1907 / 62 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Qualität Außerd "E 1907 Durhshnitts-| Tw am Markttet

gering

mittel gut Verkaufte

März Marktort

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

niedrigster

Tag K

höchster

niedrigster | höchster | niedrigster | höMster h A M S4 A

Doppelzentner

am Marktt ir ch nag Spalte D) übershläg 1 eve Schäßung vet zentner oppelzentnex A L (Preis unbekannt)

Verkaufs3- wert

19,00 15,59 17,10 18,10 17,80 18,50

18,67

Saarlouis

Landéhut .

Augsburg

Kaufbeuren .

Bopfingen

Ma Neubrandenburg . O S 2 S Do L S

A U A E E O0

Noch: Hafer. 19,06 20,00 18,28 18,82 18 00 18,20 18,66 19,30 18,09 18,60

E 19,25 16,50 17,00 19,56

19,00 16,67 17,60 18,10 17,80 18,50

19,06 17,20 17,80 18,66 18,00

16,50 19,56

20,00 95 19,89 123 19.00 316 19,30 40 18,60 111

19,25 s 17,40 1300

18,67

20,44 67

20,44 19,60 20,40 323

N

1852 2211 5 685

739 2 006

22040 1312 6 280

19,49 18,01 17,99 18,70 » 3, 4 18,07 0, «

16,95 0! ga 2600

19,70 : Ï 19,44 2. 3, 400

Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert #W volle Mark abgerundet mitgeteilt. Der Dur(hschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

Ein liegender Strih (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis niht vorgekommen

ist, ein Punkt (.) in den legten ses Spalten, daß entsprehender Bericht fehlt.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde- rungen und Verseßungen. Berlin, 7. März. Müllen-, hoff, Hauptm. im 2. Bad. Gren. Regt. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, beurlaubt zur Dienstleistung bei des Prinzen Heinrih von Preußen Königlicher Hoheit, mit dem 20. März 1907 zum militärishen Be- gleiter des Prinzen Waldemar von Preußen Königlihe Hoheit er- nannt; derselbe trägt in diesem Dienstverhältnis die Uniform des I. Seebats. Gr. v. Pfeil u. Klein-Ellguth, Oberlt. im Regt. der Gardes du Corps, zur Vertretung des beurlaubten Zweiten persön- lihen Adjutanten Seiner Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen kommandiert.

Königlich Baterische Armee.

München, 5. März. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine KönigliGße Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben Sich Allerhöch\ bewogen gefunden, nach- aae Personalveränderungen Allergnädigst zu verfügen: a. bei den

ffizieren und Fähnrichen: im aktiven Heere: am 22. v. M. den Oberstlt. Mayer, bisher Art. Offizier vom Plaß in Ulm, zum Kommandeur des 2. Fußart. Regts. zu ernennen; am 4. d. M. mit der geseßlichen Pension zur Disp. zu stellen: den Gen. Major Krieg, Kommandanten der Festung Ingolstadt, in Genehmigung seines Abschieds- esuhs, den Oberstlt. Dengler beim Stabe des 2. Inf. Negts.

ronprinz und den Major Klob, Bats. Kommandeur im 10. Înf. Negt. Prinz Ludwig, leßtere beide mit der Erlaubnis zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den bestimmungsmäßigen Abzeichen; den Abschied mit der geseßlihen Pension zu bewilligen: dem Obersten Bernhuber, Kommandeur des 16. Inf. Negts. Großherzog Fer- dinand von Toskana, mit der Erlaubnis zum Forttragen der bis- herigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeshriebenen Ab- zeichen; zu ernennen: zum Kommandeur des Landw. Bezirks Kaisers- lautern den Major z. D. Littig, bisher Bezirksoffizier bei diesem Bezirkskommando, zum Bezirksoffizier beim Bezirks kommando Kaiserslautern den Hauptm. Krieger, Komp. Chef im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterrei, unter Stellung zur Disp. mit der geseßlichen Pension, zum Komp. Chef im 2. Fußart. Negt. den Oberlt. Spillecke dieses Regts. unter Beförderung zum Hauptm. ohne Patent; zu verseßen: den Zeughaupim. Sitterer von der Pulverfabrik zum Art. Depot Würzburg, die Zeuglts. Keller vom Art. Depot Germersheim S zu jenem in Augsburg und Zapp vom Art. Depot Landau zu jenem in Germersheim unter Kommandierung zum Kaiserlißen Art. Depot Straßburg ; zu kfommandieren: den Oberlt. Scheiblein des 3. Chev. Negts. Herzog Karl Theodor als Insp. Offizier zur Kriegs\{hule; zu beförs- dern: zum Zeughauptmann bei der Pulverfabrik den Zeugoberlt. Sccherrer des Art. Depots Augsburg, zum Oberlt. den Lt. Hübner, Bats. Adjutanten im 2. Fußart. Regt., zum Zeugoberlt. beim Art. Depot Landau den Zeuglt. Halder des Art. Deyots Germersheim unter Enthebung vom Kommandozum Kaiserlichen Art. Depot Straßburg, zum Zeuglt. beim Art. Depot Germersheim, den Zeugfeldw. Neu - rohr dieses Art. Depots, zu Fähnrichen die Faßnenjunker, Unteroffiziere

chinnerer des 11. Inf. Reats. von der Tann, Seither des 3. Feldart. Negts. Prinz Leopold, Johannes Müller des 1/1, Inf. Regis: On; Frhrn. v. Guttenberg des 2. Feldart.- Regts Horn, “Hermann Scchmid des 8. Inf. Regts. Großherzog Friedrih von Baden, Ru dolf Müller des 7. Feldart. Negts. Prinz- Regent Luitpold, Frhrn. v. Freyberg-Schütz zu Holzhausen des 1. Ulan. Regts. Kaiser Wilhelm 11, König von Preußen, Ioseph Schmidt des 2. Inf. Regts. Kronprinz, Auffhamme r des 20. Inf.- Regts., Walde des Eisenbahnbats., Len i ch des 6. Chev. Negts. Prinz Albreht von Preußen, Böhm, Helferich des 1. Inf. Regts. König, Wild des 16. Inf. Regts. Großherzog Ferdinand von Toskana, Ritter u. Edler v. Dall’Armi des 1. Jägerbats., Feldkirhner des 11. Inf. Regts. von der Tann, Schüler des 2. Sweren Reiter- regts. Erzherzog Franz Ferdinand von ODesterreih-Este, Abt des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bayern, Schweinle des 17. Inf. Regts. Orff, Kühn, Grau des 23, Inf. Regts., v. Pigenot des 11. Inf. Regts. von der Tann, Haus des 2. Schweren Reiterregts. Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreih-Este; wiederanzu- tellen: mit dem Ausscheiden aus der Kaiserlichen Schußtruppe p Südrwoestafrila den Hauptm. Clemm im 4. #Feldart.

