse und Ent- scheidungen müssen mit Gründen versehen sein.

3) In der Beschwerdeinstanz ergehende Entscheidungen (Be- {lü}sse) sollen nur auf neues Vorbringen der Parteien, niht von Degen auf neue Grönde (thatsählihe Begründungen) gestützt werden.

IIT. Patent-Beschreibung und Patent-Anspruch.

Der Patentsucher soll verpflichtet sein, dic Erfindung in ilrem wahren Inhalte und ganzen Umfange zu beschreiben und dem ent-, sprechend den Antrag z1 formuliren. :

Eine wissentlihe Verschleierung in der Darstellung der Erfindung soll als Nichtigkeitsgrund gelten.

1V. Einspruchsrecht und Nichtigkeitsklage. _ Der Einspruch und die Nichtigkeitsklage sollen auf alle Requisite für die Ertheilung des Patents gestüßt werden können. l Ÿ, Patentanwalte (Patentagenten). _ Eine geseßlich (bezw. im Wege des Regulativs) geordnete Organi- sation des Patentanwaltstandes ist erwünscht. :

_ Endlich beschloß man noch: jeder Patentinhaber solle ver- pflichtet werden, den patentirten Gegenstand, resp. dessen Ver- packung mit der Bezeihnung „Pateni“ uno mit der Nummer des Patents zu versehen; ferner einigte man sich darüber, daß die Vorschriften über Verbot des Nachdrucks nicht Anwendung finden sollen auf Patentgesuche, welhe das Patentamt gus: gelegt habe. j

__ Der Vorsißende, Präsident Dr. Stüve, dankte den Mit- gliedern der Kommission für ihren Eifer und für den Ernst, mit welhem die Arbeiten so gründlih erledigt worden seien, und sprach die zuversichtliche Hoffnung aus, daß die Arbeiten der Enquete-Kommission zum Wohl der Gewerbe und der Jn- dustrie des Vaterlandes gereichen würden. ,

_ Namens der Sachverständigen dankte der Geheime Kom- S Oechelhaeuser dem Präsidenten und den Kom- missionsmitg iedern sür die sachliche und unparteiische Leitung der Verhandlungen, welchem Dank die Sachverständigen durch Erheben von ihren Sißen Ausdruck gaben.

Darauf \hloß Präsident Dr. Stüve die Arbeiten der Patent-Enquete-Kommission.

ed Wird in einem Testament den Erben gegenüber vom Erblasser eine bereits bei Lebzeiten mündlich erklärte und voll- dogene Schenkung als geschehen bestätigt und aufrecht er-

halten, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerihhts, IV. Civilsenats, vom 4. Oktober d. J., diese Erklärung, als eine nahträglihe Beurkundung der vollzogenen Schenkung, stempelpflichhtig.

Der Kaiserliche Gesandte bei den Vereinigten Staaten von Amerika, von Alvensleben, ist von Urlaub nach Washington zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württembergischer Ober-Regierungs-Rath Schicker und König- lih württembergisher Major Sick, sind hier angekommen.

__— Der General-ZJnspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, General der Jnfanterie von Strubberg, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Hint in Löwenberg in der Mark, Dr. Oelgart in Potsdam, Dr. Genrih in Brandenburg a. H., Assistenz-Arzt Dr. Rein- brecht in Rathenow, Assistenz-Arzt Waßmund in Wittenberg, Dr. Blaesing in Elsterwerda, Winter in Schkoelen, Dr. Hubert in Neuenburg, Dr. Lennarg in Hannover.

_— Das Schulgeshwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Stein“ (Flaggschiff), „Moltke“ und „Prinz Adalbert“, Geschwader - Chef: Kapitän zur See und Kommodore von Kall, ist am 27, November cr. in St. Vincent (Cap Verdis) eingetroffen und beabsichtigt, am 6. Dezember cr. wieder in See zu gehen.

S. M. Kreuzer „Nautilus“, Kommandant Kapitän- Lieutenant von Hoven, ist am 26. November cr. in Kobe ein- getroffen.

__ Württemberg. Stuttgart, 27. November. (St.-A. f. W.) Die Zweite Kammer beendete beute die General- debatte über die Kirchengesete und beshloß mit 74 gegen 9 Stimmen in die Einzelberathung einzutreten. Zum Vize- Präsidenten wurde Dr. Göz gewählt. Am Mittwoch wird die Berathung der Kirchengeseßze fortgeseßt werden.

__— (Allg. Ztg.) Fm Februar wird der Landtag \ih mit dem Etat zu beschäftigen haben, der dieses Mal insofern einigermaßen komplizirt ist und wichtige Debatten im Gefolge haben dürfte, als in Verbindung mit dem Finanzgesey eine neue Umlage des Grundsteuerkatasters nach dessen nunmehr beendeter Feststellung erfolgen soll. Auch wird dabei die Umwandlung des Gebäudekatasters in einen Reinertrags- kataster in Betracht kommen. treffend die Fortdauer und Revision des Sportelgeseßes und betreffend Erneuerunz des Geseßzes über die Gemeinde-Umlagen, zu erwarten.

Mecklenburg - Schwerin. (W. T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin sind heute Abend mittelst Extrazuges über Paris nah dem Süden abgereist.

