e. Wi
im Vertrauen auf die Popularität dieser Forderung fih einen Stoß zu geben und in dieser Session die Vorlage wegen des kleinen Be- fähigungsnachweises einzubringen. Auch die Frage wezen der Begebung der öffentlihen Arbeiten an PACRAAMLE könnte bald geregelt werden. Schwieriger ist, die Angelegenheit der Bekämpfung des un- lauteren Wettbewerbs zu regeln. Hoffentlih gelingt dies, wenn nit in dieser, in der nähsten Session. Was den Maximalarbeitstag der Arbeiterinnen betrifft, so stimmen sämtliche Redner mit dem Ver- treter der verbündeten Regierungen darin überein, daß diese Forde- rung von der höchsten ihtigkeit und ihre Erfüllung in der Tat notwendig ist. Natürlih müßten Uebergangsbestimmungen getroffen und eine s{chematishe Regelung vermieden werden. Vielleicht könnte man die Bearbeitung dieser Sache den Berufsgenossen- schaften übertragen. Auf die Frage der Rechtsfägigkeit der Ber :fövereine will ih mich nit einlassen, weil darüber noch kein Gesegentwurf vorliegt. Der Abg. Hue hat sich auch mit dem MNeichsverband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie beschäftigt. Wenn dieser Verband ein Reis-Lügenverband genannt worden ift, so nehmen wir diesen Namen gern an, weil der Verband fich die Aufgabe stellt, die Lügen aufzudecken, die die Sozialdemokratie verbreitet. Nichts kann für uns mehr Propaganda und Reklome machen, wie der Haß und ‘die Beschimpfungen, die von sozialdemokratishen Blättern und der Fraktion gegen den Verband geshleudert werden. (Fortdauernde Unruhe bei den So: ialdemokraten.) Die Gelder für die sozialdemokratishe Agitation werdea den Arbeitern erpreßt. (Großer Lärm bei den Sojzial- demokraten. — Präsident Graf zu Stolberg: Der Redner hat nicht von Sozialdemokraten hier im Hause gesprohen. — Stürmische Unterbrehungen bei den Sozialdemokraten: Er hat es doch ge- tan. — Präsident Graf zu Stolberg: Der Redner hat nur allgemein von der sozialdemokratishen Partei gesprohen! — Zuruf bei den Sozialdemokraten : Fortdaucrnd? große Unrube und Unterbrehungen bei den Sozial- demoftrater. — Präsident Graf zu Stolberg: Hätte der Nedner von Nh ordneten in diesem Hause gesprochen, so würde das unzulässig gewesen fein. — Unterbrehungen bei den Sozialdemokraten, Rufe: Zur Drdnung!) Fch abe gesagt, die Sozialdemokraten lassen es fich angelegen sein, die Gelder für die Wahblagitation von den Arbeitern zum Teil zu er- pressen. (Stürmische Unterbrehung bei den Sozialdemokraten. Zuruf des hg. Kaden: Ec hat gelogen!— Präsident Graf zu Stolberg: Herr Abgeordneter, ih rufe Sie wegen dieser Aeußerung zur Ord- nun. — Andauernder Lärm, in dem die näßhsten Ausführungen des Net ners untergehen.) Eiäe große Anzahl von Beiträgen wird von den Arbeitern niht freiwillig, sondern“ gezwungen geleistet. NeicLéverband unterscheidet sch von den Sozta!demokraten dadur, daf: die Beiträge freiwillig geleistet werden, daß er paktiotische Zwette verfolgt und daß er nicht die einzelnen Schichten der Bevölkerung untereinander verheßt. Der Abg. Hue meinte, die elben Gewerkschaften seien eine Erfindung des Neichs- Liigeuverbandes. Der „Vorwärts“ hat den Ursprung der Gelben Gemw-rfschaften wo anders gesuht. Der Zweck ist, die Arbeiter un- abbängiz zu machen von dem Terrorismus der Sozialdemokratie. Der bg. Hue bat dann weiter gesungen das Hobelied der Gewerk- \haficn als folher. Jh will über die ersprießliche Tätigkeit dieser Gewerkschaften im allgemeinen nihts sagen Wenn aber der Abg. Huc hingewiesen hat auf die kolossalen pekuniären Leistungen der Gewerkschaften für Woblfahrtszwecke in den leßten Jahren, so hat er der übersehen, wieviel von den Einnahmen der Gewerkschaften für agitatorishe Zweck- au3gegeben worden ist. 1904 sind etwas über 5 Mislionen für humanitäre Zwecke ausaegeben worden bei einer gesamnten Einnahme von 17 Millionen. Die übrigen 12 Millionen sind doch zum Teil für agitatorische Zwecke verausgabt worden. 1905 betrug die Ausgabe für humanitäre Zwele 6 Millionen und die gesamte Einnahme und Ausgabe 21 Millionen. Die übrigen 15 Millionen wurden ausgegeben für das Vertandsorgan, für Agitationen usw. und 9 Millionen für Streiks. Jh meine, cinen humanitären Zweck werden Sie das hoffcnilih nißt nennen. Eincx Unterschied zwishen Gewerkschaften und fozialdemokratischer artei fann man nicht mahen. Das hat der Abg. Fischer auf dem Da, itage in Jena 1905 deutli zu erkennen gegeben und das beweist der Antrag Kautsky auf dem Parteitage von Mannheim. Die Ge- weil ichaften follten nah der Ansicht der \ozialdemokratishen Vertreter mit sozialdemokratishem Geist durchtränkc werden. Jh muß mi also gegen den Vorwurf- wenden, als ob wir diese Ge- we: {haften der Sozialdemokratie anhängten. Der Abg. Hue hat \chließlich gemeint, Terrorismus würde nicht von der Sozialdemokratie azübt, sondern von anderen Parteien. Für den Terroriómus und den Boykott der Sozialdemokratie spriht unter viel:1 anderen son der eine Umstand, daß in Hamburg die Reeder es gar nicht wagten, die Arbeitswilligen am Lande unterzubringen, sondern, daß sie sie auf Schiffen verstauen mußten. Wenn hier niht von Terror'suinus die Rede ist, dann weiß ich niht, was man fich unter diesem Begriff vorstellt. Auch die Verrufserklärungen gewisser Brauereien find ein Terrorismus, wie er stärker niht gedaht werden kann. An der Aufgabe, den Berufevereinen eine feste rechtlihe Gestalt zu gebe, wollen wir gecn mitarbeiten, aber unter der Vorauësetzung, daß in ten Organisationen nit, wie ein Redner sagte, Lager von Dynamit von irgend einer Seite angelegt weiden. Es müssen da die notwendigen Kauteleu geschaffen werden. Die soziale Geseygebung muß gewiß ge- fördert werden. Es dürfen dabei aber die Interessen der Arbeitgeber nit unberückichtigt bleiben, denn die Arbeitgeber sind doch au Menschen. Der Staatssekretär sagte, gewisse Leute wollten die Sczialpolitik nicht, sie trügen fie nur auf den Lippen, abec nicht ia Herzen. Ich glaube, daß dieser Ausdruck auf keine der Parteten paßt. Aber wir meinen, daß auch hier das Bessere des Guten Feind ijt. Es würde klug sein, wenn man der Mahnung des Grafen Posadowsky folgte und sich mit einzelnen Abschlags- zahlungew begnügte, anstatt alles auf einmal machen zu wollen. Dazu ist \hon das Reich3amt des Innern nicht groß genug, alle diese großen Fragen auf einmal zu erledigen. Der Abg. Hue {loß seine Dattegungen mit dem Zitat: Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern. Der „Vorwärts“ hat in scinem vollständigen Bericht dieics Zitat unterdrückt. Wir nehmen dies Zitat mit großer Bereit- willigkeit auf und sag:zn: Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern. Wir hoffen, daß die Herren dort drüben ablafsen von ihrer Verhezung und mit uns arbeiten an einer positiven sozialen Geseß-
