1907 / 55 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

der Universitäten beitragen. Es haben sogar ausländishe Studenten bei den Wahlen für die Sozialdemokraten agitiert. Von ershwerenden Aufnahmebestimmungen für die ausländischen Studenten müßten aber die Deutsch - Oesterreiher ausgenommen werden, denn diese find deutschfreundlich und haben ih über den Ausfall der Wahlen ge- freut. Die Bestimmungen der Reichsangehörigkeit müssen jeden- falls reformiert werden. Das Wahlergebnis fordert uns zur Fortführung der sozialen Geseßgebung, zu einer Vereinfachung dieser Geseßgebung auf. Die Alterörenten müßten {hon mik vollendetem 65. Lebensjahre gewährt werden. Auch die Frage der Heimarbeit bedarf einer Regelung. Die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine müßte anders geregelt werden, als es uns in der E lage vorgeshlagen war. Wir hätten ein folhes Geseß biete hon gehabt, wenn nicht von der Sozialdemokratie immer wie s

eunrubigungen erzeugt würden. Diese hat fich immer e Hindernis der Sozialreform erwiesen und so ist es erklärlih, man mit der Verleihung der NRechtsfähigkeit der See niht der Sozialdemokratie in die Hände arbeiten wollte. ee Partei will eine Partei der politishen Freiheit sein; sie bere! N aber anderen, die anderer Ansicht sind, Schaden und L fle. In Meißen sagte der Abg. Fräßdorf vor den Stichwahlen, die rbeiter follten sh die Handwerker und Geschäfte recht genau merken, die für einen nationalen Kandidaten eintreten. Als ic ihm vorhielt, das wäre der Boykott, erwiderte er, nein, das wäre er nit, er wolle die Arbeiter bloß warnen. Der Abg. Fräßdorf hält überall Vorträge in Sachen, wie si die Arbeiter in Sachsen nah dem Ausfall der Wahl als Konsumenten verhalten sollen. Dieses Thema allein sagt {on genügend. Troßdem „bericktigt" Fräßdorf in einem Dresdener Blatt, daß kein Boykott beabsichtigt sei, denn er sei unmoralis ; wenn man aber bei den Leuten, die sich in der Beschimpfung der Sozialdemokratie hervorgetan hätten, nit kaufen wollte, dann kaufe man „bei si selbst“, in den sozialdemokratischen Konfumvereinen. Diese Worte, auf ihren wahren Inhalt geprüft, zeigen die Partei- moral von einer recht bedenklihen Seite. Die LThron- rede gedenkt der sozialen Fürsorge in beredten Worten ; aber wo bleibt der Mittelstand? Den erwähnt sie mit keiner Silbe. Und gerade der Mittelstand hat bei den Wahlen ein aus\laggebendes Gewicht in die Wagschale geworfen. Aus der Zersezung des Mittel- standes hat immer und immer wieder die Sozialdemokratie ihre Anhänger gewonnen. Das seßhafte Bürgertum darf also niht ohne Schutz gelassen werden. Dankenswerterweise hat der Kanzler diese Lüdke der Thronrede ergänzt. Wir müssen aber auch wieder zu einer seßhaften Arbeiterschaft gelangen, um der sozialdemokratischen Agitation einen Niegel vorzuschieben. Die Sozialdemokratie hat ja stets gegen die Seßhaftmahung gearbeitet; brachte doch kürzlih die \sozialdemokratishe Bremer Bücgerzeitung einen Artikel: „Los von Grund und Boden® müsse der Arbeiter. Bekämpft werden müssen vor allem auch die Vampvre, die am Blute des Mittelstandes faugen; das wird geshehen dur die mannigfachen Maßnahmen, welche besonders von unserer Seite seit Jahren vorgeschlagen sind. Nach den Flugblättern im leßten Wahlkampfe sind beinahe sämtliche Parteien für den Mittelstand eingetreten, sogar die Sozialdemokraten. Was ist denn das für eine Liebe zum Mittelstande? Vas ist die Liebe des Hahns zum MRegenwurm, den er ver]petjen will. Praktishe Mittelstandspolitik muß au getrieben werden durch Aufbesserung der Beamtengehälter, da ja von dem großen industriellen Aufschwung die Beamten nichts abbekommen haben. Das Weingesey muß durch eine staatlihe Kellerkontrolle ergänzt werden. Das negative Wahlprogramm des Kanzlers genügt nicht, es muß ein positives nationales Programm hinzutreten. Das Volk hat dem nationalen Gedanken zum Siege verholfen, und zwar troß mancher Enttävshungen. Steuervorlagen wie die vorjährigen dürfen niht wiederkchczn; sind es doch diese Fehler der Regierungen, die immer wieder Wasser auf die sozialdemokratishen Müblen treiben. Wir brauchen eine Wehrsteuer, eine Vermögensfteuer, eine progressive Neichseinkommensteuer, der die Erbschafts\teuer den Weg ja doch geebnet hat. Die Regierung darf niht stumm bleiben im Wahlkampf, aber gegen den Vorschlag des Abg. Liebermann von Sonnenberg, der Regierung einen Wahlfonds aus Reichsmitteln zur Verfügung zu stellen, muß ih {ärfsten Widerspru erheben, denn das wäre der Weg zur Korruption. Schon der Generalmajor Keim ist über dea rihtigen Weg und das Ziel weit hinauêgegangen. Der alte Indifferentismus bei der Wählershaft ist fast geschwunden. Gewiß hat auch die Sozialdemokratie noch gewonnen, aber in den meisten sähsishen Wahlkreisen hat sie verloren, am meisten in meinem Wahlkreise, nämlih über 2000 Stimmen. Es müssen also auh in den Arbeiterkreisen Bedenken über die sozialdemokratischen Theorien und ihre antinationale Spiße aufgestiegen sein. Wir sind verpflichtet, unermüdlih weiterzuarbeiten, wenn die Wahlen wirklih einen Wendepunkt in unserem Geshick und eine Erneuerung unseres politischen Lebens bedeuten follen. :

Abg. Payer (D. Volksp.): Am vierten Tage unserer Etats- beratung stiht diesmal doch der Anblick des Hauses, seine | starke Beseßung und die Aufmerksamkeit der Hörer vorteilhaft gegen früher ab; so daß dem Reichstage der Wahlkampf auch rein auße:lih fehr gut bekommen zu sein sheint. Am besten ist jedenfalls der Wahlkampf dem Reichskanzler bekommen. Seine Politik ge- winnt täglich zusehends mehr ein bestimmtes Gesicht. Früher stüßte er sich bald auf die eine, bald auf die andere Partei; jetzt mahnt er zu festem Zusammenshluß. Er hat auch der liberalen Linken eine Reihe von Anerbietungen gemacht, die doch etwas mehr sind als Blumen, wie gestern behauptet wurde; er hat sogar eine Reform des Börsengesezes angekündigt. Diese Reform ist gerade | diejenige, bei der ihm Folge zu leisten die rehte Hälfte der neuen Mehr- | heit am allerwenigsten geneigt sein wird. Er hat dann auf Ersparnisse durh Vereinfahung in der Armee hingewiesen. Diese Ankündigung, die meinem Standpunkte von jeher entspricht, begrüße ih aufs allerleb- hafteste, obwohl ih mich wundere, daß gerade von seiner Seite dieser Vorschlag gekommen ift, denn bisher hat man eine derartige Absicht niht gerade als das carafteristishe Zeichen der Angehörigkeit zu einer nationalen Partei oder Mehrheit angesehen. Wenn der Reichskanzler auch nur das alles ausführen will, was er uns auf der Linken angekündigt hat, so wird er eine große Reihe {hwie- riger Widerstände auf seinem Wege treffen. Ich kann nicht hoffen, daß die konservativ-liberale Mehrheit ihm darin eine wesent- lihe Unterstüßung sein wird. Die konservativ-liberale Paarung, wie man sie mit einem intimeren Ausdruck jeßt zu benennen pflegt, hat nach meinen Wahrnehmungen die merkwürdige Eigenschaft, daß sie ! zustande gekommen ift, ohne daß die dafür Interessierten dabei tätig gewesen sind; das war eine Fernwirkung. An einen längeren Bestand dieser Paarung glaube ich nicht. Das Un- glück wird auch nicht so groß sein, denn wir werden au ohne ein solhes Kartell rechts und links zusammengeben, soweit wir zusammengehen können, und wir wollen hoffen, daß es \ih dabei sehr bävfig um sogenannte nationale Fragen handeln wird. Mich haben die warmen Worte, die der Reichskanzler dem Kartell gespendet hat, an eine Aeußerung des General-Feldmarschalls Grafen Moltke über den ewigen Frieden erinnert. Er sagte, dieser ewige Friede wäre ein Traum und nuiht einmal ein {öner. Der