Oefterreih-Ungarn. Pest, 27. November. (Prg4; Ztg.) In der heutigen Sibung der ungarishen Delegation wurden die gelegentlich der Berathung des Heereser- fordernisses von dem Delegirten Grünwald eingebrachten Anträge: eine Militär-Akademie in Ungarn zu errihten und den Lehrplan der Militär-Unterrealshulen in Ungarn mit dem Lehrplan der ungarischen Schulen in Einklang zu bringen, abgelehnt, nachdem Horwath für die Pflege der ungarischen Sprache in den Armee-Bildungsanstalten eingetreten war, Beöthy und Apponyi für den Grünwald'schen Antrag ge- sprohen und der Referent Rakowszky sowie der Delegirte Jvanka die Ausschußanträge vertheidigt hatten. Die Aus\{huß- anträge wurden sodann mit dem Amendement Horwath's an- genommen, daß in den Militäranstalten zur Aneigr.ung der ungarischen Sprache Gelegenheit geboten werde.

271. November. (W T. B.) Die ungarische Delegation hat ohne Debatte und einstimmig die Forde- rung für Repetirgewehre bewilligt und darauf das Heeres-Budget und den Okkupations- Kredit ange- nommen.

Agram, 26. November. Nach einer dem „Pester Lloyd“ von hier zugegangenen Meldung hat der Serbenklub die von Byurkovitsch beantragte Resolution acceptirt: der Klub halte es unter den heutigen shwieric en Verhältnissen für seine Pflicht, möglichst entschieden für die weitere Entwicklung der Autonomie, für Kirche, Schule und andere Jnteressen des ser- bischen Volîes in Kroatien-Slavonien einzutreten. Hier wird diese Resolution dahin gedeutet, daß der Serbenkluß Angesichts der Resultatlosigk-it des Karlowizer Kirchenkonaresses es als noth- wendig erachtz, für die Schule, wie für diz Geistlichkeit im Rahmen von Landesgesegen durch den Landtag das Möglichste zu erreichen.

Schweiz. Bern,, 28. November. Wie der „Bund“ hört, hat der Bundesrath in seiner Sizung vom Freitag die Diskussion in der Alkoholfrage fortgeseßt. Be- {lossen wurde, in der nächsten Montagssißung vorerst den Entwurf der nationalräthlihen Kommission durch- zuberathen (zu welhem von Hrn. Schenk verschiedene Abänderungs - Anträge gestellt sind), jedoch ohne Prä- judiz für die definitive Entscheidung, ob das Monopol oder das Besteuerungssystem einzuführen sei. Die vom Bundesrath vorgeshlagene Konversion des eidgenös- sishen Anlehens (31 247 000 Fr.) würde das eidgenössische Jahresbudget von 1888 an bis zur gänzlichen Tilgung des e r im Jahre 1915 durchschnittlich um 94 000 Fr. jährlich erleichtern.

Großbritannien und Jrland. London, 26. November. (A. C.) Die Regierung scheint entschlossen zu sein, den jüngsien Umtrieben der Nationalliga in Frland, die in verschiedenen Theilen des Landes einen ernîten „Pacht- krieg“ herbeigeführt haben, enerzisch entgegenzutreten. Jn einer im Oktober in Woodford abgehaltenen Mas sen- versammlung hatte John Dillon, der Abgeordnete für Ost-Mayo, den Pächtern angerathen, den reduzirten Pacht- zins, wenn die Gutsherren ihn nicht annehmen wollen, an die zur Unterstüßung der Exmittirten eingeseßten Comités zu zahlen. Bald darauf veröffentlichte Parnell's Borfcila „United Freland“ einen sörmlih auf dea obigen Vorschlag Dillon's basirten Feldzugsplan, wonah die Pächter auf einem jeden Güterkomplex über die von ihnen verlangte Pachtermäßigung s\ich verständigen und diesen

so vereinbarten Betrag am Zahltage dem Agenten in

Ferner sind Vorlagen, be- |

Schwerin, 28. November. |

corpore anbieten sollen; verweigert dieser die Annahme so soll ein jeder Pächter den von ihm nach obiger Vereinbarung zu zahlenden Betrag an das für diesen Zweck gebildete Comité einzahlen, das aus den so empfangenen Geldern einen gemeinsamen Fonds bildet, aus dem die be- treffenden Pächter shadlos gehalten werden. Dieser Plan ist nunmehr auf verschiedenen großen Güterkomplexen zur Durchführung gelangt, namentlich auf dem Grundbesitz des Marquis von Clanricarde in Woodford, ferner in den Kreisen Cork, Limerick, Galway u. \. w., und in vielen Fällen ist es zu ernsten agrarishen Unruhen gekommen. Die Regierung hat nunmehr den Entschluß gefaßt, den Haupturheber dieses neuen Landkrieges, John Dillon, in Anklagezustand zu verseßen. Es ist ihm bereits eine Vorladung zugestellt worden, am nächsten Dienstag vor den Schranken der Queens Bench-Abtheilung des obersten Gerichtshofes in Dublin zu erscheinen, um sih wegen der von ihm jüngst gehaltenen arfrührerishen Reden zu ver- antworten. Es handelt sich dabei besonders um eine am 7. November in Longford gehaltene Rede, welher Ausschreitungen gegen Ge- rihtsvollzieher und Widerstand gegen die Behändigung von Ex- missionsbefehlen Seitens verschiedener Pächter folgten. „United