gebung zum Besten des deutshen Vaterlandes. Abg. Schack (wi:ts{ch. Vgg.): Wenn ih die Absicht des Zentcums richtig verstanden habe, so stellt die Interpellation eine Ait Widmungs- oder Ecinnerungsblatt an den Kanzler dar; es könnte darüber stehen das bekannte: „Cave, adsum!“ und die Unterschrift Fönnte lauten: „Seinem Reichskanzler das vergessene Zentrum.“ Das Zentcum wollte zeigen, daß es auch noch da ist. Wir wissen alle, daß d2s Zentrum Sozialpolitik nicht um der \{chönen Augen des Kanzlers willen, sondern weil es von ihrer Notwendigkeit überzeugt war, getrieben hat; cs hatte si auf diesem Gebiete große Verdienite erworben. Auch die anderen Fraktionen müssen dafür forgen, die Widerstände gegen das Fortschreiten der Sozialpolitik in ihren eigenen Kreisen zu überwinden. Die nationale Mehrheit wird auch Sozialpolitik zu treiben wissen. Die Vertiefung einer nationalen Weltanshauung muß zum fozialen Empfinden führen. In der Förde- rung der Arbeiten auf diesem Gebiet werden wir uns von keiner cnderen Pa:tei übertreffen lassen; auch bezügliih der Dringlichkeit dieser Arkteiten besteht zwischen uns Jungkonservativen und dem Zentrum keine Meinungsverschiedenheit. Auch was der Abg. Wiemer in der gleihen Richtung geäußert hat, wird von uns unter}chrieben. Die Forderung eines fr-iveitlihen Reichsvereins- und Versammlungsre{ts erheben wir ebenfalls; die Befürchtungen der Süddeutschen, so vertraue ih, werden nicht bewahrheitet werden, es wird der frei- beillihen Gestaltung der Dinge dort auf diesem Gebicte kein Pendernis entgegenge tellt werden, denn auch Preußen wird, wie ih beal ith t dem Drucke der Verhältnisse nahgeben. Für sehr A Ae Vas Want Di S et gescßlihe Regelung der Heim- Dem kleinen Bef er erste Shwerinsîag gewidmet werden könnte. einen Befähigvngsnachweis stimmen wir zu; alle gerechten
| einmal auch eine Extratour mit dem Zentrum treibt. | Lieb? und a bisserl Treu? und a bisserl Falshheit ist alleweil dabei.“
| des Geistes,
Forderungen des Handwerks find damit aber keineswegs erfüllt. Der kleine Befähigungënahweis gibt nur cine Richtlinie für das bie werk, er soll zur Hebung des Selbitkewußtseins, zur besseren Wabrung der Standeswürde im Handwerk führen; eiwas Durch- greifendcs für die Besserung der Lage des Handwerks ist damit nit gegeben. Lie Sicherung der Forderung der Bauhandwirker und der große B-fähigungsnahweis für das Baugewerkte sind die zunächst not- wendige Ergänzung jener Maßregel. Der Abg. Hue hat am Sonnabend geleugnet, daß die Sozjtaldemokratie das Handwerk vernichten wolle. Aber die Vorbedingung für die {nelle GErreihung des ,Endzieles“ ist doch die Beseitigung der selbständigen Eristenzen; ein ziel- bewußter Sozialdemokrat muß also die Vernichtung des Handwerks wollen und das wird auch von sfozialdemokratuishen Prefßstimmen bestätigt. (Der Redner zitiert bezügliche Aeußerungen aus sozialdemo- kratishen Blättern und Brosbüren, u. a. die Aeußerung von Fricdrih Engels, daß der Kapitalismus, indem er das Handwerk vernichte, ein gutes Werk tue, und cine Aeußerung von Kautsky aus dem Jahre 1906, worin das Handwerk als ein Schmaroßer am Gesellschafts körper bezeihnet wird.) Auh im heutigen Handel ist gar kein Standesbewußtsein vorhanden. Das Gese gegen den unlauteren Wettbewerb -reiht nicht aus, es erfaßt niht alle Fälle und verlangt überdies die Anzeige eines Interessenten. Leßtere Einschränkung muß wegfallen, der Staatsanwalt muß ex officio einschreiten können. Die Strafen des Geseßes sind wirkungslos; der Be- strafte muß gezwungen sein, ein Schild auf längere Zeit, je nah der Größe des Verbrechens, aufzuhängen: Bestraft wegen Ver- gehens gegen das Gescß, betreffend den unlauteren Wettbewerb.
| Dieses Schild dürfte niŸht zu klein sein und müßte direkt am Schau- | fenster angebraht werden.
C Wer es verbirgt, müßte zur Strafe für dice Unterlassungssünde zwei oder noch mehr Schilder aufzuhängen gezwungen werden. Das vom Staatsfekretär empfohlene Kartell der
Er hat uns in unerhörter Weise angegriffen! — | anständig Gesinnten zur Erziehung des Handelsstandes hat keine Aus-
sit ; solche Arbeit ist ungemein {wierig und unfruhtbar, namentl'ch gilt hiec von den Frauen das Wort: Mundus vult decipi, und es
fommt auch bei den Männern vor, daß sih fogar hohe Staats-
beamte an der Gründung und Leitung von Konsumvereinen beteiligen, die d-m Mittelstande das Lebea fauer machen. Dagegeg scheint mir an die beteiligten Handelskreise das Mahn- wort zum Zusammenschluß angezeigt, denn in diefen Kreisen
! ist jede Spur der Ecinne-ung an die Notwendigkeit der Organisation | erstickt; die selbständige Kaufinan:shaft muß sih wieder auf ihre ge-
meinsamen Interessen besinuen, ntcht mehr darf der Kaufmann in
| jedem Standesgenossen nur den unbequemen Konkurrenten sehen. Wenn Der | man glaubt, daß die Linke jetzt wirkiih au Mittelstandspolitif treiben
| wird, so ift das cin unglaubliher Optimismus;
u die Linke wird hier von einem Alp erlöft sein, wenn der Reichskanzler auf diesem Mer „A biffser
Die Erklärung des Staatssekretärs über die Vorlage wegen der Be-
| rufsvereine besagt doch leider nur, daß wir sie vorläufig niht roieder
zu sehen bekommen werden. Erscheint sie in verbessertem Zustande vor
| uns, so wollen wir über die verlorene Zwischenzeit nicht trauern.
Die Vorlage verdient den Vergleih mit Maria Stuart nicht, denn diese war fehr {hön, die Vo:lage aber recht häßlih; sie brate au feine allgemeine Berechtigung, sondern sie gab einzelnen Vereinen
| Nette, nahm sie aber zahlreihen anderen und legte neue Lasten auf.