egt. König und den Oberlt. Schweiger im 1. Iägerbat. ; b. im Sanitätékorp8s: im aktiven Heere: am 4. d. M. den Abschied zu bewilligen: dem Gen. Oberarzt Dr. Lang, Regts. Arzt im 20. Inf. Negt., mit der geseulien Penfion und dem Gen. Oberarzt z. D, Dr. Baumbach, diensttuender Sanitätsoffizier beim Bezirks- kfommando Ludwigshafen, unter Fortgewährung der Pension, beiden mit der Erlaubnis zum Fortt:agen der Uniform mit den für Ver- abschiedete vorgeschriebenen Abzeichen ; zu ernennen : ¡um dienfttuenden Sanitätsoffizier beim Bezirkäkommando Ludwigshafen den Obersiabs- arzt Dr. Kaiser, Regts. Arzt im 1. Schweren Reiterregt. Prinz Karl von Bayern, unter Stellung zur Disp. mit der geseßlichen

Pension. Neichsmilitärgericht.

Berlin, 7. März. v. Werlbhof, Königl. \äch{f. Oberst à la suite der Sächs. Armee, mit dem 31. März 1907 von der Stellung als militärisches Mitglied des Reichsmilitärgerichts enthoben. Frhr. b. Seckendorff-Gudent, Königl. äs. Obersilt., aggreg. dem 1. (Letb-) Gren. Regt. Nr. 1093, vom 1. April 1907 ab zum mili- tärishen Mitgliede des Reichsmilitärgerihts ernannt.

Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 29. Sißung vom 8. März 1907, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Das Haus seßt Ne Jae Beratung des Staatshaus- ttiselars für das Rechnungsjahr 1907 im Etat der jenbahnverwaltung fort und verhandelt zunächst über die Reform desg Personen- und Gepäctarifs.

Nach der am 1. Mai einzuführenden Reform sollen die Preise der einfachen Fahrkarten für 1 Personenkilometer

bei Personenzügen betragen: in der I. Klasse 7 Z, in der IT. Klasse 45 S, in der TI. Klasse 3 3, in der [V. Klasse 2 H. Die bisherige Rükfahrtkarte fällt fort.

Die Schnellzugszuschläge sollen betragen: bei Fahrten bis zu 75 km 0,50 a in der I. und Il. Klasse, 0,25 M in der ITT. Klasse, bis 150 km 1 Æ in der I. und Il. Klasse, 0,50 6 in der IIT. Klasse, über 150 km 2 4 in der L. und II. Klasse, 1 A6 in der II[. Klasse.

Der Gepäcktarif soll unter Fortfall des bisherigen

Freigepäcks nah 15 Entfernungszonen, anfangend mit der „Nahzone“ von 1—25 km und der 1. Zone mit 26—50 km, dann in den übrigen 13 Zonen steigend um je 50 km bis 500 km und von da an steigend um je 100 km bis zur leßten Zone über 800 km, und nah dem Gewicht, anfangend mit 1—25 kg und steigend um je 25 kg bis 200 kg, abgestuft werden und anfangen mit 0/20 f in der Nahzone für 1 bis 25 kg und steigen bis zu 40 in der Zone über 800 km für 176—200 kg. Das 200 kg übersteigende Gewicht soll doppelt berechnet werden. …_ Nach der Vereinbarung dieses Gepätarifs mit den übrigen deutschen Staaten is naträglih eine weitere Ver- einbarung getroffen, der zufolge der Tarif für die bisherige Freigepäcksgrenze bis 25 kg ermäßigt worden ist und, nah 3 N abgestuft, betragen soll: bis zu 50 km 0,20 l, bis 300 km 0,50 M und darüber hinaus 1 #4, und nach der ferner eine Zwischenstufe für das Gewicht von 26—35 kg eingeshoben werden soll.

_ Von den Abgg. Aronsohn (frs. Volksp.) und Genossen wird beantragt:

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, 1) bei der in Aus- ficht genommenen Personentarifreform auf eine Verbilligung des gesamten Neiseverkehrs bedaht zu sein, außerdem 2) darauf hinzuwirken, daß die im Reih eingeführte Fahrkarten- steuer wieder aufgehoben wird.“

Die Abgg. Bachmann (nl.) und Genossen beantragen:

„die Königlihe Staatsregierung zu ersuchen, mit RNRüdltsiht auf

die Verteuerung des Personenverkehrs dur die Einführung der

Neichsfahrkartensteuer und die dadur hervorgerufene Verschiebung

in der Benugzung der einzelnen Wagenklassen auf einen angemessenen

Ausgleich durch Ermäßigung der EisenbahnÞpersonentarife Bedacht zu nehmen.“

Nach dem Abg. Schmedding (Zentr.), über dessen Aus- führungen bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, erhält das Wort