reland“ soll wegen des in seinen Spalten erschienenen agrarischen exeldzugsplans und anderer, zum Widerstande gegen die Be- hörden aufreizender Artikel eine erste Verwarnung erhalten haben, oder demnächst empfangen. Ferner ist die für nächsten Sonntag geplante Abhaltung einer nationalistishen Kundgebung in Sligo als geseßwidrig untersagt worden, weil die Lokalbehörden darin einen Versuch erblicken, die Geschworenen der bevorstehenden Winter-Assisen einzushüch- tern. Eine Verordnung der Regierung verfügt das Schließen aller Wirthshäuser an dem genannten Tage. Zur Aufrechthaltung der Ordnung ist eine starke Abtheilung Militär, darunter zwei Schwadronen Dragoner, nah Sligo beordert worden. Die Nationalisten erklären, daß, falls sie keine Kundgebung unter freiem Himmel abhalten können, sie Dillon, O'Brien und die übrigen Mitglieder der irischen Partei festlih bewirthen würden. Gestern hielt Dillon, kurz nachdem ihm die erwähnte Vor- ladung behändigt worden, eine Ansprache an eine Volksver- sammlung in Ballaghadereen, Grafschaft Sligo, worin er den Pächtern anrieth, den fälligen Pachtzins nur zu entrichten, wenn derselbe um mindestens 25 Proz. ermäßigt worden sei. Dillon wird auch wegen einer in Murroe, Grafschaft Galway, am vorigen Sonntag gehaltenen Rede belangt werden, worin er gegen die Zahlung nicht ermäßigter Pacht- zinse eiferte. Es wird ihm von dem Gerichtshof wahrscheinlich aufgegeben werden, Bürgschaften für sein künftiges gutes Ver- halten zu leisten. Lzistet er diesem Befehl nicht Folge, so wird ex, wie einst Michael Davitt, mindestens sechs Monate im Gefängniß zuzubringen haben.

Jn Leicester wurde gestern eine Konferenz des nationalen Verbandes der liberalen Vereine ab- gehalten. Abends fand in der Floral Hall eine lokale Massen- versammlung statt, bei welcher Lord Spencer die Hauptrede hielt. Nach einigen abfälligen Bemerkungen über die Ent- assung des bisherigen permanenten Unter-Staatssekretärs, Sir R. Hamilton, verbreitete sich der Redner über die Politik Gladstone's mit Bezug auf Jrland und hbe- zeichnete diejelbe als nothwendig und gerecht. Das liberale Trinzip sei, daß jede der britishen Race angehörige Nation der Selbstverwaltung fähig sei; die liberale Partei werde Alles thun, was in. ihrer Macht stehe, um diesem Prinzip Gcsepeskraft zu verleihen. Die Versammlung faßte eine Re- solution, welche das von der Konferenz in Leeds aufgestellte neue Programm derx liberalen Partei billigt.

Zwei sür die britislhe Kriegs-Marine gebaute gepan- zerte Kreuzer wurden gestern vom Stapel gelassen: in Ja-row der „Undaunted“ und in Glasgow die „Australia“, we.chen Namen leßteres Fahrzeug zu Ehren der australischen Saldaten erhielt, die den Feldzug im Sudan freiwillig mit- g-macht hatten.

Wie die „Times“ erfährt, soll das Parlament am 13. «Jonuar zur Erledigung der laufenden Sessionsgeschäfte zusammentreten. Dem genannten Blatt nach liegt es in der Absicht der Regierung, die ganze Zeit des Hauses der Ge- meinen zu beanspruchen, behufs Erzielung einer gründlichen Reform der parlamentarischen Geschäftsordnung.

Dublin, 28. November. (W. T. B) Die Stadt Sligo ist von zahlreichen Militär- und Polizei-Mannschaften beseht. Jn Folge des Verbots des Vize-Königs fand die beab- sihtigte nationalistishe Versammlung in Sligo nicht statt, war aber insgeheim in einem Dorfe nächst der Stadt vorbereitet worden und wurde daselbst abgehalten. Die Parlaments-Mitglieder OD'Brien und Kel ly hielten Neden, in welchen sie unter heftigen Vorwürfen gegen die Regierung die Absicht aussprachen, die Bewegung im Gange zu erhalten. Es waren nur wenige Polizei-Mannschaften

gegenwärtig.

__— 29, November. (W. T. B.) Die Regierung beschloß, ebenso wie gegen Dillon so auch gegen das Parlamentsmitglied OD'Brien das gecihtlihe Ver- fahren einleiten zu lassen. :

(A. C.) Der Spezial-Korrespondent der News“ in Birma telegraphirt aus Mandalay:

General Roberts hat eioven Tagesbefehl erlassen mit der Weisung, daß in den militärishen Operationen besondere Aufmerk- samkeit den Mitteln gezollt werden soll, mit denen Hinterhalten vor- gebeugt werden könne, sowie daß dur die ausgedehnte Verwendung von Kavallerie zur Verfolgung der Führer {were Verluste herbeis- geführt würden. Zwischen richtigen Freischärlern und Dorf- bewohnern, die gezwungen gegen die Engländer kämpfen, soll ein weiter Unterschied gemacht werden. Die Truppen werden ermahnt, kein Eigenthum zu beschädigen oder die Empfindlichkeit der Bevölkerung zu verletzen, da der Hauptzweck sei, mit den Birmanen freundliche Bezichungen zu pflegen und dicfelben über die in Umlauf geseßten shädigenden Gerüchte betreffs der britischen Absichten zu beruhigen.