dem Zentrum zu lösen, daß ein liberalerer Geist in der deutschen N z¡uwege kommen sollte, find alle bisher fern gebliebenen Wähler ihm mit ihrem Stimmzettel zur Hilfe geeilt. Ein anderer Teil derjenigen, die in diesem Wahlkampf eine veränderte Stellun

eingenommen haben, waren die sogenannten Mitläufer der Sozial- demokratie, die glaubten, sich nicht passiv verhalten, fondern ibrer Unzufriedenheit durch die Unterstüßung der allerradikalsten Richtung Autdruck geben zu sollen. Diese find im Laufe der Zeit allmählih Bos zu der Einsicht gekommen, daß sie durh diese ihre Taktik Bestrebungen unterstüßen, denen sie in ihrem Herzen eigentlih feindlich gegenüber stehen. Die nötige Belehrung haben sie wahrsheinlich aus den fozialdemokratischen Parteitagen ent- nommen. So leiht haben es die Großen der Erde, daß, wenn sie nur ein wenig guten Willen dokumentieren, sie die Sympathie der Bevölkerung von allen Seiten im Augenbli für sh baben. Mit wenigen Worten gelingt es ihnen, ein großes Stück Pessimismus in der kürzesten Frist in ein ebenso großes Stück Optimismus zu ver- wandeln. Mit wenigen Worten können fie eine große Zahl Unter- gebener und eifriger Mitarbeiter um sih scharen. Aber eine Gefahr liegt darin: eine Enttäushung darf, nahdem einmal dieser Appell er- folgt ist, nicht mehr eintreten. Eine derartige Enttäushung würde einen Rüdckshlag von unübersehbaren Folgen für unsere ganze Ent- wicklung verursachen, uns wahrsheinlich auf Jahre hinaus in unserer inneren Entwicklung zurückbringen. Jch bin allerdings der Meinung, im gegenwärtigen Augenbli liegt nicht das geringste An- zeichen dafür vor, daß eine folche Enttäushung zu erwarten ist. Aber das muß jeder und auß der Reichskanzler einsehen : mit der Taktik, die er in den leßten Tagen eingeschlagen hat, hat er die Linke binter sich gehabt. Auf seine Vergangenheit darf er nit mehr zurückgreifen. Wenn er sih jeßt mehr auf die liberale Rich- tung stützt, so ist das nicht sein ganz freier Wille, fondern ent- spricht einer inneren Notwendigkeit der Situation, in die er ich, wie ih hoffe, mit freiem Willen und mit Bedalht hineinbegeben hat. Den Anforderungen, die wir an ein liberales Programm stellen, entspriht das, was der Reichskanzler sagte, noch niht, und es ist außerordentlich bedauerlih, daß der Reichskanzler die Not- wendigkeit seines liberalen Programmes niht {on vor vielen Jahren eingesehen hat, sondern erst jet unter etwas veränderten Umständen. Er wird, ehe er dieses Programm durchgeführt hat, manche bittere Erfahrung machen müssen. Schon in seiner nächsten Umgebung wird er kaum eine Unterstüßung, aber sehr viel Anfeindung und Gegnerschaft finden. Die Rechte, die gestern zwar durch den Abg. Gamp hat erklären lassen, daß sie für die Realisierung dieses Pro- gramms wenigstens in einzelnen Richtungen einzutreten geneigt sein würde, wird {ih bald auf die sogenannte Form des passiven Wider- standes werfen, mit dem sie {hon größere Erfolge in früheren Jahren erzielt hat, und wie ih die Gutmütigkeit des Zentrums einshäße, wird das Zentrum niht einmal \sich mit einem passiven Widerstand begnügen, sondern einen recht aktiven Widerstand dem Reichskanzler entgegenzustellen bemüht sein Es ist ausges{lossen, daß der Reichskanzler alles, was er vorhat, mit seiner Person und mit der Unterstützung, die er in den Kreisen der Reichsregierung finden wird, durhseßen kann. Er wird es nur dur{hbalten können, wenn er \sih auf die Unterstüßung der bürgerlichen Linken ganz anders verläßt als bisher und einsieht, daß er auf fie mehr angewiesen ist, als er im gegenwärtigen Augenblick sih vorstellen mag. Aber die Vertreter des deutshen Bürgertums trifft damit auch eine große Verantwortung. Wir müfsen uns vollständig klar darüber sein, daß wir verpflichtet find, niht aus persönlichen Gründen, sondern aus sachlichen heraus diese liberale Politik des Reichskanzlers na vollen Kräften zu unterstüßen, und daß wir uns des größten Fehblers \{uldig machen würden, wenn wir ‘es an dieser Unterstüßung fehlen ließen. Wir müssen uns klar sein, daß es unsere Aufgabe ist, das Programm des Kanzlers noch zu vertiefen, wie es unserem inneren Auge vorshwebt. Sie können doh nit verlangen, daf wir nah dem Kartell unser Programm, unsere Bestrebungen einpacken werden. Wir sind gewiß daun un- eigennügige Politiker, aber so uneigennüßzig sind wir denn doh nicht, unsere Bestrebungen aufzugeben. Mit unseren persönlichen Wahlforgen will ih Sie nicht behelligen, obwobl ih versichern kann, daß auch die Deutsche Volkspartei für die Redlichkeit ihrer Wahltaktik und für die Verworfenheit ihrer Gegner Ihnen überzeugende Beweise geben könnte. Nicht bloß in Süddeutshland wird man sich einer Wahr- nehmung niht entzogen haben, des Zuströmens jüngerer Agitatoren in unsere Reihen und einer weitverbreiteten Neigung, die geheiligten Parteigrenzen nicht zu respektieren, sondern sich zusammenzufassen für die Freiheit und den Liberalismus. Die Jugend, welche die Universität verlassen hat und in den Kampf eingetreten ist, hat sch ganz anders entwidelt, als man in der leßten Zeit erwartet hat. Die politische Blasiertheit ist sehr im Schwinden begriffen. Unsere Jugend will Anteil haben am politishen Leben, sie wendet sich jeßt auch von der sozialdemokratishen Partei ab, wie Südekum in Nürnberg selbst zugegeben hat. Die Jugend paßt sich vielleicht niht so sehr wie früher der Parteishablone an; sie verlangt eine durchaus entschiedene einheitlihe großzügige demokratishe Politik im Innern. . Dagegen will sie auf dem Gebiete der Kolonial- verwaltung mehr entgegenkommen, als wir es bisher getan haben. In der Kolonialpolitik aber z. B. werden wir eine andere Ver- waltung fordern, daß der Herr Leutnant und Affsefsor in den Kolo- nien auf das Niveau zurückgeshraubt werden, wohin fie gehören. In der inneren Politik werden wir von dem alten Untertanen- verstand nihts wissen wollen, wir werden auf eine Ein- wirkung auf die Geshike der Nation nicht verzichten wollen. Diese Gesichtspunkte haben uns zu einer Einigung der drei Gruppen veranlaßt. Damit geben wir auch der Sozialdemokratie Gelegenheit, an der Förderung demokratisher Bestrebungen mitzuwirken. Wenn der Reichskanzler die „nationale Mehrheit“ auf die Dauer hinter sh haben will, dann wird er den liberalen Friedens- bestrebungen ganz anders entgegenkommen müssen. Unsere beklagens- werte Isolierung ist unzweifelhaft mit berbeigeführt worden dur die Haltung unserer Delegierten auf der erften Haager Konferenz. Bei gutem Willea kann auc dieser Kongreß viel erreihen, z. B. in der Frage des Schußes des Privateigentums auf dem Lande im Falle eines Krieges. Die Inkongruenz zwischen dem Schuß des schwimmen- den Eigentums auf der See und des Eigentums auf dem Festlande ist unbegreifliß. Daran wird der Kanzler, wenn er wirklich dem Liberalismus näher treten will, sch erinnern müssen, daß er