Der Staats\ckretär sollte einmal in die chiistlihen Gewerkschaften bineingreifen und fi dort Sachverständige holen; er würde der în diesen Gewerkschaften herrs{cht, nicht nur einen Hauch, sondern einen fräftigen Luftzug verspüren. Viel wichtiger und viel dringlicher als die L estbdeberistbe Aktion wegen der Berufsvereine tft übrigens eine Vorlage wegen der Errichtung von Arbeitskammern; kommt leßtere wirklih zunächst an uns, fo können wir das nur begrüßen. Die Handlungsgehilfen gehören hier
abe: nit hinein, fle find in besonderen Handlungsgehilfenkammern
zu organisieren. Jedenfalls werden die Arbeitekammern ein hervor- ragendes Element zum sozialen Frieden werden. Der jetzige Neichs8- kanzler wird in sgzialpolitiiher Gesinnung hinter seinen Vorgängern nit zurückstchen, alle Fraktionen dieses Hauses sind dur die Neus wahlen in viel höherem Maße mit sozialem Denken durchset worden als früher. Ih schlage daher ‘vor, die Fraktionen follten erwägen, ob nit cine ständige Kommission für \ozialpolitishe Angelegenheiten eingeseßt werden könnte; an Kräften wird es nicht fehlen. Hätten wix cine solche Kommission, so würden auh nicht mehr so viel Rück- stände an Vorlagen wie an Anträgen verbleiben; an dem Prinzip der langen Neden würde dann vielleicht nur die Sozialdemokratie fest- halten und tas mag fe tun. Wir machen dann Shiuß und schaffen wirklihe Arbeit. Der Neichstag muß mit dem Fortschritt der Sozialpolitik Ernst machen, nihi durch lange Reden, fondern dur) \{nelle Arbeit!
Aba. Korfant y (Pole): Wer die Reden zu ‘dieser Interpellation gehört hai, muß annehmen, daß der Reichstag nur aus sozial- politis gesinnten, arbeiterfreundlihen Männern besteht, sogar die Konservativen und Freik:nservativen \sprahen von einer großzügigen Sozialpolitik, die fie mahen wollten. Wenn man aber ihre öteden bier und im vreußischen Abgeordnetenbause vergleiht, so kommt man do) zu der Ueberzeugung, daß zwei Seelen in eier Brust wohnen und daß die Herren — ich will nit gegen die Ordnung des Hauses verstoßen — nicht ganz nah ihrer Ueberzeugung reden. Der Atg. von Dirkscn verwies auf die sozialpolitisheun Leistungen des preußischen Abgeordnetenhauses. Diese Leistungen sind allerdiags großartig; so die beiden Bergnovellen, die gar nicht s{lechter sein können. Beri: ändlich wird die Aeußerung des Grafen Posadowsky, es gâbe auch in Deutschland ofene und versteckte Gegner der Sozialpolitik, wenn man liest, was gewisse Blätter dazu zu bemerken haben, 3. B. die Poft, die Octavio voa Zedliß niht ganz fern steht. Auf die Erklärungen der Regierung darf man allerdings nit zuv el gesen. Neulich hörten wir, daß man in der Sozialpolitik kräftig fortfahren wolle, vor langer Zeit aber fiel das Wort von der vollen Kompott\Güfsel des Arbeiters. Der Reichskanzler „denkt“ an ein liberales Ncreins- und Versanmmlungsgcsez. Daß er dies an erster Stelle nannte, findet meine Zustimmung, denn speziell für die Arbeiterschaft ift es vil wichtiger und nôtiger, als z. B. das SBesety, betreffend die Berufsvereine. Die Aeußerung gerade eines national- liberalen Redners, doß in Preußen mit dem Vereinsgeseß der größte Unfug gegen die Koalition 2er Arbeiter getrieben wird, hat mi besonders gefreut. Die Behörden tun in Preußen alles, um mit Hilfe des Veretirszesches und der Polizei eine Organi- sation der Arbeiter unmöglich zu machen oder zu ershweren. In mancen Gegenden ist es ganz ausgeschlossen, Versammlungen ein- zuberufen. In ganz Oppeln wird nur ein Saal zur Verfügung ge- stellt; aber nit etwa, weil die Saalinhaber ihren Saal nit her- geben und den Verdienst riht nehmen wollten, soadern weil sie von der preußischzn Polizei terrorisiert und mit Strafe bedroht werden. Fch babe feine Beranlassung, die Sozialdemokraten in Schutz zu necmen, aber wenn der Aba. v. Dirksen sich gewundert hat, daß die Gererfshaften so wenig für fulturelle Zwecke tun, so möge er do bei den preußischen Bebörten feinen weitgehenden Einfluß dahin geltend machen, daß die Polizei der fkulturellen Hebung der Arbeiter nicht entaegenwirkt. Jh wollte vor einiger Zeit einen Vortrag über Literatur halten, über das Thema „Nach dem Vond“. Dies wurte verboten, weil es sich angetlich um eine öffent- lie Lustbarkeit Handelte. Der Entwurf über die Berufs- vereine war cine Mikgeburt des preußischen Polizeigeistes, der die Entwicklung der Sewerkichaften nicht fördert, sondern hemmt. Landwirts{hafisfammern und Handelskammern gibt es längst, aber auf Arbeitsfammern warten wir noch immer. Die Frauenarbeit in den Bergwerken, Zink- und Gisenhütten follte cinfad) untersagt werden. Die Zahl te- hier arbeitenden Frauen nimmt von Jahr zu Jahr zu und gerade diese Arbeit ist die shädlichste und \chwerste. Der Abg. Hieber, der sh hier so emphatisch gegen die Frauenarbeit ausgesprochen hat, möge doch seine Fraftionégenofsen im Abgeordnetenhause zu seinem Siadtpunkt bekehren. Ich entsinne mich namentli einer Aeußerung des dortigen nationalliberalen Abg. Dr. Volt, der vor
ein oder zwei Fahren die Beschäftigung auf den Gruben und
Hütten eine der angenehmsten und reinlihsten nannte. Dazu ist der Lohn für die Frauen ein ganz miserabler. Uy, lautere Konkurrcnz und Boykott üben am meisten preußishe Be, hörden, die Militärbehörde, die den polnischen Soldaten es verbietet in polnishen Wirtschaften zu verkehren. Die preußishen Behörden üben den chlimmsten Terroitsmus aus. Möge der preußische Minister, präfident sih die Worte des Staatssekretärs über die Selbsthilfe ins Stammbuch s{hreiben!