Rangun, 25. November. Fünf weitere Sepoy-Reg i- menter haben Befehl erhalten, von Indien nah Birma abzugehen.

Frankreich. Paris, 26. November. (Fr. C.) Rach allen Anzeichen, den offen daliegenden und den nur den Ein- geweihten bemerklichen, läßt sich nicht in Abrede stellen, daß die Opportunisten den Augenblick für gekommen halten, gegen das Ministerium Freycinet Sturm zu laufen.

Heute trat die Kammer-Kommission, welcher die Prüfung des Antrags des Dep. Lacroix über die Gemeinde- Autonomie von Paris obliegt, zusammen. Der Vorsißende berichtete über das Resultat der von ihm bei dem M inister des JFnnern gemachten Schritte: Der Minister bereitet Projekte über die Gemeinde-Organisirung von Paris und die Organisirung des Seine-Departements vor, der Minister- rath hat sich aber bisher noch niht mit derx Angelegen-

„Daily

heit beshäftigt. Hr. Sarrien will allen mit dem Jnteresse der Regierung vereinbarlichhen Wünschen gerecht werden, kann aber in einzelnen Punkten, wie bezüglih der Polizeipräfektur und der Central-Mairie, den Forderungen des Gemeinderaths nicht entsprechen. Die Kommission beshloß troßdem, ihre Arbeiten sofort zu beginnen und nicht erst die Einbringung der Re- gierungsvorlage abzuwarten.

Der vom Minister für Handel und Gewerbe in der Kammier eingebrachte Geseßentwurf zur Regelung der Kinder-, Mädchen- und Frauenarbeit in den Fa- briken faßt die Bestimmungen des Gesetzes vom 9. September 1848 über die Arbeitsdauer und die des Geseßes vom 19. Mai 1874 über den Schuß der im Gewerbe verwendeten Kinder und Mädchen zu einem einheitlichen Geseß zusammen und ver- bessert sie in zeitgemößer Weise. Jnsbesondere wird der Schuß auch auf solche gewerbliche Anlagen ausgedehnt, welche die Form von Fach- oder Jndustrieshulen oder Versorgungs-, Rettungs- oder sonstigen Wohlthätigkeitsanstalten haben und bisher der Aufsicht entzogen waren. Das Alter der Zulässig- keit der Kinder in Werkstätten, welches in dem Geseß von 1874 auf 12 Fahre bestimmt und für gewisse Jn- dustrien bei blos sechsstündiger Arbeit sogar auf 10 Jahre ermäßigt wurde, ist in der neuen Vorlage gieich: förmig auf 13 Jahre festgeseßt. Die Nachtarbeit ist nicht blos für Kinder und minderjährige Mädchen, wie im Geseg von 1874, sondern für Frauenspersonen jeden Alters untersagt, unter Vorbehalt der Gestattung für Nothfälle duch eine Ministerial-Verfügung. Die Arbeitszeit ist für Arbeiterinnen jeden Alters auf 11 Stunden tägli begrenzt. Endlich bezweckt eine Reihe neuer Bestimmungen die Sicherung von Leben und Ge- sundheit in den Werkstätten aller Art.

(Köln. Ztg.) Die Deputirtenkammer nahm heute bei der Berathung des Budgets des Justiz-Ministers die Kapitel bis 15 unverändert an. Bei Kapitel 16 (Strafgerichte in Frankreih und Algerien) wurde ein Antrag Sabatier's, den Betrag von 6 750000 Fr. auf 6 Millionen herabzuseßen, trotz des Widerstandes der Regierung mit 474 gegen 50 Stimmen genehmigt, welcher Beschluß Aufsehen erreat. Jn Sachen der Schenkung des Herzogs von Aumale hat der Staatsrath gestern beschlossen, ein Verzeihniß aller Sammlungen in Chantilly aufnehmen zu lassen; erst wenn dies geschehen, kann die Schenkung nah dem Geseßz rechts- gültig werden.

