1907 / 59 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Abg. Dr. Stresemann (nl.): Selbstverständlih stimmen wir dem Gesetzentwurf im Prinzip zu. Jh möhte sogar meinen, daß der Pun von 12 Jahren, der zwischen der leßten und jeßt beabsich- tigten Zählung liegt, zu lang ist. Wir müßten dahin kommen, diesen Zeitraum abzukürzen. Bei allen Beratungen von wirtshaftlihen Ge- seßen sind wir noch immer auf die Ergebnisse der Statistik von 1895 angewiesen, die doch durch die tatsächlihen Verhältnisse längft eine Korrektur erfahren haben, und namentlich da wir doch in den nächsten Jahren unsere Reichétagsverhandlungen unter dem Gesichtspunkt einer Fortführung der sozialpolitischen „Belegung und der Mittelstandspolitik führen werden, muß uns statistisches Material zur Verfügung stehen, das mit der Wirklichkeit einigermaßen im Einklang steht. Wir können urs nicht mit etner Ecledigung ohne Kommissionsberatung einverstanden erflâren, weil es uns nicht möglich war, den Ausführungen des Abg. Dröscher ¿u folgen, der so glücklich war, den Frazebogen zu besißen. 1895 lag ein garz ähnliher Fall vor. Damals war der Sozialdemolratie der Fragebogzen hon zur Kenntnis gekommen, er war der Leipziger Volkszeitung auf den Redaktionstisch geflogen; auch damals ents schied das Haus so, wie wir es dur un]eren Antrag wünschen. Wir sind bereit, die Arbeiten der Kommission so schnell wie mögli zu Ende zu führen, da uns dann die Grundlage für die Beurteilung des Geseßentwurfs, nämlich der Fragebogen, zur Hand ist. Wir sind überzeugt, daß wir die Verhandlungen des Hauses dur die Kommissionsberatung niht aufhalten werden. i E

Abc. Trimborn (Zentr.): Jh beantrage namens meiner Freunde ausdrücklich eine Kcmmisionéberatung, weil der Fragebogen fehlt, das wesentlihste Stück der Vorlage; ih kann nicht umhin, unser Er- staunen über diesen Mangel auszusprechen. Die Diskussion über den Fragebogen läßt fich nicht gut im Pienum vollziehen. Wir haben auch noch bezüglich des Fragebogens eine ganze Reihe von Fragen zu stellen. Der Abg. Dröscher hat es ja leiht; er hat zwar niht im Wege der Nebenregierung, sondern als Vorsißender eines statistishen Amtes Kenntnis von dem Material bekommen. Eine Kommission von 14 Mitgliedern würde genügen und die Erledigung der Vorlage nicht verzögern. : .

M Abg, "Bos (Soz.): Wir haben uns {hon früher für regel- mäßige Beruft- und Betriebszählungen ausgesprochen, und zwar für die nächste hon 1905. Die zehnjährige Frist ist {on lang genug. Dazu bat man sih leider niht entschließen können, die 12 jährige Frist erschwert die Vergleichbarkeit der Nesultate. Bei der Fest- stellung des Fragebogens find die Arbeiterorganisationen niht gefragt worden. Das i|st um fo* bedauerliher, als die Fragen der lezten Zäßtlung nicht durchweg sahgemäß gestellt wurden. Auch wies sie große Lücken auf. Eine Feststellung der Einkommensverbältnifse wäre sehr erwünscht. Außerdem wäre cs erwünscht, bei Feststellung der Arbeiterverhältnisse mit den Gewerkschaften Hand in Hand zu ehen. ;

N Präsident tes Kaiserlichen Statistishen Amts Dr. van der Borght: Ueker die Arbeitslosigkeit sollen demnächst besondere Erhebun zen statt- finden. Die großen Arveiterorganisationen wurden allerdings niht direkt gefragt, weil dics nicht gut durhzuführen war. Die Zählung bis 1908 hinauszushieben, um an dem dreizehnjährigen Turnus feft- zuhalten, ersheint doch nicht enpfetlens8wert. Im übrigen . baben wir einen dreizehnjährigen Turnus überhaupt niht gehabt. Ich möchte dringend bitten, an dem vorgeschlagenen Termin festzuhalten ; denn sonst würde die Sache wesentlich verzögert werden. Es handelt sich um ein sehr umfangreihes Werk. D Tabellenwerks wird nit weniger als 25 Bände umfassen. Was von meiner Seite geschehen kann, um die Arbeiten zu beschleunigen, wird gern geschehen. S | 4

Abg. Scha ck (wirts{ch. Vgg.): Auh i bedauere, daß der Frage- bogen uns nit vorber mitgeteilt wurde. So können wir uns nur im Prinzip für die Zählung ausfprehzn. Die Arbeiterorganifationen bâtten ihre Wünsche vortragen können, ganz ebenso wie es die

Organifation der nationalen Handlungsgebilfen und der Privatangestellten

getan hat. Erwünscht ist die Trennunz der Fabrik- und Heimarbeit, auch nach dem Geschlecht.

Präsident Dr. van der Borght: Wir haben uns zunächst auf das ; S | Tlafsen in Anregung gebracht worden.

| über die Notwendigkeit und den Umfang dieser Erhöhung Beschluß | zu fassen und wie bei anderen Reformpunkten Stellung zu nehmen,

Erreichbare beshränken müssèn. Was der Vorredner wünscht, ist im Nahmen einer allgemeinen Berufs. und Betzuiebszählung niht zu machen, das muß speziellen Erhebungen überlassen werden. Daß der Fragebogen niht früher fertiggestellt worden ist, hat an der Unter- brehung der Tätigkeit des Bundesrats gelegen.

Abg. von Saß-Jaworski (Pole) bleibt auf der Tribüne, da er ! | im Sinne der Nummer 1 der Interpellation bei den evangelischen | Landeskirhen der Monarchie eine vermittelnde Tätigkeit in den an- ! gegebenen Richtungen eintreten zu lassen.

sich direkt an den Bundesratstisch wendet und den Berichterstattecn den Nüccken zukehrt, fast ganz unverständlich. Er scheint dagegen Protest zu erheben, daß von der Erbebung über die Staat8ang:hörig- keit und die Muttersprache abgesehen werden fol.

Abg. Hoch (Soz): Dem Abg. Schack bemeike ih, daß die freien | | wurf ausgearbeitet worden ist, der in Aussicht nimmt, die Zweck-

Gewerkschaften ihre Wünsche längst in ihren Fachzeitungen und auf ihren Generalversammlungen zum Auêëdruck çebraht haben.