| auch preußisher Ministerpräsident ist. Die Reichsverdrofsenheit

resultiert aus dem Mangel an Uebereinstimmung in der inneren

olitik des Deutschen Reiches und der inneren Politik des Königreichs

reußen. Man kann überhaupt niht im Reihe und in Preußen gleichzeitig rüdschrittlih regieren ; noch weniger können das dieselben Personen. Die Zusagen im Reiche haben nur einen sehr bedingten Wert, wenn sie niht gleichzeitig in Preußen wirken. Darum wuß an eine Aenderung des Wahlrechts in Preußen berangegangen werden. Würde in Preußen und im Reiche konstitutionell regiert, so müßte die Re- gierung das größte Gewicht auf die Volksvertretung legen, während heute eine Divergenz der Interessen vorhanden ist. Wir wollen ab- warten, wie viel Jahre der jetzige Zustand noch dauern wird. Es ist

bedenklih, wie Preußen im ablrecht zurückgeblieben ift hinter den

Reichskanzler hat aber damit einen Wechsel an die gesamte | mittleren und kleineren Staaten. Fast alle von diesen haben das all-

liberale Rihtung in Deutschland ausgestellt und er muß | gemeine Wahlreht eingeführt.

diesen auch einlösen. Aus der bisherigen Stagnation war die Suprematie des Zentrums und der Sozialdemokraten heraus- gewachsen. Hunderttausende von Wählern hat die Energielosigkeit der Regierung in der inneren Politik mit einer solchen Resignation erfaßt, daß fie an jedem bürgerlihen Fortschritt vollständig verzweifelten

und daß fie es seit vielen Ibhren nicht mehr für nötig erachteten,

den Weg zur Wahlurne anzutreten. Aus dem Teile der Wahlparole der Regierung, der \sih gegen das Zentrum richtete, glaubten sie aber die Berechtigung entnehmen zu dürfen, Morgenluft zu wittern.

Sie faßten die Hoffnung, daß das, was ihnen seit langem als '

unerträglihe: Druck erschienen ift, die Freundschaft zwischen Reichs- kanzler und Zentrum, durch eine beffere Gestaltung der Dinge ab- gelöst werden würde, und in dem Augenblick, als der Reichskanzler yroklamiert hatte, daß er beabsichtige, dieses Band zwischen sich und

reufien aber fkonserviert mit der j größten Kaltblütigkeit ein Wahlsystem, das durchaus veraltet ist. | uch über die Schulfrage lafsen sich manche Worte sagen; tich will | nur bemerken, ih halte es für unmögli, daß der Kanzler auf die | Dauer eine wirklich liberale Politik im Reiche mit uns auf der Linken treiben kann, wenn er gleichzeitig einem preußishen Staats- ministerium vorsißt, dem Dr. von Studt angehört, dessen Politik das | Gegenstück von einem gesunden und vernünftigen Forischritt ist. Es | wäre auch vielleiht an der Zeit, von der zweijährigen Dienstzeit bei | den berittenen Waffengattungen zu reden. Es wird si ja zeigen, wie weit der Kanzler Wert auf die Mitwirkung des Liberalismus legt. | Die Zeichen der Zeit, wie er sie selbst uns auagelegt hat, wird