27. November. (W. T. B.) Bei dex heutigen Berathung des Budgets des Aeußern in der De-

utirtenkammer beantwortete der Minister - Prä- ident de Freycinet die von dem Depuürten Delafosse an ihn gerihteien Fragen bezüglich der auswärtigen Politik: Die Regierung wolle keinen Krieg, der die Durchführung der Reformen im Fnnern verhindern würde. Frank- reih müsse zwar in allen internationalen Angelegenheiten sich geltend machen können, aber es müsse vor Allem diejenigen An- gelegenheiten ins Auge fassen, welche ein vitales FJnteresse hätten. Die bulgarische Frage interessire Frankreich nicht direkt. An der egyptishen Frage dagegen habe Frank- reih Jnteressen ersten Ranges; man könne daher nicht zu- lassen, daß Egypten sich in den Händen einer fremden Macht befinde. Diese Gefahr sei indessen niht zu befürchten. Die Engländer seien nah Egypten gegangen, lediglich um die Ordnung daselbs herzustellen; dieselben hätten anerkannt, daß Egypten sein eigener Herr sein müsse. Die fran- zösishe Regierung habe keine Klage formulirt, wohl aber die Aufmerksamkeit Englands auf die Noth-

* wendigkeit hingelenkt, zu einer Lösung zu gelangen. Bezüglich

der Suez- Frage seien Unterhandlungen angeknüpft worden, um ein europäisches Uebereinkommen herbeizuführen. Jn Kurzem werde entweder eine Verständigung mit England erzielt sein, oder die Gesammtheit der Mächte werde sih mit der Angelegenheit zu befassen haben. Die Regierung habe die Acht1ng vnd das Vertrauen aller Mächte durh ihre ehrliche, offene und selbstlose Politik gewonnen. Was die koloniale N “it ik anlange, so hält Hr. de Freycinet dafür, daß man sich be- gnügen müsse, die neuen Besißungen zu organisiren. Die Politik der Regierung lasse sih zusammenfassen in die Worte: Klugheit und Festigkeit, Ju weiteren Verlauf der Sißung beantragte Michelin die Aufhebung der französi- \hen Botschaft beim päpstlihen Stuhl. Der Mi- nister-Präsident de Freycinet bekämpfte den Antrag und legte die Nüblichkeit dieser Botschaft dar: Alle Mächte unterhielten Beziehungen mit dem Vatikan; Frankreih, das zahlreihe Katholiken unter seinen Bürgern zähle, das ein Konkordai mit dem päpstlichen Stuhl abgeschlossen habe und das Missionen im Orient unter- halte, könne niht ohne Vertreter bei dem Vatikan sein. Der Antrag Michelin wurde schließlich mit 291 gegen 258 Stimmen abgelehnt, und die ersten 17 Kapitel des Budgets des Auswärtigen wurden sodann in derselben Weise genehmigt, wie der Minister beantragîí hatte. ;

Die Kommission der Deputirtenkammer für die Zölle beschloß, die Alkohol-Zölle von 30 auf 40 Francs zu erhöhen.

28, November. (W. T. B.) Die Zeitungen äußern sich beifällig über die von dem Minister-Präsidenten de Freycinet in der Kammer dargelegt: Politik der Regie- rung bezüglih der auswärtigen Fragen. ;

Der „Temps“ erklärt die Meldung für fals{ch, daß die Regierung mißliche Nachrichten aus Madagaskar erhalten habe: die zuletzt eingegangenen Nachrichten stellten die Lage als eine befriedigende dar. : L,

Eine Versammlung der radikal-progressistischen Comités des Seine-Departements, welhe heute Nachmittag unter dem Vorsig Tolain's im Tivoli-Saal stattfinden sollte, wurde durch Anarchisten vereitelt, welche auf die Estrade zu dringen suchten. Es entstand ein heftiger Zusammenstoß, bei welhem mehrere Personen verwundet wurden. Die Polizei verhaftete 12 Personen und ließ den Saal räumen.

Jtalien. Rom, 28. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Sigzung der Deputirtenkammer erklärte in Beant: wortung der Fnterpellationen vonSant' Onofrio und Valle bezüglih der auswärtigen Politik der Minister des Auswärtigen, Graf Robilant: Die Beziehungen M seien zu allen Mächten gute, diejenigen zu

eutschland und Desterreich zeugten von großer Herzlichkeit und gegenseitigem Vertrauen. Die Regierung des Königs habe sih dem friedlihen Programm der Central- mächte angeschlossen und werde sich demselben auch fernerhin anschließen unter derselben Form und in demselben Maße wie bisher, indem sie es sich angelegen sein lassen

werde, das Einvernehmen zu einem immer innigeren und den gegenseitigen Juteressen immer mehr entsprechenden zu machen. Mit England sei Jtalien durch besondere, der italienischen Politik traditionelle Freundschaftsbande verknüpft und werde diese noh weiter entwickeln, wenn die Ereignisse es verlangen sollten. Der Minister bezog sih sodann auf seine im Januar in der Deputirtenkammer abgegebenen Erklärungen, denen er treu geblieben sei, und erwähnte der Sympathien Jtaliens für den früheren Fürsten von Bulgarien und für Bulgarien. Die Re- gierung habe diese nicht verheimliht. Vor Allem aber habe ste bei einer Frage, in welcher Jtalien nit in erster Reihe interessirt sei, auf die Erhaltung des Friedens bedacht sein müssen, bis etwa cin Konflikt oder Sonderabmachungen zwischen einzelnen Mächten einträten. Niemand werde übrigens an der ebenso thätigen wie energischen Mithülfe Jtaliens zweifeln können, auf welche jede Mat absolut rehnen könne, welche, wie Ftalien, die Aufrechterhaltung des Friedens und der Achtung vor den Verträgen wünsche. Sant’ Onofrio und Valle erklärten sich durch diese Mittheilungen besriedigt.