Damit schließt die Diskussion. Jn persönlicher Bemerkung stellt der

Abg. Dr. Dröscher fest, daß der Abg. von Saß-Faworski ihn mißverstanden babe. Er habe ausgeführt, daß im Rahmen dieser Berufs- und Betriebszählung allgemein von Erhebungen über Staatsangehörigkeit und Muttersprade abgesehen worden sei, daß es aber der preußi|hen Regierung, die cin Interesse daran haben könne, eventuell allein überlassen ei, diese anzustellen.

Abg. Dasbach (Zentr.) will auf eine Bemerkung des Abg. Paasche aus der vorhergehenden Debatte über die Haltung der katholischen Geistlichen bei den Wahlen zurückzreifen, Heiterkeit des Hauses vom Präsidenten darauf verwiesen, daß er mit dieser persönlihen Bemerkung zu spät komme.

Die Vorlage geht an eine Kommission von 14 Mitgliedern.

Darauf vertagt sih das Haus.

Schluß 51/5 Uhr. Nächste Sizung Mittwoch 1 Uhr. (Nachtragsetais für Südwestafrika.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 26. Sigung vom 5. März 1907, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs TelegrapßisYhem Bureau.)

__ Veber den Beginn der Sigung is in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Auf der Tagesordnung steht die Jnterpellation der Abag. Winckler (kons.) und Genossen:

„1) Gedenkt die Staatsregierurg bei den evangelishen Landes- firhen der Monarchie unter Zusicherung erhöh‘er Staatézuschüfse Ine

1

der Zeit enisprehende Verbesserung ihrer wirtshaftlichen Lage gewährleistet werde?

findet,

Bedürfnisse zu fichern 2“

Winckler ergreift das Wort der

Minister der geistlichen, Unterrichts- angelegenheiten Dr. oa ide

i Meine Herren! Dem in der vorliegenden Interpellation ver- handelten Gegenstante bringt sowohl die Königliche Staatsregierung

und Medizinal-

| jährigen Etatsberatung ist aus der Mitte dieses hohen Hauses aus-

Die Bearbeitung des

{ mögli sein wird, wird ebenfalls der Erörterung bedürfen.

gewartet werden.

| voller Aufrehterbaltung der Selbständigkeit der einzelnen Landeskirhen rüdsihtlich des Emeritierungëwesens im übrigen dabin zu erweitern,

j evangelischen GeistliGen übertragen und ihr dafür die Ausschreibung | von Umlagen auf die Landeëkirchen, welche die Pensionslast zu tragen | haben, gestattet wird. Diesem in kirhenpolitisher und politischer Hins | iht bedeutsamen Plane liegt der Gedanke zu Grunde, dur einen Zu- | sammens{hluß wird aber unter großer | biete | lichen | lidierenden | ständigen Pensionsfonds auszugleihen und damit die Alter8zulage- | kasse vor Ueberlastungen zu sichern, welhe \sich aus der Zu- | rüdckhaltung ; können und zur Erfüllung ihrer geseßliGen Aufgaben zu stärken. | Dieser Plan is seit längerer Zeit Gegenstand eingehender ver-

fiherungstehnis@er Untersuhungen und Berehnungen. Sobald diese | Arbeiten abgeshlofsen sein werden und ih boffe, daß das in Kürze

| kirhen üter dieses Reformwerk unverzüglich eingeleitet werden.

| Winckler | evangelischen Landeskirhen, kann ih nur bestätigen und namens meines

| irgendwie nabe zu treten oder in die Selbständigkeit der Landeskirchen e vermittelnde Tätigkeit nach der Richtung eintreten zu lassen, | ; dur weiieren Ausbau der Pfarcbesoldungsgeseze von | 898 und dur eine alle Landetfkirhen umfassende Neuregelung | des Rubegebaltswesens den Geistlichen eine den Anforderungen |!

drei ra : / | | Betracht. Die Entscheidung steht der Kirchenregierung zu. Diese _2) Gedenft die Staatsregierung dahin zu wirken, daß diese ! Keform noch vor ten rächsten ordentlichen Tagurgen der obersten | äirlichen Vertretungen ihre kirhen- und landesgesetzliche Erledigung t, und daß, wenn dies nicht tunlih, geeignete Maßnahmen | ergriffen werden, um eine vorläufige Befriedigung der dringendsten | 1 ; Generalsynode nah Abs{luß der Vorarbeiten in Aussi@ht genommen. Nach der Begründung der Jnterpellation dur den Abg. Synoden der evangeltshen Landeskirhen in den neuen Provinzen zu außerordentlihen Versammlungen in die Wege geleitet werden. Ich

, darf mich also der Hoffnung hingeben, daß dur gezignetes Vorgehen

wie der Evangelische Oberkirhenrat das wärmste Interesse entgegen. Gegenüber den Ausführungen des Herrn Interpellanten zu Beginn seiner Rede möchte ih mir zunächst gestatten, hervorzuheben, daß seit dem Inkrafttreten des Pfarrerbesoldung8geseßes, wie ih das auch hon bei verschiedenen Gelegenheiten in früheren Jahren betont habe, für die Verbesserung der wirtschaftliGen Lage der Geistlichen ‘teils aus staatlichen, teils aus kirchlihßen Mitteln viel gesehen ist.

So ist es möglich gewesen, in sämtlihen evangelishen Landes- kirhen die Pfarrbesoldung für die vor und nah dem Inkrafttreten des Geseyes errihteten Pfarrstellen der erften Grundgehaltsflasse {hon während der ersten fünf Dienstjahre auf 2400 „6 aufzubefsern, in einzelnen Landesfirhen auch den Pfarrern in böberen Altersstufen Zuschüsse zu gewähren. Ferner sind, wie dem hohen Hause bekannt ist, mit Hilfe stattliher Mittel die Beiträge der Geistlißen zu dem Neliktenfonds aufgehoben worden. Dann ist dur die Erhöhung der Superintendenturbe¿üge aus staztlihen Fonds die Lage der Inhaber der Superintendenturpfarren wesentlih gebessert, und endlich ift in dem vorliegenden Entwurf des Staat3haushaltsetats für 1907 der Fonds unter Kap. 124 Tit. 26 zur Unterstüßung für Geistliche aller Bekenntnisse um mehr als 59 9/6 erhöht.