er hoffentlih verstehen und demgemäß handeln. Wir werden unser-

seits bemüht sein, ihm unsere Mitwirkung nach besten Kräften zur

Verfügung zu stellen. Wir bilden uns dabei keineswegs ein, daß jeßt

ein wirklich demokratisher Zug durch die Reichsregierung hindurh- gehen wird; wir wifsen aber au, daß es im Deutschen Neiche länger niht fo fortgeben konnte und daß diesem Saß noch ein zweiter Saß angefügt werden muß: folglid muß es im Deutschen Reiche ander3 werden! Daß die Nation mit einer Entwicklung nach rechts befriedigt würde, wird wohl niemand glauben: die Entwicklung muß nah links gehen. Nur diese Entwicklung kann uns vor einem “i idlgg in das Elend retten, dem zu entrinnen wir eben erft begonnen aben. Abg. Gröber (Zentr.): In dem Fortgang der Debatte ist es jeßt wichtiger, statt auf die Einzelheiten des Etats auf die großen Ge- sihtspunkte einzugehen, welche die Erörterung über die Wablen auf- mda hat. Der Reichskanzler hat hingewiesen auf eine vertrauliche Besprehung, welche_ am 10. November zwischen ihm, dem Kolonial- direktor, dem Abg. Spahn und mir ftattgefunden hat. Dabei erwähnte der Kolonialdirektor das Vorhanden}ein innerer Zerwürfnifse mit der Mission in Togo. Das L den Kollegen Spahn zu der Frage, ob ihm Einsicht in die Akten gestattet sein würde. Der Reichskanzler gestattete dies; und der Kanzler sandte ihm einige Tage später einen Aktenauszug ein, in dem war gerade über den betreffenden Punkt ein Aufschluß nicht vorhanden. Als der Abg. Spahn darauf zurückam, wurde ihm ein Protokoll entgegengehalten, wona das ursprüngliche Abkommen über den strittigen Punkt durch ein späteres Abkommen aufgehoben worden war. Auf diesen Punkt allein beshränkt si die Beschwerde des Reichskanzlers ; denn er selbst hatte bei den damaligen Debatten die Haltung zweier Redner der Fraktion anerkannt und er kannte auch die Aufnahme der Eisenbahnforderung in der Budget- kommission. Diese Tatsachen zeigen, daß die Fraktion lediglich nah sahliher Gesichtépunkten Stellung genommen hat. Die Bahn nah Keetmanshoop wurde 1906 im Frühjahr abgelehnt, weil fie lediglich mit militärishen Gesichtspunkten begründet war und der Reichstag fich sagte, daß der Bau einer Bahn ledigli damit nicht begründet werden könnte, denn fie sollte erst an werden im November und der Bau follte mindestens zwei Jahre dauern, die Bahn konnte also für den Feldzug praktis gar nicht mehr in Betraht kommen. Deshalb wurde damals die Bahn abgelehnt. Der Kolonialdirektor Dernburg hat im November 1906 felbst anerkannt, daß jene Begründung eine unzulängliche gewesen ist. Er hat deshalb eine ganz neue, mit wirt- shaftlihen Nachweisungen versehene Begründung gegeben, die uns zur Bewilligung veranlaßte; wir haben sie bewilligt am Mittag desselben Tages, an dessen Abend der Reichstag aufgelöst wurde. Der Antrag Howpesch war von uns eingebraht; derselbe enthält ketnen Termin für die Verringerung der Schußtruppe und damit auch keinen Ein- griff in die Kommandogewalt, er verlangte nur für den Rest des Etatsjahres Vorbereitung für die Verringerung; ih will die Gründe für die Ersparnis zahlreiher Millionen, für die Erseßung von Schuß- truppen durch billigere Polizeitruppen nicht wiederholen. Der Kanzler behauptet, das Zentrum habe gemeinsam mit der Sozial- demokratie vor Einstellung der Operation, vor Beendigung des Auf- standes nur 2500 Mann dort belassen wollen. Aber tatsächlich hat die Sozialdemokratie niht mit uns, sondern gegen uns gestimmt, und im Plenum kam es nur deshalb niht zur Abstimmung, weil es der Kanzler mit der Auflösung so eilig hatte, daß er eine Abstimmung ar nicht mehr abwartete. Der Reichskanzler möge uns doch den Termin bezeichnen, den wir vorgeshlagen haben! Nicht einmal für das Etatsjahr 1907 war die Herab}eßzung auf 2500 Mann formell gefordert; über die wirkliche Herabseßung bätte frühestens das Etats- ese für 1907 die Entscheidung treffen können. In unserer Fraktions- Auna soll ein lebhafter Streit entstanden sein und die alten Parlamentarier seien in der Minderheit geblieben, fo meinte der Abg. Gamp. Das ist eitel Geflunker, gelogen und erfunden von Anfang bis zu Ende. Der Abg. Gamp ist das Opfer falscher Berichte ge- worden. Wir haben in aller Ruhe über die Sache debattiert, ein Grund zur Differenz war gar niht vorhanden und der Beschluß ist einstimmig gefaßt. Der Reichskanzler nimmt sogar an, die Rede des Abg. Noeren über die Behandlung der Eingeborenen in Afrika sei ein At der Feindseligkeit gegen ihn gewesen und der Grund für die Ab- lehnung eines Teils des Nachtragsetats durch die Zentrumsfraktion. (Der Chef der Reichskanzlei, Geheimrat Loebell, der rechts vom Redner steht, ruft diefem einige Worte zu, der Redner protestiert eifrig hiergegen und wird dabei von seinen Fraktion8genofsen unterstüßt, während ihm von der Rechten widersprochen wird; er sagt unter anderem: Wenn ih den Schuß des Präsidenten niht bekomme, fo \hüye ih mich selber.) s ° L E tent Dr. Paasche: Der Geheimrat von Loebell hat so [eise gesprochen, daß es mir absolut niht möglich war, seine Worte zu hören. Der Zuruf war au nicht so laut, daß ein anderer von den Herren ihn bätte höôren können. Der Redner hat es gehört, weil es zu ihm direkt gesagt war. Der Vorwurf gegen den Präsidenten, daß er nit seiner Pflicht genügt hätte, ist ungerecht. | Abg. Gröber (fortfahrend): Der Reichskanzler hat die Ablehnung für eine Strafe wegen der Behandlung des Abg. Roeren dur den Kolonialdirektor gehalten ; die Zentrumsfraktion habe die Absicht ge- habt, die Regierung zu ducken, und das könne eine Regierung fh nit gefallen lassen. Es muß si hierbei um cine fortlaufende Kette von Îrrtümern des Reickskanzlers handeln, durch die er zu falschen Schlüfsen bezüglich derjenigen Vertreter der Zentrumsfraktion, welchen er bisher sein Vertrauen geschenkt hatte, gelangt ift. Vielleicht hat der Reichskanzler auch die erste Rede des Abg. Noeren gelesen über die Vorgänge in Togo. Diese enthält nichts perfönlich Verleßendes gegen den Kolonialdirektor, denn sie behandelte Borgänge, die gar nit in seine Amtsführung fallen. Dagegen war die erste Entgegnung des Kolonialdirekto:s persönlich zugespißt und in ret unhöfltchen Formen gehalten. Die Annabme des Reichskanzlers, die Zentrums- fraktion habe ihn durch die Ablehnung des Nachtragsetats für Süd- westafrika strafen wollen für die Behandlung Roerens, können wir \{lagend widerlegen durch den Hinweis darauf, däß schon mehrere Tage vor dem Zwischenfall Roeren - Dernburg, am 3. Dezember die offiziellen Fraktionsredner der Partei eine Beschleunigung in der Rüdcksendung der Schußtruppen ausdrücklich und ganz entschieden ver- langt haben. Zuerst der Abg. Schaedler am 28. November und am 39. November gleihfalls namens der Fraktion der Abg. Erz- berger. Das, was mehrere Tage danah passierte, hat auf die Ent- shließungen des Zentrums also gar keine Cinwirkung gehabt. Die Ausführungen des Reichskanzlers zeigen aber, mit wie verschiedenem Maß er einen Abgeordneten des Zentrums und der liberalen Parteien behandelt. Man bedenke nur die Rede des Abg. Müller-Meiningen, die dieser über die Kolonialskandale in eben diesen Tagen gehalten hat. Ich will ihm keinen Vorwurf machen, sondern nur die Tatsache konstatieren, daß er am 4. Dezember nicht nur die \{chwersten Vorwücfe gegen die Kolonialverwaltung, sondern au gegen die Perfon des Reichskanzlers erboben hat. Er hat dafür weder bei dem Reichskanzler noch bei dem Kolonialdirektor ein Wort des Tadels gefunden. Zurufe links. Glocke des Präsidenten. Vizepräsident Dr. Paas he: S habe den Abgeordneten gegen Zwischenrufe zu sMüien und bitte deswegen, keine Zwischenrufe zu machen.) Der Abg. Dr. Müller - Meiningen stellte sogar in Aussicht, daß bei dem Etat noch viel tollere Dinge vorgetragen werden würden. Nun, es gibt ja in dieser Session auch einen Etat und der Abg. Müller- Meiningen ist wieder Mitglied des Hauses, wir wollen also ab- warten. Gegen den Reichskanzler speziel richtete Dr. Müller- Meiningen den {weren Vorwurf, er, der Reichskanzler, habe gewußt, welche hlimme Wirtschaft im Kolonialamte bestehe, und babe troßdem nihts getan. Dagegen sagt weder der Reichskanzler noch der Kolonial- direktor ein Wort, während man über den Abg. Roeren her- gefallen ist. Gewiß besteht dieser Gegensaß in der Behandlung, wir be- zweifeln niht, daß er einem wohldurhdahten Plane entspricht. Ich wollte aber nur zeigen, wie das gemaht wird. Dasselbe trifft für die Anträge Hompesh und Ablaß bezüglich der Bober für die Ver- ringerung der Schußtruppe zu. Der Antrag Hompesh soll einen Ein-

griff in die Kommandogewalt bedeutet haben, der Antrag Ablaß aber nit. Beide verlangten doch, daß im Etatsgeseß eine Verminderung

| der Stärke der Schußtruppe vorgesehen werden sollte. Sie unter-

| heiden sich nur in}ofern, als der Antrag Ablaß fih auf die * Forderung beschränkte, es sollten Vorbereitungen zu einer