Abg. von Bockelberg (konf.): Wenn in dem Bericht des Ministers die Personentarifreform als ein Fortschritt be- zeichnet ist, so - möhte ih sie doch eher als einen Rüd- schritt bezeiGnen. Denn es is nicht zu leugnen, daß da- mit eine erheblihe Belaslung und Unbequemlilhkeit für den Reisenden verbundcn ist. Jh gebe aber zu, daß mantherlci Bedenken, die in der Budgetkommission den Vorshlägen des Ministers gegen- über geäußert worden, dur die konziliante Art und Weise, wie er auf diese Bedenken eingegangen ift, zerstreut worden find. Es wäre wünschens8- wert, wenn wir diefes freundliche Gesicht der obersten Verwaltungsstelle avch in den übrigen Abstufungen der Behörden sehen könnten. Bielfach stößt man weiter unten auf {rofe Ablehnung. Eine höchst ungünstige Wirkung tritt ein irfolge des Zusammenfallens der Personentarifreform mit der Einführung der Neichsfahrkartensteuer. Diese hat mit Necht eine große Beunruhigung im Publikum hervorgerufen. Es ift eine erschreckende Abwanderung von den höheren in die niederen Klassen eingetreten. Wenn das schon vom Oktober bis zum Dezember der Fall gewesen ist, so wird die Weiterentwickung wobl noch einen weiteren erheblihen Ausfall an Einnahmen zeigen. Vielleiht empfiehlt es sch, sobald die Ein- nabmen aus dieser Steuer sih einigermaßen übersehen lassen, dem Neiche ein Pausquantum zur Verfügung zu stellen. Es würde dann die Uabequemlihkeit der Erhebung fortfallen und eine Ab- wanderung nach unten nicht in dem Maße eintreten wie jeßt. Zur Erleichterung der Abfertiaung soll nach der Erklärung des Ministers in der Kommission die Lösung einer Doppel- karte für Hin- und Rükfahrt mögiih sein. Is p nit ret, wie ich mir die Doppelkarte vorstellen soll. Jhre eltungsdauer soll nur 2 Tage scin. Mindesters müßte aber die Geltungsdauer für die Nülkfahrt etwas verlängert werden. Für die Unmögli(hkeit, odne Fahrkarte Reisegepäck aufzugeben, hat der Minister den dur(- {lagenden Grund angegeben, daß dann Eilgüter befördert werden würden, weil die Cilgutsäße teurer sind als der Gepädckiarif. Aber es sollte in dieser Richtung vielleicht eine andere Verwaltungs- mafßregel gefunden weden, denn es müßte mindestens bei Unterbrehung der Reise und Fortseßung am anderen Tage das Gepäck {on am ersten Tage weiter befördert werden können. Um die doppelte Fahrkartensteuer zu vermeiden, hat der Minifter in der Kommission auf die Lösung von Fahrscheinheften hingewiesen; von welher Enlfernung ab sollen diese aber ausgegeben werden? Dur die Schnellzugszuschläge entsteht bei einer Fahrt ohne Gepäck von Côln nah Düsseldorf in der I. Klasse eine Verteuerung um 37 9/9, in der 11. Klasse um 27 9/0, in der ITI. Klase um 21 9%, von Cöln na Berlin i# der I. Klassc um 24 °/9, in der 11. Klafse um 10 9%, in der III. Klasse um 80/0. Dazu kommt, daß der Kilometerpreis für die I. Klasse von 6 auf 7 S erhöht wird, und dazu kommt ferner die Fahrfkartensteuer. Jch bedaure, daß die Zusage des Ministers von Budde, daß eine Erhöbung der bisherigen Einheits\äße nicht ein- reten solle, für die I. Klasse nit erfüllt ist. Die große Beunruhi- gung über den Gepädtarif ist allerdings durch das neue Entgegen- fommen des Ministers wesentlich ceschwunten. Die Reform im ganzen ift ein großes Werk ; aber das Publikum wird ih erst an die neuen Normen gewöhnen müssen.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Bei der Neform ift auf die Ein- führung der Fahrfartensteuer nicht genügend RNüdsiht ge- nommen. Manche Bederken sind allerdings in der Kommission zerstreut worden, namentlich nach der Richtung, daß für weite Gntfernurgen zur Vermeidung einer doppelten Fahrkarten- steuer Fahrscheinhefte benußt werden können. Zweifellos ift aber im ganzen eine wesentlihe Verteuerung des Reiseveckehrs einge-

treten, und der Druck der Verteuerung ift sehr ungleih verteilt. Die

„Frankfurter Zeitung* hat berechnet, daß in ganz Deutschland dur Uebergang in niedrigere Klassen ein Ausfall von 20 Millionen N wird, während das Reich aus der Fahrkartensteuer nur 10} Millionen zieht. Der Minister konnte uns leider nicht berechnen, wie groß der Ausfall für den preußishen Fitkus sein wird. Unser Antrag wüns den Ausfall auszugleihen. Durch die jeßige Reform ist die finanziele Grundlage der Fahrkartensteuer sehr wesentlich ershüttert worden, die Fahrkartensteuer verliert dadurch den steuertechnischen Vorteil der Anpassung an die Leistungsfähigkeit, Diese Gesihtepunkte find nicht genügend berüdsihtigt worden. Der Minister führte für die Reform die nationale Notwendigkeit ins Feld, und ich will ihn deshalb auch mildernde Umstände bewilligen. Do müssen wir die Interessen des preußishen Staats berücksichtigen. Unser Antrag unterscheidet sich von dem Antrag Aronfohn dadur, daß er nit die Grundsäße berührt, sondern nur den Verschiebungen Rechnung tragen will, die si aus der neuen Vereinbarung ergeben. Wir toollen den Tarif so ausgestalten, daß die I. und die I. Klasse nicht so be- deutend mehr zahlen müssen als jeßt. Der Antrag Aronjohn will eine generelle Ermäßigung der Tarife, und die Antragsteller versprechen sid fogar finanziellen Nußen für den Staat davon. Demgegenüber hat {on Me S{medding manche Bedenken geäußert, und ih glaube, daß Herr chmedding unserem Antrag \ympathiser gegenübersteht: Die Ab- shaffung der Reichsfahrkartensteuer, die der Antrag Aronsohn verlangt wird ohne einen gleichzeitigen Ausgleich nicht möglih sein. Ih glaube aber, daß der Minister ich doch den berechtigten Wünschen, die unser Antrag zum Ausdruck bringt, niht wird ver- {ließen können. Bedenklih ersheint uns der Vorschlag des Abg. von Bockelberg, dem Reih ein Pauschquantum zur Verfügung zu stellen. Wenn wir einmal damit anfangen, daß das Deutsche Reich unfere Staatseisenbahnen in dieser Weise in Anspruch nimmt, dann ift überhaupt kein Ende abiusehen. Erfreulih ift es, daß der Minister die Plaßkarte abshafffen will. Die Erhebung der Zuschläge könnte vielleicht dur eine bequemere Abfertigung erleichtert werden. Erwünscht wäre es au, daß man das Reisegepäck ohne Fahrkarte abgäbe. Jh sehe nicht ein, warum das niht auch bet uns

mögli sein sollte. - Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Wir haben im letzten auf Reform der Personentarife