Gleihwohl erkennt die Königliche Staatsregierung an, daß unter den heutigen Verhältnissen das gegenwärtige Diensteinkommen der Geistlihen nicht mehr als ausreihend angesehen werden kann und einer weiteren Aufbesserung bedarf. (Bravo! rechts.) Ih hege die Ueberzeugung, daß der Staat niht wird umhin können, eine solche Reform zu fördern und soweit notwendig, mit seinen Mitteln belfend einzatreten. Diese Auffassung wird von dem Herrn Finanzminister geteilt. (Bravo! rechts.)

In erster Linie muß es aber Sahe der Kirhe sein, die Mittel zur Aufbesserung der Bezüge ihrer Geistlichen aufzubringen. Dabei wird insbesondere, wie au@ der Evangelische Oberkirenrat dies seinerseits auëgesprohen bat, zu erwägen sein, ob nicht die gesetz- liden Schranken, welche gegenwärtig für das Besteuerungsrecht der evangelischen Landeskirhen besteh:n es sind dies bekanntli 6 9% der Staatseinkommensteuer zu Gunsten erhöhter Leistungen für die Geistlichen angemessen zu erweitern sein möhten. Schon bei der vor-

geführt, daß es ih hierbei keineswegs um einfahe Fragen handelt, sondern um eine Reform von umfassenderer Bedeutung, die einer sorg- fältigen Vorbereitung bedürfen.

Es kommt zunä{st die Aufhebung der Pfarrbeiträge zu dem selbständigen Pensionsfonds der verschiedenen evangelischen Landeskirchen in Betracht. Die Erwägungen, ob und inwieweit der Staat bier helfen kann, seinen von der Vorfrage abhängig zu sein, ob es mög- li sein wird, unter den Landeskirhen eine Verftändigung über die Bildung eines einbeitlihen Pensionsfonds behufs Gewährung gleih- mäßiger Minimalpenfionen und Aufbringung der Lasten nah gleichem Maßstabe herbeizuführen. Ob hierbei auch die Aufhebung der Pfründenabgaben und damit indirekt eine Stärkung des Zuschußfonds

G8 steht weiter zur Erwägung die Frage der Sanierung der Alterszulagekafse für evangelishe Geistlihe. Auch hier muß das Er- gebnis \{wieriger, technisher Untersuhungen und Berehnungen ab-

Endlich ist die Erböbung der Pfarrerbeso!dung in all-n Alters- Sache der Landeskirchen ist es,

was sie ihrerseits zu diesem Zwecke aufzubringen vermögen. Meine Herren, die Königliche Staatsregierung if aber gern bereit,

Hierbei möthte ih bervor- heben, daß in meinem Ressort bereits vor mebreren Jahren ein Ent-

bestimmung der Alter8zulagekafse für evangelishe Geistliße unter

daß dieser Kasse au die Zablung von Mindestrubegehältern an die

sämtliher evangelischer Landeskirhen auf dem Ge- des Pension8wesens sowie durch Verbindung einer einbeit- Nußbegehalttkafse mit der Alter8zulagekafse die [kol- finanziellen Interessen dieser Kasse und der selbst-

einzelrer Landeskirhen mit Pensionierungen ergeben

geschehen sein wird —, werden die Verhandlungen mit den Landes-

Meine Herren, anknüpfend an die Ausführungen des Herrn Abg. über die Wahrung der Selbständigkeit der einzelnen

Ressorts ausdrücklich erklären, daß die Königliche Staatsregierung niht daran denkt, dem Bekenntnisstande der einzelnen Landetkirchen

einzugreifen.

Was die Nummer 2 der Interpellation anbetrifft, so kommt zu- nächst die Einberufung der Generalsynoden der evangelishen Landes- kirhen der älteren Provinzen zu einer außerordentlichen Tagung in

unterzicht bercits seit geraumer Zeit die angeregten Reformen der eingehendsten Prüfung. Angesichts der Dringlichkeit dieser Ne- formen hat der Evangelishe Oberkircenrat, dem die Förderung dieser Sache sehr am Herzen liegt, die Einberufung einer außerordentlichen

Sobald dies geschieht, wird auch die Einberufung der obersten

der Landeskirhen unter wohlwollender Förderung der Königlichen Staatsregierung ein Ausbau des Pfarrerbesoldungs- und Ruhegehalts- |

wesens der evangelischen Geisilihen bald erreicht sein wird, welcher den Wünschen der Herren Interpellanten Rechnung träzt und eine gedeihlide Regelung dieser wihtigen Fragen herbeiführt. (Bravo! rechts.)

Auf Antrag des Abg. von Pappenheim (kons.) tritt das Haus in eine Besprehung der Interpellation h

Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Meine Freunde stehen den Wünschen des Abg. Winkler für die evangelishen Geistlichen durhaus i ra wollend gegenüber und find bereit, an dem gefetzgeberishen Weike mitzuarbeiten, das der Kultusminister in Ausfiht gestellt bat. Ih muß aber im Namen meiner politishen Freunde gleichzeitig sagen, s ähnliche Bedürfnisse auch hinfichtlih der katholischen Geists lichen vorliegen, insbesondere ist bei diesen das Nuhegehaltswesen in ganz unzulängliher Weise geregelt. Deshalb bitte ih eben- T die Regierung, uns recht bald eine entsprehende Vorlage zu maden.

Minister der geistlichen 2c. AngelegenheitenDr. von Studt:

In der Erklärung, welche ich vorhin namens der Köntglichen Staatsregierung auf die Interpellation abzugeben die Ehre hatte, bin ih deswegen niht auf die Verhältnisse der katholischen Pfarrer ein- gegangen, weil diese Interpellation sih lediglih auf die Aufbesserung der Bezüge der evangelishen Pfarrer bezieht. Nachdem aber der Herr Vorredrer auch eine Reform für die katholischen Pfarrer zur Sprache gebraht hat, möchte ih darauf erwidern, daß zunächst die Stellungnahme der bischöflihen Behörden und deren Anträge an die Königliche Staatsregierung abgewartet werden müssen. Die Staats regierung wird dann bereit sein, das Bedürfnis für eine weitere Auf- besserung der Bezüge auch der katholischen Pfarrer und etwaige An- träge auf eine Hilfe mit staatlihen Mitteln wohlwollend zu prüfen. Gs muß aber in erster Linie auh als die Aufgabe der katholischen Kirche betrahtet werden, für die Aufbefsecung der äußeren Lage ihrer Geistlichen im Wege der kinhlichen Besteuerung Sorge zu tragen.