erbeblihen Verminderung getroffen werden, während der Antrag des Zentrums die Vorbereitungen einer Verminderung der Schußtruppe auf 2500 Mann perlangte. Jm Prinzip sind beide Anträge leih. Beide Anträge bringen zum Ausdruck, daß dem ihstag das * Reht zustehe, zu verlangen, im Etat festzu- legen, daß die S{hußtruppe vermindert werden foll; darum handelt es sich. Es können nur beide Anträge rechtlich entweder- zu- taffig oder unzulässig sein. Enthielt der Zentrumsantrag etnen Eins- griff in die Kommandogewalt, so enthielt einen solhen auch der An- trag Ablaß. Es is nur ein quantitativer Unterschied, das sheint auch die Kolontalverwaltun gefühlt zu haben, denn der Kolonialdirektor er- flärte am 13, Dezember: Die verbündeten Regierungen stehen dem Antrag Ablaß insofern freundlich gegenüber, daß, wenn die Regierungs- vorlage abgelehnt wird, sie diesen Antrag dabin interpretieren, daß die Einfetung der einshränkenden Bedingung in das Dispositiv irgend einen Eingriff in die Kommandogewalt nicht bedeuten sol. Es sollte also nur auf die subjektive Auëlegung ankommen. Bei den gn Herren vom Freisfinn vermutet man nur die gute, beim bösen entrum nur die bôse Absicht. Der Reichskanzler hat sodann die Ausführung des Abg. Spahn mit einem gewissen Hohn beantwortet, zu diesem Hohn hat die Zentrumspartei keinen Anlaß gegeben. Ihr ist es niemals eingefallen, das Recht des Bundesrats zu bestreiten. Wir sehen aber allerdings darin eine Verleßung der Ehre der Nation, wenn man aus der Ablehnung von 8 bis 9 Millionen bei einem Etat, der in der Ausgabe eine Milliarde überschreitet, eine bohwichtige große nationale Frage macht und dem Zentrum wegen der Ablehnung von 8 bis 9 Millionen Mangel an nationaler Gesinnung vorwirft. Jm Frühjahr 1906 mitten während des Feldzugs sind 15 Millionen ohne die geringste Beanstandung seitens der verbündeten Regierungen ab- gesetzt, ohne daß man dies für ein staat8gefährlihes Unternehmen und einen Eingriff in die Kommandogewalt erklärte. Der Abg. Bassermann * hat einen merkwürdigen Einwand gefunden; er meinte, der Abstrich der 15 Millionen sei ja von der Regierung akzeptiert worden. Damit le festgestellt, daß keineswegs ungenügende Mittel bewilligt worden e

ien, also mit anderen Worten, daß zu viel gefordert ift. Zuläisige

tatsabstrihe können wir doh niht davon abbängig machen, ob die Regierung es genehmigt oder nicht, ob der Reichskanzler seinen Segen dazu gibt. Wir halten eine solche subalterne Auffassung für unwürdig eines freien Parlaments. Bei folher Auffassung foll man lieber die Neichêtagsbude {ließen und es dem hohen Bundesrat überlafsen, die Entscheidung zu treffen, da er ja wohl über den be- shränkten Untertaneikverstand erhaben ist. Der Reichskanzler bat dem Zentrum ein großes Loblied singen müssen gegen seinen Willen : er spra von dem Ausbau der Flotte, dem Zolltarif, der Zuckerkonvention, den Handelsverträgen. Noch weiter ging der Abg. Bassermann, was mich überrascht hat (Zuruf: Gerührt ?), gerührt nit, darüber bin ih hinaus, der sagte, das Bentrum habe sich ein großes Verdienst beim Bürgers lichen Geseßbuy, beim Zolltarif und bei großen Teilen der fozialen Gesetzgebung erworben. Dies Lob wird auch niht abgeschwächt dur den Vinwetis auf die Haltung des Zentrums gegenüber der Friedens- pa von 87 und 93. Damals 1887 wurde jeder für einen Reichs- eind erklärt, der fih niht davon überzeugen wollte, daß die Friedens- präsenzstärke absolut auf 7 Jahre festzustellen fei. Später aber kamen die verbündeten Regierungen selbft und sagten, ah was, fünf Jahre tun es ebenso. Da waren denn die verbündeten Regierungen in der Sprechweise des Wahlkampfes von 1887 auf einmal zu Reichsfeinden gewoiden. Später forderte die Regierung eine Vermehrung der Friedenspräsenzstärke um §4 000 Mann. Die Nationalliberalen waren

jo antinational und verlangten, daß die Summe auf 49 000 Mann | 2 herabgeseßt würde. Noch antinationaler war der Freifinnz er | Hz wollte nur 25 000 Mann. Schließlich gelangte ein Antrag zur Ans | nahme, wonach 70000 Mann angenommen wurden, und dafür baben, ! ( ershrecken Sie nicht, sogar die Konservativen gestimmt. So haben | Ießt auf einmal wegen einer solen |

fich die Dinge geändert. Differenz in der Summe dem Zentrum den Patriotismus abzusvrechen, das ist ein Unrecht und bleibt ein Unrecht. Wer hat denn \{ließlich darüber zu entscheiden, was eine nationale Frage ist? Hat der Reichskanzler allein das Recht, darüber zu entscheiden , oder der Bundesrat, entscheidet darüber der Abg. Bassermann oder Dr. Arendt ? Hierin hat jede Partei und jeder Abgeordnete nah seinem Gewissen zu eutscheiden. In diesem häufigen Hinweis auf das Nationale liegt eine ernste politische Gefahr. Es verliert dann \{ließlich der nationale Gesichtspunkt jede Bedeutung. Sind wir denn etwa allein in der Opposition gewesen? Wer hat denn in Paten bei der Kanalvorlage Opposition gemacht ? 21 Konservative haben fie abgelehnt und wurden deshalb zur Disposition gestellt, 2 Regierungspräsidenten, 18 Landräte und 1 Professor, Hilfsarbeiter im Kultusministerium. Und die Kanalk- vorlage war doch unendlih wichtiger als diese Differenz. Die An- erkennung, die der Abg. Bassermann für die patriotishe Haltung des Zentrums gezollt hat, beleuchtet um so greller die Mißhandlung des Zentrums bei der Auflösung des Reichstags. Und wenn man im Wabhlkampf in heuhlerisher Weise uns vorgeworfen hat, wir seien Feinde von Kaiser und Reich, so is das eine bodenlose Verleumdung, die wir mit Entrüstung zurückweisen. Jh habe ein S{hreiben des Zentralvorstandes der nationalliberalen Partei vom Januar gelesen, das nah Amerika gerihtet war und den Zweck hatte, Geldmittel zu erbetteln für die Parteikasse. Dieses Geld wird gefordert zum Kampf gegen Zentrum und Sozialdemokratie als den \tillen und offenen Feinden von Kaiser und Reih. Das Schreiben trägt die Unter- {rift: Erster Vorsizender Bassermann und Zweiter Vorsitzender Dr. Friedberg, Mitglied des Abgeordnetenhauses. Der Aba. Bassermann bezeichnet also als stille Ende von Kaiser und Reich eine Partei, von der er hier im Reichstage anerkannt hat, daß sie sh große Verdienste um das Deutsche Reih erworben habe. Derselbe Herr, mit dem wir bis zuleßt Schulter an Schulter in manchen Fragen zusammengearbeitet haben, schreibt nah Amerika : Schickt uns Geld, denn es gilt den Kampf für Kaiser und Reich gegen ofene und stille Feinde! Wenn das von der Zentral- leitung der nationalliberalen Partei geschieht, dann fkann man fich nicht wundern über das, was erst in Versaamlungen, Flug- blättern und Zeitungsartikeln der kleinen und großen Parteiblätter alles geshrieben wird, wenn \{ließlich die Bevölkerung in eine Siedehiße von Haß und Wut gegen das böse Zentrum auf- gestachelt wird. Jch habe ja auch Bilder vor mir, die diesen Zweck erreichen sollen. (Der Redner hält diese Bilder hoch.) Der Reichskanzler hat für sih das Recht in Anspruh genommen, daß er bei den Wah!en befugt gewesen wäre, das deutsche Volk über die wahren Ab- sichten der Regierung aufzuklären. Er verwies dabei auf parlamentarish regierte Länder, nur vergaß er, daf wir kein parlamentarish regiertes Land find. Das ist so eine Kleinigkeit, aber das maht dem Reichskanzler nihts. In parlamentarisch regierten Ländern: sind die Minister zugleich Abgeordnete und laffen die Wähler über ih ent- scheiden. Wir bestreiten gar nicht dem Reichskanzler das Recht, im Wahlkampf das Volk über die Absichten der Regierung aufzuklären, wir meinen sogar, er hätte es noch viel flarer darlegen sollen. Seine wirklichen Absichten hat er auch im Reichstage nit mitgeteilt. Wenn von der konservativen Seite sein Verhalten gebilligt worden ist, fo überrasht mich das niht. Die Herren sind so gewöhnt an die Hilfe der Regierung, daß se sich das gar niht anders vorstellen können. Wenn aber der Abg. von Liebermann der Regierung einen Fonds zur Verfügung {tellen will, so wäre das ein Wahl- korruptionsfonds erster Güte. Allerdings sagte der Abgeordnete, er würde es nicht für zulässig halten, daß die Regierung zur Einlieferung von Geldern aufforderte. Wenn man das der Regierung gestattete, p würde damit einfah jeder amtlichen Wahlbeeinflussung Tür und or geöffnet. Jst es richtig, daß der Flottenverein während der Wahl auch Marinesoldaten beanspruht hat? Es sollen von Mitte Januar ab Marinesoldaten und Kanzleidiener des MReichs- marineamts und des Admiralstabs beim Flottenverein be- } schäftigt gewesen sein Es i auh bekannt geworden, daß der Hauptmann Salzer erklärt hat, daß. er sich nur auf Veranlassung des Oberkommandos dem Flottenverein zur Verfügung gestellt babe. Darf denn ein Offizier einfah so kom- mandiert werdên? Der Reichskanzler sieht das Unrecht nur auf der