Türkei. Konstantinopel, 28. Novemdver. (W. T. B.) Der ökumen ische Patriarch hat seine Entlassung ge- nommen; der Metropolit von Caesarea übernimmt provisorisch die Vertretung desselben.

Rumänien. Vukare#:, 27. November. (W. T. B.) Die Kammern sind heute mit einer Thro arede eröffnet worden, in welcher die Beziehungen zu allen Mächten als die besten bezeihnet werden. Die an den Grenzen des Reichs abgespielten politischen Ereignisse hätten wohl einen Moment Besorgniß erregt , gleihwohl aber das Land niht näher berührt. Die ununterbrochene Sorge, mit der Rumänien den friedlichen Fortschritt verfolge, sowie dessen ruhige und würdige Haltung hätten diesem Stgat einen noch höheren Plaz als früher zugewiesen. Jm Laufe des Jahres seien mehrere Handelsverträge erloschen; der König hoffe jedoh, daß die begonnenen Verhandlungen betreffs deren Verlängerung resp. Erneuerung zu einem guten Re- sultat führen würden. Die Regierung werde demnächst be- hufs befriedigender Regelung der Handelsbeziehungen neue Konventionen vorlegen. Die Thronrede zählt alsdann die im Laufe des leßten Finanzjahres ausgeführten Arbeiten und Ver- besserungen auf, kündigt Geseßvorlagen betreffs der Reform

| des Handelsgeseßbuches, der Errichtung eines Staatsraths so-

wie andere Entwürfe an und betont schließlich die gebrachten Opfer für die Armee, welche in schwierigen Tagen ein Wall für die Ehre, Sicherheit und Stellung des Königreichs sein werde. Der Eröffnung wohnten auf errichteten Tribüne der Fürst Leopold und der Prinz Ferdinand von Hohenzollern bei. Senat und Kammer begaben sih nach dem Eröffnungsakt in corpore in das Königliche Palais, um dem König für den Ein- tritt des Prinzen von Hohenzollern in die rumä- nishe Armee zu danken.

Rußland eud Polen. Odessa, 29. November. (W. T. B.) General von Kaulbars is} gestern Vor- mittag hier cingetroffen und am Abend nach St. Petersburg weitergereist.

Süd-Amerika. Peru. Lia, 25. November. (R. B.) Es ist ein neues Ministerium gebildet worden, welches, wie folgt, zusammengeseßt wurde: Delgolar, Präsident des Conseils; Zegarra, Justiz-Minister; Chacaltara, Minister der auswärtigen Angelegenheiten; Urigoyen, Finanz - Minister; General Torrico, Kriegs-Minister.

Asien. China. Peking, 25. November. (A. C.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet: Von dem Drange getrieben, den Handel Chinas weiter auszudehnen, rüstet die chinesische Regierung eine Forschungs- Expedition nah dem Amur aus. Vorher soll eine chinesishe Dampfschiffahrts-Gesell schaft gegründet werden, deren Schiffe den gzenaunten Fluß befahren sollen.

Afrika. Egypten. Kairo, 25. November. (A. C.) Dos gegenwärtig in Asfuan stehende 4. Bataillon der egyp- tischen Fnfanterie wurde nah Wady Halfa beordert. Das 3. Bataillon desselben Regiments 1wird hier bleiben und nicht, wie anfänglickl gemeldet, nah Affuan gehen.

Zeirungsstimmen.

Jn ihrer Besprehung der Thronrede sagt die „Schle- sishe Zeitung“:

Der Mehraufwand, welcher durch eine dem entsprehende Ec- höhung der P: äsenzziffer bedingt würde, geht über 30 Millionen Mark nicht hinaus. Was bedeutet diese Summe angesichts der Thatsache, daß man si in Deutschland nur zu bücken braucht, um cinen Schaß zu heben, der mit Leichtigkeit 500 bis 600 Millionen jährlich ertragen würde. Denn ohne daß ein Steuerdruck geübt würde, sind aus dem Taback 200, aus dem Branntwein 240 und aus dem Bier 110 Millionen jährlich zu erzielen. Entschließt man sich dazu, dann sind die Mittel nicht nur für die Armee, für die Dur{führung der Sozialreform und zur Beseitigung der Defizitwirthschaft in reihem Maße vorhanden, fondern_auch für eine durchgreifende Steuer- reform, welche dem preußishen Staate die Möglichkeit gewährt, das Volks\hulwesen demjenigen Süddeutschlands und der Schweiz eben- bürtig zu gestalten, seine Beamten ausreichend zu besolden und die Kommunen durch Zuweisung der Realsteuern und durch Uebernahme ihnen zu Unrecht obliegender Verpflichtungen in den Stand zu seten, die Ungeheuerlichkeiten zu beseitigen, welche ihr Besteuerung8wesen vielfa aufweist.