Jahrzehnt wiederholt Anträge in diesem Hause vertreten. Der Stein ist auch ins Nollen E: die Mehrheit des Hauses wollte freilich mehr eine ereinfahung als eine Beseitigung der heute bestehenden Tarife, Wir wünschen etne Förderung des Verkehrs durch Ermäßigung der Tarife. Die Reform, die demnähst in Kraft treten soll, entspridt weder den Erwartungen des Hauses noch denen weiterer Volkekreise. Statt einer Vereinfahung kommt vielfa eine größere Komplizterung, statt einer Ermäßigung kommt zum Teil eine Pecderceitria: Die Er- böbung des R bon 6 auf 7 in der I. Klasse ist finanziell bedenklick, weil die erste Klasse jeßt {on {chwach besetzt ist. Die Schnellzugs- ¡ushläge halten wir für einen entshiedenen Rüdckschritt. Früher hieß es, nur ein Teil der Züge solle diese Zuschläge erhalten; jeßt aber erfahren wir, oui niht weniger als zwei Drittel aller Züge diesen Zuschlag zahlen sollen. Die Verwaltung rechnet aus diesen Zuschlägen 4 Millionen heraus; ich glaube aber, es werden neun Millionen herauskommen. Auch die Aufhebung des Freigepäcks ist für uns Preußen entschieden ein Rüdckschritt. Die Mitnahme des Handgepäcks wird offenbar eine Quelle großen Verdrusses werden. Man befürhtet von der Reform einen Einnahme- ausfall; aber der Minister hat ja selbs gesagt, daß die dafür berehneten 6} Millionen nur rechnungsmäßig anzusehen sind. Die Enttäusung über die Wirkung der Fahbrkartensteuer wird ja jeßt auh von den Seiten zugegeben, die seinerzeit dafür stimmten. Es ist die selbe Erscheinung wie bei der Post infolge der Erhöhung des Ortstarifs. Die Benutzung der I, II. und 111. Klasse ist nahweisbar zurückgegangen, nur die Inanspruchnahme der I1V. Klafse hat si unyerhältnismäßtg ge- steigert. Die Fahrkartensteuer bedeutet eine empfindliche Belastung des Publikums, und der Unwille gegen diese_hat sih durchaus nicht gelegt. Die Wirkungen der Fahrkartensteuer sind in Verbindung mit der Tarifreform sehr ungleih. Die Fahrkartensteuer steht in \{chroffem Widerspru mit dem Wort, daß wir im Zeichen des Verkehrs stehen; sie ist ein steuerpolitisches Monstrum und fteht im Widerspru mit der Reichsverfassung, die Gleichheit der Tarife verlangt. Jch denke, wir machen kurzen Prozeß und werfen das Scheusal in die Wolfs\{hlucht. Abg. Vorster (freikons.): Bei der Finanzreform im Reiche mußten eben neue Auswege für die Finanzen gesucht werden, fo {chlecht siz? au sein mohten. Das war die Genesis der Fahrkartensteuer. Die Handlungsreifenden werden nah dem neuen Tarif billiger fahren, sie haben den Vorteil des halben Retourbilletts. Den Schaden haben die in den Schnellzügen auf weite Entfernungen Reisenden. Bei den Verhandlungen vor zwei Jahren erhob fd hier kein wesent- licher Widerstand Hegey die geplante Reform ; allerdings stand da- mals der Gepäcktarif noch nit in Frage. Der jetzige Minister bat bei seinem Amtsantritt bereits die fertige Sache vorgefunden. Meine Freunde wollen abwarten, wte sich die Sache en!\wickeln wird; sie is doch im ganzen ein Versuh. Bei dem Gepäktarif mußte auf die füddeutshen Staaten Nüdsiht genommen werden. Die Be- s{ränkung der Schnellzugszushläge auf einen Teil der Schnellzüge wird einen Ausfall für die Staatskasse ergeben. Die Praxis muß erst zeigen, ob wirklich eine Vereinfahung bei der Lösung der ver- {iedenen Fahrkarten und bei der Abfertigung eintritt. Die Lösung zweier Karten ftatt einer “Rüdckfahrkarte verursacht jedenfalls eine große Mehrarbeit. Nah allen Erfahrungen reist man jedo nirgends fo billig und so bequem wie in Deutschland. Meine Freunde werden den Anträgen Bachmann und Aronsohn nicht folgen können; wir warten ab, wie sih die Reform bewähren wird. Solche Dinge wie die Wirkung der Fahrkartensteuer lassen sich niht in wenigen Monaten entscheiden.

Minister der öffentlihen Arbeiten Breitenbach:

Meine Herren! Der Herr Abg. Wiemer schloß mit einem drastishen Ausdruck, indem er eine vernihtende Kritik gegenüber der Fahrkartensteuer ausübte. Jm Laufe seiner Ausführungen machte er geltend, daß auch die Regierungsvertreter in dem Neformtarif, den er vorher fritisiert hatte, kein Ideal erblicken. Meine Herren, leßterem kann ih beipflihten; denn etwas JIdeales haben wir - als praktische Verkehrsmänner auch gur nicht erreihen wollen. Wir haben uns aber im wesentlihen auf den Grundlinien bewegt, die das hohe Haus uns durch eine Resolution im Frühjahr 1905 vorgezeihnet hatte, und

, :

wenn der Abg. Dr. Friedberg mir bezüglih des Reformtarifs mildernde Umstände bewilligen will, so, glaube ih, foll er au nur das hohe Haus mit einbeziehen. (Sehr richtig!)

Meine Herren, das Haus hatte beschlofsen: es möge eine Reform der Personentarife durhgeführt werden, und zwar ohne nennenswerte Einnahmeausfälle. Diese Direktive haben wir zu befolgen gesucht, aber wir haben fie nicht vollauf ausführen können; denn ih habe JFhnen in meiner ersten Rede beim Eisenbahnetat mitteilen können, daß die Reform mit einem rechnungêmäßigen Ausfall von praeter- propter Millionen Mark abschließen werde. Ich müßte also das Placet von Ihnen haben, daß Sie der Abweichung zustimmen.