Abg. Giesberts (Zentr.): Der Abg. Hieber begann Sonnabend mit der boéhaîten Bemerkung, die Zentrumsinterpellation renne offene Türen ein. Der Verlauf der Bejprehung hat aber bewiesen, wie notwendig die Einbringung der Interpellation war. Der Staats, sekretär hat Klarbeit in die Bemerkung der Thronrede über diese Frage gebrackt und die Bemerkung des Reichskanzlers hierüber spezialisiert; schon das war wert!voll genug. Die Redner habzn ferner Gelegenheit gehabt, ihre Stellung zu dokumentieren zur Sozialpolitik. Wertyoll rit au, daß die Parteien ohne Hintergedanken ihren Standpunkt ent hüslt haben. Der Zentralverband der Industriellen hat unseren De, batten entiehmen können, daß niemand von uns für eine Zuchthaus, vorlage zu haben ist. Der Abg. Mugdan betrat etwas ärgerlich die Tribüne und sprah von dem sozialen Zentrumskuxs in der Sozial, politik recht abfällig. Die Freisinnigen haben als einzige Partei gegen die Kaufmannsgerichte gestimmt! Er sagte m einem ‘Atem, die Reichstagsauflösung sei notwendig gewesen, weil das Zentrum) der Negie!ung seinen Willen aufgezwungen habe, und dann, der Zentrumékurs have in sozialen Dingen nichts erreiht. Wäre das erstere rihtig gewesen, so wären wir in der Sozialpolitik weiter. Wenn die nationale Lokomotive die Freisinnigen als Führec hätte, dann könnte ih Ihnen gratulieren! Die Yegie: rung bat ja jeßt eine Mehrheit; wir dürfen erwarten, daß sie die Versprehungen des Staatssekretär€ erfüllt. Solange unsere Partei in diesem Hause vertreten ist, sind wir die ersten Förderer der Sozialpolitik g- wesen. Seit 25 Jahren haben wir die Vor arb-it geleistei. Uns fommt es nur darauf an, daß dem deutschen Arbeiter geholfen wird. Nach den {önen Reden, die wir bier gebört haben, wird jeßt Zentrumspolitik ohne Zentrum getrieben. Wir können dem neidlcs zusehen. Alle Bestrebux gen auf sozialem Gebiet müssen die ristlihe Religion zur Grundlage haben, nah dem Wort des alten Kaisers: „Jh will, daß dem Volke die Religion erhalten werde", Wir werden auf diefem Boden im Kampfe mit der Sozialdemokratie weiter arbeiten. Man vergesse aber niht, daß man nicht nur den Klassenkampf der Scztaldemokratie bekämpfen muß, sondern auß den Klafssenkamyf des Großkapitals, das den Arbeitern eine Organisation nicht geben will. Wir verlangen also die Rüd. fehr zum * christlihen Gedanken. Jch habe mich gefreut, daß auh alle konservativen Redner und der Vertreter der Neichspartei \sch für Sozialpolitik ausgesprohen haben. — Gelbe Organisationen unter der Botmäßigkeit der Arbeitgeber nah franzôsishem Muster haite ih für {ädlich. Der Abg. Hue sprach von der Notwendigkeit ‘er Einheit aller Gewerkschaften. Leimpeters ha aber in der „Neuen Zeit“ eine ganz neue Anschauung ausgesprochen, daß das Zerschneiden dcs Tischtuhs zwishen Sozialdemokratie und christlichen Gewerkschaften notwendig sei; das sei von den fozial: demokratishen Preßstimmen begrüßt worden. Also ¿dicse Natten- fängertôöne von Hue locken uns niht. Einer Zufammenarbeit ¡u praktischen Zielen sind wir niemals abgeneigt gewesen. Wenn wir dea Terrorismus der Sozialdemokraten bekämpfen, so liegt darin kein Ver- langen nah einem Zuchthausgeseß; wir wollen und Éönnen ns selbst helfen. Die Zuitände in den \ch(hlesischen Gruben verteidigen wir nicht, wir wollen au, daß die Frauenarbeit dort verboten wird, Was die Sache selbst betrifft, so sind wir durhaus für aile Bestre
bungen, die geeignet find, das Handwerk zu stüßen und zu ' _S
halten.- Darum sind wir auch für den kleinen Befähigungönachweit und gegen das Pfuschertum. Selbst wenn der große Befähigung nahweis dazu dienen soll, ein gewisses Monopolwesen heraus bilden, sind wir dagegen. Was die Schwindelausverkäufe angeht, |o sind es ja in erster Linie unscre Frauen, die dabet angeschmiett werden. Wir erwarten, daß uns die Regierung baid eine Vorlag gegen diese Schwindelausv-rkäufe bringt. Die Stärkung dé Mittelstandes und die Bekämpfung der Auswüchse des Groß k=-vitalís muß eine unserer ersten Aufgaben sein. Der Mittelstand muß selber s\ozialpolitisch denken, der Gegen zwishen Arbeitern und Mittelstand muß verschwinden. Das Gesetz, betreffend die Berufsvereine , soll nachß der Meinung d Staatssekretärs besser gewesen sein ais sein Nuf; ih glaube, ein Absicht ist besser gewesen als das Gesci selbst. Nun hôre i
meinem Erstaunen, daß s in den Hintergrund treten foll und
das Gesey über die Atbeitskammern kommen soll. Hoffentliä ist damit die Einbringung eines Geseßzes wegen der Rechts fähigkeit der Berufsvereine nur aufgeschoben, aber niht aufgehober. Das entipreh-nde neue englishe Geseg s\tipuliert die Freibei des Streitpostenstehens und hebt die durch den Taff Vile Prozeß statuierte Haftbarkeit der Trades Unions ausdrüdilà wieder auf. Vielfah hat man mir als Mangel an Patriotièmut ausgelegt meinen Ausspruh, daß man fih angesichts der Tatfas, daß den Landarbeitern noch immer das Koalitionsreht mangelt u! fast \%äâmen müsse, ein Preuße zu fein, Dieser Ausdruck rübrt zt aus der tatsächliGen Mißstimmung, die weite Kreise der D völkerung über die Zustände in Preußen empfinden, und au di eueste Zeit hat zu dieser Mißstimmung neuen Stoff geliefert. Au die preußische Bebörde hat sich noch tmmer nicht mit dem Koalition? recht der Bergarbeiter ausgesöhnt, wie ein Ukas einer Bergwerksdiretticn beweist, der die Belegschaften unter allerlei Androhungen vor dX# Beitritt zu Arbeiterorganisationen warnt. (Der Redner verliest die treffende Verfügung.) Es spricht daraus der alte Geist der Rüdksiäté- losigkeit auch gegenüber Organisationen, die den besten Willen baben. Das ist tief zu beflagen. Mit meinem damaligen Urteil habe id im Sinne von Hunderttausenden von Arbeitern ge]proW? Die neue Mehrheit ist eine „nationale“; zu den „Weichtfetnden F hörten diesmal Hunderttausende von Arbeitern, die das chrillu@ Prinzip hochalten. Zähneknirshenv haben diee Scharen die Mas werke von Flugblättern von der „natioralen“ Seite gelesen, diz ge! uns, also gegen sie gerihtet waren, und die Herren, die fil den Ausfall der Stichwahl wundern, mögen hier den tieferen G jener Erscheinungen nachforshen. Auf dem Gebiete des Berein® und Versammlungsrechts sind die Verhältnisse allmählid wirkli un haltbar geworden, die Erbitterung darüber in den Arbeiterkre wächst mit jedem Tage. In ihrem eigensten Interesse, im Jnt der Echaltung guter vaterländisher Gesinnung im Volke 1 die Regierung lieber heute als morgen wit diesem veraltetea Gesege aufräumes. Aber einschreiten muß bcs Reih, nahdem = preußishe Landtag, obwohl das preußische Gcse das rüd ständig"! ist, versagt hat. Es muß endlich auch den überwachenden Beam eingeschä:fff werden, daß die Berichte, die sie machen, für die hörden, nicht für die Arbeitgeber gemacht sind. Haben wir do Beweise datür in Händen, daß diefe Berichte an demselben Abend wo die Versammlungen stattfanden, in den Händen der betreffe Arbeitgeber waren! Die Arbeitskamzuern betreffend, bedaure ih at ordentli, daß ein so wichtiges Gesetz, dus noch dazu bald an uns E soll, wieder einmal wie aus der Pistole gescossen in den e d kommt, ohne daß die nächstbeteiligtezn Organisationen gehört A Die Sozialdemokratie hat bisher immer paritätische ArbeitskammE verlangt ; erst vor wenigen Jahren hot die Meinung geweWselt, N die Gewerkschaften und die Partei verlangen jetzt Arbeiterfan Dieser Meinungswechsel kommt mir einigermaßen auffallead “ir, denn die isolierte Arbeiterkammer wird immer eine cinseitige_— ri essenvertretung sein. Die Widersacher der gewerk schaftlichen - Bri fatioren überhaupt, Großintustrielle und andere, mögen au oe “idt lichen Gewerkschaften niht leiden, aker nur, weil sie Hichaften, fennen. Mögen sie hinausgehen tin die Gewer) bind, mögen sie sehen, welche cifrige, selbstlose Tätigkeit da s die mögen sie dort Studien machen, bann werden fie schen, z6
Führer der Gewerkschaften si nicht von den Arbeitergroschen e daß ihre Gehälter sehr bescheiden sind. Der Staat ist ate mal stündigen Arbeitszeit in seinen Betrieben übergegangen; da [0M
en die Industriellen, die ohne ersihtliGen Grund #sich das pu sträuben, mit der Geseggebung vorgehen. Jh wünsche nihts fehnlicher, als daß auch die neue Mehrheit sozialpolitishe Arbeit mat, und wir, von dieser \chwierigen Arbett erlöst, dabei zusehen 1en. \ R Vizepräsident Kaempf: Der erste Pee Vizepräsident hat mir mitgeteilt, taß er die Shlußwoite der Rede tes Abg. Korfanty von seinem Play aus niht verstanden habe und daß cr sih das Stenogramm dieser Rede habe kommen lassen. Er hat mir dieses Steno„ramm übergeben. Die Schlußworte lauten wie folgt: „Diese Worte maa sich der Herr Reichékanzler, oder ich will lieber sagen, der Herr Ministerp1äfident von Preußen ins Stammbuch {hreiben, und nah diesen Worten mag er seine Polenpolitik einrichten; dann mag er zur Sittlichkeit beitragen. Denn mit Sittlichkeit hat die preußische Polenpolitik gar nichts zu tun, wirkli leider gar nichts. Sie ist aufgebaut auf einem Sumpf und dieser Sumpf ist Unsitt- lichkeit und moralische Verkormnmenheit.“ Jh muß diese Charakteristik der Polenpolitik des Herrn Reichskanzlers oder der preußischen Regierung als durchaus ungehörig bejeihnen und rufe den Abg, Korfanty nachträglih zur Ordnung.