ifi alles gut und unschuldig. Das persönlihe Regiment soll „in leßter Zeit“, wie er vorsichtig sagt, niht bervoraetreten sein.

ie viel Zeit ist das? (Zwischenruf links: 24 Stunden). Noch weniger vielleiht. Es sind ganz andere Männer gewesen als wir, die sich gegen das persönlihe Regiment aufs \{ärfste ausgesprohen haben. Am 15. November hat ein Kollege sih darüber ausführliß ausgelassen : Persönlißze Antiyathien und Sympathien machten \ih geltend, die mit rauber Hand ein- griffen; Verstimmungen würden erzeugt durch Reden und Depeschen, die dann dur Lieber8würdigkeit niht wieder ausgeglichen werden könnten, weder durch Statuen noch durch Ehrensäbel usw. Das alles erzeuge im Auslande Unbehagen und das Resultat sei eine Minderung des Respekts usw. Wie unpatriotish, wie mangel- haft national hat diefer Redner vor dem Auslande diese deut- lihe Spige gegen den Träger der Kaiserkrone ausgedrückt. Es war der Abg. Bassermann und noch dazu war die Saße mit dem Reichskanzler vorher verabredet worden! Es wurde im Wahlkampf mit der Bebauptung operiert, die Religion sei in Gefahr. Hier hat der Kanzler sih dadurch aus der Affäre gezogen, daß er . Dinge als behauptet binstellt, die niemand bebauptet hat, und die widerlegt er dann gründltch! Niemand hat behauptet, daß die Re- gierung fo operiert habe, aber die Liberalen haben im Wablkamvyf damit operiert. Auf die von Spahn dargelegten Fälle religiöser Verbegzung ist der Kanzler mit keinem Wort eingegangen; da hilft uns keine Erklärung des Reichskanzlers, sondern nur ein Akt der Gesetzgebung gegen die intolerante Haltung der betreffenden verbündeten Regierungen. Und wenn dies bisher niht geshehen ist, so is das sebr bedauerlih, und wir hoffen, daß dur die erweiterten liberalen Gefinnungen des Neichskanzlers alle diese Mängel beseitigt werden. Dafür, daß eine stärkere liberale Partei niht wieder einen neuen Kulturkampf alsbald inszeniert, kann der Kanzler & nit ver- bürgen, sagt sogar die „Kreuzzeitung“, und der Kulturkämvfer gelte den Konservativen als Feind ebenso wie den Ultramontanen. Wollte ih nun den Liberalen mein ganzes Material in diesem Punkte mitteilen, so kämen wir noch um Mitternaht nit zu Ende: i will nur einen Auszug vortragen, ih will es gnädig maten. Kurz na der Auflösung des Reichstags erschien eine Zusammenstellung von

Aeußerungen der Parteiführer über die Auflösung. Da ift 207 werde eine frishe fröhlihe Kampagne geben mit 3 2 Los von Nom! So ist es zu lesen in der „Münhener Allg Zeitung* vom 15. Dezember. Der Redner zi weitz

aus anderen Blättern; ähnlihe fänden F 2

Gal di mir

"r, r Sor Vera s - DeT “- 4

Jena ausgeführt: „Nicht mebr solle de Trabanten in Deutschland gebizten* : besonders haben h aud die „Vossische Zeitung“, die .Dorimunder Zeitung“, die „Magdeburgische Zeitung* . hervorgetan. Also Sie wolien den Kulturkampf wie in Frankreih! Jh danke Ihnen für das Zugeftändnis. Natürlich empfängt nach dizsen Stimmen das Zentrum seine Order lediglih aus dem Vatikan. Siz rufen: Sebr riétig! und wollen bestreiten, daß Sie Kulturkämpfer find! Wenn Sie dabei bleiben, brauhe ih ja keine weiteren Beweise vorzulesen. Der Bund der Landwirte hatte mit dem Zentrum eine Veritändigung gesut; dies war natürlih in den Augen Nationalliberalen ein nationales Verbrehen; es wurde als futtliches* B gebrandmarkt. Mit der Wahl eines Präsidenten, beißt es anderswo, habe \ich der

