1929 / 229 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 Oct 1929 18:00:01 GMT) scan diff

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Deutscher Reichsanzeiger Preußischer Staatsanzeiger.

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OMEI R P A R L E R I O E S C B I S. D RCME A O K C R S C E A S G S E G

Junhalt des amtlichen Teiles:

Deutsches Reich. Verordnung über Zulassung eines Volksbegehrens. Zweite Verordnung zum Volksbegehren. Bekanntmachung, betreffend Brennstoffverkaufpreise. Bekanntgabe der Reichsindexziffer für die Lebenshaltungs-

kosten im September 1929. Filmverbot. Preufzen.

Ernennungen und fonstige Personalveränderungen.

Amtliches. Deutsches Nei ch.

BELLdnUn über Zulassung eines Volksbegehrens.

Auf Grund der §8 30 und 31 des Geseßes über den Volksentsheid vom 27. Juni 1921 (RGBl. S. 790) wird hiermit verordnet:

et iTel E __ Auf den von dem „Neichaus\{Muß für das deutsche Volksbegehren " gestellten Antrag wird ein Volksbegehren mit dem Kennwort „Greiheitsgesez“ für folgenden Gesetzentwurf zugelassen : „Entwurf etnes Gesetes gegen die Versklavung des Deutschen Volkes.

Der Neichstag hat auf Volksbegehren das folgende Geseh be- \{lossen, das mit Zustimmung des Neichsrats hiermit verkündet wird : S E:

Die Reichsregierung hat den auswärtigen Mächten unverzüglich in feierliher Form Kenntnis davon zu geben, daß das erzwungene Kriegsschuldanerkenntnis des Versailler Vertrags der geschichtlichen Wahrheit widerspriht, auf falschen Vorausseßungen beruht und völkerrechtlich unverbindlih ist.

8 2.

Die Reichêregierung hat darauf hinzuwirken, daß das Kriegs- \chuldanerkenntnis des Art. 231 sowie die Art. 429 und 430 des Versailler Vertrags förmlich außer Kraft gesezt werden.

Sie hat ferner darauf hinzuwirken, dat die beseßten Gebiete nunmehr unverzüglich und bedingungslos sowie unter Aus\{luß jeder Kontrolle über deuts{ches Gebiet geräumt werden, unabhängig von Annahme oder Ablehnung der Beschlüsse der Haager Konferenz.

g 2 S 9 Auswärtigen Mächten gegenüber dürfen neue Lasten und Ver-

pflihtungen niht übernommen werden, die auf dem Kriegsshuldaner- kenntnis beruhen. ;

Hierunter fallen auch die Lasten und VerpfliGßtungen, die auf Grund der Vorschläge der Pariser Sachverständigen und nah den daraus bervorgehenden Vereinbarungen von Deutschland übernommen werden follen.

8 4.

Reichskanzler, Reichsminister und deren Bevollmächtigte, die entgegen der Vorschrift des § 3 “Absay 1 Verträge mit auswärtigen Mächten zeihnen, unterliegen den in § 92 Nr. 3 St.-G.-B. vor- gesehenen Strafen.

S5 Y . Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.“ Artikel Il.

Die Eintragungsfrist beginnt mit dem 16. Oktober 1929 und endet mit demn 29. Oktober 1929,

Berlin, den 30. September 19929. Der Reichsminister des Jnnern. Severing.

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Berlin, Dienstag, den 1. Oktober, abends.

Zweite Verordnung zum Volksbegehren.

Auf Grund des § 167 der Reichsstimmordnung vom 14. März 1924 (NGBl. L S. 173) wird für das Eintragungs- verfahren vom 16. bis 29. Oktober 1929 zum Volksbegehren mit dem Kennwort „Freiheitsgeseß“ hiermit verordnet:

S L,

Eintragungsberechtigte, die in keiner Stimmkartei oder Stimm- liste eingetragen sind, weil sie aus einer Gemeinde mit fortlaufend geführter Stimmkartei verzogen sind und in der Stimmkartei dieser Gemeinde nicht mehr geführt werden, in die Stimmkartei oder Stimmliste ihres neuen Wohnorts jedochß noch nicht aufgenommen worden sind, erbalten auf Antrag einen Eintragungsschein von der Gemeindebehörde ihres neuen Wohnorts. § 80 Abs. 2 der Neichs- stimmordnung gilt auch hier.