Die „Kolonialwaaren- Zeitung“ glaubt zwar, sih große Erfolge von der Einführung des Freihandelsystems versprechen zu sollen, bemerkt aber doch:

Es soll hier ganz unerörtert bleiben, ob jene bekannte Behauptung, daß das Ausland den Zoll trage, richtig ist; so viel läßt sih jedenfalls feststellen, daß die damalige Einführung der Schußzölle das Resultat ernster“ und wichtiger Erwägungen war. Noh waren die wuchtigen Reuleaur'schen Worte „billig und \{lecht“ faum verhallt, noch zitterten sie in jedem Freunde unseres Landes und unserer Industrie lebhaft na, da machten sich auch s{chon die Folgen jener unseligen Ueber- produktion geltend, die eine gänzliche Lahmlegung unserer O und Gewerbethätigkeit herbeizufüh:en drohten. Der zweifelhafte Ruf, die \{chlechte Schulung unserer Industrie drohten unsere Bemühungen, mitbewerbend auf dem Welthandelsmarkt aufzutreten, gänzlich illuso- risch zu machen; noch dazu stand unsere Zollgrenze fremdländischen Cindringlingen ohne jede Schranke ofen; was lag da näher, als eine Art cinesishe Mauer, die es unserer deutschen Industrie zunächst er- möglihte, wenn auch nach \{chwerem Ringen, wenigstens im eigenen Lande festen Fuß zu fassen. Unter dem energishen Schuß unserer Zoll- grenzen war unserem Handel und unserer Industrie zunächst die Mög- lichkeit geboten, sich zu sammeln; freilich hatte sie fast von vorn

einer neben dem Thron |

| weitere Reihe von ansprchenden Nummern erschienen, | thren Vorgängerinnen würdig anschließen und des Beifalls der lese-

anzufangen, um auf dem Weltmarkt die ebenso eingeführte wie leistungsfähige und geshulte englische und französis{he Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen. Diese fast übermächtige Aufgabe ift heute nahezu ganz gelöit: unser deutsher Handel steht niht minder wie unsere deutsche Industrie nah innen und außen gefestigt dem englischen und französishen Gegner gegenüber. Der deutsche Kaufmann, der deutshe Export hat ein Ansehen und Bedeutung gewonnen, wie bis dahin in der Handelsgeschichte beispiellos dastehend. . : Müßig allerdings ist es, die Einführung des reinen Freihandel- systems früher zu fordern, als bis man in der Lage ist, unsern Re- gierungen geeignete Einnahmeersayquellen zu präfentiren; bis dahin hat jede Diskussion darüber nur den Werth von Doktorfragen.

Centralblatt der Abgaben-Gesezgebung und Ver- waltung in den Königlich preußishenStaaten. Nr. 24. Inhalt: 1. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. IIT. Indirekte Steuern: Erkenntniß des Reichsgerichts. Zolldefraudate. Verjährung. Uebertretungsfälle. IV. Perfonalnachrichten.

Eisenbahn- Verordnungs-Blatt. Nr. 32. Inhalt: Grlaß des Ministers der öffentlihen Arbeiten: 67. vom 19. November 1886, betr. Ausführungs-Verordnung zu dem Gesetz vom 25, Februar 1876 über die Beseitigung von Ansteckungss\toffen bei Viehbeförderun- gen auf Eisenbahnen.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 48. Inhalt; Amiliches: Personalnachrihten. Nichtamtliches: Die Wanderungen des Pausanias durch die Altis von Olympia. Die öbffentlichen Wasch- und Badeanstalten in Metz. (Schluß.) Neubau der Lebensversicerungs-Aktien-Gesellshaft „Germania“ in Straßburg i. E. Die Knallsignale im Eifenbahn-Betriebsdient, Zur Frage wasserdihter und geräushloser Fahrbahnen auf Eisenbahnbrücken. Vermischtes: Nachträgliche Ernennung zum Königlichen Regierungs- Bauführer. Preisbewerbung für den Neubau einer Interimskirce in Halle a. S. Vorkommen von Aalen in der Wasserleitung Londons. Herstellung eines Tunnels unter dem Sund zwischen Kopenhagen und Malmö. Schutz hölzerner Wasserbauwerke gegen Fdulniß.

Statistische Nachrichten.

Straßburg, 27. November. Frequenz der höheren Schulen Elsaß-Lothringens. (Lds.- Ztg. f. Els. - Lothr.). Am 1. November 1886 befanden \sich in den 29 öffent- lichen höheren Schulen Elsaß - Lothringens 6715 Schüler; 25 mehr als am gleichen Tage des Jahres 1885. Von den Schülern gehörten 6441 Elsaß-Lothringen an, 233 waren aus anderen deutshen Staaten, 41 aus dem Auslande. Den Neligionsbekennt- nissen nah theilten sich die Schüler in 2589 Katholiken, 3341 Pro- testanten und 785 Israeliten. Gegen das Vorjahr haben dic Katho- likfen um 59, die Israeliten um 4 zu- und die Protestanten um 38 abgenommen. In den Gymnasialklassen befanden sih 3383, in den Real-Gymnasialklassen 54, in den Realklassen 2081 und in den Vor- fassen 1197 Schüler. Die Zahl der Vorschüler hat gegen das Vor- jahr um 160 abgenommen, die Zahl der Real-Gymnasials{hükler um 41, wogegen die Zahl der Gymnasiasten um 47 und diejenige der Realschüler um 179 gestiegen ist.