Was war gewollt, meine Herren, und was haben Sie selber als gangbar bezeihnet ? Die Beseitigung der Nükfahrkarten und Schaffung eines Aus8gleihs für die hierdurch entstehenden Ausfälle dur be- stimmte Tarifmaßnahmen, Erhöhung der ersten Klasse, Einführung ciner erhöhten Gepädfraht, namentlich Aufhebung der gepäckfreien Stufe, und Schnellzugszushläge. Die Rechnung balanzierte nicht, und zwar um ungefähr eine Million zu ungunsten des Fiskus.

Die Fahrkartensteuer hat, wie ih ohne weiteres anerkenne, zu einer recht ungünstigen Beurteilung des Reformwerks geführt. Aber, meine Herren, das möchte ich doch wiederholt betonen die Fahrkartensteuer in ihrer heutigen Form is auch nicht zur Freude des Verkehrsministers eingeführt worden. (Hört! Hört!) Jh glaube, das aussprechen zu können; denn einer Belastung des Berkehrs wird ein Verkehrsminister, der doch nur das allgemeine Beste und die Förderung des Verkehrs anstrebt, niemals freundlih gegen- überstehen. Wie aber die Fahrkartensteuer enistanden ist, das wissen Sie: der Not gehorhend, nicht dem eigenen Triebe. Der Vor- {lag der Regierung war ja zunächst ein sehr mäßiger; der Fixstempel wäre von keinem empfunden worden. Der kilometrishe Zuschlag war viel lästiger als die jeßt beschlossene Fahrkartensteuer (sehr richtig !), die Regierung mußte ihn au grundsäßlich ablehnen; und fo ift denn die Fahrkartensteuer geworden wie sie ist. Freilich das möchte ih betonen fie ist in Voraussicht des kommenden NReformtarifs ent- standen; man hat sie angepaßt den neuen Sätzen des Reformtarifs. Trotzdem zeigt sie gewisse Inkongruenzen; das ergibt sih aus den zonentarifs artigen Aufbau der Fahrkartensteuer. Diese Jnkongruenzen sind gar niht zu vermeiden.

Meine Herren, ih habe beides vorgefunden, wie der Herr Abg. Vorster bereits betont hat, und wurde vor die Frage gestellt: soll ich das große Reformwerk, das jahrelanger Arbeit bedurfte, um zu einem Abschluß gebracht zu werden, gefährden, oder soll ich es durchführen troß der Fahrkartensteuer? Meine Erwägung {loß dahin, daß ih mir sagte, es wäre in keiner Weise zu rechtfertigen, wenn ich das Reformwerk beanstandete. Das wäre nur denkbar gewesen, wenn die Fahrkartensteuer unter dem neuen System ungünstiger wirkte als unter dem altea; und daß diese Auffassung wenigstens im großen ganzen nicht zutrifft, ist ja heute hier im hohen Hause {hon anerkannt worden, Dort, wo die Belastung eine empfindlißere wird, wird es möglich sein, ihr au38zuweihen, indem man Fahrscheinhefte löft.

Ich meine, meine Herren, wir sollten uns alle auf den Boden der Tatsachen stellen und in Anerkennung dessen, was zum Nuten des Verkehrs erreicht ift, auch diejenigen Nachteile hinzunehmen suchen, die dieser Neform anhaften, weil sie eben ein wertvoller Kompromiß zwischen dem Norden und dem Süden ist. Die Vorieile find ja ganz erkennbar. Die Beseitigung der Rülkfahrkarte bedeutet für die 70 9/6 der Reisenden, die sihch bisher der Rückfahrkarte bedienten, die Be- freiung von einer Fessel. Die Neform bedeutet für die, die sich der Rückfahrkarten niht bedienen konnten das find etwa 30 9% der Reisenden eine fehr wesentliße Ermäßigung, die sch auf rund 209% beziffert. Ferner bringt der Gepädtarif in seiner jeßigen Gestalt in vielen Fällen sehr erhebliße Ermäßigungen, die besonders für größere Entfernungen und größere Gewichte von Bedeutung sind Der neue Tarif gewährt damit gerade dem Gesäftsreisenden einen Vorteil, weil er niht mehr auf die Nückfahrkarte angewiesen ist, die er ja am allerwenigsten von allen Beteiligten gebrauchen konnte; außerdem bringt thm die Reform die Verbilligung im Gepäcktarif.

Ich meine, es würde auferordentlich günstig auß nah außen bin wirken, wenn es möglih wäre, daß dieses hohe Haus dem Reformwerk ein freundliches Gesicht zeigte.

Es sind nun noch eine Reihe von Wünschea und Anfragen laut geworden, die ich gern beantworte. Es ift darauf hingewiesen, daß nah dem geplanten Tarife es nicht mögli fein wird, Gepäck ohne Fahrkarte abzufertigen. Meine Herren, das ist im wesentlichen der heutige Zustand. Auch später kann Reisegepäck als Exprefigut auf- gegeben werden zu den jeßt für Gepäcke bestehenden Säßen. Der Gepäcktarif mit seinem neuen sehr ermäßigten Tarife entwertet den Eilguttarif. Wir würden also, wenn wir die Abfertigung des Ge- päds ohne Fahrkarte zuließen, einen großen Teil der Güter, die heute eilgutmäßig befördert werden, in die Packwagen bekommen, und das würde zu einer Belastung der Packwagen und zu einer \chweren Be- einträhtigung des Personenverkehrs führen. In der Schweiz kann dieser Zustand nicht eintreten, weil eben die Gepädck tarife so hoh find, daß die Eilguttarife nit unterboten werden können.