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Gemeinden mit über 20 000 Einwohnern können an Stelle des in § 85 Abs. 1 Sah 1 der Neichsstimmordnung geregelten Ver- fahrens das folgende Verfahren treten lassen:

1, Die zur Eintragung ersheinenden Personen tragen sich in die Eintragungslisten ein, nahdem sie sich über ihre Person ausgewiesen haben. Die Eintragungsberehtigung der Per- sonen, die keinen Eintragungsschein abgeben, wird von der Gemeindebehörde erst nach der Eintragung geprüft. Wird im Prüfungsverfahren die Eintragungsberehtigung bejaht, so ist in der Stimmkartei oder Stimmliste die Eintragung zu vermerken. Berechtigte, die keinen Eintragungsschein ab- gegeben haben, find in der Stimmkartei oder Stimmliste mit Eintragungsvermerk nachzutragen.

Wird die Eintragungsberechtigung verneint, so ist in der Spalte „Bemerkungen“ der Eintragungsliste der Vermerk Beanstandet“ einzutragen. Ueber die Beanstandung ist der Person, deren Eintragungsberechtigung beanstandet ist, spätestens am dritten Tage nah dem Tage ihrer Eintragung Mitteilung zugehen zu lassen unter Angabe der Gründe, die zur Beanstandung geführt baben. Die Mitteilung hat folgenden Zusaß zu enthalten: „Die Beanstandung gilt als Ablehnung der Zulassung zur Eintragung. Gegen diese Verfügung steht Ihnen nah § 81 der Neichsstimmordnung der Einspruch zu.“ Wird dem Einspruch stattgegeben, so ist der Vermerk „Beanstandet“ in der Spalte „Bemerkungen“ der Eintragungsliste zu \treichen.

Unterschriften, die in Eintragungslisten mit dem Vermerk „Beanstandet“ versehen sind, werden bei Ermittlung und Feststellung des Eintragungsergebnisses als ungültig behandelt (S 39 Nr. 2 des Geseßes über den Volksent|cheid). Berlin, den 1. Oktober 1929. Der Reichsminister des Jnnern. Severing:

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VetranntmaGUnü.

Ab 1. Oktober 1929 gilt unter den im Deutschen Reichs- anzeiger Nr. 297 vom 31. Dezember 1923 und Nr, 83 vom 7. April 1924 bekannlgegebenen Bedingungen nachstehender Brennstoffverkaufspreis je Tonne in Reichsmark:

Niedersächsisches Kohlensyndikat. Gesamtbergamt Obernkirchen. C B e aa 27,00 RM.

Berlin, den 1. Oktober 1929.

Aktiengesellshaft Neichskohlenverband. K CLofflén

Die Reichs inderxziffer für die Lebenshaltungskosten, im September 1929.

Die RNeichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten (Er- nährung, Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Bekleidung und „Sonstiger Bedarf“) beläuft sich nah den Feststellungen des Statistishen Reichsamts für den Durchschnitt des Monats September auf 153,6 gegenüber 154,0 im Vormonat. Sie ist sonah um 03 vH zurückgegangen. Dieser Rückgang ist im wesentlichen auf eine Senkung der Ernährungsausgaben zurü- zuführen, bei denen Preisrückgänge für Kartoffeln und Gemüse durch Preissteigerungen für Milch und Milcherzeugnisse sowie für Eier nicht voll ausgeglichen wurden.

Die Jnderziffern für die einzelnen Gruppen betragen (1913/14 = 100): für Ernährung 154,2, für Wohnung 126,3, für Heizung und Beleuchtung 1512, für Bekleidung 171,1, für den „Sonstigen Bedarf“ einschließlich Verkehr 192,1.

Berlin, den 30. September 1929.

Statistisches Reichsamt. V: Dr. Plabet,

FULM E EL Die öffentliche Vorführung des Bildstreifens: „Engel im Separée“, 7 Akte = 2403 m lang, Antragsteller und Ur- sprungsfirma: Artus-Film-Vertrieb, Jnh. Hellmuth Buß, Berlin, ist am 20. September 1929 unter Prüfnummer 23524 ver- boten worden. Berlin, den 28. September 1929. Der Leiter der Filmprüfstelle. J. V.: Zimmermann.

Postschectkonto: Berlin 41821.

Preußen. Staatsministerium. } er ordentlihe Professor an der Universität Berlin Dr. Bracckmann is zum Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive und ersten Direktor des Geheimen Staatsarchivs in Berlin-Dahlem ernannt worden.

Deutscher Reichstag.

99. Sißung vom 230. September 1929.

Am Reégierungstische: Reichs8arbeitsminister Wis sell.

Haus und Tribünen sind stark beseßt.

Vizepräsident Esser (Zentr.) eröffnet die Sizung um 3 Uhr und gedenkt, während sich das Haus von den Platen erhebt, der seit der leßten Vertagung des Reichstags ver= storbenen Abgeordneten.