Abg. Hue (Soz.): Es muß festgestellt werden, daß es gerade der Abg. von Dirksen war, der die Debatte auf ein so tiefes persönliches Niveau herabge¿ogen hat. J erkläre nohmals, wir sind ketne
einde des Mittelstandes. Wenn die Herren behaupteten, wir
wollten den Mittelstand vernichtea, fo dachte der Abg. von Dirksen vielleicht an das Bauernlegen. Die Geschichte des deutschen Bauernstandes8 ist die Geschihte seiner Ausbeutung durch die Latifundtenwirtschaft. Was der Abg. von Dirksen vortrug, dete fich gena mit einem vom Reichölügenverband herauëgegebcnen Flug- blatt; was darin bon unsexem Genossen Peus erzählt wird, ist von diesem längst als erfunden - bezeichnet und festgestellt worden. Dasselbe gilt von dem Autfall auf unseren Genossen Bod, der leider dem Haufe nicht mehr angehört. Was der Abg. von Dirksen über Ecpressung der Arbeitirgroschen gesazt bat, 1t2f mit Recht bei uns einen Sturm der Entrüstung hervor. Der Abg. (Biesbetts hat das {on zurückgewtesen. Wir Gewerkschaftsbeawmten werden angestclt mit durch- \{nittlih noch nit einmal 100 „4 im Monat. Ic bin per- sönlich mit 40 6 monatlihem Gehalt vom Bergarbciterverband an- gestellt worden ; der RNeichseLügenberband aber lügt in die Welt hinein, wir mästeten uas von kden Arbeitergroshen! Das sind Hunger!öhne! Der Abg. von Dirksen spra von der von den Gewerkscasten gezahlten Streikunterstüßung. Jeder Erfolg, der ohne Streik errungen werden kann, ist uns mindestens cbeufo lied, wie ein dur Streik ercungener. Weshaib hatten wir in den legien Jahren so hohe Streikunter- stüßu«gen auszuzahlen? Die Auesperrangs|staiistik gibt darauf eine Antwort. Der große Streit von 1905 war nit die Schuld der Bergarbeiter, sonderu die SŸhuld der Unternehmer, die mit der Setebenerkommission niht verhandeln wollten. Ueber die sogenannte Arbeiterfreundlichkeit der Konservativen hat sich ein christli(- nationales Blatt, der „Bergkaappe*, fehr deutlich ausgesprochen, die Herren werden sih diese Aeußerungen niht an den Spiegel stecken. An der Verschleh!erung des Berggeseßes im Abgeortneten- hause schoben fi Nationalliberale und Konservative gegen- seitig die Schuld zu. Gegen die Aufassung von Leimpeters haben ich sowokl der Vorstand des Bergarbeiterverbandes (Sachse) als au die Redaktion der Bergarbeiterzeitung ausgesprochen und die Einheit aller Gewerkschaften für notwendig erklärt. Die Frage, ob Arbeits» oder Arbeiterkamuiern eingerichtet werden sollen, wird später eingehend von uns erörtert werden. Auf dem christlichen Gewerk- \chaftskongreß in Breslau hat Giesberts die Unzulänglick-it dessen, was Negierung und Porteien in der Sozialpolitik geleistet haben, betont; er hat bestätigz, was ih Sonnabend gesagt habe, daß wir uns auf die Einigkeit der Arbeiterschaft in der Sozialpolitik verlassen müssen wie bisher, nici auf die fonservatiy - liberale Behrheit. Solange der Reichstag existiert, sin» “ die bürgerlichen Parteien in der Lage gewesen, den Arbeitern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, aber sie haben es niht getan. Nur dem Drucke der ürbeiter wird die Mehrheit dieses Hauses nach„zebven.
__ Abg. Va ult- Potsdam (dkons.): Alle fozialpolitishen Versuche, die die bürgerlichen Pa:teien gemacht haben, find gescheitert daran, daß Sie (zu den Sozialdemokraten) Unmögliches dazwischen geworfen haben.