Die nicht öffentlichen höheren Schulen, nämlih das protestan- tische Gymnasium in Straßburg, das katholishe Gymnasium an St. Stephan daselkst, die bishöflihen Knaben-Seminare in Montigny und Zillisheim, das Institut St. Augustin in Bitsch, die Domschule in Metz und die Schule St. Arnold daselbst hatten am 1. November d. I. 2040 Schüler, 20 weniger als im Vorjaßre. Von den Schü- lern gehörten 1308 der ftatholishen, 632 der protestantischen Konfession und 100 der israelitischen Religion an. 1998 waren aus Elsaß- Lothringen, 27 aus dem übrigen Deutschland, 15 aus dem Auslande. Die Zahl der Gymnasiasten, welhe 1654 betrug, ift gegen das Vor- jahr um 16 gestiegen, die Zahl der Vorshüler mit 386 hat gegen das Vorjahr um 36 abgenommen.

Die Zahl aller Schüler an den höheren Schulen Elsaß- Lothringens betrug hiernach am 1. November d. I. 8755, wovon 8439 aus (Fl\aß-Lothringen, 260 aus dem übrigen Deutschland, 56 aus dem Auslande waren, 3897 der katholischen, 3973 der protestanti- schen Konfession und 885 der israelitischen Religion angehörten, 5037 Schüler in den Gymnasial-, 54 in den Real-Gymnasial-, 2081 in den Realklassen und 1583 in den Vorschulklassen saßen. Gegen das Vorjahr hat die Gesammtzahl der Schüler um 5 zugenommen; die Zahl der Katholiken ift um 52, diejenige der Israeliten um 5 gestiegen, die Zahl der Protestanten aber um 52 gesunken; die Zahl der Borschüler hat um 196 abgenommen, wogegen die Zahl der übrigen Schüler um 201 gestiegen ist, Bei den letzteren ist wiederum die Zaßl der Gymnasiasten um 63, diejenige der Realshüler um 179 gestiegen, dagegen hat die Zahl der Real-Gymnasialshüler um 41 ab- genommen.

Es kommt demnah bei Zugrundelegung der Bevölkerungsziffer von 1 563 145 in Elsaß-Lothringen cin Schüler der höheren Schulen auf 178 Einroohner, ein Schüler der humanistishen höheren Schulen auf 310, cin Schüler der realistischen höheren Schulen auf 715 Ein- wohner. Von Schülern der öffentlichen höheren Schulen entfällt einer auf 232 Einwohner, ein Sczüler der öffentlihen humanisti- \chen höheren Schulen auf 462, ein Schüler der öffentlichen realisti- schen höheren Scbuleu auf 715 Einwohner. In Preußen kommt nah dea Ergebnissen der Erhebungen pro 1824/85 cin Schüler der höheren Schulen auf 180 Einwohner, ein Schüler der höheren humanisti\chen Schulen auf 292, eir: Schüler der höheren realistischen Schulen auf 47% Einwohner. Für Baden stehen uns Angaben aus den Jahren 1882/83 zu Gebote, nah denen cin Schüler der höheren Schulen auf 166, ein Schüler der höheren humanistischen Schulen auf 305 und ein Schüler der höheren realistishen Schulen auf 363 Cinwchner kam. In Württemberg entfiel nach einer Angabe vom 1. Januar 1885 ein Schüler der höheren Schulen auf 123, ein Stüler der humanistischen höheren Schulen auf 220, ein S{üler der realistischen heren Schulen auf 277 Einwohner.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von der im Verlage von Hugo Klein, Barmen, erscheinenden „Familienbibliothek“, welhe sih so großer Beliebtheit erfreut und bereits auf eine stattlihe Anzahl von Bänden zurücksieht, ist eine welche sih

lustigen Jugend sicher fein können. Die uns vorliegende Doppel- nummer 87/88 ist von Armin Stein (H. Nietshmann) dem Ver- fasser der „Deutschen Geschichts- und Lebensbilder“ herausgegeben und führt uns eine interessante geschihtlihe Persönlichkeit vor, welche in der Geschichte der Reformation eine bedeutende Nolle spielte, nämlich den Kurfürsten Johann Fricdrich den Greßmüthigen. Es ist das Jugendleben des sähsishen Fürsten, welches von dem Verfasser hier in s{chlichtec und volksthümlicher Weise erzählt wird». Wir werden in jene bewegten Zeiten verseßt, wo der gewaltige Kamxf für die Lehre Luther's si vorbereitete und jenc Männer auftraten, welhe in der Geschichte des Protestantismus unvergessen bleiben werden. Die Jugend des Kueprinzen Johann Friedrich fällt in diese gefahrendrohende Zeit; der junge Fürst bereitete sich vor auf die \hwere Aufgabe, welche seiner harrte, auf? ihn rihteten sich die Blicke der Protestanten, als sein Vater Johann aus dem Leben geschieden war ; und daß er unverzagt, wenn auch mit Gefahr die von ihm als rihtig erkannte Lehre verfoht, wissen wir aile, Das Büchlein {ließt mit dem Wortlaut des Versprechens, welches der junge Fürst am Grabe seines Vaters gab. In der_ folgenden Nr. 89 werden uns „Alte Geschichten aus dem Sachsenlande“ von Franz Blanckmeister erzählt. Die erste der kleinen Geschichten

berichtet von einer seltsamen Rettung im dreißigjäbrigcn Kriege und

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