Nicht weniger als vier Fraktionen haben cinen Verlust zu beklagen, wobei noch der tragishe Umstand zu verzeichnen sei, daß Männer in der Vollkraft der Fahre unerwartet dahingerafft ivurden. Am 10. Juli erlag der Abg. Lünen schloß (Wirtsch. P.) einem Schlaganfall. Er gehörte dem Reichstag seit 1928 an, nach- dem er bereits vier Jahre Mitglied des Preußishen Landtags war. Am 18. August starb der Abg. Höllein (Komm.), der seit 1920 Mitglied des Reichstags war und durch rastlose Arbeit und außergewöhnliche rednerishe Begabung ein führendes Mit- glied der fommunistischen Fraktion gewesen seî. Fhm folgte an 20. August der Abg. Schulz - Königsberg (Soz.), der bereits Mitglied der Nationalversammlung war und dem Reichsiag seit 1923 angehörte. Gestern erlag s{ließlich unerwartet der Abg. Dr. Kulenkampff (D. Vp.), der seit 1920 im Reichstag war, einer tückishen Krankheit. Seine Fraktion verliert einen be- sonders sachverständigen Berater in Steuer- und Finanzfragen. Diese Totenreihe erweitert fh noch, wenn man der am 28. zZzuli verstorbenen langjährigen früheren Abg. Behm (D. Nat.) ge- denkt, die shon in der Nationalversammlung Führerin im Kampfe für die Rechte der Heimarbeiterinnen war.

Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt

Abg. Stoedcker (Komm.) die Absegung der Regierungsvor- lagen zur Reform der Arbeitslosenversiherung, die einen neuen Raubzug einleiten wollten. Der Redner protestiert dagegen, daß in und um das Haus herum nicht weniger als zweihundert Schupobeamte aufmarschiert seien. (Hört, hört! bei den Kommu- nisten.) Kommunistishe Abgeordnete seien auf dem kurzen Wege vom Brandenburger Tor zum Reichstag dreimal aufgefordert worden, sih auszuweisen. (Zuruf bei den Kommunisten: Fort mit Zörgiebels Bluthunden!) Statt dieser Vorlagen sollte die Ein- führung des Siebenstundentages beraten werden

Der kommunistishe Antrag wird abgelehnt,

Abg. Stoeckerx (Komm.) beantragt ferner eine außen- politische Aussprache.

Abg. Graf Westarp (D. Nat.) erklärt, er könne diesem Antrag für heute nicht zustimmen, behalte sih aber ein ähnliches Verlangen für heute abend vor. (Zuruf bei den Komncunisten: Nach Rücksprache mit Herrr. Klönne! Heiterkeit.)

Auch die außenpolit;sche Debatte kann nicht stattfinden, da Widerspruch erhoben wird.

Auf der Tagesordnung steht als einziger Punkt die erste Lesung der beiden Regierungsentwürfe zur Reform der Arbeitslosenversicherung. Zu ihrer Begründung ergreift sofort das Wort der

Reichsarbeitsminister Dr. Wissell: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 18. dieses Monatsz3 hat die Reichsregie=- rung dem Reichstag die beiden Geseßentwürfe über Arbeitslosen- versiherung vorgelegt, die Sie unter Nr. 1311 dexr Drucksachen finden. Die Vorgeschichte dieser Entwürfe ist Fhnen allen in ihren wesentlihsten Zügen wohl bekannt. Sie wissen, daß seit Monaten über diesen wichtigen Gegenstand lebhaft verhandelt worden ist. Insbesondere hat sich auch der 9. Reichstagsausshuß wiederholt und eingehend mit der Arbeitslosenversiherung beschäftigt und sih außerordentliche Mühe gegeben, eine Lösung der Fragen zu finden, die im Vordergrund des öffentlihen Jnteresses und der Erörte- rung stehen. j

Im Frühsommer dieses Fahres hat, wie Sie gleichfalls wissen, die Reichsregierung beschlossen, eine besondere Sachverständigen- kommission einzuberufen, die Vorshläge für eine Reform machen sollte. Hierdurch sollte den parlamentarishen Arbeiten vor- gearbeitet und eine Lösung erleichtert werden. Diese Kommission seßte sich aus Mitgliedern des Reichstags, aus Vertretern der Länder und Gemeinden, der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie aus Vertretern der Wissenshaft und Praxis zusammen. Sie hat während des ganzen Monats Juli getagt. Das Ergebnis der Ver- handlungen ist in einem Bericht zusammengefaßt, der einen statt- lichen Umfang hat und der sicherlich den meisten von Fhnen be-

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

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