*Nun hat der Vorredner sih darüber bekiagt, daß der Abg. von Dirksen einen scharfen Ton argeschlagen hade. Ja, wie es in den Wald hineinshz2[llt, so {allt es wieder heraus. Die Tonart der Sozial- demokraten war eine viel {ärfere, wenn man von Wucherpolitik usw. sprah. Der Vorredner sagte, die Sozialdemokraten seien keine Geinde des Mitlteistandes, u"d bestritt die Richtigkeit der Bitate des Abg. von Dirksen. Wir hören j1 \!tetis von jener Seite, alles wäre längst widerlegt un» unwahr. Nein, was der Abu. von Dirksen_ hier vorgebracht hat, ist wahr, das hat fich zugetragen, das haben Sie in Ihren Blättern geschrieben. Der Neihsverbänd gegen die Sozialdemokratie bemüht si, alles zusammenzutragen, was notwendig ist, um die intecnationale rote Sozialdemokratie zu be- kämpfen. Der Neich8verband bemüht sich, die Sozialdemokratie zu bekämpfen. (Zwischeurufe bei den Sozialdemokraten: Durch Lügen !) Nein, nit durch Lügen. Was der Abg. von Dirksen sagte, ist wahr, das läßt ih niht ändern. Die zweitägtge Debaite war gewiß sehr wertyoll, aber die Juterpellation des Zentrums war dazu durchaus nicht erforderlich, das Reichsamt des Jnnern wäre doch auch die Stelle gewescn, wo alle diese Sachen vorgebracht werden konnten. Im Namen meiner. Partei erkläre ih, daß wir nicht gegen ein Geseh find, welches die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine will; aber wir müssen unsere Mitarbeit danoch einrichten, wie ein solches Geseh aussieht. Ein großer Teil der Bedenken gegen das Geseg von 1906 war unberechtigt und aus der Luft gegriffen. Wenn die NRechtsfähigkeit der Arbeitervereine ausgesprochen wicd, so baben die Arbeitgeberverbände dasselbe Neht. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Haben sie {on !) Nein, das haben si: nicht. Die Arbeitgeber können ohne Organisation thre Juteressen nicht mehr vertreten. Es wiro si fragen: sind die Arbeitgebe:verbände oder tie Arbciter- verkände dic ftärkferen, wenn die Retsfähigkeit einge/ührt wird? Noch in der vorigen Session sind die Sozialdemokraten für Arbeitskammern eingetreten, jezt find fie für Arbetiterkammern ; die Gründe sollen wir später hören. Es ist so viel von Terroriêmus die Nede ge- wesen; Bebel hat bestritten, daß die Sozialdemokraten andere terrorisieren. Nun, in Velten, in meinein Wahlkreise, sind die Sozial- demokraten sammeln gegangen während der Wahlen, ganz gleich, bei wem. Dort existieren viele Fabriken und da die Geschäftéleute von den Arbeitern leben, so hat der größte Teil von ihnen Gelder gegeben, ein kleiner Teil hat es verweigert, aber bei diesen wird nun nicht mehr gekauft, (Widerspru des Abg. Singer.) Ja, Herr Singer, Sie wissen doch sehr gut, wie die Sache gemacht wird. Jn Keßin hat man nach der Wahl die Geschäfts- [eute und Handwerker zu ciner Versammlung eingeladen und thnen eröffnet, wenn sie niht dem Sozialdemokratischen Wahlverein beit- träten, würden sle geschäftliÞh geschädigt werden. Sie haben das ja neuli@ au verurteilt, Herr Bebel (Zuruf des Abg. Bebel : Gewiß tue ih das!), aber Sie können doh nicht bestreiten, daß es vorkommt. Daß Sie für den Mittelstand und für die Hand- werker nit zu haben find, ergibt sich aus Ihrem ganzen Pro- gramm, aus Ihren Reden, wie aus Ihrem Handeln. AUerdings, wenn die Wablen kommen, fo ändert sih bas bei Ihnen, und gerade bet diesen Wahlen haben Sie \ich, wie übrigens auch alle anderen Parteten, sehr mittelstandsfreundlih gezeigt; aber unser Mittel- stand hat auf Ihren Köder nicht angebissen und wir wollen boffen, daß er thn auch in Zukunft stets zurückweisen wird. Dec Abg. Bruhn warf den Konservativen neulich vor, sie seien von dem allgemcinen Befähigungsnachweis zurückgekommen, weil fie gewußt hätten, daß dieser nit nah dem Wunsche der Regierun wäre. Wir denken aber gar nit daran, in irgend einer Frage einem Wunsch der Regierung zu folgen, wenn dieser ntt Weis unser Wunsch ist.
er wir können dem Handwerk niht ctwas oktroyieren, wovon es felbst gar nidts wissen will; wir könnten die Forderung des großen
Zefähigungsnahweises nur dann unterstüßen, wenn das Handwerk vielleiht anderer Meinung geworden t was ich aber nicht
‘glaube. Mit dem Ruf nah einem s{hnelleren Tempo inder Sozial- politik ist es niht getan. Wenn Sie (zum Zentrum) Mittelstandêpolitik zu treiben und unsere fozialpolitishe Gesetzgebung zu verbessern wünschen, fo forgen Sie vor allem dafür, daß dem Mittelstand und den Handwerkern nit eine noch erhöhte Belastung widerfährt, die man ihnen nicht mehr zumuten kann. Wir werden dafür nur dann zu haben sein, wenn dem Mittelstande niht noch mehr Kosten auferlegt werden. Sie können ihm im Gezenteil nur dadurch helfen, daß Sie ihn von der Mehrbelastung befreien. Wir werden die Mittel- standspolitik treiben, die für den Mittelstand wirklih nüßlich ist.
Ein Schlußantrag wird hierauf gegen die Stimmen des Zentrums und der Sozialdemokraten angenommen.
Das Haus beschließt nunmehr, sih zu vertagen.
Schluß 6 Uhr. Nächste Sißung Dienstag 1 Uhr. (Dritte Lesung des Nachtragsetats und der Vorlage, betreffend die Kontrolle des Reichshaushaltsetats usw. Ynterpellationen Graf Hompesh und Bassermann, betreffend Revision der Strafprozeßordnung, Jnterpellation Albrecht, pri Wahl- beeinflussungen, Juterpellation, betreffend die Verhältnisse der Privatbeamten.)
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 31. Sißung vom 11. März 1907, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sizung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus sezt die zweite Beratung des Staats- haushaltsetats für das Nehnungsjahr 1907 im Etat der Eisenbahnverwaltung bei den Ausgaben für die Beamtenbesoldungen fort. Dazu liegen vor der Antrag der Abgg. Trimborn (Zentr.) und Genossen bezügli der Eisenbahnbetriebssekretäre und der Antrag der Abgg. Kopsh (fr. Volksp.) und Genossen, betreffend die Fixierung des Gehalts der Lokomotivführer auf 1500 bis 2500 M, zu erreichen in den bisherigen Dienstaltersftufen.
Abg. Dr. Sch röder- Cassel (nl.): Mit der Anschauung, daß die Gehaltisfrage der Beamten der Eisenbahnverwaltung nur auf dem Wege der einheit!ihen Regelung richtig beantwortet werden kann, find wir vollkommen einverstaiden. Da ift denn aber die Frage am Plaße, ob der vorgelegte Etat dicsem auch vom Minister vertretenen Grundsaz entspriht. Es wird eine Reibe von Gehaltserböbhungen vorgesck!azen, und zwar wird eine Anzakl versŸhtedener Beamtenkategorien des unteren und mittleren Dienstes herausgegriffen. Hier wird nur das Anfan gscebalt erhöht, dort nux das Endgehalt, außerdem finden wir auch Erböbung des Aunfangs- und Endgehalts, aber unter Modalitäten, die im Eff-k1 auf eine Ver- minderung des gesamten Diensteinkommens hinauslaufe». Es sind alfo ein- zelne Beamtenkategorien herausgegriffen, und diese sollen im eirzelnen eben- falls ganz verschieden behandelt werden. Da kann man docch von einear e‘nkbeitlihen, systematishen Vergehen richt reden. Immerhin ist ja ein Fortscbritt zu verzeihnen. Der frühere Standpunkt der Megierung, daß die Gehalteaufbesserungen mit dem Zahre 1907 definitiv abgeschlossen seien, und es nur darauf ankommen fkônne, tirgendwelhße tnzwishen bemerkbar gewordene Härten auszugleiwen, ist von allen Seiten als durchaus unhaltbar anerkannt und auch von derNegierung selbst aufgegeben worden. Alle Parteten verlangen jetzt eine sytematische Aufbesserung der Beamten- gehälter. f slad, hat in dem gesamten Beamtenpersonal Aufregung hervorgebracht, und auch die mit Erhöhung Bedachten sind mit der Art und Weise, rote sie »* bedacht werden sollen, nit zufrieden. Wiederum find wir mit zaßl- reichen Petitionen aus den Kicisen der Beamt:n wie der Eifenbahn- arbeiter übershüttet worden. Zunächst müßten doc diejenigen Beamten klassen berüdsihtigt werden, die sich am allerslechtesten die Lokomotivheizer, die mit 1900, die Weichensteller und Baßntteig- \chaffner, die mit 900, die Baönwärter, die mit 800 # Sehalt anfangen. Daß derartige Gehälter unzulänglich find, wird niemand leugnen.