Dann is gewünscht worden, daß die Gültigkeit der Doppelkarten berlängert werden möge. Auch dieser Wunsh wird si kaum erfüllen lassen. Wir würden damit wieder etwas Aehn)iches schaffen, was wir eben mit der Rückfahrkarte beseitigen wollen. Ich glaube, man

maht sich wohl nicht die rihtige Vorstellung, wie die Doppelkarte benußt werden wird. Sie wird ganz überwiegend im Nah- und Vororts berkehr benußt werden ganz überwiegend; sle wird von denen in Anspruch genommen, die an demselben Tage zurücreisen wollen. Es liegt also gar kein Anlaß vor, die Karten, die eine zweitägige Gültig- keitsdauer haben, mit einer längeren Gültigkeitédauer zu versehen. Reisende, die länger von ihrem Heimatsorte fernbleiben wollen, werden die Freiheit sehr angenehm empfinden, nit genötigt zu sein, bon Ankbeginn an fich mit Doppelkarten versehen zu müssen. Es gibt

sehr viele Neisende, die auf der Hinfahrt in einer niedrigeren, auf der |

Rückffahrt in einer höher Klasse zu fahren wünschen oder Umgekehrt. Diese Annehmlichkeit wird niemand entbehren wollen. Was die Möglichkeit betrifft, der Belastung dur die Fahr- kartensteuer in den höheren Stufen zu entgehen, namentli der sehr wesentlichen Verteuerung bei den Fahrpreisen über 50 46, so wird das ja durch die Lösung von Vereinsfahrscheinheften erreiht. Diese Vereinsfahrscheinhefte haben Gültigkeit von 600 km ab; sie ent- Îprechen also voll dem Bedürfnisse. Dann ist die Frage an mich gerihtet worden, oh doppelte Ynellzugzuschläge gezahlt werden müssen beim Uebergang von einem

| zur ausschlaggebenden j weiteres einen Artrag auf Aufhebung der Fahtrkartensteuer dort zur

Schnellzug auf den andern. Doppelte Schnellzugzushläge werden niemals gezahlt werden, wenn der Reisende mit einer direkten Fahrkarte von seinem Abgangsorte bis zu seinem Bestimmungsorte versehen ist.

Herr Abg. Vorster hat dann auf die Verteuerung im Nahverkehr hingewiesen. Eine gewisse Verteuerung wird bei der Benutzung von Schnellzügen im Nahverkehr allerdings eintreten. Ich glaube aber, sie kann vermieden werden dur@ Benußung von Vorortzügen und von s{hnellfahrenden Personenzügen, die nicht auf allen Zwischen- stationen halten, wie sie ja auch heute {on fahren. Fh glaube, in Aussicht stellen zu können, daß wir gerade diesem Verkehr unsere besondere Fürsorge zuwenden werden. Es liegt in der Tat ein betrieblihes Interesse vor, die großen durhgehenden Züge vom lokalen Verkehr frei zu machen. Das erreiht man nur dann mit Erfolg, wenn entsprechende Züge für den lokalen Verkehr ein- gelegt werden.

Was nun die ganz grundsäßlihe Frage betrifft, meine Herren, ob die Regierung in der Lage sein wird, dem Wunsche, der in den Anträgen Friedberg und Aronsohn verkörpert ift, Rechnung zu tragen also die Belastung, die dem Publikum dur die Reihsfahrkartensteuer erwächst, dadur aus8zugleihen, daß sie ihren Tarif heruntersetßt, so habe ih mih dazu {on in der Budgetkommission äußern müssen. Ih kann hier nur bestätigen, daß dem Wunsche auf diesem Wege nicht entsproGen werden kann.

Die Neichsfahrkartensteuer ist eine Reichssteuer und soll von allen denen getragen werden, die es angeht, d. h. von den Reisenden. Es sc{eint mir doch cin sehr unbilliges Verlangen zu sein,- wenn die Eisenbahnverwaltung, die bereits durch die Nah- wirkungen der} Reichsfahrkartensteuer, durch die Abwanderung von der höheren in die niederen Klassen ges{hädigt wird, troß dieser Verluste noch zu einer Ermäßigung der Fahrpreise und Gepädtarife gezwungen werden soll. Jch glaube daher nit, daß dieser Wunsch Aussiht auf Erfüllung hat.

Was die Wün|he auf Beseitigung oder auf Abmilderung der Neichsfahrkartensteuer betrifft ja, meine Herren, die sind nicht an meine Adresse zu richten.

Die Abfertigung des Verkehrs an Fahrkartenshaltern, Gepäck- shaliern und Gepäckwagen anlangend, so glaube ih ganz bestimmt in Aussicht stellen zu können, daß seitens der beteiligten Verwaltungen, insbesondere der preußishen Staatsbahn, alles getan wird, was getan werden kann, um Hindernisse zu beseitigen. Wir werden da obne jede fiskalishe Rüksiht lediglih den Verkehrsinteressen Rehnung tragen. Ich habe bereits hervorgehoben, daß in Ausfiht genommen ist, den Reisenden, die ihr Gepäck aufgeben wollen, Gelegenheit zu geben bei Aufgabe von Gepäckstücken bis zu 25 kg sogleih die Gepäckfracht im Betrage von 20 H, 50 und 1 M zu zahlen, ohne weite Wege ¿um Schalter machen zu müssen. Dazu liegt natürli ein Bedürfnis nur vor bei größeren und mittleren Stattonen; bei kleineren Stationen ist die Frage ohne Bedeutung.

Der Wunsch des Herrn Abg. Dr. Friedberg, garnicht mehr zwischen Fahrkarten für den Persfonen- und für den Schnellzugs8verkehr zu unterscheiden und dafür besondere Zuschlagskarten für den Schnell- zugsverkehr herauszugeben, steht im Widerspruch mit den Wünschen, die von den verschiedensten Seiten an uns herantreten, daß tunli@st auf allen Stationen das is ja nicht durchführbar —, oder wenigstens auf allen größeren Stationen direkte Schnellzugskarten auf- liegen möchten. Eine Trennung des Personenverkehrs und Schnellzugs- verkehrs an den Schaltern liegt durhaus im Interesse der Reisenden. Wir würden die lebhaftesten Beschwerden bekommen, wenn wir auf größeren und mittleren Stationen das reisende Publikum, das die Schnellzüge benußt, veranlassen oder gar zwingen wollten, an die Schalter heranzutreten, welhe die Fahrkarten für Personenzüge ver- kaufen. Wir haben im Gegenteil dauernd Beshwerden darüber, daß wir in der Trennung noch nicht weit genug gehen. Es liegt durchaus im Interesse des Verkehrs, in dieser Beziehung keine Beschränkung eintreten zu lassen.