in Brandmal aufgedrüdtt. (Pfuirufe, Vizepräsident 2: Das Pfuirufen ist im Deutschen Reichstage nicht Sitte!) der neue Präfident am 20. Februar seine volle An- für den Grafen Ballestrem zum Ausdruck gebracht ? in hervorragendes Organ der Nationalliberalen, die „Kölnische citung*, hat am 17. Januar allen Ernstes vorgeshlagen, die Schenkungen an Kirchen und fromme Anstalten, sogar diejenigen für Seelenmessen usw., der fstaatlihen Genehmigung zu unterwerfen; ein fehr liberales Vorgehen! Die Herren ahnen gar nicht, wie sehr sie damit in das Gewissen, ins Innerste des katholishen Herzens eingreifen. Die „Dresdener Nachrichten" forderten die Heranbildung] eines von Nom unabhängigen nationalen Klerus! Dann die „Hamburger Nachrichten“, die verlangen einen Reichsverband gegen den römishen Beicht- uhl. Daß das Zentrum Beichtstühle aufstellt, erfahre ih erst aus diesem Blatte. Wohin hat also diese Aussc{lahtung der konfessionellen Gegensätze geführt! Nah den Stihwahlen sind eine Neihe von katholischen Gewerbetreibenden wirtshaftlich ges{chädtgt worden wegen threr Stellungnahme zur Wahl. Der Redner führt dafür Fälle an aus Gelnhausen, Duisburg, Gütersloh u. a. m., wona die Nationalliberalen die Parole ausgegeben haben: Es wird bei keinem Katholiken mehr gekauft! Die „Kreuzzeitung*“ sagt darüber: Das ift der Anfang des Bürgerkriegs und des Religionékriegs! Mit besonderer Ausführlichkeit, mit dem Ton, den Dr. Müller-Meiningen den Pastoralton nennt, hat der Reichskanzler hervorgehoben, was für bôse Leute wir seien, wie er in dem Topf der Sozialdemokratie plößlich das Zentrum gefunden habe. Hätte er etwas weiter hinuntergegriffen, so bâtte er au die Freisinnige Partei darin gefunden. Aber das wollte er nicht, denn das sind ja seine neuen Freunde. Solange wir ein Wahlsystem haben, welhes die Stihwahlen zuläßt, ist es allerdings sehr {wer zu entscheiden, welcher der Gegner minder efährlih ist. Um ein größeres Uebel zu verhindern, muß man auh für den Gegner stimmen. Das ist etwas Unangenehmes, daß das Geseß die Wähler dazu zwingt. Solange aber ein folhes Stichwahl- system besteht, nimmt es \sih fonderbar aus, wenn die Regierung die Konsequenzen des Stichwahlsystems den einzelnen Wählern oder einer Partei zum Vorwurf maht. Jch las einmal, bei den Stichwahlen käme es lediglih auf die Taktik an. Daß manche Wähler aus Unmut gegen die Regierung einem sozialistishen Kandidaten ihre Stimme geben, ift begreiflich. Ein konservativer \{chlesischer Nittergutsbesiger {lug fogar öffentlich vor, für einen Sozialdemokraten zu stimmen, und zwar aus bloßem Unmut gegen die Regierung. 1892 machte die „Kölnische Zeitung“ ihrem Unmut gegen die Schulvorlage in den Worten Luft: Wir müssen unsere nationale Gesinnung revidieren. In dem Briefe des Generals Keim finden wir den Saß, daß das Zentrum viel gefähr- liher sei als die Sozialdemokratie! Als Landrichter Stern vor- {lug, ein Wahlbündnis mit der Sozialdemokratie zu suchen, hatte der General Keim nihts dagegen einzuwenden. Daß \o etwas Erbitterung in den Zentrumskreisen hervorruft, is begreiflich. Der Graf Ballestrem erwähnte im Abgeordnetenhause, daß die Negierung Zettel vershickt habe mit der Weisung, für keinen Sozialdemokraten zu stimmen, aber auf keinen Fall für einen Zentrumsmann. Daß Anweisungen überhaupt ergangen sind, hat der Minister nicht bestreiten können. Wenn von unserer Seite für Sozialdemokraten gegen Liberale gestimmt wurde, so geshah das, weil der ofene Feind dem verkappten vorzuziehen ist. Grundsäßlih unterscheiden wir uns im Einverständnis mit unseren Wählern von den Sozial- demokraten. Daraus folgt aber niht, daß wir einem Gegner der Sozialdemokratie unter allen Umständen die Stimme geben müssen. Der Wahlkampf ift in erster Linie gegen das Zentrum geführt worden. Daß wir troßdem im Ernste für Liberale stimmen wollten, konnte niemand von uns verlangen, Der Reichskanzler darf uns am wenigsten einen Vorwurf macben, der dur die Auflösung des Reichs- tags eine solhe Lage geschaffen hat, noch weniger die Parteien, die Wahlbündnisse mit den Sozialdemokraten abges{blossen haben oder abzuschließen versucht haben. Sollte es niht auch einem Nationalliberalen die nationale und monarchisWe Gefinnung verbieten, ein Wablbündnis mit den Sozialdemokraten abzuschließen ? Wir machen Ihnen keinen Vorwurf, aber man soll auch uns keinen Vorwurf machen, und ich erkläre es für ein Stück politischer

dem Abg. Bassermann angegeben, er begrüße die Auflösung: es !

! ei, dem Zentrum allein einen Vorwurf zu machen, daß es mit sder Sozialdemokratie ein Bündnis eingegangen sei; den Reichskanzler habe ih gar nicht genannt.

Präfident Graf zu Stolberg: Dann habe i natürli keinen Grund, einzuschreiten.

Aba. Gröber (fortfahrend): Schon 1874, später 1881, 84, 90 und auch nahber find Wablen sfozialdemokratisher Abgeordneten mit Hilfe] von Nationalliberalen in einer unendlihen Reibe von Fällen erfolgt. 1903 forderte ein Pfarrer öôffentlih auf, lieber den Teufel als einen Zentrumsmann zu wählen. O, es is ungemein interessant, diese alten Shäße auszugraben. Für die Wahl des Sozialdemokraten ist besonders in Cöln die nationalliberale Presse, die „Kölnische Zeitung“ wtederholt eingetreten. „Wählt Mann für Mann den Sozialdemokraten!“ So kann man in nationalliberalen Blättern aus solhen Anläfsen oft lesen. Ich habe hier das sebr interessante badische Handbuch der liberalen Partei, das wollen wir do auch dem Reichstagsprotokoll einverleiben. Da finden wir ausführlih die Anweisung des nationalliberalen Parteivorstandes, für die Sozial- demokraten zu timmen, um die Zentrumsmehrheit zu verbindern. Diese Anweisungen ergingen auch an die Mitglieder der Militär vereine! In Freiburg wurde der Sozialdemokrat Kräuter gewählt und das nationalliberale dortige Blatt begrüßte die Wabl, begrüßte es, daß die Freibeitsfahne über Freiburg wehe. In diesem Wahl- kampf follte {ließlich cin Techtelmehtel mit der Soztial- demokratie gemaht werden, in Baden. „An der Verstäudnis- losigkeit der Sozialdemokratie das Zentrum in Baden zu \{wäthen“, seien die Verhandlungen gescheitert, heißt es darüber. Von der konservativen Prefse ist das Drängen der Lehbrershaft auf ein Bündnis mit den Sozialdemokraten in Baden zugegeben worden. Wie es in Mainz 1903 zugegangen ist, wissen Sie. Daß auch bei den leßten Wablen ein großer Teil der Nationalliberalen für den sozialdemokratishen Kandidaten geftimmt hat, is sicher. So ist es uch in Müblbausen i. Gls. gewesen. Nun die Wirkung des Wahl- ampfîes! Gewonnen ift eine neue Mehrbeit im Reichstage, aber nit cine neue Mehrheit îm deutshen Volke. Die Blo@parteien

ben cine Million Stimmen weniger als die Gegner und mit elden Mitteln? Wie hat der Kanzler Geld sammeln müssen, um liberalen Bürgerlichen zu Hilfe zu kommen. Der Kanzler {eint neuen Koalition niht re@t zu trauen, sonst würde er nit gesagt den, bei den nähsten Wahlen würde er noh ganz anders vorgehen. nun das neue Programm! Als der Kanzler von dem neuen

r C4

r" 4

t

t

r y t Be

E 1 ry

: } Börsengesez spra, war die Rechte sehr till. Wie die Sozial- r | politik des Blocks auf dem Gebiete der Handwerker aussehen wird,