Abg. Dippe (nl.): _Seit einer Reihe von Jahren hat die Regierung auf unsere Wünsche aus dem Yaule stets ihr Woblwollen für die Geistlihen ausgedrückt, aber dabei ist es au geblieben. Noch vor einem Jahr hat ver zuständige Ministerialdirektor erklärt, daß er eine Aufbesserung der Geistlichengehälter nicht in Aussicht stellen könnte. Die uns heute servierte Suppe ist ja hon bedeutend shmathafter, und wir werden sie mit großem Behagen auëtlöfeln. Die Mißstände in dieser Beziehung haben dahin geführt, daß ver- schiedene Synoden Zuschüsse für die Geistlichen gegeben haben, aber die Synoden sind in ihren Mitteln beschränkt. És liegt im ur- eigensten Interefse des Staates, behilflich zu sein, die Geistlichen ausgiebig zu befolden. Wer ‘die Wirksamkeit der Geistlichen aus eigener Anschauung kennt, weiß, was sie in einer Zeit tun, wo die wirtschaftlihen Fragen den Menschen so in Anspru nehmen. Es wird noch eine lange Weile dauern, ebe sich die Leute an einen Mann der Naturwissenshaft halten, sie werden vielmehr bleiben bei den_ einfachen, tiefen und erhabenen Lehren des Christentums. Wir müssen aber die Geistlichen so stellen, daß sie ihr Amt ohne Sorgen auszuüben vermögen. Dazu muß der Staat seinerseits das Nôtige tun.

Abg. Dr. Rew oldt (freikons.): Es ist wohl Uebereinstimmung vor- handen, daß die Neuregelung dieser Frage notwendig ist. Gerade die Lage der Geistlichen ist eine sehr prekäre. Die Gründe für die Not- wendigkeit der Neuregelung find von dem Interpellanten beute und auch schon früber wiederholt dargelegt worden. Wir stehen beute der Tatsache gegenüber, a alles Chrwürdige und Heilige herunter- gerifsen wird; wo aber Not im Hause ist, und der Geistliche nicht aus Schulden berauskommen kann, wo ein Unglüeck über die Familie kommt, fann der Pfarrer den Pflichten s\cines Amtes und nament- lih den Pflichten der Charitas niht vollkommen nochkommen. Wir dürfen deshalb den Pfarrer nicht in eine so s{limme wirtschaft- lihe Lage kommen lassen. Diese Gründe werden auch für die Staatsregierung maßgebend sein müssen. Es is ein Irrtum, zu glauben, daß die Geistlihen auf dem Lande besonders billig leben. Viele ihrer Bedürfnisse müssen sie sehr teuer bezahlen. Ein Pfarrer auf dem Lande ist kaum in der Lage, si einen Arzt kommen zu lassen, weil er fich überlegen muß, ob seine Einkünfte dazu ausreihen. Eine allgemeine organische Reform der Besoldungs- verhältnisse der evangelishen Geistlihen ist darum nicht länger von der Hand zu weisen. Ih habe mi gefreut, daß die Staatsregierung eine Besserung in Aussicht stellt. Die Hilfe darf aber nit binaus- geschoben werden, denn der Notstand bei den evangelishen Geistlichen ist ein sehr dringender. Die Regierung wird überlegen müssen, ob sie nit sofort eine bestimmte Summe in den Etat einstellen soll, um Abhilfe zu schaffen. G

Abg. Graf von Wartensleben-Rogäsen (konf.), sehr {wer ver- ständlih: Seit 7 Jahren wird hier darüber geklagt, daß die Hoffnungen, die man an das Pfarrerbesoldungsgeseß geknüpft hatte, sih nicht erfüllt haben. Namentlich in meiner Heimatprovinz empfindet man das Gefeß als unzulänglih. Es muß ene cinheitliche Regelung versuct werden.

Abg. Priewte (rl.) {ließt fich den Vorrednern in der Ar- erkennung der Bedürfnisfrage betreffs der Besoldungen der Geistlichen an und gibt der Ueberzeugung Ausdruck, daß das Minimalgehalt auf 2500 und das Maximalgehalt auf 6000 Æ erhöht werden müsse. Er hoffe, daß dadurch in nicht zu langer Zeit die Klagen der Geistlichen aufhören würden.

Abg. Graf von Carmer (kons.): Ih möhte nur einen Punkt hervorheben, der außerordentlih wichtig ist. Darüber sind alle Par- teien einig, daß cine Aufbefserung der Pfarrgehälter notwendig ist: das ift allgemein anerkannt für die eyangelishen wie für die fatholishen Geiftlihen. Wir find ebenso bereit wte die Herren des Zentrums, mitzuarbeiten an der Verbesserung der Lebens- stellung der fkatholishen Geistlihen. Wir erkennen an, daß der Notftand ebenso wie bei unseren Geistlihen auch bei ten fatbolishen vorbanden ist. Es ist {on in dieser Session von allen Parteien betont worden, daß eine Erhöhung der Beamtengehälter nct- wendig ist wegen der erhöhten Anforderungen an die Lektenshaltung, Ich will nur einen Unterschied konstatieren, daß, während die Be- amten an uns Petitionen gerihtet haben, von den Geistlichen keine Petitionen gekommen sind. Die Geistlichen baben dankbar die Ver- befserung durch das Geseß von 1898 anerkannt und haben si deê- halb beshieden. Deshalb ift unsere Pflicht, unserseits anzuerkennen, daß auch für die Geiftlihen ein Notstand herrscht, der beseitigt werden muß. Der Notstand hat sih bereits niht nur in meiner Heimatprovinz, scndern auch in anderen Landesteilen darin gezeigt, daß die Vikariate nicht mehr zu besetzen sind. Viele Familien scheuen ih, ihren Sohn einem Stande zuzuführen, wo er Ent- behrungen ausgeseßt ist. Wir müssen die Handhabe bieten, den Stand unserer Geistlihen auf der Höbe zu erbalten, sonst droht die Gefahr, daß das Niveau dieses Standes niht mehr erhalten werden kann. Der Hauptnotstand ist in den mittleren Altersstufen vorhanden, wo die Anforderungen für die Erziehung der Kinder an größten sind. Da bezieht der Geistlihe ein Gehalt von 3600 #, er muß die Kosten des Schulbesuchßs der Söhne usw. tragen. Die Landgeistlihen müssen ihre Söhne dazu aus dem Hause geben. Das kann der an si mittellose Geistliche bei seinem Gehalt nicht ausführen; er braucht dieses Gehalt für seinen eigenen Lebensunterhalkt. Es werden an die Geistlihen auf dem Lande ganz außerordentliche Anforderungen geftellt, denen sie sch nicht entziehen wollen und auch niht entziehen können mit Rücksiht auf ihren Stand. Ih erinnere an die Unterstüßung von Hilfsbedünftigen, an die verschiedenen Aufgaben der Barmberziczilt: da ift es sehr {chwer, diesen Anforderungen gerecht zu werden; es gehört der ganze Idealiêmus der Herren dazu, um über diese Sorgen hinwegzukcemmen. Eine ein-

| greifende Aenderung nimmt lange Zeit in Anspruch, deshalb möchie

ih nach der Nummer 2 der Interpellation bitten, daß recht bald Mittel

für die Abhilfe der dringendsten Notstände bereitgestelt werden. Ih

die Zuversiht, daß das von der Regterung anerkannt wird und, me T nur provisorish, möglichst bald Mittel bereitgestellt werden.