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Wünsche zugesagt, aber dieses danken8werte Entgegenkommen reit nit aut. Jedenfalls find blcße Erböbungen der Endgebälter ungenügend, denn was nützt den Beamten das höhere Endgekalt, wenn er es vielleicht überbaupt nicht erceiht. Weit cher ist es ongezeigt, die Beamten der unteren und mittleren Klafsen in den mittleren Dienstjahren mit Auf-
Gehaltsì1ufen fia!!finden zu lassen. Unserer Ansicht nah müßten sämt- lie Beamtengehälter einer Revifion unterworfen werden, nicht bloß die
Die oberen Beaniten leiden unter der Teuerung der Leben?mittel und aller sonstigen Lebensbedürfnisse genau ebenso wie die anderen Beamten- fategorien. Der obere Beamte, der kein Privatvermögen _hat, kann seine Sdhne unter den heutigen Verhältnissen mehr studicren lassen; der Kampf ums Dasein ist heute auh für die oberen Beamten außerordentlih f\chwer. Die Vermekbrung der Oberratsstellen bei den Eitenbahndirektionen be- grüßen wir mit Freuden, wir wollen aber diese Vermehrung nit auf einzelne Direkionen beschränkt sehen; wedhalb ist z. B. für Cassel kein weiterer Oberregicrungsrat tn Vorschlag gebraht ? Was die Etsenbahn- assisteuten bett, so haben diese sckon seit vielen Jahren die Gleich- t:lung mit den Postassistenten angestrebt. Die jeyize Gleichstellung ist nur eine scheinbare; es bleiben erhebliche Unterschiede unausgeglichen.
bisher, in 18 Jahren errcicht werden soll. diese Frage ncchmals in ernste Erwägung zu ziehen. Zahlreiche etatsmäßigen Stcilen. wendigen Umfange geshaffen werden müsses. Vie Lofomotiyführer find mit der jeßigen Neuordnunz ganz beionders unzufrieden, da fie nachgewitesenermaßen dadur s{chleckchter gesteUt werden als bisher. Der
Minister hat dies zwar bestritten und auf die entstehende Mehrausgabe verwiesen; aber die Gegenaueführungen sind damit nicht wideclegt. Der Antrag Kpsch, das Anfang8gehalt der Lofomotivführ:r auf 1500 A zu erhöhen und diese Gehaltserhößung hon im Etat für 1907 wirffam werden zu lassen, muß ja - zunächst der Budget- fommisiion überwiesen werden; ich erfläre aber {hon ießt, daß wir diesem Antrage an {ih durchaus sympathish gegen- überstehen. Inwieweit es {on 1907 zu machen ist, wird nur im Zusammenhang mit dem Gefamtetat festzustellen jein. Abßbilfe muß unbedingt geschaffen werden. Es bestehen aber auh zahlreiche weitere Beschwerden der Lokomotivsührer. Sie wünschen u. a, daß ihre im
fester Zuschlag gegeben wird. Wir halten diefen Wunsch für durchaus be- rechtigt. Weiter walten bei ihren Nebeneinnahmen aus Kilometergeldern
Schnellzug fährt oder im Lokalverkehr oder im Nangierdierst zu tun hat. Auch hier wünschen ste cine größere Sleihmäüigkeit. blick aufhört, in dem sie die Cudstation erreichen, daß vielmehr dann
wünschen fie Retjorm. Die Lage der Eisenbahnbetriebssekretäre, die ja
auf dem Aus|ierbeetat stehen,
balten und für den wir auch in der Kommission eintreten werden. U Kollege Dr. von Boettinger hat sch {hon 1897 für diese Betriebs-
worden, daß sie thn zum Ehrenmitgliede gemacht haben.
haben die bisherigen Maßnahmen der Verwaltung im Interesse
j Jet eit 1nd i A J L t geieBßlen un Der Umistand, daß nur einzelne Kategorien berau2gegriffen |
! ih hinter anderen Beamten zurückgesetzt sehen. Die
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| durchzusetzen
Ir tige i d 1 d [e! Für |} den nächsten Etat hat ja auch der Minister eine Berücksichtigung vieser |
besserungen zu bedenken bezw. ein beshleuntgtes Au!rüdten in die höberen | Es gibt sogar Kanzleibeamte mit 32- bis 40jähriger Dienstzeit, die
Gehälter der miitieren und unteren Beamten und der Eisenbahnarbeiter. |
nit |
| Herrn Das Endgehalt foll ja von 2500 au! 3000 M echôht werden, aber | aufrichtig ist zu bedauern, daß ti:ses Endgehalt erit in 21 statt, wie j Fch bitte den Minister, |
Beamtenkategorien führen Klage über die unzulängliche Zahi der j
Nu tir meinen; daß *olde Stellen im noto | | ; n | geführt, daß in Berlin 292550 Periozen nur einen Wohnraum zur
Betrage \chwankenden Nebeneinnahmen wegfallen und ihnen dafür ein |
die größten Verschiedenheiten ob, je nahdem der Lokowotivführer einen |
Wenn es uns die Eigenschaft zuschreiben foll, daß wir mit aller Ent- Eine fernere | Beschwerde richtet si dagegen, baß thr Dienst nicht mit dem Augen- |
ihnen noch obliegt, die Maschinen zu pußen und zu reinigen; auch hier | schiedenen Standpunkt, den ift ebenfalls zum Gegenstande eines befonderen Antrags gemacht worden, den wtr ebenfalls für E j nier |!
sekretäre eingelegt; das ist von thnen au äußerlih dadur anerkannt Jedenfalls : t ¡ Jahre zur Genüge gezeigt.
dieser tüchtigen Beamtenkategorke niht genügt. Unter den Kanzliften der Eisenbahnverwaltung finden wir auffallenderweise zwei Klassen, eine mit 1500 bis 2500 und eine zweite mit 15C0 bis 2200 # “ Gehalt. Diese Tiffercazierung ift ebensowentg zu verstehen, wie der Umstand, daß das Anfangs- gehalt nur 1500, nicht, wie Fei allen anderen Verwaltungen, 1600 M beträgt. Die Werkmeister und Werkführer stehen bielfah s\{chlechter mit ihren Bezügen da, als die ibnen unterstellten, für Stücklohn arbeitenben Handwerker und Arbeiter. Die Löhne der Streckenarbeiter sind zum Teil niedriger als die orts- üblien Lagelöbne der Privatarbeiter Der Minifter wies auf die Steigerung der Löhne vom Jahre 1905 bis 1907 hin. Derartige ftatistishe Durchschnittszaßlen für ganz Preußen haben aber wenig Wert; sie geben ein falshes Bild, wenn die Zahlen niht getrennt für den Often und Westen, für Stadt und Land angeführt werden. Man muß zum Verzleih auch die Lohnverbältnifse ter Industriearbeiter in den einzelnen Octen heran- ziehen. Auch die Urlaubsverhältnisse der Arbeiter in den Staats- werkstätien sollten verbessert werden. Namens meiner politischen Freunde s\prehe ih den Wunsch aus, daß die Gehälter der Eisenbahn- beamten und -arbeiter einer einheitlihen Revision unterzogen werden.