Inzwischen ist der Antrag der Abgg. Dr. von Heyde- brand und der Lasa (kons.) und Freiherr von Zedlißg und Neukirch (freikons.) eingegangen :

„die Königliche Staatsregierung zu ersuhen, darauf hbinzu- wirken, daß die im Reiche eingeführte Fahrkartensteuer in eine andere, die Cinnahmen des Personenverkehr minder \{ädigende Form gebracht werde.“

Abg. von Quast (konf.): Wir stehen vor der Tatsache, daß die Fahr- kfartensteuer eingeführt ift, und müssen damit renen. Angenehm ist es ja nit, daß den dur die Steuer erzielten Einnahmen für das Reich in Höhe von 10§ Millionen 15 Millionen Ausfall in Preußen gegenüberstehen. Viele meiner politischen Freunde im Reichstage haben au der Steuer nur widerwillig zugestimmt, weil indirekte Steuern niht zu erlangen waren. Ein halber Pfennig Steuer auf 1 1 Bier mehr, und wir wären über alle diese Fragen hinweggekommen. Der Antrag, den wir mit Freiherrn von Zedliß zusammen eingebracht haben, geht von der Erwägung aus, daß man die Konsequenzen der Fahrkartensteuer s\einerzeit doch nit geahnt hat, weil sich sonst die Interefsentenkreise dagegen gesträubt hätten Daß die Form der Fahrkartensteuer unsere Einnahmen geschädigt hat, ist Tatsache, und wir wollen diese ¿Form zu vermeiden suhen. Die nach- träglih vereinbarte Verbilligung der Beförderung des Gepä j die ersten ‘25 kg nah drei Zonen hat uns die Gepätarif- reform etwas s{chmackhafter gemaht. Die Einstellung von weiteren 340 neuen D-Zugwagen verdient Anerkennung, denn auh in \{nell- fahrende Züge wird heute vielfa noch altes Material eingestellt, în dem das Publikum namentlich bei Steigungen und Kurven sehr“hin und her ges{üttelt wird. Ein Teil meiner politischen Freunde hat Be- denken dagegen, daß die fogenannten Doppelkarten nur zwei Tage Gültigfeit haben sollen. Wird überhaupt bei diesen Doppelkarten eine Ünterbre{ung zulässig fein ? Bezüglich der Gepäbeförderung seße ih den Fall, daß ein Reisender von Stralsund nah Berlin über Steitin fährt, sein Gepäck aber gleich von Stralsund nah Berlin shicken will. Wird das in Zukunft noch möglich sein ? Jch schließe mit der Bitte, daß, wenn der Antrag der Herren von der Linken auf Aufbebung der Cen ier atcht angenommen wird, unser Antrag ur Annahme gelangen möchte. : | Abg. Dr. Bf ein (Zentr.) bemerkt, daß Herr Dr. Wiemer jeßt

Mehrheit im Neichstage gehöre und ohne

Geltung bringen könne; die Freisinnigen hätten ja jeßt sogar für die Ausgaben der Hohkönigsburg gestimmt, die fie früher immer abgelehnt hätten. Wenn der Minister betont habe, daß die Ne- form den Wünschen des Hauses unter der Bedingung entsprochen habe, daß keine Schädigung der Einnahmen stattfinden folle, so müsse doch hervorgehoben werden, daß das Haus auch ebensowenig eine Verteuerung des Verkehrs gewünsht habe, die doch vielfach eingetreten sei. Zu erwägen sei auch das englishe System, das bis zu 150 km überhaupt Freigepäck gewähre und über diese Grenze hinaus die Tarifierung sehr liberal handhabe.

Abg. Dr. Wagner (frkons.): Als ein Ziel der Tarifreform war auch die Vereinfahung des Fahrkartenwesens bezeihnet. Es ift da- durch auch das vorhandene Fahrkartenmaterial um mindestens È ver- mindert worden. Eine weitere Vereinfahung ließe sich vielleiht da- dur erzielen, daß Fahrkarten, die z. B. zwishen Berlin und Köln gelten, auch für Köln—Berlin zulässig sind. Auch nach Analogie der zusammenstellbaren Fahrscheinhefte für weitere Orte ließe si eine Vereinfahung des Materials erreihen. Aufklärung hätte ih gern darüber erhalten, ob durch den Wegfall der Retourkarten im Nah- verkehr die Aufrundung bei Berehnung der Kilometerzahl weiter nach oben erfolgen soll. Es können dadurh für den Nakhverkehr Verteuerungen von 20—50 9% eintreten, was für einen Familten- vater doch niht ohne Belang ist. Ih möchte lebhaft dafür plädieren, daß die Feriensonderzüge beibehalten werden, da man ja auh die Arbeiter- und Wochenkarten nicht fallen lassen will. Für kinderreihe Familien bilden die Sonderzüge fast die einzige Möglichkeit, billig in die Alpen oder von Breslau ins Gebirge zu gelangen; was eine überaus wohltätige Einrichtung ist. Die Eisen- bahnverwaltung macht dabei immer noch ein gutes Geschäft. Dabei möchte ih noch ganz besonders die Bitten unserer Kollegen Strosser und Zieshé bezüglih einer Fahrpreis8ermäßigung zum siebenten All- gemeinen deutschen Sängerfest nah Breslau für diefen Sommer unterstüßen. Es handelt sich um mindestens 50 000 Teilnehmer, und viele, namentlich aus Süddeutschland, werden si freuen, wenn sie irgend eine Vergünstigung genießen. Wenn es nit angängig sein sollte, daß jeder Teilnehmer auf Vorzeigung seiner Mitgliedskarte hin son eine Ermäßigung nach Breslau zum Sängerfest erhält, so wäre es doch au dankenswert, wenn wenigstens von einigen Hauptpunkten nah Breslau Sonderzüge gefahren werden könnten. Es ist das erste Mal, daß dieses Sängerfest in einer Stadt Preußens stattfindet, und wir möchten doch unseren süddeutshen Brüdern gegenüber niht ungünstiger dastehen, als es früher der Fall war. d l j