Ein Sllußantrag wird angenommen ; damit ist die Jnter- pellation erledigt.

Das Haus seyt die zweite Beratung des Staatshaus- haltsetats für 1907 bei dem Etat der direkten Steuern fort. i : i

Abg. Dr. Röchling (nl.) beantragt zur Geschäftsordnung, eine Debatte über den in Ausficht gestellten Antrag des Abg. Kirsh (Zentr.) auf Aufhebung des § 23, 2 des Einkommensteuergeseßes (Verpflichtung der Arbeitgeber zur Auskunftserteilung über das Einkommen der An- gestellten) erst später stattfinden zu lassen. i

Nachdem fich R von Pappenheim (kons.) damit ein- verstanden erklärt hat, beschließt das Haus demgemäß.

Zu der Einnahme aus dér Einkommensteuer, die mit 209 Millionen Mark, d. h. 11 Millionen Mark mehr als im Vorjahre, angeseßt ist, liegt die vergleichende Uebersicht der Ergebnisse der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1905 und 1906 vor. L :

Berichterstatter Abg. Dr. Gerschel referiert über die Kom- missionsverhandlungen und beantragt, die Uebersiht durch Kenntnis- nahme für erledigt zu erklären. H |

Abg. Wolff - Lissa (fr. Vgg.): Der Finanzminister hat eine event. Erhöhung der Ginkommensteuer in Aussicht gestellt und dabei auf die gewünshte Erhöhung der Beamtengehbälter hingewiesen. Vielleiht wird dadurch eine Erböbung der Einkommensteuer nicht notwendig werden, aber man muß den Gedanken erwägen, ob dem Staat nicht alljäbrlih so viel Einkommenfteuer bewilligt werden soll, wie zur Deckung der Staatsausgaben notwendig ist, das ist die Kontin- gentierung. Eine Besteuerung soll gerecht sein; gerecht ist die Steuer, die denjenigen trifft, der sie tragen kann, ungerecht diejenige, die den trifft, der sie nicht tragen kann. Wenn man alfo zu einer Erhöhung der Einkommensteuer übergehen muß, fo müssen die höchsten Steuer- stufen zunächst erhöht werden. Die Steuer trifft diejenigen, welche sie von threm Ueberfluß zahlen können, nicht so hart wie diejenigen, welche deswegen ihren Lebensunterhalt beshränken müssen. Wenn man die Einkommen über 100 000 mit einem höheren Saß als bisher heranzieht und die geringeren Einkommen erleichtert, so wäre das nur gerecht. Dahin zu wirken, ist Aufgabe des Parlaments. Dessen Einfluß ist aber jeßt bei der Einkommensteuer gänzli aus- geshlossen , solange wir niht zur Kontingentierung kommen. In Hessen und Baden ist diese Forderung bereits erfüllt. Das entspricht der Gerechtigkeit und der Stellung des Parlaments. E

Die Einnahme wird bewilligt, die Uebersicht für: erledigt erklärt.

Die Ergänzungssteuer ist mit 39 Millionen, d. h. 500000 weniger als im Vorjahre, veranschlagt; sie wird ohne Debatte bewilligt, desgleihen die übrigen Einnahmen.

Bei den dauernden Ausgaben, und zwar bei denen für die Verwaltung des Grund- und Gebäudesteuer- katasters, wünscht :

Abg. Mies (Zentr.), daß die Katasterkontrolleure aus der Stellung der Subalternbeamten herausgehoben werden und in die Stellung der höheren Beamten einrücken möchten; wenn es niht anders ginge, müßte man ihnen das Abiturientenexamen auferlegen. Bei der Regelung der Gehalisverhältnisse im Jahre 1890 seien die Katafter- kontrolleure wesentlich zu kurz gekommen. Die Uebernahme der Amtsunkosten, wie sie vom Staate gehandhabt werde, tabe zu Unzuträglichkeiten geführt, da die Katasterkontrolleure {ließli hierbei von ihrem Gehalte zulegen müßten. Die Stellen der

Katasterzeihner müßten so vermehrt werden, daß auf ein jedes Amt ein Zeichner käme; es wäre auch wünschenswert, wenn diese Beamten aus der Gleichstellung mit den Kanzlisten herauskämen und in die Stellung der Subalternbeamten einrückten. Endlich wünscht Redner eine Erhöhung der Diäten für die Katasterlandmesser erster Klasse.

Abg. Dr. Schroeder - Cassel (nl.) bezeichnet gleichfalls das Aversum der Katasterkontrolleure als zu niedrig, da die Bedürfnisse, namentlich auf Reisen, niht genügend dadur gedeckt würden, und empfiehlt eine Aufbesserung dieser Beamten sowie der Katasterzeichner und eine andere Amtsbezeihnung für die leßteren. Wenn er (Redner) neulich die Zeichner bei den Generalkommissionen gegenüber den Kanzlisten hervorgehoben habe, weil die ersteren ein Examen machen müßten, so habe er damit die Tätigkeit der Kanzlisten nicht als minderwertig bezeihnen wollen, zumal. auch diefe, wie sih inzwischen herausgestellt habe, z. B. bei der Eisenbahn, ein Examen machen müßten. Redner bittet, die Zahl der Katasterzeihner so zu ver- mehren, daß möglichst auf jedem Katasteramt ein Zeichner sei, der in Abwesenheit des Katasterkontrolleurs das Publikum abfertigen könne. Die Vermehrung sei auch zur Verbesserung der Avancementéverbâlt- nisse nôtig, damit alle, die das Examen gemacht hätten, angestellt werden könnten.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Die beiden Herren Vorredner haben eine Fülle von Details aus dem Bereiche der Katasterverwaltung vorgetragen und au eine große Anzahl von Wünschen geäußert. JIch muß mih darauf beschränken, auf die wichtigsten dieser Punkte einzugehen.