ist auch sehr interessant. Schuy der Großindustrie un d des Hand- werks verträgt sich niht. Eine gute Mittelstandspolitik kann von liberaler Seite überhaupt niht gemaht werden. Für etne konservativ gerihtete Wirtschaftspolitik hahen wir eine große, eine größere Mehrheit im Reichstage, merken Sie \sih das von der Linken, die Sie mit den Sozialdemokraten in dieser Frage nur 149 Stimmen haben. Wie die Liberalen auf eine liberale Wirtschaftspolitik renen können (Zurufe links: Tun wir ja gar nicht !), das verstehe ih nicht. Der Abg. Wiemer stellte in Aussicht eine Ver- mögenssteuer und die Abschaffung der Liebesgaben. Darüber haben Sie (nah rechts) wohl noch keine Vereinbarung getroffen. Es scheint wohl noch an der Morgengabe des Kanzlers für die konfervativ - liberale Paarung zu fehlen. Sein Programm ist aber mehr ein Proatann in Worten als der Sache nah. Jch wundere mi, daß der Abg. Payer damit zufrieden war. Viele Forderungen des Kanzlers hat das böôse Zentrum {hon seit vtelen Jahren vertreten, und wenn er gemeint hat, uns damit ärgern zu wollen, fo irrt er. Nah welchen Gcundsätzen soll denn dieses Wortprogramm durchgeführt werden? Mit dem Zauberwort Paarung des liberalen und konservativen Geistes soll alles er- reiht werden. Wer's glaubt, bekommt einen Taler. Das „Deutsche Adelsblatt“ hat {hon seine Bedenken gegen diese Paarung ausgesprochen, gesprochen von ‘einer Grundsaßlosigkeit, von einem politishen Selbstmord, den man den Konservativen zu- mutete. Der Reichskanzler hofft die Sozialdemokratie durch den Liberalismus zu überwinden. Die Sozialdemokraten sind aber doch aus dem Liberalismus hervorgegangen. Der gestrige und der heutige Tag hat uns Zentrumsmitglieder sehr viele Freude gemaht, denn jede Partei hat erklärt, daß sie aus dem Wortprogcamm des Kanzlers ihr Programm herauserkenne. Der A Schrader spra heute aus, wir drei Parteien, jede mit ihren Anschauungen, bleiben, was wir gewesen sind. Von anderer Seite wurde gesagt, man wolle alles das bewilligen, dessen Notwendigkeit nachgewiesen werde. Dasselbe wollen wir auch. Es waren wenigstens \sech8 fkaudinishe Jochs, die wir in diesen Tagen gesehen haben. Ueberrasht hat mich, daß der Abg. Wiemer {were Be- denken gegen die Thesaurierung der Witwen- und Waisen- gelder geltend gemaht hat. Jch mußte annehmen, daß er diese Thesaurierung beseitigen wolle; das wäre kein Fortschritt in sozial- politisher Bezichung. Wer weiß denn, was uns der Block bringen wird? In Kolontalfragen tappen wir im dunkeln. Jedenfalls haben einzelne der Blokpartelen eine wunderbare Entwicklung durchgemacht. Die Deutsche Volkspartei erkenne ih nicht wieder. Seit der Kolonial- reise des Abg. Storz is der Kolonialenthusiasmus dieser * Partei höher gewachsen als die bekannten Dattelbäume. Noch vor nicht langer Zeit hat der Abg. Payer gesagt, die Kolonien dienten nur dazu, Angehörigen hochangesehener Familien eine \tandesgemäße Unterkunft etwas abseits zu vershaffen. Am besten wäre es schon, die Kolonien aufzugeben. Was das Zentrum anbetrifft, so ist unsere Lage nah den Wahlen nach innen und außen wesentlih gekräftigt und gestärkt. Jn den bisherigen Debatten war es nur der Neichs- kanzler, der uns angegriffen hat. Keine Partei aus dem Hause ist dem Beispiele des Neihskanzlers gefolgt. Es sind fogar gegen das Zentrum gestern und heute manche freundlihe Aeußerungen gefallen. „Wir werden uns \{chon wieder zusammenfinden“, hieß es. Der Neichs- kanzler scheint in seinem Feldzug gegen unsere Fraktion auf eine ge- wisse Uneinigkeit unter den Katholiken Deutschlands zu spekulieren. Möge er si sagen laffen, daß diese Spekulation verfehlt ift. Unsere Wählerschaft steht fester und treuer als je zu uns und die Bewegung der sog. nationalen Katholiken bat uns nur genüßt, nihts geschadet. Der Hauptkern der Zentrumswähler, das katholishe Volk, bat ch durch keinerlei Mittel täushen und beirren laffen. An feiner Festigkeit und Treue sind alle Kniffe und Pfiffe der Feinde und alle Wahlgaunereien der Zentrumshafser wirkungslos abgeprallt. Die geheimen Versuche einer Svrengung des Zentrums find in Zukunft noch ausfihtsloser als jeßt. Dagegen hat der Wablkampf eine andere, und zwar sehr beklagen8werte Folge gehabt: die fkonfessionele Erregung hat wesentlich zugenommen und die Kluft zwishen den Konfessionen ift leider bedeutend erweitert. Schon waren die Erinnerungen an die unglück- seligen Zeiten des alten Kulturkampfs etwas verblaßt. Die Katholiken hatten \ich mit vielfah sogar zu weit gebender Vertrauensseligkeit in die Hoffnung bineingelebt, daß die alte Zurülkseßzung vershwinden werde, daß die Gleichderehtigung der Katholiken von dem Papier der Verfassung und der Geseße nach und nach in das praktishe Leben übergeführt würde. Die natürlihe Entwicklung der volitishen Verbältnifse und keines- wegs listige Umtriebe und erkünstelte Mehrbeitsbildungen haben di Zentrumöspartei seinerzeit an die Spitze des Reihstags gestellt. Es genügte ein einziger Abftrih von wenigen Millionen an der Pauschal- summe eines Nachtragsetats, um mit einem Male alles zu vergessen, was die Abgeordneten des katbolishen Volkes in j |

voller und verantwortungêreider Mitarbeit zum

Heuchelet, wenn jemand allein dem Zentrum einen Vorwurf daraus machen will, was andere Parteien auch getan haben.

Präsident Graf zu Stolberg: Herr Abgeordneter, ih habe erft in diesem Augenblicke den Vorsit übernommen und Ihre Worte so auf- gefaßt, als ob Sie dem Reichskanzler den Vorwurf der Hzuchelei | machen wollten. It das der Fall oder nit ?

anderen Seite; was bei ihm, bei seinem Flottenverein, geschieht, bas

Abg. Gr ô be r (fortfahrend): Herr Präsident, ih babe den all- gemeinen Saß ausgesprochen, daß es ein Stück politischer Heuchelei

j Ï T7 n don wre dte Î kanzler bat uns dez neren

Ä u 4 ai A | Gefinnung ins Gesicht gesehleudert,

landes geleistet batten! Wegen einer Lappalie, üde

| vershiedener Ansicht sein konnte und versciedener

H » R 1577 ey A » El K mußte, hat der Bundesrat den Reichêtag aufgelö À

x ten S STIPUT

Silvesterbrief ausdrückich dervoragecdoden

\{ließlid aus

Katt Epe kre hs M L GCLCIKR

wGnnt M order na pie | gefinnte Adgeordnete evangel

- _

H »d 9 A A E s Ta » gewe)en find. Feinde von KaYer

vie Er PuZE éa: c lie de grit Mir: Tau Alis E S

Ti ai i

E

D