Abg. Dr. Gers cel (fr. Volksp.): Der Minister hat gemeint, daß die Geschäftsreisenden durch die Tarifreform eine wesentlihe Erleichte- rung und Verbilligung erfahren werden. Er verkennt dabei ganz, daß im Geschäftsreiseverkehr vielfach Nundreisebillette gebraucht werden, die etwa dieselbe Vergünstigung gewähren, wie die jeßige Tarifreform bei einfahen Karten. Jh möchte dazu anregen, daß die jeßigen Mindefsilstrecken für Nundreisekarten von 600 km möglichst herab-

eseßt werden. Für die geplanten Doppelkarten möchte ih vor- aden, daß der Reisende bei Ankunft am Bestimmungsort {ich die Karte abstempeln läßt, sodaß die in Aussiht genommene Dauer von 2 Tagen auf 4 Tage im ganzen erweitert werden kann. Beim Gepätarif sollte man lieber auf Stufen von 10 kg zurüdgehen, weil sih eine viel einfahere Berehnung ergeben würde. Es ist ja nihts mehr an der Reform zu ändern, der Minister wird sich aber doch nit entziehen können, diese Wünsche zu erwägen. Es ist doch wahrlich nicht wünschenswert, wenn die Coupés mit Gepäckstücken über das Maß des für den Kulturmenshen Unenentbehrliwen hbinaus an- gefüllt werden. Wäre es niht möglih, das Gepäck nicht in den durhgehenden Zügen, sondern in den Personenzügen, deren Gepät- wagen meist leer fahren, zu befördern ? Dem Reisenden wird es nicht darauf ankommen, daß fein Gepäck mit demselben Zuge mitgeht, er würde es gern vorher aufgeben. Dazu müßte ein Weg E bari werden, daß man das Gepädck uis ohne Fahrkarte aufgeben kann. Heute muß, während der Familienvater am Fahrkarten- und Gepäckschalter auf Abfertigung warten muß, die ganze Familie herumstehen und warten. Völlig ungerechtfertigt ist es, daß das über 200 kg {were Gepäck doppelt berehnet werden foll. Der Minister begründet dies damit, daß die Gepäckwagen von besonders shweren Stücken befreit werden müßten. Aber es ist doch {on jeßt mögli, aus bestimmten Gründen gewisse Gepästücke zurückzuweisen, und das dürfte auch für die Zukunft genügen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenba ch:

Meine Herren! Was die Wünsche wegen der Gepäckfracht- berechnung bei Gewi@ten über 200 kg betrifft, so kann ich leider nicht in Aussicht stellen, daß wir davon Abstand nehmen werden, diese Gepädckstücke mit der doppelten Fracht zu belegen. Es geschieht dieses benfalls zur Vermeidung der Unterbietung der Eilguttarife. Jh glaube, man wird abwarten können, wie sich die Sache in der Praxis gestaltet, und es wird immerhin möglich sein, einer derartigen An- regung auch später nachzugehen.

Uéber die Frage der Abfertigung des Gepäcks von mehreren zu- sammengehörigen Reisenden habe ich neulich in meiner etnleitenden Rede mir {on mitzuteilen gestattet, daß es gelungen ist, mit den deutschen Eisenbahnverwaltungen ein Abkommen dahin zu treffen, daß eine folche Abfertigung unter Anrehnung der Sätze der ersten Gepäckstufe möglich sein wird. Es erwachsen dem Verkehr daraus nennensweite Vorteile, am stärksten selbst- verständlich im Verkehr mit Süddeutshland. Ich will nur mit- teilen, daß beispielsweise eine Familie, bestehend aus drei Personen, die von Königsberg nah Kufstein mit 75 kg Gepäck hin- und her- rei\t, eine Ersparnis von 22 #4 30 -Z in der 2. Klasse macht. Wenn sie in der 3. Klasse fährt, so würde sie eine Ersparnis von 34 M 60 4 erzielen. Ueberhaupt werden im Verkehr mit Süddeutschland nennenswerte Verbilligungen für die 2. und die 3. Wagenklasse ein- treten.

Was den Wunsch betrifft, bei Lösung von Doppelkarten die Doppelkarte auf der Zielstation am Schalter abstempeln zu lassen und von dem Zeitpunkt der Abstempelung die Gültigkeit zu berechnen, fo würde eine derartige Negelung kaum einen praktishen Zweck er- füllen; denn derjenige, der an den Schalter geht und sih eine Fahr- karte abstempeln 1äßt, kann sich au eine Fahrkarte lösen. Alle Ver- waltungen hatten lebhafte Bedenken, eine Einrihtung zu \chaffen, die sich wieder stark an das anlehnt, was heute bezügliß der Nückfahr- karten gilt.

Dagegen scheint mir eine Anregung des Herrn Abg. Dr. Gerschel erwägenswert, die dahin ging, den Begriff der Nundreisekarte zu er- weitern und nicht zu verlangen, daß eine abgeschlossene Rundreise von dem Reisenden erledigt wird. Es erscheint denkbar, daß man Fahr- karten \chafft, die cine Reihe von Strecken aneinanderretiben. Ob es mögli sein wird, dies als allgemeine Einrihtung durchzuführen, wird geprüft werden. Die Prüfung ist im Gange.

Der Besorgnis, daß im Verkehr von kleinen Städten die Vers- bindung mit den Hauptschnellzugsstrecken dadurch besonders belastet werden könne, daß der Zuschlag zweimal oder mehrfach gezahit werden muß, wird dadurch zu begegnen sein, daß ja überwiegend auf den Strecken, an denen kleine Städte gelegen sind, Personenzüge verkehren, daß also der Anschluß durh einen Personenzug oder durch einen Eilzug vermittelt wird, der nicht zushlagspflihtig ist. Es verkehrt ja auf allen Schnellzugsstrecken ein Drittel der Züge als Eilzüge ohne Zuschlag. i

Ueber die Behandlung des Gepäcks in den Wagenabteilen lassen sich neue Grundsäße nicht aufstellen. (Sehr richtig!) Es wird an demjenigen, was heute gilt, nihts geändert werden. Ver- mieden muß werden, daß eine Ueberlastung durch Handgepäck eintritt, und dadurch eine Unbequemlichkeit für die Mitreisenden berbeigeführt wird. In dem Sinne werden Instruktionen ergehen. Das englische System einzuführen, wie es der Herr Abg. Dr. Dahlem für die Gepäckabfertigung empfahl, is sehr bedenklich. Jn den englischen Bahnen wird das | Gepäck frei befördert das ist rihtig —; aber die Eisendahnen