Zunächst hat der Herr Abg. Mies dem Wunsche Ausdruck ge- geben, von den Beamten der Katasterverwaltung künftig das Maturitätszeugnis zu erfordern. Meine Herren, diese Wünsche der Katasterbeamten sind uns bekannt und werden im Ministerium ein- gehend erwogen. Aber ih meine, sie bedürfen au der allerreiflihsten Erwägung. Jeder Stand sucht ja seine eigenen Anforderungen und damit das äußere Ansehen des Standes zu heben. Ob er damit immer den wahren Interessen seines Standes dient, is mir zweifelhaft. J bin der Ansicht, daß man bestrebt sein muß, die Vorbildung in verständigem Verhältnis zu den täglihen Berufsgeshäften des einzelnen Standes zu halten und durch keine Ueberspannung der Anforderung binsihtlih der Vorbildung den berechtigten Zudrang zu der Karriere einzus{ränken. Jetzt können die jungen Leute mit dem Primanerzeugnis in die Katasterverwaltung eintreten; wird das Maturitätszeugnis von ihnen verlangt, so bedeutet das eine weitere zweijährige Ausbildung aus der Tasche der Herren Eltern. Ob es erwünscht ist, auf diese Weise breite Kreise des Mittelstandes von der Katasterverwaltung auszuschließen oder thnen wenigstens den Eintritt zu erschweren, ist mix einstweilen in hohem Grade zweifelhaft. Es ist Jhnen ja bekannt, daß Unsere Katasterbeamten . jeßt {hon in hohem Maße belastet sind und daß die Ansprühe an sie namentlich in den {nell wachsenden industriellen Gegenden von Tag zu Tag * steigen. Erhöhen wir die Ansprüche an die Vorbildung dieser Beamten, dann werden wir voraus\ihtlich den Andrang zu dieser Karriere ein- schränken und damit dem Bedürfnis nach Schaffung neuer Stellen niht in dem Maße Rechnung tragen können, wie es sahlih geboten ist. Sie wollen auch erwägen, daß jeßt nah Pazifizierung unserer Kolonien sich voraussihtlich ein erhebliher Bedarf von Katasterbeamten für die Kolonien ergeben und dadur der Bedarf noch künstlih gesteigert werden wird. Diese Frage ist, wie gesagt, noch im Fluß; aber sie bedarf, wie ich glaube, der reiflihsten Er- wägung.

Etwas positiver darf ich mich äußern zu den Wünschen, die so- wohl der Abg, Mies wie der Abz. Dr. Sthroeder binsihtlich der

Amiskofteñéitschädigurig geäußert habe. Auch wir sind der Ansicht, daß die jezige Form der Amtskostenents§ädigung, namentli die gleihmäßige Berehnung der Reisckostenzushüsse, der Abänderung bedarf. Die Verhandlungen nah dieser Richtung sind in vollem Gange, und ih hoffe, daß sie zu einem Resultat führen, das den Wünschen der Herren entspriht. (Bravo!)

Was endlich die Katasterzeihner betrifft, so sagte der verehrte Herr Abg. Mies, wir würden alle durch das Examen fallen, wenn wir es jeßt noch machen müßten. Das erkenne ih für meine Person durchaus an (Heiterkeit); aber ih wage es, die Rictigkeit der Be- haupiung zu bestreiten für meine Herren von der Katafterverwaltung. Aber wie dem auch sei, was diese Katasterzeihhner betrifft, so sind sie eine verhältnismäßig neue Organisation; sie ist meines Wissens erst 1888 ins Leben gerufen worden. Es ist daher vollkommen begreiflich, daß die Dinge in der Verwaltung noch nit vollkommen ausgereift sind, daß namentilich noh niht überall da, wo es wünschentwert wäre, Katasterzeihner hingegeben sind. Die Entwicklung ist ähnli wie beispielsweise bei den tehnishen Beamten der Bauverwaltung; wir haben den Bauinspektionen allmählih in steigéndem Maße, aber noch nicht überall technisGe Sekretäre bet- gegeben. Wir sind auch bier im Begriffe, die Anzahl der Kataster- zeihner alljähßrlich zu vermehren, und Sie finden au im vorliegenden Etat eine Anzabl neuer Stellen au8zebra§t. Wir werden darin fortshreiten und allmählich, wie ih hoffe, dazu kommen, wenigstens den wichtigeren Katasterämtern Katasterzeihner beigeben zu können.

Der Herr Abg. Schroeder hat, glaube ih, die Anstellungs- und Aussfichtsverbältnifse zu ungünstig geschildert. Denn ein Anspru er- wächst ja allen diesen Herren aus der bloßen Ablegung des Eramens in keiner Weise, sondern das Examen gibt nur eine gewisse Berechti- gung, einen Nachweis ihrer Vorbildung, und ein großer Teil von ihnen \{eidet nahher aus und geht in den Privatdienst. Also aus der Vergleichung der Zahl derer, welche die Anstellungsberehtigung erlangt haben und derer, welche zur. Anstellung gelangt sind, kann man noch niht ohne weiteres den Nücks{luß einer ungünstigen Lage dieser Beamten ziehen. Ich darf auh heroorheben, daß diese Beamten insofern günstiger als andere Kategorien gestellt sind, als von ibnen nur Volks\{ulbildung verlargt wird und sie meist bald na Abschluß der Volkss{hulbildung {on cinen gewissen Lobn, ein Entgelt erhalten. Immerhin erkenne ih an und danköar an, daß diese Beamten ein

sehr nüßlihes Glied der Verwaltung der direkten Steuern sind, und |

daß namentlich das Examen sehr ernst ist und ziemlich hohe An- forderungen an sie stellt.

Ob es möglih sein wird, ihre Bezüge zu erböhen, kann un- möglich allein vom Standpunkte dieser Beamten beantwortet wetden'; das muß in Parallele gestellt werden zu den übrigen Kategorien von Beamten dieser Art, und ih hoffe, daß sih die Möglichkeit bieten wird, bei den in etwas breiterem Rahmen erfolgenden Aufbesserungen der unteren Beamten und eines Teiles der mittleren Beamten auch diese Frage in Erwägung zu ziehen. Eine positive Erklärung nah dieser Richtung kann ih noch nit abgeben; aber das darf ih zusagen, daß die Negelung dieser Gehaltsbezüge einer der Punkte sein wird, die bei der generellen Regelung in eive ernste Erwägung zu kommen haben werden. (Bravo!)