Abg. Lüdicke (freikons.): Das Vorgeben der Verwaltung gegen Beamten- und Arbeitervereine, in denen {ih fozialdemokratische Regungen zeigen, halten wir niht, wie der Abg. Goldschmidt, für eine ftaatlice Unduldsamkeit, sondern für eine staatliche Notwendigkeit im Interesse der Verkchrssicherheit. Wer den Staatsdienereid geleistet hat und sich zur Sozialdemokratie bekennt, verleßt nach unserer Meinung seine Eideepflicht; sozial- demokratische Arbeiter gehören in Königliche Werkstätten nicht hinein. Seitdem die Sozialdemokratie angefangen hat, mit dem Schlagwort „Massenstrei® zu spielen, ist cs niht mehr an- gänaia, sozialdemokratishe Arbeiter in Königlichen Werkstätten zu dulden. Wir halten es für eine falshe Sentimentalität, wenn der Abg. Goldschmidt die staatliche Unduldsamkeit mit dem Terrorismus der Sozialdemokratie vergleiht, denn hier handelt es sih um eine fiaatli%ße Notwendigkeit. In einem so großen Be- triebe muß die Disziplin nah wie vor aufrecht erhalten werden. Auch wir haben eine Reihe von Wünschen in bezuz auf die Erhöhung der Beamtengebälter; wir haben uns aber der Stellung von Ant1ägen ent- halten, weil die Initiative auf diesem Gebiete dec Negierung gebührt. Den A=xtirägen Kopsh und Trimborn stehen wir jympathish gegenüber. Mir geben der Verwaltung anheim, die Hilfébeanitenzeit den Unter- beamten, tefonde:s8 den Bahnwärtern und Weichenstellern, anzurehnen. Daß cine erhebliche Zahl von Arbeitern und Handwerkern in die Zahl der Beamten übergeföhrt werden soll, wird gewiß dazu beitragen, das Siandesbewußtsein der Arbeiter zu heben. Auch die Lage der Stationsdiener follte verbesse:t werden. Sie sind 1897 zu karz ge- fom men. Die Teuerungszulagen müssen als Ausgleich in den Be- zügen behandelt werden, sofern die Beamten in teueren Orten zu wohnen ge:wungen sind. Die Verwaltung sollte diese Frage einer erneuten Prüfurg unterziehen.
Jazwischen ist von den Abgg. Oeser, Kopsh (fr. Volksp.) uno Ernst (fr. Vgg.) der Antrag eingegangen, die Staatsregierung zu erjuh?:n, bis zur dritten Beratung des Staate hauthaltsetats ihr Einverständnis dahin auszusprehen, daß im Etat der Eisenbahnverwaltung das Gehalt der Etsenbahn- assistenten derart festgesezt wirv, daß das Endgehalt von 3000 iz den bisherigen Diensta'terästufen erreiht wi: d.
Nby. Ernst (fr. Vgg): Ein ko riesenhaster Betrieb wie“ der der Eisenbahnverwaltung kann nur durhgeführt werden, wenn Beamte und Arbeiter zufrieden find. Dazu gehören eine humane Behandlung und eine den Dienstobliegenheiten entsprechende Besoldung. Nach meinen persönlichen Beobachtungen ist das Verhältnis zwischen Boc- Untergebenen im allgemeinen recht gut. Anders teht es mit den Gehaltsöbe.ügen. Der Betriebsfekcctäre hat fich mit der Z-it ein gewisser Mißmut, eine Verärgerung bemächtiat, weil sie i Ecklärung des Ministers wird wohl dazu beitragen, thren Mißmut zu lindern. Auch die Lokomotivführer befiäden si in etaer schr mißlizen Lage. Den gut: n Willen des Ministers müssen wir ja anerkennen ; hoffentlich hat er die Kraft, feine guten Absiht-n und noch weitergehende Wünsche Fch empfehle die Annahme unseres Antrages.
Abg. Strosser (kous.): Jch hoffe, daß shon im Jahre für die Betriebssefretäre und auch für die Unter- beamten etwas geschieht. Die Kanzleibeamten würschen zwar niht eine Erhöhung thres Gehalts, aber daß ibnen nach dreißig- jähriger Dienstzeit allgemein der Titel , Kanzleisekretär“ verliehen wird. Fs wird dem Minister niht unbekannt sein, daß die Eisenbahn- direktionen in diefer Beziehung sehr verschieden nerfahren. Einige
nächsten
| {lagen die betreffenden Kanzl-ibeamten für diesen Titel vor, fobald
sie die dreißigjährige Dienstzeit beeadigt haben, andere tun es nicht. diesen sauer verdienten Titel niht haben. Es giót darunter eine ganze Anzahl von Beamten, die einen, zwci und drei Feldzüge mit- gemacht haben, decen Brust Der.kmünzen und Ehrenzeichen s{hmüdcken. Sie empfinden es bitter, daß sie {hlechter behandeli werden als andere entsprechende Beamtenkategorien. Ich bitte den Minister, verfügen zu wollen, daß die verschiedenen Direktionen gleib%mäßig verfahren. Den Antrag Oeser bitten wir der Budgetkommission zu überweisen. Der Abg. Goldschmidt hai sich gegen die Ausführungen des Kollegen von Brandenstein gewendet und gemeint, die Arbeiter wohnten viel lieber îin Berlin, um ihren Kindern eine bessere Aus- bildung geben zu können, d. h. fie in eine gute Schule zu shicken. Glaubt Herr Goldshmidt wirklih, daß die Vororte hier bei Berlin nicht in der Lage wären, den Kindern der Arbeiter cine gute Ausbildung zu teil werdet zu lassen? Die Bororte von Berlin werden Goldschmidt für die geringe Meinung, die er von ihren Schulen hat, in keiner Wise dankbar sein. Herr Gold- \chmidt sagte aud ic ck braucdlen. Uns der ALTDeittL» wohnungen in Berlin niht zu shämen, nur die fiskalishen Kasernen wären \{lech!. Es ist nicht meine Aufgabe, nachzuweisen, wi- die sogznannten fiékalishen Kasernen sind, das wird wohl gelcgentlih ein Regtierungskommissar tun. Herr von Brandenstein hat aber
Verfügung haben, und daß bis 21 Perfonen zusammenwohnen Alle diese Personen wohnen doch niht in fiskalishen Kasernen Die Neichshauptstadt hat gewiß außerordentlih viel glänzende *
züge, aker es bedeutet doch eine ziemlich \starke Zumutung an unsere Leichtgläubigkeit, wenn Herr Goldschmidt die Wohaungsverbältnifie în Berlin als besonders günstig hinstelt. Selche Wohnungen, wie hier in Berlin, gibt es auf dem Lande nicht. Man soll doch nicht einzelne Beispiele ‘heraus8greifen und sie verallgemeinern Ich habe mi gefreut, daß der Abg Goldschmidt warm ceingetret ist für die beim Schneesturm verunglückten Arbeiter. Als ich ab im vorigen Jahre von den traurigen Opfern der Automobile spra, war er ganz anderer Meinung und unterbrach mi durch ein ge- dankentiefes: Ah! Ich hoffe, daß er nun au ein warmes Herz für diese traurigen Automobilopfer zeigen wird. Er meinte, Herr von Bockelberg suhe den Minisier {arf zu machen in feinen sozial- politischen Lestrebungen. Scharfmacher ist ein besonders \chGneidiges Wort, das gebrauht wird, um nach außen Sindruck zu machen.
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schiedenbeit wünschen, daß fozialdemokratishen Bestrebungen auf das allershärfste entgegengetreten wird, besonders in dea fiskalishen Be- trieben, dann nehmen wir diesen Auédruck gern als Ehrentitel an. Wir danken dem Minifter ganz ausdrücklih für den ent- er in dieser Frage entrwickelt hat. Herr Goldschmidt meinte, man solle niht ebenso intolerant scin wie die Sozialdemokratie, und wir sollten alles tun, um die Ursachen der bere©tigten Unzufriedenheit zu bescitigen. Glaubt er dern, daf man mit der Bescitigung der Unzufriedenheit Sozialdemokraten bekzhren kann ? Ich glaube, daß wir noch ni&t einmal einen SozialdemeZraten damit bekehren können. Das bat die Erfahrung der Letzten Gs gebt da, wie mit dem Kref der