Abg. Wißmann (nl.): Die privaten Landmesser sind der Meinung, daß sie in ihrem Beruf eines ausreihenden geseßlihen Schußes noch entbehren. Sie wünschen namentlih eine Abänderung der §§ 33, 38 und 55 des Grundsteuergesetzes. Etne Petition der Vereinigung der Landmesser in Berlin hat das Haus auf meinen Antrag im vorigen Jahre der Regterung als Material überwiesen. Ich möchte daher die Negterung fragen, ob ein besonderes Landmesser- geseß zu erwarten ist. Der Minister sagte im vorigen Jahre, daß es zu einer Euts{hließung darüber noch nichti gekommen sei, ob die Vorbildung der Landmesser nah deren Wünschen geändert werden soll. Dem Veulangen des Maturitätszeugnisses ist der Minister abgeneigt, aber es werden doch hohe Anforderungen an diese Beamten gestellt, und namentlih in den Kolonien wird die Aufgabe der Landmesser be- fonders \{wierig sein. Der Umstand, daß das Abiturienteneramen ver- langt würde, könnte die jungen Leute sicherlih nicht abbalten, in diese Laufbahn einzutreten. Vor 5 Jahren hat der Minister eine Erwäzung über eine neue Landmesserordnung in Ausësi{t gestellt, aber seitdem sind an 5 Jahre vergangen, und die Landmefser warten auf eine neue Ordnung. Der Tarif für die Landwesser ist zu niedria. Der Tarif der niht beamteten Landmesser müßte derselbe sein, wie der dex be- amteten Landmefser: dann könnte die Shädiaung der privaten Knd- messer beseitigt werden.

Generaldirektor der direkten Steuern Wallach erwidert, daf die Vorbereitungen für eine neue Landmesserordnung im Gange seien, aber noch nit abgeschlossen seien, weil es fich um eine sehr s{wierige Materie handel?. Hoffentlich würden diese Arbeiten bald abgeschlossen werden können. Eine Gleichstellung der Gebühren der niht beamteten Landmefser mit denen der amtlichen sei niht möglih aus grund\säß- lien Grwägunden.

Abg. Dr. Berndt (nl.) bittet, daß bei der Ausbildung der Land- messer die Maturität zur Vorbedingung gemacht werde.

Abg. Cabensly (Zentr.) regt an, daß zur shnelleren Erledigung der Geschäfte des Katasteramtes jeder Katajterkontrolleur einen eigenen Zeichner haben folle.

Bei den Ausgaben für Remunerationen von Hilfs- arbeitern der Steuerveranlagungskommissionen weist

Abg. Deser (fr. Volkép.) darauf hin, daß in Frankfurt a. M. z. B. diese Hilfsarbeiter 125 #4 monatli erhielten, wovon dur weitere Abzüge nur 65 für Lebensbedürfnisse übrig blieben. M@n müsse da bedenken, daß Frankfurt eine sehr teure Stadt sei, Er bittet den Minister um Abhilfe.

Abg. Werner (D. Rfp.) {ließt sich zunähst den Wünschen des Abg. Mies in bezug auf die Katasterkontrolleure an. Aber au die Lage der Steuersupernumerare sei eine sehr bedcuerliche. Diese erreichten mit dem 25. Jahre erst eine Entsckädigung von 1100 J und würden im 33. Lebensjahre mit 1800 4 Anfangsgehalt angestelt. Solche Härten müßten eigentliß {on vor der in Aus- sicht gestellten allgemeinen Gehaltsaufbesserung ausgeglihen werden. Es scheine auch so, als ob ofene etatsmäßtge Siellen durch diese Steuersupernumerare ausgefüllt würden, um dadur zu sparen.

Generaldirektor der direkten Steuern Wallach tritt der leßten Bemerkung des Vorredners entschieden entgegen, in der Verwaltung der direkten Steuern fei derartiges niemals vorgekommen. Uebrigens lägen die Verhältnisse der Steuersupernumerare ganz ebenso wie die der entsprehenden Beamtenklassen.

Abg. Werner erklärt, daß er niht behauptet habe, daß bei der Steuerverwaltung ofene Stellen absihtlih niht beseßt würden. Er habe nur gesagt, daß es fast so {einen könnte.

Die übrigen Titel der dauernden Ausgaben werden be- willigt und ebenso die einmaligen und außerordentlichen Aus- gaben ohne besondere Debatte.

Es folgt der Etat des Finanzministeriums.

Zu dem Einnahmetitel „Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte“, 12000 , liegt der An- trag des Abg. von Brandenstein (kons.) vor, diesen Titel sowie die entsprechenden Titel der dauernden Ausgaben an die Budgetkommission zurückzuverweisen.

Abg. von Brandenstein (kons.): Es ist nihts dagégën tlnp- wenden, daß diese Titel jeßt in den Etat des Finanzministeriums eingestellt worden sind, da nah dem neuen i über die Vorbildung füx den böôheren Verwaltungsdienst diefe Prüfungskommissionen jeßt nich? mebr vom Staatsministerium, sondern von den Ministerien der Juftiz ¿nd der Finanzen ressortieren. Aber eine andere Methode, die hierbet im Etat zum Avsdruck gekommen ist, sheint mir nicht ganz so barmlos, da sle einen Eingriff in das Steuer- ewilligungsrecht des Landtags enthält, wenngleih ich Über- ¡eugt bin, daß ein folher Eingriff sither nicht beabsichtigt ist. Nach Art. 100 der Verfafsungsurkunde dürfen Steuern, Ge- bühren und Abgaben nur dur cin besonderes Geseß erhoben werden. Nun haben die Prüfungëgebühren bei der genannten Kommission früher 60 Æ betragen und find jegt auf 150 Æ erhöht worden. Alle Staatsrehtslehrer verstehen unter Steuern, Gebühren und Abgaben auh die Prüfungsgebühren neben Gebühren für Häfen, Kessel- revifionen 2c. (Redner führt eine Reihe solcher Kommentatoren an.) Es wird mir entgegengehalten werden, daß, wie bei ähnlichen Gelegen- heiten, die Sache ja niht von durds{chlagender Bedeutung sei, aber ih meine, daß man dur Hinzufügung neuer Fâlle das alte Unrecht nicht mindert. Bezüglich der materiellen Seite der Erhöhung dieser Prüfungsgebühren von 60 auf 150 M ift zunächst darauf aufmerksam zu Ra Ben, daß der Etat keine Silbe über die Gründe dafür enthält. Man könnte meinen, daß durh das Gesez vom vorigen Jahr die Tätigkeit der Examinatoren erhöht worden sei. Aber tas Gegenteil trifft zu. Es werden jeßt nicht mehr zwei große Arbeiten im Umfange von 20 bis 100 Lo in je zweimal 6 Wochen verlang, sondern es werden zwet kleine, unter Klausur her- zustellende Arbeiten verlangt, die in einigen Stunden erledigt sein müssen. Auch das mündlihe Examen ist wesentli er- leihtert worden, indem jedes Mitglied der Prüfungskommis}ionen jeßt nur halb so oft wie früher zu Prüfungen herangezogen woird. Eine Notwendigkiit zur Erhöhung der Gebühren wegen der erhöhten Tätigkeit der Examinatoren liegt niht vor. Die Erhöhung der Ge» bühren scheint lediglih dem Wunsche entsprungen zu sein, die Bezüge der Cxaminatoren zu verstärken. Der Regierungsvertreter hat in der Kommission gesagt, daß die Examinanden nicht mehr wie früher ih monatelang in Berlin vor dem Examen aufhalten müßten, um sich ¿um Examen vorbereiten zu lassen, und dadurch viel Geld ersparten. Aber von diesen Ersparnifsen kann doch der Staat nicht etwas für sich in Anspruch nehmen. Ich habe seinerzeit auh einen Repetenten gebraucht, habe aber nicht daran gedacht, daß die ersparten Kosten für einen solchen einmal zu einer Steuer für unbesoldete Staatsbeamte werden könnten. Man kann sagen, es sei nur eine geringe Summe unter den vielen Millionen unseres Etats. Aber gerade dadurch, daß die Summe so klein ist, wird die Sache für die Erfinder dieser neuen Einrichtung um so s{chlimmer. Der Staat gewinnt im ganzen 2400 Æ Mebreinnahme an den Gebühren, und darum sollen so viele junge Leute belästigt werden. Ich finde das, milde gesagt, niht gerade geschmackvoll. Jch beantrage, die Frage an die Budgetkommission zurückzuverweisen, deren Beratung hoffentlih dazu führt, die Gebühren für die Referendare abzuseßen,

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! J kann nur dringend bitten, dem Antrage des Herten von Brandenstein niht zu entsprehen. Ich glaube wirkli, die Etatsverhandlungen dieses hohen Hauses sind diesmal doch ohne irgendwie etne Schuld des Hauses damit autsprehen zu wollen, sondern infolge der Unterbre{ung so weit im Nückstande, daß wir alle Veranlassung haben, die Etatsverhandlungen nun nicht abermals hinaus8zuschieben, und zwar, ih kann wobl sagen, um etner solchen Bagatelle willen.

Herr von Brandenstein hat fo getan, als ob wir wirklih ein unerböôrtes Novum einführen würden, und hat davon gesprochen, daß es bei der Militärverwaltung ansländiger zuginge. Nun, meine Herren, in sämtlihen Verwaltungen haben wir von alters ber bei Brauch, daß die Examinanden eine gemessene, cine bescheidene Gebühr bezahlen, und ich kann wirklich nit einsehen, daß das ein solches crimen laesae majestatis it, wenn wir diese Gebühren nit um 24000 #4, wie Herr von Brandenstein fälshlich gesagt hat, sondern inégesamt um 7200 4 erhöhen. (Abg. von Brandenstein: Ich habe mi versprochen !)

Die Sache stellt \sich folgendermaßen. Die gesamten Prüfunz8- gebühren ergeben nah unserem Vorschlage 12000 #4; die Prüfungen kosten aber 18000 4, sodaß selbst die erhöhten Prüfungögebühren noch rit einmal die Kosten der Prüfungen decken. Wir haben aber im Interesse der Ausbildung der Neferendare, und um thnen die spätere kostspielige Ausbildung hier in Berlin, insbesondere durch die Einpauker, zu ersparen, vorgesehen, daß lediglih auf Staatskosten ihre Ausbildung bei den Regierungen {on bewirkt wird; wir haben vor- gesehen, daß ihre Ausbildung geleitet wird dur ältere, in der Ver- waltungs8praxis erfahrene Negierungs8afsessoren oder Regierungsräte dafür finden Sie einen Aufwand von 11 200 4 im Etat vorgesehen und wir haben ferner vorgesehen, daß von den Handelshochs{chulen und den Universitäten geeignete Dozenten herangezogen werden, um die wissenschaftlihe Ausbildung der jungen Referendare zu fördern dafür ist wiederum ein Betrag ypon 28000 A vorgesehen. Fns- gesamt sind also im Etat für 1907 für die Ausbildung der NReferendare, für ihre Vorbereitung zum Examen 57000 Ausgaben vorgesehen, und dem steht eine Einnahme von 12 000 4 gegenüber. Also ich glaube, kein Mensch kann behaupten, daß hier aus kletnlihen fiskalishen Rülksihten die Prüfungsgebühren erhöht worden seten.

Nun hat Herr von Brandenstein noch ein viel \chwereres BesckÜtz aufgefahren yn® sogar von einem Eingriff in das Besteuerungéreht des Landtags gesprochen. Er hat dabei nah meiner Auffassung den Artikel der Verfassung unrichtig interpretiert. Artikel 100 der Ver« fassung sagt:

Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nüt, soweit fie

in den Staatshaushaltsetat aufgenommen oder durch besondere

Gefetze angeordnet sind, erhoben werden. Nun hat die Staatsregierung stets den Grundsaß vertreten, daß Steuern und Abgaben nach der Praxis wie na der Theorie etwas von den Gebühren vollkommen Verschiedenes sind. Steuern und Ab- gaben ‘find n2ch der ganzen wissenschaftlihen Theorie ein Entgelt, den jeder zur Dcckung der allgemeinen Staatsausgaben zu leisten hat, während die Gebühr den Entgelt darstellt für eine spezielle Leistung des Staates, und nur um eine Gebühr handelt es sich hier, um eine Gebühr für die Vorbereitung zum Examen, für die Zu- lassung zum Examen, niht aber um eine Steuer und Abgabe. Fn demselben Sinne hat, wenn es Herrn von Branenstein interessiert, sich auch das Reichsgeriht in ciner Entscheidung von 1895 aus- gesprochen. (Hört, hört!)

Nun, meine Herren, aber vor allem, ganz dabingestellt, ob es cine Steuer oder Abgabe ift, so ist selbst die Erbebunz dieser Steuer oder Abgabe zulässig, wenn sie in den Staatthausbaltsetat aufgenommen ist, und Sie finden die Position im Staatshauthaltsetat Es ist also s{lechterdings nit erfi{tlih, inwiefern es uns an cini

Rechtebasis für die Erbebung dieser Prüfungsachäbren *fchlen foltte.

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